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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 42 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.01.2011 10:04
Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Morgen Abend wird mit einem - vielleicht rauschenden, wer weiß - "Dreikönigsball" das traditionelle Dreikönigstreffen der FDP eröffnet. Dieser Artikel ist so etwas wie ein Vorbericht dazu.

Als ich ihn geschrieben habe, ist mir übrigens bewußt geworden, wie sehr mich der momentane Niedergang der FDP beunruhigt, ja deprimiert. Was soll aus der deutschen Politik werden, wenn die FDP keine (mit)bestimmende Rolle mehr spielen würde?

VolkerD Offline



Beiträge: 101

04.01.2011 10:30
#2 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Mein lieber Zettel,

Herr Hahn mag ja ganz fähig sein (das spreche ich ihm wirklich nicht ab), aber er ist es nicht im politischen Sinne, er reisst nicht mit, er gibt keine Visionen. Er ist ein guter Verwalter, ein Bürokrat; kein Politiker. Eine solche Person an der Spitze würde der FDP rein gar nichts bringen, wie das z. B. Wolfgang Gerhardt auch schon bewiesen hat.

Dem mag "sein" Wahlergebnis in Hessen widersprechen, aber das halte ich für eine Ausnahme.

Die FDP (die seit mehr als 25 Jahren meine Partei ist), benötigt jemandem mit "Schnauze" und Visionen. Im Grunde einen anderen Westerwelle, jedoch mit besserem Image.
Und vor allem: Einen besseren Verkauf ihrer Erfolge in der Regierung (die vorhanden sind) und eine glaubwürdige Erklärung der Misserfolge und Fehler (diese Kritik gibt es von den derzeitigen Verantwortlichen in der FDP nicht - zumindest nicht so, dass es als glaubwürdig empfunden wird).

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.01.2011 10:52
#3 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Lieber VolkerD,

Zitat von VolkerD
Herr Hahn mag ja ganz fähig sein (das spreche ich ihm wirklich nicht ab), aber er ist es nicht im politischen Sinne, er reisst nicht mit, er gibt keine Visionen. Er ist ein guter Verwalter, ein Bürokrat; kein Politiker. Eine solche Person an der Spitze würde der FDP rein gar nichts bringen, wie das z. B. Wolfgang Gerhardt auch schon bewiesen hat.

Dem mag "sein" Wahlergebnis in Hessen widersprechen, aber das halte ich für eine Ausnahme.

Die FDP (die seit mehr als 25 Jahren meine Partei ist), benötigt jemandem mit "Schnauze" und Visionen. Im Grunde einen anderen Westerwelle, jedoch mit besserem Image.


Hahn ein Bürokrat? Er ist meines Wissens selbständiger Rechtsanwalt.

Hier ist die Liste der Bundesvorsitzenden der FDP. Den Typus, den Sie schildern, sehe ich nur durch Westerwelle selbst repräsentiert. Erich Mende hatte Schnauze, aber als alter Soldat überhaupt keine Visionen. Die anderen hatten weder Schnauze noch Visionen.

Es ist, lieber VolkerD, eine Reihe, in die Jörg-Uwe Hahn passen würde; in die der Leichtmatrose aber im Grunde nie gepaßt hat. Er hat seine Verdienste um die FDP; ich habe ja auch seinen Wahlkampf 2009 durchaus gelobt. Aber so wie er ist die FDP, glaube ich, nicht.

Das sind überwiegend nüchtern denkende Leute, die von Schnauze er abgestoßen werden und die zum Psychiater gehen, wenn sie von Visionen befallen werden. Sie wählen die FDP und sind vielleicht sogar Mitglied, weil sie in Freiheit leben wollen; in wirtschaftlicher und kultureller. Nicht, weil einer ihnen Visionen vorgaukelt.

Herzlich, Zettel

VolkerD Offline



Beiträge: 101

04.01.2011 11:07
#4 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Lieber Zettel,

Zitat
Hahn ein Bürokrat? Er ist meines Wissens selbständiger Rechtsanwalt.



Vom Habitus her.

Zitat
Hier ist die Liste der Bundesvorsitzenden der FDP. Den Typus, den Sie schildern, sehe ich nur durch Westerwelle selbst repräsentiert. Erich Mende hatte Schnauze, aber als alter Soldat überhaupt keine Visionen. Die anderen hatten weder Schnauze noch Visionen.



Eben darum hat die FDP (nach Mende und seinem Ritterkreuz) nur noch selten Wahlergebnisse erzielt, die sie zu einer signifikanten Größe gemacht hätte. Die FDP blieb lange Jahre "klein aber fein", was aber immer mehr dazu geführt hat, dass die Inhalte der FDP zugunsten irgendeiner Koalition mehr und mehr verwässert wurden bis kaum noch was von der FDP übrig war (wie in den Neunzigern des vorigen Jahrhunderts)

Zitat
Es ist, lieber VolkerD, eine Reihe, in die Jörg-Uwe Hahn passen würde; in die der Leichtmatrose aber im Grunde nie gepaßt hat. Er hat seine Verdienste um die FDP; ich habe ja auch seinen Wahlkampf 2009 durchaus gelobt. Aber so wie er ist die FDP, glaube ich, nicht.


I
ch hänge nicht an Westerwelle sondern an der FDP, aber ich habe (leider!) das Gefühl, dass in der heutigen Zeit mit nüchternen Statements keine Politik mehr gemacht werden kann (wie sonst konnte ein Schröder Bundeskanzler werden).

Zitat
Das sind überwiegend nüchtern denkende Leute, die von Schnauze er abgestoßen werden und die zum Psychiater gehen, wenn sie von Visionen befallen werden. Sie wählen die FDP und sind vielleicht sogar Mitglied, weil sie in Freiheit leben wollen; in wirtschaftlicher und kultureller. Nicht, weil einer ihnen Visionen vorgaukelt.



Die FDPler die ich kenne (und zu denen ich mich zähle) sind wirklich so ... meistens . Aber - wie oben schon geschrieben: damit lässt sich leider kein Blumentopf (mehr) gewinnen. Vielleicht bleibt man da ein wenig über 5 %, wenn man Glück hat vielleicht auch mal sogar 8% oder 9 % - aber das kann kein Ziel für eine Partei sein, die ihre wesentlichen Inhalte realisieren will.

C. Offline




Beiträge: 2.639

04.01.2011 11:07
#5 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Lieber Zettel,

seit wir uns kennen, habe ich mich daran ergötzt, die FDP Deutschlands überflüssigste Partei zu nennen.

Jetzt erst, während sie tatsächlich am verdunsten ist, wird mir bewusst, wie bitter notwendig eine liberale Partei ist, bin mir aber nicht sicher, ob es der FDP gelingen wird, es tatsächlich zu werden. Aber sie ist die einzige mir bekannte Partei, die die Voraussetzungen dazu hat, aber dazu wäre ein Peter Zwegat notwendig, der mit großer Geduld und noch größerem Nachdruck, die FDP-Führung zwingt, die Hosen herunterzulassen und sich offen zu den Fehlern der Vergangenheit zu bekennen. Der FDP fehlt jegliche Sensibilität für ihre Wähler und vor allem für diejenigen, die hoffnungsvoll sie das letzte mal gewählt haben, wenn ich von den Vertretern der Hotelbetriebe absehe. (die CSU, die dabei ebenfalls treibende Kraft war, ist mit einem blaune Auge davongekommen, denn sie hat ja noch die Guttenbergs).
Bei der FDP habe ich das Gefühl, dass sie ihre Wähler gar nicht kennt, sonst würde sie sie nicht so verachten.

http://www.iceagenow.com/

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

04.01.2011 12:58
#6 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Eine ziemlich stimmige Analyse, lieber Zettel, was die Seite der FDP und ihre beiden Figuren Westerwelle und Pinkwart angeht. Aber es fehlt meines Erachtens nach auch ein wichtiger Teil und der heisst CDU, bzw. Merkel und Schäuble. Die FDP hat den (kleinen) Fehler gemacht diesen beiden zu vertrauen. Sie hat nach der Wahl darauf gesetzt, dass Absprachen eingehalten werden, dass Pläne umgesetzt werden und das man sich nichts böses will. Die Union hat quasi vom ersten Tag an dieses Vertrauen nicht nur missbraucht, sie hat den Dolch wohl bereits in der Wahlnacht geschärft. Und die FDP Granden waren zu dämlich das wahrzunehmen, bzw. darauf angemessen zu reagieren.
In der Folge hat die FDP den großen Fehler begangen, sich nämlich weiter an diese Union zu hängen. Nachdem klar war, dass die Union nie vorgehabt hat auch nur irgendeine der Absprachen wirklich einzuhalten, ja sogar mittels politischer Gestaltung die FDP diffamiert hat (Stichwort Hotelmehrwertsteuer), hätte die FDP SOFORT aussteigen müssen. Sie hätte der Union die Prötteln vor die Füsse schmeissen müssen und dem Wähler klar signalisieren müssen: Wir wurden betrogen. Und ihr auch. Aber ihr wurdet von der Union betrogen und weil wir Euch nicht betrügen wollen, brechen wir hier ab. Das wäre glaubwürdig gewesen, das wäre ehrlich gewesen, das wäre richtig gewesen. Doch stattdessen lies man sich auch noch vorführen.

In der Folge werden viele Leute die FDP nicht noch einmal wählen, ich selber habe schon meine Schwierigkeiten anderen zu widersprechen, wenn sie das klar sagen (und ich bin (noch) Parteimitglied). Das Vertrauen wieder herzustellen wird Jahre, wenn nicht eher Jahrzehnte dauern. Zu verdanken ist das der Machtgeilheit der Führungsriege und der Machtgeilheit einer Kanzlerin, die sich eine große Koaltion wünscht. Stattdessen werden wir alle den Preis zahlen, wenn in zwei Jahren dann die Volksfront kommt.
Man sagte Merkel eine zeitlang nach, dass ihr Vorbild Helmut Kohl gewesen sei und ihre Politik in seinem Sinne sei. Ich war zur Zeit seiner Kanzlerschaft nie ein großer Fan von Kohl, aber er wäre nicht so kurzsichtig gewesen zu glauben, ein Sigmar Gabriel würde auf die Kanzlerschaft verzichten, wenn er die Chance dazu hätte.

VolkerD Offline



Beiträge: 101

04.01.2011 13:21
#7 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Zitat
Nachdem klar war, dass die Union nie vorgehabt hat auch nur irgendeine der Absprachen wirklich einzuhalten, ja sogar mittels politischer Gestaltung die FDP diffamiert hat (Stichwort Hotelmehrwertsteuer), hätte die FDP SOFORT aussteigen müssen.


Ja, das wäre die richtige Option gewesen; leider wurde aber genau das nicht gemacht. Somit ist es ein Problem der FDP zu erklären, warum sie noch dabei ist (Mir klingen noch die Meinungen von Parteifreunden im Ohr, als ich das vor einigen Monaten vorgeschlgen habe; von wegen Staatsverantwortung usw.)

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

04.01.2011 13:36
#8 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Zitat von Llarian
(…) Man sagte Merkel eine zeitlang nach, dass ihr Vorbild Helmut Kohl gewesen sei und ihre Politik in seinem Sinne sei. Ich war zur Zeit seiner Kanzlerschaft nie ein großer Fan von Kohl, aber er wäre nicht so kurzsichtig gewesen zu glauben, ein Sigmar Gabriel würde auf die Kanzlerschaft verzichten, wenn er die Chance dazu hätte.



Ich las neulich die treffende Bemerkung, das Helmut Kohl der FDP in der Koalition einfach auch mal einige Erfolge gelassen hat. Wenn man eine Weile darüber nachdenkt, merkt man wirklich, dass Kohl die FDP besser in die Koalition integriert hat. Ein anderes Beispiel wäre Roland Koch. Beide waren wohl gegenüber der FDP einfach verlässlicher als Angela Merkel. Ich will jetzt Helmut Kohl und die damalige schwarz-gelbe Koalition wirklich in keiner Weise glorifizieren, die haben auch Fehler gemacht. Aber Helmut Kohls Koalition mit der FDP hat deutlich länger gehalten, als Angela Merkels Koalition je halten wird.

Herzliche Grüße
Stefan

.

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

04.01.2011 14:04
#9 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Das Problem ist, lieber VolkerD, dass es keine vermittelbare Antwort dazu gibt. Die Antwort ist vermutlich, ich will das Wort Geilheit nicht völlig überstrapazieren aber seis drum, schlicht Machtgeilheit. Vier Jahre Regierung sind auch vier Jahre Dienstwagen, Posten, Gehälter und Pensionsansprüche, das sollte man nicht unterschätzen. Hätte man die Koaltion nach drei Monaten geschmissen, wäre davon nicht viel geblieben.
Mit Staatsverantwortung soll mir keiner kommen, das ist Unsinn, und darauf fällt auch kein Wähler rein. Hätte die FDP die Koaltion geschmissen, hätten wir heute eine Neuauflage der grossen Koalition. Die auch nicht wesentlich schlimmer wäre, denn zurzeit wird die selbe sozialdemokratische Politik gemacht wie vorher. Mit dem Unterschied, dass eine starke, eine glaubwürdige FDP mir Hoffnung geben würde, dass die CDU nicht nochmal mit dem Dolch kommt, denn der Hauptverlierer in einem solchen Szenario wären Merkel und Schäuble. Ich würde jedenfalls wesentlich lieber vier Jahre GroKo ertragen, mit der Hoffnung dass Merkel 2013 von den eigenen Leuten versenkt würde, als die Aussicht 2013 auf unabsehbare Zeit eine Volksfront zu bekommen und eine FDP, die froh sein kann, wenn sie überhaupt noch in den Bundestag kommt.

dirk Offline



Beiträge: 1.538

04.01.2011 14:27
#10 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Lieber Zettel,

ich mag Ihre Verwendung des Wortes "Leichtmatrose" nicht. Es ist nicht originell, denn das Wort kommt nicht von ihnen. Es trifft nicht zu, denn im Politikbetrieb gibt es jede Menge weniger kompetente Personen (gemessen an Rhetorik, Visionen, Erfolg,...). Auch der Urheber des Wortes hat sich nicht gerade als Kapitän behauptet.

Das Wort ist diffamierend; und ihr Urspung ist Symbol für eine Etikettierung, die dafür sorgt, dass man dem Betreffenden von vorneherein keine Chance gibt.

Sie sollten darauf nicht trittbrettfahren und ihr weiteren Impuls verleihen. Das haben Sie wirklich nicht nötig!


Zur FDP: Sie muss verstehen, dass sie von Linken gehasst wird. Egal, was sie macht. Ob sie das Ziel einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaftsweise in ihr Programm aufnimmt, Westerwelle nun die Atomwaffen aus der Welt schafft und die Welt befriedet, ja selbst wenn sie den Kommunismus umsetzen würde, sie würde nicht geliebt werden. Alle Versuche das zu erreichen sind zwecklos - sie vergraulen nur die eigenen Wähler.

In der Hinsicht tut mir Westerwelle auch leid; bei ihm ist permanent das Bedürfnis zu spüren, von anderen, von der Mehrheit, anerkannt zu werden. Und genau das wird er nicht erreichen, egal was er macht; auch wenn er es verdient hätte.

Dagny Offline



Beiträge: 1.096

04.01.2011 14:39
#11 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Zitat von dirk
Lieber Zettel,

ich mag Ihre Verwendung des Wortes "Leichtmatrose" nicht. Es ist nicht originell, denn das Wort kommt nicht von ihnen. Es trifft nicht zu, denn im Politikbetrieb gibt es jede Menge weniger kompetente Personen (gemessen an Rhetorik, Visionen, Erfolg,...).



Das Wort passt nun leider doch. http://www.antibuerokratieteam.net/2010/...-parteienkrise/

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.01.2011 19:58
#12 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Zitat von dirk
ich mag Ihre Verwendung des Wortes "Leichtmatrose" nicht. Es ist nicht originell, denn das Wort kommt nicht von ihnen. Es trifft nicht zu, denn im Politikbetrieb gibt es jede Menge weniger kompetente Personen (gemessen an Rhetorik, Visionen, Erfolg,...). Auch der Urheber des Wortes hat sich nicht gerade als Kapitän behauptet.

Das Wort ist diffamierend; und ihr Urspung ist Symbol für eine Etikettierung, die dafür sorgt, dass man dem Betreffenden von vorneherein keine Chance gibt.

Sie sollten darauf nicht trittbrettfahren und ihr weiteren Impuls verleihen. Das haben Sie wirklich nicht nötig!

Ich habe mir, lieber Dirk, jetzt noch einmal angesehen, wo dieses Wort in dem Artikel vorkommt. Die Passage lautet:

Zitat
Den Wähler interessieren nicht Programme, die er ohnehin in der Regel nicht liest. Ihm sagt eine Partei dann zu, wenn sie klare Aussagen über ihre konkreten, praktischen politischen Absichten macht und wenn sie diese dann auch einhält. Er will - zumal der aufgeklärte, der rationale Wähler der FDP - eine Partei, wie sie Jörg-Uwe Hahn repräsentiert; nicht eine Partei unsolider Leichtmatrosen und Pinkwarte.


Ich schildere das also aus der Perspektive des Wählers, wie ich sie sehe. Westerwelle wird nun einmal so wahrgenommen. Das zeigen die Umfrageergebnisse; das zeigt insbesondere der Umstand, daß er überhaupt nichts von dem Bonus hat, den man sonst dem Außenminister gibt.

Sie haben Recht, das Wort ist abgedroschen und diffamierend. Vielleicht hätte ich es deshalb ganz vermeiden sollen. Aber es trifft (leider) schon die Art, wie Westerwelle offenbar von sehr vielen Wählern gesehen wird.

Und das hat er sich selbst zuzuschreiben. Er hatte, wie geschrieben, einen guten Start als Außenminister. Ich dachte damals, er würde in diese Rolle hineinwachsen; so wie ja auch Fischer nicht gerade als Diplomat hervorgetreten war, bevor er Außenminister wurde. Aber er hat die Rolle angenommen und - jedenfalls in der Außenwirkung - darin überzeugt (mich nie, nebenbei).

Westerwelle hätte das auch gekonnt. Aber dazu wäre zweierlei erforderlich gewesen:

Erstens hätte er nicht nach ein paar Monaten aus dieser Rolle fallen und in die Bütt steigen dürfen; seine Aufgeregtheit gegen Hartz-IV-Mißbrauch (er wollte damals sogar eine "Generaldebatte" erzwingen) war der vermutlich größe Fehler seiner politischen Laufbahn.

Und zweitens müßte er das tun, was man vom Chef des AA erwartet: Auch nach außen sichtbar deutsche Interessen vertreten. Er hat aber bisher den Eindruck erweckt, die Interessen Anderer (der Polen, der Türken, der Palästinenser usw.) seien ihm wichtiger.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.01.2011 20:14
#13 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Zitat von Dagny
Das Wort passt nun leider doch. http://www.antibuerokratieteam.net/2010/...-parteienkrise/

Diese Analyse der fünf Stufen einer Parteikrise finde ich sehr erhellend; ich habe meinen Artikel um einen Hinweis darauf ergänzt.

Herzlich, Zettel

dirk Offline



Beiträge: 1.538

05.01.2011 22:37
#14 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Zitat von Zettel
Ich schildere das also aus der Perspektive des Wählers, wie ich sie sehe. Westerwelle wird nun einmal so wahrgenommen.



Naja.Spätestens hier aber machen Sie sich die Formulierung dann doch zu eigen:

Zitat von Zettel
Es ist, lieber VolkerD, eine Reihe, in die Jörg-Uwe Hahn passen würde; in die der Leichtmatrose aber im Grunde nie gepaßt hat.



Das ärgert mich, das wollte ich Ihnen mitteilen und das habe ich jetzt getan.

Zitat

Erstens hätte er nicht nach ein paar Monaten aus dieser Rolle fallen und in die Bütt steigen dürfen; seine Aufgeregtheit gegen Hartz-IV-Mißbrauch (er wollte damals sogar eine "Generaldebatte" erzwingen) war der vermutlich größe Fehler seiner politischen Laufbahn.



Das mag rückwirkend so sein, aber das war nicht absehbar. Denn das, wofür er kritsiert wurde, hatte er gar nicht gesagt. Es war im Grunde noch schlimmer als bei Sarrazin. (Und wie bei Sarrazin war auch hier die Kanzlerin- ähem - wenig hilfreich)

Gut, man kann ihm vorwerfen, dass er mit so einer, sagen wir missbräuchlichen, Interpretation seiner Aussagen hätte rechnen müssen, aber wäre nicht an dieser Stelle der Sturm der Empörung entbrannt, dann hätte man ihn an anderer Stelle entfacht. Weil man es wollte, und weil man - man hat es ja jahrelang vorbereitet - bei Westerwelle konnte.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

06.01.2011 08:40
#15 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Zitat von dirk
Gut, man kann ihm vorwerfen, dass er mit so einer, sagen wir missbräuchlichen, Interpretation seiner Aussagen hätte rechnen müssen, aber wäre nicht an dieser Stelle der Sturm der Empörung entbrannt, dann hätte man ihn an anderer Stelle entfacht. Weil man es wollte, und weil man - man hat es ja jahrelang vorbereitet - bei Westerwelle konnte.



Dirk, es steht außer Frage, dass Guido Westerwelle in den Medien und durch politische Konkurrenten einiges Unrecht angetan wurde. Aber zum Vertrauensverlust der FDP bei den Wählern und zum Bedeutungsverlust der FDP hat das nicht geführt. Dafür ist sie mit ihrer Politik und ihrer Unpolitik ganz allein selbst verantwortlich.

Auch andere Politiker wurden in den letzten zehn Jahren hart angegangen. Man denke an Edmund Stoiber, den Urheber des Wortes »Leichtmatrose«. Aber im Vergleich zu Guido Westerwelle war Edmund Stoiber zeitweise Kapitän und zeitweise wenigstens Erster Offizier auf dem bayrischen Schiff. Erst als er sich um den Posten des Kapitäns der Bundesrepublik bewarb, stieß er wirklich schmerzhaft an seine Grenzen.

Guido Westerwelles FDP war in mehreren Punkten überfordert, als sie Verantwortung übernehmen musste. Das sehen die Wähler (man lese sich die Meinungen aus der Wirtschaft und von Einzelwählern in Zeitungen wie »F.A.Z.« und »Handelsblatt« durch!) und das sehen die Medien. Dass einige Medien in durchaus verachtenswerter Weise persönlich auf Westerwelle eingeschlagen haben, ist zu verurteilen. Aber ein Leichtmatrose ist er seit dem Wahlerfolg trotzdem.

Stefanie Offline



Beiträge: 606

06.01.2011 12:41
#16 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Lieber Zettel,

auch wenn wir die Gründe für das schlechte Abschneidens der FDP im Kern unterschiedlichen sehen, ich sehe die Ursache darin, dass BK Merkel die FDP eiskalt ausgebremst hat aus parteipolitischen Gründen, sind wir im Ergebnis doch wieder einig.

"wie sehr mich der momentane Niedergang der FDP beunruhigt, ja deprimiert. Was soll aus der deutschen Politik werden, wenn die FDP keine (mit)bestimmende Rolle mehr spielen würde?"


Auch darin, dass die ihre FDP Glaubwürdigkeit verloren hat, die bei den letzten Wahlen ihr ganz starkes Plus war, sozusagen fast ein Alleinstellungsmerkmal. Vielleicht hat LIarian Recht und die FDP hätte aussteigen sollen. Ich dachte damals, die FDP wird sich schon durchsetzen können, denn auch die CDU möchte Projekte voran treiben und dann müssen Kompromisse eingegangen werden auch seitens der CDU. Ich irrte mich, die CDU hat keine Projekte durchsetzen wollen. Vielleicht die Hartz4 Reformen, aber auch diese wohl nur deshalb, weil es vom BVerfG so bestimmt wurde. O.k. dann gab es noch den Vertrag mit der Atomenergie, aber was sonst?

Ich habe das Gefühl, es passiert rein gar nichts in diesem Land und Merkel stört das auch nicht weiter, solange die CDU an der Macht bleibt. Problem, auch bei den anderen ist nicht zu erkennen, was die wollen, abgesehen von der SED. Selbst die vor den letzten Bundestagswahlen so explizit aufgestellte FDP lässt einen nur noch ahnen, was aktuell auf der Agenda steht.

Bis zu den letzten Bundestagswahlen hatte man immerhin noch das Gefühl, dass zwar gegenüber der Öffentlichkeit nicht konkret erläutert wird, welche Vorhaben im Raume stehen, aber es fanden Diskussionen zwischen den Koalitionären statt. Wie ist es heute, man hört lapidar von Schäuble, Steuerreförmchen kommt erst 2012 und muss feststellen, auch die FDP wurde davon kalt überrascht. Das zeigt doch, dass eine politische Auseinandersetzung nicht einmal mehr zwischen den Koalitionsparteien stattfindet. Erst verschwand die politische Auseinandersetzung der Politiker aus dem öffentlichen Raum, um sich nicht angreifbar zu machen oder festhalten lassen zu müssen, man beschränkte sich auf wage Allgemeinplätze, die letztlich alles offen ließen, insbesondere im letzten Wahlkampf und nun findet nicht einmal mehr eine Auseinandersetzung zwischen den handelnden Akteuren statt. Kein Bürger weiß doch mehr, was wollen die eigentlich. Und das ist bewusstes System. Politische Auseinandersetzung wird weitestgehend vermieden, weil sie riskant ist und beschränkt sich auf punktuelle Angriffe, die letztlich gern auf Personen und nicht die Sache abzielen.

Daher, auch ich bin beunruhigt. Bei den nächsten Wahlen - bis auf Baden Württemberg - wird die Wahlbeteiligung noch weiter sinken, weil der Bürger einfach nicht weiß, wen er wählen könnte. Die Politiker wird es weiter nicht kümmern, denn zählt für ihren Machterhalt doch nur, dass die Parteien die meisten Stimmen bekommen und hierfür ist es unerheblich, ob sie die meisten Stimmen von 80 % der Bevölkerung oder nur von 48 % erhalten.

Ich habe keine Ahnung wo das hinführen soll. Das Wort "Wutbürger" passt nicht in meine Beobachtungen, müsste es doch "Frustbürger" heißen.

Man nehme nur die Bahn. Die Politiker stellen sich parteiübergreifend hin und bemängeln die Ausfälle aktuell. Dass der Bund 500 Millionen jährlich als Dividende für sich beschließt, erwähnt kaum einer der kritisierenden Politiker. Würde der Bund auf diese 500 Millionen verzichten, könnten so einige neue Loks gekauft werden.

Das ist alles so unehrlich und von daher stimme ich Ihnen zu, lieber Zettel, das Problem ist die Glaubwürdigkeit der Politik. Um diese wieder herzustellen, müssten die Politiker aber zunächst erst einmal sagen, was sie konkret erreichen wollen, um zeigen zu können, dass sie ihre Versprechen halten. Und um eben nicht in die Falle zu tappen, dass sie diese nicht halten können oder nicht mehr halten wollen, wird sich nur wage und so geäußert, dass man nicht das Risiko läuft, in die Glaubwürdigkeitsfalle zu tappe. Und da eigentlich alle das so machen, wird auch keiner ungewollt in Diskussionen verwickelt. Es beißt sich also die Katze in den Schwanz.

dirk Offline



Beiträge: 1.538

06.01.2011 12:43
#17 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

@Stefanolix.

Zitat
Dirk, es steht außer Frage, dass Guido Westerwelle in den Medien und durch politische Konkurrenten einiges Unrecht angetan wurde. Aber zum Vertrauensverlust der FDP bei den Wählern und zum Bedeutungsverlust der FDP hat das nicht geführt.



Die liberalen Kernwähler sind enttäuscht, keine Frage. Aber wieviele sind denn das? Du, ich, und vielleichtz der Rest von 3 Prozent. Dem Rest ist es - und dazu trägt die Medienstimmung bei - peinlich, FDP gewählt zu haben. Zum Beispiel, weil diese Hotel-Lapalie über die Maßen aufgebauscht wurde.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

06.01.2011 13:06
#18 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Zitat von dirk
Zum Beispiel, weil diese Hotel-Lapalie über die Maßen aufgebauscht wurde.


Da hat sich, lieber Dirk, gezeigt, daß die Linke agitatorisch ganz einfach besser ist.

Der verminderte MwSt-Satz für die Gastronomie stand nämlich sogar im Wahlprogramm der Kommunisten! (Ich habe das damals nachgeprüft). Es ging natürlich überhaupt nicht um Möwenpick, sondern um die Stärkung der Hoteliers vor allem in den Randgebieten zu anderen Staaten, deren Betriebe weniger Steuern zahlen.

Da hätte die FDP sofort zurückkeilen müssen und den Kommunisten bei jeder Gelegenheit ihr eigenes Wahlprogramm um die Ohren schlagen, ihnen Unredlichkeit und Agitation vorwerfen usw.

Stattdessen hat man sich lahm verteidigt und überhaupt nicht die Brisanz erkannt; eine Brisanz, die sich in Deutschland unweigerlich einstellt, wenn jemand "sozial ungerecht!" schreit.

Auch bei den Wählern der FDP? Vermutlich nicht direkt. Der Mechanismus dürfte da ein anderer sein: Auf die FDP wird eingeprügelt, und auch wenn man dieser Propaganda selbst nicht zustimmt, bekommt man doch etwas mit vom schlechten Image der FDP; also sinkt die Sympathie.

Die Kommunisten und viele andere Linke (man höre sich Gabriel zu Sarrazin an) verstehen eines bestens, schon seit Marx selbst: Andersdenkenden und politischen Gegnern (oft auch innerparteilichen Feinden) etwas Negatives anzuheften, sie zu diskreditieren. Vulgo: Mit Dreck zu werfen.

Die meisten Konservativen und Liberalen sind zu anständig, um mit gleichen Waffen zurückzuschlagen.

Eine Ausnahme war übrigens Heiner Geißler, als er noch nicht links war. Als CDU-Generalsekretär hat er damals der Linken vorgeworfen, daß "der Pazifismus der dreißiger Jahre Auschwitz erst möglich gemacht" hätte (aus dem Gedächtnis zitiert). Das war eine Gemeinheit, aber es saß.

Herzlich, Zettel

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

06.01.2011 13:24
#19 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Zitat von dirk
Die liberalen Kernwähler sind enttäuscht, keine Frage. Aber wieviele sind denn das? Du, ich, und vielleichtz der Rest von 3 Prozent. Dem Rest ist es - und dazu trägt die Medienstimmung bei - peinlich, FDP gewählt zu haben. Zum Beispiel, weil diese Hotel-Lapalie über die Maßen aufgebauscht wurde.



Nein, das ist eine ordnungspolitische Prinzipfrage: Für eine Partei, die zehn Jahre lang rhetorisch über das unsinnig komplizierte Umsatzsteuerrecht gehöhnt und gespottet hat, ist es kein Ausweis der Kompetenz, wenn sie das Umsatzsteuerrecht noch ein Stück absurder (mit)gestaltet.

Und es ist wahr, dass andere Parteien ähnliche Forderungen aufgestellt haben. Einige haben es rhetorisch getan, wie die Grünen in Bayern. Andere haben es vielleicht wirklich so gemeint. Aber deshalb bleibt die Maßnahme steuerpolitisch trotzdem Unsinn und im Sinne der Sonntagsreden für die Entlastung der Mittelschicht wären andere steuerpolitische Maßnahmen sinnvoller gewesen.

Stefanie Offline



Beiträge: 606

06.01.2011 13:41
#20 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

@stefanolix

"Und es ist wahr, dass andere Parteien ähnliche Forderungen aufgestellt haben. Einige haben es rhetorisch getan, wie die Grünen in Bayern. Andere haben es vielleicht wirklich so gemeint. Aber deshalb bleibt die Maßnahme steuerpolitisch trotzdem Unsinn und im Sinne der Sonntagsreden für die Entlastung der Mittelschicht wären andere steuerpolitische Maßnahmen sinnvoller gewesen."

Unsinn war das nicht, denn es ist in der Tat für deutsche Hoteliers ein Wettbewerbsnachteil, wenn in anderen Ländern der Umsatzsteuersatz für Hoteliers geringer ist. Es war aber taktisch ein Eigentor, weil so der Eindruck vermittelt wurde, das sei die Priorität der FDP, indem man dies vorweg nahm. Dass dann danach nichts mehr kam i.S. Steuerreform musste dazu führen, dass der Eindruck entsteht, in den Sonntagsreden wird der große Wurf gefordert und diese Senkung des Umsatzsteuersatzes für Hoteliers soll der große Wurf gewesen sein? Dass die FDP dafür nichts konnte, weil die CDU blockt und damals die NRW-Wahl abwarten wollte, wird leider nicht hinreichend gesehen. Der FDP ist hier kein Vorwurf zu machen. Dafür aber in dem Punkte Verteidigung, indem man eben nicht parierte und laut darauf hinwies, dass nicht nur die FDP diese Senkung für erforderlich gehalten hat, sondern selbst die SED.

Diese Hotelier-Geschichte ist aber letztlich nur ein Teilchen von vielen, was den Niedergang der FDP verursachte.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

06.01.2011 15:52
#21 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Zitat von Stefanie
Unsinn war das nicht, denn es ist in der Tat für deutsche Hoteliers ein Wettbewerbsnachteil, wenn in anderen Ländern der Umsatzsteuersatz für Hoteliers geringer ist. Es war aber taktisch ein Eigentor, weil so der Eindruck vermittelt wurde, das sei die Priorität der FDP, indem man dies vorweg nahm. Dass dann danach nichts mehr kam i.S. Steuerreform musste dazu führen, dass der Eindruck entsteht, in den Sonntagsreden wird der große Wurf gefordert und diese Senkung des Umsatzsteuersatzes für Hoteliers soll der große Wurf gewesen sein? (…)



Also wenn wir überall hinschauen, bei welchen Waren oder Dienstleistungen die Umsatzsteuer anders als beim Nachbarn ist, dann kommen wir ja aus dem Ändern überhaupt nicht mehr heraus.

Zur Erinnerung: auf die Preise im Hotel- und Gaststättengewerbe haben sehr viele Faktoren Einfluss, die Umsatzsteuer ist einer davon. Geschäftsreisende betrifft das schon mal überhaupt nicht, weil die Unternehmen die Umsatzsteuer ja verrechnen. Und Urlaubsreisende betrifft es nur insofern, dass sie vielleicht in der Grenzregion zwischen Deutschland und dem Nachbarland kurz schwanken. Aber es gibt, wie gesagt, noch viele andere Faktoren, die den Preis einer privaten Urlaubsreise beeinflussen.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

06.01.2011 15:56
#22 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Da meine Auftraggeber heute Feiertag haben, habe ich mir bis Mittag die Reden des heutigen Tages auf dem Dreikönigstreffen im Livestream angehört (ich sollte sagen: angetan). Wenn die FDP so in diesem Ton und mit diesen vorgestanzten rhetorischen Versatzstücken weitermacht, pflastert sie sich ihren eigenen Holzweg in die Bedeutungslosigkeit. Ich wollte eigentlich einen langen Blog-Eintrag daraus machen ("Die ungehaltene Rede eines nicht eingeladenen Wählers"), aber ich lasse es lieber …

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

06.01.2011 16:06
#23 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

Zitat von stefanolix
Da meine Auftraggeber heute Feiertag haben, habe ich mir bis Mittag die Reden des heutigen Tages auf dem Dreikönigstreffen im Livestream angehört (ich sollte sagen: angetan). Wenn die FDP so in diesem Ton und mit diesen vorgestanzten rhetorischen Versatzstücken weitermacht, pflastert sie sich ihren eigenen Holzweg in die Bedeutungslosigkeit. Ich wollte eigentlich einen langen Blog-Eintrag daraus machen ("Die ungehaltene Rede eines nicht eingeladenen Wählers"), aber ich lasse es lieber …


Ich habe, lieber Stefanolix, nur ungefähr die letzten zwanzig Minuten der Rede von Westerwelle gesehen. Ich kann Ihrem Eindruck nur beipflichten.

Mir ging durch den Kopf: Gibt es bei diesem Mann eigentlich irgend etwas, das echt ist? Das nicht Rhetorik ist, nicht Pose? Wie gekünstelt das alles wirkt, war mir noch nie so aufgefallen wie jetzt. Es hatte etwas von einem drittklassigen Schauspieler; dazu paßte auch die schwarzgelbe Krawatte (Symbolik!).

Geärgert hat mich auch, was er über Sarrazin gesagt hat. Er hat behauptet (sich damit gebrüstet), das Buch gelesen zu haben; was er dazu sagte, war aber schlicht falsch. Sarrazin hat sich in dem Buch bekanntlich überhaupt nicht mit Genetik befaßt; sieht man davon ab, daß er den wissenschaftlich unumstrittenen Sachverhalt betont, daß Intelligenz zu einem gewissen Anteil angeboren ist.

Mit dieser Show hat sich die FDP keinen Gefallen getan. Mir schien übrigens auch, daß die Begeisterung der Delegierten so unecht war wie das Pathos von Westerwelle.

Das war mein Eindruck. Haben vielleicht auch andere Zimmerleute die Rede gesehen und können diesen Eindruck bestätigen oder ihm widersprechen?

Herzlich, Zettel

Stefanie Offline



Beiträge: 606

06.01.2011 16:18
#24 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

@stefanolix

"Also wenn wir überall hinschauen, bei welchen Waren oder Dienstleistungen die Umsatzsteuer anders als beim Nachbarn ist, dann kommen wir ja aus dem Ändern überhaupt nicht mehr heraus.

Zur Erinnerung: auf die Preise im Hotel- und Gaststättengewerbe haben sehr viele Faktoren Einfluss, die Umsatzsteuer ist einer davon. Geschäftsreisende betrifft das schon mal überhaupt nicht, weil die Unternehmen die Umsatzsteuer ja verrechnen. Und Urlaubsreisende betrifft es nur insofern, dass sie vielleicht in der Grenzregion zwischen Deutschland und dem Nachbarland kurz schwanken. Aber es gibt, wie gesagt, noch viele andere Faktoren, die den Preis einer privaten Urlaubsreise beeinflussen."

Das ist alles richtig. Dennoch, es ging insbesondere um die Hoteliers in Grenzregionen und hierbei um Urlauber. In den Zeiten der EU halten sich sonstige Faktoren, welche auf diese Hotels wirken, in Grenzen und deshalb können zehn Euro mehr oder weniger für die Übernachtung schon entscheidend sein, ob ein Hotel in den Alpen auf der deutschen oder der österreichischen Grenze gebucht wird.

Ich stimme Ihnen ja dennoch zu, dass diese Senkung des Umsatzsteuersatzes albern war, auch wenn es Gründe dafür gibt. Es gibt mindestens 1000 weitere Baustellen, mit ebensolchen guten Gründen, die man nicht beendet hat. Abgesehen davon forderte die FDP je eben die dringend notwenidige umfassende Reform der Steuern inklusive und Schluss mit den ganzen unterschiedlichen und nicht mehr erklärbaren Umsatzsteuersetzen und dem steten Drehen an nur einzelnen Schrauben. Und eben dafür wurde sie von vielen gewählt.

Wäre die Senkung des Umsatzsteuersatzes für die Hoteliers erfolgt mit einer zeitnahen umfassenden Steuerreform oder zumindest einer konkreten Ankündigung, hätte die Hotelier Geschichte ganz anders ausgesehen. Man hätte sie als direktes Loslegen im Zusammenhang mit den anderen Maßnähmchen nehmen können, weil eben die umfassende Reform nicht von jetzt auf gleich geht. Da dies aber alles nicht geschah und wohl auch nicht mehr geschehen wird, steht halt diese Umsatzsteuersenkung für Hoteliers für all das, was die FDP für Deutschland in Sache Steuern umsetzte oder besser für das, was sie alles nicht umsetzte.

Und hier bin ich mal drauf gespannt:

"Das gesamte deutsche Steuerrecht mit nur 400 Paragraphen: Der frühere Verfassungsrichter Paul Kirchhof will im April ein Steuergesetzbuch vorlegen, in dem Tausende von Paragraphen eingedampft sind."

http://www.focus.de/finanzen/news/buerok...aid_536479.html

eigentlich müßte der Koalition Angst und Bange werden, denn wird dieses Gesetz doch zeigen, dass andere sehr wohl etwas in Steuerreform auf die Beine stellen können. Und nach Sarrazin sich darauf zu verlassen, dass man nicht genehme Veröffentlichung durch Diffamierung wird von der Bildfläche bekommen, halte ich für riskant.

Stefanie Offline



Beiträge: 606

06.01.2011 16:26
#25 RE: Aufstieg und Fall der FDP Antworten

"Das war mein Eindruck. Haben vielleicht auch andere Zimmerleute die Rede gesehen und können diesen Eindruck bestätigen oder ihm widersprechen?

Herzlich, Zettel"

Ich habe nur das Liveprotokoll bei spiegel-online verfolgt. Die Aussagen von Westerwelle waren nichts als Gemeinplätze - wie leider üblich... - und die Reaktionen der Deligierten wohl auch eher vorhersehbar, so dass der Ticker endet mit:


"Es ist geschafft. 70 Minuten hat Westerwelle sich den eigenen großartigen Erfolgen gewidmet und ein bisschen den Kulturkampf bespielt. Er winkt fröhlich ins Publikum. Und natürlich: Er bekommt stehende Ovationen. Alles andere wäre eine üble Ohrfeige. Brüderle und Lindner stürmen zu ihm und beglückwünschen ihn. Dann kommen die restlichen Spitzenliberalen. Leistung lohnt sich bei der FDP. Irgendwie. Am Ende steht ein großes Gruppenbild. So wie immer. Alles ist gut."

Was auch nicht wirklich verwunderlich ist, denn würde sich der Spiegel doch eher die Zunge abbeißen als etwas Positives über Westerwelle zu sagen, auch wenn es angebracht wäre.

http://www.spiegel.de/politik/deutschlan...,738088,00.html

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