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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

31.12.2010 05:55
Zitat des Tages: Pipes über Islamismus Antworten

Daniel Pipes ist ein kundiger und engagierter Kritiker des Islamismus. Deshalb erscheint mir dieses Zitat umso bemerkenswerter.

Meine Auffassung ist sehr ähnlich derjenigen von Pipes: Ich kann der Vorstellung nichts abgewinnen, daß der künftige Islam notwendig islamistisch sein wird; und ich glaube nicht, daß der Gang der Geschichte vorgezeichnet ist.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

31.12.2010 07:27
#2 RE: Zitat des Tages: Pipes über Islamismus Antworten

Sicherlich, ausgeschlossen ist eine Modernisierung der islamischen Welt nicht. Eine Modernisierung des Islams, die mit der Aufklärung kompatibel ist, ist ebenfalls nicht ausgeschlossen, auch wenn ich ich denke, der Islam hat es da schwieriger als das Chrsistentum oder Judentum.


Doch wie ist die Rede von einer zu beobachtenden Moderniesierung mit dem Kurs, den die Türkei einschlägt, vereinbar? Sicherlich, es gibt wachsende Modernisierungsbestrebungen (zum Teil auch dank moderner Medien und Kommunikationsmittel, inklusive Internet). Sie setzen sich aber noch lange nicht durch und in dem Land, in dem Sie durchgesetzt wurden, wird die Uhr durch eine demokratisch (in unmanipulierten Wahlen) legitimierte und offenbar regelmäßig durch die Mehrheit unterstützte Regierung zurück gedreht.

LePenseur ( gelöscht )
Beiträge:

31.12.2010 10:59
#3 RE: Zitat des Tages: Pipes über Islamismus Antworten

Ich fürchte, Sie haben mit Ihrer Skepsis recht. Daß früher der Islam weniger islamistisch war, lag ja nicht an einer »grundsätzlich islamismus-fremden Strickart« des Islam, die halt jetzt durch besonders gelagerte Umstände ausgehebelt würde, sondern weil die Machtverhältnisse während der Kolonialzeit halt andere waren, die offiziellen Staats- und Religionsführer zum Gutteil mit den Kolonialmächten kollaborierten, und damit für einen Islamismus nur eine ausgegrenzte Minderheitsposition für die Hartgesottenen blieb.

Pipes ist zuzustimmen, daß die Geschichte immer für Überraschungen gut ist. Aber das Warten auf diese Überraschungen kann dauern! Und ich bin mir wirklich nicht sicher, ob ich mir für Europa eine Haltung »sitzen wir die Islamismus-Phase einfach aus — die werden schon wieder vernünftiger werden« tatsächlich wünschen soll. Es könnte durchaus sein, daß dann erhebliche Teile meiner Restlebenszeit unter einer Islamistenherrschaft kein wirkliches Honiglecken für mich werden. Und ich glaube: nicht nur für mich ...

Florian Offline



Beiträge: 3.171

31.12.2010 12:23
#4 RE: Zitat des Tages: Pipes über Islamismus Antworten

Zitat
Was wird kommen? Die islamischen Länder werden sich modernisieren; das hat ja schon begonnen. Die Religion wird damit wahrscheinlich ihre Bedeutung verlieren, wie in allen modernen Gesellschaften.



Ihr Wort in Gottes Ohr

Wie Sie richtig sagen:
da ist nichts vorgezeichnet.
Es ist zwar richtig, dass Modernisierung tendenziell einen Rückgang des Religiösen bewirkt.
Aber das muss nicht so sein. Die USA sind z.B. immer noch wesentlich religiöser als Europa - und doch sind die USA mindestens so "modern" wie Europa.

Das seltsame Phänomen ist ja gerade, dass der Islamismus sich parallel mit der Modernisierung der arabischen Länder vollzieht.
Bin Laden ist ja gerade kein traditioneller Ziegenhirte. Sondern er stammt aus einer wohlhabenden arabischen Familie - die ihren Wohlstand gerade den Errungenschaften der Moderne verdankt.
Auch in Deutschland sind hiesige Moslems ja nicht gerade vom Verhungern bedroht. Jedem Moslem in Deutschland geht es materiell besser als seinen Vorfahren vor Hundert Jahren. Und dies ist eine Errungenschaft der Moderne. Aber das hindert (einige) Moslems nicht daran, sich gegen diese Moderne aufzulehnen.

Das gleiche Phänomen kann man ja auch bei weiten Teilen der europäischen Linken beobachten:
nüchtern betrachtet geht es selbst einem Hartz4-Empfänger materiell besser als einem mittelalterlichen Adligen (das ganze Jahr über hochwertige Lebensmittel und eine kuschelig warme Wohnung, eine gute ärztliche Versorgung, Kommunikation mit der ganzen Welt: all das wäre in frühreren Jahrunderten selbst für reiche Menschen kaum vorstellbar gewesen).
Aber auch wenn man diese Annehmlichkeiten gerne annimmt, bekämpfen dennoch viele das System, das dies möglich gemacht hat.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

31.12.2010 13:01
#5 Modernisierung Antworten

Zitat von Techniknörgler
Sicherlich, ausgeschlossen ist eine Modernisierung der islamischen Welt nicht. Eine Modernisierung des Islams, die mit der Aufklärung kompatibel ist, ist ebenfalls nicht ausgeschlossen, auch wenn ich ich denke, der Islam hat es da schwieriger als das Chrsistentum oder Judentum.


Interessante Frage, lieber Techniknörgler.

Alle Kulturen haben es zunächst einmal leichter, als es das Abendland hatte, sich zu modernisieren, weil sie ja nur unsere Kultur zu kopieren brauchen. Und das machen sie ja auch alle; Japan seit dem 19. Jahrhundert, China etwas später, Indien allmählich in der Kolonialzeit und danach, ebenso die meisten Staaten Afrikas.

Andererseits gibt es bei der Übernahme der westlichen Kultur offenbar unterschiedliche Probleme. Alte Hochkulturen wie die Chinas, Japans und Indiens haben es am einfachsten, denn sie können das absorbieren, was sie von uns übernehmen wollen, und behalten trotzdem ihre Identität. Ihre Kulturen sind ja bis ins 17. Jahrhundert der unseren nicht unterlegen gewesen.

Schwieriger ist es in Ländern, die vor der Kolonisierung nicht über Stammes- oder allenfalls frühfeudale Gesellschaften hinausgekommen waren. Sie sehen - vor allem in Afrika - ihre Kultur bedroht. Zu Recht.



Was nun die islamischen Länder angeht, habe ich glaube ich schon einmal geschrieben, daß ich sie nicht als Einheit sehe. Die Religion ist so wichtig nicht. Indonesien ist, obwohl ein überwiegend moslemisches Land, den umgebenden Kulturen viel ähnlich als, sagen wir, Persien oder Saudi-Arabien. Die Kultur der Türkei ist in vielem eine mediterrane Kultur und damit ganz anders als, sagen wir, die Kultur der Afghanen oder der Kirgisen oder die auf den Malediven.

Ich sehe nicht, daß es generell an dem Potential zur Modernisierung fehlen würde, nur weil ein Land islamisch ist. Das Problem ist aus meiner Sicht, ich habe das schon einmal geschrieben, ein Problem des Orients, dh der Nachfolgestaaten des Osmanischen Reichs. Dieses war extrem rückständig, es gab keine wesliche Kolonialisierung.

Zitat
Doch wie ist die Rede von einer zu beobachtenden Moderniesierung mit dem Kurs, den die Türkei einschlägt, vereinbar? Sicherlich, es gibt wachsende Modernisierungsbestrebungen (zum Teil auch dank moderner Medien und Kommunikationsmittel, inklusive Internet). Sie setzen sich aber noch lange nicht durch und in dem Land, in dem Sie durchgesetzt wurden, wird die Uhr durch eine demokratisch (in ummanipulierten Wahlen) legitimierte und offenbar regelmäßig durch die Mehrheit unterstützte Regierung zurück gedreht.


Das ist in der Tat der momentane Trend in der Türkei, seit Erdogan an der Macht ist. Aber er ist meines Wissens überhaupt der erste explizit islamische Regierungschef seit Kemal Pascha. Und er ist - so bedenklich seine Kombination von Religiosität und einer Neigung zu osmanischem Imperialismus ist - ja kein Mann, der nun gleich die Scharia einführen will.

Wie lange wird der jetzige konservative Trend in der Türkei dauern? Das weiß niemand. Wer 1960 die Gesellschaft der Bundesrepublik beschrieb, der hatte eine durch und durch konservative, vom Katholizismus geprägte Gesellschaft vor sich. Hätte er das extrapoliert, dann hätte er schon zehn Jahre später völlig schief gelegen.

Die jetzige religiöse Wende in der Türkei dürfte viel mit dem Modernisierungsschub zu tun haben. Das erzeugt oft Gegenbewegungen. In Deutschland war die Romantik eine solche ja teils stark religiös gefärbte (Brentanto, Fouqué) Gegenbewegung; die späteren waren weniger religiös als von einem diffusen Geist des "zurück zur Natur" erfaßt, bis hin zu den heutigen Ökos und deren Pseudoreligiosität.

Tempora mutantur nos et mutamur in illis. Das einzig Beständige in der Geschichte ist der Wechsel. Nein, noch nicht mal der ist beständig.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

31.12.2010 13:41
#6 RE: Zitat des Tages: Pipes über Islamismus Antworten

Lieber Florian,

Zitat von Florian
Es ist zwar richtig, dass Modernisierung tendenziell einen Rückgang des Religiösen bewirkt.
Aber das muss nicht so sein. Die USA sind z.B. immer noch wesentlich religiöser als Europa - und doch sind die USA mindestens so "modern" wie Europa.


Es sind aber nicht die USA als Gesellschaft. Es gibt eine starke religiöse Bewegung, das ist zweifellos richtig. Aber es gibt in den USA auch viele Bürger, die überhaupt nicht religiös sind.

Wie der Islamismus ist außerdem ja der evangelikale Fundamentalismus ein relativ junges Phänomen. Der Islamismus war die Reaktion auf das Scheitern des arabischen Sozialismus. Der religiöse Fundamentalismus in den USA ist wesentlich aus dem (weitgehenden) Scheitern der Bemühungen von den späten sechziger bis zu den frühen achtziger Jahren hervorgegangen, eine Great Society zu schaffen, die USA also zu sozialdemokratisieren. Das Pendel schwingt auch hier wieder einmal in eine Gegenrichtung.

Zitat von Florian
Das seltsame Phänomen ist ja gerade, dass der Islamismus sich parallel mit der Modernisierung der arabischen Länder vollzieht.

Bin Laden ist ja gerade kein traditioneller Ziegenhirte. Sondern er stammt aus einer wohlhabenden arabischen Familie - die ihren Wohlstand gerade den Errungenschaften der Moderne verdankt.

Auch in Deutschland sind hiesige Moslems ja nicht gerade vom Verhungern bedroht. Jedem Moslem in Deutschland geht es materiell besser als seinen Vorfahren vor Hundert Jahren. Und dies ist eine Errungenschaft der Moderne. Aber das hindert (einige) Moslems nicht daran, sich gegen diese Moderne aufzulehnen.


So ist es. Oft sind die Extremsten als Ingenieure o.ä. ausgebildet. Oft radikalisieren sie sich erst, nachdem sie die westliche Welt kennengelernt haben. Wenn ich es richtig weiß, war für Osama Bin Laden das Schlüsselerlebnis, daß in Saudi-Arabien weibliche US-Soldaten auftauchten.

Das ist halt, ich habe es vorhin in einem anderen Beitrag geschrieben, fast immer die Reaktion auf Modernisierung. Ich habe die Romantik usw. in Deutschland erwähnt. In Rußland gab es im 19. Jahrhundert eine heftige Bewegung gegen die "Verwestlichung", zu der ja auch Tolstoi gehörte. Daß der zottelbärtige Rasputin einen bestimmenden Einfluß am Zarenhof gewinnen konnte, zeigt, wie weit diese Bewegung Einfluß hatte.

Zitat
Das gleiche Phänomen kann man ja auch bei weiten Teilen der europäischen Linken beobachten:
nüchtern betrachtet geht es selbst einem Hartz4-Empfänger materiell besser als einem mittelalterlichen Adligen (das ganze Jahr über hochwertige Lebensmittel und eine kuschelig warme Wohnung, eine gute ärztliche Versorgung, Kommunikation mit der ganzen Welt: all das wäre in frühreren Jahrunderten selbst für reiche Menschen kaum vorstellbar gewesen).
Aber auch wenn man diese Annehmlichkeiten gerne annimmt, bekämpfen dennoch viele das System, das dies möglich gemacht hat.

Exakt. Die Linke ist eine Gegenbewegung gegen die Aufklärung, so wie Rousseau der Antipode von Hume gewesen ist, und Marx der Antipode der Wissenschaflichkeit.

Das ist nur für viele nicht offensichtlich, weil sie sich tarnen. Weil Marx seine religiöse Heilslehre als Wissenschaft verkauft hat; weil viele Linke behaupten, es sei Aufklärung, wenn sie die Mühsal der empirischen Forschung durch "Gesellschaftsanalyse" ersetzen.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

31.12.2010 18:36
#7 RE: Zitat des Tages: Pipes über Islamismus Antworten

Zitat von Zettel
Daniel Pipes ist ein kundiger und engagierter Kritiker des Islamismus.


Und sein Blog wird heute zehn Jahre alt. Dazu gibt es dort jetzt einen kleinen Rückblick.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

31.12.2010 18:49
#8 RE: Modernisierung Antworten

Zitat
Was nun die islamischen Länder angeht, habe ich glaube ich schon einmal geschrieben, daß ich sie nicht als Einheit sehe. Die Religion ist so wichtig nicht. Indonesien ist, obwohl ein überwiegend moslemisches Land, den umgebenden Kulturen viel ähnlich als, sagen wir, Persien oder Saudi-Arabien. Die Kultur der Türkei ist in vielem eine mediterrane Kultur und damit ganz anders als, sagen wir, die Kultur der Afghanen oder der Kirgisen oder die auf den Malediven.

Ich sehe nicht, daß es generell an dem Potential zur Modernisierung fehlen würde, nur weil ein Land islamisch ist. Das Problem ist aus meiner Sicht, ich habe das schon einmal geschrieben, ein Problem des Orients, dh der Nachfolgestaaten des Osmanischen Reichs.



Hier muss ich widersprechen. Es stimmt, der Orient hat besondere Probleme.

Aber im großen und ganzes sehe ich keine Begründung für ein Schönreden der anderen islamischen Staaten Asiens und Afrikas (letztere mit einer kleinen Ausnahme, dazu später),

In Indonesien zum Beispiel hat eine Provinz vor einigen Jahren die Sharia eingeführt - demokratisch legitimiert. Natürlich handelt es sich dann nicht mehr um eine Demokratie im westlichen Sinne, da hier der Begriff heute Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Menschenrechte stillschweigend mit einschließt.

Man denke nur an den (sogar scheinbar wachsenden) Einfluss des religiösen Rechtes in nominell pluralistischen Rechtsstaaten Ostasiens, die jedoch islamisch geprägt sind und in denen Rechtsstaatlichkeit auch gleich auf islamische, scharia-konforme Weise ausgelegt wird.


Die einzige wirklich Hoffnung gebende Ausnahme, ist nach allem was ich weiß, in Mali und Umgebung. Zumindest haben ich hoffnungsvolle Stimmen hier noch nicht so schnell als Wunschträumerei enttarnt gefunden.

Juno Offline



Beiträge: 332

01.01.2011 13:02
#9 RE: Zitat des Tages: Pipes über Islamismus Antworten

Der Aufstieg des Islamismus hat auch einen ökonomischen Hintergrund: Den gigantischen Reichtum, den die Ölpreisschocks der 70er und 80er Jahre in die zuvor zum Teil sehr rückständigen Gesellschaften am Golf gebracht haben. Das führte dort zu einem Modernisierungsschock. Der Reichtum erlaubte es den Ultrakonservativen aber auch, weltweit ideologischen und politischen Einfluss aufzubauen.

Saudi-Arabien finanziert mit seinem Ölgeld auf offiziellen und inoffizellen Kanälen den Export seines rigiden Wahabismus. Auch der Millionärssohn Bin Laden ist in diesem Sinne ein Geschöpf des Öls.

Die Islamische Republik Iran wäre ohne Öl und Gas vermutlich gar nicht in der Lage, sich ein ambitioniertes Atomprogramm zu leisten und Klienten wie Hisbollah und Hamas zu unterhalten.

Das wird natürlich nicht ewig so funktionieren. Aber so lange der Islamismus über großzügige Finanzquellen verfügt, wird er leider eine einflussreiche Größe bleiben.

Llarian Offline



Beiträge: 7.115

01.01.2011 14:26
#10 RE: Zitat des Tages: Pipes über Islamismus Antworten

Man fragt sich was in der ganzen Debatte übrigbleibt, wenn diese schöne Kunst-Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus weggenommen wird. Interessanterweise spricht man nicht von Christianismus. Und Judaismus betrachtet man kaum als eine falsch verstandene Form des Judentums. Nur beim Islam, da muss man diesen Kunstgriff vollführen, sonst könnte man noch auf die Idee kommen, dass eine Religion die Mordaufrufe und Aufrufe zum Faschismus in ihren heiligsten Schriften trägt, das vielleicht auch so meinen könnte.

Die Idee eines modernen Islam ist meines Erachtens nach schlicht absurd. Man sehe sich mal die katholische Kirche an, die immernoch grosse Schwierigkeiten hat in der Moderne anzukommen. Päpstliche Doktrine sind immer noch "unfehlbar", das offizielle Eingeständnis das Gallileo doch Recht hatte ist keine 20 Jahre alt und man sollte nicht vergessen, dass der derzeitige Pabst auch schonmal Chef der Inquisition war, nur das die heute Glaubenskongregation heisst. Und die katholische Kirche hat es im Vergleich zum Islam eigentlch unendlich leichter in der Moderne anzukommen, das allermeiste was Jesus gesagt hat ist problemlos mit den Menschenrechten, mit unserem Grundgesetz wie auch mit nahezu allen Verfassungen moderner, westlicher (!) Länder kompatibel. Das gilt nicht im Ansatz für Mohammed und sein Leben. Wenn sich schon die katholische Kirche schwer tut, wie sollte sich dann eine Religion reformieren, deren Gründer durchaus als Gegenentwurf zum modernen Menschenrechtsverständnis begriffen werden kann ? Das ist Wunschdenken, noch dazu gefährliches Wunschdenken. Es ist der selbe dumme Glaube, der uns jahrzehntelang in der Öffentlichkeit von der multikulturellen Gesellschaft erzählt hat. Die inzwischen ja selbst nach Frau Merkel gescheitert ist. Wieviel höher wird der Preis erst sein, wenn man begreifen wird, dass der moderne Islam die selbe Lüge ist.

Der Islam, wie er heute als "Islamismus" umetikettiert wird, existiert nicht erst seit dem Niedergang des arabischen Sozialismus oder seit der Gründung der Muslimbruderschaft. Er existiert seit 1400 Jahren, die Geschichte lehrt eine Menge über Mohammed und seine Nachfolger. Assassinen zum politischen Mord, fanatischer Judenhass, Unterdrückung anderer Glauben, Vernichtung ganzer Volksstämme, Entmenschlichung und Unterdrückung von Frauen, das sind nicht Dinge, die sich "Islamisten" ausgedacht haben, sondern die von Anfang an zum Islam gehört haben. Wenn es vor 100 oder meinetwegen 200 Jahren in Ländern wie Ägypten, Persien oder Pakistan moderater zuging, dann liegt das nicht am Islam sondern an den Menschen, die dort gelebt haben. Die westliche Kultur hat sich damals als überlegen betrachtet und das auch exportiert, sie hat es technisch belegt und auch als solches verkündet. Vieles kam davon im Herz der Menschen an, bestes Beispiel ist Kemal Attatürk, der die westliche Kultur dem Islam für weit überlegen hielt (und sich wohl sehr interessant über unseren derzeitigen Kniefall-Bundespräsidenten geäussert hätte). Die heute westliche Kultur der Selbstverachtung und des Kulturrelativismus exportiert das natürlich nicht, und als Folge gelangt der Islam wieder ins Herz der Menschen. Der Islam ist heute noch der selbe wie vor 1400 Jahren, er ist nicht radikaler, er ist nicht moderner, er ist in seiner Form eisern. Das einzige was sich unterscheidet ist der Grad des Glaubens.

Ein moderner Islam ist ein schönes Märchen. Es wiegt uns in dem Glauben, dass alle Menschen doch irgendwie gleiche und "das Gute" wollen. Alle wollen doch nur Frieden (Islam soll ja Frieden heissen....). Und die Vorstellung das mehr als eine Milliarde Menschen vielleicht ganz andere Vorstellungen haben, die macht Angst. Am besten noch die Idee eines Glaubenskrieges. Oder die Vorstellung, dass wir alleine in Deutschland potentielle 4 Millionen Menschen (+/-) haben, die eben nicht "das Gute" wollen, die macht ja nochmehr Angst. Wir haben keine Antwort darauf, die auch nur ansatzweise mit unseren Werte kompatibel wäre. Also flüchtet man sich in eine Illusion, eine wärmende Illusion des friedlichen Zusammenlebens, den Traum von einem modernen Islam, der friedlichen Moschee an der Ecke und dem größten Unterschied zwischen den Menschen, dass der eine am Sonntag und der andere am Freitag beten geht. Das schöne an dieser Illusion ist, sie kostet uns gar nichts, sie hetzt uns keine Terroristen auf den Pelz (Leute wie van Gogh, Hirsi Ali oder Wilders die den Traum nicht träumen, haben dieses Glück eher nicht), sie setzt uns auch nicht dem Vorwurf des Rechtsradikalismus aus (schönen Gruss von Sarrazin), nein, die Illusion kann man in Ruhe am Kaminfeuer geniessen, denn etwas tun müssen ja "die Moslems", die sich doch bitte modernisieren sollen. Es ist so schön einfach an das Gute zu glauben.

LePenseur ( gelöscht )
Beiträge:

01.01.2011 20:12
#11 RE: Zitat des Tages: Pipes über Islamismus Antworten

@Llarian
Leider kann man — besser: muß man — praktisch jedem Ihrer Sätze zustimmen. Und die Bombenüberraschung pünktlich nach der Neujahrsmesse in Alexandria hat wieder einmal gezeigt, was von der "Religion des Friedens" zu halten ist. Aber jetzt kommen wieder die hauptberuflichen Bedenkenträger und schütteln ihr Haupt und meine, man könne doch nicht verallgemeinern, und das sei nur ein Einzelfall, und übrehaupt seien das ja Islamisten und all das hätte mit dem Islam ja in Wahrheit nichts zu tun ... ach, geschenkt!

Es sind leider keine Einzelfälle, denn allein in den letzten hundert Jahren sinde es für meinen Geschmack viel zu viele "Einzelfälle" (angefangen von den 1,5 Mio. Armeniern in der Türkei bis zu den jüngsten Massakern im Irak), in denen seltsamerweise nicht pöhse Christen arme Angehörige der Religion des Friedens abschlachteten, sondern es gerade immer (welch Zufall!) genau umgekehrt war. Wie überhaupt festzustellen ist, daß seit ca. 200-300 Jahren sich die anderen Weltreligionen mit religiös motivierten Massenmorden recht zurückhaltend umgehen, und das eigentlich nur von Seiten der Moslems vorkommt — und zwar in zunehmendem Ausmaß (wenn man mal den Genozid an den Armeniern ausnimmt).

Woher man also die Hoffnung nehmen soll, daß sich das in absehbarer Zeit umkehrt, wüßte ich nicht zu sagen. Zumal diese Gewalttätigkeit im Islam ganz tief in die zentralen Glaubensdokumente eingearbeitet ist. Natürlich kann man auch als Christ Andersgläubige verfolgen. Die Geschichte liefert genug unrühmliche Beispiele dazu! Aber: wer als Christ einen Andersgläubigen (ohne vorher selbst angegriffen worden zu sein) tötet, muß schon sehr bemühte Rabulistik betreiben, um das irgendwie aus den Evangelien zu rechtfertigen. Es ist nämlich faktisch unmöglich und geht (und wurde auch früher so begründet) nur über sehr wackelige Analogien aus dem Alten Testament (in dem in der Tat verschiedene Haßtiraden gegen "Götzendiener" zu finden sind, die dem Koran alle Ehre resp. Unehre machen würden!). Aber welcher Christ orientiert sich heutzutage denn am Alten Testament, an Deuteronomium & Co.?!

Der Moslem hat hingegen seine klaren Anweisungen im Koran und in den Hadith-Sammlungen: Ungläubige sind zu verfolgen und zu unterwerfen. Unterwerfen sie sich nicht, sind sie zu töten. Wer vom Glauben abfällt detto. Basta. Man muß umgekehrt schon sehr viel Bassam-Tibi-Rabulistik aufbieten, um daraus eine Toleranzbotschaft abzuleiten. Und jeder halbwegs glaubenskundige Moslem wird einen mit ein paar Worten aus dem Koran widerlegen können.

Das ist der fundamentale Unterschied.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

02.01.2011 03:45
#12 Der Verweis auf das neue Testament ist einfach, aber leider unzureichend Antworten

@LePenseur:

Zitat
Woher man also die Hoffnung nehmen soll, daß sich das in absehbarer Zeit umkehrt, wüßte ich nicht zu sagen. Zumal diese Gewalttätigkeit im Islam ganz tief in die zentralen Glaubensdokumente eingearbeitet ist. Natürlich kann man auch als Christ Andersgläubige verfolgen. Die Geschichte liefert genug unrühmliche Beispiele dazu! Aber: wer als Christ einen Andersgläubigen (ohne vorher selbst angegriffen worden zu sein) tötet, muß schon sehr bemühte Rabulistik betreiben, um das irgendwie aus den Evangelien zu rechtfertigen. Es ist nämlich faktisch unmöglich und geht (und wurde auch früher so begründet) nur über sehr wackelige Analogien aus dem Alten Testament (in dem in der Tat verschiedene Haßtiraden gegen "Götzendiener" zu finden sind, die dem Koran alle Ehre resp. Unehre machen würden!). Aber welcher Christ orientiert sich heutzutage denn am Alten Testament, an Deuteronomium & Co.?!



Nun, einige Evangelikale in den USA machen genau das. “Leviticans“ hat Sie mal einer so schön treffend genannt.

Mit Verweis auf die Evangelien das Christentum gegen eine Gleichsetzung mit dem Islam zu verwahren ist leicht. In Diskussionen hat das Gegenüber dort auch schnell nicht mehr viel Argumentativ entgegenzusetzen. Es gibt dem letztendlich auch Argumentativ wenig entgegenzusetzen, aber ein bisschen schwieriger könnten es Diskussionsgegner hier einem schon machen. Was aber nur zeigt, wie selten der andere das Neue Testament gelesen hat, sonst würde er einem wahrscheinlich erst mal 1. Korinther 11, 4-10 um die Ohren hauen:

"4 Wenn ein Mann betet oder prophetisch redet und dabei sein Haupt bedeckt hat, entehrt er sein Haupt.
5 Eine Frau aber entehrt ihr Haupt, wenn sie betet oder prophetisch redet und dabei ihr Haupt nicht verhüllt. Sie unterscheidet sich dann in keiner Weise von einer Geschorenen.
6 Wenn eine Frau kein Kopftuch trägt, soll sie sich doch gleich die Haare abschneiden lassen. Ist es aber für eine Frau eine Schande, sich die Haare abschneiden oder sich kahl scheren zu lassen, dann soll sie sich auch verhüllen.
7 Der Mann darf sein Haupt nicht verhüllen, weil er Abbild und Abglanz Gottes ist; die Frau aber ist der Abglanz des Mannes.
8 Denn der Mann stammt nicht von der Frau, sondern die Frau vom Mann.
9 Der Mann wurde auch nicht für die Frau geschaffen, sondern die Frau für den Mann.
10 Deswegen soll die Frau mit Rücksicht auf die Engel das Zeichen ihrer Vollmacht auf dem Kopf tragen."

Wie schon gesagt, der Verweis hierauf geschieht meisten nichts, sonst müsste man erst einmal ausführen, warum dies gar nicht die Relevanz für einen Vergleich des Potentials, mit der Moderne kompatibel zu sein, hat. Und warum die Passage allgemein keine so große Relevanz für das Christentum hat wie der Koran für den Islam. Erspare ich mir hier mal.

Trotzdem, das Christentum mit Verweis auf die Evangelien gegen Gleichsetzungen mit dem Islam zu verwahren, ist recht einfach.

Daher wird in der Regel mit Relativismus geantwortet: Alles könne man irgendwie auslegen wie man wolle. Ja schon, aber nicht gleich glaubwürdig. Das Gebot der Nächstenliebe kann man als einen Aufruf zur Hexenverbrennung interpretieren, die andere Wange hin zuhalten als einen Aufruf zu Kreuzzügen und den Aufruf Ungläubige umzubringen als einen Appell zur Toleranz. In der Tat, alles kann verzerrt ausgelegt werden. Hier rauf kommt oft der Vorwurf, ich könne doch niemandem das Recht absprechen, eine Schrift so auszulegen wie er will, wir haben hier ja schließlich Religionsfreiheit. Stimmt, und das Recht will ich auch niemandem absprechen. Was ist das überhaupt für ein absurder Vorwurf? Es handelt sich um einen Strohmann. Jeder Satz kann auch absurd ausgelegt werden und eine Interpretation, welche die offensichtliche Bedeutung der niedergeschriebenen Worte ohne weiteres um 180 Grad verdreht, ist – hinterfragenswert. Und eventuell unglaubwürdig – ungeachtet der Freiheit eines jeden, in Fragen der Religion und Weltanschauung ein Nein für ein Ja zu halten und umgekehrt.

Manchmal kommt aber auch jemand mit einem durchdachten Argument. Denn wie schon LePenseur erwähnte:

Zitat
Es ist nämlich faktisch unmöglich und geht (und wurde auch früher so begründet) nur über sehr wackelige Analogien aus dem Alten Testament (in dem in der Tat verschiedene Haßtiraden gegen "Götzendiener" zu finden sind, die dem Koran alle Ehre resp. Unehre machen würden!).



Im alten Testament steht in der Tat so einiges. Aber das Judentum hat sich doch trotzdem mit der Moderne arrangieren können, ohne neues Testament und Evangelien. (Häufig, aber bei weitem nicht ausschließlich, kommt dieses Argument von Israel eher kritisch sehenden Menschen, die Muslime für die neuen Juden halten. In diesem Fall ist das Argument eher als eine Art Falle gedacht, um am Argumente gegen Juden (Pardon: Zionismus) und für den Islam zu haben.)

Fakt ist:
Israel, der einzige jüdische Staat, ist eine moderne, aufgeklärt westliche Demokratie. Und das Judentum hat nicht diese Probleme mit der Aufklärung, den westlichen Werten und der Moderne, wie die islamische Welt.

Ich bin der Überzeugung, das Judentum hat im großen und ganzen so wenig Probleme mit der Aufklärung wie das Christentum und ist ebenso wenig mit dem Islam in dieser Hinsicht gleichzusetzen.

Nun ist die Frage: Woran liegt das?

Ich habe mir darüber schon länger meine eigenen Gedanken gemacht, ich habe auch vor sie in nächster Zeit nieder zuschreiben, und denke ich habe eine Erklärung gefunden.

Trotzdem würden mich (vorher) die Meinungen der anderen Forenteilnehmern hierzu interessieren.

Was denken die geschätzten Forenteilnehmer hier?

Ich finde, häufig wird durch einen Verweis auf das Neue Testament, das Judentum, zu unrecht, argumentativ schutzlos hinterlassen.

Llarian Offline



Beiträge: 7.115

02.01.2011 16:29
#13 RE: Der Verweis auf das neue Testament ist einfach, aber leider unzureichend Antworten

Zitat von Techniknörgler

Fakt ist:
Israel, der einzige jüdische Staat, ist eine moderne, aufgeklärt westliche Demokratie. Und das Judentum hat nicht diese Probleme mit der Aufklärung, den westlichen Werten und der Moderne, wie die islamische Welt.

Ich bin der Überzeugung, das Judentum hat im großen und ganzen so wenig Probleme mit der Aufklärung wie das Christentum und ist ebenso wenig mit dem Islam in dieser Hinsicht gleichzusetzen.

Nun ist die Frage: Woran liegt das?


Daran, dass es nicht stimmt, lieber Techniknörgler. Das Judentum als Religion hat massive Probleme in der Moderne anzukommen, durchaus mit denen der katholischen Kirche vergleichbar. Nur ist das Judentum eben gespalten zwischen Religion und Volkszugehörigkeit. Der Staat Israel ist zwar formal ein jüdischer Staat, ist aber im Prinzip ein moderner Rechtsstaat im Sinne von Demokratie und Aufklärung. Der Teil des Judentums, der sich rein religiös definiert hat mit diesem Staat nichts zu tun.

Grundsätzlich kann man sagen, das schöne am Judentum wie auch am Christentum ist, dass es offen für Interpretation ist, wie Sie in ihrem Beitrag ja auch deutlich in Beispielen belegen. Das macht es einem aufgeklärten Menschen leicht sein eigenes Weltbild in Thora und Bibel wiederzufinden, ohne in den Schriften festgenagelt zu werden. Das neue Testament macht es aufgrund seiner großen Wertekompabilität besonders einfach, aber auch im alten Testament lässt sich vieles finden. Während der "moderne" Christ in Christus ein gutes Vorbild für sich findet, so kann der "moderne" Jude sein Vorbild in König David oder Salomon finden, alle drei Charactere (weitestgehend) problemlos mit den Werten der Aufklärung vereinbar. Was nicht vereinbar ist, lässt man einfach weg. Entsprechen kann sich ein "Drei-Tage-Jude" problemlos als Jude definieren, genauso wie eine Person, die sich allenfalls Heiligabend in die Kirche verirrt als Christ durchgeht und beide können aufgeklärte Demokraten sein.

Dem Moslem bleibt Mohammed. Und würde man Mohammed an modernen Maßstäben messen, so dürfte ein solches Urteil nicht in diesem Forum stehen (ich habe mir an anderer Stelle schon die Finger daran verbrannt, darum spare ichs mir). Dieses Vorbild macht es deutlich schwieriger, denn wie kann das große Vorbild zu Dingen aufrufen und Dinge getan haben, die wir heute als schwere Verbrechen verstehen ? Ein Vorbild dem nachzuahmen strafbar ist ? Und wäre das nicht schon schwierig genug, so sagt die Lehre noch, dass der Koran nicht interpretiert werden DARF. Er ist so und nur so zu verstehen, wie er dort steht. Natürlich wissen wir alle, dass alles gelesene irgendwo interpretiert werden muss (ist eine triviale Erkenntnis über den Prozess des Aufnehmens von Information). Aber es ist unendlich schwer einen Mordaufruf irgendwie friedlich zu interpretieren. Ich kann ihn nicht umdeuten, ich darf ihn auch nicht weglassen. Das einzige was ich kann ist, ihn zu ignorieren. Dann bin ich aber per definition kein Moslem mehr, denn ich werfe mich nicht mehr vor dem Koran nieder. Es ist ein verzwicktes Dilemma.
Wenn mir der Nachsatz noch gestattet sei, das finde ich auch so verlogen am "modernen Islam": Die Befürworter dessen geben nicht mal eine Antwort auf diese simplen Fragen und wie sie die zu lösen gedenken. Alles redet von einer Aufklärung des Islam, von Reformation und Modernisierung. Aber wie soll das überhaupt aussehen ? Alleine die Idee den Koran umzudeuten, Passagen als nicht bindend zu erklären, ist geradezu ein Sakrileg in 1400 Jahren islamischer Theologie. Den Propheten und sein Leben in Frage zu stellen ist todeswürdig in nahezu allen islamischen Staaten. Alleine die Konzeption eines modernen Islams ist eine ziemlich gefährliche, wenn nicht tödlich gefährliche Idee. Könnte der Grund sein, warum man immer dafür ist, aber ein Konzept noch keiner gemacht hat.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

02.01.2011 19:27
#14 RE: Zitat des Tages: Pipes über Islamismus Antworten

Zitat von Llarian
Wenn es vor 100 oder meinetwegen 200 Jahren in Ländern wie Ägypten, Persien oder Pakistan moderater zuging, dann liegt das nicht am Islam sondern an den Menschen, die dort gelebt haben.


Richtig.
Es gibt eine Reihe interessanter Beispiele (an der Spitze Atatürk und Naser ad-Din Schah) dafür, wie die damaligen Eliten in diesen Ländern den Islam und die Mullahs verachtet haben - weil sie gebildet genug waren, um den Unterschied zu Europa zu erkennen und weil sie ihr eigenes Land gut genug kannten, um sich keine Illusionen zu machen.
Diese Eliten sind inzwischen weitgehend entmachtet worden, nur in der Türkei führen sie noch Rückzugsgefechte (und da sehe ich noch die Chance auf einen Rollback).

Letztlich darf man nicht vergessen, daß auch unsere Entwicklung und Aufklärung zwar historisch im Christentum wurzelt, aber nur in erbitterter Auseinandersetzung mit den Amtskirchen durchgesetzt werden konnte. Das heutige "gemäßigte" Christentum ist schlicht das Ergebnis einer fast kompletten Niederlage der klassischen Glaubenshierarchie. Nicht Einsicht und eigene Entwicklung haben das Christentum reformiert und Modernitäts-kompatibel gemacht, sondern konsequenter Zwang und Verbot aller christlichen Gewohnheiten, die der modernen Entwicklung und der Demokratie entgegenstanden.

LePenseur ( gelöscht )
Beiträge:

03.01.2011 11:43
#15 RE: Der Verweis auf das neue Testament ist einfach, aber leider unzureichend Antworten

@Techniknörgler:

Zitat
Nun, einige Evangelikale in den USA machen genau das. “Leviticans“ hat Sie mal einer so schön treffend genannt.

Nun, diese »Leviticans« kann man natürlich mit dem Neuen Testament wunderschön »aufblatteln« (wie man in Wien sagen würde). Spätestens mit Hinweis auf die Vision Petri werden sie in Argumentationsnöte geraten, warum wohl die AT-Gesetze über Speisen und den Umgang mit Nichtjuden aufgehoben sein sollen, nicht aber andere. Und die Paulusbriefe, die nur so übergehen mit Verweis auf die Aufhebung des »Gesetzes«, müssen die auch überschlagen.

Hinsichtlich Ihrer anderen Statements möchte ich mir hier nicht die Finger wundschreiben, denn Manfred Kleine-Hartlage (den ich sehr schätze, wenngleich wir uns in diversen Fragen immer wieder in die Haare kriegen) hat m.E. das Rad bereits erfunden, das neuzuerfinden ich nun wenig Lust habe:

http://korrektheiten.com/2007/10/19/waru...-i-christentum/

http://korrektheiten.com/2007/10/24/waru...-teil-ii-islam/

Sicher kann man Kleine-Hartlage in manchen Details widersprechen (und das tue ich durchaus) — aber das Gesamtbild stimmt leider nur zu gut.

Ich schlage daher vor, erst nach Lektüre dieser beiden Artikel weiterzudiskutieren. Es spart eine Menge Abklärung von Grundfragen ...

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

03.01.2011 22:37
#16 RE: Der Verweis auf das neue Testament ist einfach, aber leider unzureichend Antworten

@LePenseuer:

Die Paulus-Briefe kenne ich (größtenteils), aber "Vision Petri" sagt mir gerade nichts, zumindest sagt mir die Bezeichnung nichts. Können Sie mir weiterhelfen?

Die von ihnen verlinkten Artikel von Herrn Kleine-Hartlage sind mir übrigens bereits bekannt ;-) und meine eigene Erklärung baut auch zum Teil darauf auf.

Ich bezog mich mit meiner Frage aber auch nicht auf das Christentum, sondern das Judentum.

LePenseur ( gelöscht )
Beiträge:

04.01.2011 10:14
#17 RE: Der Verweis auf das neue Testament ist einfach, aber leider unzureichend Antworten

@Techniknörgler:

Act. 10,9 ff. (Taufe des Cornelius — http://alt.bibelwerk.de/bibel/nt/apos010.htm)

Zitat
Ich bezog mich mit meiner Frage aber auch nicht auf das Christentum, sondern das Judentum.

Da ich weiß, mit welcher Leichtfertigkeit oftmals mit der Nazikeule gefuchtelt wird, habe ich mir Stellungnahmen zur jüdischen Religion weitgehend abgewöhnt. Frei nach dem Moto: »... da tritt der Österreicher hin vor jeden / denkt sich sein Teil und lässt die anderen reden!«

Sollen sich doch die Rabbiner mit dem Wegeskamotieren der Grauslichkeiten aus der Thora beschäftigen! Mir ist das AT von Herzen egal — wenngleich ich manche Texte von poetischer Schönheit und gedanklicher Tiefe nicht geringschätzen möchte. Aber weiteste Teile sind m.E. für Nichtjuden einfach leergedroschenes Stroh von bestenfalls geistesgeschichtlichem Interesse.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.01.2011 10:37
#18 RE: Der Verweis auf das neue Testament ist einfach, aber leider unzureichend Antworten

Zitat von Llarian
Alleine die Konzeption eines modernen Islams ist eine ziemlich gefährliche, wenn nicht tödlich gefährliche Idee. Könnte der Grund sein, warum man immer dafür ist, aber ein Konzept noch keiner gemacht hat.


Als Naturwissenschaftler tendiere ich, lieber Llarian, dazu, an ein solches Thema von der empirischen Seite heranzugehen. Wie praktizieren denn Moslems, sagen wir die hier in Deutschand lebenden, tatsächlich ihre Religion?

Lassen Sie mich ein ganz subjektives Beispiel nennen. Wir haben moslemische Bekannte; eine Familie, die wir seit Jahrzehnten kennen. Inzwischen sind schon zwei Enkel da.

Diese beiden kleinen Kinder hat meine Frau mit einer "Adventsschnur" beschenkt, von der sie sich täglich eine Leckerei oder dergleichen nehmen durften. Mutter und Kinder waren dann bei uns; als Geschenk hatten sie einen kitschig-schönen Nikolaus dabei.

Sie feiern Weihnachten, warum denn nicht? Sie feiern auch ihre islamischen Feste. Sie sehen das eine als eine Tradtiion und das andere. Die Kinder schicken sie bewußt nicht in einen Kindergarten mit einem hohen Anteil von Moslems, damit sie sich schon früh an die deutsche Kultur assimilieren.

Auf ihre Art sind sie durchaus religiös. Sie trinken zum Beispiel keinen Alkohol, sie halten (mehr oder weniger) den Ramadan ein. Aber soweit ich das beurteilen kann, ist ihnen ziemlich schnuppe, was irgendwelche Ayatollahs und Mullahs sagen.

Wenn es gelingt, diese Art von Religiosität von Moslems so zum Normalfall in Deutschland zu machen, wie die Christen in der Regel keine Evangelikalen sind und die Juden nicht orthodox, dann wird sich auch der Islam ändern.

Es bleibt ihm ja nichts anderes übrig. Das Sein bestimmt das Bewußtsein.

Wahrscheinlich wird es immer Fundamentalisten geben, auch in Deutschland. Aber daß sie die Lebenspraxis der Moslems bestimmen, sehe ich nicht.

In letzter Zeit habe ich immer wieder einmal geschrieben, daß uns die Zukunft nicht erkennbar ist; ein Thema, das mich im Augenblick beschäftigt. Insofern ist auch das keine Prognose, von der ich überzeugt wäre, daß sie richtig ist. Aber auch pessimistische Prognosen, die einen unveränderbaren Islam erwarten, müssen nicht stimmen.

Herzlich, Zettel
PS: Ich freue mich, lieber Llarian, daß wieder Beiträge von Ihnen hier zu lesen sind.

LePenseur ( gelöscht )
Beiträge:

04.01.2011 12:59
#19 RE: Der Verweis auf das neue Testament ist einfach, aber leider unzureichend Antworten

@Zettel:

Zitat
Wenn es gelingt, diese Art von Religiosität von Moslems so zum Normalfall in Deutschland zu machen, wie die Christen in der Regel keine Evangelikalen sind und die Juden nicht orthodox, dann wird sich auch der Islam ändern.

Es bleibt ihm ja nichts anderes übrig. Das Sein bestimmt das Bewußtsein.

Wenn ich mir Meldungen wie diese hier:
http://www.faz.net/s/Rub9B4326FE2669456B...n~Scontent.html
ansehe, dann beschleichen mich aber zarte Zweifel, ob die von Ihnen so anziehend geschilderte moslemische Famlilie Ihres Bekanntenkreises in absehbarer Zeit zum »Normalfall in Deutschland« werden wird. Daß dies jedenfalls nicht der »Normalfall« in Österreich ist und wird, davon kann man schon mit fast 100% Sicherheit ausgehen ...

Die Familie, die Sie beschreiben, ist quasi das Analogon zum »Taufscheinchristen« im minimalen Rückbezug auf äußerliche Glaubensvollzüge (kein Schweinsbraten und Alkohol, dafür Ramadan-Fasten light), aber de facto hieße das: Moslems sind nur integrationsfähig, wenn sie ihren Glauben zur unverbindlich-unproblematischen Freizeitgestaltung verdünnen. Und hier ist eben ein großer Unterschied zum Christentum, das durchaus bewußt — wenn auch nicht in fundamentalistischer Überspitzung — gelebt*) mit unserer bisherigen Gesellschaftsordnung recht unproblematisch verträglich ist. Oder glauben Sie, daß ein Adenauer oder Blüm (um zwei doch recht »katholische« Politiker unterschiedlicher Prägung) auch nur annähernd so imkompatibel mit dem Grundgesetz waren, wie es z.B. ein Erdogan (den man ja auch nicht als Fundamentalisten bezeichnen kann) wäre?

Das Problem ist eben (wie Kollege Llarian zutreffend ausführte), daß der Islam sich quasi »von Grund auf« neu erfinden müßte, um in eine tolerant-bekenntnisneutrale, rechtstaatliche Gesellschaft zu passen. Viel mehr von Grund auf neu erfinden, als es das Christentum oder Judentum mußten — denn natürlich hatten und haben die auch ihre fundamentalistisch-intoleranten Zeiten und Seiten, aber eben »auch«, und nicht »fast nur«!

Wenn — wie im Fall des nachexilischen Judentums — die prinzipielle Intoleranz sich auf ein striktes Abgrezungsgebot gegenüber den »Heiden« beschränkt, dann läßt mich das relativ kalt: sicher ist das Bewußtsein nicht angenehm, von einer Bevölkerungsgruppe als »Heide« angesehen zu werden, und daß näherer Umgang sich durch Speiseverbote und sonstige Tabusitten kompliziert gestaltet. Nur: die Juden sind nicht auf offensive Missionierung aus — und das ist ein überaus entscheidender Unterschied zum Islam! Das Christentum hinwieder ist zwar durchaus missionierend, kennt aber dafür schon seit der Aufklärung (also doch schon seit ca. einem Vierteljahrtuasend!) nur geringe Abgrenzungsmechanismen gegenüber Nicht-Christen.

Und was den Islam eben zu einem fast »hoffnungslosen Fall« werden läßt, ist eben die Kombination von rigider Außenabgrenzung mit starkem Missionierungswillen, denn das führt zwangsläufig entweder zu Gewalt — oder zu bewußter Vernachlässigung der religiösen Kerninhalte, was wieder starke Frustrationsgefühle zur Folge hat.

-------

*) Nur um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen: ich scheine hier vermutlich »christlicher« als ich es bin. Meine persönlichen Glaubensansichten sind weitaus näher einer deistisch-aufklärerischen Vernunftreligion (also in etwa ein »Christentum« à la Thomas Jefferson) als dem, was ein braver Katholik oder treuer Protestant unter »Christentum« verstehen würde!

Llarian Offline



Beiträge: 7.115

04.01.2011 14:40
#20 RE: Der Verweis auf das neue Testament ist einfach, aber leider unzureichend Antworten

Zitat von Zettel
Lassen Sie mich ein ganz subjektives Beispiel nennen.
[...]
Aber soweit ich das beurteilen kann, ist ihnen ziemlich schnuppe, was irgendwelche Ayatollahs und Mullahs sagen.


Und vor allem ist ihnen ziemlich schnuppe, was der Koran sagt. Und da liegt ein bischen die Crux drin. Was Sie beschreiben, lieber Zettel, sind nach meinem Dafürhalten keine Moslems, zumindest keine Gläubigen. LePenseur nannte das Analogon gerade einen Taufscheinchristen. Schönes Wort. Nur leider hat der "Taufscheinmoslem" ein Problem wie das letzte Einhorn, er ist ziemlich selten. Nicht selten genug, dass man keinen kennt (ich kenne durchaus ein vergleichbares Exemplar mit dem ich auch das eine oder andere Glas Wein getrunken habe), aber eben doch sehr selten.

Zitat

Wenn es gelingt, diese Art von Religiosität von Moslems so zum Normalfall in Deutschland zu machen, wie die Christen in der Regel keine Evangelikalen sind und die Juden nicht orthodox, dann wird sich auch der Islam ändern.


Auch das glaube ich nicht. In diesem, wie ich meine unwahrscheinlichen, Fall, wird sich der Mensch ändern, aber nicht der Islam. Die Glaubensinhalte des Islam werden nicht in Deutschland gemacht, genausowenig wie die katholischen Inhalte. Diese werden in Rom gemacht und der Islam wird im Iran, in Saudi-Arabien und Pakistan gemacht. Und dort wird sich der Islam nicht ändern, jedenfalls sicher nicht in die hier gewünschte Richtung.

Zitat
Wahrscheinlich wird es immer Fundamentalisten geben, auch in Deutschland. Aber daß sie die Lebenspraxis der Moslems bestimmen, sehe ich nicht.


Die Zahlen sind ein wenig angestaubt, aber laut Zentrum für Türkeistudien ist die Zahl der "streng gläubigen", türkischen Muslime von 8% im Jahr 2000 auf 28% im Jahr 2005 angstiegen, ich wage die Aussage, seitdem ist es mehr geworden. Im selben Jahr 2005 bezeichneten sich 83 Prozent (!) der befragten Türkischstämmigen als "eher religiös" oder "streng religiös". Da man den Islam wohl ehrlicherweise als durch und durch fundamentalistisch betrachten kann, komme ich zu dem Ergebnis, dass die Fundamentalisten inzwischen erheblich grösseren Einfluss auf die türkischstämmige Bevölkerung in Deutschland ausüben, als unsere Grundordnung. Und das betrifft türkischstämmige, also einen Teil der Bevölkerung die schon seit Jahrzehnten mit "unserem" Verständnis konfrontiert sind. Ich nehme an, wenn ähnliche Umfragen unter der arabischstämmigen Bevölkerung durchgeführt werden, dann werden uns die Zahlen noch mehr erschrecken.

Zitat
Aber auch pessimistische Prognosen, die einen unveränderbaren Islam erwarten, müssen nicht stimmen.


So ist es. Und dennoch würde man die Prognose mit einem Lottoschein am nächsten Samstag zu gewinnen, wohl eher realistisch und nicht pessimistisch nennen. Der Islam hat inzwischen über 200 Jahre Kontakt zur Aufklärung. Und reformiert hat sich nichts. Es ist einfach nicht wahrscheinlich, dass das in den nächsten 10 oder 20 Jahren passieren wird. Ich sage nicht, dass es nicht geht, nur, dass es unwahrscheinlich ist. Sehr wahrscheinlich dagegen ist, dass die muslimische Bevölkerung stark wächst, während die nichtmuslimische deutlich abnimmt. Und dann muss man nur noch zwei und zwei zusammenzählen.

Und jetzt lege ich noch einen nach, lieber Zettel, erschwert wird die Situation dadurch, dass wir kurz vor dem Rollback stehen. Die autochthone Bevölkerung macht nicht mehr mit, sie sieht die Probleme, die die Politik jahrelang verursacht und begraben hat. Und es ist schwer Druck auf dem Kessel. Wenn der Rollback kommt, und ich bin sicher, dass wird in den nächsten 20 Jahren passieren, dann erleben wir auf der anderen Seite eine Wagenburgmentalität. Und das wird eine Reformation erst recht behindern. Wenn ich wirklich pessmistisch sein soll, dann wäre meine Prognose, dass wir in vielleicht 20-40 Jahren in einigen europäischen Ländern vor einem Bürgerkrieg stehen. Das will keiner hören, das weiss ich, hat was von Kassandra-Rufen und Endzeitverschwörungstheorien. Ich würds auch gerne anders sehen. Ich sehe nur nicht wie.

Zitat
PS: Ich freue mich, lieber Llarian, daß wieder Beiträge von Ihnen hier zu lesen sind.


Vielen Dank. Mal sehen, wie lange es Sie freut, wenn ich erst wieder mit Frau Merkel anfange ...

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

04.01.2011 17:35
#21 RE: Der Verweis auf das neue Testament ist einfach, aber leider unzureichend Antworten

@LePenseur:

Ich teile ihre kritische Haltung dem Judentum gegenüber nicht.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

04.01.2011 19:38
#22 RE: Der Verweis auf das neue Testament ist einfach, aber leider unzureichend Antworten

@Zettel:

Zitat

Als Naturwissenschaftler tendiere ich, lieber Llarian, dazu, an ein solches Thema von der empirischen Seite heranzugehen. Wie praktizieren denn Moslems, sagen wir die hier in Deutschand lebenden, tatsächlich ihre Religion?



Ein guter Ansatz: Auf die Empirie zu achten:

Es gibt liberale jüdische Gemeinden.
Es gibt liberale christliche Gemeinden.
Wo sind die liberalen muslimischen Gemeinden?


PS: Alleviten ausgenommen.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

04.01.2011 19:50
#23 Ach Herje, in Indonesien ist es ja inzwischen noch schlimmer Antworten

Zitat
In 16 Provinzen bildet die Scharia mittlerweile die Grundlage der Rechtsprechung. Vor allem aus Aceh wird in diesem Zusammenhang immer wieder von Bestrafungsaktionen wie öffentlichem Auspeitschen für Spieler oder für sich öffentlich küssende Paare berichtet. Auch wurde erst kürzlich in der indonesischen Stadt Tangerang bei Jakarta das Küssen in der Öffentlichkeit verboten, wenn es länger als fünf Minuten dauert. Zusätzlich wurde Frauen polizeilich verboten, nach 19 Uhr alleine spazieren zu gehen. Allerdings erklärte ein dafür zuständiger Polizeibeamter, dass man bei einer Nichteinhaltung des Gesetzes nicht gleich mit einer Verhaftung zu rechnen brauche. In der Hauptstadt selbst verschwanden Anfang 2006 Getränke mit einem Alkoholgehalt von über 5 % aus den Supermarktregalen.



Wikipedia: Islam in Indonesien

Bisher dachte ich, diese Entwicklung sei immer noch auf eine Provinz beschränkt.

LePenseur ( gelöscht )
Beiträge:

04.01.2011 20:02
#24 RE: Der Verweis auf das neue Testament ist einfach, aber leider unzureichend Antworten

@Techniknörgler:

Zitat
Ich teile ihre kritische Haltung dem Judentum gegenüber nicht.

1. »Das Judentum« gibt es ebensowenig wie »das Christentum«.

2. habe ich diesbezüglich nichts geäußert — außer, daß ich es aus früherer Diskussionserfahrung leid bin, wegen sachlicher Kritik mit der Nazikeule attackiert zu werden.

3. Falls es Sie interessiert: ich mag auch die meisten Denominationen des Christentums nicht wirklich, und einigen (insbes. den großen) stehe ich durchaus kritisch gegenüber. Das läßt mich aber nicht übersehen, daß auch diese Kritikpunkte sprichwörtliche »peanuts« im Vergleich zu meinen Einwänden gegenüber dem Islam (fast egal welcher Sorte) sind.

Ich hoffe Sie mit diesen Klarstellungen jetzt nicht zu sehr verstört zu haben ...

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.01.2011 20:35
#25 RE: Der Verweis auf das neue Testament ist einfach, aber leider unzureichend Antworten

Zitat von LePenseur
Die Familie, die Sie beschreiben, ist quasi das Analogon zum »Taufscheinchristen« im minimalen Rückbezug auf äußerliche Glaubensvollzüge (kein Schweinsbraten und Alkohol, dafür Ramadan-Fasten light), aber de facto hieße das: Moslems sind nur integrationsfähig, wenn sie ihren Glauben zur unverbindlich-unproblematischen Freizeitgestaltung verdünnen.


Sie sind aus meiner Sicht integrationsfähig, wenn sie keine Fundamentalisten sind.

Die Frage ist, wieviele Prozent in Deutschland, in Österreich a) das sind und b) wie sich das weiterentwickeln wird.

Zu a) kenne ich keine verläßlichen Daten. Meine persönlichen Erfahrungen beschränken sich, außer der genannten Famlie, auf Gespräche mit Taxifahrern, die mich oft jahrelang gefahren haben und mit denen ich auf längeren Fahrten immer gern über solche Themen rede. Ich habe ganz wenige getroffen, die sich als strenge Moslems bezeichneten. Die meisten sehen die Religion mehr oder weniger locker; eine ganze Reihe lehnt sie ganz ab.

Das ist nicht repräsentativ, ich weiß. Wichtiger ist auch die Frage b).

Hier sehe ich vor allem zwei mögliche Szenarien:

Das aus meiner Sicht wahrscheinlichere: Es passiert das, was bisher immer passiert ist; bei Christen wie bei Juden. In der modernen Gesellschaft verliert die Religion ihre Bedeutung. (Warum, das müßte man im Einzelnen aufdröseln; da spielt vieles eine Rolle - soziale Kontakte, Wertesysteme, Zugang zu Informationen, Leitbilder usw.). Der Fall des Moslems, der so fromm ist wie die meisten Christen und Juden wird dann der Normalfall sein. Fundamentalisten wird es geben wie in den beiden anderen Religionen auch; und sie sind ungleich gefährlicher als diese.

Szenario 2: Die jetzige noch relativ verbreitete Frömmigkeit auch unter eingewanderten Moslems verschwindet nicht, sondern verfestigt sich. Jetzt ist sie ein typisches Phänomen der ersten Generationen, vor allem der dritten, die regelmäßig durch eine "Rückkehr zu den Wurzeln" geprägt ist. Aber wenn die Assimilation mißlingt, könnten sich auf Dauer moslemische, in Deutschland also vor allem türkische Enklaven bilden, die ihre Identität aus der Religion beziehen; ungefähr wie lange Zeit in Nordirland oder wie in Teilen Ex-Jugoslawiens.

Dieses zweite Szenario ist die Gefahr, der man begegnen muß.

Zitat
Das Problem ist eben (wie Kollege Llarian zutreffend ausführte), daß der Islam sich quasi »von Grund auf« neu erfinden müßte, um in eine tolerant-bekenntnisneutrale, rechtstaatliche Gesellschaft zu passen. Viel mehr von Grund auf neu erfinden, als es das Christentum oder Judentum mußten — denn natürlich hatten und haben die auch ihre fundamentalistisch-intoleranten Zeiten und Seiten, aber eben »auch«, und nicht »fast nur«!

Das stimmt. Aber es hat die von Ihnen ja angedeuteten historischen Gründe.

In den islamischen Reichen hat es eben nie eine der europäischen vergleichbare Aufklärung gegeben; weder in den arabischen Kalifaten, noch in Persien, noch dann im Osmanischen Reich. Ebenso, wie es dies in der chinesischen, der japanischen, der indischen Hochkultur nicht gegeben hat.

Im christlichen Abendland hat die Aufklärung Jahrhunderte gebraucht, um sich durchzusetzen. Noch im 17. Jahrhundert (man denke an den Dreißigjährigen Krieg) waren die meisten Europäer nach heutigen Maßstäben religiöse Fundamentalisten.

Der Islam wird hoffentlich nicht Jahrhunderte brauchen, um sich der Moderne zu assimilieren; aber es wird sicherlich dauern und nicht ohne Konflikte abgehen. Ich sehe das schon lange so und habe mich gefreut, daß Daniel Pipes, der dafür Experte ist und ein unermüdlicher Kämpfer gegen den Islamismus, es genauso sieht.

Herzlich, Zettel

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