Zitat von Erling PlaetheFür Deutschland ist es eine Bewährungsprobe. Das Land welches eine Führungsrolle übernimmt muss seine nationalen Interessen stärker zurückstellen als die kleineren Länder. Das wird von uns erwartet und es wäre gut für uns und für Europa wenn wir dem entsprächen.
Eigentlich wäre es eine schöne Frage für den pro & contra Bereich: Wie wäre wohl die Lage, wenn nicht Deutschland der europäische Klassenprimus wäre, sondern z.B. Frankreich oder Großbritanien? Würde man von denen erwarten, dass sie ihre nationalen Interessen stärker zurückstellen? Würde man das von ihnen erwarten, und sie von allen Seiten bedrängen die "Führung" (nur bei notwendigen Abstrichen) zu übernehmen? Um welchen Preis würde z.B. Frankreich Deutschland "retten", wenn dieses selbstverschuldet um sein Triple-A bangen würde?
---------------------------------------------------- "Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande" - De civitate dei, IV, 4, 1. Übers.: Papst Benedikt XVI, Rede vor dem Deutschen Bundestag am 22. September 2011
Zitat Für Deutschland ist es eine Bewährungsprobe. Das Land welches eine Führungsrolle übernimmt muss seine nationalen Interessen stärker zurückstellen als die kleineren Länder. Das wird von uns erwartet und es wäre gut für uns und für Europa wenn wir dem entsprächen.
Warum wäre das gut für uns und für "Europa"?
Wegen der deutschen Geschichte und weil wir ganz erheblich vom europäischen Binnenmarkt profitieren und abhängig sind.
Zitat von Rayson Es geht hier nicht um "nationale Interessen". Es geht um Interessen von Menschen, die keinen Zentralstaat wollen, der ihre Freiheit noch mehr beschneidet, sie noch mehr enteignet und die Volkswirtschaft ruiniert. Auch die Deutschen werden die Rolle nicht dauerhaft spielen, die ihnen von anderen zuerdacht ist. Sie werden sich an die Regeln anpassen, die in dem geplanten Monstrum Erfolg versprechen. Dadurch wird es niemandem besser gehen, aber allen schlechter.Ob die anderen Europäer bei ihrem Niedergang besondere Genugtuung aus der Tatsache ziehen werden, dass der Absturz der Deutschen der größte sein wird, sei dahingestellt. Um aber sowas von der Bundesregierung zu verlangen, sollte man bei all den Verfassungsänderungen, die dazu notwendig werden, auch daran denken, den Amtseid zu ändern.
Wer arbeitet denn am Zentralstaat? Wir und Frankreich. Auf Grund nationaler Interessen. Und die Menschen die keinen Zentralstaat wollen repräsentieren die liberale Minderheit in Deutschland. Wieso erwarten wir als Deutsche etwas von Europa, dass Deutschland nicht will? Das ist unlogisch.
Zitat von Erling PlaetheFür Deutschland ist es eine Bewährungsprobe. Das Land welches eine Führungsrolle übernimmt muss seine nationalen Interessen stärker zurückstellen als die kleineren Länder. Das wird von uns erwartet und es wäre gut für uns und für Europa wenn wir dem entsprächen.
Eigentlich wäre es eine schöne Frage für den pro & contra Bereich: Wie wäre wohl die Lage, wenn nicht Deutschland der europäische Klassenprimus wäre, sondern z.B. Frankreich oder Großbritanien? Würde man von denen erwarten, dass sie ihre nationalen Interessen stärker zurückstellen? Würde man das von ihnen erwarten, und sie von allen Seiten bedrängen die "Führung" (nur bei notwendigen Abstrichen) zu übernehmen? Um welchen Preis würde z.B. Frankreich Deutschland "retten", wenn dieses selbstverschuldet um sein Triple-A bangen würde?
Wir retten doch auch uns, wir retten unseren Markt dessen schuldenfinanziertes Wachstum von uns gewünscht und betrieben wurde. Unsere nationalen Interessen haben Europa mal sehr sehr schlecht getan, auch dies ist in unseren Nachbarländern lebendiger als es uns vielleicht lieb ist.
Dann tu doch jetzt einfach mal so, als handelte es sich bei allen, die hier diskutieren, um Franzosen. Den Makel, dass wir unsere demokratischen Rechte wegen der Geschichte nicht so wahrnehmen dürfen wie andere, werden wir ja sonst nicht los. Also lass uns einfach so tun, als diskutierten wir hier als vollwertige Europäer darüber, was das Beste für Europa wäre. An ad-hominem-Debatten sollen sich die ergötzen, denen es Spaß macht.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat wir retten unseren Markt dessen schuldenfinanziertes Wachstum von uns gewünscht und betrieben wurde.
Wer ist dieses ominöse "wir", wie hat es seinen Wunsch kundgetan und wie für seine Umsetzung gesorgt?
Es ist zur Wahl gegangen. Es gibt der Kanzlerin breite Unterstützung bei nahezu allem was sie tut. Es ist nicht "ich". "Ich" befindet sich dauerhaft in Opposition ohne die Chance auf Regierungsübernahme. Wie eine FDP die sich nicht verbiegen lässt und zu ihren Prinzipien steht. "Wir" ist, was mein Land tut. Ob es mir passt oder nicht, ich hänge mit drin. Um diese Situation erträglicher zu machen, akzeptiere ich die Linie die mein Land fährt und versuche wenigstens die Beweggründe aus einem positiven Blickwinkel zu betrachten, wenn ich schon in der Sache keine Übereinstimmung erzielen kann.
Zitat von RaysonDann tu doch jetzt einfach mal so, als handelte es sich bei allen, die hier diskutieren, um Franzosen. Den Makel, dass wir unsere demokratischen Rechte wegen der Geschichte nicht so wahrnehmen dürfen wie andere, werden wir ja sonst nicht los. Also lass uns einfach so tun, als diskutierten wir hier als vollwertige Europäer darüber, was das Beste für Europa wäre. An ad-hominem-Debatten sollen sich die ergötzen, denen es Spaß macht.
Was ist der Preis für eine Rückkehr aller Euroländer zu ihren nationalen Währungen? Es gibt viele die meinen, dass er in die Depression führen würde. Also wäre es nicht besser einer Wirtschafts- und Fiskalunion wirksame demokratische Kontrollinstanzen gegenüber zu stellen? Mehr Macht für das Europäische Parlament und den Europäischen Gerichtshof zu erkämpfen. Letzterer muss die Verträge hüten. Weder Deutschland noch Frankreich sind Länder mit starken liberalen Parteien. Also kann sich Europa nicht liberaler entwickeln, als würde man das Beste, aus liberaler Sicht, aus beiden Ländern zusammenführen. Und damit nicht das Schlechteste aus beiden Ländern umgesetzt wird, muss die Macht der Exekutive begrenzt werden. Und das ist die Aufgabe der Parlamente, es ist jetzt ihre Zeit. Die europäischen Verträge werden geändert und die Parlamente werden gefragt. Wenn sie einer Schwächung der Demokratie zustimmen, dann gibt es als letzte Institution die nationalen Verfassungsgerichte. Diese Institutionen dürfen jetzt nicht versagen. Alles hängt von ihnen ab, und von Parlamentariern wie Frank Schäffler. Für mich besteht durchaus Hoffnung dass die Legislative in Europa durch den stärkeren Focus auf europäische Probleme die Basis für eine Art Doppelstaatsbürgerschaft legt. Eine nationale und eine europäische. Und dass sie gestärkt aus der Auseinandersetzung hervorgehen kann. Die Exekutive fordert die Legislative heraus. Diese Herausforderung muss angenommen werden.
Zitat von KalliasSo gesehen, lautet die Anfrage des Vorstandes an die Basis: wieviel traut ihr uns noch zu?
Und entsprechend wird die Antwort ausfallen ...
Der Vorstand ist offenbar früh zum Schluß gekommen, daß er inhaltlich nicht gegen Schäffler bestehen kann (was auch schon viel sagt, wenn man das aktuelle Solms-Papier liest sieht man, daß auch eine solche Argumentation mit Qualität möglich ist).
Also wurde die Sachebene verlassen und eine Art Vertrauensabstimmung in Bundesvorstand und Koalition inszeniert. Das könnte ein entscheidender taktischer Fehler gewesen sein.
Zitat von Calimero"Wie wäre wohl die Lage, wenn nicht Deutschland der europäische Klassenprimus wäre, sondern z.B. Frankreich oder Großbritanien? Würde man von denen erwarten, dass sie ihre nationalen Interessen stärker zurückstellen? Würde man das von ihnen erwarten, und sie von allen Seiten bedrängen die "Führung" (nur bei notwendigen Abstrichen) zu übernehmen? Um welchen Preis würde z.B. Frankreich Deutschland "retten", wenn dieses selbstverschuldet um sein Triple-A bangen würde?
Das könnte man noch wunderbar ergänzen um die m.E. alles entscheidende Frage: Wären Deutschland bereit "Experten" auf Geheiß von, sagen wir Großbritanniens, über unsere inneren Angelegenheiten entscheiden zu lassen? Uns von aussen diktieren lassen die sozialstaatlichen Leistungen zusammenzustreichen, die Beamtenpensionen zu kürzen, die Renten etc. Das alles im Ton der Selbstherrlichkeit und auf Basis von vermeintlicher Alternativlosigkeit.
Wer die Frage mit "ja" beantwortet, kann auch daran glauben, dass der momentane Weg den Deutschland und Frankreich der EU aufzubürden versuchen erfolgreich sein kann und nicht an dem Widerstand der Bürger der potenziellen Pleitekandidaten scheitert. Ich kann nur hoffen jemand hält uns auf. Ich denke eine zehnjährige Rezession wäre ein geringeres Übel als der europäische Zentralstaat nach dem Bilde De/Fra.
"Ich denke eine zehnjährige Rezession wäre ein geringeres Übel als der europäische Zentralstaat nach dem Bilde De/Fra. " Wird wohl eher eine zehnjährige Rezession bis wir den Zentralstaat haben und nach weiteren 25 jahren dürfte dieses Experiment krachend zerbersten, und kein reicher Onkel von irgendwo in Sichtweite und wer ist Schuld? Genau die Schweizer (pardon Spekulanten, Liberalen, der "Markt")
Zitat von Erling PlaetheEs ist zur Wahl gegangen. Es gibt der Kanzlerin breite Unterstützung bei nahezu allem was sie tut.
Das beantwortet meine Frage nicht. Selbst wenn ich diese willkürliche Verkollektivierung nachvollziehe, fehlt mir noch die Information, wo sich dieses "wir" für ein "schuldenfinanziertes Wachstum" seines Marktes ausgesprochen und wie es dieses "betrieben" hat.
Zitat von Erling PlaetheWas ist der Preis für eine Rückkehr aller Euroländer zu ihren nationalen Währungen? Es gibt viele die meinen, dass er in die Depression führen würde.
Zunächst mal gibt es eigentlich niemanden mehr, der die Einführung des Euro für eine gute Idee hält. Jedenfalls nicht unter Ökonomen, in der Politik wird zur Zeit noch etwas anderes beschworen. Dass man einen Fehler nicht mehr korrigieren können soll, sehen viele Menschen wohl sehr zu Recht nicht ein. Ob nun alle Euroländer eine eigene Währung brauchen, können wir dahingestellt sein lassen. Wahrscheinlich nicht. Aber diejenigen mit krassem Institutionenversagen brauchen eine, wenn entweder sie oder diejenigen, die an ihrer Stelle für sie bezahlen müssten, das Recht auf demokratische Selbstbestimmung behalten sollen.
Dass eine Depression befürchtet wird, hat ja nur einen einzigen Grund: Das Bankensystem ist derart marode, dass es ständig mit Selbstmord droht. Wir (und hier meine ich "vier alle") werden, wenn wir nicht von einer Krise in die nächste getrieben werden wollen, während unsere Freunde an der Geldquelle weiterhin richtig schön absahnen, nicht umhin kommen, dieses System grundlegend zu reformieren. Das wird sowieso für Trubel sorgen, einen Trubel, den man sich, wenn die Lage rosig aussieht, nicht leisten wollen wird, der also nur in der Krise hingenommen würde. Die Krise haben wir, also wäre jetzt ein guter Zeitpunkt.
Zitat von Erling PlaetheAlso wäre es nicht besser einer Wirtschafts- und Fiskalunion wirksame demokratische Kontrollinstanzen gegenüber zu stellen? Mehr Macht für das Europäische Parlament und den Europäischen Gerichtshof zu erkämpfen. Letzterer muss die Verträge hüten.
Zentralisierung und "wirksam" widersprechen sich. Eine Zentralisierung schaltet das politische Entdeckungsverfahren aus und ersetzt es durch die Anmaßung von Wissen in der Zentralinstanz, ob ich ein aus unterschiedlichen Völkern, Interessen und politischen Kulturen zusammengesetztes Parlament, das die Unterschiede und Gegensätze mit Mehrheitsbeschlüssen zukleistern soll, nun für "demokratisch legitimiert" erkläre oder nicht. In einem zentralen Europa wirkt sich Staatsversagen gleich auf alle Europäer aus, und dessen Wahrscheinlichkeit steigt.
Zitat von Erling PlaetheAlso kann sich Europa nicht liberaler entwickeln, als würde man das Beste, aus liberaler Sicht, aus beiden Ländern zusammenführen. Und damit nicht das Schlechteste aus beiden Ländern umgesetzt wird, muss die Macht der Exekutive begrenzt werden. Und das ist die Aufgabe der Parlamente, es ist jetzt ihre Zeit.
Parlamente sind Teil des Staates, und sie sind schon lange kein wirksames Gegengewicht zur Exekutive mehr. Ein gesamteuropäisches Parlament ist schon durch seine Existenz ein Problem, weil es ein gesamteuropöisches Volk suggeriert, das es gar nicht gibt. Man kann es auch nicht dadurch herbeizaubern, dass man Institutionen zusammenlegt und wie auch immer zustande kommende Mehrheitsbeschlüsse (womöglich noch wie jetzt mit eklatant von der Bevölkerungszusammensetzung abweichender Beteiligung der Nationen) als die "volonté générale" dieses nicht existierenden Volkes ausgibt.
Zitat von Erling PlaetheFür mich besteht durchaus Hoffnung dass die Legislative in Europa durch den stärkeren Focus auf europäische Probleme die Basis für eine Art Doppelstaatsbürgerschaft legt. Eine nationale und eine europäische.
Also das mit den Fähnchen.
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Zitat von Erling PlaetheDer Euro hätte nie eingeführt werden dürfen. So weit so schlecht. Jetzt ist er aber da und eine Rückabwicklung ist genauso unrealistisch wie die Errichtung eines EU-Sowjets.
Ich weiß nie so recht, wie ich Aussagen dieser Art einsortieren soll. Wollen Sie damit sagen, dass der Euro die nächsten, sagen wir, 40 Jahre mit seinen aktuellen Mitgliedern Bestand haben wird, unter Umständen auch noch mit weiteren Staaten? Wenn ja, woher nehmen Sie diese Sicherheit? Historisch gab es schon so manche Vielvölkerstaaten, die mitsamt ihrer gemeinsamen Währung zerbrachen. Nein, schön war das alles nicht, und schön wäre auch ein Zerbröseln des Euro nicht. Aber "unschön" ist etwas anderes als "unrealistisch".
-- Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von Rayson Das beantwortet meine Frage nicht. Selbst wenn ich diese willkürliche Verkollektivierung nachvollziehe, fehlt mir noch die Information, wo sich dieses "wir" für ein "schuldenfinanziertes Wachstum" seines Marktes ausgesprochen und wie es dieses "betrieben" hat.
Das ist ein interessanter Punkt. Nach meinem Verständnis wird das, was die Regierung tut, im Namen des deutschen Volkes getan. Und zwar auch im Namen derer, die diese Regierung nicht gewählt haben und folglich sich für diese Politik nicht aussprechen würden, hätte man sie den zu einer speziellen Entscheidung befragt, was praktisch undurchführbar ist, nicht nur in Deutschland nicht.
Zitat von Rayson Zunächst mal gibt es eigentlich niemanden mehr, der die Einführung des Euro für eine gute Idee hält. Jedenfalls nicht unter Ökonomen, in der Politik wird zur Zeit noch etwas anderes beschworen. Dass man einen Fehler nicht mehr korrigieren können soll, sehen viele Menschen wohl sehr zu Recht nicht ein. Ob nun alle Euroländer eine eigene Währung brauchen, können wir dahingestellt sein lassen. Wahrscheinlich nicht. Aber diejenigen mit krassem Institutionenversagen brauchen eine, wenn entweder sie oder diejenigen, die an ihrer Stelle für sie bezahlen müssten, das Recht auf demokratische Selbstbestimmung behalten sollen.
Ich bin der Ansicht, dass eine Gruppe mit einer gemeinsamen Währung Spannungen erzeugt. Es müssten wieder Kriterien gesetzt werden nach denen ein Beitritt möglich ist. Das Ausscheiden eines Mitglieds der Euroländer wird ja vorbereitet. Auch dafür sind aber Änderungen der Europäischen Verträge nötig. Die Bundeskanzlerin will diese Änderungen. Griechenland die Zahlungen zu verweigern wäre aktuell sogar möglich, weil die Konservativen weitere Sparpläne ablehnen. Noch haben sie die nächste Tranche nicht erhalten. Aber riskiert Deutschland (anstatt "wir") dann nicht einen Bruch mit Frankreich?
Zitat von Rayson Dass eine Depression befürchtet wird, hat ja nur einen einzigen Grund: Das Bankensystem ist derart marode, dass es ständig mit Selbstmord droht. Wir (und hier meine ich "vier alle") werden, wenn wir nicht von einer Krise in die nächste getrieben werden wollen, während unsere Freunde an der Geldquelle weiterhin richtig schön absahnen, nicht umhin kommen, dieses System grundlegend zu reformieren. Das wird sowieso für Trubel sorgen, einen Trubel, den man sich, wenn die Lage rosig aussieht, nicht leisten wollen wird, der also nur in der Krise hingenommen würde. Die Krise haben wir, also wäre jetzt ein guter Zeitpunkt.
Dem stimme ich zu.
Zitat von Rayson Zentralisierung und "wirksam" widersprechen sich. Eine Zentralisierung schaltet das politische Entdeckungsverfahren aus und ersetzt es durch die Anmaßung von Wissen in der Zentralinstanz, ob ich ein aus unterschiedlichen Völkern, Interessen und politischen Kulturen zusammengesetztes Parlament, das die Unterschiede und Gegensätze mit Mehrheitsbeschlüssen zukleistern soll, nun für "demokratisch legitimiert" erkläre oder nicht. In einem zentralen Europa wirkt sich Staatsversagen gleich auf alle Europäer aus, und dessen Wahrscheinlichkeit steigt.
Funktioniert zwar in Amerika, aber gut, dann haben wir da noch die Eurokrise zu deren Eindämmung (von Lösung rede ich lieber nicht) als Alternativvorschlag die Briten empfehlen, Geld zu drucken. Dieses Problem bleibt ja, selbst wenn Deutschland und die anderen Euroländer die strukturellen Probleme angehen.
Zitat von Rayson Parlamente sind Teil des Staates, und sie sind schon lange kein wirksames Gegengewicht zur Exekutive mehr. Ein gesamteuropäisches Parlament ist schon durch seine Existenz ein Problem, weil es ein gesamteuropöisches Volk suggeriert, das es gar nicht gibt. Man kann es auch nicht dadurch herbeizaubern, dass man Institutionen zusammenlegt und wie auch immer zustande kommende Mehrheitsbeschlüsse (womöglich noch wie jetzt mit eklatant von der Bevölkerungszusammensetzung abweichender Beteiligung der Nationen) als die "volonté générale" dieses nicht existierenden Volkes ausgibt.
Wenn die Parlamente kein wirksames Gegengewicht zur Exekutive sind, dann kann es uns wurscht sein ob wir ein zentralistisches Brüssel bekommen. Und wie gesagt, für Deutschland ist das alles ja nicht neu. Die anderen müssen deutsch lernen, Deutsche können's ja schon. Umstellen müssen sich die Niederländer z.B. Das wird lustig wenn dann Deutsche erzählen, sie hätten mit der ganze Sache nichts zu tun, weil sie sich ja nicht dafür ausgesprochen hätten. Naja in Deutschland kann man auch schön Urlaub machen.
Zitat von Rayson Also das mit den Fähnchen.
Aber sicher, besser als angesichts eines europaweiten Sparkassennetzes zu kapitulieren. Vielleicht hat ja der eine oder andere Parlamentarier noch nicht aufgegeben...
Zitat von Erling PlaetheDer Euro hätte nie eingeführt werden dürfen. So weit so schlecht. Jetzt ist er aber da und eine Rückabwicklung ist genauso unrealistisch wie die Errichtung eines EU-Sowjets.
Ich weiß nie so recht, wie ich Aussagen dieser Art einsortieren soll. Wollen Sie damit sagen, dass der Euro die nächsten, sagen wir, 40 Jahre mit seinen aktuellen Mitgliedern Bestand haben wird, unter Umständen auch noch mit weiteren Staaten? Wenn ja, woher nehmen Sie diese Sicherheit? Historisch gab es schon so manche Vielvölkerstaaten, die mitsamt ihrer gemeinsamen Währung zerbrachen. Nein, schön war das alles nicht, und schön wäre auch ein Zerbröseln des Euro nicht. Aber "unschön" ist etwas anderes als "unrealistisch".
Nein, das will ich damit nicht sagen. Lediglich, dass es zur Zeit keine politische Bereitschaft gibt, die alten Währungen wieder einzuführen. Ich hab im Telegraph heute eine Andeutung gelesen, dass dies möglich wäre. Aber ich kenne keinen europäischen Kontinentalpolitiker der dies in Erwägung zieht.
Nachtrag: Zugegebenermaßen ist die Errichtung eines EU-Sowjets unrealistischer als die Rückabwicklung.
Zitat von Erling PlaetheNach meinem Verständnis wird das, was die Regierung tut, im Namen des deutschen Volkes getan. Und zwar auch im Namen derer, die diese Regierung nicht gewählt haben und folglich sich für diese Politik nicht aussprechen würden, hätte man sie den zu einer speziellen Entscheidung befragt, was praktisch undurchführbar ist, nicht nur in Deutschland nicht.
Das mag im Außenverhältnis so sein, im Innenverhältnis einer Demokratie aber bestimmt nicht. Doch das beantwortet meine Frage immer noch nicht: In welcher Form hat sich denn dann die Bundesregierung für "schuldenfinanziertes Wachstum von Märkten" ausgesprochen? Und wie hat sie es gesamteuropäisch umgesetzt?
Zitat von Erling PlaetheFunktioniert zwar in Amerika
Die Amerikaner verstehen sich als Nation. Wer mal "drüben" war, wird daran auch keine Zweifel haben.
Zitat von Erling Plaetheals Alternativvorschlag die Briten empfehlen, Geld zu drucken
Das ist der Weg, der den Banken am liebsten ist. Kein Wunder, dass die USA und England sich dafür aussprechen. Sicher fühlt man sich besser, wenn man wieder zur Droge gegriffen hat. Aber gesünder wird man dadurch nicht. Man vertagt das Problem und ist dann in einer noch schlechteren Verfassung als vorher. Das gilt allerdings nicht für alle gleichermaßen, und wer wissen will, warum Banken damit weniger Probleme haben, schlage mal unter "Cantillon-Effekt" nach.
Zitat von Erling PlaetheWenn die Parlamente kein wirksames Gegengewicht zur Exekutive sind, dann kann es uns wurscht sein ob wir ein zentralistisches Brüssel bekommen.
Eben nicht. Zentralisierung killt Alternativen.
Zitat von Erling PlaetheUnd wie gesagt, für Deutschland ist das alles ja nicht neu. Die anderen müssen deutsch lernen, Deutsche können's ja schon. Umstellen müssen sich die Niederländer z.B.
Ich glaube, das Märchen, andere EU-Länder könnten am deutschen Wesen genesen, sollten wir mal schnell ad acta legen. Sie können es nicht, und sie wollen es nicht. Wer seinen Wählern so etwas erzählt, tischt ihnen dieselbe Lüge wie bei der Einführung des Euro auf, nur in einem etwas anderen, noch unglaubwürdigeren Gewand.
Zitat von Erling PlaetheDas wird lustig wenn dann Deutsche erzählen, sie hätten mit der ganze Sache nichts zu tun, weil sie sich ja nicht dafür ausgesprochen hätten.
Sicher haben die Deutschen "damit zu tun", nolens volens. Das legitimiert aber nicht, sie die Zeche für alle anderen zahlen zu lassen. Die Deutschen haben eine lange, schwierige und von Verzicht geprägte interne Abwertung hinter sich, Deswegen sollen sie jetzt für jene zahlen, die fröhlich aufgewertet haben? Man kann das so vertreten. Und wenn die Deutschen das mehrheitlich so wollen und nichts Besseres mit ihrer Knete anzufangen wissen, dann wollen wir diese Art der Einkommensverwendung mal akzeptieren. Ganz abgesehen davon, dass dies auf Dauer nicht funktionieren wird: Ich bezweifle aber, dass dies den Wünschen der Mehrheit entspricht. Deswegen werden die Wähler von der Politik ja auch nach Strich und Faden belogen (eigentlich gehört hier ein anderer Ausdruck hin, aber wollen wir mal Contenance wahren). Und hinterher kommst du und sagst, es wäre ja offensichtlich Volkes Wille gewesen .
Und Fähnchen lösen keine Probleme.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von Rayson Das mag im Außenverhältnis so sein, im Innenverhältnis einer Demokratie aber bestimmt nicht. Doch das beantwortet meine Frage immer noch nicht: In welcher Form hat sich denn dann die Bundesregierung für "schuldenfinanziertes Wachstum von Märkten" ausgesprochen? Und wie hat sie es gesamteuropäisch umgesetzt?
Ich bedenke eben immer beide Verhältnisse. Die Bundesregierung hat das schuldenfinanzierte Wachstum durch die niedrigen Leitzinsen mit beschlossen, im EZB-Rat. Es lag im politischen Interesse Deutschlands möchte ich behaupten, so wie es im Interesse Frankreichs lag und Spaniens und Griechenlands. Nein, Deutschland ist nicht allein verantwortlich. Aber spielt das wirklich eine Rolle? Spielt die Affinität von Jörg Asmussen für die ABS jetzt noch eine Rolle? Deutschland hat nichts dagegen getan und ist demzufolge genauso verantwortlich für das Gesamtdesaster wie Griechenland oder jedes andere Euroland, meiner Ansicht nach.
Zitat von Rayson Die Amerikaner verstehen sich als Nation. Wer mal "drüben" war, wird daran auch keine Zweifel haben.
Ich war und werde sein. Die Konsequenzen aus der gemeinsamen Währung gehen aber in diese Richtung und deshalb bringe ich diesen Vergleich. Ich kann immer wieder feststellen, dass es keine europäische Nation gibt und deshalb auch keinen europäischen Souverän. Und das Europäische Parlament deshalb eine Chimäre. Das ist völlig korrekt, aber es ändert nichts und es verbessert nicht die Situation. Stattdessen wäre es wert über das Gemeinsame in Europa, dass es ja auch gibt, die gemeinsamen Probleme zu lösen. Wir müssen ja keine Nation werden.
Zitat von Rayson Eben nicht. Zentralisierung killt Alternativen.
Ja natürlich. Nur welche Alternativen, wenn doch die Parlamente kein wirkungsvolles Gegengewicht sind.
Zitat von Rayson Ich glaube, das Märchen, andere EU-Länder könnten am deutschen Wesen genesen, sollten wir mal schnell ad acta legen. Sie können es nicht, und sie wollen es nicht. Wer seinen Wählern so etwas erzählt, tischt ihnen dieselbe Lüge wie bei der Einführung des Euro auf, nur in einem etwas anderen, noch unglaubwürdigeren Gewand.
Missverständnis! Das hatte ich sarkastisch gemeint. Ich schäme mich eher.
Zitat von Rayson Deswegen werden die Wähler von der Politik ja auch nach Strich und Faden belogen (eigentlich gehört hier ein anderer Ausdruck hin, aber wollen wir mal Contenance wahren). Und hinterher kommst du und sagst, es wäre ja offensichtlich Volkes Wille gewesen .
Ja wie jetzt. Darf das Volk sich jetzt nicht mehr seines Verstandes bedienen? Was will denn das Volk in Deutschland? Der Staat soll sich hierum kümmern und darum und sozial gerecht soll es zugehen. Wer stellt den den Länderfinanzausgleich in Frage? Und wer unser staatliches Bankensystem? Regt sich irgendjemand über zu hohe Sozialausgaben auf? Was die Transferunion anbetrifft grenzt das an Heuchelei. In Deutschland hat niemand ein Problem damit Bayern, Baden-Würtemberg und Hessen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Und die Empfängerländer machen Schulden ohne Ende bis das Verfassungsgericht sie stoppt. Da kommt nicht die Spur eines schlechten Gewissens auf. Deutschland hat ja gesagt zum Bailout und ja zum Rettungsschirm. Das war der Eintritt in die Transferunion. Und nun will Deutschland das Europa das Komplettpaket nimmt. Ich finde das fürchterlich, aber logisch. Die meisten Hartz IV Empfänger verhalten sich ähnlich renitent wie Griechenland und regt sich jemand darüber auf? Nee. Die werden auch genau so behandelt. Deutschland steht es frei zu sagen: Unsere soziale Marktwirtschaft und unsere Instrumente wie der Länderfinanzausgleich sind keine Lösung. Was wir brauchen ist eine freie Marktwirtschaft mit weniger Regulierung und niedrigeren Sozialausgaben. Griechenland ist uns ein warnendes Beispiel. Das macht Deutschland aber nicht, weil die Regierung (wieder)gewählt werden will und wegen des sozialen Friedens. Und deswegen wurde das Volk auch nicht belogen sondern es hat sich selbst belogen. Gerne auch in der Variante ohne Contenance.
Zitat von Erling PlaetheDie Bundesregierung hat das schuldenfinanzierte Wachstum durch die niedrigen Leitzinsen mit beschlossen, im EZB-Rat.
Zunächst mal wäre es Rechtsbruch, wenn die Bundesregierung dies getan hätte. Die EZB, auch ihre deutschen Vertreter, soll unabhängig sein. Und dann bestimmen die Leitzinsen, die die EZB beschließt, nicht die Risikobeurteilung, die dann je nach Ergebnis zu höheren oder niedrigeren Aufschlägen führt. Die Zinsen für Griechenland waren nicht deshalb zu niedrig, weil die EZB einen zu geringen Leitzins festgesetzt hätte, sondern weil die Märkte davon ausgingen, dass die No-Bail-Out-Klausel Makulatur sei.
Zitat von Erling PlaetheDeutschland hat nichts dagegen getan und ist demzufolge genauso verantwortlich für das Gesamtdesaster wie Griechenland oder jedes andere Euroland, meiner Ansicht nach.
Was hätte Deutschland tun sollen? Hohe Arbeitslosigkeit dulden? Sich noch mehr verschulden? Du behauptest hier einfach mal so etwas vor dich hin, ohne konkret zu werden. Butter bei die Fische!
Zitat von Erling PlaetheStattdessen wäre es wert über das Gemeinsame in Europa, dass es ja auch gibt, die gemeinsamen Probleme zu lösen.
Das gemeinsame Problem sind der Euro und das Bankensystem. Also lösen wir das, einverstanden. Lösen heißt aber nicht: Noch mehr davon.
Zitat von Erling PlaetheNur welche Alternativen, wenn doch die Parlamente kein wirkungsvolles Gegengewicht sind.
Das sie es nicht sind, sagt nichts darüber, welche Richtungen unterschiedliche Staaten jeweils einschlagen. Genau dieses Entdeckungsverfahren wird von einem Zentralstaat vernichtet.
Zitat von Erling PlaetheWer stellt den den Länderfinanzausgleich in Frage? Und wer unser staatliches Bankensystem? Regt sich irgendjemand über zu hohe Sozialausgaben auf?
Was ist deine Aussage dahinter? Dass die Mehrheit immer Recht hat, notfalls durch Nichtstun oder Nichtwissen? Wer sieht, dass etwas falsch läuft, hat doch gerade in einer Demokratie, wo er auch die Möglichkeit dazu hat, die Pflicht, davor zu warnen und sich dafür einzusetzen, dass man es korrigiert. Fatalismus kann auch eine Strategie sein, aber diese steht Untertanen gut zu Gesicht, nicht freien Bürgern.
Zitat von Erling PlaetheWas die Transferunion anbetrifft grenzt das an Heuchelei. In Deutschland hat niemand ein Problem damit Bayern, Baden-Würtemberg und Hessen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Und die Empfängerländer machen Schulden ohne Ende bis das Verfassungsgericht sie stoppt. Da kommt nicht die Spur eines schlechten Gewissens auf.
Wir sollten nicht vergessen, was wir vor zwei Absätzen noch gesagt haben: Es gibt offensichtlich ein deutsches Volk, aber es gibt kein europäisches. In Deutschland ist es akzeptiert, dass die stärkeren Regionen den schwächeren helfen, weil man sich als eine Gemeinschaft betrachtet. Sozialer Ausgleich braucht eine solche Legitimation, sonst hat er keine Chance. Und in Deutschland kommt noch etwas Anderes, nicht weniger Relevantes hinzu: Die Möglichkeiten der Länder, über ihre Budgets selbst zu bestimmen, sind arg limitiert. Es gibt kaum noch Länderzuständigkeiten auf Gesetzesebene, und Einnahmen, die sie der Art und Höhe nach jeweils für sich selbst bestimmen können, haben die Länder schon mal gar nicht. Die Auswüchse des horizontalen Länderfinanzausgleichs sind die Kehrseite des vertikalen.
Zitat von Erling PlaetheDeutschland steht es frei zu sagen: Unsere soziale Marktwirtschaft und unsere Instrumente wie der Länderfinanzausgleich sind keine Lösung. Was wir brauchen ist eine freie Marktwirtschaft mit weniger Regulierung und niedrigeren Sozialausgaben. Griechenland ist uns ein warnendes Beispiel.
Es bedarf keiner Vorschriften. Wichtig ist allein, dass diejenigen, die wie auch immer handeln, auch selbst die Verantwortung dafür tragen.
Zitat von Erling PlaetheDas macht Deutschland aber nicht, weil die Regierung (wieder)gewählt werden will und wegen des sozialen Friedens. Und deswegen wurde das Volk auch nicht belogen sondern es hat sich selbst belogen. Gerne auch in der Variante ohne Contenance.
Die Lüge ist eine andere. Die Lüge bestand darin, dass man den Euro mit Regeln versah, die man nicht einzuhalten gedachte. Und sie besteht darin, dass den Wählern, die, wie Zettel ja nicht müde wird zu betonen, die Materie zu 99% gar nicht durchblicken können, die Unwahrheit erzählt wird über die tatsächlichen Absichten der Regierung und Sinn sowie Erfolgsaussichten der "Rettungspakete".
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von Rayson Zunächst mal wäre es Rechtsbruch, wenn die Bundesregierung dies getan hätte. Die EZB, auch ihre deutschen Vertreter, soll unabhängig sein. Und dann bestimmen die Leitzinsen, die die EZB beschließt, nicht die Risikobeurteilung, die dann je nach Ergebnis zu höheren oder niedrigeren Aufschlägen führt. Die Zinsen für Griechenland waren nicht deshalb zu niedrig, weil die EZB einen zu geringen Leitzins festgesetzt hätte, sondern weil die Märkte davon ausgingen, dass die No-Bail-Out-Klausel Makulatur sei.
Zitat Sie belegen ökonometrisch, dass die Leitzinsen der EZB offenbar nicht strikt auf den Euro-Durchschnitt zugeschnitten werden. Vielmehr gleicht der Zinsverlauf am ehesten einem Szenario, in dem national orientierte Geldpolitiker im EZB-Rat die Entscheidungen wie auf einem Basar aushandeln.
Zitat von Rayson Was hätte Deutschland tun sollen? Hohe Arbeitslosigkeit dulden? Sich noch mehr verschulden? Du behauptest hier einfach mal so etwas vor dich hin, ohne konkret zu werden. Butter bei die Fische!
Ja, ich behaupte einfach mal so vor mich hin, dass Deutschland Verantwortung trägt. Aber ich bin nicht der einzige: FAZ-Blog Fazit
Zitat Schulden sind ein kommoder und unauffälliger Weg, wie die Staaten sich über darüber hinweg täuschen können, dass sie mehr Geld ausgeben, als sie einnehmen. Denn Staatsschulden sind eine besonders galante Spielart der „fiskalischen Illusion" (Robert Musgrave). So lange man Leute (die „Märkte") findet, die die Anleihen kaufen, und solange die Zinsen dafür sich im Rahmen halten, lässt es sich auf Pump gut, ungeniert und munter leben: Niemand merkt den Preis des üppigen Staates, denn er spiegelt sich nur unzureichend in den Steuern. Dass Schulden die Steuern von morgen sind, bleibt abstrakt. Eine Party ohne Rechnung. Denn morgen sind wir alle tot. Schulden sind die Wohlstandsillusion des Wohlfahrtsstaates, die Politiker und Bürger symbiotisch aneinander binden. Die einen teilen aus, die anderen sacken ein, und der Wettbewerb der Politik geht darum, wer mehr soziale Nettigkeiten im Angebot hat, um im Gegenzug dafür mehr Wählerstimmen auf sich zu vereinen.
Zitat von Rayson Was ist deine Aussage dahinter? Dass die Mehrheit immer Recht hat, notfalls durch Nichtstun oder Nichtwissen? Wer sieht, dass etwas falsch läuft, hat doch gerade in einer Demokratie, wo er auch die Möglichkeit dazu hat, die Pflicht, davor zu warnen und sich dafür einzusetzen, dass man es korrigiert. Fatalismus kann auch eine Strategie sein, aber diese steht Untertanen gut zu Gesicht, nicht freien Bürgern.
Die Aussage ist die Beantwortung der Fragen. Ob die Mehrheit recht hat ist wohl eher eine Frage der Perspektive. Die Mehrheit hat sich aber gut eingerichtet im Wohlfahrtsstaat, pardon, Sozialstaat muss es heissen.
Zitat von Rayson Wir sollten nicht vergessen, was wir vor zwei Absätzen noch gesagt haben: Es gibt offensichtlich ein deutsches Volk, aber es gibt kein europäisches. In Deutschland ist es akzeptiert, dass die stärkeren Regionen den schwächeren helfen, weil man sich als eine Gemeinschaft betrachtet. Sozialer Ausgleich braucht eine solche Legitimation, sonst hat er keine Chance. Und in Deutschland kommt noch etwas Anderes, nicht weniger Relevantes hinzu: Die Möglichkeiten der Länder, über ihre Budgets selbst zu bestimmen, sind arg limitiert. Es gibt kaum noch Länderzuständigkeiten auf Gesetzesebene, und Einnahmen, die sie der Art und Höhe nach jeweils für sich selbst bestimmen können, haben die Länder schon mal gar nicht. Die Auswüchse des horizontalen Länderfinanzausgleichs sind die Kehrseite des vertikalen.
Europa ist eine Gemeinschaft. Das war es schon vor der gemeinsamen Währung. Die Bürger in Europa geniessen Freizügigkeit. Sie können in jedem Land der EU wohnen und arbeiten. Tut mir leid aber das sollte reichen als Legitimation.
Zitat von Rayson Die Lüge ist eine andere. Die Lüge bestand darin, dass man den Euro mit Regeln versah, die man nicht einzuhalten gedachte. Und sie besteht darin, dass den Wählern, die, wie Zettel ja nicht müde wird zu betonen, die Materie zu 99% gar nicht durchblicken können, die Unwahrheit erzählt wird über die tatsächlichen Absichten der Regierung und Sinn sowie Erfolgsaussichten der "Rettungspakete".
Und das behauptest du hier einfach mal so vor dich hin ohne Butter bei die Fische zu packen. Bestimmt irre ich mich wenn hier so ein Hauch von Verschwörungstheorie vorbei zog oder?
... die nichts mit den Gründen für die aktuelle Krise zu tun hat, sondern höchstens geeigent ist, (wohl berechtigtes) Misstrauen gegenüber der Institution EZB zu aufzubauen.
Zitat von Erling PlaetheAber ich bin nicht der einzige: FAZ-Blog Fazit
Wie aus der allgemeinen Kritik am Wohlfahrtsstaat von Rainer Hank als maßgebliche Ursache der aktuellen Krise, die übrigens auf dem Blog "Kantoos Economics" m.E. zu Recht zerrissen wird, eine Mitverantwortung Deutschlands abzuleiten ist, habe ich noch nicht begriffen.
Und durch welche Maßnahmen in Deutschland die Krise hätte vermieden werden können, verrätst du uns immer noch nicht.
Zitat von Erling PlaetheDie Mehrheit hat sich aber gut eingerichtet im Wohlfahrtsstaat, pardon, Sozialstaat muss es heissen.
Und deswegen soll man nicht versuchen, den ESM-Unsinn zu stoppen?
Zitat von Erling PlaetheEuropa ist eine Gemeinschaft. Das war es schon vor der gemeinsamen Währung. Die Bürger in Europa geniessen Freizügigkeit. Sie können in jedem Land der EU wohnen und arbeiten. Tut mir leid aber das sollte reichen als Legitimation.
Vielleicht in deinen Augen. Realiter reicht es selbstverständlich nicht. Es gibt kein europäisches Volk. Einen Finnen und einen Griechen trennen Welten, und warum der eine für die Lebensart des anderen einstehen soll, vermag keiner von beiden zu erkennen.
Zitat von Erling PlaetheUnd das behauptest du hier einfach mal so vor dich hin ohne Butter bei die Fische zu packen. Bestimmt irre ich mich wenn hier so ein Hauch von Verschwörungstheorie vorbei zog oder?
Ich würde mich ja freuen, wenn es so wäre, aber leider rede ich nicht von Möglichkeiten oder zukünftigen Ereignissen, sondern von Dingen, die bereits eingetreten sind. Sobald die Euro-Stabilitätskriterien hätten greifen sollen, hat man sie umgangen. Sobald der erste Test für das "No bail-out" kam, gab man es auf. Und kurz nachdem der EFSF im Bundestag durch war, begann man über "Hebel" aller Art zu reden. Jetzt redet man über Eurobonds. Und die Bundesregierung redet - trotz aller vorherigen Versprechen - mit. Man muss nur mal die Aussagen Schäubles im Lauf der Zeit verfolgen - das ähnelt mehr dem bis zuletzt leugnenden Vorgehen der überführten Dissertations-Plagiateure als einer ehrlichen Kommunikation.
Und man redet von Krieg und Frieden in Europa, den die bösen Spekulanten angeblich gefährden, aber man richtet alle Handlungen danach aus, dass denen nichts geschieht. Die Euro-Krise ist eine Schuldenkrise, aber dass man sie nicht lösen kann, liegt daran, dass es auch eine Bankenkrise ist. Und weil man sich an letztere nicht ran traut, vernebelt man die Debatte mit plattesten Europa-Beschwörungen. Es wird keine Lösung der Euro-Krise geben, die nicht bei den Banken ansetzt. Das zu bemänteln, hieße, weiter zu lügen. Die Alternative ist das Gelddrucken, aber das wäre nichts anderes als ein Bail-Out ohne Gegenleistung bei Fortbestehen des Problems.
Das ist verdammt viel Butter für die armen Fische.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von Rayson Und deswegen soll man nicht versuchen, den ESM-Unsinn zu stoppen?
Wann hab ich denn so etwas gesagt? Selbstverständlich muss der ESM gestoppt werden. Aber es braucht trotzdem eine Lösung für den Umgang mit der Eurokrise.
Nachtrag: Danke für den Link zu Kantoos Economics! Ach so, die Mitverantwortung. Die ergibt sich m.E. allein schon aus dem Verstoß gegen die Masstricht-Kriterien.
Ich wollte die Möglichkeit nicht vollkommen ausschließen,dass hier noch einer mitliest. Ist aber wohl tatsächlich unwahrscheinlich.
Zitat von Erling PlaetheIch weiß es nicht. Aber ob Deutschland allein die Krise hätte verhindern können, bezweifle ich.
Ich bin bescheiden: Welchen Beitrag hätte es leisten sollen?
Zitat von Erling Plaethehttp://uk.reuters.com/article/2011/11/17...E7AG15320111117
Ja, der Charme der großen Taschen...
Zitat von Erling PlaetheAber es braucht trotzdem eine Lösung für den Umgang mit der Eurokrise.
Wie wäre es mit: 1. Griechenland und wer sich sonst so aufdrängt, Pleite gehen lassen. 2. Da, wo Zusammenbrüche von Banken die finanzielle Ausstattung der Volkswirtschaft gefährden, Verstaatlichung dieser Banken. Wenn dazu 3. Gelddrucken erforderlich ist, dann in Herrgotts Namen. Aber nicht bevor 1. und 2. stattgefunden haben.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von Rayson Ich bin bescheiden: Welchen Beitrag hätte es leisten sollen?
Die Maastrich-Kriterien einhalten. Unabhängig davon ob man sie jetzt für sinnvoll hält oder nicht. Und ich bin immer noch der Ansicht, dass Deutschlands exportorientierte Wirtschaftspolitik die Krise begünstigt hat.
Zitat von Rayson Wie wäre es mit: 1. Griechenland und wer sich sonst so aufdrängt, Pleite gehen lassen. 2. Da, wo Zusammenbrüche von Banken die finanzielle Ausstattung der Volkswirtschaft gefährden, Verstaatlichung dieser Banken. Wenn dazu 3. Gelddrucken erforderlich ist, dann in Herrgotts Namen. Aber nicht bevor 1. und 2. stattgefunden haben.
Im Prinzip stimme ich dir zu, nur will offensichtlich niemand das Risiko eingehen, Griechenland Pleite gehen zu lassen.
Nachtrag: Und wenn, dann nur "geordnet" unter Änderung der Europäischen Verträge.
Zitat von Erling PlaetheUnd ich bin immer noch der Ansicht, dass Deutschlands exportorientierte Wirtschaftspolitik die Krise begünstigt hat.
Die jetzt nochmal wie ausgesehen hat?
Ich lese bald jeden Tag, dass der deutsche Exportüberschuss eine nachhaltige Entwicklung in Europa verhindert. Die positive deutsche Handelsbilanz und die negative der Länder der Peripherie im Euroraum schafft Ungleichgewichte bei den Geldmengen die durch eine Auf- oder Abwertung der Währung nicht ausgeglichen werden können, da es nur eine Währung gibt. So jedenfalls hab ich es verstanden. Solange die Länder mit negativer Handelsbilanz Schulden machen konnten weil die Zinsen niedrig waren, wurde dieses sich für Fachleute abzeichnende Problem, verschoben. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass eine derartige Entwicklung im deutschen Wirtschaftsministerium nicht antizipiert wurde. Da für diese Länder also eine Geldentwertung ihrer eigenen Währung das gängige Mittel wäre, könnte sich schon die Frage stellen, ob diesen Ländern mit einer höheren Inflation im Euroraum geholfen wäre. Nur würde dies für die deutsche Wirtschaft vermutlich so schädlich werden, dass die Gefahr einer tiefen Rezession bestünde, was niemandem nützte. Also denke ich, muss die Binnennachfrage in Deutschland derart gestärkt werden, dass der Konsum steigt. Dies kann erreicht werden durch die Abflachung der kalten Progression und der Senkung von Abgaben. Ausgeglichen werden könnte dies durch die Streichung von Exportsubventionen in Deutschland. Vielleicht ist ja auch ein Zusammenspiel von mehreren Massnahmen sinnvoll. Im übrigen sehe ich Parallelen zu dem Aufbau Ost. Natürlich gab es Erfolge, vor allem Sachsen hat sich gut entwickelt. Aber der Osten leidet immer noch unter mangelnder Wirtschaftskraft und einer für diesen Wirtschaftsraum zu starken Währung.
"die kaufmännischen Vorstellungen von Verschuldung und Haftung, wie sie dem Schäffler-Antrag zugrundeliegen, seien nicht auf Volkswirtschaften übertragbar; das sei fehlgeleitetes betriebswirtschaftliches Denken." Dass nicht nur linke Politiker diese Irrmeinung vertreten, geschenkt, aber diese Stellungnahme aus der FDP.
Zitat von romue"die kaufmännischen Vorstellungen von Verschuldung und Haftung, wie sie dem Schäffler-Antrag zugrundeliegen, seien nicht auf Volkswirtschaften übertragbar; das sei fehlgeleitetes betriebswirtschaftliches Denken." Dass nicht nur linke Politiker diese Irrmeinung vertreten, geschenkt, aber diese Stellungnahme aus der FDP.
Das nicht dabei steht warum es nicht übertragbar ist, muss wohl Zufall sein....
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