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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 20 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.01.2011 10:05
Notizen zu Sarrazin (10): Augstein wütet weiter Antworten

Hier im Forum hat Popeye gestern schon auf Jakob Augsteins neuestes Pamphlet gegen Thilo Sarrazin aufmerksam gemacht, in den er sich offenbar verbissen hat. Diesmal attestiert er Sarrazin "Niedertracht" und stellt ihm, dem Bösewicht, als Lichtgestalt den französischen Autor Stéphane Hessel gegenüber.

Ich kommentiere das in dieser Folge der Serie und informiere ein wenig darüber, wer Stéphane Hessel ist und was er tatsächlich sagt.



Als ich gestern Abend erste Notizen zu diesem Artikel gemacht habe, sah der Arbeitstitel eine Meckerecke vor. Der Artikel hat sich dann, wie es oft geschieht, beim Recherchieren in eine andere Richtung entwickelt.

Aber aufgrund eines falschen Tastendrucks war diese angefangene erste Version versehentlich für ein paar Sekunden publiziert. Zwar habe ich die Publikation sofort wieder rückgängig gemacht, aber die Feeds haben ihre Pflicht getan, und so lieferten sie für etliche Stunden einen nicht nur überholten Titel, sondern auch noch einen, den anzuklicken ins Nirvana führte.

Ich bedaure den Lapsus und bitte die betroffenen Leser um Entschuldigung.

Nepumuk Offline



Beiträge: 86

14.01.2011 15:22
#2 RE: Notizen zu Sarrazin (10): Augstein wütet weiter Antworten

Um seine "These" zu belegen führt Augstein den Satz von Sarrazin an:

"Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert."

aus dem Interview mit Lettre International (2009).

Mir leuchtet bis heute nicht ein, was daran rassistisch sein soll, wenn ich jemanden meine (!) Anerkennung verweigere, weil er a) von diesem Staat lebt (was an und für sich nicht verwerflich ist), aber gleichzeitig b) den Staat, der ihn ernährt, kleidet etc. ablehnt. Dazu kommt c) wenn er sich weigert für die Bildung seiner Kinder zu sorgen damit (wenigsten) diesen der Aufstieg gelingt.

Für Sarrazin müssen also diese drei Bedingungen erfüllt sein, damit er sich die Freiheit nimmt eine Person nicht anzuerkennen.

Bleibt noch die Sache mit den Kopftuchmädchen. Um dieses Wort zu verstehen muss man das Interview gelesen haben, denn kurz vor dieser Aussage beschreibt er eine Szene, die er in einem Sozialamt beobachtet hat. Dort sieht er eine südländische Frau, die mehrere Kinder hat und nun wieder schwanger ist und mit diesem neuen Kind auf das Recht auf eine größere Wohnung pocht. Sarrazin kann sich in diesem Moment dem Gefühl wohl nicht verwehren, dass dieses Kind nur deshalb gezeugt wurde um ein Mehr an Leistungen zu erhalten.

Ohne es beweisen zu können gehe ich davon aus, dass der Begriff "Kopftuchmädchen" auf den kurz zuvor geschilderten Fall zu beziehen ist, in dem ein Kind nicht aus Liebe oder ähnlichen Motiven gezeugt wird, sondern um vom Staat mehr Geld, mehr Zuwendungen und ebene eine größere Wohnung zu erhalten.

Aber ich lasse mich natürlich gern eines besseren belehren.

Mit freundlichen Grüßen

Nepumuk

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

14.01.2011 15:48
#3 RE: Notizen zu Sarrazin (10): Augstein wütet weiter Antworten

Zitat von Nepumuk
Mir leuchtet bis heute nicht ein, was daran rassistisch sein soll, wenn ich jemanden meine (!) Anerkennung verweigere, weil er a) von diesem Staat lebt (was an und für sich nicht verwerflich ist), aber gleichzeitig b) den Staat, der ihn ernährt, kleidet etc. ablehnt. Dazu kommt c) wenn er sich weigert für die Bildung seiner Kinder zu sorgen damit (wenigsten) diesen der Aufstieg gelingt.


Genau dieser Punkt in Augsteins Tirade ist mir auch aufgefallen. Augstein scheint also der Meinung zu sein, man müsse auch Mitmenschen "anerkennen", die a-c erfüllen - und darüber hinaus scheint es für Augstein ganz offensichtlich zu sein, dass nur Rassisten und sonstige Schlechtmenschen das anders sehen. Augstein scheint also gar nicht zu verstehen, wie man hier anderer Meinung sein kann.

Gegenfrage: muss ich Herrn Augstein zufolge jeden respektieren, der eine Körpertemperatur von 37 Grad aufweist, oder darf ich noch andere Ansprüche stellen?

Spätestens hier wurde mir klar, dass Herr Augstein und ich unterschiedliche Welten bewohnen.

--
Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

14.01.2011 16:13
#4 RE: Notizen zu Sarrazin (10): Augstein wütet weiter Antworten

Zitat von Gorgasal
Augstein scheint also der Meinung zu sein, man müsse auch Mitmenschen "anerkennen", die a-c erfüllen ...


Als Mensch anerkennen sollte man wohl auch diese Personen.

Augstein ist ein unsäglicher Dummschwätzer, da sind wir uns wohl einig.

Aber auch die angegriffene Sarrazin-Formulierung ist etwas unglücklich. Er sagt eben nicht "respektieren" oder "wertschätzen" oder dergleichen, sondern "anerkennen". Und das ist hier recht mißverständlich, weil es eigentlich ja nur heißt, daß man Fakten zur Kenntnis nimmt (hier also eigentlich nur, daß solche Leute existieren und als Menschen zu betrachten sind).

dirk Offline



Beiträge: 1.538

14.01.2011 16:44
#5 RE: Notizen zu Sarrazin (10): Augstein wütet weiter Antworten

Zitat von Gorgasal
Genau dieser Punkt in Augsteins Tirade ist mir auch aufgefallen. Augstein scheint also der Meinung zu sein, man müsse auch Mitmenschen "anerkennen", die a-c erfüllen - und darüber hinaus scheint es für Augstein ganz offensichtlich zu sein, dass nur Rassisten und sonstige Schlechtmenschen das anders sehen



Das ist ein wichtiger Punkt, der Linke und Liberale unterscheidet.Ich bin der Meinung, dass ich selber entscheiden kann, wen ich anerkenne und wen nicht und mir der Staat oder wer auch immer da nicht reinreden soll. (Maximal sollen andere mich damit mit einem Anerkennungsverlust strafen können). Es gibt kein Recht auf Anerkennung durch andere. Die anderen muss ich nur tolerieren, im dem Sinne, dass ich mich beherrsche und keine Gewalt anwende.

Linke dagegen wollen die perfekte Gesellschaft, in der alle zu allen lieb und nett sind und alle anerkennen. Wenn das nicht der Fall ist, also etwa Homosexualität nicht anerkannt wird oder Karriereziele bei Frauen, etc. dann betrachten Linke dies gar als Freiheitseinschränkung, der der Staat entgegen zu wirken habe. Schließlich sei dann die Frau nicht frei Karriere zu machen; das ginge ja mit einem entsprechenden Anerkennungsverlust einher.

Nun mag auch ich dies als nicht wünschenswert empfinden, aber ich sehe darin keine Freiheitsschränkung. Die Ausübung von Freiheit hat immer positive und negative Konsequenzen; wo sie das nciht hat, ist die Freiheit auch irrelevant. Vielmehr ist für mich Freiheit die Abwesenheit von Zwang durch andere und nicht etwa pauschale Anerkennung. Es kann kein Recht auf Anerkennung durch andere geben.

Calimero Offline




Beiträge: 3.280

14.01.2011 17:59
#6 RE: Notizen zu Sarrazin (10): Augstein wütet weiter Antworten

Zitat von R.A.

Zitat von Gorgasal
Augstein scheint also der Meinung zu sein, man müsse auch Mitmenschen "anerkennen", die a-c erfüllen ...


(...)
Aber auch die angegriffene Sarrazin-Formulierung ist etwas unglücklich. Er sagt eben nicht "respektieren" oder "wertschätzen" oder dergleichen, sondern "anerkennen". Und das ist hier recht mißverständlich, weil es eigentlich ja nur heißt, daß man Fakten zur Kenntnis nimmt (hier also eigentlich nur, daß solche Leute existieren und als Menschen zu betrachten sind).



Also ich finde, dass gerade "anerkennen" da genau passt. Wenn man an dieser Stelle von versagtem "Respekt" oder "Wertschätzung" reden würde, dann wäre die Aussage ja null. Ich MUSS ja niemanden wertschätzen oder respektieren. Das will erstmal verdient sein, und, ich vergebe einen solche Status aktiv und selektiv.

Anders ausgedrückt: "Respekt und Wertschätzung" schulde ich niemandem und muss das auch nicht explizit begründen können. Anerkennung hingegen schulde ich allen Mitgliedern der Gemeinschaft schon, und wenn ich jemandem diese Anerkennung verwehre, dann muss ich dafür Gründe nennen können. So ist jedenfalls meine Ansicht.

----------------------------------------------------
Wir sind alle gemacht aus Schwächen und Fehlern; darum sei erstes Naturgesetz, dass wir uns wechselseitig unsere Dummheiten verzeihen. - Voltaire

john j Offline




Beiträge: 591

14.01.2011 18:06
#7 RE: Notizen zu Sarrazin (10): Augstein wütet weiter Antworten

Das Problem ist dass die ersten drei Punkte ja auch von (zu) vielen Deutschen erfuellt werden. Nur der letzte Punkt mit den "Kopftuchmaedchen" weist eindeutig aus muslimische Immigranten hin. Das ist natuerlich nicht "rassistisch" aber es etabliert den Gedanken dass es etwas anderes ist wenn Deutsche die ersten drei Krierien erfuellen und noch dazu viele Kinder haben als wenn dies muslimische Immmigranten tun.

Die Erklaerung eines Foristen hier macht die Sache nicht besser: Soll der Staat entscheiden wann und wie ein Kind "aus Liebe" in die Welt gebracht wurde und wann es aus Motiven "wie groessere Wohnung vom Staat" oder "mehr Kindergeld" gezeugt wurde? Welche Kriterien sollen hier angewandt werden?

Falls es Tatsache ist dass eine groessere Familie ohne weiteres eine groessere Wohnung vom Staat beanspruchen kann ist das ein Problem der deutschen Sozialgesetzgebung, nicht der Auslaender die ja diese Gesetzgebung politicsh gar nicht mitgestalten koennen da idR nicht wahlberechtigt. Es faellt den Parteien und Politikern (und ihren Waehlern) zu hier Aenderungen zu schaffen.

Weiterhin halte ich das Wort "Anerkennung" fuer schlecht gewaehlt: Anerkennung im Sinne von "als hier aufenthaltsberechtigten Auslaender" oder Anerkennung im Sinen von "als Person und Mensch"?

Zur Bewertung von Augstein's Auslassungen durch Zettel habe ich nichts hinzuzufuegen.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

14.01.2011 18:35
#8 RE: Notizen zu Sarrazin (10): Augstein wütet weiter Antworten

Zitat von dirk
Linke dagegen wollen die perfekte Gesellschaft, in der alle zu allen lieb und nett sind und alle anerkennen.

Gar nicht wahr. Fragen Sie mal bei Jägern, AKW-Betreibern, amerikanischen Staatsbürgern, Investmentbankern und dem katholischen Klerus nach ihrer Anerkennung durch Linke.

Gruß Petz

lukas Offline



Beiträge: 261

14.01.2011 20:11
#9 RE: Notizen zu Sarrazin (10): Augstein wütet weiter Antworten

Zitat von Meister Petz

Zitat von dirk
Linke dagegen wollen die perfekte Gesellschaft, in der alle zu allen lieb und nett sind und alle anerkennen.

Gar nicht wahr. Fragen Sie mal bei Jägern, AKW-Betreibern, amerikanischen Staatsbürgern, Investmentbankern und dem katholischen Klerus nach ihrer Anerkennung durch Linke.



Wohl wahr. In der perfekten Gesellschaft wird es weder Jäger noch AKWs, weder Amis noch I-banker und schon gar keine Katholiken geben.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

14.01.2011 20:31
#10 RE: Notizen zu Sarrazin (10): Augstein wütet weiter Antworten

Zitat von lukas
Wohl wahr. In der perfekten Gesellschaft wird es weder Jäger noch AKWs, weder Amis noch I-banker und schon gar keine Katholiken geben.

Nicht mal Amis? Aber dann ist mit auch klar, warum die Linken so viel auf ihre Toleranz halten. Man muss ja nur Gleichgesinnte tolerieren. Obwohl, auch damit hapert es gelegentlich... Dass die beiden sich nicht an die Gurgel gehen, ist aber auch das einzige. Jedenfalls werden die Feinde auch ohne Amis nicht ausgehen. Dann sucht man sie sich halt im eigenen Stall.

Gruß Petz

C. Offline




Beiträge: 2.639

14.01.2011 23:03
#11 RE: Notizen zu Sarrazin (10): Augstein wütet weiter Antworten

Zitat von john J
Weiterhin halte ich das Wort "Anerkennung" fuer schlecht gewaehlt: Anerkennung im Sinne von "als hier aufenthaltsberechtigten Auslaender" oder Anerkennung im Sinen von "als Person und Mensch"?



Anerkennen hat in der Regel etwas mit Leistung zu tun, es gibt anerkannte Klimawissenschaftler, anerkannte Islamexperten und anerkannte Rechtsextremismusforscher, es gibt das staatlich anerkannte Abitur und den anerkannten ausländischen Bildungsabschluss. Natürlich bekommen diejenigen, "die vom Staat leben" den sie ablehnen auch jede Menge Anerkennung, allerdings nicht von Herrn Sarrazin und tatsächlich kann ihn niemnad dazu zwingen, auch nicht Herr Augstein.

Aber Jakob Augstein ist auch nicht gezwungen die schriftstellerische Leistung von Thilo Sarrazin anzuerkennen, das erwartet Herr Sarrazin vermutlich auch nicht.

Allerdings passt es Jakob Augstein nicht, dass Thilo Sarrazin Anerkennung von anderen erfährt, was allerdings kein Grund sein sollte, diese zu beschimpfen. Denn es sind diejenigen, die mit ihren Steuerzahlungen dem Staat die Möglichkeit geben, dass andere von ihm leben (die Staatsverschuldung klammere ich hier aus). So ist es nun mal in der sozialen Marktwirtschaft und bisher läuft das ganz gut, wenn auch mit gelegentlichem Murren. Es gehört schon etwas Masochismus dazu, gezwungen zu sein, diejenigen zu unterstützen, die den Geber verachten.

Zitat
Soll der Staat entscheiden wann und wie ein Kind "aus Liebe" in die Welt gebracht wurde und wann es aus Motiven "wie groessere Wohnung vom Staat" oder "mehr Kindergeld" gezeugt wurde? Welche Kriterien sollen hier angewandt werden



Genau, der Staat soll sich da raushalten. Ich bin schon lange für die Abschaffung des Kindergeldes.

http://www.iceagenow.com/

Stefanie Offline



Beiträge: 606

15.01.2011 11:11
#12 RE: Notizen zu Sarrazin (10): Augstein wütet weiter Antworten

In Frankreich scheint es auch Diskussionen darüber zu geben, was eine zulässige Beschreibung der Realität und was unter rassistische Hetze fallen soll.

http://www.welt.de/politik/ausland/artic...der-Araber.html

Kenne die Hintergründe des Falles nicht. Sarrazin ist ja auch wegen Volksverhetzung nach Erscheinen seines Buches angezeigt worden, allerdings hat die Staatsanwaltschaft kein Verfahren eröffnet.

Deutschland hat kürzlich eine EU-Richtlinie umgesetzt, welche die Reglungen zu diskriminierenden Äußerungen erweiterte, wenn nicht sogar verschärfte. Bekam das nur am Rande mit. Es ist nicht gut, wenn Menschen Angst haben aus Furcht vor strafrechtlichen Konsequenzen ihre Meinung zu sagen. Bisher meine ich, sind die Versuche in Deutschland auch leer gelaufen.

Llarian Offline



Beiträge: 6.919

15.01.2011 14:35
#13 RE: Notizen zu Sarrazin (10): Augstein wütet weiter Antworten

Genaugenommen hat Deutschland den Volksverhetzungsparagraphen (§130), ein ohnehin stinkendes Konstrukt zur Meinungsdiktatur, verschärft. War es bis dato notwendig gegen eine Gruppe zu "hetzen", was immer das auch genau dann ist, so gibt es jetzt die "Hetze" gegen einzelne. Mit verheerenden Folgen. Bis heute haben Gerichte Bauchschmerzen damit gehabt jemanden wegen des 130 wirklich zu verurteilen. Gerne ziehen sich die Richter wohl mit dem Argument aus der Affäre die Gruppe gegen die "gehetzt" worden wäre, könne nicht genau definiert werden. Das ist nun weg. D.h. in Zukunft kann fast jede Beleidigung oder Bedrohung, die im normalen Alltagsgeschäft vor kleinen Gerichten abgehandelt wird und allenfalls mal zu Geldstrafen führt, von besonders krassen Fällen abgesehen, mit einem Strafrahmen von 5 Jahren bedroht werden (große Strafkammer), wenn das Opfer nur als Mitglied einer schützenswerten Gruppe durchgeht (deutsche, heterosexuelle Männer gehören da leider nicht zu). Simpel ausgedrückt, die Formulierung, die ich neulich auf der Arbeit hörte (normale Sprache an diesem Ort): "Ich beiss Dir gleich den Kopp ab, Du Zitronenschüttler", ist demnächst mit 5 Jahren Strafe bedroht. Mahlzeit.

Ich denke der ganze Zusammenhang ist in Frankreich der selbe wie in Deutschland. Die Regierungen reagieren zunehmen verzweifelt und mit mehr Druck auf das, was da aus der Bevölkerung kommt, man versucht mit Gewalt den Deckel draufzuhalten. Sarrazin hat es geschickt verstanden, nahezu jede seiner Behauptungen mit einer Statistik und einer Quelle zu belegen. Wollte die Bundesregierung oder ein eifriger Staatsanwalt wirklich ein Verfahren anstrengen, würde Sarrazin sofort darauf drängen, doch bitte auch die Quelle anzuzeigen. Und dann müsste man öffentlich begründen, warum das Bundesamt für Statistik Volksverhetzung begeht. Und das ist nicht vermittelbar. Der französische Journalist hat den "Fehler" gemacht, die Aussage nicht direkt mit einer Quelle zu versehen. Ich darf problemlos und ohne jede Quelle den deutschen Spiesser beleidgen, ich darf ala Jens Jessen deutsche Rentner zu bösen Menschen erklären, die eigentlich auf die Fresse verdienen, ich darf beweinen wie Männer bevorteilt werden, ich darf sagen, dass Verbrechen ein männliches Problem ist, ich darf Manager zu Heuschrecken erklären, aber NIE, NIE, NIE darf ich es wagen auf Probleme mit vorbegblichen Minderheiten hinzuweisen, wenn ich nicht mindestens ein Dutzend Statistiken zum Beleg habe. Nicht das ich nicht dann auch ein "Rassist" wäre, aber wenigstens gehe ich dafür (noch) nicht in den Knast.

Stefanie Offline



Beiträge: 606

15.01.2011 15:30
#14 RE: Notizen zu Sarrazin (10): Augstein wütet weiter Antworten

@Llarian

Bei Entstehung des § 130 wollte man mit dem Tatbestandsmerkmal "geeignet den öffentlichen Frieden zu stören" sicher stellen, dass wirklich nur ernste Dinge darunter fallen. Dass also wirklich Unruhe entstehen muss. Wenn nun aber Gruppen protestierend auf die Straße gehen, weil sie sich z.B. selbst beleidigt fühlen oder andere beleidigt wurden, können diese öffentlichen Proteste das Zeichen dafür sein, dass der öffentliche Friede gestört wurde. Die Menschen sind so empört, dass sie auf die Straße gehen, es wurde also der öffentliche Friede gestört. Es war damals klar, dass z.B. Katholiken nicht protestierend auf die Straße gehen werden, wenn Jesus Karikaturen entstehen. Es war nicht absehbar, dass in Deutschland bestimmte Gruppen regelmäßig empört sein könnten und ggf. sogar auf die Straße gehen. Das hätte längst korrigiert werden müssen und war ja auch Thema anlässlich den in Deutschland stattfindenden Demos gegen die Mohammed Karikaturen. Es hat sich aber nie einer drum gekümmert, wie man das regeln kann, dass über eine mögliche Strafbarkeit von Äußerungen nicht der Empörungswille von Gruppen entscheidet, sondern dass dies rein objektiv beurteilt werden kann. Dieser ganze § ist von vorne bis hinten verkorkst und als ich nun las, das wurde alles noch einmal "konkretisiert" und damit verschärft wegen der EU-Richtlinie, habe ich mich nur gefragt, was passiert hier, wenn wirklich Gruppen systematisch andere Meinungen niedermachen wollen und dafür dann einfach nur empört auf die Straße gehen müssen.

Ich denke, wir sind uns alle einig darüber, dass wir rassistische Bemerkungen nicht haben wollen. Ob aber dieser strafrechtliche Weg sinnvoll ist, so etwas zu unterdrücken bzw. unter Strafe zu stellen, ist eine ganz andere Frage. Zumal es ja auch eine Ebene drunter Beleidigung etc. gibt.

Wenn ich mir nun überlege, dass manche selbst alles andere als zimperlich sind, wenn es darum geht, den politischen Gegner anzugreifen und hierbei auch alle rechtsstaatlichen Mittel genutzt wurden und dann das hier lese

"Nach den erfolgreichen Protesten Berliner Antifaschist_innen und Antirassist_innen gegen
den ersten Landesparteitag der „rechtspopulistischen“ Stadtkewitz-Partei „Die Freiheit“ hat
der Sprecher des Bündnisses „Rechtspopulismus stoppen“ Dirk Stegemann Strafanzeige
gegen Rene Stadtkewitz und Marc Doll eingereicht. Dazu erklärt der Sprecher des Bündnisses
„Rechtspopulismus stoppen“:
Ich habe heute gegen Herrn Stadtkewitz und Marc Doll (beide Partei „Die Freiheit“)
Strafanzeige wegen aller in Betracht kommenden Delikte u.a. Beleidigung, Verleumdung,
übler Nachrede und Volksverhetzung gestellt. Es ist nicht hinnehmbar, dass Menschen, die
sich für gleiche Rechte für alle und gegen rassistische Diskriminierung einsetzen, öffentlich
bei einer Pressekonferenz als Faschist_innen diffamiert und kriminalisiert oder ihnen
faschistische Methoden unterstellt werden."

Quelle: Blog des Bündnisses

überlegt man sich schon, ob hier das Strafrecht missbraucht wird, andere Meinungen zu unterbinden.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

15.01.2011 15:57
#15 RE: Notizen zu Sarrazin (10): Augstein wütet weiter Antworten

Zitat von Stefanie
ob hier das Strafrecht missbraucht wird, andere Meinungen zu unterbinden.

Zumindest um Propagandaerfolge zu erzielen. Die Anzeige ist doch auf jeden Fall ein Erfolg: Bekommt man Recht, ist der politische Gegner ein gerichtlich anerkannter Nazi. Wenn nicht, zeigt dass nur, dass "die deutsche Justiz auf dem rechten Auge blind ist" und beweist die These vom "Extremismus der Mitte", "struktureller Gewalt" usw., gegen was die Antifa Widerstand leisten und Autos verbrennen muss.

Gruß Petz

Stefanie Offline



Beiträge: 606

15.01.2011 16:14
#16 RE: Notizen zu Sarrazin (10): Augstein wütet weiter Antworten

Zitat von Meister Petz

Zitat von Stefanie
ob hier das Strafrecht missbraucht wird, andere Meinungen zu unterbinden.

Zumindest um Propagandaerfolge zu erzielen. Die Anzeige ist doch auf jeden Fall ein Erfolg: Bekommt man Recht, ist der politische Gegner ein gerichtlich anerkannter Nazi. Wenn nicht, zeigt dass nur, dass "die deutsche Justiz auf dem rechten Auge blind ist" und beweist die These vom "Extremismus der Mitte", "struktureller Gewalt" usw., gegen was die Antifa Widerstand leisten und Autos verbrennen muss.

Gruß Petz




Lieber Petz,

das sowieso. Was ich überlege ist aber, ob die sich wirklich so "unrecht" behandelt fühlen. Dass es also nicht primär bei der Anzeige darum geht, das Strafrecht als Mittel im Kampf zu verwenden. Dass die wirklich der Auffassung sind, sie selbst dürfen drastische Worte wählen, aber ihnen gegenüber ist das das strafrechtlich zu verbietendes und sanktionierendes Unrecht. Denn aus dem Text zu der Anzeige geht ja klar hervor, dass die die Vorwürfe, welche man gegen sie erhoben hat, als scharfes Schwert sehen, welches zum Diffarmieren etc. geeignet ist. Dass die sich also im Klaren auch darüber sein müssen, was sie anderen vorwerfen und nicht einfach lax solche Begrifflichkeiten nutzen. Sich selbst gegenüber daher solche Vorwürfe verbitten. Also austeilen und damit denken, das sei voll o.k. und zwar so o.k., dass sie mit einer ebenso scharfen Replik nicht leben müssen, dass sie nicht einstecken müssen.

Sollte das der Fall sein, ist es noch übler um unsere Meinungsfreiheit bestellt, weil das dann wirklich zeigt, es gibt die guten und die bösen Meinungen und letztere haben kein Existenzrecht.

P.S.: Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass die mit der Anzeige durchkommen. Volksverhetzung schon mal gar nicht und auch nicht Beleidigung etc.

C. Offline




Beiträge: 2.639

15.01.2011 17:03
#17 RE: Notizen zu Sarrazin (10): Augstein wütet weiter Antworten

Zitat von Stefanie
[überlegt man sich schon, ob hier das Strafrecht missbraucht wird, andere Meinungen zu unterbinden.




In einer Demokratie kann das Strafrecht nicht missbraucht werden, es steht diesem Bündnis natürlich frei Strafanzeige zu stellen, ich finde es sogar besser als die extralegalen Aktionen, die durch dieses Bündnis begangen werden.

Ob die Anzeige erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten, zumal ja nicht nur Volksverhetzung angezeigt wurde, sondern auch "Beleidigung, Verleumdung, üble Nachrede". Allerdings gibt der offene Brief noch nicht einmal zu einem Anfangsverdacht Anlass, hinzu kommt dass dieses "Bündnis" im Vorfeld erheblich provoziert hat und weiterhin provoziert. Als Beispiel wäre die Konstruktion einen Zusammenhangs zwischen den Zündeleien an Moscheen in Berlin und "der Freiheit" zu nennen, obwohl es nach bisherigem Ermittlungsstand keinen nachweisbaren Zusammenhang gibt.

Das "Bündnis Rechtspopulismus stoppen" ist ein Zusammenschluss von verfassungsfeindlichen linksextremistischen Gruppierungen mit Einzelpersonen und Gruppierungen der Grünpartei, der SED und ihren Ablegern und der SPD. Es ist verwerflich, wenn in einer Demokratie die Machthaber (Linke/SPD) im Rahmen eines Bündnisses mit extralegalen Mitteln gegen eine Oppositionspartei vorgehen. Die Art und Weise wie der politische Gegner eingeschüchtert und zum Schweigen gebracht werden soll, hat System und Tradition.

Allerdings ist in diesem Zusammenhang der Begriff "Faschismus" falsch gewählt, sondern hier lebt die SED-Diktatur wieder auf. Es ist somit auch nicht verwunderlich, dass der VVN-BdA in diesem Bündnis eine besondere Rolle spielt, eine Gruppierung, die bis 1989 maßgeblich von der SED finanziert wurde. Auch nicht verwunderlich ist, dass es innerhalb der Grünpartei enge Beziehungen zu verfassungsfeindlichen Organisationen gibt und der "Kampf gegen Rechts" die Abgrenzung verwischt. So profiliert sich auch ein Herr Gollasch mit "freundlich" nötigenden Briefen an Restaurantbesitzer, die der Freiheit Obdach gewähren, wobei auch hier der Hinweis auf die Moscheezündeleien nicht fehlen darf.

Hier findet extralegal eine Kriminaliserung von Meinungen statt, die ich, auch wenn sie zum Standardreportoire der Linken zählt, für demokratiegefährdend halte.

http://www.iceagenow.com/

Iggypop Offline




Beiträge: 12

15.01.2011 17:35
#18 RE: Notizen zu Sarrazin (10): Augstein wütet weiter Antworten

nur zur Info dieser Artikel aus der NW (der einzigen Tageszeitung die zur 100% der SPD gehört)

http://www.nw-news.de/lokale_news/bielef...erhuellung.html

notquite Offline



Beiträge: 506

15.01.2011 17:42
#19 RE: Notizen zu Sarrazin (10): Augstein wütet weiter Antworten

Ein gutes Beispiel für den heutigen Stand der deutschen Medienlandschaft war auch die im Vorfeld skandalisierte "Dokumentation" "Der Drückerkönig und die Politik".

Ich kann nur jedem empfehlen, sich das anzusehen. Das hat schon fast Wochenschau-Niveau. Linke Propaganda pur, praktisch null Informationswert und dauernd darf man den selbstgerecht-angeekelten Macher Christoph Lütgert ansehen. Wenn man sich die Besprechungen so ansieht, fällt auf, dass Lütgert selbst von jeder Kritik ausgenommen ist. Er ist halt einer der "ihren" ...

Es überrascht mich, dass Sie dieses aus Gebührengeldern finanzierte Machwerk hier nicht thematisiert haben, lieber Zettel.

http://www.youtube.com/watch?v=8xtsglP_8QY


PS Entschuldigung für das (semi) Off Topic.

Llarian Offline



Beiträge: 6.919

16.01.2011 01:43
#20 RE: Notizen zu Sarrazin (10): Augstein wütet weiter Antworten

Zitat von Stefanie

überlegt man sich schon, ob hier das Strafrecht missbraucht wird, andere Meinungen zu unterbinden.



Ich weiss nicht ob der Begriff Missbrauch hier richtig treffend ist. Denn es unterstellt, dass das Recht nicht dafür da ist, unliebige Meinungen zu unterdrücken. Genau das ist aber die Intention des §130. Es gibt bestimmte Meinungen, die dem Gesetzgeber als so schlimm erscheinen, dass ihre Äusserung unter Strafandrohung steht. Die Linksextremisten machen sich dieses Gesetz nur zunutze, indem es zur Anwendung bringen, der Fehler liegt aber im Gesetz selbst begründet. Es sind auch nicht die Linksextremisten, die dieses Gesetz geschaffen haben, es sind durchaus unsere Volksparteien, die durchaus die Meinungsfreiheit gerne mal eingeschränkt sehen, so lange es sie selber nicht trifft.

Ich denke insofern, es ist kein Missbrauch. Das Gesetz ist genau so gemeint. Ob das Gesetz mit einem verfassten Rechtsstaat vereinbar ist, das ist ein anderer Punkt. Aber wer kümmert sich schon darum ?

Popeye Offline



Beiträge: 207

16.01.2011 17:15
#21 RE: Notizen zu Sarrazin (10): Augstein wütet weiter Antworten

Zitat
Das Problem ist dass die ersten drei Punkte ja auch von (zu) vielen Deutschen erfuellt werden. Nur der letzte Punkt mit den "Kopftuchmaedchen" weist eindeutig aus muslimische Immigranten hin. Das ist natuerlich nicht "rassistisch" aber es etabliert den Gedanken dass es etwas anderes ist wenn Deutsche die ersten drei Krierien erfuellen und noch dazu viele Kinder haben als wenn dies muslimische Immmigranten tun.



Ich denke, die deutsche Entsprechung wäre "Hartz IV-Kinder", natürlich im Sinne, das bestimmte Hartz IV-Eltern ihren Kindern fehlende Motivation und Leistungswillen sowie eine "Das Amt zahlt doch"-Mentalität vorleben und damit "erziehen", so nach dem Motto:

"Was willst Du denn mal werden, wenn Du groß bist?" "Hartz IV!"

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