"Alternativlos" ist natürlich auch die HEYMAT-Erwiderung, schon alleine wegen der Diskrepanz zwischen den Ausführungen und den angegebenen Quellen/Studien/wasauchimmer und der (unwissenschaftlichen) Intention. (Sie führen das bei amazon bereits kurz aus)
Zitat von lp0910Fazit zu Sarrazins Buch kurz zusammengefasst, siehe auch Abschnitt B im o.g. Thread: sehr vieles richtig und nachvollziehbar, manches unbelegt behauptet, vieles ziemlich tendenziös selektiert / dargestellt (sog. „Kunst des Weglassens“).
Es ist niemand daran gehindert, das Weggelassene wieder aufzufüllen, wenn er damit zu anderen Kernaussagen kommt. Es ist aus meiner Sicht ein schwieriges Unterfangen einerseits ein lesbares Buch zu schreiben, auf der anderen Seite "vollständig" zu sein. Sarrazin wurde bereits in Diskussionen als Zahlenknecht tituliert. Vielleicht hätte er, wie es manch andere tun, auf die statistische Untermauerung völlig verzichten und locker vom Hocker seine Gedanken zelebrieren sollen, mit Betonung des Gefühls. Das Geschrei wäre deshalb nicht größer geworden.
Ich erwarte von Wowereits Antwort auf Sarrazins Integrations-Thesen ein solches Vorgehen, zumindest der Arbeitstitel: "“Mut zur Integration: Für ein neues Miteinander" verspricht nichts Substantielles.
Zur Entwicklung der muslimischen Bevölkerung ist es schon deshalb schwer eine Aussage zu treffen, wenn man a) nicht weiß, wieviel Muslime es in Deutschland gibt, b) noch weniger weiß, wer sich von den Zuwanderern aus Staaten mit überwiegend muslimischer Bevölkerung überhaupt als Muslim sieht, c) vor Extrapolationen schon immer gewarnt hat. (Wobei ich Extrapolationen als Basis für Aussagen, warum diese Extrapolationen nicht eintreffen werden, für zulässig halte).
PEW sieht einen Zuwachs der dem Islam zugeordneten Personen von 1990 (2506.000) auf 2010 (4.119.000) von 64,36% an, von 2010 auf 2030 (5.540.000) von 34,49% an. Ich schenke mir eine weitere Hochrechnung aus verständlichen Gründen, der Hinweis auf eine drastische Verflachung des Zuwachses sollte ausreichend sein. Ich halte die Schätzung von PEW für realistisch, in der Hoffnung, dass hier keine irakische Christen und persische Agnostiker mitgezählt wurden.
Zitat von StefanieNach einem regen Mailwechsel mit Heymat kann ich folgendes berichten:
Vielen Dank, liebe Stefanie, für diese ausgezeichnete Recherche.
Ich kann mich leider im Augenblick nicht so wie üblich um ZR und das kleine Zimmer kümmern, bleibe aber an dem Thema. Das Dossier von Heymat habe ich gelesen, aber konnte mich noch nicht ans Überprüfen der Details machen.
Mein erster Eindruck ist, daß man
a) tatsächlich kleinere Fehler bei Sarrazin gefunden hat. Beispiel: Er nennt Prozentzahlen von Kopftuchträgerinnern. Es handelt es sich aber um Prozente von befragten Türkinnen, die die Aussage bejahen, daß eine moslemische Frau ein Kopftuch tragen sollte. Es wurde also (im Bertelsmann-Religionsmonitor) eine Einstellung gemessen, kein Verhalten. Für die Folgerungen hinsichtlich der Zustimmung zu religiösen Bekleidungsvorschriften ist das unerheblich; aber ein Wissenschaftler muß bei seinen Angaben exakt sein.
b) man wichtige Daten im Kleingedruckten suchen muß. Beispiel: Die obere Tabelle auf S. 27 (nebenbei: Daß man Tabellen durchnumeriert und mit einer Legende versieht, lernt man eigentlich im ersten Semester). Dort steht der kritische Wert für den Prozentsatz der Einwandererkinder türkischer Herkunft, die Fachholschulreife oder allgemeine Hochschulreife erreichen; gemäß Mikrozensus 2008. Es sind 7,8 Prozent.
Das ist die für Sarrazins Argumentation entscheidende Zahl.
c) es sich oft um weiche Daten handelt. Das gilt zum Beispiel für viele Daten der MLD-Studie, bei denen unklar ist, wie sie zustandekamen. Sprachkenntnisse wurden zum Beispiel nicht durch einen Test gemessen, sondern vom Interviewer beurteilt. Nach welchen Kriterien?
Das sind erste Eindrücke nach einmaliger Lektüre des Texts. Fundiertes kann ich erst sagen, wenn ich ihn genau gelesen und vor allem auch die Quellen, soweit zugänglich, überprüft habe. Das kann leider a bisserl dauern.
Zitat Entgegen der oben beschrieben Darstellung eines anderen Foristen, war man freundlich zu mir und hat mir jeweils ausführlich geantwortet.
Das mag sein. Ich habe in meiner Anfrage bei "HEYMAT" nach dem Sinn des folgenden Satzes aus der Projektvorstellung gefragt:
"In Anlehnung daran, und ausgehend von den Anfangsbuchstaben des Projekttitels ergibt sich der Kurztitel HEYMAT, was als Dekonstruktion des sehr deutschen Begriffes Heimat verstanden werden soll, nach welcher zu streben die Logik der Integration ist."
Ich bat um Klarstellung, ob sich das als Relativpronomen verwendete "welcher" am Satzende ("nach welcher zu streben ...") - auf "Heimat" oder auf "Dekonstruktion" beizeht. Wonach zu streben ist die "Logik der Integration" - streben nach "Dekonstruktion" der Heimat oder streben nach der Heimat selbst? Aber wenn nach Heimat gestrebt wird, warum dann Dekonstruktion? Dieses Satzgebilde habe ich vorne und hinten nicht verstanden (verstehe es auch jetzt nicht - vielleicht sind andere hier schlauer). Da man bei "HEYMAT" aber auch von den "alteingesessenen Deutschen" spricht, "die für sich Etabliertenvorrechte reklamieren" (und die von "HEYMAT" offenbar in Frage gestellt werden), konnte und kann ich nicht ausschließen, dass man in der Tat die "Dekonstruktion" von Heimat (der bösen Deutschen mit den Etabliertenvorrechten?) meint.
Nun, diese meine Frage (etwas anders formuliert) führte zu einer leicht gereizten Reaktion und der Unterstellung von Frau F. an mich, ich würde der "Suche nach Mißverständlichkeit im gemeinsamen Integrationsprozeß mehr Wert zuschreiben", und daher "erübrigt sich auch jeglicher Erklärungsversuch, warum das Verlinken auf tendenziöse Seiten nicht erwünscht ist".
Ich bleibe weiterhin dabei, dass ich den oben zitierten Satz als derartig verschwurbelt ansehe, dass er für mich keinen Sinn ergibt. Als eine Beleidigung empfinde ich das Reden von "alteingesessenen Deutschen", "die für sich Etabliertenvorrechte reklamieren" - diese Formulierungen machen für mich überdeutlich, dass man die Reklamation von "Etabliertenvorrechten" offenbar für eine grobe Anmaßung von uns "alteingesessenen Deutschen" hält. Ich hingegen möchte sehr nachdrücklich als "alteingesessener Deutscher" (mit Vorfahren auch aus Frankreich, Italien, dem heutigen Polen ...) mein "Etabliertenvorrechte reklamieren", dass z.B. Deutsch unsere Amtssprache ist.
danke für Ihr Statement. In vielem gehe ich mit, insbesondere auch zur Heymat-Untersuchung. Diese ist nicht nur ebenfalls tendenziös, sondern auch noch ziemlich mit der heißen Nadel gestrickt, was man merkt. (Ggf. sind neuere Versionen besser, habe ich mir noch nicht angeschaut.)
Einen Punkt möchte ich gerne näher ausführen:
Zitat Ich: > Fazit zu Sarrazins Buch kurz zusammengefasst, siehe auch Abschnitt B im o.g. Thread: sehr vieles richtig und nachvollziehbar, manches unbelegt behauptet, vieles ziemlich tendenziös selektiert / dargestellt (sog. „Kunst des Weglassens“). Sie: > Es ist niemand daran gehindert, das Weggelassene wieder aufzufüllen, wenn er damit zu anderen Kernaussagen kommt. Es ist aus meiner Sicht ein schwieriges Unterfangen einerseits ein lesbares Buch zu schreiben, auf der anderen Seite "vollständig" zu sein.
Es gibt einen großen Unterschied zwischen Weglassen, weil es sonst zu viel würde, und Weglassen, weil das, was ich weglasse, nicht in das für mich erwünschte Bild passt. Letzteres scheint mir Sarrazin aber getan zu haben, und zwar mehrfach. Das aus meiner Sicht Kritikwürdige ist daran, dass es beim Lesen nicht auffällt, sondern nur dann, wenn man sich die Mühe macht, sich durch die Quellen, u.a. die äußerst umfangreiche Sheetsammlung des Mikrozensus, zu wühlen.
Beispiele siehe meinen amazon-Thread. U.a.: Die Darstellung der schlechten Schulbildungserfolge der Türken (Abschnitt „kulturelle Integrationsprobleme“, bei mir S. 286). Ich stelle mir vor, Sarrazin hatte ein Excel vor sich, basierend auf dem Mikrozensus. Da stand ein paar Zeilen weiter unten, er muss das auch gesehen haben, dass Migranten aus Afrika bzw. Nahem/Mittleren Osten sogar häufiger Abitur machen als die autochthonen Deutschen. Da er im weiteren Schlussfolgerungen zur islamischen Bildungsbereitschaft insgesamt trifft, hätte diese Information ins Buch gehört, ohne Wenn und Aber.
(Persönliche Anmerkung: Ich beschäftige mich - berufsbedingt - schon mein ganzes Leben lang mit Daten und Statistiken und weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, so etwas nicht zu tun. Hier handelt es sich aber um einen voraussehbaren Bestseller mit weit reichender Wirkung, da darf man hohe Maßstäbe anlegen.)
Lieber Zettel, genau deinen Eindruck hatte ich auch, sowohl was den tatsächlichen Irrtum Sarrazins angeht als auch die Qualität mancher der ihm in diesem "Dossier" entgegengehaltenen Studien. Was mir die "Heymat"-Gegenstudie aber wirklich verleidet hat, war, dass der Feststellung, dass in Deutschland lebende Menschen türkischer Abstammung zu einem besonders großen Prozentsatz unter sich heiraten, entgegengehalten wurde, dass bei "autochthonen" Deutschen dieser Anteil noch größer sei. Wer so sehr statistische Grundlagen ignoriert, denn natürlich muss man diesen Zahlen eine Zufallsverteilung gegenüberstellen, um sie sprechen zu lassen, hat sich m.E. für eine wissenschaftliche Analyse komplett disqualifiziert und für die ideologische Schlacht entschieden.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
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