Nein, kein weiterer Artikel zu Guttenberg. Wohl aber ein Artikel zu einem Thema, das mich schon lange beschäftigt, auf das die Guttenberg-Affäre aber einmal mehr hinweist: Wie kommt die irrige Meinung zustande, Wissenschaft sei überwiegend - oder auch nur in einem erheblichen Umfang - von Interessen abhängig?
Zitat von ZettelDieser Wissenschaftler, der im Dienst von Interessen steht, tut das, was seine Auftraggeber verlangen. Er "findet heraus", was sie hören und lesen wollen; so verkündet man es. Daß es der Wissenschaft um Wahrheit gehe, wird als Schein entlarvt; dahinter stehen doch immer Interessen. Oh ja, man blickt durch. Man guckt hinter die Kulissen. Man läßt sich doch kein X für ein O vormachen.
Dies von Ihnen Beschriebene wird sehr schön auf den Scienceblogs illustriert, wenn es um Homöopathie und Gentechnik geht. Da kann man jedesmal Buzzword-Bingo spielen, Begriffe wie "dogmatische Wissenschaft", "Monsanto", "von Pharmafirmen finanzierte und damit zwangsläufig beeinflusste Studien", Galileo Galilei und das Bild der Erde als Scheibe tauchen immer auf. Hier ein interessanter Artikel darüber, warum der Zeitpunkt, als das Bild der Erde als Kugel sich durchsetzte, ständig viel zu spät vermutet wird:
Das mag evtl. auch ein Grund sein, jedoch eher "unter ferner Liefen". Ich denke eher, daß es sich um eine Mischung aus verschiedenen Dingen handelt, was die Menschen umtreibt. Folgende Begründungen hört man desöfteren:
1. Politiker sind sowieso alles Lügner, da ist das Betrügen in der Dissertation nur konsequent und nichts Besonderes. 2. Guttenberg ragt aus der graugesichtigen Einheitsmasse der Politik heraus, da ist man verleitet, ihm auch Fehlverhalten zu verzeihen. 3. Bisher war Guttenberg zu "perfekt", unnahbar und eine Art Teflon-Mensch. Daß er auch Fehlverhalten hat, macht ihn menschlicher und noch sympathischer. 4. Guttenberg macht gute Arbeit, ob nun mit Doktortitel oder ohne. 5. Den hyperventilierenden und skandalisierenden Linksmedien glaubt man sowieso kein Wort mehr. Ich kenne einige Leute, die sagen "Wenn ich etwas in den Medien lese / höre, nehme ich zuerst einmal an, daß das genaue Gegenteil davon richtig ist. Meist liege ich damit deutlich näher an der Wahrheit." 6. Die Relationen stimmen schon lange nicht mehr, sondern es geht quasi nach Parteibuch, wer verdammt wird und wer nicht. Auch wenn immer gesagt wird, die Menschen würden schnell vergessen - sie erinnern sich sehr wohl an den Gewalttäter und Straßenkämpfer Joschka Fischer, an die K-Gruppen-Mitglieder Jürgen Trittin und Ulla Schmidt, an den Straftäter Wolfgang Thierse, den Stasi-Spitzel Gregor Gysi, etc. Dort passierte wenig bis gar nichts und ein Betrug in der Dissertation wird - nicht ganz zu Unrecht - als Kleinigkeit dagegen wahrgenommen. 7. Guttenberg hat seinen Titel zurückgegeben bzw. er wurde ihn auf eigenen Wunsch wieder entzogen. Nun ist es aber auch gut. 8. Bei vielen normalen Arbeitnehmern würde sowas wohl ebenfalls für einen Skandal sorgen, aber die wenigsten würden deswegen wohl ihren Job verlieren. Höchstens dann, wenn die Promotion Einstellungsvoraussetzung war.
Und ja, trotz eigenen akademischen Titels stimme ich Teilen der obigen Argumentation durchaus zu und bin der Meinung, daß KTzG nicht zurücktreten, sondern sein Amt behalten sollte.
Sie werden mit kleineren Gruppen nicht die zweifelhafte Notengebung beseitigen können. Im Gegenteil, es ist nur menschlich, je besser ein Prof. seinen Prüfling kennt umso schwer fällt es ihm, schlechte Noten zu geben. An anderer Stelle stellte ich eine Link zu Noten an einer philosophischen Fakultät ein. Die Notengebung ist nicht mehr als ein Witz. Ebenfalls ist es so, dass bei bestimmten Fakultäten die Prüflinge mit den Profs im Vorfeld absprechen, was geprüft wird. Nicht als Ausnahme. Das ist üblich, dass die Studenten wissen, was abgefragt werden wird und bereiten sich darauf vor.
Und nun vergleichen Sie mal die Prüfungsverfahren der Geisteswissenschaftler - ich weiß nicht, wie es bei den Naturwissenschaftlern ist - mit denen der Juristen - alles anonym, keine Uni und kein Prof. hat Einfluss auf den Prüfungsstoff, kein Prüfer weiß, wessen Arbeiten er bewertet, wer Prüfer in der mündlichen Prüfung sein werden, erfahren die Studenten zwei Wochen vor den Prüfungen und es wird drauf geachtet, dass sich Prüfer und Prüfling nicht kennen können und wenn man in Verbindung stand, müssen es die Studenten angeben und sie werden einer anderen Kommission zugeteilt - und dann die Ergebnisse. Das zeigt schwarz auf weiß, dass Profs, wenn sie die Studenten kennen, es eben kein neutrales Verfahren im Sinne der Wissenschaft mehr ist, wie es sein sollte. Das ist nur menschlich. Deshalb eben haben die Juristen das Verfahren gewählt, um den Genfälligkeitsnoten und Absprachen, was geprüft wird, im Vorfeld direkt einen Riegel vorzuschieben.
Zu dem Thema Gutachten, lieber Zettel, haben Sie einen Fall im Kopfe, in dem ein Kläger ein Gutachten vorlegte, welches den Standpunkt des Beklagten unterstützte? Nehmen Sie jetzt den Fall Kachelmann, der Gutachter der Staatsanwaltschaft über das psychologische Gutachten ob Gedächtnislücken sein können sagte das Gegenteil von dem, was der der Verteidigung sagte. Nehmen Sie die Fälle vor dem BVerfG. Hatte eine Regierung jemals einen Gutachter, der etwas sagte, was nicht den Standpunkt der Regierung unterstrich oder beim Verfahrensgegner mal einen Gutachter erlebt, welche der Regierung Schützenhilfe gab. Insbesondere in diesen Verfahren vor dem BVerfG handelt es sich um Gutachten von Profs. von renommierten deutschen Universitäten. Vielleicht gab es in der Tat in der Rechtsgeschichte mal einen Deppen, welcher die Gutachter beauftragte ergebnisoffen zu untersuchen und dann vor Gericht sagte, ja auch unser Gutachter sagt, die Gegenseite hat Recht. Können wir wohl nichts machen. Schauen Sie sich das Thema Asse an, alle Gutachten widersprechen sich. Und jetzt sagen Sie, Auftragsgutachten seien sozusagen eine Verschwörungstheorie?
Das Geschäft ist eben das, wir brauchen ein Gutachten von Euch, das zum Ergebnis yx hat. Wie lange braucht ihr dafür und wie teuer wird das. So läuft das. Wir brauchen xy als Ergebnisse und die Thesen abc müssen widerlegt werden. Und gerade in politischen Verfahren wie vor dem BVerfG wird nicht gekleckert, sondern mit den renommierten Fakultäten geklotzt, um neben den Ergebnisse auch noch Namen in die Waagschale werfen zu können.
Nachtrag: Und die Profs machen das sehr gerne. Bringt es nicht nur hohe Honorare, sondern auch Renomé zu sagen, ich habe das Gutachten der Regierung in dem Verfahren z.B. um § 218 StGB vor dem Bundesverfassungsgericht gefertigt. Denn nicht jedem wir die Aufgabe zuteil, als Gutachter in heiklen Verfahren vor dem BVerfG auftreten zu dürfen.
Zitat von PopeyeHier ein interessanter Artikel darüber, warum der Zeitpunkt, als das Bild der Erde als Kugel sich durchsetzte, ständig viel zu spät vermutet wird:
Vielen Dank! So genau hatte ich das nicht gewußt, aber daß in der Antike die Kugelform der Erde allgemein bekannt war, liegt ja auf der Hand. Man konnte das zum Beispiel aus den Mondfinsternissen ableiten. Schon Aristoteles hatte da gar keine Zweifel mehr. Und Eratosthenes hat ja sogar den Umfang der Erde gemessen; auf eine geniale Art und mit unglaublicher Genauigkeit.
Kosmas war ein ungebildeter Theologe; Arno Schmidt hat ihm in "Kosmas, oder vom Berge des Nordens" ein verdientes Denkmal gesetzt. Aber Schmidt macht eben auch deutlich, wie in der Spätantike dieser Obskurantismus einsetzte.
Ich erwähne in diesem Zusammenhang immer gern die Ebstorfer Weltkarte; auch dort erscheint die Welt flach. Man darf halt nicht vergessen, daß die Gebildeten immer informiert gewesen sind; daß es aber auch im Mittelalter Leute gab wie diese Wissenschaftskritiker im Science Blog, die Sie zitieren.
Leute, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben, aber umso lauter dröhnen.
Zitat von hoegi1973Und ja, [ich] stimme [...] Teilen der obigen Argumentation durchaus zu und bin der Meinung, daß KTzG nicht zurücktreten, sondern sein Amt behalten sollte.
Ein paar Anmerkungen. Sie sagen, dass es in den USA und Frankreich anders ist, aber gerade in der USA sind z.B. die angesprochenen Esoterikbewegungen meist beheimatet, wird z.T. im Biologieunterricht Religionsunterricht statt wissenschaftlicher Biologie erteilt und da sitzt auch der Kern der Anti-Treibhaus-Bewegung (Climategate), die ja das aktuelle Beispiel gegen angeblich interessengebundene (Mainstream-)Wissenschaft sind. Wie passen also Ihr Ländervergleich und Ihre explizite Deutschlandkritik zusammen?
Dazu kommt, dass z.B. in Frankreich Doktortitel irrelevant sind und daher kaum ein nativer Franzose sowas macht. Dort zählt die Hochschule, am besten ein Grande Ecole, auf dem einer war und den Abschluss gemacht hat. Entsprechend ist ein Schummeln beim Abschluss, der fast ausschließlich einem die Stellung im Land ermöglicht, sehr relevant. Hingegen ein Schummeln bei einem überflüssigen Titel, was der Doktortitel bei Guttenberg auch ist, dazu bräuchte es erstmal Beispiele aus entsprechenden Ländern, um diese allgemeine Aussage zu belegen.
In den USA ist es, meine ich so, dass die Betreuer von unterschiedlichen Universitäten kommen und da dort sehr viel mehr noch als in Deutschland der Ruf der Uni ein wesentliches Kriterium ist, wird wohl weniger Gefälligkeit praktiziert werden. Da kann ich mich aber auch irren jetzt. Und in Italien war es zumindest bei bestimmten Studiengängen so, dass man mit Abschluss auch gleich den "Doktortitel" hatte. Zumindest wurde mir das so berichtet von einem Bekannter, der deshalb seinen Abschluss in Italien machte bzw. mir sagte, dass er es deshalb mache. Alles unter dem Vorbehalt, wurde mir nur so berichtet. Das werden andere hier besser wissen.
Zitat von ZettelWenn viele in der Wissenschaft tricksen und täuschen - was soll man es da einem Guttenberg vorhalten, daß er mit den Wölfen tanzt? So dürften viele denken.
Zitat von Zeit Beim Nachlesen einer Passage, die Karl-Theodor zu Guttenberg weitgehend von dem Innsbrucker Dreifach-Doktor und Universitätsprofessor Waldemar Hummer abgeschrieben haben soll, fiel ihm auf, dass dieser offenbar selbst bei einem anderen abgekupfert hat. Abgekupfert – aber wer von wem?
Sicherlich ist es möglich, dass diese deutsche Nonchalance mit Guttenbergs Verfehlungen mit einem unzureichenden Verständnis der Wissenschaft zusammenhängt. Aber es sind sicherlich dutzende weitere Theorien denkbar.
Guttenberg profitiert auch von der Unterstützung der BILD-Zeitung. Diese hat zumindest teilweise die Macht Politiker zu stürzen, als auch wie im vorliegenden Fall zu stützen. Weitere Unterstützung erhält Guttenberg auch von seinen Parteikollegen, zumal diese wahrscheinlich Befürchten, dass ein öffentliches Schuldeingeständnis dem politischen Gegner wohl nur noch weiteren Auftrieb gibt. Und in diesem Jahr gibt es eine ganze Reihe von Landtagswahlen. Und solange er in den eigenen Reihen gestützt wird, geraten viele Kritiker unter den Verdacht eine versteckte Aganda zu besitzen, welche vor allem politischer Natur ist. In diesem Sinne hat es die sicherlich berechtigte Kritik schwerer wirklich Gehör zu finden. Hinzu kommt, dass es sich "nur" um ein moralischen Betrug handelt, der keine juristische Konsequenzen hat.
In den Sinn kommt mir auch die Idee, dass die Deutschen hinsichtlich der Befolgung von Normen und Werten auch nicht mehr so strikt sind wie einst. Der Kalauer Stalins wonach eine Revolution in Deutschland scheitere, weil die Deutschen den Rasen nicht betreten könnten, ist auch älteren Datums. Dementsprechend wird Guttenbergs Verfehlung von einigen als Kavaliersdelikt interpretiert. Neben den kulturellen Umbrüchen der 60er und 70er, könnte auch die schiere Vielzahl von Gesetzen eine Rolle gespielt haben hinsichtlich des Unrechtsbewußtseins. Wobei ich den kulturellen Umbrüchen sicherlich mehr Einfluß zuschreibe, zumal die Liberalisierung eben auch einen Relativismus mitsich brachte. Und das mitunter auch mit Unterstützung von wissenschaftlicher Seite, man danke da nur an Foucault und seine Anhänger. Und vor den Postmodernisten gab es schon Nietzsche und die im Artikel erwähnten Marxisten. Wobei Isaiah Berlin schon die Romantiker im Verdacht hatte, den Glauben an die objektive Wahrheit zu unterminieren ("Die Wurzeln der Aufklärung").
Und nüchtern betrachtet ist der bisherige Verlauf der Guttenberg-Affäre auch wenig überraschend. Vielleicht gibt die Kulturstiftung Pro Europa für den Verzicht auf den Doktortitel ja auch einen Preis für Zivilcourage an den Karl Theodor.
Zitat von hoegi1973Und ja, trotz eigenen akademischen Titels stimme ich Teilen der obigen Argumentation durchaus zu und bin der Meinung, daß KTzG nicht zurücktreten, sondern sein Amt behalten sollte.
Ich bin, lieber hoegi1973, bekanntlich der Meinung, daß er zurücktreten sollte.
Sollte, nämlich wenn er ein Ehrenmann wäre. Dann allerdings hätte er sich zum Betrug bekannt und die Konsequenzen gezogen. Jetzt wird man ihn nur mit größter Kraft von dem Stuhl runterkriegen, auf dem er hockt wie festgenagelt.
Stattdessen hat er eine erbärmliche Show abgezogen; keinem kleinen Ganoven würde man eine so abenteuerliche Theorie abnehmen wie die, daß er dutzendfach plagiiert hat, ohne es zu merken.
Das Plagiat mag man entschuldigen, diese dreiste Lüge nicht.
Und wenn jemand derart schamlos lügt, dann darf er kein Amt haben, in dem er Verantwortung trägt. Er hat im Fall Kundus zwei honorige Männer schäbig behandelt, um sich selbst zu exkulpieren. Er hat den Kapitän der Gorch Fock schäbig behandelt. Dieser Tartuffe wird immer nur sein eigenes Interesse sehen und ihnen andere Menschen rücksichtslos opfern.
Manchmal gibt es eben den Augenblick der Wahrheit, in dem ein Mensch zeigt, wie er wirklich ist.
In dem Text ging es aber nicht um Schummelmöglichkeiten, die dort sicher auch vorhanden sind (in der Öffentlichkeit werden immer wieder mal amerikanische Eliteunis mit ihren Studenten von reichen Politikern und anderen Prominenten durch den Kakao gezogen), sondern um die Reaktion und Meinung der Öffentlichkeit und ob jemand, wie Guttenberg im Amt bleiben kann. Bei Clinton hat Meineid und Justizbehinderung nicht gereicht, aber die Republikaner haben ein ziemliches Radau veranstaltet und waren nah dran. Vergleichbar?
Zitat von ZettelWir leben aber nicht in einer korrupten Bananenrepublik. Auch nicht, was die Wissenschaft angeht. Warum denken das aber nicht nur diejenigen, die Wissenschaft nie selbst erlebt haben?
Zitat von Berner Zeitung Die London School of Economics (LSE) hat von Ghadhafis Sohn Saif al-Islam Geld angenommen. Und ihm den Doktortitel verliehen. Er hat einen Doktortitel von der Universität erhalten, nachdem er sich auf 428 Seiten Gedanken darüber gemacht hatte, "wie man fairere und demokratischere Institutionen weltweiter Regierungsarbeit schaffen" könnte. Insgesamt 1,5 Millionen Pfund hatte Ghadhafi der LSE versprochen. Die 'letzte Kugel' trifft Londons Elite-Hochschule
Zitat von PopeyeHier ein interessanter Artikel darüber, warum der Zeitpunkt, als das Bild der Erde als Kugel sich durchsetzte, ständig viel zu spät vermutet wird:
"ständig viel zu spät" - hier liegt der Schwachpunkt des Artikels: wer genau vermutet das? Die Tochter des Autors Reinhard Krüger behauptete Mitte der 90er-Jahre, es stehe so in ihrem Schulbuch. Prima Beleg!
Da kann ich doch auch in einem populären Bildband über die Geschichte der Kartographie nachsehen: G. Sammet, Der vermessene Planet, Hamburg 1990. Dort steht auf S. 84 über die mittelalterlichen mappae mundi: "Manchmal kehren diese sogar zu der Vorstellung von der Erde als Scheibe zurück." Manchmal! Sogar! Sachbuchleser des Jahres 1990 wussten also schon, daß die Auffassung von der Kugelgestalt im MA die übliche gewesen ist: keine Rede mehr von einem "völlig falschen Selbstverständnis der Gegenwart", von einer unzulässigen "Aufwertung des Jetzt", wie Krüger fabuliert.
Zitat Ich erwähne in diesem Zusammenhang immer gern die Ebstorfer Weltkarte; auch dort erscheint die Welt flach.
Auch die Ebstorfer Weltkarte taugt nicht als Beleg für die Vorstellung einer scheibenförmigen Erde. Es ist ein Darstellungsproblem: Wie die Länder auf einer kugelförmigen Erde zweidimensional darstellen? So gesehen ist mein alter Schulatlas ein "Beleg" dafür, dass man sich im 20. Jh. die Erde als rechteckige Platte vorgestellt habe ;-)
Mit der Ebstorfer Weltkarte ist die Londoner Psalterkarte verwandt. Groß ist eine scheinbar flache Erde darstellt; darüber Christus, der in seiner Hand die kugelförmige Erdkugel hält, erkennbar an dem T.
Wie gesagt: Das Lügen ist ein grundsätzliches Politikerproblem. Auch das schäbige Behandeln von Untergebenen ist durchaus kein Alleinstellungsmerkmal, sondern - meinem Eindruck nach jedenfalls - ein grundsätzlicher Charakterzug von Politikern, auch und besonders im Verteidungsministerium, vielleicht unter anderem auch begründet in der uneingeschränkten Loyalität der Bundeswehr gegenüber dem in Friedenszeiten obersten Dienstherrn Verteidigungsminister. Legendär ist da der Fall des Generals Günzel und seines Rauswurfs durch den damaligen Minister Peter Struck (worauf Struck übrigens auch heute noch stolz ist und auch darauf, diese Entscheidung "aus dem Bauch heraus" getroffen zu haben).
Wenn man meint, daß ein Lügner kein Amt haben dürfe, dann müßten sämtliche Politiker auf der Stelle zurücktreten, zumindest die auf Bundes- und Landesebene - auf kommunaler Ebene mag es noch vereinzelt ehrliche Charaktere geben (deswegen sind sie ja auch nur im kommunalen Bereich tätig).
Zitat von hoegi1973Wenn man meint, daß ein Lügner kein Amt haben dürfe, dann müßten sämtliche Politiker auf der Stelle zurücktreten, zumindest die auf Bundes- und Landesebene - auf kommunaler Ebene mag es noch vereinzelt ehrliche Charaktere geben (deswegen sind sie ja auch nur im kommunalen Bereich tätig).
Zitat Die Tochter des Autors Reinhard Krüger behauptete Mitte der 90er-Jahre, es stehe so in ihrem Schulbuch. Prima Beleg!
Die scheibenförmige Erde behauptete noch vor zwei Jahren die Neubearbeitung des Geschichtsbuches "Zeiten und Menschen", Ausgabe NRW, Neubearbeitung für G8, Bd. 2 (Schöningh-Verlag). Erst auf Intervention von Geschichtslehrern, darunter meine Wenigkeit, wurde dies korrigiert. In einer Reihe von Geschichtsbüchern habe ich diese falsche Darstellung gefunden.
Andererseits hat auch nicht Rudi Simek, den zu hören ich das Vergnügen hatte, die Tatsache, dass man im Mittelalter von der Kugelgestalt wusste, entdeckt; er hat es v.a. aufgearbeitet und populärwissenschaftlich dargestellt. Aber im allgemeinen Bewusstsein ist das bis huete nicht angekommen.
Zitat von hoegi1973Wenn man meint, daß ein Lügner kein Amt haben dürfe, dann müßten sämtliche Politiker auf der Stelle zurücktreten, zumindest die auf Bundes- und Landesebene - auf kommunaler Ebene mag es noch vereinzelt ehrliche Charaktere geben (deswegen sind sie ja auch nur im kommunalen Bereich tätig).
Ich kenne, lieber hoegi1973, kein Beispiel, daß jemand so dreist das Offensichtliche abgestritten hätte, wie das Guttenberg getan hat, und auch noch vor dem Bundestag.
Vielleicht ist mir das eine oder ander nicht gegenwärtig, dann helfen Sie mir bitte, oder andere.
Ich stellt mir immer vor, ein Student, den ich beim umfangreichen Plagiieren erwischt hätte, wäre mir mit "Überblick verloren" gekommen. Ich hätte den Betreffenden dreikant aus dem Zimmer geworfen. Nicht wegen des Plagiats, sondern wegen der Unverfrorenheit, mich für dumm verkaufen zu wollen.
Zitat von ZettelVielleicht ist mir das eine oder ander nicht gegenwärtig, dann helfen Sie mir bitte, oder andere.
Das tun wir hier quasi ununterbrochen. Also noch mal, Fischer? Was war mit Schäuble und der Spende etc. Wieso sagen Sie immer wieder, das sei beispiellos, obwohl Sie noch gestern(?) einräumten, Sie hätten Fischer vergessen und das sei vergleichbar.
Zitat von GansguoterAndererseits hat auch nicht Rudi Simek, den zu hören ich das Vergnügen hatte, die Tatsache, dass man im Mittelalter von der Kugelgestalt wusste, entdeckt; er hat es v.a. aufgearbeitet und populärwissenschaftlich dargestellt. Aber im allgemeinen Bewusstsein ist das bis huete nicht angekommen.
Daß die Gelehrten sich darüber im Klaren waren, erscheint mir so trivial, daß ich mir nicht vorstellen kann, daß dieses Wissen jemals verloren gegangen war.
Ich habe schon den Beleg durch die Mondfinsternisse erwähnt. Eratosthenes hat sich den Umstand zunutze gemacht, daß die Sonne an einem bestimmten Tag nur auf einer einzigen geographischen Breite am Mittag genau im Zenith steht. Es gab noch andere Beweise, die ich aber nachsehen müßte.
Dagegen war es irrig, als Beweis gelten zu lassen, daß man von einem Schiff am Horizont nur noch die Masten sieht. Hätte man das, wie Eratosthenes es richtig mit den Brunnen getan hat, zur Triangulation verwendet, dann hätte man einen lächerlich kleinen Erdumfang herausbekommen.
Aber das waren eben die Gelehrten. Daß die Kugelgestalt der Erde im MA allgemein bekannt war, halt ich eher für unwahrscheinlich.
Deshalb bin ich auch nicht sicher, daß die Ebstorfer Weltkarte als Planprojektion einer Kugeloberfläche gedacht war. Es ist die naive Weltsicht eines Frommen, für den Jerusalem in der Mitte der Welt liegt und der - wenn ich mich recht erinnere, ich habe sie mir einmal angesehen - Celle ganz groß eingezeichnet hat. Kann auch sein, daß es Ebstorf selbst ist.
Und der einzige, der sich traute, dies zu thematisieren als ausgerechnet derjenige, der 100.000 DM "verloren" hat, FM werden sollte war jemand aus dem Ausland:
Zitat von ZettelDie Causa Guttenberg wirft insofern ein Licht auf die Art, wie Wissenschaft im heutigen Deutschland von Außenstehenden wahrgenommen wird. Diese Wahrnehmung ist das Ergebnis von vierzig Jahren einer Entwicklung, die mit marxistischer Kritik an der "bürgerlichen Wissenschaft" begann und die dann in eine feministisch-ökologistisch geprägte Kritik [...] überging.
Nun, Bundesbildungsministerin Annette Schavan dürfte wohl kaum in der marxistisch-feministisch-ökologistischen Tradition stehen. Welcher Entwicklung ist dann ihre Sicht auf die Dinge zu verdanken?
Zitat von Lepsius "Wenn sie [Bundesbildungsministerin Annette Schavan] sagt, es sei egal, ob und wie jemand promoviere, vergrößert das den Skandal. Man kann nur entsetzt sein."
Zitat von ZettelVielleicht ist mir das eine oder ander nicht gegenwärtig, dann helfen Sie mir bitte, oder andere.
Das tun wir hier quasi ununterbrochen. Also noch mal, Fischer? Was war mit Schäuble und der Spende etc. Wieso sagen Sie immer wieder, das sei beispiellos, obwohl Sie noch gestern(?) einräumten, Sie hätten Fischer vergessen und das sei vergleichbar.
Weil ich vergessen hatte, daß ich Fischer vergessen hatte.
Aber im Ernst: Ein solches Affentheater hat Fischer nicht veranstaltet. Meines Wissens hat er nicht einmal geleugnet, daß er der Mann auf den Fotos war.
Bei ihm war das Schlimme, daß er so etwas überhaupt gemacht hat; das hat ihn zum Minister disqualifiziert. Aber eine solche Lügnerei wie Guttenberg hat er nach meiner Erinnerung nicht veranstaltet.
Strauß mußte wegen eines einzigen Satzes vor dem Bundestag gehen, der gelogen war: Er habe mit der Aktion gegen den Spiegel "nichts, im Wortsinn nichts" zu tun gehabt.
Jenniger mußte gehen, nur weil er sich in einer gutgemeinten Rede ungeschickt ausgedrückt hatte.
Möllemann ging, weil er das Produkt eines angeheirateten Vetters auf dem Briefbogen des Ministeriums empfohlen hatte.
Lothar Späth mußte zurücktreten, weil er sich, wenn ich mich recht erinnere, von einem befreundeten Industriellen privat zu einem Luxusurlaub hatte einladen lassen.
Der Bundespräsident Gerstenmaier mußte zurücktreten, weil er Wiedergutmachungsleistungen für seine Verfolgung durch die Nazis angenommen hatte, die ihm nach Ansicht seiner Kritiker nicht zugestanden hätten. Sie standen ihm aber zu.
Guttenberg hat jetzt den Briefbogen seines Ministeriums benutzt, um den Brief an die Uni Bayreuth zu schreiben. Nach den Maßstäben, die man an Möllemann angelegt hat, wäre allein das ein Rücktrittsgrund gewesen.
Also ich bleibe vorerst dabei: Einen so dreisten Lügner als Bundesminister hatten wir noch nicht. Und noch nie konnte jemand nach einer so schwerwiegende Verfehlung im Amt bleiben.
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