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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 31 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
DrNick Offline




Beiträge: 809

06.08.2011 09:59
#26 RE: Rösler als Vietnamese Antworten

Zitat von JeffDavis
Wenn das deutsche StAngRecht - und das war ja Ihre Ausgangsthese - seit 2000 nicht mehr "völkisch aufgeladen" ist, wieso ist das ius sanguinis immer noch der zentrale Grundsatz im StAG? Wieso ist die diesbezügliche Vorschrift insoweit seit 1914 unverändert?

Wenn Ihre These richtig wäre, wieso findet sich davon keine Spur in den Verwaltungsvorschriften bzw. Vorläufigen Anwendungshinweisen des BMI zum StAG? Die Verwaltung müßte doch wissen,wie sie die ethnische Komponente in der Verwaltungspraxis berücksichtigen soll?



Ich habe nirgendwo behauptet, daß ethnische Fragen eigens berücksichtigt werden, sondern daß das i.s. der Intention nach ein ethnisches Prinzip für die Vergabe der Staatsbürgerschaft ist. Sehen Sie denn überhaupt keinen Zusammenhang zwischen der Herausbildung der klassischen Nationalstaaten und der Entscheidung für das ius sanguinis als exklusivem Zugang zur Staatsbürgerschaft?

Zitat von DrNick
Wie kommen Sie darauf, daß es für Volksdeutsche eine Sonderregelung gäbe, die den Erwerb der deut StAng beträfe?



Vielleicht verstehe ich ja das Gesetz nicht richtig, aber in § 7 des StAG existiert doch eine eigene Regel für die Einbürgerung von Spätaussiedlern. Wieso gilt denn für diese Gruppe nicht genau dasselbe Recht für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit wie für alle anderen ausländischen Staatsangehörigen auch?

lois jane Offline



Beiträge: 662

06.08.2011 21:18
#27 RE: Rösler als Vietnamese Antworten

Zitat von DrNick

Zitat von JeffDavis
1. Das ius sanguinis ist nach wie vor ein zentraler Grundsatz des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts.



Habe ich auch nicht bestritten. Es ist nur ein Unterschied, ob in einem Staat die Staatsangehörigkeit ausschließlich durch die Abstammung erworben wird oder ob es andere Regeln gibt, die den Erwerb der Staatsangehörigkeit ermöglichen.




Dann hätten Sie aber nicht von "seit einem Jahrzehnt" sprechen dürfen, denn Einbürgerungen gibt es doch schon etwas länger. Und das diese existieren hat aber keinerlei Einfluß auf die Einordnung als jus sanguinis oder jus soli.

[/quote]

Zitat von JeffDavis
2. Denn es hat mit der völkisch verstandenen "blutsmäßigen" Abstammung nichts zu tun. Man wird durch Geburt Deutscher, weil man "das Blut" deutscher Staatsangehöriger in seinen Adern hat. Ob die Eltern ethnisch dem japanischen, litauischen oder ungarischen Volk angehören, ob sie Massai, Apatschen, Eskimos oder Ostfriesen sind, das spielt für die Staatsangehörigkeit überhaupt keine Rolle.



Man kann "ius sanguinis" in der Tat völlig neutral im Sinne der Regel fassen: Wessen Eltern deutsche Staatsangehörige waren, ist Deutscher; man kann den Grundsatz aber auch ethnisch aufgeladen verstehen. In den Debatten ...[/quote]

Ja, wenn man die Absicht hat, das j.s. zu dämonisieren, um es anschließend abzuschiessen, kann man das tun. Unredlich ist es dennoch.

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Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

06.08.2011 21:53
#28 RE: Rösler als Vietnamese Antworten

Das Ius Sanguinis geht auf ein natürliches Bedürfnis aller Eltern ein: Das ihre eigenen Kinder, ihr Nachwuchs, den selben Schutz und die selben staatsbürgerlichen Rechte geniesen soll, wie sie selber.

Es handelt sich um ein vollkommen legtitimes Interesse der großen Mehrzahl der eigenen Staatsangehörigen, auf die der Staat hier eingeht.

Die Ethnie ist irrelevant.

Unabhängig von ihrer Ethnie: Möchten Sie, das ihre eigenen Kindet nicht den selben staatsbürgerlichen Schutz geniesen, wie Sie selber?

Die Möglichkeit aufgrund des Spätaussiedlerstatus die deutsche Staatsangehörigkeit zu erhalten ist davon unabhängig und hat mit dem allgemeinen Ius Sanguinis nichts zu tun. Mir fällt auf die schnelle auch kein Staat ein, mit Ausnahme des Vatikans, der nicht auch (eventuell neben anderen Möglichkeiten die Staatsangehörigkeit zu erwerben) das Ius Sanguinis kennt. Wenn jemand doch so einen Staat kennt würde mich das interessieren, es wäre aber die absolute Ausnahme.

Nochmal zum Spätaussiedlerthema:

Hier finden sie die Legaldefinition in der Wikipedia.

Dabei fallen Hauptsächlich drei nennenswerte Gruppen von Spätaussiedlern auf:

1. Personen deutscher Volkszugehörigkeit, die in den im 2. Weltkrieg verlustig gegangegnen Gebieten östlich der Oder-Neise-Linie verblieben sind, also der Vertreibung entgingen

2. Personen deutscher Volkszugehörigkeit, die aus den Republiken der ehemaligen Sowjetunion kommen, nicht zuletzt solche, die nach dem 2. Weltkrieg von der Sowjetunion verschleppt wurden, als "Reperation", um dort Zwangsarbeit zu leisten

und

3. deutsche Volkszugehörige aus Osteuropa oder China glaubhaft machen, dass sie am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlagen.

Es gibt auch noch weitere Gruppen, aber zumindest bei den genannten, finde ich das keine Volkstümmelei.

Solche Regelungen, für Personen die eine kulturelle Verbindung zu einem bestimmten Land haben, sind auch nichts besonderes, siehe hier. Insbesondere wenn dies als Zufluchtsmöglichkeit für Personen dient, die Aufgrund ihrer Abstammung und kulturellen Verbindung zu einem Land, verfolgt oder zumindest diskriminiert werden, wie beim Rückkehrgesetz, selbst wenn die Benachteiligung nicht im Einzelfall überprüft wird.

JeffDavis Offline



Beiträge: 448

06.08.2011 23:07
#29 RE: Rösler als Vietnamese Antworten

Zitat von DrNick
Ich habe nirgendwo behauptet, daß ethnische Fragen eigens berücksichtigt werden, sondern daß das i.s. der Intention nach ein ethnisches Prinzip für die Vergabe der Staatsbürgerschaft ist. Sehen Sie denn überhaupt keinen Zusammenhang zwischen der Herausbildung der klassischen Nationalstaaten und der Entscheidung für das ius sanguinis als exklusivem Zugang zur Staatsbürgerschaft?



Sie haben geschrieben, daß sich das deutsche StAngRecht seit dem 01.01.2000 (der Reform unter Rot-Grün) vom ius sanguinis verabschiedet hätte, was selbst von Ihrer Prämisse aus nicht stimmt, weil es ununterbrochen seit dem 01.01.1914 im StAG (jetzt §4 Abs.1) verankert ist. Ich habe zusätzlich darauf hingewiesen, daß in den allen Staatsangehörigkeitsgesetzen der Welt mit ius sanguinis dieses iSv. leibliche Abstammung von Eltern mit der entsprechenden StAng bedeutet und niemand eine ethnische Bedeutung darunter versteht.


Aber zu Ihrer Frage: Meine Antwort lautet jein.

Seit der franz Revolution entwickelte sich die rechtliche Beziehung zwischen Einwohner und Obrigkeit weg vom Untertanen, der durch ein personales Band mit dem Landesherrn verbunden war, hin zum Staatsbürger (Citoyen) den das abstrakte Rechtsinstitut der Staatsbürgerschaft mit der Obrigkeit verband. Der Prozeß dauert einige Jahrzehnte (noch 1851 hieß das entsprechende Gesetz im Kgr Sachsen "Untertanengesetz"), setzte sich aber im 19.Jhdt durch.

Die Entwicklung der Nationalstaaten ging damit einher, allerdings idR einige Zeit vor der Kodifizierung der Staatsangehörigkeit. Sicher hängen Nationalstaaten und modernes Staatsangehörigkeitsrecht zusammen. Aber weder ist mE dieser die Ursache für das neue Institut, noch war und ist das ius sanguinis jemals der "exklusive Zugang" zur Staatsbürgerschaft gewesen. Es gab in vielen Ländern mehr oder weniger starke ius soli - Elemente. Einbürgerungen waren immer möglich. Viele Einwanderungsländer des 19.Jhdts haben den Erwerb ihrer StAng durch Verträge mit den Herkunftsländern der Einwandere geregelt, also ein Erwerb durch völkerrechtliche Vereinbarung. Gebietsveränderungen hatten aus dem gleichen Grund einen StAng-Wechsel zur Folge.

Das ius sanguinis war nur ein Mittel für den Erwerb der StAng und nur bei Überleitung von eigenen Staatsbürgern auf ihre leiblichen Kinder.


Zitat von DrNick

Vielleicht verstehe ich ja das Gesetz nicht richtig, aber in § 7 des StAG existiert doch eine eigene Regel für die Einbürgerung von Spätaussiedlern. Wieso gilt denn für diese Gruppe nicht genau dasselbe Recht für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit wie für alle anderen ausländischen Staatsangehörigen auch?



Der §7 StAG wurde übrigens ebenfalls am 01.01.2000 neu eingeführt, Vorher mußten sich die Aussiedler/Spätaussiedler auf Antrag einbürgern lassen. Also von Ihrer Standpunkt aus ein völkisches Sonderrecht, immer noch...

Richtig ist allerdings, daß §7 StAG gar nichts mit dem ius sanguinis zu tun hat, sondern eine Form der Einbürgerung darstellt.

Eingebürgert wird - grob gesagt - ein Ausländer, der bestimmte Vorleistungen erbringt und die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. In D ist die zentrale Vorschrift §10 StAG. Vom Regelfall abweichend gibt es aber zahlreiche Privilegierungen, die Sie im einzelnen in den Absätzen des §10 und in den §§9,12ff StAG nachlesen können. Nirgendwo wird auf ethnische Gesichtspunkte abgestellt, nirgendwo ein exclusiver Zugang über ein ius sanguinis. Die Privilegierungen haben ihre Ursache idR in überdurchschnittlichen Integrationsleistungen, einem günstigen Integrationsumfeld, rechtlichen Erwägungen (zB bei EU- und EWR-Bürgern) sowie in bestimmten humanitären Erwägungen (bei der Hinnahme der Mehrstaatigkeit). Ethnische Gesichtspunkte spielen keine Rolle.

Deutsche Volkszugehörige als solche haben keine eigenständige Rechtsgrundlage für den Erwerb der deutschen StAng. Sie können, wenn sie sich als Ausländer in D aufhalten, idR nach einer verkürzten Frist einbürgern lassen. Aus- und Spätaussiedler nun erbringen die Vorleistungen in dem oben bezeichneten Sinne, indem sie vor der Einreise nach D das im BVFG vorschriebene Aufnahmeverfahren durchlaufen und dort ihre Volkszugehörigkeit sowie ein Kriegsfolgeschicksal nachweisen. Nach der Einreise erfolgt das Verfahren zur Ausstellung der Spätaussiedlerbescheinigung, deren Ausstellung nach §7 StAG den Erwerb der StAng kraft Gesetzes zur Folge hat. §7 stellt insoweit eine Verwaltungsvereinfachung dar, weil er eigenständige Einbürgerungen auf Antrag überflüssig macht (die zudem aus Unkenntnis oft unterblieben).

Das hat nichts mit völkischem StAngRecht zu tun, sondern hat seine Grundlage in den Folgen des 2.WK. Längst nicht jeder deutsche Volkzugehörige wird als Spätaussiedler aufgenommen. Der Status läuft ohnehin bald aus, weil nach dem 01.01.1993 geborene Personen ihn nicht mehr erwerben können. Der Unterschied ist, daß es nicht auf den gesicherten Lebensunterhalt ankommt und die Anforderungen an die Sprachkenntnisse deutlich niedriger sind (logisch, die Leute leben im Ausland). Andererseits gewährt auch §10 StAG "normalen" Ausländern solche Vorteile bei unverschuldeten Bezug von Leistungen nach SGB II oder XII und auch bzgl. der Sprache gibt es Ausnahmen. Außerdem leben die Ausländer bereits mehrere Jahre in D und haben ganz andere Möglichkeiten für den Spracherwerb als die meisten Spätaussiedler.

Ich kann hier nicht ansatzweise eine "völkische Aufladung" des StAngRechts erkennen. Und sie wird auch von niemandem so gesehen. Allenfalls kann man sich fragen, ob es 60-70 Jahre nach dem Krieg noch ein Kriegsfolgeschicksal gibt. Derartige Reglungen kennen übrigens auch die Finnen und die Griechen für ihre Volkszugehörigen aus der ehem UdSSR. Andere Staaten wie Spanien und Italien gewähren den Nachkommen früherer Auswanderer eine erleichterte Einbürgerung.

Für meinen Geschmack geheimnissen Sie in das ius sanguinis viel zu viel hinein und überschätzen seine Bedeutung für das StAngRecht erheblich.



@Techniknörgler: Die von Ihnen genannten Gruppen sind Vertriebene, Umsiedler und Aussiedler nach §1 BVFG. Der Spätausiedlerstatus ist in §4 BVFG geregelt und heute praktisch allein relevant (siehe dazu http://www.gesetze-im-internet.de/bvfg/index.html). In Wirklichkeit ist übrigens alles noch viel komplizierter! In der Sache haben sie aber recht.

Gegen die Texte neuer staatlicher Regelungen liest sich das preußische Exerzierreglement wie das Feuilleton einer liberalen Wochenzeitschrift.

DrNick Offline




Beiträge: 809

07.08.2011 07:51
#30 RE: Rösler als Vietnamese Antworten

Zitat von JeffDavis
Ich habe zusätzlich darauf hingewiesen, daß in den allen Staatsangehörigkeitsgesetzen der Welt mit ius sanguinis dieses iSv. leibliche Abstammung von Eltern mit der entsprechenden StAng bedeutet und niemand eine ethnische Bedeutung darunter versteht.



Mit dem Wort "alle" sollte man vorsichtig sein. In einigen asiatischen Staaten sieht man die Sache vielleicht etwas anders.

Zitat von JeffDavis
Richtig ist allerdings, daß §7 StAG gar nichts mit dem ius sanguinis zu tun hat, sondern eine Form der Einbürgerung darstellt.



Langsam habe ich den Eindruck, daß wir uns hier nur über die Verwendung eines Wortes streiten. Sie können ja gerne den Ausdruck "ius sanguinis" in einem engen juristischen Sinne verwenden, sollten aber doch zur Kenntnis nehmen, daß er auch als Bezeichnung für die Idee verwendet wird, daß ein bestimmter ethnischer Hintergrund konstitutiv dafür ist, daß man im vollen Sinne Angehöriger eines Staates ist.

Zudem: Wenn es in §7 StAG um eine Einbürgerung geht, warum wird denn dann in §3 StAG genau zwischen der "Einbürgerung von Ausländern" und der "Ausstellung der Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 oder 2 des Bundesvertriebenengesetzes" unterschieden?

JeffDavis Offline



Beiträge: 448

07.08.2011 14:11
#31 RE: Rösler als Vietnamese Antworten

Zitat von DrNick
Mit dem Wort "alle" sollte man vorsichtig sein. In einigen asiatischen Staaten sieht man die Sache vielleicht etwas anders.



Nein, sieht man nicht, jedenfalls nicht so, wie Sie es verstehen wollen. Die im zitierten Buch genannten Staaten kennen alle das ius sanguinis, und zwar genau in dem Sinne, wie es auch in D gemeint ist. Chinesischer usw. Bürger wird durch Geburt, wessen Eltern chin. Staatsangehörige sind. Schwierig ist es hingegen für Ausländer ohne ethnischen Bezug zu den jeweiligen Staaten, sich einbürgern zu lassen. Das ist gerade kein ius sanguinis, sondern eine Frage der Ausgestaltung der Einbürgerung. Das Buch ist im übrigen auch nicht auf dem neuesten Stand, zB bei China.

Ich will gar nicht bestreiten, daß die in dem Buch genannten asiatischen Länder ein stärker - um Ihren Ausdruck zu verwenden - „völkisch“ geprägtes Verständnis vom Staatsvolk haben als der anglo-amerikanische oder kontinentaleuropäische Rechtskreis. Aber das ist nur im Rahmen der Einbürgerungsvoraussetzungen relevant, nicht bei der Anwendung des ius sanguinis auf diejenigen, die bereits die jeweilige Staatsangehörigkeit besitzen. Dieser Unterschied wird auch von Castles und Davidson gründlich verkannt, wie diese überhaupt den Begriff nicht richtig anwenden. Wenn sie zB auf den noch heute ausgeübten Assimilierungszwang bzw. die Diskriminierung von Minderheiten in den jeweiligen Staaten verweisen (klassisch: die Koreaner in Japan) verweisen, hat das ebenfalls nicht mit ius sanguinis zu tun, weil es entweder um die Verweigerung der Einbürgerung oder die Diskriminierung eigener Staatsbürger aus einer ethnischen Minderheit geht.

Der Fehler liegt darin, von vornherein ohne Grundlage dem Begriff „deutsch“ im StAngRecht einen „völkischen“ Inhalt beizulegen und dann alles andere entsprechend auszulegen, statt umgekehrt zuerst zu fragen, wie Rechtslehre und -praxis den Begriff verstehen und dann zu prüfen, ob sich irgendwo Anhaltspunkte dafür finden lassen, das ius sanguinis sei iS. ethnischer Zugehörigkeit zu verstehen. Solche Anhaltspunkte finden Sie nicht. Das gilt im übrigen auch für das Erb- und Familienrecht. Deshalb haben Sie auch auf meine entsprechenden Fragen und Hinweise keine konkreten Gegenbeispiele genannt.

Nur zur Ergänzung möchte ich darauf hinweisen, daß nicht einmal in der NS-Zeit des ius sanguinis in Ihrem Sinne verstanden worden ist. Die Nazis haben zwar bestimmten Volksgruppen wie den Juden und Zigeunern die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt, und mit der Staatsangehörigkeit auf Widerruf eine dubiose Variante der deutschen Staatsangehörigkeit geschaffen, das eigentliche ius sanguinis aber unverändert gelassen. Pikanterweise blieben die Regeln des StAngRechts auch sonst unverändert. Eine russische, polnische oder ukrainische Frau erwarb immer noch durch Eheschließung mit einem Deutschen die deutsche StAng und konnte sogar gemeinsam mit einem Volksdeutschen eingebürgert werden, ohne daß man sie etwa als „slawischen Untermenschen“ ausgeschlossen hätte.


Zitat von DrNick
Langsam habe ich den Eindruck, daß wir uns hier nur über die Verwendung eines Wortes streiten. Sie können ja gerne den Ausdruck "ius sanguinis" in einem engen juristischen Sinne verwenden, sollten aber doch zur Kenntnis nehmen, daß er auch als Bezeichnung für die Idee verwendet wird, daß ein bestimmter ethnischer Hintergrund konstitutiv dafür ist, daß man im vollen Sinne Angehöriger eines Staates ist.

Zudem: Wenn es in §7 StAG um eine Einbürgerung geht, warum wird denn dann in §3 StAG genau zwischen der "Einbürgerung von Ausländern" und der "Ausstellung der Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 oder 2 des Bundesvertriebenengesetzes" unterschieden?



Ganz einfach: Weil Spätaussiedler im Zeitpunkt der Ausstellung der Bescheinigung nach §15 BVFG keine Ausländer sind, sondern Statusdeutsche nach Art.116 Abs.1 GG.

Wenn Sie es 100% korrekt haben wollen: Die Einbürgerung ist die Verleihung der deutschen StAng an einen ausländischen Staatsangehörigen durch körperliche Übergabe einer Einbürgerungsurkunde und ein mitwirkungsbedüftiger Verwaltungsakt; die Ausstellung der §15er-Bescheinigung führt zu einem Erwerb der deutschen StAng kraft Gesetzes durch Personen, die vorher durch Aufnahme iSv. Art. 116 Abs.1 GG die Rechtsstellung eines Deutschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit erlangt haben.



Ich denke, wir belassen es dabei, denn wir entfernen uns immer weiter von meiner Anmerkung zu Ihrer Behauptung, D habe sich 2000 vom ius sanguinis verabschiedet. Das trifft nun selbst von ihrem Standpunkt aus nicht zu, wie hinreichend nachgewiesen worden ist.

By the way, Sie haben die Verbindung von ius sanguinis zum StAngRecht in ihrem Artikel hergestellt, und da spielt selbstverständlich allein die „engere“ juristische Bedeutung eine Rolle.

Es ist weiter nicht richtig, daß „er auch als Bezeichnung für die Idee verwendet wird, daß ein bestimmter ethnischer Hintergrund konstitutiv dafür ist, daß man im vollen Sinne Angehöriger eines Staates ist.“ So eine Idee müßten Sie mir noch nachweisen. Der ethnische Hintergrund ist bei der Anwendung des ius sanguinis ohne Bedeutung, selbst in den oa. Staaten, die Sie für Ihre These heranziehen wollen. Wo umgekehrt der ethnische Hintergrund eine Rolle spielt, handelt es sich nicht um die Anwendung des ius sanguinis.

Zum Abschluß: Rösler selbst taugt im übrigen als Beispiel in diesem Zusammenhang ohnehin nicht, denn er wurde adoptiert und hat nach damals geltendem Recht (1973) dadurch nicht die deutsche StAng erworben. Die Adoption erleichterte nur die Einbürgerung. Mit dem ius sanguinis hat das nichts zu tun.

Gegen die Texte neuer staatlicher Regelungen liest sich das preußische Exerzierreglement wie das Feuilleton einer liberalen Wochenzeitschrift.

DrNick Offline




Beiträge: 809

07.08.2011 21:03
#32 RE: Rösler als Vietnamese Antworten

Zitat von JeffDavis
Dieser Unterschied wird auch von Castles und Davidson gründlich verkannt, wie diese überhaupt den Begriff nicht richtig anwenden. Wenn sie zB auf den noch heute ausgeübten Assimilierungszwang bzw. die Diskriminierung von Minderheiten in den jeweiligen Staaten verweisen (klassisch: die Koreaner in Japan) verweisen, hat das ebenfalls nicht mit ius sanguinis zu tun, weil es entweder um die Verweigerung der Einbürgerung oder die Diskriminierung eigener Staatsbürger aus einer ethnischen Minderheit geht.
[...]
Es ist weiter nicht richtig, daß „er auch als Bezeichnung für die Idee verwendet wird, daß ein bestimmter ethnischer Hintergrund konstitutiv dafür ist, daß man im vollen Sinne Angehöriger eines Staates ist.“



Daß der Ausdruck faktisch in diesem Sinne verwendet wird, geht z.B. aus dem verlinkten Buchabschnitt hervor, den Sie sich ja offensichtlich angeschaut haben. Wie soll man denn sonst den folgenden Abschnitt interpretieren?

Zitat
In China, naturalization is really limited by Article 7 of the Nationality Law (1980) to descendants of ethnic Chinese. Only 70-80 people who are not covered by the ius sanguinis obtain Chinese nationality every year (...). Once again, there is a prohibition on dual nationality (...), which means that ex-Hong Kong citizens' use of British or other passports is regarded as no more than a convenience for travelling on business. The relative ease with which ethnic Chinese can regain Chinese nationality makes its ius sanguinis rule appear very strong.



Nun haben Sie ja schon festgehalten, daß Castles und Davidson den Begriff "falsch" verwenden. Haben Sie vielleicht einmal überlegt, daß sie ihn nicht falsch verwenden, sondern einfach anders als es einem deutschen Juristen (wie Ihnen, vermute ich) geläufig ist. Ich verstehe ja, daß man irritiert ist, wenn ein Ausdruck, den man aus seiner eigenen Fachwissenschaft kennt, in der Politik oder in anderen Wissenschaften anders verwendet wird als man es selbst für richtig hält, aber dadurch wird ein solcher Gebrauch noch nicht falsch.

Überlegen Sie bitte einmal, wie Sie meine Nebenbemerkung (!), man habe sich vor rund 10 Jahren vom ius anguinis "verabschiedet", interpetieren müßten, wenn Sie Ihre Verwendungsweise des Ausdrucks als allein akzeptable auffassen: Sie müßten mir die Meinung unterstellen, daß seit rund 10 Jahren ein Kind deutscher Eltern nicht mehr automatisch Deutscher ist, und natürlich habe ich diese Überzeugung nicht, wohl aber die Überzeugung, daß aufgrund der damaligen Neuregelung der Begriff des Staatsbürgers weniger ethnisch aufgeladen ist, als es zuvor der Fall war.

Letzlich läuft damit Ihre ganze Kritik doch auf den Vorwurf hinaus, daß ich es gewagt habe, einen Ausdruck nicht so zu verwenden, wie es Juristen gerne tun. Wenn es so ist: mea culpa.

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