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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 42 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

06.01.2011 16:41
#26 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Zitat von Stefanie
Ich habe nur das Liveprotokoll bei spiegel-online verfolgt. Die Aussagen von Westerwelle waren nichts als Gemeinplätze - wie leider üblich... - und die Reaktionen der Deligierten wohl auch eher vorhersehbar, so dass der Ticker endet mit:

"Es ist geschafft. 70 Minuten hat Westerwelle sich den eigenen großartigen Erfolgen gewidmet und ein bisschen den Kulturkampf bespielt. Er winkt fröhlich ins Publikum. Und natürlich: Er bekommt stehende Ovationen. Alles andere wäre eine üble Ohrfeige. Brüderle und Lindner stürmen zu ihm und beglückwünschen ihn. Dann kommen die restlichen Spitzenliberalen. Leistung lohnt sich bei der FDP. Irgendwie. Am Ende steht ein großes Gruppenbild. So wie immer. Alles ist gut."

Was auch nicht wirklich verwunderlich ist, denn würde sich der Spiegel doch eher die Zunge abbeißen als etwas Positives über Westerwelle zu sagen, auch wenn es angebracht wäre.



Ach, wenn es doch an der einseitigen SPIEGEL-Berichterstattung läge! Aber die Rede war wirklich nicht gut, wirklich nicht dem Ernst der Lage angemessen und wirklich nicht zukunftsweisend. Es mag sein, dass ich als langjähriger liberaler Blogger viele Dinge einfach zu oft gelesen und geschrieben habe. Vielleicht bin ich zu anspruchsvoll. Aber was wir als Zuhörer und Zuschauer bei diesem Dreikönigstreffen am wenigsten brauchten, war ein Vortrag darüber, wodurch sich liberales Gedankengut auszeichnet.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

06.01.2011 16:47
#27 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Zitat von Stefanie
(…) Und hier bin ich mal drauf gespannt:

"Das gesamte deutsche Steuerrecht mit nur 400 Paragraphen: Der frühere Verfassungsrichter Paul Kirchhof will im April ein Steuergesetzbuch vorlegen, in dem Tausende von Paragraphen eingedampft sind."

http://www.focus.de/finanzen/news/buerok...aid_536479.html

eigentlich müßte der Koalition Angst und Bange werden, denn wird dieses Gesetz doch zeigen, dass andere sehr wohl etwas in Steuerreform auf die Beine stellen können. Und nach Sarrazin sich darauf zu verlassen, dass man nicht genehme Veröffentlichung durch Diffamierung wird von der Bildfläche bekommen, halte ich für riskant.



Warum sollte man Professor Kirchhof heute so diffamieren wie 2005? Es ist ja kein Wahlkampf. Die Presse wird ihm Beifall zollen, der SPD wird's weitgehend egal sein, die Grünen werden die ökologische Lenkung vermissen und die Linken werden aus Prinzip gegen jedes Papier sein, in dem nicht >50% Spitzensteuersatz gefordert werden. CDU/CSU/FDP sollten sich schämen, denn sie haben die steuerlich kompetenten Leute leider kaltgestellt. Womöglich wird es ein Verkaufserfolg, weil viele noch von einem einfachen und gerechten System träumen.

Aber man sollte vor dem Kauf des Buches bedenken, dass der selbe Professor Kirchhof das entscheidende Gutachten für die Haushaltsabgabe (Neuordnung der ARD/ZDF-Gebühren) geschrieben hat …

Stefanie Offline



Beiträge: 606

06.01.2011 17:16
#28 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

@stefanolix

"Ach, wenn es doch an der einseitigen SPIEGEL-Berichterstattung läge! Aber die Rede war wirklich nicht gut, wirklich nicht dem Ernst der Lage angemessen und wirklich nicht zukunftsweisend. Es mag sein, dass ich als langjähriger liberaler Blogger viele Dinge einfach zu oft gelesen und geschrieben habe. Vielleicht bin ich zu anspruchsvoll. Aber was wir als Zuhörer und Zuschauer bei diesem Dreikönigstreffen am wenigsten brauchten, war ein Vortrag darüber, wodurch sich liberales Gedankengut auszeichnet."

Ich frage mich seit einiger Zeit auch, ob es daran liegt, dass ich mich nun zu lange mit Politik beschäftigt habe, dass ich parteiübergreifend nur noch genervt bin von diesen hohlen, schwammigen, nicht greifbaren Floskeln oder ober es tatsächlich so ist, dass die Politik sich verändert hat. Mir fehlen auch die markanten Gestalten. Das ist alles aalglatt und nichts zum Reiben. Die Aussagen zur Sache sind immer derart allgemein und wenig greifbar, dass ich schon keine Lust mehr habe, mit Interviews mit Politikern oder Reden anzutun. Ich frage mich auch, ob es an meiner Wahrnehmung liegt, dass es früher anders war, weil es für mich vielleicht einfach neu war.

Die FDP schwimmt da meines Erachtens nur mit. Den Parteitag der SPD nach der letzten Bundestagswahl hatte ich mir angeguckt, weil ich mit Schweinegrippe danieder lag. Das war vermutlich nichts anderes als bei der FDP jetzt.

Bei der letzten Bundestagswahl war mir nicht bewusst, wie dünn die Personaldecke hinter Westerwelle ist. Ich freute mich einfach so riesig über diesen Sieg und fand Westerwelle als Wahlkämpfer großartig. Die fast gebetsmühlenartig genannten Programmpunkte von Westerwelle und auch anderen, sprachen mir aus der Seele. Ich ging davon aus, sind die erst einmal an der Macht mit der CDU, dann wird alles besser. Völlig verschätzt hatte ich mich auch bei Merkel. Ich dachte, sie sei in der Koalition mit der SPD deshalb immer weiter nach links gerutscht, um die SPD auszubremsen, um dann beim nächsten Mal die Traumkoalition zu haben. Tja, völlig verschätzt.

Und dann, als ich sah, wie die FDP nun ausgebremst wurde in den Koalitionsverhandlungen wurde mir schlagartig klar, wie dünn das Personal bei der FDP ist. Nicht, weil es keine fähigen Köpfe gebe, sondern weil es keine Frontleute gibt, die bereits ein standing haben oder zumindest sich kaltschnäuzig nach vorne drängen und Westerwelle im Außenamt kann sich nicht mehr auf Steuern etc. fokussieren und auch nicht mehr dauerpräsent sein. Und da kam keiner nach.

Niebel, der auch frech überall rein ist, wurde im Entwicklungsministerium geparkt. In dieser Funktion hat sich noch keine profilieren können und das ganze dann noch nach den Diskussionen über die Abschaffung des Ministeriums, hat riesen Autorität gekostet. Lindler ist zu unbekannt, als dass er Niebel hätte ersetzen können. Der hätte vorher aufgebaut werden müssen und nicht erst im Amt. Das Gesundheitsministerium von je her ein ganz undankbarer Job, bei dem nur verlieren kann. Wirtschaftsministerium o.k. und was so über fünf Ecken hört, Brüdele macht da einen guten Job. Der ist aber auch keiner, der wie Westerwelle, zu Gutenberg, Gabriel etc. keine Chance ausläßt, ins Rampenlicht sich zu stellen. Daher auch eher unauffällig.

Die FDP hätte nie dieser Verteilung der Ministerien zustimmen dürfen. Die hätten auf das Finanzministerium bestehen müssen. Die hätten sich 100 Male überlegen müssen, ob sie den Prestigejob Außenministerium zu Guttenberg lieber überlassen sollen und dafür Westerwelle im Land behalten sollen. Dass Westerwelle auch Homburger unterstützen kann, die ebenfalls zu unbekannt war und es immer noch ist.

Die FDP hat sich mit den Ministerien in eine Lage gebracht, in der sie eigentlich nicht gewinnen kann. Insbesondere durch die "Abgabe" des Finanzministeriums ist die FDP jetzt völlig gelähmt, was die Wahlversprechen anbelangt. Völlig abhängig vom Gutdünken der CDU respektive Merkel und Schäuble und dass Merkel die FDP so klein wie möglich halten will, hat sie gezeigt und wäre eigentlich auch schon zu ahnen gewesen nach dem Verhalten gegenüber der SPD.

Und Westerwelles Rede heute ist auch keine Hilfe. Dabei war er im letzten Wahlkampf so klasse und hat genau Stimmungen erfasst. Einzig vielleicht die Sache mit der SED, die ja nun noch einmal konkreter durch die jüngsten Aussagen der Parteivorsitzenden wurde. Aber es wurde nicht angesprochen, was sich Liberale und deren Wähler konkret umgesetzt wünschen. Was die nähere Zukunft weist, das man denkt, das wird angepackt.

Aber was hätte er auch sagen sollen. Er kann nichts ankündigen. Was soll er an Umsetzung liberaler Projekte ankündigen, was er dann wirklich auch mit der CDU realisieren kann? Solle er noch einmal auf die Klappe fallen mit einer Steuerreform?

dirk Offline



Beiträge: 1.538

06.01.2011 17:25
#29 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Zitat von Zettel
Das war mein Eindruck. Haben vielleicht auch andere Zimmerleute die Rede gesehen und können diesen Eindruck bestätigen oder ihm widersprechen?



Ich hab sie gesehen; ich fand sie zu energisch, so als würde er sich schreckhaft gegen gewisse Linke Denkmuster wehren. Die gibt es ja auch, und sie dominieren auch viele Diskurse, aber irgendwie wirkte die Rede dadurch wie an ein falsches Publikum gerichtet.

Besonders einprägsam war als er von den zwei politischen Kräften sprach; die der Furcht und die der Hoffnung. Als er dann auf letztere zu sprechen kam, fügte er ein "das sind wir" ein. Völlig unnötig. Jedem war klar, wer gemeint ist. Wie zu einem kleinen Kind. Und damit machte er sich die ganze Passage kaputt, indem er sie auf einen billigen Werbeslogan reduziert.

Den Eindruck, er sei nicht echt, kann ich dagegen nicht bestätigen. Aber vielleicht bin ich dafür auch nicht sensibilisiert genug; auch mir hat jemand mal gesagt ich wirke nicht authentisch. Möglicherweise liegt es daran, dass die Selbstdefinition negativ zu sein scheint. Die Kernbotschaft lautet "Wir sind nicht die Linken", aber es ist dann nicht klar wofür die FDP eigentlich steht.

Und das ist ein großes Problem, verstärkt noch mal dadurch, dass in der Bevölkerung ohnehin nur wenige für liberale Positionen sensibilisiert sind.

Es ist aber auch nicht ganz einfach. Wie definiert man den Liberalismus positiv? Es ist ja gerade das Wesen des Liberalismus, dass er eben keine große Vision hat, keinen idealen Gesellschaftszustand anstrebt, sondern sich eher auf die Dynamik mit der sich die Gesellschaft ändert bezieht. Sie soll gewaltlos, ohne Anwesenheit von Zwang, sein. Die Richtung aber, das Ziel, will der Liberale nicht vorschreiben.

edit: grobe orthographische Fehler beseitigt

Stefanie Offline



Beiträge: 606

06.01.2011 17:28
#30 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

"Warum sollte man Professor Kirchhof heute so diffamieren wie 2005?"

Nach meinem Kenntnisstand will er ein umfassendes Steuergesetz vorlegen. Dass er also in Eigenregie jenseits der Politik einen Entwurf der längst überfälligen Steuerreform erarbeitet. Einen Entwurf, der im Grunde genommen "nur" noch verabschiedet werden müsste. Also dass getan hat, was in Schäubles Haus längst hätte geschehen müssen.

Die Politik wird dann einen fertigen Entwurf zu einer Steuerreform für ein einfacheres, gerechteres und unbürokratischeres Steuerrecht auf den Tisch bekommen. Ich gehe nicht davon aus, dass die Politik diesen Entwurf von Kirchhoff wird berücksichtigen wollen unabhängig davon, ob ihr der Entwurf gefällt oder nicht. Schon aus Prinzip nicht, denn wie es sehe es aus, dass ein "Privater" eine Reform hinbekommt, an der Schäuble scheitert. Aus Prinzip wird der Entwurf nicht verwendet werden und inhaltlich wird nicht wirklich darüber diskutiert werden. Er Entwurf wird platt gemacht werden, auch wenn er unser Steuersystem hätte voran bringen können. Dass die CDU so agieren wird, da bin ich mir relativ sicher. Bei der FDP nicht so sehr, vermute aber, die CDU wird keine andere Chance lassen.

Wir werden es alles im Frühling erleben. Vielleicht ist der Entwurf auch schlecht, das glaube ich aber nicht.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

06.01.2011 17:51
#31 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Im Gegensatz zu stefanolix habe ich mich zu einem Blogbeitrag durchringen können.

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L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

06.01.2011 17:59
#32 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Zitat von dirk
Es ist aber auch nicht ganz einfach. Wie definiert man den Liberalismus positiv? Es ist ja gerade das Wesen des Liberalismus, dass er eben keine große Vision hat, keinen idealen Gesellschaftszustand anstrebt sondern sich eher auf die Dynamik vezieht, mit der sich die Gesellschaft ändert. Sie soll gewaltlos, ohne Abwesenheit von Zwang sein. Die Richtung aber, das Ziel, will der Liberale nicht vorschreiben.



Eben. Das, was Liberale als entscheidend wichtig ansehen, wird von Nichtliberalen immer als Manko moniert. Dieser Gegensatz kennzeichnet den Kern der Auseinandersetzung. Wenn der Nichtliberale etwas als gut und richtig erkannt hat, will er - notfalls unter Zwang - den Rest der Welt damit beglücken oder zumindest alles verbieten, was er für böse und falsch hält. Er sieht das als moralische Pflicht. Liberale, die es zulassen, dass andere in Sünde leben, so lange sie damit die Kreise Dritter nicht stören, werden deswegen als Komplizen des Bösen betrachtet. Es ist dem Nichtliberalen gleich, ob jemand dafür eintritt, dass eine Meinung geäußert werden darf, weil er dieser Meinung zustimmt oder weil er sie zwar ablehnt, aber für das Recht auf freie Meinungsäußerung eintritt: Wenn der Nichtliberale diese Meinung als böse und falsch identifiziert hat, ist alles andere als ihre Unterdrückung unmoralisch.

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L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

06.01.2011 17:59
#33 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Zitat von Stefanie
Nach meinem Kenntnisstand will er ein umfassendes Steuergesetz vorlegen. Dass er also in Eigenregie jenseits der Politik einen Entwurf der längst überfälligen Steuerreform erarbeitet. Einen Entwurf, der im Grunde genommen "nur" noch verabschiedet werden müsste. Also dass getan hat, was in Schäubles Haus längst hätte geschehen müssen.



Ich bin überzeugt, dass der Vorschlag gut sein wird. Ich bin genauso sehr überzeugt, dass er folgenlos bleiben wird.
Eine große Koalition aus Schäuble und der SPD ist daran interessiert, dass das deutsche Steuerrecht mit all seinen Auswüchsen so bleibt, wie es ist. Damit ist Kirchhofs Vorschlag gestorben.

Zitat von Stefanie
Die Politik wird dann einen fertigen Entwurf zu einer Steuerreform für ein einfacheres, gerechteres und unbürokratischeres Steuerrecht auf den Tisch bekommen. Ich gehe nicht davon aus, dass die Politik diesen Entwurf von Kirchhoff wird berücksichtigen wollen unabhängig davon, ob ihr der Entwurf gefällt oder nicht. Schon aus Prinzip nicht, denn wie es sehe es aus, dass ein "Privater" eine Reform hinbekommt, an der Schäuble scheitert. Aus Prinzip wird der Entwurf nicht verwendet werden und inhaltlich wird nicht wirklich darüber diskutiert werden. Er Entwurf wird platt gemacht werden, auch wenn er unser Steuersystem hätte voran bringen können. Dass die CDU so agieren wird, da bin ich mir relativ sicher. Bei der FDP nicht so sehr, vermute aber, die CDU wird keine andere Chance lassen.

Wir werden es alles im Frühling erleben. Vielleicht ist der Entwurf auch schlecht, das glaube ich aber nicht.



Der Entwurf wird nicht plattgemacht. Er wird schlicht ignoriert und (oder) als unrealistisch bezeichnet werden. Schau Dir mal an, was sie uns anno 2010/2011 als Steuervereinfachung verkaufen: eine Erhöhung einer Pauschale, die kaum jemanden betrifft [nur diejenigen, die mehr als 920 Euro und weniger als 1000 Euro für Werbungskosten ausgeben oder die zu faul sind, Belege zu sammeln!] und für den Staat allenfalls Mindereinnahmen von 300 Millionen Euro zur Folge haben wird. 300 Millionen Euro auf 40 Millionen abhängig beschäftigte Menschen verteilt, man stelle sich das mal vor! Das ist die Steuerpolitik einer wirklich großen Koalition! ;-)

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

06.01.2011 20:04
#34 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Zitat von stefanolix
eine Erhöhung einer Pauschale, die kaum jemanden betrifft [nur diejenigen, die mehr als 920 Euro und weniger als 1000 Euro für Werbungskosten ausgeben



Das ist so nicht ganz richtig. Die Vereinfachung betrifft nur diesen Kreis, aber von der erhöhten Pauschale profitieren alle, die weniger als 1000 Euro Werbungskosten haben. Dass es beim Einzelnen nicht viel ist, dem Staat aber viele Einnahmen entgehen, liegt in der Natur einer allgemeinen Maßnahme.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

06.01.2011 20:27
#35 Vereinfachungen und Einnahmenverluste Antworten

Zitat von Rayson
Das ist so nicht ganz richtig. Die Vereinfachung betrifft nur diesen Kreis, aber von der erhöhten Pauschale profitieren alle, die weniger als 1000 Euro Werbungskosten haben. Dass es beim Einzelnen nicht viel ist, dem Staat aber viele Einnahmen entgehen, liegt in der Natur einer allgemeinen Maßnahme.



Bei einem abhängig beschäftigten Gutverdiener, der seine Ausgaben nicht belegen kann (oder möchte), beträfe es etwa 36 Euro im Jahr. Über diese Gruppe wurde ja heute auch auf dem Dreikönigstreffen gern gesprochen. Aber diese Beschäftigten sind doch normalerweise motiviert, alle Ausgaben für ihr berufliches Weiterkommen auch zu belegen. Die haben einen Steuerberater oder einen Lohnsteuerhilfeverein bei der Hand. Für sie ändert sich also im Grundsatz gar nichts. Bei mittleren Einkommen ist der Nutzen für den einzelnen Beschäftigten kaum noch messbar und geringe Einkommen sind davon gar nicht betroffen. Und in welchem Verhältnis stehen die 300 Millionen Euro zur veranlagten Lohn- und Einkommenssteuer?

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

07.01.2011 00:24
#36 RE: Vereinfachungen und Einnahmenverluste Antworten

Zitat von stefanolix
Und in welchem Verhältnis stehen die 300 Millionen Euro zur veranlagten Lohn- und Einkommenssteuer?


Also 300 Millionen sind fast ein Drittel von einer Milliarde. Das sind doppelt so viele Euros wie Kilometer zwischen Erde und Sonne. Ist das etwa nichts? Zumal die Bundesregierung in ihrem "Sparpaket" ja zusammenkratzt, was sie finden kann...

Zitat von stefanolix
Aber diese Beschäftigten sind doch normalerweise motiviert, alle Ausgaben für ihr berufliches Weiterkommen auch zu belegen.


Zwar kann man Weiterbildungsaufwand auch als Werbungskosten geltend machen, bei den meisten Beschäftigten werden diese doch aber überwiegend durch die Fahrten zur Arbeit determiniert. Wer also in Fußweite von seinem Arbeitsort seinen Wohnsitz hat, für den fällt auch so gut wie nichts an, da kann er sammeln bis zum "Geht-nicht-mehr"...

--
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RexCramer ( gelöscht )
Beiträge:

07.01.2011 14:26
#37 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Liebe Stefanie,

Zitat von Stefanie
Und hier bin ich mal drauf gespannt:

"Das gesamte deutsche Steuerrecht mit nur 400 Paragraphen: Der frühere Verfassungsrichter Paul Kirchhof will im April ein Steuergesetzbuch vorlegen, in dem Tausende von Paragraphen eingedampft sind."

http://www.focus.de/finanzen/news/buerok...aid_536479.html

eigentlich müßte der Koalition Angst und Bange werden, denn wird dieses Gesetz doch zeigen, dass andere sehr wohl etwas in Steuerreform auf die Beine stellen können. Und nach Sarrazin sich darauf zu verlassen, dass man nicht genehme Veröffentlichung durch Diffamierung wird von der Bildfläche bekommen, halte ich für riskant.



vernünftige Regelungen muß man doch quasi in allen Bereichen mit der Lupe suchen. Daß aus verschiedensten Gründen (Proporz, Einfluß von Lobbyisten usw. usf.) viel Unfug seitens der Politik veranstaltet wird, ist doch der Normalfall, nicht die Ausnahme. Warum sollte es ausgerechnet im Steuerrecht besser aussehen? Unnötige, ineffektive, ineffiziente, gar kontraproduktive und teure Maßnahmen (Dosenpfand, Umweltzonen etc. - ich möchte mir hier die übliche lange Liste sparen) durch unsinniges, aber wohlklingendes Geschwätz zu rechtfertigen, gehört für Politiker doch zum Tagesgeschäft. Die Beibehaltung des Irrsinns, den manche Leute allen Ernstes "Steuersystem" nennen, zu "begründen", ist eine leichte Übung - gerade weil das "Steuerrecht" so kompliziert ist, denn auf dieser Grundlage lassen sich wunderbar "Argumente" zusammenbasteln, die keiner versteht. (Es läßt sich also auch noch Kompetenz heucheln.)
Das Finanzministerium hat bislang noch jeden Reformversuch erfolgreich abgewehrt, wobei es zahlreiche Ideen gab. Ein weiterer Vorschlag ist für die kein Grund zur Aufregung.

Dennoch stimme ich Ihnen zu, daß Kirchhof niedergeknüppelt werden wird, denn er greift etwas an, das in Deutschland immer bestraft wird.
Es existieren zwei Arten von Problemen, die wir haben: Scheinprobleme und echte Probleme. Dabei gibt es einen entscheidenden Unterschied: Scheinprobleme ("soziale Gerechtigkeit", Klimawahn, Gender-Quatsch usw.) führen dazu, daß der Staat neue Sozialleistungen erfindet, weitere Ämter und Institute finanziert sowie "Experten" für allen möglichen Unsinn bezahlt, während die echten Probleme (weitgehend) mit der Überregulierung und Überbürokratisierung einhergehen sowie mit einer Anmaßung von Wissen seitens des Staates und der Einmischung in Dinge, die ihn nichts angehen, zu tun haben, also zu deren Lösung vor allem Bürokraten und Beamte in die Wüste geschickt werden müßten. Kurz gesagt: Scheinprobleme führen zur Schaffung weiterer unnötiger Versorgungsposten, während echte Probleme deren Abbau erfordern.
Versorgungsposten liegen aber bei den Prioritäten von Politikern direkt an zweiter Stelle hinter der Wiederwahl, lange bevor die Belange der Bürger überhaupt am Horizont auftauchen. Versorgungsposten werden unter allen Umständen verteidigt. Dazu zählen natürlich auch die meisten der unzähligen Finanzbeamten und Steuerberater, die bei einem echten Steuersystem nicht mehr gebraucht werden würden. Leider will keine Partei auf die Möglichkeiten verzichten, ihren Leuten wohlige Pöstchen zu verschaffen. Selbst die FDP ist dbzgl. als mächtiger Tiger in der Opposition abgesprungen ("Liberales Sparbuch") und als Bettvorleger in der Regierung gelandet.

Reformvorschläge in Deutschland sind in drei Kategorien einzuteilen:
1. Sie beinhalten den Abbau von Versorgungsposten.
2. Sie betreffen Versorgungsposten kaum bis gar nicht.
3. Sie fordern den Aufbau von Versorgungsposten.
Im ersten Fall wird ein Reformvorschlag gnadenlos niedergemacht, im zweiten bleibt er unbeachtet und im dritten wird er begrüßt. Da der Entwurf von Kirchhof in die erste Kategorie fallen wird, kann er sich schon mal auf starken Gegenwind einstellen. Das Vokabular ist leicht zu erahnen: "Aufkündigung der Solidarität", "Ausbeutung der Ärmsten", "soziale Schieflage" etc. werden wir hören zusammen mit Beleidigungen und Diffamierungen.

MfG

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

07.01.2011 16:14
#38 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Wir haben doch hier neulich über den hessischen Politiker Jörg-Uwe Hahn gesprochen. Er hat sich jetzt so richtig schön treffend zur Rede von gestern geäußert:

Der hessische FDP-Vorsitzende Jörg-Uwe Hahn hat die Rede des Bundesvorsitzenden Guido Westerwelle am Donnerstag beim Dreikönigstreffen der Partei in Stuttgart als gutes Resümee der bisherigen Arbeit der Bundesregierung bezeichnet. Auch sei es ihm gelungen, die Unterschiede zwischen einer bürgerlichen und einer linken Koalition herauszuarbeiten. Er erwarte jedoch, fügte Hahn an, dass Westerwelle in den nächsten Wochen noch einmal „nachlegt“ und etwas zum Zustand der FDP und ihren Glaubwürdigkeitsproblemen sage. (Quelle: F.A.Z.)

Keine weiteren Fragen ;-)

VolkerD Offline



Beiträge: 101

24.01.2011 14:13
#39 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

In Spiegel Online steht - überraschenderweise - eine Verteidung von Herrn Westerwelle:

http://www.spiegel.de/politik/deutschlan...,740811,00.html

Thomas Pauli Offline




Beiträge: 1.486

24.01.2011 14:28
#40 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Zitat
Versorgungsposten liegen aber bei den Prioritäten von Politikern direkt an zweiter Stelle hinter der Wiederwahl, lange bevor die Belange der Bürger überhaupt am Horizont auftauchen.


Lieber RexCramer,

langsam glaube ich, daß auch der Versuch, von Gemeinden aus Geldmangel versilberte Versorgungsgesellschaften wierder in kommunalsen Besitz zurückzubringen, hauptsächlich wegen der Schaffung neuer Versorgungsposten verfolgt wird. Zwar wird natürlich ganz anders argumentiert, eigentümlicherweise konnte ich aber bisher kein einziges dieser Argumente in irgendeiner Weise plausibel finden. Im Gegenteil waren bisher alle geradezu erbärmlich schwach.
Weiterhin glaube ich, daß auch die "Steuergerechtigkeit" zu den Scheinproblemen gehört, das dazu dient, das Steuersystem zum undurchschaubaren, willkürlich manipulierbaren, Absahninstrument zu machen.

Herzlich, Thomas

P.S.: Es scheint mir in lerzter Zeit auch noch eine Endzeitstimmung hinzuzukommen, die ihren deutlichsten Ausdruck im Ausscheiden etlicher CDU-Spitzenpolotiker aus der Politik findet. Schnell noch die Pension verdienen, bevor alles den Bach runtergeht...

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

24.01.2011 22:17
#41 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Zitat von VolkerD
In Spiegel Online steht - überraschenderweise - eine Verteidung von Herrn Westerwelle:
http://www.spiegel.de/politik/deutschlan...,740811,00.html



Das ist doch keine Verteidigung. Das ist eine lustlos heruntergeschriebene Glosse.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

24.01.2011 23:20
#42 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Zitat von stefanolix
Das ist eine lustlos heruntergeschriebene Glosse.



Und fast alles von mir geklaut.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

25.01.2011 08:42
#43 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Zitat von Rayson

Zitat von stefanolix
Das ist eine lustlos heruntergeschriebene Glosse.



Und fast alles von mir geklaut.




Und als ob das nicht schlimm genug wäre: es ist viel zu spät passiert ;-)

Jan Fleischhauer hat schon bessere Artikel geschrieben und ich hatte gehofft, dass er seine Kolumne an prominenter Stelle bei SPON auch entsprechend nutzt. Aber für diesen Artikel bekommt er von mir keine Punkte.

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