Zitat von Calimero Kollateralschäden sind ebenso hinzunehmen wie die Kollektivvereinnahmung von Individualeigentum. Ich weiß ja nicht...
Beste Grüße, Calimero
Lieber Calimero,
man kann natürlich nur hoffen, dass Innovationen nicht mit mit beliebig hohen Collateralschäden einhergehen. Es ist schon eine gehörige Portion Dummheit, sich in eine Zwangslage zu manövrieren, und sich dann teuerst daraus hinauszuwursteln.
Ich hätte den richtigeren Angang so gesehen, dass - ohne Hektik - die Bundesregierung denjenigen, die zuallererst - mal so als Beispiel - einen Energiespeicher in 3 Kubikmeter Größe als Prototyp präsentieren, der die im Sommer in einem Einfamilienhaus eingefangene Energie für den Winter speichern kann, eine Milliarde € auslobte, und vielleicht noch ab einer bestimmten Entwicklungsreife großzügige gezielte Hilfen vergäbe (damit Forschern nicht vorher die Luft ausgehe).
Damit wären Kosten und gesamtgesellschaftliche Risiken überschaubar und begrenzt. Offensichtlich sind/werden ja jetzt Beschlüsse gefasst, die im Staatshaushalt weit größere Spuren hinterlassen werden. Es ist nicht einzusehen, dass der Staatshaushalt nicht vor einer so weitreichenden Entscheidung nicht auch nur ein Bruchteil der zu erwartenden Kosten hergeben soll. Da läuft im Denken der Regierungsmitglieder etwas völlig falsch.
Zitat von FlorianLetzten Endes sagt Merkel mit dieser Metapher also, dass die Energiewende so wie geplant aus grundsätzlichen Gründen nicht funktionieren kann.
Zitat von Angela MerkelIch sage ganz deutlich: Es handelt sich um eine Herkulesaufgabe - ohne Wenn und Aber. Alle, die zweifeln, wie wir als großes Industrieland in zehn Jahren ohne Kernenergie auskommen wollen, ohne gleichzeitig die Klimaschutzziele zu riskieren, ohne Arbeitsplätze in der energieintensiven Industrie zu gefährden, ohne das Steigen der Strompreise in das sozial nicht mehr Erträgliche in Kauf zu nehmen, ohne gefährliche Stromausfälle zu provozieren, ohne dass andere Länder um uns herum denselben Weg einschlagen, alle, die solche Fragen stellen, sind keine Ideologen, keine Ewiggestrigen, keine Spinner, denn sie stellen wichtige Fragen. (Zuruf von der SPD: Ach ja?) Sie sind anzuhören, sie sind ernst zu nehmen, und wir haben Antworten darauf zu finden. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Es ist ja wahr: Es scheint einer Quadratur des Kreises nahezukommen, all das schaffen zu wollen, was wir uns vorgenommen haben.
Mit ihrem "scheint ... nahezukommen" hat sie natürlich den Kopf aus der Schlinge gezogen, und weder gesagt, daß es unmöglich ist, noch versprochen, daß es gelingen wird. Immerhin hat sie die Probleme nicht heruntergespielt.
Zitat von FlorianLetzten Endes sagt Merkel mit dieser Metapher also, dass die Energiewende so wie geplant aus grundsätzlichen Gründen nicht funktionieren kann.
Zitat von Angela MerkelEs scheint einer Quadratur des Kreises nahezukommen, all das schaffen zu wollen, was wir uns vorgenommen haben.
Mit ihrem "scheint ... nahezukommen" hat sie natürlich den Kopf aus der Schlinge gezogen, und weder gesagt, daß es unmöglich ist, noch versprochen, daß es gelingen wird. Immerhin hat sie die Probleme nicht heruntergespielt.
Als Physikerin hat Frau Merkel möglicherweise eine gewisse Ahnung von Galoistheorie. Und ebenso tut sie uns immerhin (hoffentlich) nie das Unwort "Quantensprung" an.
-- Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von KalliasMit ihrem "scheint ... nahezukommen" hat sie natürlich den Kopf aus der Schlinge gezogen, und weder gesagt, daß es unmöglich ist, noch versprochen, daß es gelingen wird. Immerhin hat sie die Probleme nicht heruntergespielt.
Als fast sofort nach Fukushima das "Moratorium" angeordnet wurde, hatte ich die Vermutung einer typisch Merkel'schen Lösung: Erst einmal die Gemüter mit dieser Maßnahme beruhigen. Dann werden die Folgen eines schnellen "Ausstiegs" untersucht, und es stellt sich heraus, daß sie nicht akzeptabel sind. Bis dahin ist der Hype verflogen, und man kann dann vernünftig entscheiden.
Dachte ich. Ob die Kanzlerin so gedacht hatte, wird man vermutlich nie erfahren. Falls ja, dann hat sie die Besoffenheit der Deutschen unterschätzt.
Es gab ja keine rationale Erörterung, sondern es wurde nur noch nach Rationalisierungen für das gesucht, für das das Bauchgefühl sich längst entschieden hatte. Es war eine Gespensterdebatte. Merkel hat in dieser Rede alle die Gesichtspunkte genannt, die eben in dieser Scheindiskussion gerade nicht gewürdigt wurden.
Wird "es gelingen?" Ja, natürlich. Wer sollte denn die Deutschen daran hindern, in ihrem Wahn ihre KKWs abzuschalten?
Zitat von Martin Damit wären Kosten und gesamtgesellschaftliche Risiken überschaubar und begrenzt. Offensichtlich sind/werden ja jetzt Beschlüsse gefasst, die im Staatshaushalt weit größere Spuren hinterlassen werden. Es ist nicht einzusehen, dass der Staatshaushalt nicht vor einer so weitreichenden Entscheidung nicht auch nur ein Bruchteil der zu erwartenden Kosten hergeben soll. Da läuft im Denken der Regierungsmitglieder etwas völlig falsch.
Denke den Staatshausalt wird das nur mittelbar betreffen. (weniger direkte Steuern, höhere Sozialleistungen für HarzIV, Lohnerhöhungen wegen größerer Inflation). Wir werden mittelfristig auf jedenfall mehr Geld ausführen, entweder für Brennstoffe oder für Stromimport ...
Bedeutet, dass ab März 2011 etwa 2,5 TWh im Monat mehr importiert wurden als 2010. Ergibt in einem Jahr zusammen etwa 30 TWh. 2010 wurden 140 TWh durch Kernkraft erzeugt, die restlichen 9 Kernkraftwerke (http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_K..._in_Deutschland) erzeugen bei 90% mittlerer Kraftwerksverfügbarkeit 108 TWh. 140-108 ~30 ergibt also ähnliche Zahlen. Also wird real der derzeit in Deutschland weniger durch Kernkraft erzeugte Strom aus dem Ausland importiert.
Kleine Randnotiz dabei ist, dass Frankreich turnusgemäß die Betriebsgenehmigung für Fessenheim an der D/F Grenze um 10 Jahre verlängert hat.
Wobei der Stromimport sicher effizienter und billiger ist als das Aufbauen einer nur kurzfristig benötigten Reserve durch Gaskraftwerke bzw. Kohlekraftwerke die ja auch irgendwann vom Netz sein sollen.
Strom durch Stromimport wird etwa 7 Cent die kWh kosten. Aus den deutschen Kernkraftwerken ohne Störfälle über INES 6 keine 2 Cent. 5 Cent Mehrkosten bei 30 TWh ergibt die Ausfuhr bzw. Mehrkosten von 1,5 Mrd EUR pro Jahr. Auf die 140 TWh aus Atomkraft insgesamt 7 Mrd. Leider werden die Grenzkosten steigen und da ja auch Kohle vom Netz soll, geht es nicht um 140 TWh die 2-3 Cent/kWh (KKW-> Braunkohle) sondern um 400 TWh die mindestens 10 Cent/kWh teurer werden.
zurück zu den Szenarien: 1) Moratorium der 7 KKW -> 1,5 Mrd /Jahr -> 18.75 EUR/Person und Jahr (30 TWh, 5 Cent) 2) Gesamtausstieg aller KKW -> 7 Mrd /Jahr -> 87,50 EUR/Person und Jahr (140 TWh, 5 Cent) 3) Ausstieg aus Kernkraft und fossiler Technik -> 40 Mrd /Jahr -> 500 EUR/Person und Jahr (400 TWh, 10 Cent)
Wobei sich die Mehrkosten nicht auf 80 Mio Personen teilen sondern eher nur auf die 40 Mio Beschäftigten. (um den Divisor zu senken könnte man noch die direkt beim Staat Beschäftigten raus nehmen). Szenario 2 ergibt also 15EUR im Monat, gerade noch so unter der Schmerzgrenze, eine Lohnerhöhung wird damit zur Nullrunde. Von demher kann ich es verstehen, wenn Politiker keine Lust haben sich wegen dem Thema Koalititonsmöglichkeiten zu verbauen.
Zitat von Zettel Aber im Ernst: In welchen Branchen, den Maschinenbau in Deutschland ausgenommen, ist denn Europa an der Spitze der Innovation? Im Automobilbau vielleicht noch gleichauf mit Japan. Pharma? Optik? Agrartechnologie, also vor allem Entwicklung genveränderter Produkte?
Zunächst wäre festzustellen, lieber Zettel, das im Maschinenbau weltweit mehr als 500 Milliarden Dollar im Jahr umgesetzt werden, das sollte man nicht einfach so von der Hand wischen. Dazu kommen eine Reihe von Industrien, die zumindest direkt daran anschliessen, beispielsweise der Anlagenbau. Betrachten Sie beispielsweise die Anbieter für hüttentechnische Anlagen finden Sie weltweit drei grosse Anbieter, alle drei Europäer. Und diese Branchen sind extrem innovativ. Weiteres Beispiel wäre auch die Produktion von Robotern, die man ja wohl durchaus als Hochtechnologie bezeichnen könnte. Weltweit gibt es neben Dutzenden kleinen vor allem drei grosse Hersteller: Fanuc (Japan), ABB (Schweiz) und Kuka (Deutschland). Auch im Einsatz sieht es nicht viel anders aus, die ganze USA verfügt über ähnlich viele Roboter wie Deutschland alleine.
Die Amerikaner neigen dazu ihre heiligen Kühe wie Microsoft, Google und Apple zu überschätzen. Alle drei zusammen haben etwas mehr Umsatz als der Volkswagen Konzern oder Daimler alleine. Man macht sich einfach selten die Grössenordnungen klar: Google liegt bei 26 Milliarden Umsatz im Jahr, der oben bereits genannte ABB Konzern liegt bei 32. Und während Google jeder kennt, ist ABB vielleicht jedem dritten bekannt. Ich bin ja selber IT geschädigt, aber man vergisst bei all der Dotcom-Liebe, dass die Old-Industrie immer noch die ist, die das Geld verdient, das hat sich auch in 20 Jahren Internet nicht geändert. Man sollte schon sehen, dass Intel, Microsoft, Google und Apple zusammen nicht den Umsatz von Toyota erreichen.
Ich halte Europa und gerade Deutschland für sehr innovativ, deutlich innovativer als die Amerikaner. Weil es die europäische Wirtschaft trotz der gigantischen Last Sozialstaat und Gesetzen, die ihr mehr und mehr aufegbürdet wird, sich immernoch behaupten kann. Der Automationsdruck, der Produktivitätsdruck, der Anpassungsdruck ist in Europa deutlich höher als in Amerika. Wieviel erst möglich wäre, wenn wir ein freies Land ähnlich Amerika wären, davon kann man nur träumen.
Bedeutet, dass ab März 2011 etwa 2,5 TWh im Monat mehr importiert wurden als 2010. Ergibt in einem Jahr zusammen etwa 30 TWh. 2010 wurden 140 TWh durch Kernkraft erzeugt, die restlichen 9 Kernkraftwerke (http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_K..._in_Deutschland) erzeugen bei 90% mittlerer Kraftwerksverfügbarkeit 108 TWh. 140-108 ~30 ergibt also ähnliche Zahlen. Also wird real der derzeit in Deutschland weniger durch Kernkraft erzeugte Strom aus dem Ausland importiert.
Kann sein, daß ich etwas nicht verstehe - sagen die Zahlen denn nicht, daß derzeit mehr Strom aus dem Ausland importiert wird als 2010?
Import: im April zB 3239250 im Jahr 2011 vs 2333723 im Jahr 2010, also absolut mehr Import
Bilanz: im April 2011 ein Überschuß von 1436595; im April 2011 ein Defizit von -788511.
Ein positives Delta bedeutet doch eine Veränderung in Richtung schlechtere "Handelsbilanz"; oder?
Bedeutet, dass ab März 2011 etwa 2,5 TWh im Monat mehr importiert wurden als 2010. Ergibt in einem Jahr zusammen etwa 30 TWh. 2010 wurden 140 TWh durch Kernkraft erzeugt, die restlichen 9 Kernkraftwerke (http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_K..._in_Deutschland) erzeugen bei 90% mittlerer Kraftwerksverfügbarkeit 108 TWh. 140-108 ~30 ergibt also ähnliche Zahlen. Also wird real der derzeit in Deutschland weniger durch Kernkraft erzeugte Strom aus dem Ausland importiert.
Kann sein, daß ich etwas nicht verstehe - sagen die Zahlen denn nicht, daß derzeit mehr Strom aus dem Ausland importiert wird als 2010?
Hat strubbi das nicht gesagt? Wir "produzieren" weniger Strom, weshalb wir mehr importieren.
Zitat von GürteltierHat strubbi das nicht gesagt? Wir "produzieren" weniger Strom, weshalb wir mehr importieren.
Stimmt mein Fehler ... ist in der Tabelle falsch bezeichnet. Ein Minus in der Tabelle wäre richtiger, da ja der Überschuss ein Exportüberschuss war und das Delta auf einmal ein Importüberschuss ist. Die Beschreibung passt eher.
Zum Glück kann man mitlerweile solche Zahlen zusammensuchen ... vor Jahren musste man noch der Presse glauben.
Zitat von strubbi77Stimmt mein Fehler ... ist in der Tabelle falsch bezeichnet. Ein Minus in der Tabelle wäre richtiger, da ja der Überschuss ein Exportüberschuss war und das Delta auf einmal ein Importüberschuss ist. Die Beschreibung passt eher.
Zum Glück kann man mitlerweile solche Zahlen zusammensuchen ... vor Jahren musste man noch der Presse glauben.
Danke! Ja, ich fand diese Zahlen sehr interessant und werde sie vielleicht verwenden, wenn ich wieder zu diesem Thema schreibe; mit Dank an Sie.
Zitat von KalliasZersplitterung ist eine ausgezeichnete Voraussetzung für Innovationen, weil sie einen größeren Ideenreichtum ermöglicht als man von einer homogenen Kultur erwarten kann.
Eher eine gute Voraussetzung für Inventionen, wo es vor allem auf den Ideenreichtum ankommt. Bei Innovationen, also der initialen Verwertung im Markt, ist ein großer, homogener Markt, der eine schnelle Amortisation ermöglicht, von Vorteil. Insbesondere natürlich auch in Märkten, in denen die Grenzkosten relativ niedrig und die Netzwerkeffekte übermächtig sind, wie eben gerade im Internet. Es ist daher kein Wunder, dass hier die erfolgreichen Unternehmen aus den USA kommen.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Das rechtliche Umfeld kann allerdings auch eine erhebliche Rolle spielen. Ein deutscher Anbieter von Webservices hat hier viel höhere Hürden zu nehmen als ein Konkurrent aus den USA. Wo die einen einfach loslegen, müssen die anderen zig Auflagen beachten, Beauftragte ernennen und dem Kunden das Geldausgeben durch Warnungen aller Art verleiden.
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Entgegen dem Tenor deines Beitrags, lieber Zettel, sind aber nun auch die dynamischen, aufstrebenden, wachstumsorientierten und technikvernarrten asiatischen Länder nicht besonders innovativ. Welche Sklerose hat denn die befallen?
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Zitat von RaysonEntgegen dem Tenor deines Beitrags, lieber Zettel, sind aber nun auch die dynamischen, aufstrebenden, wachstumsorientierten und technikvernarrten asiatischen Länder nicht besonders innovativ. Welche Sklerose hat denn die befallen?
Ich habe vor ein paar Jahren eine wissenschaftliche Arbeit über ein ähnliches Thema geschrieben. Meine Ergebnisse spiegelten diese Einschätzung jedoch nicht wider. Die asiatischen Länder, im Besonderen China, streben zwar auf, aber Europa ist im Bereich der Hochtechnologie immer noch weit vorn. Patentanmeldungen sind zwar kein absolutes Maß wie innovativ Länder sind, zeigen aber eine gewisse Tendenz auf.
Absolute Zahl, Intensitäten und Wachstumsraten transnationaler Patentanmeldungen im Bereich der Hochtechnologie für das Jahr 2007 (Bericht für 2010) (http://www.e-fi.de/60.html?&L=0):
Wachstum Intensität Gesamt- Hochtechnologie (Patente pro 1 Mio. Wachstum Land Absolut in Prozent Erwerbstätige) in Prozent EU-27 50.086 167 280 161 USA 41.401 151 328 155 Japan 25.786 202 531 193 Deutschland 21.168 167 673 160 Frankreich 7.957 170 392 154 Korea 6.598 1.028 305 1.057 Großbritannien 5.680 137 254 138 China 5.679 2.502 9 2.341 Italien 3.431 174 174 178 Schweiz 3.261 203 934 177 Kanada 3.223 220 264 212 Niederlande 3.174 170 459 172 Schweden 3.000 158 832 147 Finnland 1.502 152 712 152
Wie man bei den Zahlen aus 2008 (Bericht für 2011) erkennt, ist die Abstand zwischen USA - Europa sogar noch gestiegen (49690 : 71156).
Zur Definitionserklärung: Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) und das Niedersächsische Institut für Wirtschaftsforschung (NIW) definieren Hochtechnologie als Güter mit einem Innovationspotential von mehr als 3,5 % des Wertes. Als Beispiele werden Autos, Maschinen, Elektrogeräte und Chemieprodukte genannt.
Die Zahlen sind natürlich nicht ganz aktuell, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sich inzwischen so viel geändert hat.
Zitat von HagenIch habe vor ein paar Jahren eine wissenschaftliche Arbeit über ein ähnliches Thema geschrieben. Meine Ergebnisse spiegelten diese Einschätzung jedoch nicht wider. Die asiatischen Länder, im Besonderen China, streben zwar auf, aber Europa ist im Bereich der Hochtechnologie immer noch weit vorn.
Danke für diese überzeugenden und erfreulichen Zahlen. Also doch mehr amerikanisches Pfeifen im Walde als Eurosklerose?
Ich würde mich freuen, lieber Hagen, wenn es so wäre oder so ist. Ich habe in dem Artikel ja geschrieben, daß ich die ökonomische Seite nicht beurteilen kann; und stattdessen etwas zum Zeitgeist geschrieben.
Daß die allgemeine Stimmung jedenfalls in Deutschland und Frankreich (nur da kann ich es aus eigener Anschauung beurteilen) nicht von optimistischen Zukunftserwartungen geprägt ist, möchte ich weiter behaupten. Es könnte aber etwas der Fall sein, das mir schon öfter durch den Kopf gegangen ist:
Ob nicht vielleicht für das Innovative in Deutschland eine kleine, in der Öffentlichkeit unauffällige und deshalb das Bild vom Seelenzustand des Volks nicht prägende Gruppe verantwortlich ist - Naturwissenschaftler, Ingenieure, Tüftler und Erfinder, Startup-Unternehmer, die Bewohner des "bayrischen Silicon Valley" usw.?
Das Bild der Jugend in der Öffentlichkeit wird nicht von den Nerds und Robotik-Begeisterten geprägt, von denen, die sich vom Physik- oder Chemilehrer begeistern lassen, von den Teilnehmern an "Jugend forscht". Aber es gibt sie ja.
Könnte es so sein wie an den Unis, wo die ASten sich fast immer aus Grünlinken zusammensetzen, während in den technischen, naturwissenschaftlichen, BWL-Fächern eine Menge Liberale und Konservative studieren, die nur politisch wenig sichtbar sind, weil sie ihre Klausuren vorbereiten, statt auf Vollversammlungen zu reden?
(Wobei nach meinen Erfahrungen eine "Vollversammlung" gut besucht ist, wenn an ihr vielleicht ein Prozent teilnimmt ).
Zitat Also doch mehr amerikanisches Pfeifen im Walde als Eurosklerose?
Was man auch nicht unterschätzen darf: Oft werden solche Aussagen auch von oberflächlichem Wissen über das Ausland bestimmt. Und zwar in alle Richtungen. Wenn man z.B. in einer deutschen Untersuchung etwas über die Vorzüge des finnischen Schulsystems liest, kann man fast Gift darauf nehmen, dass ein finnischer Lehrer das ganze differenzierter zeichnen würde.
Ich habe z.B. vor ein paar Tagen einen Artikel in der New York Times gelesen (Link finde ich gerade nicht), anlässlich des Besuchs von Merkel in Washington. Es gingt darum um das derzeitige deutsche "Wirtschaftswunder". Dieses wurde - unter anderem - der Begeisterung der Deutschen für Technik zugeschrieben.
Nun wissen wir hier alle, dass das so nicht ganz richtig ist. Aus amerikanischer Perspektive mag man das allerdings vielleicht korrekt so vereinfachen können (zumindest einmal ist es nach wie vor üblich, dass deutsche Industrie-Vorstände ein Ingenieurs-Studium haben. In den USA ist das eher die Ausnahme). Aber es ist eben eine Vereinfachung, die die Leser in den USA auch erwarten. Genauso wie der deutsche Leser nicht wissen will, ob vielleicht der Physik-Lehrplan in Finnland irgendwelche Defizite aufweist.
Zitat Ob nicht vielleicht für das Innovative in Deutschland eine kleine, in der Öffentlichkeit unauffällige und deshalb das Bild vom Seelenzustand des Volks nicht prägende Gruppe verantwortlich ist - Naturwissenschaftler, Ingenieure, Tüftler und Erfinder, Startup-Unternehmer, die Bewohner des "bayrischen Silicon Valley" usw.?
Ich als Optimist, würde nun anworten: Ja sicher, es war doch sonst auch schon immer so. Aber zur Zeit bin ich mir da nicht mehr so sicher. Immer wenn Angst Entscheidungen lenkt, kommt nichts Gutes bei raus...
Zitat Das Bild der Jugend in der Öffentlichkeit wird nicht von den Nerds und Robotik-Begeisterten geprägt, von denen, die sich vom Physik- oder Chemilehrer begeistern lassen, von den Teilnehmern an "Jugend forscht". Aber es gibt sie ja. Könnte es so sein wie an den Unis, wo die ASten sich fast immer aus Grünlinken zusammensetzen, während in den technischen, naturwissenschaftlichen, BWL-Fächern eine Menge Liberale und Konservative studieren, die nur politisch wenig sichtbar sind, weil sie ihre Klausuren vorbereiten, statt auf Vollversammlungen zu reden?
Als Teil jener Gruppe muss ich sagen, dass dem tatsächlich so ist. Oder haben Sie je eine Pro-Atom-Demonstration gesehen? (Wobei ich gerne die Medienresonanz darauf erleben würde... )
Zitat von Zettel[...] eine Menge Liberale und Konservative studieren, die nur politisch wenig sichtbar sind, weil sie ihre Klausuren vorbereiten, statt auf Vollversammlungen zu reden?
Dies gilt doch nicht nur für die Uni. In allen Bereichen des öffentlichen oder "veröffentlichen" Lebens haben Konservative und (vor allem) Liberale einen schweren Stand gegen die geballte Übermacht derer, die nicht von ihrer eigenen Hände Arbeit leben müssen und so den lieben langen Tag Zeit zum Politisieren haben...
Nichtsdestoweniger sind es die Ehrlichen, die Tüchtigen und Fleißigen, diejenigen die sich im öffentlichen Diskurs an den Pranger gestellt sehen und dennoch ihre Pflicht tun, all jene, die weniger moralisch Quatschen und dafür durch tatkräftiges Zutun glänzen, oder die zur Maloche gehen, gleichwohl sie in der "sozialen Hängematte" wesentlich bequemer (bei gleichem Lebensstandard) leben könnten - sie alle sind es, die sich für den Wohl- und Bestand unserer Gesellschaft verantwortlich zeichnen. Und das sind nachwievor nicht wenige - sie drängen sich halt nur nicht dauernd in den Vordergrund. Sie haben besseres zu tun.
~~~ Die zunehmende Armut, welche allenthalben beklagt wird, scheint mir zuvörderst geistiger Natur.
Zitat von RaysonEntgegen dem Tenor deines Beitrags, lieber Zettel, sind aber nun auch die dynamischen, aufstrebenden, wachstumsorientierten und technikvernarrten asiatischen Länder nicht besonders innovativ. Welche Sklerose hat denn die befallen?
Werter Rayson, ich warne ausdrücklich davor, die Asiaten in diesem Bereich zu unterschätzen. Auch Japan stand am Anfang im Ruf „doch nur mit Kameras durch die Gegend zu reisen und westliche Dinge schlechter nachzubauen“. Da sind heute in unserem Verständnis ungefähr die Chinesen angekommen.
Aber das bleibt nicht so. Japan hat es in kürzester Zeit geschafft, sich zum Welttechnologieführer in vielen hart umkämpften Branchen zu mausern (auch wenn das Land selbst gerade etwas schwächeln mag), Nationalchina (Taiwan) und Südkorea stehen was Innovation und Technologie angeht auch nicht schlecht da, die Chinesen möchten genau dorthin. Und wenn sie das schaffen, werden die Auswirkungen bei diesem Milliardenvolk ganz andere sein als bei den bisher genannten verhältnismäßig kleinen Staaten.
Ich bin in einer Branche zuhause, die bisher ganz kategorisch von Deutschland und Japan dominiert wurde. Auch wenn die Produkte möglicherweise woanders verbaut (nicht gefertigt) werden, Forschung und Entwicklung passierten nur in diesen beiden Ländern. Vor vielleicht zehn Jahren tauchten erstmals Forschungsberichte aus chinesischen Universitäten auf. Inzwischen stellen chinesische paper einen Großteil der Veröffentlichungen. Zwar ist (noch) bei einem Großteil der Inhalt eher dürftig oder schlicht erlogen (dort wird der Kampf um Forschungsgelder vermutlich auch nicht anders aussehen als bei uns, von den Dimensionen abgesehen), aber über kurz oder lang wird sich die immense staatliche Förderung in Ergebnissen niederschlagen. Und dann sieht es für Deutschland ganz schnell ganz duster aus.
Die Chinesen werden derzeit von uns noch belächelt, weil sie schlechte Kopien von Kässbohrerbussen und Appleprodukten bauen. Dabei machen sie eigentlich alles lehrbuchmäßig richtig: sie investieren massiv in die High-Tech-Branchen, sie lassen ihren Nachwuchs staatlich gefördert rund um die Welt technisch ausbilden (in meinem Fachbereich sind ca. 30% der Studenten Chinesen im Staatsauftrag), sie trainieren Fertigungsmethoden und -technologien durch den Nachbau von westlichen High-Tech-Produkten, sie sichern sich ein weitgefächertes Wirtschaftsspionagenetz und Einflußmöglichkeiten und nicht zuletzt auch Rohstoffe.
Zitat von energistInzwischen stellen chinesische paper einen Großteil der Veröffentlichungen. Zwar ist (noch) bei einem Großteil der Inhalt eher dürftig oder schlicht erlogen (dort wird der Kampf um Forschungsgelder vermutlich auch nicht anders aussehen als bei uns, von den Dimensionen abgesehen), aber über kurz oder lang wird sich die immense staatliche Förderung in Ergebnissen niederschlagen.
Ich habe mir einmal von einem chinesischen Kollegen erklären lassen, wie das läuft: an chinesischen Universitäten bekommen die Forscher für jede Veröffentlichung in einer wissenschaftlichen Zeitschrift einen Bonus, der nach einer festen Formel aus dem Impact-Faktor der Zeitschrift errechnet wird. Daher ist die chinesische Forschung seiner Meinung nach so wenig innovativ: Jeder stürzt sich auf die Forschungsgebiete, die gerade in Mode sind.
Zitat von lukasIch habe mir einmal von einem chinesischen Kollegen erklären lassen, wie das läuft: an chinesischen Universitäten bekommen die Forscher für jede Veröffentlichung in einer wissenschaftlichen Zeitschrift einen Bonus, der nach einer festen Formel aus dem Impact-Faktor der Zeitschrift errechnet wird. Daher ist die chinesische Forschung seiner Meinung nach so wenig innovativ: Jeder stürzt sich auf die Forschungsgebiete, die gerade in Mode sind.
Nunja, das ist ja letztlich bei uns auch nicht anders: schaun Sie mal, auf wievielen DFG-Anträgen urplötzlich solche Wörter wie „nano“, „regenerativ“, „nachhaltig“, „erneuerbar“ … auftauchen. In einer Forschungsrealität, in der man schlicht untergeht, wenn man nicht eine bestimmte Menge Drittmittel einwirbt, ist das doch natürliches Verhalten. Dito in China, nur daß dort (nach Ihrem Bericht) die Insitutsleiter direkter profitieren.
Aber aus all dem kann und wird ungeachtet der Motivation genügend „ernsthafte“ Wissenschaft erwachsen. Gerade, wenn bspw. mit dem Impact-Faktor gewichtet wird – die entsprechend hoch bewerteten Journals nehmen ja nun auch nicht alles Dahergeschriebene an. Und selbst wenn die europäische Wissenschaft produktiver bleibt – allein die Masse und die Mittel der Chinesen werden sich auf mittelfristige Sicht – so fürchte ich – als übermächtig erweisen.
Zitat von energistAber aus all dem kann und wird ungeachtet der Motivation genügend „ernsthafte“ Wissenschaft erwachsen. Gerade, wenn bspw. mit dem Impact-Faktor gewichtet wird – die entsprechend hoch bewerteten Journals nehmen ja nun auch nicht alles Dahergeschriebene an.
Exakt. Und wenn jemandes Forschung sich als nicht replizierbar oder zusammengelogen herausstellt, bekommt er auch bald nichts mehr unter, oder er wird nicht mehr zitiert (und bekommt deswegen nichts mehr unter). Da vertraue ich auf die wissenschaftlichen Mechanismen.
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Zumindest erinnere ich mich an Nachrichten in der vorletzten Woche, dass bei der Entschlüsselung ein chinesisches Labor entscheidend beigetragen hat. Anscheinend ist die Ausstattung des involvierten chinesischen Labors weit besser als die eines jeden deutschen Labors. Außerdem haben die Wissenschaftler des chinesischen Beijing Genomics Institute (BGI) gleich einen Schnelltest entwickelt, der schneller ist als ein Schnelltest der am Ubiklinikum Münster entwickelt wurde. Da habe ich dann eher den Eindruck, dass unsere Sicht von der chinesischen Leistungsfähigkeit zehn Jahre hinterherhinkt.
Ansonsten kann ich nur feststellen, dass wir bei den Marktzulassungen in China soviel Informationen an die Behörden mitliefern müssen, dass dies bereits einer Schulung gleichkommt. Ich habe mich letzte Woche mit einem japanischen Konkurrenten unterhalten, die machen diesselbe Erfahrung. Und wenn nicht so, dann liefern wir firmenintern Knowhow zu chinesischen Konzerntöchtern. Bei der Fluktuationsrate von dortigen Mitarbeitern ist danach keine große Kontrolle mehr über den knowhow-Fluß mehr möglich.
Die einzige Chance, die wir haben ist Schnelligkeit. Das know-how gleicht sich nämlich zunehmend an.
Hier wurde schon sehr viel Richtiges gesagt, aber auf ein zwei Punkte möchte ich noch hinweisen.
1.) Die US-Amerikaner gehen scheinbar immer davon aus, dass jemand, der eine Innovation gemacht hat, automatisch eine neue Firma gründet, was dann dazu führt, dass sie Europa und insbesondere Deutschland als veraltet empfinden. Aber in Europa entstehen viele Innovationen innerhalb von Firmen, die sich dann teilweise auch neu ausrichten oder sich ganz neu erfinden. Ein berühmtes Beispiel ist ja Nokia, die mal Gummistiefel hergestellt haben, bevor sie der grö´ßte Produzent von Mobiltelefonen wurden und wahrscheinlich immer noch sind. Oder nehmen Sie Siemens. Die Firma ist mit Innovationen im Bereich der Telegrafie großgeworden, aber heute spielt Telekommunikation keine Rolle mehr. Dafür ist Siemens einer der größten und innovativsten Produzenten von Medizintechnik. Mit anderen Worten, die Siemens AG 2011 ist nicht die Siemens AG von vor 50, 100 oder 150 Jahren, auch dank ihrer innovativen Ingenieure.
2.) Auch ich würde die Chinesen nicht unterschätzen. Es gibt ja lustige historische Parallelen, die andere hier schon genannt haben (bspw. die Japaner) oder die auch die Deutschen. Deren Produkte wurden auf der Weltausstellung in Philadelphia 1873 als billig und schlecht bezeichnet. Es dauerte zwar einige Zeit, aber dann war das Label "Made in Germany" von einer Warnung zu einem Qualitätsmerkmal geworden. Und das wird sicher auch mit chinesischen Waren irgendwann einmal der Fall sein. Ich bin allerdings der festen Überzeugung, dass dann auch Deutschland mit speziellen Produkten seine Nischen finden wird.
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