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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 27 Antworten
und wurde 2.626 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

16.07.2011 13:54
#26 RE: Gewaltmonopol Antworten

Zitat von Llarian
Die Idee der Kolonie klingt auf den ersten Blick ganz gut, sie ist nur nicht mit der derzeitigen, deutschen Justiz vereinbar. Wie man es auch dreht und wendet ist eine solche Kolonie ein Gefängnis. Ein großes Gefängnis vielleicht, ein sehr angenehmes, ein humanes, aber immernoch ein Gefängnis. Das Verfassungsgericht hat aber in seiner unendlichen Weisheit bestimmt, dass eine Strafe, die ein ewiges Einsperren vorsieht, gegen die Menschenwürde verstösst (völlig ungeachtet, dass das weltweit gänzlich anders gesehen wird). Und mit diesem Urteil sitzen wir erst einmal fest.

Zunächst mal muss die deutsche Justiz feststellen, dass das ein Fehlurteil war (das wird sie vermutlich leider schon nicht schaffen). Wenn es aufgehoben wäre, dann könnte man über solche Modelle nachdenken. Das Problem ist, dass das einer Revolution der Justiz gleichkommt, die sich ja selber offensichtlich gar nicht bewusst darüber ist, wie sie wahrgenommen wird, und wie sehr sie den Staat gefährdet.


In dem angesprochenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts verweist dieses auf §2 des Strafvollzugsgesetzes:

Zitat
§ 2 Aufgaben des Vollzuges

Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Vollzugsziel). Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten.



Jetzt frage ich mich, wird die Erfüllung der Aufgabe des Stafvollzuges auch von Zeit zu Zeit evaluiert? Ab welcher Rückfallquote gilt diese Aufgabe als erfüllbar? Ist der Weg das Ziel?
Wie lange hat die Judikative bei der Erfüllung dieser Aufgabe Zeit, und wann ist es theoretisch möglich festzustellen, dass die Aufgabe, unter Angabe der Gründe, nicht erfüllbar ist.
Ich beziehe mich mit diesen Fragen ausschließlich auf den 1.Satz des §2. Das Vollzugsziel muss m.E. erreichbar sein.

Llarian Online



Beiträge: 7.127

16.07.2011 18:16
#27 RE: Gewaltmonopol Antworten

Zitat von Gorgasal
Gucken Sie mal, ich habe noch eine bessere Idee. Warum sollen wir warten, bis das erste Verbrechen begangen wurde, und dann erst auf den Wiederholungsfall abstellen? Fast alle Vergewaltigungen werden von Männern zwischen 15 und 50 Jahren durchgeführt. Sperren wir also alle diese Leute ein, und schon haben wir keine Vergewaltigungen mehr.


Lieber Gorgasal, normalerweise kenne ich Sie als recht angenehmen und reflektierten Gesprächspartner, dessen Beiträge ich eigentlich immer geschätzt habe. Das was Sie in diesen 3 Sätzen schreiben ist das niveauloseste was ich bisher von Ihnen gelesen habe. Ich weiss nicht was das soll, aber auf dem Niveau möchte ich mich nicht streiten.

Zitat
"Nicht funktioniert", aha. Aus einem Fall eines fälschlich als resozialisiert bezeichneten Täters, der wieder ein Verbrechen begangen hat, folgern Sie messerscharf, dass Resozialisierung nicht funktioniert. Folgern Sie auch aus einem einzigen Motorschaden, dass das Auto als solches nicht funktioniert? Haben Sie irgendwelche Zahlen, wieviele Täter wie gut resozialisiert werden?


Die habe ich tatsächlich und wenn Sie sich die Mühe machen, werden Sie feststellen, dass ich Sie gerade erst oben diesem Thread zugefügt habe.

Zitat
Sie meinen, wir verfolgen die Resozialisierung nur deswegen, weil Juristen nicht zugeben wollen, dass sie nicht funktioniert? Könnten Sie sich prinzipiell auch vorstellen, dass Ihr obiger Syllogismus nicht ganz so überzeugend sein mag, wie Sie es anscheinend sehen?


Natürlich kann ich mir das vorstellen. Nur halte ich es mit Occam, wenn viele Erklärungen vorliegen, ohne dass wir etwas über die Wahrscheinlichkeiten wissen, ist die einfachste normalerweise die richtige.

Zitat
Aber warum schränken Sie Ihr Konzept auf Gewalttäter ein?


Weil Gewalttaten die Opfer über alle Maßen traumatisieren und die Folgen der Tat sich nie wieder aus der Welt schaffen lassen. Diebstähle oder Schwarzfahren haben weit weniger Wirkung und lassen sich durchaus wieder gut machen. Das Leib und Leben einen anderen Stellenwert einnehmen als Sachdinge, muss ich das wirklich erklären ?

Zitat
Ist das nur mein persönlicher Eindruck, oder hat die Qualität der Diskussion hier in letzter Zeit merklich abgenommen? Ist das die Hitze?


Ich weiss nicht. Mir ist nicht warm. Und ich emfinde auch das, was ich vorher geschrieben habe, nicht als unsachlich, im Unterschied zu einigen ihrer Anmerkungen hier. Ich verstehe auch wirklich nicht, warum es diese Emotionen bei Ihnen auslöst. Ich fang ja nicht einmal von der Kopf-ab-Justiz an. Und ich meine auch nicht, dass man jeden Straftäter ein Leben lang einsperren soll, damit der mal so richtig merkt, wie falsch das war. Was ich meine ist, dass das derzeitige System nicht funktioniert. Es erfüllt nicht seinen Auftrag. Wie ein anderes System aussehen kann, darüber kann man sich ja Gedanken machen. Aber jemanden anzuspringen, weil er mit dem derzeitigen System nicht einverstanden ist, und ihm direkt so einen Blödsinn zu unterstellen, wie oben geschrieben, das ist mit Sicherheit eher ein Indikator für das von Ihnen bedauerte, niedrige Niveau.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

17.07.2011 14:10
#28 RE: Gewaltmonopol Antworten

Zitat von Erling Plaethe
In dem angesprochenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts verweist dieses auf §2 des Strafvollzugsgesetzes:

Zitat
§ 2 Aufgaben des Vollzuges

Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Vollzugsziel). Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten.



Jetzt frage ich mich, wird die Erfüllung der Aufgabe des Stafvollzuges auch von Zeit zu Zeit evaluiert? Ab welcher Rückfallquote gilt diese Aufgabe als erfüllbar? Ist der Weg das Ziel?
Wie lange hat die Judikative bei der Erfüllung dieser Aufgabe Zeit, und wann ist es theoretisch möglich festzustellen, dass die Aufgabe, unter Angabe der Gründe, nicht erfüllbar ist.
Ich beziehe mich mit diesen Fragen ausschließlich auf den 1.Satz des §2. Das Vollzugsziel muss m.E. erreichbar sein.



Nachtrag zur Hebung der Qualität der Diskussion. Dieser Text wurde 1792 zensiert in einer Zeit des Übergangs von der Aufklärung zur Romantik und erst 1851 erstmalig veröffentlicht.
Aus: "Ideen zu einem Versuch die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen" von Wilhelm von Humboldt

Zitat
Der Staat muß in Absicht der Grenzen seiner Wirksamkeit den wirklichen Zustand der Dinge der richtigen und wahren Theorie insoweit nähern, als ihm die Möglichkeit dies erlaubt und ihn nicht Gründe wahrer Notwendigkeit daran hindern. Die Möglichkeit aber beruht darauf, daß die Menschen empfänglich genug für die Freiheit sind, welche die Theorie allemal lehrt, daß diese die heilsamen Folgen äußern kann, welche sie an sich ohne entgegenstehende Hindernisse immer begleiten; die entgegenarbeitende Notwendigkeit darauf, daß die auf einmal gewährte Freiheit nicht Resultate zerstöre, ohne welche nicht nur jeder fernere Fortschritt, sondern die Existenz selbst in Gefahr gerät. Beides muß immer aus der sorgfältig angestellten Vergleichung der gegenwärtigen und der veränderten Lage und ihrer beiderseitigen Folgen beurteilt werden.


Zitat
Verbinde ich mit dieser Regel für das praktische Benehmen des Staats die Gesetze, welche die im vorigen entwickelte Theorie ihm auflegte, so darf derselbe seine Tätigkeit immer nur durch die Notwendigkeit bestimmen lassen. Denn die Theorie erlaubte ihm allein Sorgfalt für die Sicherheit, weil die Erreichung dieses Zwecks allein dem einzelnen Menschen unmöglich und daher diese Sorgfalt allein notwendig ist, und die Regel des praktischen Benehmens bindet ihn streng an die Theorie, insofern nicht die Gegenwart ihn nötigt, davon abzugehn. So ist es also das Prinzip der Notwendigkeit, zu welchem alle in diesem ganzen Aufsatz vorgetragene Ideen wie zu ihrem letzten Ziele hinstreben. In der reinen Theorie bestimmt allein die Eigentümlichkeit des natürlichen Menschen die Grenzen dieser Notwendigkeit; in der Ausführung kommt die Individualität des wirklichen hinzu. Dieses Prinzip der Notwendigkeit müßte, wie es mir scheint, jedem praktischen, auf den Menschen gerichteten Bemühen die höchste Regel vorschreiben. Denn es ist das einzige, welches auf sichre, zweifellose Resultate führt. Das Nützliche, was ihm entgegengesetzt werden kann, erlaubt keine reine und gewisse Beurteilung. Es erfordert Berechnungen der Wahrscheinlichkeit, welche, noch abgerechnet, daß sie ihrer Natur nach nicht fehlerfrei sein können, Gefahr laufen, durch die geringsten unvorhergesehenen Umstände vereitelt zu werden; da hingegen das Notwendige sich selbst dem Gefühl mit Macht aufdringt und, was die Notwendigkeit befiehlt, immer nicht nur nützlich, sondern sogar unentbehrlich ist. Dann macht das Nützliche, da die Grade des Nützlichen gleichsam unendlich sind, immer neue und neue Veranstaltungen erforderlich, da hingegen die Beschränkung auf das, was die Notwendigkeit erheischt, indem sie der eignen Kraft einen größeren Spielraum läßt, selbst das Bedürfnis dieser verringert. Endlich führt Sorgfalt für das Nützliche meistenteils zu positiven, für das Notwendige meistenteils zu negativen Veranstaltungen, da – bei der Stärke der selbsttätigen Kraft des Menschen – Notwendigkeit nicht leicht anders als zur Befreiung von irgendeiner einengenden Fessel eintritt. Aus allen diesen Gründen – welchen eine ausführlichere Analyse noch manchen andren beigesellen könnte – ist kein andres Prinzip mit der Ehrfurcht für die Individualität selbsttätiger Wesen und der aus dieser Ehrfurcht entspringenden Sorgfalt für die Freiheit so vereinbar als eben dieses. Endlich ist es das einzige untrügliche Mittel, den Gesetzen Macht und Ansehen zu verschaffen, sie allein aus diesem Prinzip entstehen zu lassen. Man hat vielerlei Wege vorgeschlagen, zu diesem Endzweck zu gelangen; man hat vorzüglich, als das sicherste Mittel, die Bürger von der Güte und der Nützlichkeit der Gesetze überzeugen wollen. Allein auch diese Güte und Nützlichkeit in einem bestimmten Falle zugegeben, so überzeugt man sich von der Nützlichkeit einer Einrichtung nur immer mit Mühe; verschiedene Ansichten bringen verschiedene Meinungen hierüber hervor; und die Neigung selbst arbeitet der Überzeugung entgegen, da jeder, wie gern er auch das selbsterkannte Nützliche ergreift, sich doch immer gegen das ihm aufgedrungene sträubt. Unter das Joch der Notwendigkeit hingegen beugt jeder willig den Nacken. Wo nun schon einmal eine verwickelte Lage vorhanden ist, da ist die Einsicht selbst des Notwendigen schwieriger; aber gerade mit der Befolgung dieses Prinzips wird die Lage immer einfacher und diese Einsicht immer leichter.

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