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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 33 Antworten
und wurde 3.160 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.02.2011 19:11
Häberle über Guttenberg Antworten

Häberle hatte sich, wie er selbst jetzt einsieht, vorschnell geäußert.

Ich kann das sehr gut nachvollziehen. Ein derartiges Maß an Dreistigkeit, wie Guttenberg es gezeigt hat, traut man einfach einem Menschen nicht zu. "Frechheit siegt", sagt der Volksmund.

Immer wieder kommen Betrüger mit dem Enkeltrick, mit dem Trick, sie müßten mal eben schnell etwas aufschreiben, sie müßten Geld wechseln usw. durch.

Das kann im Grunde auch nicht anders sein.

Wenn wir alle in jedem, der uns um einen Gefallen bittet, einen Betrüger sehen würden, dann wäre das Leben entsetzlich.

Wenn jeder Professor jeden seiner Doktoranden als einen potentiellen Betrüger sehen würde, dann kann man die Wissenschaft gleich sein lassen; die Wissenschaft, die auf Anstand und Ehrlichkeit basiert.

Hier die Stellungnahme von Prof. Peter Häberle.



Was in aller Welt motiviert die Kanzlerin, an diesem Betrüger festzuhalten? An diesem Mann, der eine Schande für unser Land ist, für das Bundeskabinett, für seine Partei?

notquite Offline



Beiträge: 506

28.02.2011 19:44
#2 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Er hätte wohl besser geschwiegen.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.095

28.02.2011 20:34
#3 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Zitat von Zettel
Was in aller Welt motiviert die Kanzlerin, an diesem Betrüger festzuhalten? An diesem Mann, der eine Schande für unser Land ist, für das Bundeskabinett, für seine Partei?


Ist das wirklich eine ernstgemeinte Frage? Wie wäre es mit dem ganz einfachen Ansatz, dass Frau Merkel sich wie üblich nach den Umfragen richtet und nach nichts sonst?

--
Margot Käßmann erhält für ihren Rücktritt nach einer betrunkenen Autofahrt den Europäischen Kulturpreis für Zivilcourage. - Der Spiegel, nicht am 1. April

Dagny Offline



Beiträge: 1.096

28.02.2011 20:35
#4 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Zettel, ich denke Sie verzetteln sich. Zu Guttenberg hat wohl Machiavelli gelesen (und wichtiger: verstanden) und wird nicht zurücktreten. Die Luft wird nicht dünner, schliessen Sie bitte nicht von uns Akademikern auf #den Wähler#.

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.255

28.02.2011 20:56
#5 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Zitat von Gorgasal
Wie wäre es mit dem ganz einfachen Ansatz, dass Frau Merkel sich wie üblich nach den Umfragen richtet und nach nichts sonst?

Zustimmung! Frau Merkel verhält sich so, wie sie sich in den letzten Jahren stets verhalten hat. Da sie ein Machtmensch ist, was Zettel bisher an ihr bewundert hat (ich mag die entsprechenden Stellen im Blog jetzt nicht raussuchen), wird sie wohl solange zu KTG halten, wie es ihr nutzt.

Sollte die Stimmung kippen, dürfen wir Zeugen ihrer Entschlussfreude sein.
 

Mit freundlichem Gruß

--
„Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ – sagt Ingeborg Bachmann

Stefanie Offline



Beiträge: 606

28.02.2011 22:11
#6 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Wie war das mit dem letzten Artikel über zu Guttenberg....mein lieber Scholli, Sie haben sich aber verbissen. :-)

Edit: Mein folgender Kommentar sollte zeigen, dass sich da wohl richtige Fronten auftun, bei denen auf beiden Seiten die Emotionen hochkochen. Das wollte ich getrennt halten, weil da ja schon ein qualitativer Unterschied vorliegt, wenn die eine Seite anfängt aggressiv zu werden. Aber wie unten geschrieben, ich weiß nicht, ob das repräsentativ ist.

Stefanie Offline



Beiträge: 606

28.02.2011 22:22
#7 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Ich war eben in einem Imbiss. Da war an allen Tischen zu Guttenberg Thema. Und zwar über die Tische hinweg sprachen offensichtlich Fremde miteinander über zu Guttenberg. Alle bestätigten sich darin, dass zu viele Politiker eh bereits Dreck am Stecken hätten und viel interessanter, da es sich nach meiner Einschätzung eher um Nicht-Akademiker handelte, dass es eine Lachnummer sei, dass die "Professoren" jetzt so tun, als sei "der Betrüger" dran schuld, dass sie zu faul zum prüfen waren oder alternativ, mit zu Guttenberg gekungelt hätten und ihn nun fallen ließen. Hier wird ja immer behauptet, die allgemeine Bevölkerung würde das alles nicht verstehen. Die wussten aber alle sehr gut, was ein summa cum laude ist und dass dies für eine abgeschrieben Arbeit vergeben wurde und fanden es derb daneben, dass die Uni nun so tut, als sei sie unschuldig. Es ging dann weiter, Prof. seien ebenso korrupt wie die Politiker. Ich habe drei Kreuze geschlagen, dass Zettel nicht da war. Er wäre mit Fritten und Currywurst beworfen worden. War richtig ein bisschen aggressiv die Stimmung. Kann mir nun bildlich vorstellen, wie Wutbürger aussehen.

Ich schnappte mir dann den Spiegel - ja, der liegt da immer - und las den zu Guttenberg Artikel und wurde dabei immer wieder angequatscht, dass es unmöglich sei, wie man zu Guttenberg absägen wolle. Wenn in solcher Stimmung die Kanzlerin den entlassen sollte, sind die alle ernsthaft sauer und ich kann mir gut vorstellen, dass Merkel auf der Straße ein Ei treffen könnte, falls mein Erlebnis repräsentativ gewesen sein sollte. War sensationell wie in diesem Imbiss die Leute abgingen. So etwas habe ich in Deutschland noch nie erlebt. Will nichts heißen, bin nicht oft in Imbissen. Dennoch, das war schon ein bemerkenswertes Erlebnis.

FAB. Offline



Beiträge: 523

28.02.2011 23:18
#8 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Zitat von Zettel
Wenn wir alle in jedem, der uns um einen Gefallen bittet, einen Betrüger sehen würden, dann wäre das Leben entsetzlich.


Wohl wahr. Apropos Gefallen - etwas, das ich mich die ganze Zeit nebenbei gefragt habe, nämlich, wieso jemand, der nach der PO, um überhaupt zur Promotion zugelassen zu werden, ja eigentlich zunächst mal ein sehr gutes Examensergebnis erzielt, also bereits deutlich überdurchschnittliche Leistungsfähigkeit bewiesen haben muß, es dann nötig haben sollte, so zu mogeln, wird jetzt hier etwas beleuchtet.

____________________________________________________
"I want my republic back!"

Stefanie Offline



Beiträge: 606

28.02.2011 23:19
#9 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Lieber Zettel,

nicht wenige Hochschulprofs - darunter auch einige aus Bayreuth - sehen das etwas anders als Sie es hier vertreten - das nichts vorlege, für was man die Uni kritisieren könne, weil noch keine hinreichenden Fakten bekannt sein - und haben deshalb scharfe Worte auch gegen die Uni Bayreuth gefunden. Ich finde diese Initiative sehr wichtig, um so versuchen, nachhaltigen Schaden für den Ruf der Universitäten abzuwenden und Frust auch bei den Studenten und Doktoranden, die sich zu recht veräppelt fühlen durch die Bewertung von zu Guttenbergs Arbeit. :

Die unterzeichnenden Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer haben mit Sorge zur Kenntnis
genommen, dass die Universität Bayreuth die Aberkennung des Doktorgrades von Herrn zu Guttenberg nicht mit
vorsätzlicher Täuschung begründet hat. Dabei sieht die Promotionsordnung der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen
Fakultät der Universität Bayreuth (*) als einzige Möglichkeit für die Aberkennung einer
Promotion nach deren Bestehen den Nachweis einer Täuschungsabsicht vor (§ 16, Abs. (1) und (2)) und
unterstreicht dies, indem in Absatz (3) explizit gesagt wird, dass ein späterer Nachweis von nicht erbrachter
Leistung, bei der keine Täuschungsabsicht erkennbar ist, nicht zur Aberkennung des Titels führen kann. Die
Promotionsordnungen anderer Fächer und an anderen Universitäten lauten ähnlich.
Die Universität Bayreuth begründet ihr Vorgehen (für das sie sich statt auf die Promotionsordnung auf
Artikel 48 des Verwaltungsverfahrensgesetzes beruft) mit dem Verstoss gegen wissenschaftliche Pflichten in
erheblichem Umfang durch Herrn zu Guttenberg. Sie lässt die Frage eines möglichen Täuschungsvorsatzes
dahingestellt. Inzwischen soll die Frage im Rahmen einer Kommission "Selbstkontrolle der Wissenschaft" in
größerem Rahmen weiter geprüft werden, die Universität weist aber darauf hin, dass dies lange dauern kann.
Wir sind überrascht, dass die Klärung der Täuschungsfrage im vorliegenden Fall nicht innerhalb weniger
Tage erfolgen kann. Es ist klar, dass an sehr vielen Stellen seitenlang geistiges Eigentum anderer verwendet
wird, ohne dass ordnungsgemäß zitiert wird, und dass dies teilweise (und ebenfalls in vielen Fällen) mit dem
Austausch einiger Worte kombiniert wird. Es fällt bei dieser Sachlage, die nicht in Einklang mit der auch von zu
Guttenberg gegebenen Eigenständigkeitserklärung steht, keine als die angegebenen Quellen benutzt zu haben,
schwer, nicht an eine umfängliche vorsätzliche Täuschung zu glauben.
Wir melden uns zu Wort, weil wir großen Wert darauf legen, dass unsere Studierenden sowie
Doktorandinnen und Doktoranden den Rahmen, in welchem wissenschaftlich gearbeitet wird, kennen. Wenn
Mängel wie die der zu Guttenbergschen Arbeit lediglich handwerkliche Fehler darstellen sollen, sehen wir die
Gefahr, dass die bewährten Standards wissenschaftlicher Arbeit verkommen. Deshalb ist es wichtig, dass mit
dem Fall zu Guttenberg kein negativer Präzedenzfall geschaffen wird.
Darüber hinaus bringen wir unser Befremden darüber zum Ausdruck, dass führende Politiker - an der Spitze
die Bundeskanzlerin - Wissenschaft und wissenschaftlicher Redlichkeit insgesamt den Stellenwert von
Nebensächlichkeiten geben. Die Aufspaltung einer Persönlichkeit in einen gesellschaftlich irrelevanten
wissenschaftlichen Teil und einen relevanten politischen Teil ist nicht akzeptabel. Ein solches Schubladendenken
ist einer modernen Gesellschaft, deren Reichtum, sowohl kultureller wie materieller, in hohem Maße auf
Wissenschaft beruht, unwürdig und könnte gefährlichen Entwicklungen den Weg bereiten.
*)http://www.uni-bayreuth.de/universitaet/...2010-058-kF.pdf

http://www.hausdorff-research-institute..../Erklaerung.pdf

Edit: "ca. 1000" vor Hochschulprofs raugenommen,da ich nicht weiß, wer von den Unterstützern auch zeichnen kann:

http://www.sueddeutsche.de/karriere/wiss...orbei-1.1066160

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

28.02.2011 23:24
#10 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Zitat von Stefanie
Ich war eben in einem Imbiss...

(lediglich aus Platzgründen abgekürzt)

Liebe Stefanie ... großes Kino! Danke! So erlebt jeder halt irgendwie die Reaktionen unterschiedlich. Meine eigenen Eltern haben diese KTzG-Geschichte auch als Hetzjagd eingestuft (während ich z.B. auf Zettel-Linie bin), meine Kollegen äußern sich geteilt negativ, während meine Ex-Chefin KT quasi den Harakiri empfohlen hat. So unterschiedlich ist das. Aber in einer Kneipe (oder Imbiss) war ich in letzter Zeit nicht. Danke für ihre Scholl-Latoursche Frontbeobachtung!

Beste Grüße, Calimero

----------------------------------------------------
Wir sind alle gemacht aus Schwächen und Fehlern; darum sei erstes Naturgesetz, dass wir uns wechselseitig unsere Dummheiten verzeihen. - Voltaire

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.03.2011 01:51
#11 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Zitat von Calimero

Zitat von Stefanie
Ich war eben in einem Imbiss...

(lediglich aus Platzgründen abgekürzt)

Liebe Stefanie ... großes Kino! Danke! So erlebt jeder halt irgendwie die Reaktionen unterschiedlich. Meine eigenen Eltern haben diese KTzG-Geschichte auch als Hetzjagd eingestuft (während ich z.B. auf Zettel-Linie bin), meine Kollegen äußern sich geteilt negativ, während meine Ex-Chefin KT quasi den Harakiri empfohlen hat. So unterschiedlich ist das. Aber in einer Kneipe (oder Imbiss) war ich in letzter Zeit nicht. Danke für ihre Scholl-Latoursche Frontbeobachtung!


Dem schließe ich mich an. Ich fand das auch sehr instruktiv, was Stefanie beobachtet hat.

Liebe Stefanie, mir macht Ihre Schilderung den Eindruck, daß da ein kräftiges Ressentiment gegen "die da oben" im Spiel ist.

Nur warum wird Guttenberg nicht auch zu "denen da oben" gezählt, dieser Millionär, Adlige, Erfolgsmensch? Das ist eine spannende psychologische Frage.

Ich hatte ja einmal etwas zur kognitiven Dissonanz geschrieben. Man hat Guttenberg geschätzt, ja verehrt. Endlich ein ehrlicher Mann im Sumpf der Politik. Nun hat er sich als der Unehrlichste von allen erwiesen.

Das einzusehen wäre schmerzhaft. Also verschiebt sich die Ablehnung von ihm auf die Uni Bayreuth, auf "die Politiker" usw. Das sind ja schließlich alles "die da oben".

Und unseren Gutti dürfen wir unbeschädigt behalten.

Die "Bild"-Zeitung hat Leute mit einem ausgezeichneten Gefühl für solche Stimmungen "im Volk". Teils macht das Blatt sie; vor allem aber erkennt man sie und gibt sie verstärkt zurück. Ich habe die Titelgeschichte im "Spiegel" noch nicht gelesen; vieleicht wird das ja auch dort so beschrieben.

Herzlich, Zettel

Nachtrag: "Millionär" war eine Untertreibung. Ich habe gerade in der von Uwe Herzog in "Aktuell im Web" verlinkten Collage der FAZ gelesen, daß sein Vermögen auf eine halbe Milliarde Euro geschätzt wird.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.03.2011 02:45
#12 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Zitat von Stefanie
nicht wenige Hochschulprofs - darunter auch einige aus Bayreuth - sehen das etwas anders als Sie es hier vertreten - das nichts vorlege, für was man die Uni kritisieren könne, weil noch keine hinreichenden Fakten bekannt sein - und haben deshalb scharfe Worte auch gegen die Uni Bayreuth gefunden.

Danke für den Hinweis, liebe Stefanie. Hier kann man sich den Text ebenfalls ansehen, samt der kompletten Liste der Unterzeichner (deren Zahl offenbar schnell wächst).

Ich teile, wie Sie ja schreiben, die Meinung dieser Kollegen nicht. Eine so schwerwiegende Entscheidung wie die, daß bewußt getäuscht wurde, kann man nicht übers Knie brechen.

Erstens, weil es ja nicht darum geht, Plagiate zu finden; die kennt inzwischen jeder. Sondern weil der Nachweis geführt werden muß, daß Guttenberg lügt, wenn er behauptet, er habe nicht absichtlich plagiiert. Das ist weitaus schwieriger. Dazu muß jedes einzelne Plagiat geprüft und bewertet werden.

Zweitens hat Guttenberg das Recht, Stellung zu nehmen; und zwar zu jeder einzelnen Stelle, die aus der Sicht der Kommission ein bewußtes Plagiieren belegt. Es war die Rede davon, daß er dann, wenn seine schriftliche Stellungnahme nicht befriedigen ausfällt, auch zu einer mündlichen Anhörung geladen werden kann.

Hätte man mit der Aberkennung des Doktorgrads gewartet, bis diese Prüfung abgeschlossen ist, dann wäre man zu Recht kritisiert worden. Hätte man vom §16 Gebrauch gemacht, ohne gründlich georüft zu haben, dann wäre das pflichtwidrig gewesen.

Sie und ich, viele hier im Forum haben sich mit dem Fall eingehend befaßt. Viele von denen, die mal eben so unterschrieben haben, dürften das nicht getan haben. Ich halte überhaupt nichts von dieser Unterschreiberitis.

Das Risiko beim jetzigen Verfahren ist, daß Guttenberg die Kooperation verweigern könnte. Er hat ja nichts Positives zu erwarten, und zwingen kann ihn niemand.

Ich traue ihm das zu. Dann wird die Kommission eben ohne seine Stellungnahme entscheiden müssen.

Herzlich, Zettel

dirk Offline



Beiträge: 1.538

01.03.2011 05:04
#13 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Zitat von Zettel
Nachtrag: "Millionär" war eine Untertreibung. Ich habe gerade in der von Uwe Herzog in "Aktuell im Web" verlinkten Collage der FAZ gelesen, daß sein Vermögen auf eine halbe Milliarde Euro geschätzt wird.



Mein Gott, das macht das Ganze noch unverständlicher. Wie eitel muss er sein ?

Oder halt, nein, anders. Angesichts eines solchen Vermögens, ist schon eine kompilierte Dissertation eine große Eigenleistung. Jedenfalls verglichen mit dem, was andere in dieser Position und in seinem Umfeld machen dürften und auch angesichts der Energie, die es kosten muss, sich dazu überwinden. Man hat es ja eigentlich nicht nötig. (Mal ernsthaft: Aus intrinsischem Interesse hat er es ja nicht gemacht. )

Dazu so Sachen wie Besuch der Love Parade,auf der er seine Frau kennen lernte, der Vater Dirigent und er ACDC Fan; hmm, mich würde da auch interessieren, was ein Psychologe dazu sagt.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

01.03.2011 07:37
#14 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Zitat von Zettel
Nur warum wird Guttenberg nicht auch zu "denen da oben" gezählt, dieser Millionär, Adlige, Erfolgsmensch? Das ist eine spannende psychologische Frage.

Ich hatte ja einmal etwas zur kognitiven Dissonanz geschrieben. Man hat Guttenberg geschätzt, ja verehrt. Endlich ein ehrlicher Mann im Sumpf der Politik. Nun hat er sich als der Unehrlichste von allen erwiesen.



Lieber Zettel,

ich zweifle, dass Ehrlichkeit bei der Zustimmung für Guttenberg eine herausragende Rolle spielt. Viele Publizisten versuchen ihn nachträglich auf dieses Podest zu stellen, weil klar ist, dass er von diesem Podest heruntergeplumpst ist. Und 'Millionär, Adlige, Erfolgsmensch' riecht nach Hoffnung auf einen Neidreflex der in der Bevölkerung.

Die spannende psychologische Frage sollte vielleicht breiter gestellt werden. Wenn ich meine bisher oberflächliche Wahrnehmung als Maßstab nehme, dann war 'Ehrlichkeit' nie ein Kriterium in meiner Beurteilung Guttenbergs. Guttenberg scheint tatkräftig, in der politischen Szene eher ein erfrischender Außenseiter, und er ist in der Lage, dem politischen Gegner spontan und rhetorisch gut Contra zu geben. Alles das hebt ihn ein bisschen aus der grauen Masse der sich nie festlegen wollenden Politiker. Er wird in erster Linie emotional wahrgenommen, nicht so sehr rational (vermutlich nicht so ganz Ihr Fall), und reiht sich damit ein in die Reihe der Schröder und Fischer. Ich kann mir vorstellen, das viele sein 'Teflon' positiv sehen.

Gruß, Martin

Stefanie Offline



Beiträge: 606

01.03.2011 08:32
#15 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Zitat von Zettel


Liebe Stefanie, mir macht Ihre Schilderung den Eindruck, daß da ein kräftiges Ressentiment gegen "die da oben" im Spiel ist.



Lieber Zettel,

Ressentiment, so weit würde ich nicht gehen. Ich denke, die waren einfach höchst politikverdrossen. Mich hätte interessiert, wen die wählen. Wollte aber nicht fragen, denn wie sieht das aus und so wie die aufgeladen waren, hätte ich Angst gehabt, dass die ihre Energien gegeneinander richten und die Verbrüderung futsch gewesen wäre, wenn die aus unterschiedlichen politischen Spektren gekommen wäre. Hinterher wären die sich gegenseitig an die Gurgel.

Und dann fragte ich mich, was die Politiker wohl an in E-Mails etc. in solch einem aggressiven und abwertenden Ton abbekommen. Wenn diese solche Mails schreiben, wie sie da geredet haben, würde mir als Politiker Angst und Bange. Ich weiß nicht, ob die für 5 %, 20 % oder gar 30 % der Bevölkerung stehen könnten. Rückschlüsse, weil es ein gehobenes Viertel war, in dem der Imbiss stand, hätte ich für gewagt gehalten, weil das Verhalten so alles anderes als niveauvoll war. Aber vielleicht sind viele Menschen so. Ich weiß es einfach nicht.

Zitat von Zettel


Nur warum wird Guttenberg nicht auch zu "denen da oben" gezählt, dieser Millionär, Adlige, Erfolgsmensch? Das ist eine spannende psychologische Frage.

Ich hatte ja einmal etwas zur kognitiven Dissonanz geschrieben. Man hat Guttenberg geschätzt, ja verehrt. Endlich ein ehrlicher Mann im Sumpf der Politik. Nun hat er sich als der Unehrlichste von allen erwiesen.

Das einzusehen wäre schmerzhaft. Also verschiebt sich die Ablehnung von ihm auf die Uni Bayreuth, auf "die Politiker" usw. Das sind ja schließlich alles "die da oben".

Und unseren Gutti dürfen wir unbeschädigt behalten.



Das in keinem Falle. Die haben schon glasklar gesehen, dass der Mist gemacht hat. Da aber alles ein Sumpf, fanden die das unerheblich. Ich kann nur vermuten, aber ich hatte den Eindruck, dass es mehr so lief, wie lassen uns doch von denen nicht vorschreiben, wenn wir verurteilen sollen und wen nicht und gegen dieses Gefühl wurde sich innerlich mit zu Guttenberg verbrüdert. Weiß es aber nicht sicher. Reine Spekulation.

Vielleicht schließe ich da nun von mir auf andere, denn mein Problem an der Sache ist auch, dass wenn zu Guttenberg weg sein sollte, nicht plötzlich der ganze Betrieb sauber wird und vor allem, dass wir durch seinen Weggang nicht weiter zweifelhafte Promotionen durch Politiker verkörpert haben. Denn nach meinem Maßstab finde ich es weniger schlimm, gefutscht zu haben als durch eine Diss eine Diktatur zu stützen - zu unterstützen, bewusst, zielgerichtet, durch die Themenwahl. Ferner sehe ich auch, hätte das Prüfungssystem bei zu Guttenberg funktioniert, hätte der nie so eine Note bekommen dürfen und hätte darüber hinaus eigentlich auch auffliegen müssen. Für mich ist das daher auch so ein Stück weit pseudo, weil sich an den eigentlichen Problemen durch seinen Weggang eh nichts ändern würde. Ferner halt einfach der Punkt, er hat sich nichts im Amt zu schulden kommen lassen und ein Schäuble sitzt da noch. Dieses Inkonsequente stößt bei mir auf inneren Widerstand. Deshalb bin ich auch auf keiner Seite. Mir ist es einfach egal, wie das aus gehen wird.

Edit: deshalb finde ich den Fall mit der französischen Ministerin auch überhaupt nicht vergleichbar. Die Dame hat über das Politische hinaus privat Kontakt mit Menschen gepflegt, die für die Diktatur in Tunesien stehen. Sie hat billigend in Kauf genommen, dass ihre Kontakte an der Unterdrückung des Volkes beteiligt sind. Das finde ich schäbig und das ganze noch, auch wenn es privat war, durch Ausnutzung ihrer Kontakt im Amt.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.095

01.03.2011 08:43
#16 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Zitat von Martin
Und 'Millionär, Adlige, Erfolgsmensch' riecht nach Hoffnung auf einen Neidreflex der in der Bevölkerung.


Ich glaube kaum, dass Zettel diese Hoffnung hegt. Eher noch, dass er sich wundert, warum dieser Neidreflex in der aktuellen Debatte nicht eintritt, sondern zu Guttenberg offenbar als "einer von uns" im Gegensatz zu "einem von denen" wahrgenommen wird.

--
Margot Käßmann erhält für ihren Rücktritt nach einer betrunkenen Autofahrt den Europäischen Kulturpreis für Zivilcourage. - Der Spiegel, nicht am 1. April

Stefanie Offline



Beiträge: 606

01.03.2011 08:56
#17 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von Stefanie
nicht wenige Hochschulprofs - darunter auch einige aus Bayreuth - sehen das etwas anders als Sie es hier vertreten - das nichts vorlege, für was man die Uni kritisieren könne, weil noch keine hinreichenden Fakten bekannt sein - und haben deshalb scharfe Worte auch gegen die Uni Bayreuth gefunden.

Danke für den Hinweis, liebe Stefanie. Hier kann man sich den Text ebenfalls ansehen, samt der kompletten Liste der Unterzeichner (deren Zahl offenbar schnell wächst).

Ich teile, wie Sie ja schreiben, die Meinung dieser Kollegen nicht. Eine so schwerwiegende Entscheidung wie die, daß bewußt getäuscht wurde, kann man nicht übers Knie brechen.

Erstens, weil es ja nicht darum geht, Plagiate zu finden; die kennt inzwischen jeder. Sondern weil der Nachweis geführt werden muß, daß Guttenberg lügt, wenn er behauptet, er habe nicht absichtlich plagiiert. Das ist weitaus schwieriger. Dazu muß jedes einzelne Plagiat geprüft und bewertet werden.

Zweitens hat Guttenberg das Recht, Stellung zu nehmen; und zwar zu jeder einzelnen Stelle, die aus der Sicht der Kommission ein bewußtes Plagiieren belegt. Es war die Rede davon, daß er dann, wenn seine schriftliche Stellungnahme nicht befriedigen ausfällt, auch zu einer mündlichen Anhörung geladen werden kann.

Hätte man mit der Aberkennung des Doktorgrads gewartet, bis diese Prüfung abgeschlossen ist, dann wäre man zu Recht kritisiert worden. Hätte man vom §16 Gebrauch gemacht, ohne gründlich georüft zu haben, dann wäre das pflichtwidrig gewesen.

Sie und ich, viele hier im Forum haben sich mit dem Fall eingehend befaßt. Viele von denen, die mal eben so unterschrieben haben, dürften das nicht getan haben. Ich halte überhaupt nichts von dieser Unterschreiberitis.

Das Risiko beim jetzigen Verfahren ist, daß Guttenberg die Kooperation verweigern könnte. Er hat ja nichts Positives zu erwarten, und zwingen kann ihn niemand.

Ich traue ihm das zu. Dann wird die Kommission eben ohne seine Stellungnahme entscheiden müssen.

Herzlich, Zettel




Eigentlich muss immer das Gesetz angewendet werden, das spezieller ist. Auf allgemeine Gesetze ist dann zurück zugreifen, wenn es keine spezialgesetzliche Regelung gibt. Von daher weiß ich nicht, welche Krücke die nutzen, um auf ein allgemeines Gesetz zurück zu greifen und ich weiß nicht einmal, ob das hier zulässig war. Scheint aber so, weil ja von verschiedenen Seiten gesagt wurde, ist zulässig. Da es mich nicht wirklich interessiert, hatte ich auch keine Motivation es nachzuprüfen.

Angehört wurde er, man gab ihm die Chance sich innerhalb von zwei Wochen zu äußern. Sein Recht auf Gehör wurde also gewahrt. Er hat drauf verzichtete, wenn man den Presseberichten glauben kann, indem er sagte, bitte nehmt den Doktor zurück. Von daher stellt sich in der Tat die Frage, warum drückte sich die Uni hier drum herum. Dass die Uni in dieser Angelegenheit eine Menge zu vertuschen hat, ist uns allen klar. Diese Note hätte nicht vergeben werden dürfen und ist ein Skandal. Von daher finde ich es schon richtig, von den Profs., dass die sich hinstellen und die Uni in die Pflicht nehmen. Es geht schließlich darum, den Ruf der Wissenschaft und ihrer Bewertungssysteme zu retten und das können nur die Profs selbst, indem sie anprangern, dass hier was nicht richtig lief. Von daher finde ich das Prinzip, dass also nicht alles auf zu Guttenberg geschoben wird, denn der gab sich die Note nicht, absolut erforderlich, auch wenn natürlich fraglich ist, inwieweit das Ansehen so gerettet werden kann. Eine so eine Erklärung kann das sicher nicht. Ist aber ein Anfang.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.03.2011 09:18
#18 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Zitat von Stefanie
Dass die Uni in dieser Angelegenheit eine Menge zu vertuschen hat, ist uns allen klar. Diese Note hätte nicht vergeben werden dürfen und ist ein Skandal.

Mir ist das durchaus nicht klar, liebe Stefanie. Ich kann auch, wie schon geschrieben, üerhaupt nicht beurteilen, ob die Arbeit ein summa verdient gehabt hätte, wenn Guttenberg alles selbst verfaßt hätte.

Haben Sie die Arbeit gelesen? Verstehen Sie so viel vom Stand der Forschung auf diesem Gebiet, daß Sie sich ein Urteil zutrauen? Ich meine das nicht rhetorisch. Es gibt in diesem Forum zu fast allen Themen Sachverstand, der weit über meinen hinausgeht. Ich kann nur sagen, daß ich mir ein Urteil nicht zutraue.



Was das Vertuschen angeht, sehe ich das Gegenteil davon. Die Ethikkommission prüft den Vorwurf des Plagiats und wird einen Bericht vorlegen. Lepsius, der fachlich am meisten Zuständige an der Uni Bayreuth, hat sich glasklar geäußert. Wo, liebe Stefanie, sehen Sie da ein Vertuschen?

Und noch einmal: Ich sehe nicht, wie eine Kommission innerhalb weniger Tage den Nachweis hätte führen können, daß die Plagiate bewußt in die Arbeit gestellt wurden und nicht einem verlorengegangenen "Überblick" geschuldet sind.

Ich habe ja drei allgemeine Kriterien genannt - die Veränderungen in den Zitaten; der fehlende Kontext; die Notwendigkeit bei jeder wissenschaftlichen Arbeit, Zitate sofort im Ms zu kennzeichnen, um sie später bei Fußnoten und im Literaturverzeichnis berücksichtigen zu können.

Aber das ist allgemein gesprochen. Die Kommission wird sich jede einzelne Seite mit einem vermuteten Plagiat genau ansehen müssen. Dazu braucht sie Zeit; und deshalb halte ich den jetzigen Weg der Uni Bayreuth für den Vernünftigen.

Ich würde meine Meinung allerdings ändern, wenn die Arbeit der Ethikkommission nicht zu einem klaren Resultat führen sollte.

Herzlich, Zettel

Stefanie Offline



Beiträge: 606

01.03.2011 09:41
#19 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Lieber Zettel,

zum Handwerkszeug eines Juristen gehört es, dass zu aller erst die Gliederung steht. Juristen arbeiten strukturiert und in jeder Klausuren-Übung lernt man bereits, dass diese Gliederung stehen muss, bevor man losschreibt, um den roten Faden nicht zu verlieren. Meine Examensarbeit war in drei Teile zu gliedern. Beim letzten Teil habe ich zwei Tage nach Quellen gesucht, um meine Linie verteidigen zu können. Ich fand keine Quellen und musste daher meine Gliederung über Bord werfen - man nur nur wenige Wochen Zeit und nicht Monate, wie in den anderen Studiengängen mehrere Monate, so dass zwei Tage einem den Kopf kosten können. Das hat mich das Prädikat gekostet, weil alle Prüfer - ich nahm Einsicht in die Bewertung, die Arbeiten bekommt man nicht wieder, die werden beim Prüfungsamt archiviert - gemerkt haben, hier ist es nicht mehr stringent.

Es ist einfach nicht möglich, für jeden Gliederungsteil mal eben passend was im Netz zu finden. Das ist unvorstellbar und damit müssen Brüche da sein. Man kann an kleinen Stellschrauben justieren, aber es ist nichts ungewöhnliches, dass juristische Arbeiten in die Tonne gekloppt werden müssen, weil die Gliederung so nicht haltbar ist, man sich verrant hat beim erstellen. Wenn nun zu Guttenberg tatsächlich regelmäßig in Besprechungen war, hätte Häberle merken müssen, dass ständig die Gliederung umgestellt wird, weil zu Guttenberg eben was passendes im Netz fand. Es ist einfach nicht vorstellbar, dass Textstücke so ins Konzept eingefügt werden können, dass die Stringenz nicht verlustig geht.

Das ist einfach schlichtweg nicht möglich, dass hier keine Brüche festzustellen sind und wenn man das bei mir in der Examensarbeit merkte, dann gehe ich erst recht davon aus, dass man es bei Doktorarbeiten merkt, die noch einmal ein weitaus höheren wissenschaftlichen Standard zu erfüllen haben.

Selbst bei Examensklausuren kann man die Note vergessen, wenn die Gliederung Mist war. Man also losschrieb, weil es irgendwo hakte, man in Zeitnot geriet und dachte, o.k., leg los und nimm in Kauf, dass die Note nichts wird, aber besser als nichts abzugeben. Die Arbeit konnte man von vornherein vergessen. Und stellte man während einer Arbeit fest, mist, hier komme ich nicht wirklich weiter, dann rät jeder, die Banane lieber krumm zu biegen, als die Gliederung zu verlassen. Sich also was aus den Finger zu saugen, was die eigene Argumentation begründet. Denn letztlich ist dies entscheidend, dass man seine Punkte begründen kann.

Von daher, es kann einfach nicht sein, dass der eine gut strukturierte und schlüssige Arbeit vorgelegt hat, welche die Bestnote rechtfertig, wenn er immer wieder Zeitungsartikel eingefügt hat, um Lücken zu füllen.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

01.03.2011 10:59
#20 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Zitat von Martin
Guttenberg scheint tatkräftig, in der politischen Szene eher ein erfrischender Außenseiter, und er ist in der Lage, dem politischen Gegner spontan und rhetorisch gut Contra zu geben. Alles das hebt ihn ein bisschen aus der grauen Masse der sich nie festlegen wollenden Politiker


Richtig, mit Betonung auf "scheint".
Denn diese Tatkraft und diese klaren Formulierungen sind ja nur vorgetäuscht.
In der Sarrazin-Affäre und bei anderen Gelegenheiten hat sich gezeigt, daß Guttenberg völlig wetterfähnchenhaft seine Positionen ändert - immer natürlich mit deutlichen Formulierungen, als wäre sein Standpunkt in Erz gegossen.
Gegenüber dieser klaren Bereitschaft zu lügen wirken die ehrlichen Politiker, die sich nicht vorschnell festlegen, wie "graue Mäuse".

Kallias Offline




Beiträge: 2.310

01.03.2011 11:01
#21 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Zitat von Stefanie
zum Handwerkszeug eines Juristen gehört es, dass zu aller erst die Gliederung steht. (...) Es ist einfach nicht möglich, für jeden Gliederungsteil mal eben passend was im Netz zu finden. Das ist unvorstellbar und damit müssen Brüche da sein. (...) Von daher, es kann einfach nicht sein, dass der eine gut strukturierte und schlüssige Arbeit vorgelegt hat, welche die Bestnote rechtfertig, wenn er immer wieder Zeitungsartikel eingefügt hat, um Lücken zu füllen.

Sehr interessante Bemerkungen wieder einmal von Ihnen, liebe Stefanie, deren Schlußfolgerung ich aber nicht teile.

Denn nehmen wir mal an, er hätte die Zeitungsartikel etc. nicht dazu benutzt, um Lücken zu füllen.

Also etwa so: Guttenberg hat zunächst, vielleicht noch ohne Plagiatsabsichten, eine komplette Doktorarbeit verfasst, mit einer guten Gliederung, die er mit einschlägigem Material schlüssig ausfüllen konnte.

Wie er die Arbeit dann so durchsieht, denkt er sich: für "Lob", womöglich "großes Lob" reicht's, aber reicht "Lob", selbst "großes Lob" einem zu Guttenberg?

Und dann überlegt er, wie sich das Werk zu "summa" aufpolieren ließe: "Hm, reichlich viel wörtliche Zitate drin, machen wir mal eigenen Text draus; und dort, ein Haufen Quellen mit wunderschönen Formulierungen, bauen wir die mal passend ein!"

Das ist dann sicher noch ein Puzzlespiel gewesen, damit es nicht so auffällt, eben jene "mühevollste Kleinarbeit", von der Guttenberg gesprochen hat, die sich aber gelohnt hat, zumindest eine zeitlang.

So würde sich erklären:
1. wie Guttenberg es schafft, sich selbst nicht als Betrüger zu sehen: im Kern wäre es ja seine Arbeit, nur etwas "gegelt";
2. wie eine Arbeit zustande kam, die
2.1 nicht so einfach als Plagiat zu erkennen war;
2.2 mit etwas gutem Willen durchaus "summa"-würdig gewesen ist.

Nicht wahr?

Viele Grüße,
Kallias

C. Offline




Beiträge: 2.639

01.03.2011 11:17
#22 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Zitat von Zettel
Ich hatte ja einmal etwas zur kognitiven Dissonanz geschrieben. Man hat Guttenberg geschätzt, ja verehrt. Endlich ein ehrlicher Mann im Sumpf der Politik. Nun hat er sich als der Unehrlichste von allen erwiesen.



Es ist erwiesen, dass er gelogen hat, was ihn allerdings nicht zum "Unehrlichsten von allen" macht, sondern zum vielleicht ungeschicktesten Lügner von allen. Wer gewählt werden will, muss lügen, mit Ehrlichkeit vor den Wahlen kommt niemand weit.

Quelle:

Zitat von wikiquote.org
Sigmar Gabriel:"Die Wahrheit vor der Wahl - das hätten Sie wohl gerne gehabt." - zu angeblichen rot-grünen Steuererhöhungsplänen, Rheinische Post, 1. Oktober 2002



Wikiquote, Stichwort "Sigmar Gabriel", Version vom 14. Februar 2009, 21:36 Uhr, abrufbar unter http://de.wikiquote.org/wiki/Sigmar_Gabriel (Ich wollte schon immer mal ordentlich aus dem Internet zitieren )

Ein Aufzählung von Lügen in der Politik würde jedes Forum sprengen. Als Angela Merkel von "alternativlos" sprach, war das ebenso eine Lüge wie das derzeitige Gerede Gabriels vom Schaden für die Demokratie oder Thierses Geplapper vom Schaden für den Wissenschaftsstandort Deutschland.

Zitat von Zettel
Das einzusehen wäre schmerzhaft. Also verschiebt sich die Ablehnung von ihm auf die Uni Bayreuth, auf "die Politiker" usw. Das sind ja schließlich alles "die da oben".



Es gibt eine gelebte Realität, die vermuten lässt, dass es bei der "summa cum laude" Bewertung nicht mit rechten Dingen zugegangen sein kann, zumindest bei all denjenigen, die sich in ihrem Leben einer Prüfung stellen mussten. Soweit ich dem Meinungsbild meines Umfelds folgen kann, bezieht sich der Vorwurf nicht gegen die Uni Bayreuth, sondern ganz konkret auf den einmaligen Vorgang der Bewertung dieser Dissertation.

Da kann ich noch so viel Geduld bis zum Abschluss der Überprüfung einfordern, zumal ich von den Ansprüchen an Dissertationen in der Rechtswissenschaft keine Ahnung habe, es wird nichts bewirken und es mangelt mir auch an Argumenten. Die Uni Bayreuth wird zumindest in meinem Umfeld nicht als "die da oben" angesehen.

Ganz anders verhält es sich bei dem [url=http://83273.homepagemodules.de/topic-threaded.php?forum=14&threaded=1&id=3711&message=47935"politisch-medialen Komplex"[/url], der sich das Misstrauen hart erarbeitet hat und sich spätestens mit der Behandlung von "Deutschland schafft sich ab" endgültig disqualifiziert hat. Die Schwarmintelligenz des einfachen deutschen Volkes sollte nicht unterschätzt werden.

Zitat von zettel
]Und unseren Gutti dürfen wir unbeschädigt behalten.



Niemand glaubt ernsthaft, dass Guttenberg unbeschädigt ist, aber welche Möglichkeiten bleiben dem gemeinen Volk seine Verachtung gegenüber dem politisch-medialen Komplex sonst zu zeigen, der in keinster Weise lernfähig ist?

Zitat
Die "Bild"-Zeitung hat Leute mit einem ausgezeichneten Gefühl für solche Stimmungen "im Volk". Teils macht das Blatt sie; vor allem aber erkennt man sie und gibt sie verstärkt zurück. Ich habe die Titelgeschichte im "Spiegel" noch nicht gelesen; vieleicht wird das ja auch dort so beschrieben.



Ich lese die BILD erst seit ihrem Internet-Auftritt häufiger und bin keineswegs der Meinung, dass die BILD in der Lage ist Stimmungen zu machen, dafür ist umso zutreffender, dass sie sie erkennt. Der Stellenwert der BILD bei der politischen Meinungsbildung wird maßlos überschätzt, die BILD betreibt Unterhaltung zum Frühstück.

Der Spiegel-Artikel zur BILD ist lächerlich, das Interview mit Kai Diekmann eingeschlossen, das Titebild mit Unterschrift "Die Brandstifter" halte ich für einen katastrophalen Ausrutscher, der in die Richtung geht: Wir liefern die Streichhölzer, das Springer-Hochhaus, müsst ihr schon selber anzünden.

http://www.iceagenow.com/ Cooling is the New Warming

Nobby Offline



Beiträge: 110

01.03.2011 11:20
#23 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Alle Spekulationen dürften ja jetzt beendet werden:
www.bild.de
meldet: Guttenberg tritt zurück.
Erlärung jetzt um 11.15 h
Gruß
Nobby

Florian Offline



Beiträge: 3.180

01.03.2011 11:31
#24 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Zitat von Martin
--------------------------------------------------------------------------------
Guttenberg scheint tatkräftig
--------------------------------------------------------------------------------

Zitat
Richtig, mit Betonung auf "scheint".



Das würde ich so nicht gelten lassen.
Guttenberg hat die Wehrpflicht ausgesetzt.
Etwas pathetisch formuliert: Das ist die größte Organisationsreform in der Geschichte der Bundesrepublik (incl. Privatwirtschaft) mit über 100.000 betroffenen Arbeitsplätzen an über 100 betroffenen Standorten. Einzig die Umwälzungen durch die Treuhand nach der Wiedervereinigung stellen das noch in den Schatten.
Wenn er das erfolgreich durchzieht (und ich habe da bis jetzt von der Opposition keinen großen Aufschrei gehört*), dann ist das eine echte Großtat.

Erstens einmal die praktische Umsetzung stelle ich mir extrem komplex vor.
Und zweitens natürlich auch die zu überwindenden politischen Widerstände nicht zu letzt in der eigenen Partei.


* Was natürlich nichts heißen muss.
Ich habe es glaube ich in dieser Diskussion schon mal irgendwo geschrieben: Ich würde mir eine Opposition und eine Medien-Öffentlichkeit wünschen, die die wirklich wichtigen Dinge (wie die Bundeswehrreform) mit ähnlicher Akribie verfolgt wie (für die Lage der Nation) randständige Themen wie die Guttenberg-Dissertation.

Stefanie Offline



Beiträge: 606

01.03.2011 11:51
#25 RE: Häberle über Guttenberg Antworten

Zitat von Kallias

Zitat von Stefanie
zum Handwerkszeug eines Juristen gehört es, dass zu aller erst die Gliederung steht. (...) Es ist einfach nicht möglich, für jeden Gliederungsteil mal eben passend was im Netz zu finden. Das ist unvorstellbar und damit müssen Brüche da sein. (...) Von daher, es kann einfach nicht sein, dass der eine gut strukturierte und schlüssige Arbeit vorgelegt hat, welche die Bestnote rechtfertig, wenn er immer wieder Zeitungsartikel eingefügt hat, um Lücken zu füllen.

Sehr interessante Bemerkungen wieder einmal von Ihnen, liebe Stefanie, deren Schlußfolgerung ich aber nicht teile.

Denn nehmen wir mal an, er hätte die Zeitungsartikel etc. nicht dazu benutzt, um Lücken zu füllen.

Also etwa so: Guttenberg hat zunächst, vielleicht noch ohne Plagiatsabsichten, eine komplette Doktorarbeit verfasst, mit einer guten Gliederung, die er mit einschlägigem Material schlüssig ausfüllen konnte.

Wie er die Arbeit dann so durchsieht, denkt er sich: für "Lob", womöglich "großes Lob" reicht's, aber reicht "Lob", selbst "großes Lob" einem zu Guttenberg?

Und dann überlegt er, wie sich das Werk zu "summa" aufpolieren ließe: "Hm, reichlich viel wörtliche Zitate drin, machen wir mal eigenen Text draus; und dort, ein Haufen Quellen mit wunderschönen Formulierungen, bauen wir die mal passend ein!"

Das ist dann sicher noch ein Puzzlespiel gewesen, damit es nicht so auffällt, eben jene "mühevollste Kleinarbeit", von der Guttenberg gesprochen hat, die sich aber gelohnt hat, zumindest eine zeitlang.

So würde sich erklären:
1. wie Guttenberg es schafft, sich selbst nicht als Betrüger zu sehen: im Kern wäre es ja seine Arbeit, nur etwas "gegelt";
2. wie eine Arbeit zustande kam, die
2.1 nicht so einfach als Plagiat zu erkennen war;
2.2 mit etwas gutem Willen durchaus "summa"-würdig gewesen ist.

Nicht wahr?

Viele Grüße,
Kallias




Nein, das kann nicht sein. Es hat z.B. an einer Stelle Schlussfolgerungen einer österreichischen (?)Politikwissenschaftlerin als eigene ausgegeben.

Die Gliederung hätte so lauten müssen mal grob dargestellt:

1. Situation yx

1.1 Sachverhalt a
1.2 Sachverhalt b
1.3 Sachverhalt c
1.4 Schlussfolgerung
1.4.1
1.4.2
1.4.3

oder alternativ, wenn er Ansichten verglichen hat.

1. Analysen zu xy
1.1 Meinung a
1.2 Meinung b
1.3 Meinung c
1.4 eigene Stellungname
1.4.1
1.4.2
1.4.3

Wenn zu Guttneberg also die Dame aus dem Süden nannte, dann unter einem anderen Gliederungspunkt, als er sie schließlich brachte und wo er ihren Beitrag als eigene Schlussfolgerung ausgab. Hat er aus Zeitmangel abegschrieben und den Beitrag der Dame als eigenen ausgegeben, halte ich die Wahscheinlichkeit, dass deren Aufbau mit dem von zu Guttenbergs nach Fertigstellung der Gliederung übereinstimmt für gleich null. Ferner muss man sich doch fragen, wohin der Gleiderungspunkt verschwunden ist, unter dem sie hätte auftauchen sollen.

Wäre das einmal oder zehnmal pssiert, o.k., aber es ist 170 (?) Male passiert.

Und was ist mit dem darauf Folgenden. Das muss doch aufbauen. Da muss es doch eine rote Linie geben, welche an das vorher Geschriebene irgend wie ankkünpft. So eine Doktorarbeit ist doch kein Stückwerk. Fernr hatte Häberle angeblich regelmäßig Besprechungen. Da muss zu Guttenberg sich doch zu eigenen Thesen, wie er das aufbauen will, welche Ansichten er vertritt etc. geäußert haben und plötzlich alles ganz anders.

Dass man hier so reinfrickelt muss zur Folge haben, dass es Brüche gibt, die Arbeit zerstückelt wird, die innere Logik nicht mehr scharf ist und so etwas hat nicht die Bestnote verdient.

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