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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 47 Antworten
und wurde 3.119 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Leibniz Offline




Beiträge: 383

08.07.2011 19:33
#26 RE: Le bac Antworten

Zitat von Zettel
Und was antworten sie? Und mit welchem Schnitt haben sie - falls die Frage nicht zu indiskret ist - jeweils im Abi und im Bac abgeschnitten?

Lieber Zettel, das war ein Scherz, denn der Witz des AbiBac ist ja, dass es /eine/ Prüfung ist, eben das AbiBac, mit dem man gleichzeitig die deutsche und die französische Hochschulreife erhält. Einzelheiten siehe Wikipedia-Artikel.

Und natürlich ist Ihre Frage zu indiskret. Hier erzähle ich höchstens von meinen eigenen Noten.

Zitat von Zettel
Ich konstatiere nur, daß a) dem Bac in der französischen Öffentlichkeit eine ungleich größere Aufmerksamkeit zugemessen wird als dem Abitur in der deutschen

Jedenfalls war ich nach meiner Abifeier mit Bild in einer deutschen Zeitung während die Kids in der französischen Zeitung nur mit Namen aufgeführt wurden :-> Aber ja, es waren beide Male nur Lokalblättchen :-)).

Zitat: "..ein gnadenloses System der Auslese der Besten.."

Das stimmt. Und fängt früh an. Ich kann mich noch erinnern an den Übergang vom Collège zum Lycée und an Madamme Besenstil. In der letzten Woche der letzten Klasse des Collège kam die Direktorin des Lycée und stellte ihre Schule vor. Aber wie.

Sie riet den Kindern regelrecht davon ab auf ihre Schule zu kommen. Nur wer die höchste Motivation und Lernwillen besitzt soll daran im Traum denken. Im letzten Jahr hätten mehr als 1/3 der Schüler das Lycée innerhalb der ersten drei Monate wieder verlassen müssen. Und, sagte sie den Kindern, sagt euren Eltern dass ich weiß, dass sie euch gerne zu mir schicken würden, aber sie sollten doch besser das Lycée um die Ecke wählen.

Madamme Principal Besenstil hielt auch diesmal wieder Wort. Auf diese Weise hat sie ihr Lycée auf Rang drei in Frankreich gebracht (nach Paris und Lyon). (In Frankreich werden die Schulen selber bewertet und stehen in einer Rangliste.)

Überraschender Weise hatte dieses Lycée aber auch bei den Schülern einen guten Ruf. Allerdings einen anderen. Und den erfuhr ich, als ich eines Morgens um Viertel vor acht an dem Gebäude vorbeiging. Der Duft war betörend und der Tag danach mein Freund.

Dieses Lycée war das mit dem mit Abstand größten Drogenproblemen. Der ständige Druck hat eben auch seine schwerwiegenden Schattenseiten.

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

08.07.2011 20:03
#27 RE: Le bac Antworten

Zitat von Zettel
c) beim Bac ungleich seltener die Höchstnote 20/20 erreicht wird als in Deutschland ein Schnitt von 1,0



Äpfel vs. Birnen? Zumindest in meiner Schulzeit war überall 14 von 15 Punkten schon die 1,0. Da konnte man mit 15ern in den Leistungskursen gekonnt Schwächen in anderen Fächern ausgleichen.

Gruß,
hubersn

lukas Offline



Beiträge: 261

08.07.2011 21:42
#28 RE: Le bac Antworten

Zitat von Zettel
c) beim Bac ungleich seltener die Höchstnote 20/20 erreicht wird als in Deutschland ein Schnitt von 1,0



1,0 entspricht ja auch 16/20 Punkten, nicht 20/20, zumindest habe ich das im Hochschulbereich so erlebt.

isildur Offline



Beiträge: 366

08.07.2011 22:04
#29 RE: Le bac Antworten

Im deutschen Abitur sammelt man über seine Oberstufenzeit Leistungen die ganz unterschiedlich gewichtet ins Abitur eingehen(was ich für sehr sinnvoll halte das nicht auf eine Prüfung zu beschränken), schreibt dann eine Prüfung(das Abitur) und kann bzw. muss in den schriftlichen Fächern bei zu starker Abweichung von der Vornote oder wenn man es will eine zusätzliche mündliche Prüfung ablegen.
Details dazu(bezogen auf NRW) findet man z.B. hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Abitur_in_N...isdurchschnitts

Wenn man es also vergleichen will müsste man fragen wie viele Absolventen haben mehr als XXX Punkte(max 840). Diese 840 Punkte wird auch hier fast niemand schaffen, aber mit 768 steht eben genauso 1,0 auf dem Zeugnis. Das ist nicht abwegig, in einer Klausur ist für die Bestnote ja i.d.R. auch nicht die Höchstpunktzahl nötig. Wichtig sind diese Punktzahlen trotzdem, Bestenquoten bei Studiengängen oder Stipendien werden z.B. z.T. danach vergeben und nicht nach der allgemeinen Abiturnote.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

08.07.2011 22:26
#30 RE: Le bac Antworten

Zitat von lukas

Zitat von Zettel
c) beim Bac ungleich seltener die Höchstnote 20/20 erreicht wird als in Deutschland ein Schnitt von 1,0



1,0 entspricht ja auch 16/20 Punkten, nicht 20/20, zumindest habe ich das im Hochschulbereich so erlebt.


"Entspricht" - damit meinen Sie, nehme ich an, daß es bei Anrechnungen, Einstufungen und dergleichen so gewertet wird.

Aber das illustriert ja genau meinen Punkt: Das französische System ist so differenziert, daß es - wie jeder gute Test laut Testtheorie, ich habe das erwähnt - trennscharf sein kann. Beim bac liegen zwischen 16/20 und 20/20 Welten; wenn das alles mit dem deutschen Äquivalent 1,0 gleichgesetzt wird, dann zeigt das eben, wie schlecht das deutsche System differenziert.

Ich habe es bei Prüfungen soweit irgend möglich vermieden, diesen Trend zu guten Noten mitzumachen (ganz kann man sich ihm nicht entziehen); und zwar aus genau diesem Grund: Wirkliche Höchstleistungen kann man dann überhaupt nicht mehr als solche würdigen. "Summa cum laude" bei Promotionen und "sehr gut" in beispielsweise Master-Zeugnissen sollte die absolute Ausnahme sein. Nur dann ist ein solches Urteil etwas wert. Es gibt aber Unis und Studienfächer, wo bei Abschlußprüfungen kaum je eine schlechtere Note als "gut" vergeben wird. Und auch das "summa cum laude" ist leider schon kein seltener Fall mehr.

Das 20/20 aber sehr wohl. Das ist es, was ich meinte.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

08.07.2011 22:38
#31 RE: Le bac Antworten

Zitat von Leibniz

Zitat von Zettel
Und was antworten sie? Und mit welchem Schnitt haben sie - falls die Frage nicht zu indiskret ist - jeweils im Abi und im Bac abgeschnitten?

Lieber Zettel, das war ein Scherz, denn der Witz des AbiBac ist ja, dass es /eine/ Prüfung ist, eben das AbiBac, mit dem man gleichzeitig die deutsche und die französische Hochschulreife erhält. Einzelheiten siehe Wikipedia-Artikel.


Den ich nicht gelesen hatte.

Nein, ich hatte mir das tatsächlich so vorgestellt, daß auch die Schüler in Deutschland am französischen Zentralabitur teilnehmen. So, wie ich es jetzt gelesen habe, scheint mir das nichts Anderes zu sein als ein deutsches Abitur, bei dem Französisch intensiver gelehrt wird als üblich und das in Frankreich als Hochschulreife anerkannt wird.

Aber das wird natürlich auch in der Regel das normale deutsche Abitur; nur muß man das beantragen. Sonst könnten ja deutsche Abiturienten gar nicht in Frankreich studieren.

Es wäre interessant, zu erfahren, wie ansonsten der Wert dieses AbiBac in Frankreich gesehen wird. Ich kann mir schwer vorstellen, daß es zum Beispiel bei der Zulassung zu den classes préparatoires für die Grandes Écoles als vollwertiges baccalauréat anerkannt wird.

Und falls doch - dann wäre es allerdings ein geschickter Weg für schwächere französische Schüler, outre-Rhin aufs Gymnasium zu gehen, um sich auf diese Weise ein so gutes bachot zu verschaffen, wie sie es durch Teilnahme am französischen Zentralabitur nicht könnten.

Oder habe ich das immer noch nicht richtig verstanden?

Herzlich, Zettel

isildur Offline



Beiträge: 366

08.07.2011 22:39
#32 RE: Le bac Antworten

Zitat
"Entspricht" - damit meinen Sie, nehme ich an, daß es bei Anrechnungen, Einstufungen und dergleichen so gewertet wird.

Aber das illustriert ja genau meinen Punkt: Das französische System ist so differenziert, daß es - wie jeder gute Test laut Testtheorie, ich habe das erwähnt - trennscharf sein kann. Beim bac liegen zwischen 16/20 und 20/20 Welten; wenn das alles mit dem deutschen Äquivalent 1,0 gleichgesetzt wird, dann zeigt das eben, wie schlecht das deutsche System differenziert.

Ich habe es bei Prüfungen soweit irgend möglich vermieden, diesen Trend zu guten Noten mitzumachen (ganz kann man sich ihm nicht entziehen); und zwar aus genau diesem Grund: Wirkliche Höchstleistungen kann man dann überhaupt nicht mehr als solche würdigen. "Summa cum laude" bei Promotionen und "sehr gut" in beispielsweise Master-Zeugnissen sollte die absolute Ausnahme sein. Nur dann ist ein solches Urteil etwas wert. Es gibt aber Unis und Studienfächer, wo bei Abschlußprüfungen kaum je eine schlechtere Note als "gut" vergeben wird. Und auch das "summa cum laude" ist leider schon kein seltener Fall mehr.

Das 20/20 aber sehr wohl. Das ist es, was ich meinte.

Herzlich, Zettel


Aber das ist doch eine Folge davon wie man in Deutschland das Benotungssystem benutzt, nicht wie es beschaffen ist. Behindert das französische System eine Noteninflation? Ich sehe da keinen kausalen Zusammenhang, letztlich ist ein Notensystem ja nur eine Skala, wie man sie benutzt ist eine andere Frage.

Ich finde die deutschen Noteinflation im übrigen nur konsequent. Die Währung wird inflationiert, lose Bekannte bei Facebook nennt man Freunde(Inflation der zwischenmenschlichen Beziehungen)... warum sollten Noten da wertbeständig sein?

Gruß,
Isildur

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

08.07.2011 22:56
#33 RE: Le bac Antworten

Zitat von isildur

Zitat von Zettel

Zitat von lukas

Zitat von Zettel
c) beim Bac ungleich seltener die Höchstnote 20/20 erreicht wird als in Deutschland ein Schnitt von 1,0



1,0 entspricht ja auch 16/20 Punkten, nicht 20/20, zumindest habe ich das im Hochschulbereich so erlebt.


"Entspricht" - damit meinen Sie, nehme ich an, daß es bei Anrechnungen, Einstufungen und dergleichen so gewertet wird.

Aber das illustriert ja genau meinen Punkt: Das französische System ist so differenziert, daß es - wie jeder gute Test laut Testtheorie, ich habe das erwähnt - trennscharf sein kann. Beim bac liegen zwischen 16/20 und 20/20 Welten; wenn das alles mit dem deutschen Äquivalent 1,0 gleichgesetzt wird, dann zeigt das eben, wie schlecht das deutsche System differenziert. (...)



Aber das ist doch eine Folge davon wie man in Deutschland das Benotungssystem benutzt, nicht wie es beschaffen ist. Behindert das französische System eine Noteninflation? Ich sehe da keinen kausalen Zusammenhang, letztlich ist ein Notensystem ja nur eine Skala, wie man sie benutzt ist eine andere Frage.


Es spielt beides eine Rolle. Damit ein Test gut differenzieren kann, muß er zunächst einmal eine geeignete Skala haben. Da spielt das Skalenniveau eine Rolle und die Maßeinheit.

Punktesysteme sind, was, das Skalenniveau angeht, Verhältnisskalen. Verhältnisskalen erlauben die Operationen des Multiplizierens und Dividierens (deshalb englisch ratio scales). Wer 10 Punkte hat, der hat doppelt so viele Punkte wie jemand, der 5 Punkte hat.

Das deutsche Notensystem ist aber keine Verhältnisskala, sondern - dem Anspruch nach - lediglich eine Intervallskala. Man kann nicht sagen, daß die Note eins doppelt so gut ist wie irgendeine andere Note.

Man solle allerdings sagen können, daß die eins von der zwei gleich weit entfernt ist wie die zwei von der drei; denn Addition und Subtraktion sind auf einer Intervallskala möglich. Faktisch wird diese Skaleneigenschaft aber nicht geprüft; im Grunde liegt dem deutschen Benotungssystem nur eine Ordinalskala zugrunde. Eins ist besser als zwei und das besser als drei; mehr ist sozusagen nicht drin. Die Berechnung einer Durchschnittsnote ist insofern skalentheoretisch sehr problematisch.

Der andere Punkt ist die Trennschärfe. Sie kann logischerweise nicht größer sein, als es die Zahl der Werte auf der Skala erlaubt. Wenn man zum Beispiel die Größe der deutschen Schüler nur in Metern messen würde, dann wären die meisten zwei Meter groß.

Ein System, das 20 mögliche Skalenwerte enthält, erlaubt also eine größere Trennschärfe als das deutsche mit fünf oder sechs Skalenwerten.



Der zweite Punkt ist die Ausnutzung der Skala. Idealerweise sollten die Punkte/Noten normal verteilt sein, mit dem Modalwert genau in der Mitte der Skala. Je häufiger gute Noten vergeben werden, umso mehr weicht die Verteilung davon ab; sie wird schief. Der Effekt ist wiederum ein Verlust an Trennschärfe.

Herzlich, Zettel

Leibniz Offline




Beiträge: 383

09.07.2011 01:06
#34 RE: Le bac Antworten

Ich habe ja keine Erfahrung mit der deutschen Ausprägung des AbiBac, das, weil Ländersache, unterschiedlich ausfallen kann und sich allein deshalb von der französischen Variante, die einheitlich ist, unterscheidet.

Die Schüler in diesem Zug wurden einfach "les bilingues" genannt, und das bringt die Sache auf den Punkt: es geht in erster Linie um eine Vertiefung in den Fächern Deutsch/Französich/Geschichte, der Unterricht ist zweisprachig und der Sprachunterricht wurde von Muttersprachlern gehalten.

Das Ganze hat prächtig funktioniert, auch weil die "bilingues" sich heimlich als die ein bisschen 'Besseren' verstanden.

Zitat: "Aber das wird natürlich auch in der Regel das normale deutsche Abitur; nur muß man das beantragen." Ja. Aber da sind noch ein paar Bonbons vertseckt: Irgendwelche sonst obligatorischen Sprachprüfungen entfallen, irgendwelche Vorkurse müssen nicht belegt werden, aber die Einzelheiten weiß ich nicht.

Zitat: "Ich kann mir schwer vorstellen, daß es zum Beispiel bei der Zulassung zu den classes préparatoires für die Grandes Écoles als vollwertiges baccalauréat anerkannt wird."

Wieder von der französischen Seite aus gesehen: Ja natürlich ist das französische AbiBac ein vollwertiges Bac. Und da es keine Unterschiede in der Bewertung eines deutschen oder französichen AbiBacs gibt, folgere ich...

Zitat: "dann wäre es allerdings ein geschickter Weg für schwächere französische Schüler, outre-Rhin aufs Gymnasium zu gehen, um sich auf diese Weise ein so gutes bachot zu verschaffen, wie sie es durch Teilnahme am französischen Zentralabitur nicht könnten."

Hmm, Ihnen scheinen Gedankengänge wie die eines gewissen 'von und zu' aber auch schnell einzufallen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

09.07.2011 01:46
#35 RE: Le bac Antworten

Zitat von Leibniz
Zitat: "Ich kann mir schwer vorstellen, daß es zum Beispiel bei der Zulassung zu den classes préparatoires für die Grandes Écoles als vollwertiges baccalauréat anerkannt wird."

Wieder von der französischen Seite aus gesehen: Ja natürlich ist das französische AbiBac ein vollwertiges Bac. Und da es keine Unterschiede in der Bewertung eines deutschen oder französichen AbiBacs gibt, folgere ich...

Ich habe jetzt einmal nach den Kriterien für die Aufnahme in classes préparatoires gesucht und bin hier fündig geworden.

Danach spielt für die Zulassung erstaunlicherweise das Abschneiden beim bac gar keine Rolle, weil die Zulassungsprozur nämlich schon Anfang Juni im wesentlichen abgeschlossen ist. Die Gymnasien, welche prépas anbieten, machen sich vielmehr die Mühe, das Dossier jedes einzelnen Kandidaten - Schulnoten, Beurteilungen durch Lehrer usw. - individuell zu prüfen.

Welche Gesichtspunkte dann im Einzelfall dazu führen, ob jemand angenommen oder abgelehnt wird, bleibt offenbar geheim. In Deutschland würde das einen Aufschrei und die Forderung nach "Transparenz" auslösen.

Herzlich, Zettel

PS: Weil es so schön zu Ihrem Nick paßt, lieber Leibniz: Als ich zu meinem ersten Semester ins Leibniz-Kolleg aufgenommen wurde, vollzog sich das genau so: Man guckte sich dort die Unterlagen an, die Bewerber wurden zu Gesprächen eingeladen - und dann erhielt man die Mitteilung, ob man aufgenommen war oder nicht. Ohne jede Transparenz. Goldene Zeiten, vor einem halben Jahrhundert.

Leibniz Offline




Beiträge: 383

09.07.2011 09:55
#36 RE: Le bac Antworten

Zitat von Zettel
Ohne jede Transparenz. Goldene Zeiten, vor einem halben Jahrhundert.

Ich weiß nicht, ob ich ihre Bewertung teile. Mangelnde Transparenz ist das Einfallstor für Korruption, ein Geschwür, das man sich nicht erst einnisten lassen darf.

Zitat von Zettel
Welche Gesichtspunkte dann im Einzelfall dazu führen, ob jemand angenommen oder abgelehnt wird, bleibt offenbar geheim.

Ja, ich denke das ist so. Und da geht eben bereits neben der Punktzahl des Abiturienten auch die Rangzahl des Lycée ein. Ganz grob gesagt Punktzahl/Rangzahl.

Auch wenn man sich um Anthony Rougier keine Sorgen machen muss, die Tatsache das er von einem ZEP kommt, erhöht seine Chancen keineswegs. Bei gleicher Punktezahl würde ein Schüler von Madamme Besenstil den Vorzug bekommen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

09.07.2011 10:19
#37 Transparenz Antworten

Zitat von Leibniz

Zitat von Zettel
Ohne jede Transparenz. Goldene Zeiten, vor einem halben Jahrhundert.

Ich weiß nicht, ob ich ihre Bewertung teile. Mangelnde Transparenz ist das Einfallstor für Korruption, ein Geschwür, das man sich nicht erst einnisten lassen darf.


Das habe ich auch einmal geglaubt; heute glaube ich es nicht mehr, jedenfalls nicht als allgemeine Wahrheit.

Man könnte viele Beispiele für die Schädlichkeit von Transparenz geben; Wikileaks ist ein aktuelles. Bleiben wir aber bei den Unis; ich will Ihnen zwei Beispiele nennen:

* Die Öffentlichkeit der Sitzungen von Gremien. Ich habe dazu an verschiedenen Unis und zu verschiedenen Zeiten Erfahrungen gemacht - von strikter Vertraulichkeit der Sitzungen zum Beispiel der Fakultät bis zu dem Fall, daß diese von Scharen von Studenten besucht wurden. Diese letztere Variante hatte regelmäßig zwei Effekte: Erstens fanden natürlich immer noch vertrauliche Beratungen statt, aber informell. Die Sitzungen waren nur noch Show, wie im Bundestag in der Regel. Zweitens wurde von Besuchern versucht, Pressionen auszuüben, indem zum Beispiel Redner ausgebuht und andere beklatscht wurden. Die Atmosphäre bei solchen Sitzungen ist ungleich aggressiver, oft giftiger als bei Sitzungen ohne "Öffentlichkeit", wo in der Regel sachlich diskutiert wird.

* Die "Transparenz" von Benotungen. Sie ist bei mündlichen Prüfungen nicht gegeben, denn letztlich muß man die Note akzeptieren, zu der die Prüfer kommen. Also wurde und wird immer wieder a) die schriftliche Prüfung gefordert und b) möglichst eine standardisierte Prüfung, also am besten Multiple Choice mit eindeutig falschen oder richtigen Alternativen.

Die Folge ist, daß die Prüfung zum Abfragen von gepauktem Wissen wird. In mündlichen Prüfungen kann man auf den Kandidaten eingehen; beispielsweise seine Fähigkeit zu wissenschaftlichem Denken oder - bescheidener - seine Fähigkeit ermitteln, das erworbene Wissen sinnvoll anzuwenden. In schriftlichen Prüfungen geht das kaum, bei Multiple Choice noch weniger.

Die Ermittlung der Note ist dort zwar transparent, aber um den Preis einer erheblichen Senkung des Niveaus.

Herzlich, Zettel

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

09.07.2011 10:50
#38 RE: Transparenz Antworten

Zitat
* Die "Transparenz" von Benotungen. Sie ist bei mündlichen Prüfungen nicht gegeben, denn letztlich muß man die Note akzeptieren, zu der die Prüfer kommen. Also wurde und wird immer wieder a) die schriftliche Prüfung gefordert und b) möglichst eine standardisierte Prüfung, also am besten Multiple Choice mit eindeutig falschen oder richtigen Alternativen.



Bei meinen bescheidenen Vergleichsmöglichkeiten (selbst durchlaufene Prüfungen an der Uni: M.A., Staatsexamen, Rigorosum - als Wiss. Mitarb. Beteiligung an M.A.-Prüfungen - Schuldienst) hängt die Transparenz nicht unbedingt an der Frage mündlich vs. schriftlich.

Das Problem universitärer mdl. Prüfungen, wie ich sie als Kandidat wie als Protokollant erlebt habe, war die manchmal völlig unzureichende Vorbereitung durch die Prüfer. Ein Prüfer (C4), der den Prüfungsraum verspätet betrifft, den Protokollanten in Anwesenheit des Prüflings fragt: "Sagen Sie mal, welche Themen haben wir denn heute?" und bei dem sich dann während der Prüfung zeigt, dass er Prüfungsthemen angenommen hat, die er selbst nur teilweise kennt, so dass er dann in der Prüfung zu seinem eigenen Spezialgebiet "abbiegt" - das ist indiskutabel.

Indiskutabel auch, wie an meiner Phil. Fak. Protokoll geführt wurde: Nämlich nur + oder ~ oder - für "beantwortet", "z.T. beantwortet", "nicht beantwortet". Notenbildung dann nach so einer Art "Gesamteindruck".

Ähnlich bei Klausuren mit a) schlecht durchdachten Aufgabenstellungen und b) einer Note ohne weiteren Kommentar. Erwartungshorizont? Benennung von Defiziten? Fehlanzeige.

Da lobe ich mir doch im Vergleich Abiturprüfungen mit einem vorher festgelegten Erwartungshorizont und im Falle des Mdl. mit einer genauen Protokollierung der Antworten. Da ist dann schon eine gewisse Transparenz gegeben.

Die Prüfungspraxis an der Uni, wie ich sie erlebt habe, war zum Teil eine Frechheit. Rückblickend muss ich sagen, dass man vermutlich in vielen Fällen einen Einspruch hätte erfolgreich durchfechten können wegen gravierender formaler Mängel.

isildur Offline



Beiträge: 366

09.07.2011 11:37
#39 RE: Le bac Antworten

Zitat von Zettel
Es spielt beides eine Rolle. Damit ein Test gut differenzieren kann, muß er zunächst einmal eine geeignete Skala haben. Da spielt das Skalenniveau eine Rolle und die Maßeinheit.

Punktesysteme sind, was, das Skalenniveau angeht, Verhältnisskalen. Verhältnisskalen erlauben die Operationen des Multiplizierens und Dividierens (deshalb englisch ratio scales). Wer 10 Punkte hat, der hat doppelt so viele Punkte wie jemand, der 5 Punkte hat.

Das deutsche Notensystem ist aber keine Verhältnisskala, sondern - dem Anspruch nach - lediglich eine Intervallskala. Man kann nicht sagen, daß die Note eins doppelt so gut ist wie irgendeine andere Note.

Man solle allerdings sagen können, daß die eins von der zwei gleich weit entfernt ist wie die zwei von der drei; denn Addition und Subtraktion sind auf einer Intervallskala möglich. Faktisch wird diese Skaleneigenschaft aber nicht geprüft; im Grunde liegt dem deutschen Benotungssystem nur eine Ordinalskala zugrunde. Eins ist besser als zwei und das besser als drei; mehr ist sozusagen nicht drin. Die Berechnung einer Durchschnittsnote ist insofern skalentheoretisch sehr problematisch.

Der andere Punkt ist die Trennschärfe. Sie kann logischerweise nicht größer sein, als es die Zahl der Werte auf der Skala erlaubt. Wenn man zum Beispiel die Größe der deutschen Schüler nur in Metern messen würde, dann wären die meisten zwei Meter groß.

Ein System, das 20 mögliche Skalenwerte enthält, erlaubt also eine größere Trennschärfe als das deutsche mit fünf oder sechs Skalenwerten.



Der zweite Punkt ist die Ausnutzung der Skala. Idealerweise sollten die Punkte/Noten normal verteilt sein, mit dem Modalwert genau in der Mitte der Skala. Je häufiger gute Noten vergeben werden, umso mehr weicht die Verteilung davon ab; sie wird schief. Der Effekt ist wiederum ein Verlust an Trennschärfe.

Herzlich, Zettel


Vielen Dank für Ihre Ausführungen. Sicher mit den Argumenten zur Skala haben sie weitgehend recht, andererseits was soll denn "doppelt so gut" sein? Wenn man nach Punkten geht ist eine 1 doppelt so gut wie eine 4(in einer Klausur liegt die 4 ja normalerweise bei 50% und die 1 bei 100%).

Was die fehlende Differenzierung und Ihr Argument mit den 2m großen Schülern angeht, so muss ich Ihnen doch widersprechen. Es gibt durch plus und minus 15 Abstufungen im deutschen System, die in der Oberstufe ja auch direkt so benannt werden(15Pkt = 1+,14Pkt=1,13Pkt=1- usw.). Ich finde dieses System schon sehr differenziert und bei dem Abiturergebnis schafft man aus diesen 15 Punkten 840.
Im Deutschen Abitur kann man die Absolventen also auf 840 Punkten je nach Leistung abstufen - ich sehe nicht was daran undifferenziert sein soll. Man macht vielleicht zu wenig Gebrauch von den Punkten und benutzt zu oft die darauf errechnete Note, aber auf dem Zeugnis stehen die Punkte und die werden im akademischen Umfeld ja auch durchaus verwendet. Gegen 840 Punkte ist das französische System doch sehr undifferenziert.

Gruß,
Isildur

ps:Zum Thema mündliche Prüfungen:Die haben natürlich immer eine menschliche, subjektive Komponente. Diese kann man allerdings gut dazu nutzen(wenn man es denn vermag) den Prüfer davon zu überzeugen, dass man den Stoff durchdrungen hat und auch wenn einem vielleicht in einer Aussage mal ein Flüchtigkeitsfehler unterläuft(der in einer schriftlichen Prüfung ungefragt als Defizit angesehen würde) kann man diesen in einer mündlichen Prüfung sehr leicht ausbügeln. Ich würde liebend gern alle Klausuren gegen mündliche Prüfungen eintauschen, außer eben wenn man mit dem Prüfer ganz und gar nicht klar kommt.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

09.07.2011 14:23
#40 RE: Transparenz Antworten

Zitat von Gansguoter
Die Prüfungspraxis an der Uni, wie ich sie erlebt habe, war zum Teil eine Frechheit. Rückblickend muss ich sagen, dass man vermutlich in vielen Fällen einen Einspruch hätte erfolgreich durchfechten können wegen gravierender formaler Mängel.

Ich habe das so nicht erlebt, allerdings auch solche Erfahrungen anderer erzählt bekommen.

Als Kandidat hatte ich das Glück, immer fair behandelt zu werden (mit einer Ausnahme; da hatte ich a bisserl mehr gelesen als der Prüfer und war so naiv gewesen, ihm das zu verstehen zu geben ). Als Prüfer bilde ich mir ein, mir Mühe gegeben zu haben und habe auch stets positive Rückmeldungen von den Studenten bekommen.

Warum können es sich Prüfer aber auch leisten, schlecht zu sein? Natürlich, weil der Anreiz fehlt, gut zu sein. Ich habe schön öfter geschrieben, daß die Abschaffung der Kolleggelder ein Fehler war, ebenso die Abschaffung der Prüfungsvergütungen (genauer gesagt wurden sie pauschalisiert und in die Besoldung eingearbeitet).

Zu meinen Studienzeiten hatten die Prüfer ein Interesse daran, von den Studenten nachgefragt zu werden, weil sie daran verdienten. Interessanterweise führte das aber nicht dazu, daß besonders "leichte" Prüfer besonders nachgefragt wurden. Sondern man wählte die Verläßlichen, Objektiven. Diejenigen, bei denen man den Eindruck hatte, daß sie gerecht urteilten.

Denn man möchte als Kandidat nicht Lotterie spielen, auch wenn relativ wenige Nieten in der Trommel sind. Sondern man möchte sich auf den Prüfer, die Präzision seiner Fragen, die Nachvollziehbarkeit seines Urteils verlassen können.

Ich habe nach einer mündlichen Prüfung dem Kandidaten gegenüber immer die Note begründet und war eigentlich nur dann mit mir als Prüfer zufrieden, wenn der Kandidat zu erkennen gab, daß er sich gerecht beurteilt fühlte.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

09.07.2011 14:33
#41 RE: Le bac Antworten

Zitat von isildur
Was die fehlende Differenzierung und Ihr Argument mit den 2m großen Schülern angeht, so muss ich Ihnen doch widersprechen. Es gibt durch plus und minus 15 Abstufungen im deutschen System, die in der Oberstufe ja auch direkt so benannt werden(15Pkt = 1+,14Pkt=1,13Pkt=1- usw.). Ich finde dieses System schon sehr differenziert und bei dem Abiturergebnis schafft man aus diesen 15 Punkten 840.

Danke. Das war mir so nicht geläufig. Zu meiner Schulzeit gab es nur "glatte" Noten in den Zeugnissen, also auch beim Abitur. "Plus" und "minus" wurde nur bei Klassenarbeiten (heute wohl, warum auch immer, "Tests" genannt) und bei einzelnen mündlichen Leistungen vergeben.

Zitat von isildur
ps:Zum Thema mündliche Prüfungen:Die haben natürlich immer eine menschliche, subjektive Komponente. Diese kann man allerdings gut dazu nutzen(wenn man es denn vermag) den Prüfer davon zu überzeugen, dass man den Stoff durchdrungen hat und auch wenn einem vielleicht in einer Aussage mal ein Flüchtigkeitsfehler unterläuft(der in einer schriftlichen Prüfung ungefragt als Defizit angesehen würde) kann man diesen in einer mündlichen Prüfung sehr leicht ausbügeln.

Das ist die eine Seite. Die andere ist, daß man zeigen kann, was man kann. Und dabei lernen. Wenn ein Prüfer sein Fach souverän beherrscht, dann kann er auf den Kandidaten eingehen und diesen gewissermaßen an seine Leistungsgrenze führen.

Ich habe die mündliche Prüfung immer interaktiv verstanden: Je besser ein Kandidat war, umso schwierigere Fragen habe ich ihm gestellt. Einfach, um ihm Gelegenheit zu geben, zu zeigen, was er kann. Das führte logischerweise am Ende zu Fragen, bei denen er passen mußte. Frustrationen also auch und gerade für die Besten; aber die Eins, mit der sie nach Hause gingen, hat sie meist schnell getröstet.

Herzlich, Zettel

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

09.07.2011 15:01
#42 RE: Transparenz Antworten

Zitat
Ich habe nach einer mündlichen Prüfung dem Kandidaten gegenüber immer die Note begründet und war eigentlich nur dann mit mir als Prüfer zufrieden, wenn der Kandidat zu erkennen gab, daß er sich gerecht beurteilt fühlte.



Zumindest bis vor ein paar Jahren sah die Magisterprüfungsordnung vor, dass der Prüfer nach der mdl. Prüfung die Note nicht bekanntgeben DURFTE - dies war dem Magisterprüfungsausschuss vorbehalten, der dann man Abend des Prüfungstages den Kandidaten die Noten aus KLausuren und mdl. Prüfungen mitteilte.

Durch die räumliche und zeitliche Trennung von Prüfung und Notenbekanntgabe entfiel auch ein unmittelbarer Rechtfertigungsdruck. Da hätte der Geprüfte dann im Nachhinein sich noch einmal in die Sprechstunde aufmachen müssen.

Natürlich habe ich auch sehr faire, kompetente und gut vorbereitete Prüfer erlebt! - Ich bin aber überzeugt, dass man bei manchen, hätte man es gewagt, eine genaue Begründung für die Note X im Nachhinein einzuholen, wahlweise mehr oder weniger ignoriert oder rauskomplimentiert worden.

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

09.07.2011 15:05
#43 RE: Le bac Antworten

Zitat
Das war mir so nicht geläufig. Zu meiner Schulzeit gab es nur "glatte" Noten in den Zeugnissen, also auch beim Abitur. "Plus" und "minus" wurde nur bei Klassenarbeiten (heute wohl, warum auch immer, "Tests" genannt) und bei einzelnen mündlichen Leistungen vergeben.



Klassenarbeiten sind Klassenarbeiten (in den schriftlichen = Hauptfächern: D, M, FS), nicht "Tests". "Tests" gibt es offiziell (Prüfungsordnung) gar nicht, wohl aber aus Bezeichnung für das, was die Lehrpläne "SChriftliche Übungen" nennen (in Haupt- wie Nebenfächern).

In der Oberstufe heißen die Klassenarbeiten dann Klausuren.

isildur Offline



Beiträge: 366

10.07.2011 13:23
#44 RE: Le bac Antworten

Zitat
Das ist die eine Seite. Die andere ist, daß man zeigen kann, was man kann. Und dabei lernen. Wenn ein Prüfer sein Fach souverän beherrscht, dann kann er auf den Kandidaten eingehen und diesen gewissermaßen an seine Leistungsgrenze führen.

Ich habe die mündliche Prüfung immer interaktiv verstanden: Je besser ein Kandidat war, umso schwierigere Fragen habe ich ihm gestellt. Einfach, um ihm Gelegenheit zu geben, zu zeigen, was er kann. Das führte logischerweise am Ende zu Fragen, bei denen er passen mußte. Frustrationen also auch und gerade für die Besten; aber die Eins, mit der sie nach Hause gingen, hat sie meist schnell getröstet.

Dass der Prüfer in seinem Fach sicher ist, sollte man voraussetzen sonst machen Prüfungen wenig Sinn(auch wenn es wohl leider nicht immer der Fall ist). Ich kenne das auch, dass man als guter Prüfling(NRW-Abiturdeutsch zur Vermeidung des _innen Quatsch, sehr kreativ) vom Prüfer an seine Grenzen geführt wird mit den Fragen und man so auch die Möglichkeit bekommt sich auf einer geistigen Ebene zu bewegen, die 15 Punkte auch rechtfertigt. Dass der Prüfer dabei die Grenze des noch zu leistenden auch mal überschreitet ist normal und trainiert "sicheres Auftreten bei totaler Ahnungslosigkeit". Solange der Prüfer sich dessen bewusst ist und die Benotung entsprechend ist das eine tolle Sache.
Ein guter Prüfling sollte sich mit einem guten Prüfer im gelernten Bereich ungefähr auf Augenhöhe bewegen, wobei der Prüfer das größere Wissen im Hintergrund hat und damit versucht den Prüfling an seine Grenzen zu führen, deren Level dann die Note wiedergibt. Das finde ich bedeutend sinnvoller als eine einheitliche Klausur die einem die Möglichkeit nimmt individuell seine Fähigkeiten heraus zu stellen - deshalb habe ich schriftliche Prüfung schon immer gehasst, während die meisten sich eher vor den mündlichen fürchten.

Gruß,
Isildur

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

11.07.2011 10:34
#45 RE: Le bac Antworten

Zitat von Zettel
Wenn ein Prüfer sein Fach souverän beherrscht, dann kann er auf den Kandidaten eingehen und diesen gewissermaßen an seine Leistungsgrenze führen.


Oh ja.
Meine erste mündliche Diplomprüfung (von vieren) in Mathematik war eine ziemliche Überraschung für mich. Im Gegensatz zu allen Prüfungen, die ich jemals vorher in Schule oder Studium gemacht hatte, fragte der Prüfer nichts ab.
Sondern er bat mich, ein frei gewähltes Thema aus einem beliebigen Gebiet darzustellen. Also irgendeinen Beweis vorzuführen, einen Satz Definitionen zu erläutern.
Und davon ausgehend hat er dann die Prüfung gestaltet. Hat manche Voraussetzungen hinterfragt, Vergleiche mit ähnlichen Problemen anstellen lassen, hat "dumme" Fragen gestellt, über Hintergrüne philosophiert - es war unglaublich interessant und anstrengend.

Obwohl er mich vorgewarnt hatte, war ich doch von diesem neuen Format so überrascht, daß ich schnell ins Schwimmen kam. Gott sei Dank war er so großzügig, mich auf meine Bitte hin glatt durchfallen zu lassen - er hätte ja durchaus auch eine 3 oder 4 vergeben können. Ein halbes Jahr später bei der Wiederholung habe ich die Prüfung dann fast schon genossen. Ein echtes intellektuelles Erlebnis, man hat in dieser Stunde mehr über mathematisches Denken gelernt als in einem Semester Vorlesung.

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

12.07.2011 02:19
#46 RE: Le bac Antworten

Zitat von Zettel
Das ist die eine Seite. Die andere ist, daß man zeigen kann, was man kann. Und dabei lernen. Wenn ein Prüfer sein Fach souverän beherrscht, dann kann er auf den Kandidaten eingehen und diesen gewissermaßen an seine Leistungsgrenze führen.



Ich hatte in meinen mündlichen Prüfungen oft nicht nur das Glück, zielsicher an meine Wissensgrenze herangeführt zu werden, sondern darüber hinaus hat sich der Prüfer oft die Zeit genommen, mich über diverse Irrtümer aufzuklären. Man sollte ja nicht glauben, was man im 1:1-Unterricht in wenigen Minuten so alles lernen kann.

Auch die bittersten 20 Minuten meines Lebens habe ich in einer mündlichen Prüfung verbracht. Jede meiner Antworten auf eine gestellte Frage wurde binnen Sekunden abgewürgt und so lange nachhakenderweise präzisiert oder erweitert, dass ich binnen kürzester Zeit am Ende meines Wissens angekommen war. In so kurzer Zeit hatte noch niemand zielsicher meine Lücken aufgedeckt. Am Ende gab es zu meiner Überraschung trotzdem eine gute Note, mit dem freundlichen Hinweis des Profs, dass er an meinen Ausführungen über Dinge, die ich offensichtlich verstanden hatte, schlicht nicht interessiert war - denn relevant für seine Notengebung sei stets die Bewertung der Tiefe des Verständnises.

Gruß,
hubersn

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.07.2011 02:57
#47 RE: Le bac Antworten

Zitat von hubersn
Auch die bittersten 20 Minuten meines Lebens habe ich in einer mündlichen Prüfung verbracht. Jede meiner Antworten auf eine gestellte Frage wurde binnen Sekunden abgewürgt und so lange nachhakenderweise präzisiert oder erweitert, dass ich binnen kürzester Zeit am Ende meines Wissens angekommen war. In so kurzer Zeit hatte noch niemand zielsicher meine Lücken aufgedeckt. Am Ende gab es zu meiner Überraschung trotzdem eine gute Note, mit dem freundlichen Hinweis des Profs, dass er an meinen Ausführungen über Dinge, die ich offensichtlich verstanden hatte, schlicht nicht interessiert war - denn relevant für seine Notengebung sei stets die Bewertung der Tiefe des Verständnises.

Sie könnten bei mir in der Prüfung gewesen sein, lieber hubersn.

Wer bei mir eine eins bekam, der hatte sie sich redlich erkämpft. Und konnte stolz darauf sein. Und er hatte wahrscheinlich etwas gelernt, so wie ich als Student bei den guten Prüfern.

Bei den mündlchen Prüfungen trennt sich die Spreu vom Weizen, und zwar auf beiden Seiten.

Es gibt die Studenten, die doch sooo fleißig gelernt haben und entsetzt sind, wenn das trotzdem nicht zu einer Spitzennote führt. Es gibt die Prüfer, die stur nach Lehrbuch und Vorlesung abfragen. Die passen zusammen.

Und es gibt die Studenten, die sich den Stoff wirklich angeeignet und ihn nicht nur "gelernt" haben; auf der anderen Seite die Prüfer, denen es Freude macht, die Prüfung als ein privatissimum gratis zu nutzen.

Treffen die richtigen Kandidaten auf die richtigen Prüfer, dann läuft das meist gut. Schwierig wird es, wenn ein Kandidat der einen Art auf einen Prüfer der anderen trifft.

Ich habe es erlebt, daß ein Kandidat auf eine Frage geantwortet hat: Wo steht das denn im Lehrbuch?

Ja dann.

Herzlich, Zettel

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

12.07.2011 15:24
#48 RE: Le bac Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von hubersn
Auch die bittersten 20 Minuten meines Lebens habe ich in einer mündlichen Prüfung verbracht. Jede meiner Antworten auf eine gestellte Frage wurde binnen Sekunden abgewürgt und so lange nachhakenderweise präzisiert oder erweitert, dass ich binnen kürzester Zeit am Ende meines Wissens angekommen war. In so kurzer Zeit hatte noch niemand zielsicher meine Lücken aufgedeckt. Am Ende gab es zu meiner Überraschung trotzdem eine gute Note, mit dem freundlichen Hinweis des Profs, dass er an meinen Ausführungen über Dinge, die ich offensichtlich verstanden hatte, schlicht nicht interessiert war - denn relevant für seine Notengebung sei stets die Bewertung der Tiefe des Verständnises.

Sie könnten bei mir in der Prüfung gewesen sein, lieber hubersn.




Bisher hatte ich noch nicht den Eindruck gehabt, dass Sie im Bereich "Theorie der Informatik", Spezialbereiche "Formale Semantik von Programmiersprachen" und "Netze und Prozesse" vertieftes Wissen vorweisen können. Sollten Sie allerdings regelmäßig im Süden der Republik eine amüsante Vorlesung am 6. Dezember gehalten haben, lassen Sie es mich wissen

Gruß,
hubersn

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