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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 28 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

06.01.2011 18:54
Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

In diesem Artikel werden Sie ungewöhnlich viele Zitate finden. Ich zitiere ausführlich, weil ich das im einzelnen belegen möchte, was Ihnen sonst vielleicht unglaubhaft erscheint:

Die Vorsitzende der Partei "Die Linke" diskutiert offen die Taktik der "fortschreitenden Machteroberung" nach dem Vorbild dessen, was Rosa Luxemburg 1919 entwarf, um gegen die Sozialdemokratie zu siegen.

Und diese Rosa Luxemburg trat vehement auf der Seite von Lenin und Trotzki für die Diktatur des Proletariats und gegen den "parlamentarischen Kretinismus" der SPD ein.

Die berühmte "Freiheit des Andersdenkenden" hatte bei ihr nichts mit einer Freiheit der Meinungsäußerung für Nichtkommunisten zu tun, sondern beschrieb die Art, wie die "politische Schulung und Erziehung der ganzen Volksmasse" innerhalb der Diktatur des Proletariats gestaltet werden sollte.



Nachtrag am 7. 1.: Der Artikel in seiner ersten Fassung war sehr lang geworden. Auch bin ich darauf aufmerksam gemacht worden, daß der Abschnitt über Rosa Luxemburg zu kurz ausgefallen war, um meine Aussage zu belegen, daß sie mit "Freiheit der Andersdenkenden" keinen demokratischen Sozialismus meinte, sondern die Diktatur des Proletariats mit gewissen Mitspracherechten.

Ich habe mich deshalb entschlossen, den Text in zwei getrennte Artikel aufzuteilen. Teil 1 ist der im wesentlich unveränderte ursprüngliche Text. Teil 2 basiert auf dessen letztem Abschnitt, den ich aber erheblich erweitert habe; mit Informationen über Rosa Luxemburg und mit ausführlicheren Zitaten aus dem Text über den russische Revolution, in dem der Satz von der Freiheit der Andersdenkenden steht.

Barbara Offline



Beiträge: 39

06.01.2011 19:35
#2 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Heute nachmittag wurde dazu im Deutschlandradio der Historiker Heinrich August Winkler interviewt. Ich habe mich dabei gleich an die Diskussion hier zu dem Luxemburg-Zitat erinnert, weil ich das damals sehr erhellend fand. Das Gespräch ist hier kurz zusammengefaßt: http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/1359027/ Man kann aber auch den ganzen Beitrag nachhören.

Abendlaender Offline




Beiträge: 103

06.01.2011 20:06
#3 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Hier spricht die Dame Klartext:

Zitat von Rosa Luxemburg: Was will der Spartakusbund? Rote Fahne, 14. Dezember 1918 (letzter Absatz)*
Auf, Proletarier! Zum Kampf! Es gilt, eine Welt zu erobern und gegen eine Welt anzukämpfen. In diesem letzten Klassenkampf der Weltgeschichte um die höchsten Ziele der Menschheit gilt dem Feinde das Wort: Daumen aufs Auge und Knie auf die Brust!

*Kurz darauf wurde der längere Text zum Programm der Kommunistischen Partei.
(zitiert nach: Marxists Internet Archive)

Zodac Offline



Beiträge: 15

06.01.2011 22:28
#4 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Ein ähnlich vernichtendes Urteil über Rose Luxemburg fällt auch Bryan Caplan:

Zitat
Most historians have given Rosa Luxemburg inordinately favorable treatment, contrasting her love of democracy with Lenin's brutal dictatorship. Canonization is always easier for martyrs who die early in the crusade. But is Luxemburg's reputation deserved? Luxemburg attacked Lenin's authoritarianism in the early 1900's, but so did Trotsky - the future ideologist of the Red Terror. Moreover, when we look at Luxemburg's broader attack on Leninism, it becomes clear that her own dictatorial inclinations were quite pronounced. Luxemburg attacked Lenin for his deviations from orthodox Marxism on the questions of land and national self-determination. It was heresy to let the peasants keep private property in land, or to allow national minorities to secede. If Luxemburg was unwilling to make even these concessions, the blood required by her revolution could have made Lenin's pale in comparison



http://econfaculty.gmu.edu/bcaplan/museum/his1h.htm

Sehr vernichtend wenn man bedenkt das schon in Lenins Zeiten Millionen von Menschen ermordet wurden.

123 Offline



Beiträge: 287

06.01.2011 22:41
#5 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Wenn es Ihren Blog nicht gäbe, könnte man nirgendwo eine solche Information bekommen, bzw. man müsste mühsahmst selbst recherchieren, was es z.B. mit dieser Luxemburg auf sich hat, die heute von allen Medien verehrt wird wie einst die heilige Jungfrau Maria.

Es fragt sich, wie viele SED-Anhänger bereits in den Schaltstellen in den Medien und Behörden am Umbau der Gesellschaft arbeiten. Speziell an der eigentlichen und entscheidenden Schaltstelle für die Machtergreifung: Den Medien.

Freilich braucht es nicht mehr die umbenannte SED, damit Deutschland wieder sozialistisch wird. Alle anderen Parteien haben ebenfalls ein nahezu identisches linksextremes Programm, allenfalls mit einem marktwirtschaftlichen Anhängsel: Anstatt die Kuh zu schlachten zieht man es vor diese zu melken. Ansonsten gilt bei allen gleich: Noch viel mehr Steuern und Sozialstaat, offene Grenzen für islamische Migranten, totaler Öko- und Klimastaat, anti-AKW, anti-Meinungsfreiheit, totaler EU-Staat.

Statt offen vom Endziel Sozialismus zu sprechen redet man heute von Umweltschutz und sozialer Gerechtigkeit. Die Resultate sind aber gleich wie beim Sozialismus: Enteignung, Entrechtung, Gleichschaltung der Medien, lauten die einheitlichen Zielsetzungen in allen Parteien. In der BRD funktioniert das heute ohne eine SED und einen Honecker die von oben herab lenken. Man hat es im Sozialisationsprozeß unbewusst verinnerlicht als "gut".


Es stellt sich die Frage, wieso die sozialistische Idee bzw. deren Prinzipien stets so viele Anhänger finden kann, wo die Resultate doch diametral den Versprechungen gegenüber stehen.

Weil sie in perfekter Weise Sehnsüchte in den Menschen anspricht, die gradezu artspezifisch angelegt zu sein scheinen. Den Wunsch nach Geborgenheit in einer solidarischen, fest geschlossenen Gemeinschaft, die einem Identität und Selbstbestätigung gibt, die Bedürfnisse nach Freund- und Feindbildern befriedigt, die Scheinlösungen für alle Probleme anbietet, die extrem hierarchisch strukturiert ist und somit das Bedüfnis Verantwortung abzugeben perfekt befriedigt.


Die Menschen haben ihre Gemeinschaften über alle Epochen hinweg stets extremst totalitär gestaltet. Tendenziell freiheitlichere, gardemokratische Systeme waren sehr seltene Ausnahmen. Sie existierten nur in relativ kurzen Zeiträumen unter günstigen Umständen.

Es deutet alles darauf hin, daß das Experiment des Liberalismus, des Humanismus, die Idee des Individualismus und der Menschenrechte unmittelbar vor ihrem Ende steht.

Europa wird heute von einer völlig intransparenten Bürokratie regiert, der EU. In der BRD lehnen alle Parteien den individualistisch-eigenverantwortlichen Ansatz entschieden ab zu Gunsten eines sozialstaatlichen und ökologischen Enteignungskonzeptes.

Einzig in den USA (und vereinzelt in ehemaligen Satellitenstaaten der UdSSR) gibt es noch ein aufflackern einer freiheitlichen Bewegung, der Tea-Party-Bewegung. Sie steht im Westen nahezu allein, und ist wohl eher ein letztes Aufbäumen gegen auch in den USA als sozialstaatlich kaschiertes sozialistisches Gedankengut, das sich immer mehr ausbreitet. Demografisch sind auch in den USA die Libertären auf dem Rückzug, und die Medien und Universitäten wie in Europa nahezu vollständig unter der Kontrolle der Linken.

Ist eine freiheitliche Gesellschaft überhaupt fähig sich selbst zu erhalten ?

Oder scheitert sie zwangsläufig an einem inneren Widerspruch: Will sie verhindern daß totalitäre Strömungen die gewährten Freiheiten demagogisch mißbrauchen, muß sie Freiheiten einschränken, wäre somit rein formell keine freiheitliche Gesellschaftsform mehr.

Totalitäre Systeme sind hier deutlich im Vorteil. Sie bekennen sich offen zu ihrem totalitären Ansatz weil sie ihn für gut halten. Sie stehen damit intern nie unter Rechtfertigungsdruck durch ihre eigene Moral. Auch lassen sie die Entstehung von Kritik erst garnicht zu, bzw. diffamieren diese so effizient, daß man zugleich den Anschein von Liberalität wahren kann. Worauf es ankommt ist nicht, wieviel Freiheit noch gewährt wird, sondern ob diese eine systemrelevante Größe erreichen kann. (Der Fall Sarrazin zeigt: Auch ein Bestseller mit 1,2 mio Auflage hat nicht den allergeringsten Einfluß auf die beschriebenen Mißstände. Das heutige System ist in sich so extrem stabil, daß eine Einflußmöglichkeit von außerhalb des politmedialen Establishments nicht mehr existiert)

Wir erleben derzeit die letzten Tage einer Restfreiheit die unsere Vorfahren über Jahrhunderte für uns erkämpft haben.

Interessant aber ist, daß sich einstmals extrem totalitäre Systeme wie China (früher kaiserlich-bürokratisch, dann maoistisch-sozialistisch) gradezu spiegelbildlich in dem Maße liberalisieren, wie sich Europa und die USA totalisieren. Vielleicht liegt der Grund am Verlangen nach Wohlstand. Denn Liberalismus und Wohlstand entwickelten sich stets gemeinsam. Sie schreiten voran wie zwei Beine, die das Ganze voran bringen.

Vielleicht liegt darin auch der Niedergang des Westens begründet: Die Menschen sind wohlstandsübersättigt und suchen darum idelle Ziele, wie den Ökogutmenschen, den sozialen Gerechtigkeitsapostel zu spielen, und verteufeln zugleich ihren Wohlstand als klimatischen Mord am Planeten. Der Anreiz den Nutzen des Liberalismus zu erkennen ist im Westen abhanden gekommen, und die Linken bieten die demagogische Verlockung, daß man Wohlstand durch Umverteilung erzielen kann anstatt mit Arbeit.

C.K. Offline



Beiträge: 149

06.01.2011 23:32
#6 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Mich wundert das alles nicht. Weder die Ahnungslosigkeit die sich jetzt öffentlich abspielt, die sehe ich in den Gesichtern der Mensc hen, wenn ich dabei bleibe Kommuisten als Kommunisten zu bezeichen. Noch überrascht micht die Äußerung selbst, ich war die letzten Jahre auf der Rosa-Luxemburg Konferenz, da nehmen die Herrschaften tatsächlich kein Blatt vor den Mund. Die sicherheit der Veranstaltung, Einlasskontrolle etc., übernehmen dann auch die Genossen vom Rotfuchs e.V. . Ich wünschte das wäre jetzt Satire.
Auf der anderen Seite sollte man die Tatsache, dass die Leute so ungläubig reagieren eben nicht nur als Ausweis ausgemachter Dummheit und Naivität betrachten, sondern auch als Zeichen für deren Abneigung gegen diese Ideen. Ich kenne zwar auch die Umfragen ob der Sozialismus eine gute Idee war die nur schlecht durchgeführt wurde, glaube aber die sind zu vernachlässigen. Wenn es wirklich ans Eingemachte geht, wenn die Pressefreiheit abgeschafft wird, die Exekutive unter Kontrolle gebracht und die demokratischen Institutionen ausgeschaltet werden sollen, werden die Leute nicht mitmachen. Und für Gewalt sind die Institutionen in Deutschland mittlerweile zu gefestigt. Ich bin der festen Überzeugung, das die Verfassung der BRD in der EU auch 8 Jahre Rot-Rot-Grün überleben wird, so bitter die sonstigen Auswirkungen auch sein mögen.
Die Durchsetzung des real-existierenden Sozialismus auf deutschem Boden wäre ohne die SU so nicht möglich gewesen. Der Überfall der Ulbricht Kader wäre ohne die Bajonette der roten Armee eine Fussnote der Geschichte geworden. Die Linke in Deutschland ist viel zu zerstritten, um die konsequente Trennung von Kader- und Massenlinie über eine Regierungsbeteiligung im Bund zu retten. Die Zeit und die Ruhe die es bräuchte die Institutionen in aller Stille zu unterhölen oder zu besetzen werden die nicht bekommen. Nicht mit dem was sich da an der Basis tummelt.
mfg

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

07.01.2011 00:56
#7 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Zitat von 123
Vielleicht liegt darin auch der Niedergang des Westens begründet: Die Menschen sind wohlstandsübersättigt und suchen darum idelle Ziele, wie den Ökogutmenschen, den sozialen Gerechtigkeitsapostel zu spielen, und verteufeln zugleich ihren Wohlstand als klimatischen Mord am Planeten. Der Anreiz den Nutzen des Liberalismus zu erkennen ist im Westen abhanden gekommen, und die Linken bieten die demagogische Verlockung, daß man Wohlstand durch Umverteilung erzielen kann anstatt mit Arbeit.



Das stimmt. Also ich jedenfalls sehe es auch so. Nur ist das Ganze eben abhängig vom Kuchen den man umverteilen kann. Das Gutmenschentum und der von oben verordnete Altruismus funktioniert eben nur solange, wie es den Verfechtern der "hehren Ideale" auch selbst gut geht. Beim eigenen Wohlstand hört das Verständnis nämlich auf.

Da wir nun so schon bis über die Halskrause verschuldet sind, wird es bald nicht mehr allzuviel zu verteilen geben und das trifft dann vor allem die linke Klientel. Der Medienbetrieb schrumpft ja schon langsam zusammen, die Hochschulen pfeifen finanziell auch auf dem letzten Loch (leisten sich aber noch Gender-Professorinnen!), analphabetische Einwanderung wird immer weniger goutiert, ... etc.
Jetzt müsste man ja eigentlich davon ausgehen, dass die Transferleistungsklientel bei Jobverlust oder Leistungskürzung an der Wahl-Urne nur noch weiter links ihr Kreuzchen machen wird ... aber die ganz Linken haben halt auch nichts mehr zum Verteilen. Leckerlis und Subventionen können die auch nicht so einfach aus dem Ärmel schütteln, wenn es keiner mehr erarbeitet.

Das normale und erprobte Vorgehen von Kommunisten wäre dann der Weg über den Zwang. Nur, wer soll denn diesen Zwang ausüben? Die Polizei, die gerade von den Linken immer wieder angegriffen und verheizt wird? Das Militär etwa? Keine Chance! Nicht mal der Bürokratiemoloch Bundeswehr würde sich von einer solchen Führungsclique gegen das Volk missbrauchen lassen. Tja, und wer bleibt da noch übrig? Niemand. Eine extrem linke Regierung hätte ganz einfach keinerlei ausübbare Machtoption. Wie C.K. schon anmerkte, gibt es keine SU mehr die solche Herrscher decken könnte.

Nee, ich denke eher dass unser dekadentes EU-Europa demnächst finanziell in die Knie geht und wir irgendeinen Neuanfang wagen werden müssen.

Beste Grüße, Calimero

----------------------------------------------------
Wir sind alle gemacht aus Schwächen und Fehlern; darum sei erstes Naturgesetz, dass wir uns wechselseitig unsere Dummheiten verzeihen. - Voltaire

vielleichteinlinker ( gelöscht )
Beiträge:

07.01.2011 01:05
#8 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Da geht vieles durcheinander. Das sollte man so stehen lassen bis auf:

Zitat
Wir erleben derzeit die letzten Tage einer Restfreiheit die unsere Vorfahren über Jahrhunderte für uns erkämpft haben.


Ich weiß freilich nicht um Ihre Vorfahren aber erkämpft haben unsere Freiheit seinerzeit Leute aus der ganzen Welt. Meine Heimatstadt etwa von Kanadiern. Danke nochmal.

Zitat
Die Menschen haben ihre Gemeinschaften über alle Epochen hinweg stets extremst totalitär gestaltet. Tendenziell freiheitlichere, gardemokratische Systeme waren sehr seltene Ausnahmen. Sie existierten nur in relativ kurzen Zeiträumen unter günstigen Umständen.


Die Demokratie ist etwa 250 Jahre alt. Die ältesten demokratien (England, die USA) haben seit dem Bestand und außer Deutschland 1933 ist keine in die Diktatur zurückgefallen. Demokratienforschung ist ein komplexes und spannendes Thema und wenn man es denn politisch nehmen will eine studierbare Erfolgsgeschichte.

123 Offline



Beiträge: 287

07.01.2011 01:58
#9 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Zitat
Das normale und erprobte Vorgehen von Kommunisten wäre dann der Weg über den Zwang.



Der Zwang muß in der BRD nicht mehr polizeistaatlich durchgesetzt werden. Sondern er wurde quasi tiefenpsychologisch normativ verinnerlicht im Sozialisationsprozeß, den die Linken mittlerweile total kontrollieren.

Darum bedarf es auch keines Diktators mehr wie Lenin oder Stalin. Nicht mal einer Stasi.

Menschen verhalten sich nun einmal im Höchstmaß gruppenkonform. Aus der Reihe tanzen macht fast allen existenziell Angst. Darum haben fast alle die gleiche Frisur, tragen ähnliche Kleidung, selbst die Frabe ihrer Autos oder die Bemalungen von Passagierflugzeugen ist immer modisch konform. Individualität will man nur im Rahmen dessen, womit man Anerkennung erhält. In liberalen Gesellschaften ist der Spielraum etwas größer, in totalitären eng bis nicht vorhanden.

Die Zwänge werden moralisch legitimiert. Man muß solidarisch sein mit angeblich Schwachen, wie z.B. Griechenland, das sich selbst finanziell ruiniert, mit eingewanderten Moslems, mit arbeitsunwilligen Hartzern, frühpensionierten berufsmüden Lehrern usw.

Solidarität kann man sich nicht verweigern - das gilt als unmenschlich, als menschenverachtend.

Solidarität ist eine gesellschaftliche Norm. Gradezu das ethische Fundament des Sozialstaates.

Darum wird niemand gegen noch so hohe Steuern rebellieren, wenn sie als solidarische Notwendigkeit verkauft werden. Und es werden sich immer Vollstrecker für die etablierte Norm finden, sogar aus tiefster eigener Überzeugung. Zumal das für den Einzelnen immer schwerste Nachteile mit sich bringt. Während der repressive Apparat im Kontrast dazu bestens organisiert ist, hat das bockige Individuum keinen Rückhalt. Darum spürt das Individuum sofort seine Ohnmacht bei einer Konfrontation mit einer organisierten Macht. Und schreckt entsprechend davor zurück.

Erst wenn ein Wertewandel einsetzt, wird hinterfragt ob Solidarität wie sie heute verlangt wird tatsächlich sozial ist, oder eine besonders skurpellose Ausbeutung mittels moralischer Erpressung. Den Fleißigen zu nehmen um den Faulen zu geben - das ist heute aus dem Sozialstaat geworden. Sozial sein ist für Politiker nur das was sie immer tun in einer Demokratie: Der etablierten Norm zu entsprechen um sich zu profilieren.

Gilt Solidarität hingegen als Tarnbegriff für Ausbeutung, so würde tatsächlich die Legitimation dafür schwinden, und eine Umorientierung wäre möglich.

Doch das wissen die Linken zu verhindern. Sie haben alle Medien und alle Erziehungs- und Sozialisationsinstanzen fest unter Kontrolle mit ebenfalls entsprechend sozialisiertem Personal.

Nichts fürchten die Linken darum so sehr wie eine Wertedebatte, einen offen ausgetragenen Kampf um die Deutungshoheit.

Darum auch die heftigen Reaktionen auf Sarrazin.

Er stellte den linken Heilsversprechungen die Resultate gegenüber und die daraus erwachsenden Perspektiven. Darum plötzlich überall Facktenchecks - was man bei linken Demangogen niemals macht von Seiten der Medien.

Die linke Demagogie bleibt aber nur so lange wirksam, wie der Gedanke sie an ihren Resultaten zu messen tabuisiert bleibt. Wenn erst einmal als neuer Wert etabliert ist, daß Solidarität in Wirklichkeit zwecks Ausbeutung, Entrechtung und Machtausübung instrumentalisiert wird, kann man damit nicht mehr so gut erpressen. Dann müssten die Linken in der Tat ihre Stasi-Fratze zeigen. Aber bei fast 2/3 Linksextremwählern dürfte es kein Problem genügend Vollstreckungswillige zu finden für welche Form der Repression auch immer.

Klar ist auch, daß bei erneutem rot-grün regieren die Wohlhabenden, die ebenfalls gern ökolinks sein wollen, weil sie es schön finden neben reich auch gut zu sein, deutlich Einbußen werden hinnehmen müssen. Geschieht ihnen Recht, weil sie sich absolut systemkonform verhalten.


Trotzdem - man kann auch aus der sich abzeichnenden Misere für sich viel herausholen. Was passiert z.B. wenn die Linksextremen wieder die BRD übernehmen mit dem Euro ? Wird er steigen oder noch schneller fallen ? Wie wirtschaften denn Linke so ? Und was werden dann die Geldvermögenden machen um allein die Kaufkraft weitgehend zu erhalten ? Das wird die Flucht aus der Schrott-Währung Euro nochmals beschleunigen. Z.B. wird die Parität zum Franken immer wahrscheinlicher. So gesehen bieten die Linken aufgrund ihrer Berechenbarkeit auch Chancen.

Ebenfalls beste Grüße

FTT_2.0 Offline



Beiträge: 537

07.01.2011 10:25
#10 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Zitat von vielleichteinlinker

Zitat
Die Menschen haben ihre Gemeinschaften über alle Epochen hinweg stets extremst totalitär gestaltet. Tendenziell freiheitlichere, gardemokratische Systeme waren sehr seltene Ausnahmen. Sie existierten nur in relativ kurzen Zeiträumen unter günstigen Umständen.


Die Demokratie ist etwa 250 Jahre alt. Die ältesten demokratien (England, die USA) haben seit dem Bestand und außer Deutschland 1933 ist keine in die Diktatur zurückgefallen. Demokratienforschung ist ein komplexes und spannendes Thema und wenn man es denn politisch nehmen will eine studierbare Erfolgsgeschichte.




Auch wenn ich ebenfalls in Zweifel ziehe, dass die Menschen ihre Gemeinschaften "stets extremst totalitär" gestaltet haben, wäre ich vorsichtig, von 250 Jahre alten Demokratien in GB und den USA zu schreiben. Immerhin gab es in beiden Gesellschaften über weite Zeiträume große Gruppen (Sklaven, Schwarze, Katholiken, Frauen etc.) bzw. Mehrheiten, die von den für eine Demokratie charakteristischen Mitbestimmungsmöglichkeiten ausgeschlossen waren. Wenn man in diesem Zusammenhang von Demokratien spricht, müsste man auch das Südafrika der Apartheid als Demokratie bezeichnen. Abgesehen davon gibt es wohl schon einige andere Beispiele für (junge) Demokratien, die in die Diktatur oder Autoritarismus fallen. Allerdings würde mir keine etablierte Demokratie auf Anhieb einfallen, der dieses Schicksal zuteil geworden ist. Das Erstaunliche am III. Reich finde ich persönlich die Tatsache, dass dort wohl keine etablierte Demokratie in die Diktatur geglitten ist, sondern vor allem ein gut funktionierender, etablierter und ausgebauter Rechtsstaat.

max Offline



Beiträge: 150

07.01.2011 11:05
#11 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Lieber vielleichteinlinker, war z.B. Robert Blum (1801-1848) Ihrer Meinung nach Kanadier? Finden Sie nicht, Sie schränken den Begriff Freiheitskampf etwas zu sehr ein?

123 Offline



Beiträge: 287

07.01.2011 11:58
#12 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Zitat
Auch wenn ich ebenfalls in Zweifel ziehe, dass die Menschen ihre Gemeinschaften "stets extremst totalitär" gestaltet haben, wäre ich vorsichtig, von 250 Jahre alten Demokratien in GB und den USA zu schreiben.




Die Demokratien Europas wären ohne die Schutzmacht USA längst vom roten und/oder braunen Sozialismus vernichtet worden. Sie waren viel zu schwach um sich gegen diese gut organisierten Aggressionsmächte zu wehren. Zumal sie stets eine Vielzahl von Sympathisanten mit dem Gegner in ihren eigenen Reihen hatten.

Die USA sind ein historischer Sonderfall. Die Ideen der Aufklärung konnten in den USA umgesetzt werden, ohne eine zuvor fest etablierte Machtstruktur ablösen zu müssen. Hinzu kam der enorme Resourcenreichtum der USA, der eine wirtschaftliche Expansion ermöglichte.

Die antiken Demokratien hatten ebenfalls keinen langen Bestand. Hingegen war nahezu die gesamte Zivilisationsgeschichte von totalitären Staatsformen geprägt, mit Königen, Kaisern, Zaren, Khans, Mogulen und Kalifen an der Spitze. Diese lösten sich zwar oft in rascher Folge ab, nicht aber die zugrundeliegende Struktur. Demokratien war der absolute Sonderfall, und es spricht viel dafür, daß sie aufgrund ihrer inneren Struktur garnicht lange bestehen können.


Aktuell sehen wir, daß Europa wieder totalitär wird. Gleichgeschaltete Medien, Parteien die nahezu deckungsgleiche Ziele verfolgen, normativ-moralische Gleichschaltung der Bevölkerung.

Die echte Demokratie Deutschlands fand 68 ihr Ende, als eine extrem totalitäre Bewegung akzeptiert wurde und nach und nach ihre Wertvorstellungen durch institutionelle Unterwanderung etablieren konnte. Genau so wie Luxemburg es empfohlen hatte.

Heute regieren die 68iger, bzw. deren Wertvorstellungen. Man nehme nur allein die Antidiskriminierungsrichtlinien, die z.B. Kritik an Religion als Volksverhetzung kriminalisieren sollen. Hier entstehen immer intolerantere Gesellschaftsstrukturen, die zugleich normativ abgesichert sind. D.h. es wird auch kein Aufbegehren geben, weil die Bevölkerung sie überwiegend für richtig hält.

Und das ist das Kernproblem in einer Demokratie: Die Versprechungen der Linken von einer Paradiesgesellschaft sind immer gekoppelt an die Etablierung möglichst totalitärer Machtstruktur, sowohl juristisch als auch normativ. Der Nutzen (hoher Wohlstand mit geringer Arbeitsleistung, totale staatliche Fürsorge) erscheint hierbei größer als der mögliche Schaden (Verlust von Freiheitsrechten).

Und diese Entwicklung beschleunigt sich zusehends.

Demokratien sind auf die Verinnerlichung demokratischer Werte bei der Bevölkerung angewiesen. Hat eine Bevölkerung jedoch sozialstaatlich-totalitäre Werte verinnerlicht, hört eine liberal-demokratische Struktur von allein auf zu existieren. Diesen Punkt haben die europäischen Bevölkerungen schon vor Jahrzehnten überschritten, als sie immer verläßlicher sozialstaatlichen Versprechungen hinterher liefen.

Nonkonformist ( gelöscht )
Beiträge:

07.01.2011 12:48
#13 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Seltsame Diskussion! Die habe ich vor 50, und mein Vater vor 90 Jahren geführt. Vielleicht braucht man wieder ein Freicorps??
Mit bestem Gruß....

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

07.01.2011 17:37
#14 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Zitat von Zodac
Ein ähnlich vernichtendes Urteil über Rose Luxemburg fällt auch Bryan Caplan:

Zitat:Most historians have given Rosa Luxemburg inordinately favorable treatment, contrasting her love of democracy with Lenin's brutal dictatorship. Canonization is always easier for martyrs who die early in the crusade. But is Luxemburg's reputation deserved? Luxemburg attacked Lenin's authoritarianism in the early 1900's, but so did Trotsky - the future ideologist of the Red Terror. Moreover, when we look at Luxemburg's broader attack on Leninism, it becomes clear that her own dictatorial inclinations were quite pronounced. Luxemburg attacked Lenin for his deviations from orthodox Marxism on the questions of land and national self-determination. It was heresy to let the peasants keep private property in land, or to allow national minorities to secede. If Luxemburg was unwilling to make even these concessions, the blood required by her revolution could have made Lenin's pale in comparison


Vielen Dank für dieses Zitat! Es war für mich eine der Motivationen, den Artikel zu erweitern und zweiteilig zu machen. Denn man muß etwas weiter ausholen und auch auf solche Punkte wie Nationalitätenpolitik und Agrarpolitik aufmerksam machen, um den Leser zu überzeugen, daß Luxemburg wirklich keinen "demokratischen Sozialismus" wollte.

Jedenfalls nicht in dem Sinn, in dem dieser Begriff üblicherweise verstanden wird - irgend so etwas wie Sozialismus innerhalb eines demokratischen Rechtsstaats. Rosa Luxemburg wollte aber keinen demokratischen Rechtsstaat. Sie war die orthodoxeste Marxistin, die man sich nur vorstellen kann - von Beruf lange Zeit Lehrerin des Marxismus - und folgte auch darin treu dem Meister: Die bürgerlich Demokratie und der bürgerliche Rechtsstaat sind nur Veranstaltungen der Bourgeoisie, um ihre Klassenherrschaft zu sichern.

Herzlich, Zettel

PS: Willkommen im kleinen Zimmer!

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

07.01.2011 17:49
#15 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Zitat von C.K.
Mich wundert das alles nicht. Weder die Ahnungslosigkeit die sich jetzt öffentlich abspielt, die sehe ich in den Gesichtern der Mensc hen, wenn ich dabei bleibe Kommuisten als Kommunisten zu bezeichen. Noch überrascht micht die Äußerung selbst, ich war die letzten Jahre auf der Rosa-Luxemburg Konferenz, da nehmen die Herrschaften tatsächlich kein Blatt vor den Mund. Die sicherheit der Veranstaltung, Einlasskontrolle etc., übernehmen dann auch die Genossen vom Rotfuchs e.V. . Ich wünschte das wäre jetzt Satire.


So ungefähr habe ich es mir vorstellt. Man ist ja unter sich.

Zitat von C.K.
Wenn es wirklich ans Eingemachte geht, wenn die Pressefreiheit abgeschafft wird, die Exekutive unter Kontrolle gebracht und die demokratischen Institutionen ausgeschaltet werden sollen, werden die Leute nicht mitmachen. Und für Gewalt sind die Institutionen in Deutschland mittlerweile zu gefestigt. Ich bin der festen Überzeugung, das die Verfassung der BRD in der EU auch 8 Jahre Rot-Rot-Grün überleben wird, so bitter die sonstigen Auswirkungen auch sein mögen.


Das halte ich auch für wahrscheinlich, lieber C.K.; so wie ich auch eine Islamisierung Deutschlands für unwahrscheinlich halte.

Nur passiert halt auch das Unwahrscheinliche, nur eben selten.

Wer 1985 vorhergesagt hätte, daß es 1990 die DDR nicht mehr geben würde, den hätte man für meschugge gehalten. Wer 1989 vorhergesagt hätte, daß der letzte Vorsitzende der SED vor ihrer Umbenennung einmal Senator in einer von der SPD geführten Berliner Regierung sein würde, den hätte man vermutlich in die Psychiatrie eingewiesen.

Das ist das eine. Das andere ist aus meiner Sicht: Auch wenn die Kommunisten vermutlich die DDR 2.0 nicht auf die Beine bekommen werden - sie wollen es jedenfalls versuchen. Sie wollen den Umsturz, wenn auch auf Raten.

Die NPD hatte man verbieten wollen; man hat sich nur dämlich angestellt. Ich bin nicht für ein Verbot der umbenannten SED; aber geächtet werden sollte sie. Daß demokratische Parteien mit ihr koalieren, daß ihre Vertreter in Talkshows überaus freundlich behandelt werden, zeugt entweder von Unwissenheit oder von Sympathie für den Kommunismus.

Herzlich, Zettel

FTT_2.0 Offline



Beiträge: 537

07.01.2011 20:32
#16 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Zitat von 123

Zitat
Auch wenn ich ebenfalls in Zweifel ziehe, dass die Menschen ihre Gemeinschaften "stets extremst totalitär" gestaltet haben, wäre ich vorsichtig, von 250 Jahre alten Demokratien in GB und den USA zu schreiben.




Die Demokratien Europas wären ohne die Schutzmacht USA längst vom roten und/oder braunen Sozialismus vernichtet worden. Sie waren viel zu schwach um sich gegen diese gut organisierten Aggressionsmächte zu wehren. Zumal sie stets eine Vielzahl von Sympathisanten mit dem Gegner in ihren eigenen Reihen hatten.




Meinen sie externe Aggressoren oder gesellschaftliche Gruppen und Strömungen? Das Risiko eines aggressiven Nachbarn tragen im Zweifelsfall sowohl demokratische als auch nicht-demokratische Staaten. Falls es um innenpolitische Phänomene geht, finde ich die Aussage empirisch gesehen nicht unbedingt einfach zu belegen.

Zitat von 123
Die USA sind ein historischer Sonderfall. Die Ideen der Aufklärung konnten in den USA umgesetzt werden, ohne eine zuvor fest etablierte Machtstruktur ablösen zu müssen. Hinzu kam der enorme Resourcenreichtum der USA, der eine wirtschaftliche Expansion ermöglichte.



Da stimme ich Ihnen zu. Diese "tabula rasa"-Situation ist historisch quasi einmalig und hat die Umsetzung einer "Idealverfassung" bei vergleichsweise geringen Zugeständnissen ermöglicht. Übrigens ist das etwas, was bei Diskussionen um das politische System der EU von vielen Kommentatoren - auch vom Hausherren - oft nicht wahrgenommen wird.

Zitat von 123
Die antiken Demokratien hatten ebenfalls keinen langen Bestand. Hingegen war nahezu die gesamte Zivilisationsgeschichte von totalitären Staatsformen geprägt, mit Königen, Kaisern, Zaren, Khans, Mogulen und Kalifen an der Spitze. Diese lösten sich zwar oft in rascher Folge ab, nicht aber die zugrundeliegende Struktur. Demokratien war der absolute Sonderfall, und es spricht viel dafür, daß sie aufgrund ihrer inneren Struktur garnicht lange bestehen können.

Aktuell sehen wir, daß Europa wieder totalitär wird. Gleichgeschaltete Medien, Parteien die nahezu deckungsgleiche Ziele verfolgen, normativ-moralische Gleichschaltung der Bevölkerung.

Die echte Demokratie Deutschlands fand 68 ihr Ende, als eine extrem totalitäre Bewegung akzeptiert wurde und nach und nach ihre Wertvorstellungen durch institutionelle Unterwanderung etablieren konnte. Genau so wie Luxemburg es empfohlen hatte.

Heute regieren die 68iger, bzw. deren Wertvorstellungen. Man nehme nur allein die Antidiskriminierungsrichtlinien, die z.B. Kritik an Religion als Volksverhetzung kriminalisieren sollen. Hier entstehen immer intolerantere Gesellschaftsstrukturen, die zugleich normativ abgesichert sind. D.h. es wird auch kein Aufbegehren geben, weil die Bevölkerung sie überwiegend für richtig hält.

Und das ist das Kernproblem in einer Demokratie: Die Versprechungen der Linken von einer Paradiesgesellschaft sind immer gekoppelt an die Etablierung möglichst totalitärer Machtstruktur, sowohl juristisch als auch normativ. Der Nutzen (hoher Wohlstand mit geringer Arbeitsleistung, totale staatliche Fürsorge) erscheint hierbei größer als der mögliche Schaden (Verlust von Freiheitsrechten).

Und diese Entwicklung beschleunigt sich zusehends.

Demokratien sind auf die Verinnerlichung demokratischer Werte bei der Bevölkerung angewiesen. Hat eine Bevölkerung jedoch sozialstaatlich-totalitäre Werte verinnerlicht, hört eine liberal-demokratische Struktur von allein auf zu existieren. Diesen Punkt haben die europäischen Bevölkerungen schon vor Jahrzehnten überschritten, als sie immer verläßlicher sozialstaatlichen Versprechungen hinterher liefen.



Möglicherweise haben wir einen sehr verschiedenen Totalitarismusbegriff. Auf jeden Fall sehe ich unsere kontinentaleuropäischen Staaten meilenweit entfernt von totalitaristischen Staaten. Was genau verstehen Sie unter Totalitarismus (und auch Demokratie)?

Diskus Offline



Beiträge: 206

07.01.2011 21:10
#17 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Ich finde den Kommunismus gar nicht so schlecht. Dieses Schaubild hat mich überzeugt: http://www.keimform.de/kommunismus.png
Da bleiben keine Fragen offen.

Angefügte Bilder:
kommunismus.png  
C.K. Offline



Beiträge: 149

07.01.2011 22:43
#18 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Nun mit dem Umgang den man mit solchen Menschen pflegen sollte, haben Sie natürlich völlig recht. Über die Gründe nachzudenken schmerzt leider auch zu sehr, deshalb habe ich mich auf mein Grundvertrauen in die demokratischen Institutionen zurückgezogen und hoffe ansonsten, dass das Unwahrscheinliche nicht eintritt.

Ich denke ein Verbot bringt uns nicht weiter. Was den Kommunisten die Macht gibt die sie im Moment haben, ist ja vor allem eine Sehnsucht nach Alternativen. Die Menschen die sich um die heutige SED gruppieren bestehen ja zum großen Teil aus Menschen die von "dem System" enttäuscht sind, was man ihnen ja nicht mal verdenken kann. Die staatlich regulierte Marktwirtschaft ist in einer Legitimationskrise wie wahrscheinlich zuletzt zwischen 1929 und dem Ende des II. WK. Diese Menschen verschwinden nicht, nur weil man eine Partei verbietet. Der harte Kern der Kommunisten profitiert davon.

mfg

C.K. Offline



Beiträge: 149

07.01.2011 22:50
#19 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Vielen Dank, das ist ja mal lustig.
Bestätigt mich eigentlich wieder in der Annahme, dass man gegenüber Kommunisten auf keinen Fall das bestehende System verteidigen sollte, da kann man nur verlieren, irgendwas ist ja immer.
Es ist viel lustiger ihnen die Möglichkeit zu geben vom Kommenden Utopia zu künden, das ist wenigstens erheiternd...zumindest so lange sie keine möglichkeit haben ihr Menschheitslabor in Betrieb zu nehmen.

mfg

vielleichteinlinker ( gelöscht )
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08.01.2011 01:26
#20 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Zitat
Immerhin gab es in beiden Gesellschaften über weite Zeiträume große Gruppen (Sklaven, Schwarze, Katholiken, Frauen etc.) bzw. Mehrheiten, die von den für eine Demokratie charakteristischen Mitbestimmungsmöglichkeiten ausgeschlossen waren. Wenn man in diesem Zusammenhang von Demokratien spricht, müsste man auch das Südafrika der Apartheid als Demokratie bezeichnen.



Nicht ganz. Die Definition von "Volk" - im Sinne von "Wahlvolk" ändert sich eben. Und da ist auch noch Platz nach oben. In Deutschland etwa (Und in den meisten anderen Demokratien) sind noch immer Menschen von der Wahl ausgeschlossen - Kinder oder Ausländer etwa. Dennoch ist dieses Land eine Demokratie und wird es für heute gesehen auch bleiben, wenn das Wahlrecht mal auf 12 herabgesetzt und für alle hier Lebenden eingeführt wird.

Nonkonformist ( gelöscht )
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08.01.2011 12:57
#21 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten
FTT_2.0 Offline



Beiträge: 537

08.01.2011 13:23
#22 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Zitat von vielleichteinlinker

Zitat
Immerhin gab es in beiden Gesellschaften über weite Zeiträume große Gruppen (Sklaven, Schwarze, Katholiken, Frauen etc.) bzw. Mehrheiten, die von den für eine Demokratie charakteristischen Mitbestimmungsmöglichkeiten ausgeschlossen waren. Wenn man in diesem Zusammenhang von Demokratien spricht, müsste man auch das Südafrika der Apartheid als Demokratie bezeichnen.



Nicht ganz. Die Definition von "Volk" - im Sinne von "Wahlvolk" ändert sich eben. Und da ist auch noch Platz nach oben. In Deutschland etwa (Und in den meisten anderen Demokratien) sind noch immer Menschen von der Wahl ausgeschlossen - Kinder oder Ausländer etwa. Dennoch ist dieses Land eine Demokratie und wird es für heute gesehen auch bleiben, wenn das Wahlrecht mal auf 12 herabgesetzt und für alle hier Lebenden eingeführt wird.




Ja, für heute. Das Verständnis dessen, was in einer Epoche als Demokratie verstanden wird, ist eben zeitabhängig. Wie gesagt, vor 150 Jahren wäre Apartheid-Südafrika vielleicht sogar eine Modelldemokratie gewesen. Immerhin gab es da wohl weder einen Zensus noch Geschlechterdiskriminierung beim Wahlrecht. Nach den gegenwärtigen Kriterien ist es aber doch schwer, das Land in dieser Epoche, in der eine große Gruppe der autochthonen Bevölkerung von aktivem und passivem Wahlrecht geradeweg ausgeschlossen war, als "Demokratie" zu bezeichnen.

DrNick Offline




Beiträge: 809

09.01.2011 10:02
#23 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Inzwischen hat sich auch Lafontaine zu der Geschichte geäußert. Wie zu erwarten war, lehnt er den Kommunismus ab und bekennt sich zu einem demokratischen Sozialismus. Interessant ist nun, wie er "Demokratie" und "Sozialismus" definiert. Spontan würde man doch sagen, daß eine Demokratie eine Staatsform ist, in der Entscheidungen durch das Durchlaufen bestimmter Prozeduren (Wahlen, Plebiszite etc.) gefällt werden. Bei Lafontaine hingegen heißt es:

Zitat
Demokratie ist für mich eine Gesellschaftsordnung, in der Einkommen und Vermögen endlich gerechter verteilt werden.



Und Sozialismus ist doch eine Gesellschaftsform, die (vage formuliert) stark von egalitaristischen Ideen geprägt ist. Nicht so bei Lafontaine:

Zitat
Und unter Sozialismus verstehe ich eine Gesellschaftsordnung, die ein Höchstmaß an Freiheit für den Einzelnen garantiert.



Das erklärt natürlich auch, warum der Mann, dessen Partei um die 10% liegt, meint, er würde "die Mehrheit" vertreten.

Das ganze findet sich unter: http://www.stern.de/politik/deutschland/...ut-1641134.html

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

09.01.2011 10:26
#24 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

Zitat von DrNick
Inzwischen hat sich auch Lafontaine zu der Geschichte geäußert. Wie zu erwarten war, lehnt er den Kommunismus ab und bekennt sich zu einem demokratischen Sozialismus. Interessant ist nun, wie er "Demokratie" und "Sozialismus" definiert. Spontan würde man doch sagen, daß eine Demokratie eine Staatsform ist, in der Entscheidungen durch das Durchlaufen bestimmter Prozeduren (Wahlen, Plebiszite etc.) gefällt werden. Bei Lafontaine hingegen heißt es:

Zitat
Demokratie ist für mich eine Gesellschaftsordnung, in der Einkommen und Vermögen endlich gerechter verteilt werden.



Zu Lafontaines seltsamem Verständnis von Demokratie siehe auch einen zweiteiligen Artikel in ZR. Er hatte sich auf einen italienischen Kommunisten, Luciano Canfora, berufen:

http://zettelsraum.blogspot.com/2008/10/...tndnis-von.html

http://zettelsraum.blogspot.com/2008/10/...nis-von_21.html

Kommunisten haben unter "Demokratie" nie den demokratischen Rechtsstaat mit Meinungs- und Koalitionsfreiheit, Gewaltenteilung, Parlamentarismus usw. verstanden. Demokratie ist für sie die Herrschaft des Volks, und das Volk agiert in Gestalt der jeweiligen Kommunistischen Partei.

Auch Rosa Luxemburg spricht ja im selben Atemzug von Demokratie und bolschewistischer Revolution:

Zitat
In dieser Situation gebührt denn der bolschewistischen Richtung das geschichtliche Verdienst, von Anfang an diejenige Taktik proklamiert und mit eiserner Konsequenz verfolgt zu haben, die allein die Demokratie retten und die Revolution vorwärts treiben konnte.


Herzlich, Zettel

Stefanie Offline



Beiträge: 606

09.01.2011 12:30
#25 RE: Lötzsch, Luxemburg, die Machteroberung Antworten

@Calimero

"Das normale und erprobte Vorgehen von Kommunisten wäre dann der Weg über den Zwang. Nur, wer soll denn diesen Zwang ausüben? Die Polizei, die gerade von den Linken immer wieder angegriffen und verheizt wird? Das Militär etwa? Keine Chance! Nicht mal der Bürokratiemoloch Bundeswehr würde sich von einer solchen Führungsclique gegen das Volk missbrauchen lassen. Tja, und wer bleibt da noch übrig? Niemand. Eine extrem linke Regierung hätte ganz einfach keinerlei ausübbare Machtoption. Wie C.K. schon anmerkte, gibt es keine SU mehr die solche Herrscher decken könnte."

Chávez hat knapp 63 % der Stimmen bekommen und zwar ohne Zwang auf die Wähler.

"Am 3. Dezember 2006 wurde Chávez bei den Präsidentschaftswahlen mit 62,89 % der Stimmen aufs neue im Amt bestätigt. Es gab insgesamt 18 Kandidaten für das Amt. Der sozialdemokratische Gegenkandidat Rosales, Führer der Opposition gegen Chávez, musste mit 36,85 % der Stimmen seine Niederlage eingestehen. Die Wahlbeteiligung war mit etwa 75 % die höchste seit 1988.[10] Die von der Europäischen Union entsandten Beobachter gingen von einer reibungslosen Wahl aus. Im offiziellen Bericht zur Beobachtungsmission der EU wurde allerdings unter anderem die starke institutionelle Propaganda hauptsächlich für Präsident und Kandidat Chávez sowie die unausgeglichene Berichterstattung sowohl in den öffentlichen als auch in den privaten Medien kritisiert. Außerdem sei auf Staatsangestellte Druck ausgeübt worden, für Chávez zu stimmen beziehungsweise an Wahlkampagnen für seine Wiederwahl teilzunehmen. Dies sei ein Verstoß gegen die internationalen Prinzipien der freien Stimmabgabe."

http://de.wikipedia.org/wiki/Venezuela

Die SED bekam in den letzten Wahlen knapp 12 %. Soziale Gerechtigkeit ist das Schlagwort aller Parteien geworden. Die FDP betont zwar auch noch die Freiheit, gehört aber längst zu dem Club aller anderen, die soziale Gerechtigkeit auch als Fahne vor sich her tragen. Und die Begriffsbesetzung entscheidet sich bei den Parteien doch auch nur noch in Nuancen.

Das sehe ich genauso:

"Hier sind wir am kritischen Punkt, warum es den bürgerlichen Parteien schwer fällt, sich inhaltlich mit der SED-Linken auseinanderzusetzen: Es gibt ,abgesehen von der Enteignungsfrage, nur noch graduelle, keine prinzipiellen Unterschiede mehr in der Phraseologie. Dabei wird leicht übersehen, dass die SED-Linke etwas anders will als die demokratischen Parteien: die Abschaffung des Rechtsstaates und der Demokratie.
Das Ziel bleibt gleich, egal ob es ehrlicherweise Kommunismus genannt wird, oder, wie Gysi es tut, Demokratischer Sozialismus."

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/d...der_sed_linken/

Freiheit ist kein Thema mehr, mit dem man weitere Kreisen in Deutschland hinter dem Ofen hervor locken kann. Deshalb betont die FDP, dass auch ihr soziale Gerechtigkeit wichtig sei.

Umfragen zeigen, dass Menschen an unserer Demokratie in nicht unerheblichem Maße zweifeln, weil es hier nicht mehr gerecht wäre. Sprich, die Sollbruchstelle unserer Demokratie ist nach diesen Umfragen "die soziale Gerechtigkeit". Und sollte die brechen, bin ich mir nicht sicher, wo der Weg dann lang ginge, wie also soziale Gerechtigkeit erreicht werden soll.

Linksextremismus ist in Deutschland nicht mehr pfui. Im Gegenteil, es finden allen Ernste Diskussionen darüber statt, ob die DDR ein Unrechtsstaat war.

In Köln haben die unappetitlichen PRO Leute, 100 Mann oder so, eine Veranstaltung abhalten wollen. Tausende waren auf der Straße und in allen Medien wurde jubelnd darüber berichtet, dass man denen das Demonstrationsrecht faktisch unmöglich gemacht hat. Es fanden Konzerte statt und in den Medien wurde im Minutentakt berichtet. Kaum kritische Stimmen waren zu hören, dass im Rahmen der Meinungsfreiheit auch dieses unappetitliche, aber nicht verbotene Grüppchen, ohne Gefahr für die Gesundheit - denn die wurde attackiert - ein Recht zum demonstrieren haben muss. Es war weitestgehend selbstverständlich, dass die nicht reden dürfen und dass man ein Recht habe, dies auch mit Gewalt zu unterbinden.

Nun fand gestern die Veranstaltung der "jungen Welt" statt. Friedliche Demonstranten wurden von den Veranstalter nahen Gruppen daran gehindert, ihren Protest gegen die Veranstaltung vor dem Gebäude auszudrücken.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/d...onstration_kra/

Ich lese in keinen der großen Medien, dass es ein Unding war, dass diese ebenfalls unappetitliche Veranstaltung durchgeführt wurde. Die Veranstaltung wurde scharf kritisiert, aber das Recht zur Durchführung wurde nicht in Frage gestellt - was ja auch richtig ist - . Ich lese auch nicht, dass Gegendemonstranten da waren, geschweige denn, dass die geschlagen wurden und deshalb durch die Behörden an andere Orte platziert werden mussten. Vermutlich weil es zu wenige waren. Über die Veranstaltung selbst wurde indes berichtet.

Nachtrag: auch wurde ausgiebig über die Demonstranten bei Sarrazins Mainzer Auftritt berichtet und denen in den Hauptnachrichtensendungen Redebeiträge eingeräumt, während die Demonstranten gestern null Gehör fanden. Ist vielleicht nicht ganz vergleichbar, weil Sarrazin ja schon sehr viel Wirbel ausgelöst hatte. Auch der Vergleich mit den Pro-Leuten hingt, weil diese nicht in einem geschlossenen Raum demonstrieren wollten und damit deren Auftritt eine andere Qualität hatte. Aber ich denke schon, dass man eine Tendenz darin sehen kann, wer wie viel Wirbel auslöst und wer eben akzeptiert wird.

Nachtrag 2: hatte mich missverständlich ausgedrückt, daher oben Änderung in:

"Ich lese in keinen der großen Medien, dass es ein Unding war, dass diese ebenfalls unappetitliche Veranstaltung durchgeführt wurde. Die Veranstaltung wurde scharf kritisiert, aber das Recht zur Durchführung wurde nicht in Frage gestellt - was ja auch richtig ist - ."

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