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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 64 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2 | 3
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.09.2011 14:25
Leck bei Wikileaks Antworten

Jetzt ist also eingetreten, was zu erwarten gewesen war.

herr celine Offline



Beiträge: 153

01.09.2011 14:39
#2 RE: Leck bei Wikileaks Antworten

Zitat von Zettel
Es werden Daten gestohlen, die deren Besitzer unter Verschluß halten wollen, und sie werden der Öffentlichkeit übergeben.



Hier entsteht der Eindruck Wikileaks würde Daten stehlen, dies ist und war aber - meines Wissens - nie der Fall.

Zitat von Zettel
anderer, die glauben, sie seien berufen und berechtigt, einen Privatkrieg gegen die USA zu führen. Sie wollten ihn vielleicht nur auf der Ebene von Informationen führen. Jetzt hat sie die Realität eingeholt.



Ich glaube nicht, dass es irgendwem um einen Privatkrieg gegen die USA geht. Eigentlich ist die Motivlage viel radikaler, hier geht es nicht um die USA alleine. Dazu muss man verstehen woher Assange kommt, was ihn und was er als Jugendlicher getrieben hat. Dann kann man sein Weltbild versuchen zu verstehen. Eines, dass sich beispielsweise mit Anonymous-Anhängern stark deckt. Es geht dabei im wesentlichen um einen Satz in der Hackerethik wie sie Steven Levy einmal zusammengefasst hat, der da lautet "Alle Informationen müssen frei sein." - Dieser Satz, was dahinter steht und was "Aktivisten" mit ihm verbinden bringt auf den Punkt worum es in der Entwicklung der letzten 3 Jahre in dieser Art Krieg der rebellierenden Cyberpunks gegen die etablierten Regime geht. Es handelt sich hier nicht um einen Privatkrieg gegen die USA, Assange hat doch nur das Pech ein Gesicht für diese Bewegung darzustellen, was natürlich nicht unabhängig von seinem eigenen Geltungswillen ist. Ich denke diesen Jungens geht es um viel mehr.

Elmar Offline



Beiträge: 282

01.09.2011 15:36
#3 RE: Leck bei Wikileaks Antworten

Zitat von herr celine
Hier entsteht der Eindruck Wikileaks würde Daten stehlen, dies ist und war aber - meines Wissens - nie der Fall.


Korrekt, Wikileaks ist "nur" der Hehler. Das macht es aber nicht besser.

P.S.: Wer Leaks im Namen hat, muss sich über solchige eigentlich nicht wundern.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.09.2011 16:04
#4 RE: Leck bei Wikileaks Antworten

Zitat von herr celine

Zitat von Zettel
Es werden Daten gestohlen, die deren Besitzer unter Verschluß halten wollen, und sie werden der Öffentlichkeit übergeben.


Hier entsteht der Eindruck Wikileaks würde Daten stehlen, dies ist und war aber - meines Wissens - nie der Fall.


Jedenfalls für die Botschaftsdepeschen trifft das wahrscheinlich zu. Ich hatte das in der Tat ungenau formuliert und habe diese und eine weitere Passage jetzt so geändert, daß deutlich wird, daß es sich jedenfalls um Hehlerei handelt.

Danke für die Korrektur!

Herzlich, Zettel

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

01.09.2011 16:19
#5 RE: Leck bei Wikileaks Antworten

Zitat von Elmar

Zitat von herr celine
Hier entsteht der Eindruck Wikileaks würde Daten stehlen, dies ist und war aber - meines Wissens - nie der Fall.


Korrekt, Wikileaks ist "nur" der Hehler. Das macht es aber nicht besser.

P.S.: Wer Leaks im Namen hat, muss sich über solchige eigentlich nicht wundern.




Unter Umständen nicht mal das, jedenfalls nach deutschem Recht. Wenn Wikileaks, bzw. Assange "die Herstellung, Beschaffung oder Erfassung" der Daten nicht "veranlasst" hat, was ihm nachgewiesen werden müsste, wäre dies ebenso wenig Hehlerei wie der Ankauf von gestohlenen Daten-Trägern von Steuerbetrügern durch den BND.
Und wenn jetzt der Diebstahl von Daten und die Geschäfte mit ihnen für die Urheber lebensbedrohlich werden, dann steigen die Preise und damit ihr Wert. Vielleicht ist es eines Tages dann möglich auch denjenigen wirksam zu bestrafen der mit Daten gehandelt hat, dessen kriminelle Herkunft ihm egal war.

isildur Offline



Beiträge: 366

01.09.2011 16:58
#6 RE: Leck bei Wikileaks Antworten

Es ist die Geschichte einer beispiellosen Kette von Schlampereien die sich zusammen mit modernen Technik zu einer Katastrophe auswachsen. Ich hatte gedacht die Peinlichkeiten hätten langsam mal ein Ende aber da habe ich mich wohl geirrt.
Daten auf die ich weiß nicht wie viele hunderte von tausenden US-Amerikanern Zugriff hatten sind in meinen Augen eh nicht mehr geheim. Den Taliban mag es an den geheimdienstlichen Mitteln fehlen aber jeder Geheimdienst, der sein Geld wert ist sollte die Information und Namen der Informanten(sofern sie für ihn relevant sind) schon lange kennen. Von daher hoffe ich mal, dass sich die Auswirkungen in Grenzen halten und nicht all zu viele Menschen ungeklärt verschwinden.
Ich vermute, dass den Hackern nicht bewusst ist, welche realen Auswirkungen ihr Handeln haben kann. Diese Ideale sind in einer digitalen Welt entstanden und haben ihre Berechtigung, dass sie so riesige Konsequenzen haben können, das haben, denke ich, die wenigsten innerlich begriffen. Die Dimensionen sind so immens, dass man es automatisch als Hollywood abtun möchte und das Bewusstsein erst einmal streikt.

SF-Leser Offline



Beiträge: 175

01.09.2011 18:39
#7 RE: Leck bei Wikileaks Antworten

Moin Zettel,

darf ich fragen, ob Sie denn die Aktivitäten von Wikileaks grundsätzlich ablehnen und für verwerflich halten?

Auch von Hehlerei zu sprechen halte ich nicht treffend, da Wikileaks meines Wissens die Veröffentlichung der Erkenntnisse ja wohl nicht kommerziell verwertet. (Wie Wikileaks allerdings seine Kosten finanziert und wovon die Akteure eigentlich leben, ist mir schon etwas unklar.)

Grüße

SF- Leser

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.09.2011 00:20
#8 RE: Leck bei Wikileaks Antworten

Zitat von Erling Plaethe
Wenn Wikileaks, bzw. Assange "die Herstellung, Beschaffung oder Erfassung" der Daten nicht "veranlasst" hat, was ihm nachgewiesen werden müsste, wäre dies ebenso wenig Hehlerei wie der Ankauf von gestohlenen Daten-Trägern von Steuerbetrügern durch den BND.

Ich halte, lieber Erling Plaethe, auch das für Hehlerei und habe mich seinerzeit vehement dagegen gewandt: Der Finanzminister als Hehler? Wie der Staat (vielleicht) aus Habgier das Rechtsbewußtsein (noch ein wenig mehr) zerstört; ZR vom 31. 1. 2010,

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.09.2011 00:30
#9 RE: Leck bei Wikileaks Antworten

Zitat von SF-Leser
darf ich fragen, ob Sie denn die Aktivitäten von Wikileaks grundsätzlich ablehnen und für verwerflich halten?

Eindeutig ja, lieber SF-Leser.

Es gibt keine, wirklich keine Entschuldigung dafür, sich fremde Daten anzueignen. In den USA gibt es bekanntlich den Freedom of Information Act, der sehr weitgehenden Zugang der Öffentlichkeit zu Regierungsdokumenten erlaubt. Damit kann sich jeder legal die Informationen beschaffen, die er haben will.

Aber keine Regierung, überhaupt keine Institution kann arbeiten, wenn sie nicht auch einen Bereich mit geheimen Daten hat. Wer in diesen Bereich einbricht, der ist aus meiner Sicht ein Krimineller.

Das Putzige ist ja, daß Leute, die etwa die Daten von Ihrer oder meiner Festplatte zu klauen versuchen, allgemein unter "Computerkriminalität" geführt werden. Wenn Assange & Co das mit Daten auf Festplatten der US-Regierung machen, ist das doch nicht weniger kriminell, oder? (Gut, sie haben nicht selbst gehackt, sondern sich die Daten von Hackern oder vielleicht einem Verräter wie Manning besorgt, der ja noch nicht überführt ist; da sehe ich keinen Unterschied).

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.09.2011 00:48
#10 RE: Leck bei Wikileaks Antworten

Zitat von isildur
Daten auf die ich weiß nicht wie viele hunderte von tausenden US-Amerikanern Zugriff hatten sind in meinen Augen eh nicht mehr geheim. Den Taliban mag es an den geheimdienstlichen Mitteln fehlen aber jeder Geheimdienst, der sein Geld wert ist sollte die Information und Namen der Informanten(sofern sie für ihn relevant sind) schon lange kennen. Von daher hoffe ich mal, dass sich die Auswirkungen in Grenzen halten und nicht all zu viele Menschen ungeklärt verschwinden.

Geheimdienste dürften in der Tat Zugang zu diesen Daten gehabt haben, lieber Isildur; sie unterlagen ja nicht der höchsten Geheimhaltungsstufe.

Aber Geheimdienste geben solche Daten im allgemeinen nicht an fremde Regierungen oder gar Terroristen weiter. Jetzt aber kennt sie jeder. Gefährdet sind jetzt diejenigen, die im Irak, in Pakistan, in anderen Ländern mit den USA zusammengearbeitet haben. Jeder kleine Terrorist kann sie jetzt identifizieren und "bestrafen".

Zitat von isildur
Ich vermute, dass den Hackern nicht bewusst ist, welche realen Auswirkungen ihr Handeln haben kann. Diese Ideale sind in einer digitalen Welt entstanden und haben ihre Berechtigung, dass sie so riesige Konsequenzen haben können, das haben, denke ich, die wenigsten innerlich begriffen.

Ich sehe da keine Ideale. Assange ist ein Hasser der USA. Soweit ich das beurteilen kann, ging es ihm allein darum, den USA zu schaden.

Daß sich in solchen Organisationen auch naive Idealisten finden, die glauben, sie täten etwas Gutes, wenn sie geheime Daten publizieren, will ich nicht ausschließen.

Sie tun aber nie etwas Gutes. Denn die Folge ist ja nur, daß die Geheimhaltungsvorschriften verschärft werden. Der einzige dauerhafte Effekt der Tätigkeit aller dieser Whistleblower ist, daß Transparenz eingeschränkt wird. Die Reaktion der US-Regierung auf die Veröffentlichung der Depeschen war es bekanntlich, die Zugänglichkeit von Botschaftsdokumenten drastisch einzuschränken.

Die US-Regierung war zu liberal gewesen. Sie hat gelernt, daß sie damit der Kriminalität Vorschub leistete. Es ist das alte Lied: Liberale, die zu Opfern von Kriminellen werden, verwandeln sich in Konservative.

Herzlich, Zettel

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

02.09.2011 05:41
#11 RE: Leck bei Wikileaks Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von Erling Plaethe
Wenn Wikileaks, bzw. Assange "die Herstellung, Beschaffung oder Erfassung" der Daten nicht "veranlasst" hat, was ihm nachgewiesen werden müsste, wäre dies ebenso wenig Hehlerei wie der Ankauf von gestohlenen Daten-Trägern von Steuerbetrügern durch den BND.

Ich halte, lieber Erling Plaethe, auch das für Hehlerei und habe mich seinerzeit vehement dagegen gewandt: Der Finanzminister als Hehler? Wie der Staat (vielleicht) aus Habgier das Rechtsbewußtsein (noch ein wenig mehr) zerstört; ZR vom 31. 1. 2010,

Herzlich, Zettel



Das wusste ich nicht, vielen Dank für den Link. Dazu kann ich nur noch sagen, dass ich mit ihnen voll und ganz einer Meinung bin.
edit: Das betrifft auch #10!

Viele Grüße, Erling Plaethe

Elmar Offline



Beiträge: 282

02.09.2011 10:53
#12 RE: Leck bei Wikileaks Antworten

Zitat von Zettel
Daß sich in solchen Organisationen auch naive Idealisten finden, die glauben, sie täten etwas Gutes, wenn sie geheime Daten publizieren, will ich nicht ausschließen.

"The road to hell is paved with good intentions".
Etwas Gutes tun zu wollen ist prinzipiell in Ordnung nur sollte man sich erstens Gedanken über mögliche Folgen machen und zweitens die Verantwortung für diese Folgen übernehmen. Bisher habe ich nicht den Eindruck das Wikileaks oder ihre Unterstützer auch nur eines von beiden zu tun bereit ist.

Gruss,
Elmar

SF-Leser Offline



Beiträge: 175

02.09.2011 15:03
#13 RE: Leck bei Wikileaks Antworten

Moin Zettel,

Zitat
Es gibt keine, wirklich keine Entschuldigung dafür, sich fremde Daten anzueignen. In den USA gibt es bekanntlich den Freedom of Information Act, der sehr weitgehenden Zugang der Öffentlichkeit zu Regierungsdokumenten erlaubt. Damit kann sich jeder legal die Informationen beschaffen, die er haben will.



Hmm, das ist mir ein bißchen zu viel genereller Gesetzestext Positivismus.

So betrachtet geht man doch davon aus, daß die Regierung wirklich nur die Dokumente als Geheim einstuft, die dies bedürfen. Und dabei sind wir dann sofort bei der Einschätzung, was nun von wem nach welchen Kriterien als geheim eingestuft wird.
Wenn dies ein Beamter tut, wird er eher zuviel als zuwenig als geheim einstufen.

Dann hilft auch der Freedom of Information act nicht mehr.

Bemerkung: Ich sehe die USA aktuell wirklich NICHT auf dem Weg in einen Staat, der alles als Geheim ansieht. Es ist mehr die Frage, was tun, wenn man seinen Staat auf diesen Weg sieht??

Natürlich gilt auch hier: Gut gemeint ist nicht immer gut!

Siehe
Zitat von Elmar

Zitat
"The road to hell is paved with good intentions".
Etwas Gutes tun zu wollen ist prinzipiell in Ordnung nur sollte man sich erstens Gedanken über mögliche Folgen machen und zweitens die Verantwortung für diese Folgen übernehmen.



Ja, das ist sicherlich richtig und lobenswert, aber ist es überhaupt möglich, sich Gedanken über alle (!) erdenklichen Folgen und nicht nur über direkt erwartbare Folgen zu machen.
In letzter Konsequenz bedeutet dies doch das Einstellen aller Handlungen!
(Ich weiß, das wärmt ein wenig die Diskussion aus dem letzen Jahr wieder auf.)



Zitat
Aber keine Regierung, überhaupt keine Institution kann arbeiten, wenn sie nicht auch einen Bereich mit geheimen Daten hat.



In dieser absoluten Form bin ich doch im Zweifel. Gut, bei einer in der realen Welt agierenden Regierung sicher, bei jeglicher Institution auch?
Wobei ich nicht sicher bin, was Sie unter Institution hier meinen.

Grüße

SF-Leser

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

02.09.2011 16:17
#14 RE: Leck bei Wikileaks Antworten

Zitat von Zettel
Es gibt keine, wirklich keine Entschuldigung dafür, sich fremde Daten anzueignen.


Bei solchen Aussagen, lieber Zettel, ist es schwer den Sarkasmus zu unterdrücken. Das einzig verträgliche was mir einfällt ist: Das kann ja wohl nicht ihr Ernst sein !

Das ist in der Konsequenz nichts weiter als die Garantie nahezu alle Schweinereien, die in größerem Stile stattfinden, geheimzuhalten und bloss niemanden zur Rechenschaft zu ziehen. Das iranische Atomprogramm ist ziemlich geheim, lieber Zettel. Und die Daten, die man darüber hat, so man sie hat, sind auch reichlich fremd. Die Daten, die Israel dazu bewogen hat Osirak einzuebnen, waren den Israelis ziemlich fremd. Und Stichwort Freedom of Information Act: Sowas ähnliches gibts auch in England. Hat aber nicht dazu geführt dass der Klimabeschiss, den wir heute als Climategate kennen, auch nur irgendwie an die Öffentlichkeit kam. An die Öffentlichkeit kam das Thema, nachdem umfangreich Informationen gestohlen wurden. Schweinereien, insbesondere politische, basieren in aller Regel auf geheimgehaltenen Informationen, sonst hätten sie wohl auch kaum den Character eines Skandals.

Und das sind gerade die politischen Themen. Die Polizei fragt jeden Tag tausende von fremden Daten ab, die sie teilweise einen feuchten Schmutz angehen. Was ist denn der Bundestrojaner anderes ? Was ist die Vorratsdatenspeicherung (der Sie, nach meiner Erinnerung, nicht allzu kritisch gegenüberstehen) ? Es werden PERMANENT fremde Daten angeeignet, der einzige Unterschied ist wohl, wer es denn tut und aus welchen Motiven. Den blinden Amerika-Hass der Assange-Truppe kann man gerne kritisieren. Auch die Rücksichtslosigkeit ihrer Methoden. Aber das Daten entwendet und veröffentlicht werden, ist eins der ältesten Prinzipien sowohl der Strafaufklärung wie auch der freien Presse.

Zitat
Das Putzige ist ja, daß Leute, die etwa die Daten von Ihrer oder meiner Festplatte zu klauen versuchen, allgemein unter "Computerkriminalität" geführt werden.


Wenns ein Beamter des Staates ist will ich gerne sehen, wie Sie das erfolgreich zur Anzeige bringen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

03.09.2011 13:42
#15 RE: Leck bei Wikileaks Antworten

Zitat von SF-Leser

Zitat
Es gibt keine, wirklich keine Entschuldigung dafür, sich fremde Daten anzueignen. In den USA gibt es bekanntlich den Freedom of Information Act, der sehr weitgehenden Zugang der Öffentlichkeit zu Regierungsdokumenten erlaubt. Damit kann sich jeder legal die Informationen beschaffen, die er haben will.



Hmm, das ist mir ein bißchen zu viel genereller Gesetzestext Positivismus.

So betrachtet geht man doch davon aus, daß die Regierung wirklich nur die Dokumente als Geheim einstuft, die dies bedürfen. Und dabei sind wir dann sofort bei der Einschätzung, was nun von wem nach welchen Kriterien als geheim eingestuft wird.


Aus meiner Sicht, lieber SF-Leser, geht es nicht darum, ob ein Dokument zu Recht die jeweilige Geheimhaltungsstufe trägt. Das ist für den Außenstehenden ohnehin kaum zu beurteilen.

Entscheidend ist, daß die Regierung es so eingestuft hat und daß der Bürger kein Recht hat, sich darüber hinwegzusetzen. Das ist eine Frage der Gesetzestreue.

Es mag Extremsintuationen geben, in denen es das Gewissen gebietet, sich über das Gesetz hinwegzusetzen - sagen wir, wenn jemand von dem geheimen Plan der Regierung erfährt, per Putsch das Grundgesetz außer Kraft zu setzen. Aber unter normalen Umständen muß jeder Bürger sich an das Gesetz halten, ob dieses ihm nun zusagt oder nicht.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

03.09.2011 13:49
#16 RE: Leck bei Wikileaks Antworten

Zitat von Llarian
Das iranische Atomprogramm ist ziemlich geheim, lieber Zettel. Und die Daten, die man darüber hat, so man sie hat, sind auch reichlich fremd. Die Daten, die Israel dazu bewogen hat Osirak einzuebnen, waren den Israelis ziemlich fremd.

Ich meinte Wikileaks und ähnliche Whistleblowers, also Privatleute. Ich meinte nicht operative Aktionen von Geheimdiensten, Spezialkräften usw.

Zitat von Llarian
Und Stichwort Freedom of Information Act: Sowas ähnliches gibts auch in England. Hat aber nicht dazu geführt dass der Klimabeschiss, den wir heute als Climategate kennen, auch nur irgendwie an die Öffentlichkeit kam. An die Öffentlichkeit kam das Thema, nachdem umfangreich Informationen gestohlen wurden.

Genau. Und wurde maßlos aufgebauscht. Es gab gerade in diesem Fall keine Rechtfertigung dafür, Daten zu stehlen.

Zitat von Llarian
Die Polizei fragt jeden Tag tausende von fremden Daten ab, die sie teilweise einen feuchten Schmutz angehen. Was ist denn der Bundestrojaner anderes ? Was ist die Vorratsdatenspeicherung (der Sie, nach meiner Erinnerung, nicht allzu kritisch gegenüberstehen) ? Es werden PERMANENT fremde Daten angeeignet, der einzige Unterschied ist wohl, wer es denn tut und aus welchen Motiven.

Entscheidend ist, lieber Llarian, ob es im Rahmen der Gesetze geschieht, oder ob es illegal ist.

Was Geheimdienste tun, ist oft illegal. Aber das rechtfertigt es nicht, daß jeder Privatmann Illegales begeht. Wenn das einreißt, dann zerfällt die Gesellschaft.

Herzlich, Zettel

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

03.09.2011 14:07
#17 RE: Leck bei Wikileaks Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von Llarian
Und Stichwort Freedom of Information Act: Sowas ähnliches gibts auch in England. Hat aber nicht dazu geführt dass der Klimabeschiss, den wir heute als Climategate kennen, auch nur irgendwie an die Öffentlichkeit kam. An die Öffentlichkeit kam das Thema, nachdem umfangreich Informationen gestohlen wurden.

Genau. Und wurde maßlos aufgebauscht. Es gab gerade in diesem Fall keine Rechtfertigung dafür, Daten zu stehlen.




Lieber Zettel,

ich unterstelle mal, dass Sie den Fall "Climategate" nicht wirklich verfolgt haben, sonst würden Sie kaum eine solch uninformierte Aussage treffen. Ich empfehle Ihnen dringend, sich die entsprechende Literatur und die Blogs durchzulesen. Es ist hochinteressant, wie wenig wert z.B. die FoI-Rechte sind. Und ich fürchte, Ihr Idealbild der Wissenschaft würde auch erhebliche Kratzer davontragen.

Im Übrigen: ob und von wem Daten im Falle von Climategate gestohlen wurden, ist weiterhin unklar. Klar ist nur, dass die EMails selbstverständlich alle unter die FoI-Gesetzgebung fallen, man sie aber ohne die unfreiwillige Veröffentlichung wohl nie zu Gesicht bekommen hätte.

Gruß,
hubersn

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

03.09.2011 14:15
#18 RE: Leck bei Wikileaks Antworten

Zitat von Zettel
Ich meinte Wikileaks und ähnliche Whistleblowers, also Privatleute. Ich meinte nicht operative Aktionen von Geheimdiensten, Spezialkräften usw.


Geheimdienste arbeiten genauso illegal, brechen die selben Gesetze und tun dies oftmals bei weitem skrupelloser als Privatleute das tun. Sie sind dafür auch nicht ein bischen besser legitimiert als Privatleute, vielleicht sogar noch ein bischen weniger da Privatleute nicht die Deckung durch andere Regierungen haben.

Zitat
Genau. Und wurde maßlos aufgebauscht. Es gab gerade in diesem Fall keine Rechtfertigung dafür, Daten zu stehlen.


Selbstredend gab es die. Climategate ist das Paradebeispiel dafür, dass die Idee eines "Freedom of Information Act" nicht funtkioniert, wenn sich die Regierungsangestellten einen Driss um die Gesetze scheren. Die ganze Heuchelei wurde dort ziemlich deutlich, sowohl von den angeblichen Planetenrettern wie auch der vorgetäuschten Transparenz.

Zitat
Entscheidend ist, lieber Llarian, ob es im Rahmen der Gesetze geschieht, oder ob es illegal ist.


Das ist bei weitem zuviel Rechtspositivismus. Gerade wenn es um diejenigen geht, die Gesetze machen. Natürlich machen die sich die Gesetze so, wie sie ihnen in den Kram passen, und da sind ganz schnell die grössten Schweinereien für geheim erklärt. Man kann sich dann natürlich als braver Bürger solchen Gesetzen unterwerfen. Man kanns aber auch lassen. Ich werde hier sicher nicht zum Gesetzbruch aufrufen, aber diese kritiklose Unterordnung kann ich sicher noch weniger unterstützen.

Zitat
Was Geheimdienste tun, ist oft illegal. Aber das rechtfertigt es nicht, daß jeder Privatmann Illegales begeht.


Man kann nur A und B sagen. Wenn wir begründen können, dass die Arbeit von Geheimdiensten mehr Nutzen als Schaden produziert, dann ist die selbe Argumentation auch für den Privatmann zulässig.

Zitat
Wenn das einreißt, dann zerfällt die Gesellschaft.


Gesellschaftsfundamente sehe ich ne ganze Menge, aber die Aneignung fremder Daten gehört nun nicht unbedingt dazu. So lächerlich ich Wikileaks auch finde, aber eine Bedrohung für die Gesellschaft ? Im Leben nicht. Ich würde sogar das Gegenteil postulieren, es ist eigentlich ganz gut so, dass es eine Reihe von Menschen gibt, die sich nicht unbedingt dem Staate bedingungslos unterordnen. Denn nur so kommen die größten Schweinerein wirklich mal ans Licht. Jetzt bringen Sie mich schon dazu Berthold Brecht zu zitieren, aber es ist was wahres dran: Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht. Was Unrecht ist, darüber können wir lange und intensiv streiten, aber das Widerstand, und das schliesst auch den Diebstahl von Daten ein, durchaus legitim sein kann, daran kann m.E. nach kein Zweifel bestehen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

03.09.2011 15:36
#19 RE: Leck bei Wikileaks Antworten

Zitat von hubersn
ich unterstelle mal, dass Sie den Fall "Climategate" nicht wirklich verfolgt haben, sonst würden Sie kaum eine solch uninformierte Aussage treffen. Ich empfehle Ihnen dringend, sich die entsprechende Literatur und die Blogs durchzulesen. Es ist hochinteressant, wie wenig wert z.B. die FoI-Rechte sind. Und ich fürchte, Ihr Idealbild der Wissenschaft würde auch erhebliche Kratzer davontragen.

Ich habe, lieber Hubersn, den Fall ziemlich genau vefolgt und mich durch viele Mails gequält.

Ich habe damals auch den Bericht der Kommission gelesen. Es gab ein paar flapsige Bemerkungen in den Mails. Daten wurden nicht hinreichend gesichert. Daß irgendwer betrogen hat, ist nicht bewiesen und noch nicht eimmal wahrscheinlich gemacht.

Sie wissen ja aus meinen Artikeln, daß ich die Annahmen der IPCC-Modelle, soweit ich das als Laie beurteilen kann, nicht für hinreichend bewiesen halte. Jedenfalls habe ich den deutlichen Eindruck, daß alternative Erklärungen zu wenig zum Zuge kommen. Aber das ist etwas anderes, als Wissenschaftlern Betrug zu unterstellen.

Ich schreibe das ja immer wieder einmal: Es gibt bei denjenigen, die von ACC überzeugt sind, ein gerütteltes Maß an nachgerade apokalyptischer Gläubigkeit. Aber es gibt bei den sogenannten Klimaskeptikern ebenfalls Gläubigkeit, oft nicht weniger ausgeprägt.

Wie immer, wenn ein Forschungsprozeß im Gang ist, weiß man nicht, welche Theorie sich am Ende als richtig erweist. Vielleicht sind es ja die Modelle des IPCC - wer will das denn jetzt wissen?

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

03.09.2011 15:42
#20 Herrschaft des Rechts Antworten

Zitat von Llarian
Man kann sich dann natürlich als braver Bürger solchen Gesetzen unterwerfen.

Man muß es, lieber Llarian. Sonst handelt man kriminell.

Wo wollen Sie denn die Grenze ziehen? Dürfen militante Gegner der Genforschung Versuchsfelder zerstören? Dürfen militante Gegner der Atomkraft Transporte stillegen? Dürfen militante Tierschützer Labors zerstören und militante Gegner einer Gentrifizierung Autos anzünden? Dürfen militante Abtreibungsgegner Ärzte ermorden, dürfen militante Islamisten Bomben zünden?

Die Herrschaft des Rechts ist eine der größten Errungenschaften der Zivilisation. Jeder von uns kann in die Lage kommen, Gesetzen gehorchen zu müssen, die er ablehnt. Wenn alle sich weigern, das zu tun, dann fällt die Gesellschaft auf eine Stufe des Kampfs aller gegen alle zurück.

Nein, das ist eigentlich nicht richtig. Denn eine solche Stufe hat es ja nie gegeben. Kultur ist immer identisch mit der Herrschaft des Rechts; welches auch immer das sein mag.

Herzlich, Zettel

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

03.09.2011 18:15
#21 RE: Herrschaft des Rechts Antworten

Zitat von Zettel
Man muß es, lieber Llarian. Sonst handelt man kriminell.


Das ist eine Frage der Betrachtung. Hat Stauffenberg gegen Gesetze gehandelt, als er die Bombe gelegt hat ? Mit Sicherheit. Trotzdem würden ihn die meisten kaum als Kriminellen definieren. Die Geschwister Scholl haben Flugblätter verbreitet. Kriminelle ? Doch wohl eher nicht. Was ist mit den Fluchthelefer an der innerdeutschen Grenze ? Kriminelle ? Doch wohl nach Leserart der DDR absolut. Was ist mit Mark Felt, dem Watergate Informanten ? Auch dieser hat massiv gegen Gesetze verstossen. Und das durchaus in einem Land mit einer deutlich besseren und längeren Rechtstaattradition als die BRD (um dem Argument "DDR/Drittes Reich ist was anderes" vozubeugen).
Was kriminell ist oder nicht, wird auf zwei Arten entschieden. Zum einen aus staatlicher Sicht, zum anderen aus bürgerlicher oder meinetwegen ethischer Sicht. Das ist keinesfalls immer identisch, und viele Staatsverbrechen sind aus staatlicher Sicht eben auch keine Verbrechen, so war der Schiessbefehl der DDR Grenzer ja ein ganz normaler Rechtsvorgang. Kriminell war er dennoch, aber eben aus bürgerlicher Sicht.

Zitat
Wo wollen Sie denn die Grenze ziehen?


Im Einzelfall und das macht die Sache ja so schwierig. Ethisches Handeln ist eben nicht mit dem Befolgen einzelner Logikbausteine zu beantworten, dafür ist das was wir als Jura verstehen, bei weitem zu fehlerhaft. Ich meine es gibt nicht nur ein ethisches Recht auf Gesetzesbruch, es gibt sogar eine ethische Pflicht dazu, wenn das Gesetz Unrecht ist. Und das offenstellen von skandalösen Informationen kann dazugehören.

Zitat
Dürfen militante Gegner der Genforschung Versuchsfelder zerstören? Dürfen militante Gegner der Atomkraft Transporte stillegen? Dürfen militante Tierschützer Labors zerstören und militante Gegner einer Gentrifizierung Autos anzünden? Dürfen militante Abtreibungsgegner Ärzte ermorden, dürfen militante Islamisten Bomben zünden?


Durfte sich Nixon vor Watergate verstecken ? War Stauffenberg ein Verbrecher ? Sophie Scholl eine Gesinnungsterroristin ? Sollte man Abu Ghureib unter Aktenbergen verschwinden lassen ? Sollte man über Aktionen wie "Waterboading" nicht berichten, weils geheim ist ? Soll der Iran sein Atomprogramm unbehelligt geheimhalten können ? Wo ziehen Sie denn bitte die Grenze, lieber Zettel ?

Zitat
Jeder von uns kann in die Lage kommen, Gesetzen gehorchen zu müssen, die er ablehnt. Wenn alle sich weigern, das zu tun, dann fällt die Gesellschaft auf eine Stufe des Kampfs aller gegen alle zurück.


Wenn sich vor 80 Jahren mehr Leute geweigert hätten Gesetzen zu folgen, dann wären heute vielleicht einige Dutzend Millionen Menschen mehr auf der Welt. Blindes Folgen von Gesetzen ist nichts weiter als Kadavergehorsam. Das Rechtsprinzip, dass das Gesetz für alle gibt, ist sicher eine wichtige kulturelle Grundlage für Rechtsstaatlichkeit. Es sagt nur nicht das geringste darüber aus, ob Gesetze auch richtig sind. Ob sie ethisch sind oder ob sie gerecht sind. Sie können gerne für sich in Anspruch nehmen auch ungerechten Gesetzen zu folgen. Ich werde das sicher auch tun, wenn auch aus der Motivation heraus dafür nicht sanktioniert werden zu wollen. Aber sie können sich darauf verlassen, das passiert rein da, wo man erwischt werden kann. Denn das ist das Problem an Gesetzen, die Unrecht sind, sie werden rein aus Angst vor Gewalt befolgt, nicht um ihrer selbst willen. Und deshalb stehlen auch Leute Daten. Sie gehen davon aus, nicht erwischt zu werden. Und sie gehen ebenso davon aus, dabei das richtige zu tun. Mit Rechtspositivismus werden sie daran nichts ändern.

Übrigens glaube ich nicht im Ansatz daran, dass deshalb die Gesellschaft zerfällt. Denn die zentralen Gesetze werden befolgt, weil sie auch verstanden werden. Das man einander nicht umbringt oder beklaut, das ist den allermeisten wohl bewusst. Man müsste sich eher fragen, wie gesellschaftszerstörend es ist, wenn es haufendweise Gesetze gibt, die die Mehrheit falsch findet.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

03.09.2011 23:53
#22 RE: Herrschaft des Rechts Antworten

Zitat von Llarian
Ich meine es gibt nicht nur ein ethisches Recht auf Gesetzesbruch, es gibt sogar eine ethische Pflicht dazu, wenn das Gesetz Unrecht ist.

Ich hatte, lieber Llarian, ja einige Beispiele für Menschen angeführt, die ein solches Recht für sich reklamieren. Ich nenne sie noch einmal:

Zitat
Dürfen militante Gegner der Genforschung Versuchsfelder zerstören? Dürfen militante Gegner der Atomkraft Transporte stillegen? Dürfen militante Tierschützer Labors zerstören und militante Gegner einer Gentrifizierung Autos anzünden? Dürfen militante Abtreibungsgegner Ärzte ermorden, dürfen militante Islamisten Bomben zünden?

Vielleicht verstehe ich Sie besser, lieber Llarian, wenn Sie mir sagen, welche dieser Gesetzesbrüche Sie für richtig halten, welche nicht, und warum?

Meine Antworten sind einfach: Sie sind allesamt zu verurteilen. Es gibt in einem demokratischen Rechtsstaat kein ethisches Recht, das für alle geltende Strafrecht und bürgerliche Recht zu brechen. Punkt.

Die Aufweichung dieses allgemeinen Rechtsbewußtseins begann in den siebziger und achtziger Jahren. Ein Höhepunkt war der ostentative Rechtsbruch von Honoratioren und Professoren wie Walter Jens, die in Mutlangen "blockierten".

Sie hätte damals die volle Härte des Gesetzes treffen müssen; stattdessen wurden sie bewundert. Wenn heute Autos brennen, dann ist das auch ihre Schuld.

Herzlich, Zettel

Loki Offline



Beiträge: 128

04.09.2011 01:04
#23 RE: Herrschaft des Rechts Antworten

@Llarian 18:15

Ich stimme da ziemlich vollständig mit Ihnen überein. Allerdings existiert nicht einmal die Basis, auf der Sie sich eingelassen haben, die Diskussion zu führen, denn es besteht bisher m.W. keinerlei Grund, davon auszugehen, daß Daten von WikiLeaks angefordert wurden. Es wird zwar gerne so getan, als spiele das keine Rolle, etwa mittels des Hehler-Vergleichs. Nur steht ja außer Frage, daß der Hehlervergleich im Allgemeinen unzutreffend ist. Presseorgane, die Informationen verbreiten, an die ihre Informanden illegal herangekommen sind, begehen damit im Allgemeinen eben keine Straftat. Sonst hätten auch der Spiegel und die NYT (siehe auch unten) eine begangen. Das Analogon zur Hehlerei existiert da schlicht nicht.

Die zu klärende Frage wäre also einzig, ob das Presserecht in diesem Sinne auf WikiLeaks anzuwenden wäre, was letztlich eine Frage der Rechtsprechung ist. Darauf, daß diese Frage, insbesondere auch in den USA, keine ganz eindeutige Antwort haben dürfte, läßt wohl nicht zuletzt der Umstand schließen, daß man Manning einen Deal angeboten hat, zu dem es gehören sollte, daß er Assange der Verabredung einer Straftat bezichtigt, denn

Zitat von The Independent
The Justice Department views the chances of a prosecution as far slimmer if Mr Assange was merely the passive recipient of information.


Link

Zettel hat WikiLeaks den journalistischen Status in einer früheren Diskussion 'aberkannt' aufgrund des Umstandes, daß Daten nur verbreitet, aber keine 'echte' journalistische Arbeit geleistet werde. Es ist klar, daß dieses Demarkationskriterium nicht weit tragen kann: Einerseits dürfte es WikiLeaks keinerlei Mühe bereiten, jede Datenveröffentlichung mit einem journalistischen Beitrag als Feigenblatt zu versehen. Andererseits hat Wikileaks journalistische Arbeit geleistet, indem die Daten redigiert wurden. Die 'echte' journalistische Arbeit wäre also entweder leicht zu liefern oder liegt ohnehin vor. Journalisten hingegen grundsätzlich die Veröffentlichung von Rohdaten zu untersagen - was man tun müßte, um das Demarkationskriterium zu retten - wäre zumindest fragwürdig: Warum sollte man sich nicht anhand der Daten selbst informieren können, während Nacherzählungen durch Journalisten in Ordnung wären? Eine brauchbare juristische Basis dürfte zudem ohnehin für keine dieser Entscheidungen unmittelbar verfügbar sein.

Wenn WikiLeaks verbrecherisch ist, kann es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht gleichzeitig Presse sein. Wenn es nicht Presse ist, dann muß ein brauchbares Demarkationskriterium her. Ohne dieses ist der Gehalt der Bezeichnung 'kriminell' ausschließlich die Kennzeichnung starker Antipathie.

Wie schon gesagt scheint man dieses Problem auch - oder gerade - in den USA durchaus ernst zu nehmen:

Zitat von The Independent
If Mr Assange is indicted under the Espionage or Computer Fraud acts when there is no evidence that he instigated Pte Manning's activities, it could follow that the New York Times, which disseminated the information in the US, could also face prosecution – something officials say the Justice Department simply would not countenance.



Die Pressefreiheit und damit ihren Status als demokratischer Rechtsstaat in die Tonne zu treten, nur um Assange belangen zu können - das ist es den USA dann doch nicht wert.

Llarian Offline



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04.09.2011 01:30
#24 RE: Herrschaft des Rechts Antworten

Zitat von Zettel
Vielleicht verstehe ich Sie besser, lieber Llarian, wenn Sie mir sagen, welche dieser Gesetzesbrüche Sie für richtig halten, welche nicht, und warum?


Von den genannten gar keinen, aber die Liste ist ja nun auch reichlich vergiftet. Und ich denke diese "Beweislastumkehr" bringt uns auch nicht weiter. Sie haben geschrieben, dass alle Gesetze zu befolgen sind. Und das es keinen Fall gibt, wo der Gesetzbruch vertretbar ist. Ich habe umgekehrt keinesfalls behauptet ein jeder Gesetzbruch wäre vertretbar. Insofern wäre es sicher sinnvoller, Sie würden sich zu den von mir genannten Beispiele äussern. Ich habe nur eine Existenz-Aussage getroffen, Sie haben den Universaloperator verwendet. Dann muss ich nicht zu allem ja sagen, Sie nur zu allem nein. Sagen Sie nein zu Fluchthelfern ? Sagen Sie nein zu denen, die Watergate aufdeckten ?

Wenn wir wirklich ein vernichtendes, konkretes Beispiel nennen wollen, dann können wir das Massaker von My Lai diskutieren. Eine ausgesprochen abscheuliche Lektion in Sachen Schweinerei. Mein Punkt wäre an dieser Stelle die Rolle des Hubschrauberpiloten Thompson, der androhte auf seine eigenen Leute zu feuern. Weswegen man ihn später auch vor Gericht stellen wollte. Was der Mann tat war mit aller Sicherheit nicht im Sinne der Gesetze. Und diejenigen, die die Geschichte irgendwann der Presse gesteckt haben, haben mit Sicherheit auch nicht allzusehr darauf geachtet, die Geheimhaltung des Militärs zu achten. Aber war das falsch ? Amerika war in dieser Zeit durchaus ein Rechtsstaat. Keine Berechtigung zum Rechtsbruch ?

Zitat
Es gibt in einem demokratischen Rechtsstaat kein ethisches Recht, das für alle geltende Strafrecht und bürgerliche Recht zu brechen.


Und ich halte dem entgegen das der demokratische Rechtsstaat eine Idealvorstellung ist. Von der die BRD, nebenbei bemerkt, recht weit entfernt ist. Deutlich weiter als beispielsweise vor 30 Jahren. Nur weil es weltweit deutlich schlimmer aussieht und es in der deutschen Vergangenheit schlimmere Regime gab, heisst das nicht, dass unser Staat nun das Absolute ist. DER demokratische Rechtsstaat. Es passiert eine Menge Unrecht in unserem Rechtsstaat, vieles davon in staatlicher Deckung. Und es wird derzeit nicht besser. Ab wann gilt für Sie das Prinzip der Absolutbefolgung denn nicht mehr ? Nennen Sie mir das Maß, ab wann man sich wehren darf !

Einer der ältesten Rechtsstaaten sind die USA. Weit mehr Tradition als wir und meines Erachtens nach auch der bessere Rechtsstaat. Das hat Watergate nicht verhindert. Oder das Waterboarding in Guantanamo. Und glauben Sie nicht, dass das Whistleblowing in diesen Fällen absolut angemessen war ?
Egal wie demokratisch oder diktatorisch ein Regime aussieht, jede, JEDE Regierung hat es noch verstanden die Gesetze zu ihrer Verteidigung zu machen und auszulegen. Da tun sich die Demokraten nichts mit den Diktatoren. Denn es sind alle nur Menschen und eben nicht die Idealvorstellung, die ihrem Rechtspositivismus zugrunde liegt. Diese Menschen sind nicht anständiger als andere auch, im Gegenteil, ich würde dazu neigen eher zu vermuten, dass es im Schnitt sogar weniger der Fall ist. Und diese Menschen verschanzen sich hinter ihren Regeln. Wenn Sie in jedem Fall diese Regeln beachten, dann haben sie den Rechtsstaat längst abgeschafft. Denn es garantiert nur, dass die grössten Verbrecher sicher vor irgendeiner Kontrolle sind.

Zitat
Sie hätte damals die volle Härte des Gesetzes treffen müssen; stattdessen wurden sie bewundert. Wenn heute Autos brennen, dann ist das auch ihre Schuld.


Es ist unabhängig von unserer Diskussion, ein Gebot des Anstandes, Rechtsbrüche, insbesondere Verbrechen, nur denen anzulasten, die sie begehen oder maximal denen, die dazu auffordern. Walter Jens war vor meiner Zeit aber das Blockieren von Wegen ist sicher nicht im Ansatz mit einem Brandanschlag vergleichbar. Solche Aussagen sind denen ebenbürtig mit denen die eine Verbindung zwischen Geert Wilders und Anders Breivik konstatieret wird. Das sollte sich verbieten.

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

04.09.2011 01:52
#25 RE: Herrschaft des Rechts Antworten

Lieber Loki, so vollständig ist die Übereinstimmung nicht. Ich denke wir haben einen weit stärkeren Dissenz als ich mit Zettel:

Wovon ich spreche ist das Prinzip. Das heisst nicht das ich es im konkreten Fall so beurteile. Ganz im Gegenteil, ich halte Wikileaks für reichlich daneben, finde den manischen USA-Hass des Selbstdarstellers Assange ziemlich demaskierend und bin nicht der Meinung das sich Wikileaks auf besonders ethischen Terrain bewegt. Im Gegenteil, es hat eine Reputation für Rücksichtslosigkeit (man denke an die afghanischen Informanten) und abstossende Agitation (siehe das Hubschrauber Video). Wenn Wikileaks morgen von der Bildfläche verschwindet wird die Welt vermutlich eher besser als schlechter sein. Aber das ist meine konkrete Beurteilung von Wikileaks. Nicht meine Beurteilung vom Vorgang des Whistle-Blowing an sich.

Ich haltes es für richtig und vertretbar, wenn Menschen skandalöse Vorgänge auch veröffentlichen. Das ist für mich eine Antwort auf das ewige Problem: Quis custodiet ipsos custodes? Es ist gut, wenn selbst große Macht nicht zu einem Freifahrtschein wird, Unrecht zu tun. Aber es muss auch diesem Zweck dienen. Wenn Assange nun diplomatische Depeschen veröffentlicht, werden damit keine Unrechte aufgedeckt, er schadet damit nur den USA und deren diplomatischem Corps. Das finde ich kaum vertretbar. Und das ist ein erheblicher Unterschied.

Das wird auch in deutscher Rechtssprechung oft so gesehen: Es ist nicht lange her, da hat ein Arbeitsgericht einer Angestellten, die unhaltbare Zustände an ihrem Arbeitsplatz, einem Pflegeheim, öffentlich machte, dieses Recht zugebilligt. Eben weil die Frau grösseres Unrecht zu verhindern suchte. Ein klassisches Whistle-Blowing aus dem Bilderbuch und auch vom Presserecht gedeckt. Wenn nun ein anderer Angestellter die Finanzdaten seiner Firma entwendet und diese öffentlich macht um dieser zu schaden, kann er ganz schnell wegen Kreditgefährdung und Datendiebstahl drankommen. Zurecht. Denn hier gehts nicht um das Verhindern von Unrecht sondern darum anderen zu schaden. Diesen Unterschied machen Gerichte aus gutem Grund.

Wer Recht bricht, der muss schon ziemlich gut begründen, warum er das tut. Und er ist gut beraten dafür einen guten vorweisen zu können. Und um das mit der Presse aufzugreifen, ich halte Wikileaks selbstredend für ein Presseerzeugnis. Aber auch Presse darf nun nicht alles. Auch die Presse darf kein Foto von Ihnen veröffentlichen wie Sie abends duschen, nur weil jemand das Bild geschossen hat. Und da hakts eben auch bei Wikileaks. Ich kann bei Assange keinerlei ethisches Motiv erkennen. Aber damit sollen sich Gerichte auseinandersetzen. Ich denke jedenfalls, dass man eine Verurteilung durchaus rechtfertigen kann, ohne damit in tiefste, moralische Konflikte zu geraten.

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