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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 72 Antworten
und wurde 5.285 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2 | 3
WasIstLiberal? ( gelöscht )
Beiträge:

23.11.2011 11:34
#51 RE: An der Basis Antworten

Zitat von Erling Plaethe

Ich lese bald jeden Tag, dass der deutsche Exportüberschuss eine nachhaltige Entwicklung in Europa verhindert.




Sie lesen auch jeden Tag EU und Euro sind untrennbar. Sie lesen auch jeden Tag (naja jeden Zweiten) ihr Geld ist sicher. Sie lesen auch jeden Tag wir sind von Terroristen aller Couleur umzingelt. Und Sie lesen auch jeden Tag Deutschland hat kein Schuldenproblem? Wenn ich Ihnen jeden Tag schreibe, "heute bin ich ohne Hilfsmittel geflogen" Was denken Sie dann?

Erst einmal geht es um Staatsschulden, und die sind eben nicht durch Privatverbrauch berührt. Und nicht alle Exporte von uns landen nun einmal irgendwo auf der staatlichen Seite. Nimmt man z.B. einfach mal einen Reeder, der verdient sein Geld weltweit, hat also vielleicht sogar einen "Exportüberschuss" gegenüber unseren Autoherstellern oder Maschinenbauern oder oder..

Ich wüsste nicht, wo man den Anteil von welcher Branche am Importübeschuss für Griechenland nachlesen könnte. Und egal wie man dreht und wendet, es kann durchaus günstiger sein für die Griechen eben mehr von bestimmten Sachen zu importieren. Und kein Grieche würde wohlhabender, wenn denn die Grenzen dicht gemacht würden. Im Gegenteil es würd für alle teurer. Nur muß man halt irgendwann eben beide Seiten (die Ausgagen und Einnahmen) in ein gesundes Verhältniss bringen. Und das würde auf einem Markt passieren. Aber ein Markt existiert ja kaum noch nämlich der Geldmarkt.... Und der ist nicht ganz unwichtig....

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

23.11.2011 11:55
#52 RE: An der Basis Antworten

Zitat von WasIstLiberal?
Nur muß man halt irgendwann eben beide Seiten (die Ausgagen und Einnahmen) in ein gesundes Verhältniss bringen. Und das würde auf einem Markt passieren. Aber ein Markt existiert ja kaum noch nämlich der Geldmarkt.... Und der ist nicht ganz unwichtig....


Wenn ich Ihnen jetzt dabei voll und ganz zustimme, wird Sie das hoffentlich nicht wundern!

Ich hab beim Lesen Ihres Kommentars eigentlich nur noch auf folgendes gewartet:
Und wenn Sie jeden Tag lesen Sie sollen aus dem Fenster springen, tun Sie das dann auch?

Viele Grüße, Erling Plaethe

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

23.11.2011 12:39
#53 RE: An der Basis Antworten

Zitat von WasIstLiberal?

Zitat von romue
"die kaufmännischen Vorstellungen von Verschuldung und Haftung, wie sie dem Schäffler-Antrag zugrundeliegen, seien nicht auf Volkswirtschaften übertragbar; das sei fehlgeleitetes betriebswirtschaftliches Denken." Dass nicht nur linke Politiker diese Irrmeinung vertreten, geschenkt, aber diese Stellungnahme aus der FDP.

Das nicht dabei steht warum es nicht übertragbar ist, muss wohl Zufall sein....


Lieber romue, lieber Friedrich,

man sollte einzelne Äußerungen einzelner Parteimitglieder nicht überbewerten.

Bei solchen Veranstaltungen an der Basis trifft man auf eine Meinungsvielfalt die gelegentlich überraschend ist (eine Teilnehmerin pries z.B. Staatsschulden als eine feine Sache an, die kommende Generation für die Investitionen bezahlen zu lassen, die wir heute für sie tätigen).

Ich glaube, der junge Mann, der das betriebswirtschaftliche Denken unzulänglich fand, brachte dazu neben allerlei sonstigen Bemerkungen auch irgendeine Begründung zustande - die Stichpunkte, die ich mir notiert habe, waren leider nicht aufschlußreich genug für eine brauchbare Darstellung. Steno müsste man können!

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

23.11.2011 13:58
#54 RE: An der Basis Antworten

Zitat von Erling Plaethe
Ich lese bald jeden Tag, dass der deutsche Exportüberschuss eine nachhaltige Entwicklung in Europa verhindert.
Die positive deutsche Handelsbilanz und die negative der Länder der Peripherie im Euroraum schafft Ungleichgewichte bei den Geldmengen die durch eine Auf- oder Abwertung der Währung nicht ausgeglichen werden können, da es nur eine Währung gibt. So jedenfalls hab ich es verstanden. Solange die Länder mit negativer Handelsbilanz Schulden machen konnten weil die Zinsen niedrig waren, wurde dieses sich für Fachleute abzeichnende Problem, verschoben.



So ungefähr, ja, wobei weniger die Geldmengen das Problem sind als eben die Schulden und Verbindlichkeiten.

Zitat von Erling Plaethe
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass eine derartige Entwicklung im deutschen Wirtschaftsministerium nicht antizipiert wurde.



Gedanklich antizipieren kann man ja vieles, aber wie hat die Politik zu dem Ergebnis deiner Meinung nach beigetragen? Damit kommen wir wieder zu meiner Frage: Was haben die Exportüberschüsse mit Wirtschaftspolitik zu tun? Sind sie, um mit Hayek zu sprechen, das Ergebnis menschlicher Absicht oder menschlichen Handelns?

Zitat von Erling Plaethe
Nur würde dies für die deutsche Wirtschaft vermutlich so schädlich werden, dass die Gefahr einer tiefen Rezession bestünde, was niemandem nützte.



Dass die Exportüberschüsse im BIP als Wohlstandsmehrung gebucht werden, ist ja zu einem guten Teil Augenwischerei, vergleichbar mit der Entstehung von Umsatz durch Lieferungen an Kunden mit fragwürdiger Solvenz. Nacb offiziöser Lesart ist es aber gut für Deutschland, wenn es den ganzen Tag lang für Waren schuften lässt, die dann ohne Gegenleistung ins Ausland geschickt werden, weil das als Beitrag zum BIP gezeigt wird (und die Gegenleistung in Form von Importen das BIP mindern würde). Die "Rezession" entsteht dann dadurch, dass man diese Fronarbeit einstellt. Wie schrecklich. Das Denken in Buchhaltungsgrößen verschleiert manchmal allzu sehr den Sinn für die Realität. "Money talks, bullshit walks" gilt vielleicht noch im Inland (und ist dort gegenüber reinem Umsatzdenken schon ein Fortschritt), aber international sollte man nur sagen "Goods talk, and money is bullshit".

Das Übelste an der Realität ist, dass sie irgendwann eben doch Eingang in die Buchhaltung findet, aber um so heftiger, je länger man sie von dort versucht fernzuhalten. Der "Aufschwung" durch Exporte in Krisenländer holt uns in Form von Zahlungsausfällen wieder ein, mit all den Horrorszenarien von "finanzieller Kernschmelze" und ähnlichem. Dann doch lieber gleitende Aufwertungen statt solcher Praxisschocks.

Zitat von Erling Plaethe
Also denke ich, muss die Binnennachfrage in Deutschland derart gestärkt werden, dass der Konsum steigt. Dies kann erreicht werden durch die Abflachung der kalten Progression und der Senkung von Abgaben. Ausgeglichen werden könnte dies durch die Streichung von Exportsubventionen in Deutschland. Vielleicht ist ja auch ein Zusammenspiel von mehreren Massnahmen sinnvoll.



Die Konsumneigung wird wohl noch mehr durch Erwartungen als durch notwendigerweise nur geringe Entlastungen geprägt. Beim derzeitigen Schuldenstand sind schuldenfinanzierte Steuersenkungen nur in einem Ausmaß realisierbar, das bei niemandem zu einem Konsumrausch führen wird. Steuererleichterungen gegen Leistungskürzungen dürfte aus konjunktureller Sicht ebenso bestenfalls neutral ausfallen, wahrscheinlich aber kontraproduktiv wirken. Kurzum: Obwohl unsere Freunde es natürlich gerne sehen würde, wenn Deutschland einen auf Griechenland macht, weil sie das kurzfristig besser aussehen lassen würde, wird diese Münchhausen-Nummer nicht funktionieren. Von einem Exportförderungspaket für China hat niemand etwas.

A propos: Welche Exportsubventionen?

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

23.11.2011 15:47
#55 RE: An der Basis Antworten

Zitat von Rayson

Gedanklich antizipieren kann man ja vieles, aber wie hat die Politik zu dem Ergebnis deiner Meinung nach beigetragen? Damit kommen wir wieder zu meiner Frage: Was haben die Exportüberschüsse mit Wirtschaftspolitik zu tun? Sind sie, um mit Hayek zu sprechen, das Ergebnis menschlicher Absicht oder menschlichen Handelns?.


Durch Hermes-Bürgschaften. Im Fall Griechenland war die schlechte Zahlungsmoral bekannt und ohne die Bürgschaften oder andere Exportkreditversicherungen wären die Geschäfte aus kaufmännischen Beweggründen wohl nicht zustande gekommen.

Zitat von Rayson

Die Konsumneigung wird wohl noch mehr durch Erwartungen als durch notwendigerweise nur geringe Entlastungen geprägt. Beim derzeitigen Schuldenstand sind schuldenfinanzierte Steuersenkungen nur in einem Ausmaß realisierbar, das bei niemandem zu einem Konsumrausch führen wird. Steuererleichterungen gegen Leistungskürzungen dürfte aus konjunktureller Sicht ebenso bestenfalls neutral ausfallen, wahrscheinlich aber kontraproduktiv wirken. Kurzum: Obwohl unsere Freunde es natürlich gerne sehen würde, wenn Deutschland einen auf Griechenland macht, weil sie das kurzfristig besser aussehen lassen würde, wird diese Münchhausen-Nummer nicht funktionieren. Von einem Exportförderungspaket für China hat niemand etwas.


Erst mal besten Dank für die Erklärungen! Nur eine Sache möchte ich dennoch zu bedenken geben. Es ist schon ein Unterschied aus konjunktureller Sicht wenn die Leistungskürzungen zu Steuererleichterungen führen, die privat in die Wertsteigerung des eigenen Hauses fliessen oder geschäftlich als Investition in den Kleinbetrieb oder das Einzelunternehmen. Unter Umständen kann das sogar zur Schaffung von Arbeitsplätzen führen, die eine Verringerung des Bedarfs an (Sozial)Leistungen zur Folge hätte, würde man an dieser Stelle nicht ständig draufsatteln.

Zitat von Rayson
A propos: Welche Exportsubventionen?


Exportkreditversicherungen.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

23.11.2011 16:53
#56 RE: An der Basis Antworten

Zitat von Erling Plaethe
Durch Hermes-Bürgschaften. Im Fall Griechenland war die schlechte Zahlungsmoral bekannt und ohne die Bürgschaften oder andere Exportkreditversicherungen wären die Geschäfte aus kaufmännischen Beweggründen wohl nicht zustande gekommen.



Dir ist aber bekannt, dass die Hermes-Bürgschaften insgesamt nur etwas über 3% der Exporte ausmachen und zu über 70% in Entwicklungs- und Schwellenländer gehen? Mit dem riesigen Überschuss haben die wohl nur wenig zu tun. Auch in Griechenland nicht.

Zitat von Erling Plaethe
Es ist schon ein Unterschied aus konjunktureller Sicht wenn die Leistungskürzungen zu Steuererleichterungen führen, die privat in die Wertsteigerung des eigenen Hauses fliessen oder geschäftlich als Investition in den Kleinbetrieb oder das Einzelunternehmen.



Das mit der Wertsteigerung des Hauses habe ich jetzt nicht verstanden, aber ansonsten: Nicht, wenn du ausdrücklich den Konsum stärken willst, was ja deine Absicht war.

--
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Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

23.11.2011 17:41
#57 RE: An der Basis Antworten

Zitat von Rayson

Dir ist aber bekannt, dass die Hermes-Bürgschaften insgesamt nur etwas über 3% der Exporte ausmachen und zu über 70% in Entwicklungs- und Schwellenländer gehen? Mit dem riesigen Überschuss haben die wohl nur wenig zu tun. Auch in Griechenland nicht.


Hermesdeckungen gibt es auch noch. Und die Euler Hermes SA.

Zitate aus Exportkreditversicherung - Wikipedia

Zitat
Exportorientierte Staaten haben ein Interesse daran, dass die Exporteure ihre Güter und Dienstleistungen störungsfrei ausführen können. Exporteure nehmen als Lieferanten eine Gläubigerfunktion wahr, wobei zu den typischen Gläubigerrisiken[1] durch die grenzüberschreitende Exporttätigkeit auch noch Länderrisiken hinzukommen. Diese setzen sich zusammen aus einem Transferstopprisiko und einem politischen Risiko. Die Staaten bedienen sich zur Absicherung dieser besonderen Risiken zumeist eigenständig organisierter Exportkreditversicherer (export credit agencies, ECA), die eine Garantie/Bürgschaft des Staates lieferbezogen vergeben.


Zitat
Somit ist die Exportkreditversicherung ein wichtiges staatliches Instrument der Ausfuhrförderung. Exportkreditgarantien sind deshalb Versicherungen für Exportgeschäfte, mit denen ein Zahlungsausfall aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen vermieden wird.


Zitat von Rayson

Das mit der Wertsteigerung des Hauses habe ich jetzt nicht verstanden, aber ansonsten: Nicht, wenn du ausdrücklich den Konsum stärken willst, was ja deine Absicht war.


Stimmt, ich wollte beim Konsum bleiben. Mit Wertsteigerung am Haus meine ich werterhaltende oder wertsteigernde Baumaßnahmen am eigenen Haus. Also das was z.B. ambitionierte Heimwerker so tun. Dafür kaufen die im Baumarkt ein, da gibt es inzwischen fast alles, was auch Grosshändler bieten.
Und ja, auch die Investitionen steigen, in ein neues Auto, für neues Werkzeug. Das alte würde es noch tun, aber wenn der einkommensteuerpflichtige Einzelunternehmer eine geringere Belastung hat, versucht er sich auf dem Markt besser zu präsentieren.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

23.11.2011 18:49
#58 RE: An der Basis Antworten

Zitat von Erling Plaethe
Hermesdeckungen gibt es auch noch.



Ein anderer Begriff für dasselbe.

Zitat von Erling Plaethe
Und die Euler Hermes SA.



Und auch noch andere private Kreditversicherer, was aber mit staatlicher Exportförderung jetzt so gar nichts zu tun hat. Nimm's mir nicht übel, aber es scheint mir, als stochertest du hier etwas im Nebel.

Zitat von Erling Plaethe
Das alte würde es noch tun, aber wenn der einkommensteuerpflichtige Einzelunternehmer eine geringere Belastung hat, versucht er sich auf dem Markt besser zu präsentieren.



Ich glaube, so simpel sind die auch nicht gestrickt. Ob und wo die investieren, hängt wohl auch eher mehr von den Erwartungen ab. Sicher verbessern niedrigere Steuern die Renditeerwartungen und steigern die Investitionsbereitschaft, aber um ein Volumen zustande zu bekommen, das in der Lage wäre, den Exportüberschuss zu ersetzen, reicht es ganz bestimmt nicht. Hinzu kommt, dass natürlich auch exportorientierte Unternehmen davon etwas haben...

Du kriegst eine andere Ausrichtung der deutschen Wirtschaft nur auf zwei Arten hin: 1. Aufwertung, 2. Strukturreformen allerorten, auch auf den Arbeitsmärkten. Kurzfristig wirkt nur ersteres. Weh tun wird beides.

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Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

23.11.2011 22:31
#59 RE: An der Basis Antworten

Zitat von Rayson

Und auch noch andere private Kreditversicherer, was aber mit staatlicher Exportförderung jetzt so gar nichts zu tun hat. Nimm's mir nicht übel, aber es scheint mir, als stochertest du hier etwas im Nebel.


Im Nebel?

Zitat von Exportkreditversicherung-Wikipedia
Somit ist die Exportkreditversicherung ein wichtiges staatliches Instrument der Ausfuhrförderung.



Zitat von Rayson

Ich glaube, so simpel sind die auch nicht gestrickt. Ob und wo die investieren, hängt wohl auch eher mehr von den Erwartungen ab. Sicher verbessern niedrigere Steuern die Renditeerwartungen und steigern die Investitionsbereitschaft, aber um ein Volumen zustande zu bekommen, das in der Lage wäre, den Exportüberschuss zu ersetzen, reicht es ganz bestimmt nicht. Hinzu kommt, dass natürlich auch exportorientierte Unternehmen davon etwas haben....


Ich wollte ja auch nicht den gesamten Exportüberschuss ersetzen. Ein Mass dass Wolfgang Schäuble akzeptieren würde ohne das Europäische Parlament gängeln zu wollen, würde ja schon reichen. Also die Differenz zwischen 7% und 6%. Vielleicht gäbe er dann seinen Wiederstand gegen den Stabilitätspakt auf.

Nachtrag zu Euler Hermes

Zitat
Mit den Begriffen Hermes-Bürgschaft oder Hermesdeckung wird umgangssprachlich eines der Hauptprodukte des Unternehmens bezeichnet, die sogenannte Exportkreditgarantie, die das Unternehmen im Auftrag der Bundesrepublik abwickelt.
Diese Ausfuhrgewährleistungen des Bundes werden deutschen Exporteuren zur Absicherung von Fabrikationsrisikodeckungen während der Fabrikationsphase und Ausfuhrdeckungen während der Forderungsphase angeboten. Ferner gibt es Finanzkreditdeckungen für Banken, die Käuferkredite für deutsche Exporte an ausländische Besteller geben. Dabei beachtet der Bund sowohl die wirtschaftlichen als auch die politischen Risiken.


Zitat
Das Unternehmen tritt hierbei als so genannter Mandateur im Auftrag und für Rechnung der Bundesrepublik Deutschland auf, sodass die Eventualhaftung formal auch im Bundeshaushalt zu berücksichtigen ist.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

24.11.2011 00:40
#60 RE: An der Basis Antworten

Zitat von Erling Plaethe
Im Nebel?



Und wie. Das Einwerfen des anderen Begriffs für dieselbe Sache und die Nennung des privaten Kreditversicherungsunternehmens Euler Hermes deuten doch sehr darauf hin. Und ansonsten: Wollen wir subjektive Bewertungen eines Wikipedia-Autors, deren Kriterien im Dunkel bleiben, über das Instrument an sich diskutieren? Ob das jetzt "wichtig" oder "unwichtig" für die Ausfuhrförderung ist? Oder wollten wir nicht eigentlich darüber reden, in welcher Höhe die Ausfuhrförderung überhaupt eine Rolle spielt? Wo kommt dieses seltsame Gerücht eigentlich her, dass der deutsche Export-Überschuss in nennenswertem Ausmaß durch die Hermes-Bürgschaften erzeugt würde? Aus der wissenschaftlichen Diskussion jedenfalls nicht.

Zitat von Erling Plaethe
Ein Mass dass Wolfgang Schäuble akzeptieren würde ohne das Europäische Parlament gängeln zu wollen, würde ja schon reichen. Also die Differenz zwischen 7% und 6%.



Also wenn da einer gängeln wollte, dann war es das Europäische Parlament. Soll ein deutsches Unternehmen ein Geschäft mit einem griechischen Partner aufgeben, weil Griechenland Defizite hat, und es stattdessen koreanischen oder japanischen Konkurrenten überlassen? Das ändert dann nochmal was am griechischen Handelsdefizit? Es ist unglaublich. Diese Euro-Krise bringt den größten ökonomischen Schwachsinn hervor. Da verwechseln einige Leute Volkswirtschaft wohl mit Sim City. Wie man sowas auch noch zitieren kann, statt sich an den Kopf zu greifen, wird für mich immer zu den großen Rätseln dieser Welt gehören.

Jetzt frage ich mal so von Hobby-Volkswirt zu Hobby-Volkswirt: Wie hoch sollte denn die steuerliche Entlastung ausfallen, um den inländischen privaten Konsum um 1,7% steigen zu lassen (bräuchte es, um 1% BIP zu ersetzen), also so ungefähr 25 Mrd. Euro? Dauerhaft natürlich. Dass du den Export um die 1% kürzen willst, indem du zielgenau so ca. ein Drittel [korr.: zwei Drittel müssen es dann sein) der Hermes-Bürgschaften abschaffst (sollte alles kein Problem sein, das Wissen haben die in Berlin), habe ich ja verstanden. Was aber, wenn die Nachfrage aus Asien trotzdem anzieht? Müssen die deutschen Unternehmen den Chinesen oder Vietnamesen dann sagen: Nein, sorry, wir liefern nicht, hat uns der Schäuble verboten? Na, das wird den mittelständischen Maschinenbau so richtig freuen. Immerhin hätte er weniger Steuern zahlen müssen, wenn er Gewinn gemacht hätte. Ist ja auch was, sagt sich der Chef und kauft sich einen neuen Firmenwagen. Oder muss der Staat dann irgendwas im Ausland einkaufen, so als Kompensation? Vielleicht gibt es dann ja bald kostenlose Olivenzuteilungen.Worauf warten wir?

Aber um Himmels Willen keine Abwertungen der Währung am Markt. Dann dürfte die Politik ja nicht mehr Knöpfchen drücken und Hebel umlegen. Und wozu bräuchte man die denn sonst?

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Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

24.11.2011 02:20
#61 RE: An der Basis Antworten

Lieber Rayson,

ich hatte noch einen Nachtrag angeführt zu Euler Hermes. Dass die Hermesdeckungen mit den Hermes-Bürgschaften identisch sind habe ich zu spät gesehen und im Nachtrag meiner Antwort durch mein Zitat verdeutlicht.
Die Hermesdeckungen planen mit 120 Milliarden für die Absicherung von Exportgeschäften für 2010 lt. Wikipedia, das sind keine Peanuts. Ich stochere mitnichten im Nebel! Aber egal. Ich habe erstmal auf den Seiten des Unternehmens keine Zahlen gefunden, nur die bei Wikipedia die du in Zweifel ziehst. Dann haben wir halt unterschiedliche Ansichten.
Im übrigen habe ich von "begünstigt" nicht von "erzeugt" gesprochen. Das der Exportüberschuss erst durch die Exportkreditversicherungen erzeugt wurde, ist totaler Quatsch, nicht von mir und unbeweisbar.

Zitat von Rayson

Soll ein deutsches Unternehmen ein Geschäft mit einem griechischen Partner aufgeben, weil Griechenland Defizite hat, und es stattdessen koreanischen oder japanischen Konkurrenten überlassen?


Ja! Weil sie ihre Rechnung nicht bezahlen werden? Weil die Rechnung der Steuerzahler bezahlt? Wieso soll ich die Rechnung des griechischen Partners bezahlen? Unglaublich, in der Tat!

Zitat von Rayson
Das ändert dann nochmal was am griechischen Handelsdefizit?


Nichts! Aber es könnte dazu führen, dass es keine Schuldenkrise gibt und das Defizit keine Relevanz besitzt.

Zitat von Rayson

Jetzt frage ich mal so von Hobby-Volkswirt zu Hobby-Volkswirt: Wie hoch sollte denn die steuerliche Entlastung ausfallen, um den inländischen privaten Konsum um 1,7% steigen zu lassen (bräuchte es, um 1% BIP zu ersetzen), also so ungefähr 25 Mrd. Euro? Dauerhaft natürlich. Dass du den Export um die 1% kürzen willst, indem du zielgenau so ca. ein Drittel [korr.: zwei Drittel müssen es dann sein) der Hermes-Bürgschaften abschaffst (sollte alles kein Problem sein, das Wissen haben die in Berlin), habe ich ja verstanden.


Da findet doch gar kein Geschäft statt! Ausser zwischen dem deutschen (oder europäischen) Steuerzahler und dem deutschen Unternehmen! Nur ohne Gegenleistung! Super Geschäft, Ponzi scheme.
Ich habe nicht gesagt, dass ich den Export kürzen will.
Wenn die Defizitländer in Europa ihre Rechnungen bezahlen könnten, hätten wir das ganze Problem gar nicht. Das ist die Begrenzung des Exports. Die Solvenz des Kunden. Die bekannt ist oder nicht?

Viele Grüße, Erling Plaethe

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

25.11.2011 00:06
#62 RE: An der Basis Antworten

Zitat von Erling Plaethe
Die Hermesdeckungen planen mit 120 Milliarden für die Absicherung von Exportgeschäften für 2010 lt. Wikipedia, das sind keine Peanuts.



Nein, sind es nicht. Aber vor dem Gesamtvolumen des Exports verblassen sie.

Zitat von Erling Plaethe
Ich habe erstmal auf den Seiten des Unternehmens keine Zahlen gefunden, nur die bei Wikipedia die du in Zweifel ziehst. Dann haben wir halt unterschiedliche Ansichten.



Also bisher habe ich noch keine Zahl in Zweifel gezogen, sondern nur abgelehnt, mich einer subjektiven Bewertung anzuschließen, ohne dass diese durch Zahlen untermauert wäre.

Zitat von Erling Plaethe
Ja! Weil sie ihre Rechnung nicht bezahlen werden? Weil die Rechnung der Steuerzahler bezahlt? Wieso soll ich die Rechnung des griechischen Partners bezahlen? Unglaublich, in der Tat!



Wie kommst du auf die absurde Idee, die Probleme des griechischen Staates, seine Schulden zu bedienen, müssten zwangsläufig dazu führen, dass griechische Unternehmen ihre Verbindlichkeiten nicht begleichen können? Von einen Massenkonkurs dort ist mir jedenfalls noch nichts bekannt. Und wie kommst du auf die noch absurdere Idee, bei Zahlungsausfällen griechischer Unternehmen müsse der deutsche Steuerzahler haften?

Zitat von Erling Plaethe
Nichts! Aber es könnte dazu führen, dass es keine Schuldenkrise gibt und das Defizit keine Relevanz besitzt.



Back to basics: Wenn wir uns einig sind, dass die Schuldenkrise des griechischen Staates etwas mit den andauernden Leistungsbilanzdefiziten zu tun hat, und das schien mir bisher der Fall zu sein, dann ist es völlig egal, gegenüber wem dieses Defizit eingegangen wird. In diesem Zusammenhang gilt: There is no such a thing as a "Defizit, das keine Relevanz besitzt".

Zitat von Erling Plaethe
Ich habe nicht gesagt, dass ich den Export kürzen will.



Und warum sprachest du dich nochmal für die Abschaffung der Hermes-Bürgschaften aus? Nur mal eben so?

Ich harre im übrigen noch der Beantwortung meiner "Stimulus"-Frage.

Zitat von Erling Plaethe
Wenn die Defizitländer in Europa ihre Rechnungen bezahlen könnten, hätten wir das ganze Problem gar nicht. Das ist die Begrenzung des Exports. Die Solvenz des Kunden. Die bekannt ist oder nicht?



Ich fürchte, du bringst da etwas ganz gewaltig durcheinander. Dass der griechische Staat diese Schulden hat, liegt genau daran, dass die griechischen Privaten die Zeche eben nicht prellten.

--
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Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

25.11.2011 02:32
#63 RE: An der Basis Antworten

Zitat von Rayson

Soll ein deutsches Unternehmen ein Geschäft mit einem griechischen Partner aufgeben, weil Griechenland Defizite hat, und es stattdessen koreanischen oder japanischen Konkurrenten überlassen?


Zitat von Erling Plaethe
Ja! Weil sie ihre Rechnung nicht bezahlen werden? Weil die Rechnung der Steuerzahler bezahlt? Wieso soll ich die Rechnung des griechischen Partners bezahlen? Unglaublich, in der Tat!


Zitat von Rayson

Wie kommst du auf die absurde Idee, die Probleme des griechischen Staates, seine Schulden zu bedienen, müssten zwangsläufig dazu führen, dass griechische Unternehmen ihre Verbindlichkeiten nicht begleichen können? Von einen Massenkonkurs dort ist mir jedenfalls noch nichts bekannt. Und wie kommst du auf die noch absurdere Idee, bei Zahlungsausfällen griechischer Unternehmen müsse der deutsche Steuerzahler haften?


Ich denke die Schulden Griechenlands bestehen unter anderem aus nicht beglichenen Rechnungen, aus einem U-Boot Geschäft z.B. Diese sind aber abgesichert durch die Euler Hermes z.B., welche zu 90% dem Hauptaktionär Allianz gehört. In meiner Einfältigkeit ziehe ich so dann eine Parallele zu dem intensiven Einsatz der Allianz während der Verhandlungen um den Schuldennachlass für Griechenland. Wenn du meinst das dies absurd ist, bitte schön.

Zitat von Erling Plaethe
Ich habe nicht gesagt, dass ich den Export kürzen will.



Zitat von Rayson
Und warum sprachest du dich nochmal für die Abschaffung der Hermes-Bürgschaften aus? Nur mal eben so?


Hab ich nicht, mit keinem Wort. Du hattest mich mehrmals nach Belegen für den von mir behaupteten Einfluss des Staates auf das Exportgeschäft gefragt. Nur aus diesem Grund habe ich die Exportkreditversicherungen genannt. Mal ganz grundsätzlich: Ich will gar nichts abschaffen!

Zitat von Rayson
Ich harre im übrigen noch der Beantwortung meiner "Stimulus"-Frage.


#61 "Im übrigen…"

Zitat von Erling Plaethe
Wenn die Defizitländer in Europa ihre Rechnungen bezahlen könnten, hätten wir das ganze Problem gar nicht. Das ist die Begrenzung des Exports. Die Solvenz des Kunden. Die bekannt ist oder nicht?



Zitat von Rayson
Ich fürchte, du bringst da etwas ganz gewaltig durcheinander. Dass der griechische Staat diese Schulden hat, liegt genau daran, dass die griechischen Privaten die Zeche eben nicht prellten.


Du hast recht, und ich hatte wieder die U-Boot Geschäfte im Kopf.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Juno Offline



Beiträge: 332

25.11.2011 12:16
#64 RE: An der Basis Antworten

Ich weiß natürlich auch nicht, welches Argument da vorgebracht wurde. Aber es stimmt schon, dass ein Staat etwas Anderes ist als ein Betrieb oder eine schwäbische Hausfrau.


Im Unterschied zu einem Unternehmen oder einer Privatperson hat ein Staat zum Beispiel bei der Gestaltung seiner Einnahmen und Ausgaben sehr viel größere Spielräume. Er muss sich ja nicht an geltendes Recht halten, denn er kann dieses Recht - im Rahmen der Verfassung - jederzeit selbst ändern. Z.B. Leistungszusagen streichen und Steuern erhöhen.

Seine Möglichkeiten sind natürlich irgendwo begrenzt durch die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft (und die Chancen der Leute, der Besteuerung auszuweichen). Aber der Staat kann diese Leistungsfähigkeit selbst stark beeinflussen. Ob dabei Keynesianismus oder Supply Side Economics besser ist, darüber kann man ausführlich streiten. Tatsache ist aber in jedem Fall, dass der Fiskus sein "Marktumfeld" maßgeblich mitgestaltet, während ein Unternehmen dieses Umfeld als gegeben akzeptieren muss.

Eine Staatspleite ist deshalb auch keine reine Frage der Wirtschaftsrechnung. Es geht nicht nur um Zahlungsfähigkeit, sondern auch um (politisch bestimmte) Zahlungswilligkeit.

Im privatwirtschaftlichen Bereich gibt es zudem ein eingespieltes Insolvenzrecht; für Staaten gibt es das nicht, und es wird sich - sorry, Philip Rösler - auch nichts wirklich Äquivalentes schaffen lassen.

Denn im nationalen Rechtsrahmen gibt es die übergeordnete Instanz des staatlichen Gewaltmonopols, mit dessen Hilfe sich Ansprüche und Regeln durchsetzen lassen. Es ist also zB. möglich, der Führung eines insolventen Unternehmens die Verfügungsgewalt über die verbliebenen Vermögenswerte zu entziehen. Das geht zwischen Staaten nicht mehr, seit Kanonenbootpolitik außer Mode gekommen ist.

Natürlich unterliegt auch ein Staat den Gesetzmäßigkeiten der Ökonomie, so wie die Naturgesetze für alle Lebewesen gleichermaßen gelten. Das Wünschdirwas-Gerede vom Primat der Politik ist insofern Unsinn. Aber es gibt eben doch ein paar Unterschiede zwischen den kleinen und den ganz großen wirtschaftlichen Tieren.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

25.11.2011 19:49
#65 Mal wieder ein leidiges Thema Antworten

Zitat von Juno
Ich weiß natürlich auch nicht, welches Argument da vorgebracht wurde.

Ich meinerseits, lieber Juno, weiß überhaupt nicht, worauf Sie sich beziehen. Irgendein Argument wurde zu irgendeinem Thema irgendwo vorgebracht.

Soll ich mich jetzt auf die Suche machen, um, wenn ich Glück habe, herauszufinden, worauf Sie sich beziehen?

Die Beiträge in diesem Forum tragen ihre Nummern. Wenn Sie sich schon nicht die Mühe machen wollen, ein kurzes Zitat mit dem Namen des betreffenden Autors, auf den Sie antworten, an den Anfang Ihres Beitrags zu stellen - können Sie dann nicht wenigstens diese Nummer angeben?

Foren mit Baumstruktur gibt es kaum noch. Ich habe hier immer noch ein eigentlich überholtes Layout, weil die modernen Layouts von Homepagemodules überhaupt nur noch die Listenstruktur anbieten.

Ich habe das, weil mir die Baumstruktur manchmal nützlich erscheint. Aber ich habe zunehmend den Eindruck, daß sie ein Ärgernis ist. Ich bin inzwischen nah daran, diese Baumstruktur ganz abzuschalten.

Herzlich, Zettel

PS: Ich schätze Ihre Beiträge außerordentlich, lieber Juno. Diese formale Kritik ist ganz unabhängig vom Inhaltlichen.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

28.11.2011 20:11
#66 RE: An der Basis Antworten

Ich glaube nicht, dass eine Gegenrede von mir hier noch substantiell Neues bringen würde. Daher lasse ich das alles gerne einfach mal so stehen

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

28.11.2011 20:44
#67 RE: An der Basis Antworten

Zitat von Rayson
Ich glaube nicht, dass eine Gegenrede von mir hier noch substantiell Neues bringen würde. Daher lasse ich das alles gerne einfach mal so stehen


Dieser Beitrag - in seiner Gänze zitiert - direkt unter Zettels letztem Posting hat schon etwas sehr Selbstreferentielles. War das so gedacht?

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Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

28.11.2011 22:46
#68 RE: An der Basis Antworten

Zitat von Gorgasal
Dieser Beitrag - in seiner Gänze zitiert - direkt unter Zettels letztem Posting hat schon etwas sehr Selbstreferentielles.



Stimmt

Aber da zuvor ein gefühlt hundertfaches Ping-Pong zwischen Erling Plaethe und mir zu lesen war, sollte sich die Referenz eigentlich auch so ergeben. Zumal der Inhalt meines Beitrags ja nicht gerade danach schreit, einen speziellen Bezug herzustellen

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L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

08.12.2011 16:03
#69 RE: An der Basis Antworten

Mein Basiserlebnis (das erste seit Jahren):

In einer Mitgliederversammlung eines (kleinen) Kreises verlangte eine ältere Dame, nach eigener Aussage Mitglied seit über 40 Jahren, von jedem Kandidaten, der zu irgendeiner Wahl antrat, sich zum Mitgliederentscheid zu positionieren, mit der Begründung, dass sie niemanden wählen könne, der für Antrag "B" gestimmt hat. Nach meiner groben Schätzung ergab diese "Umfrage" eine Aufteilung von 60:15:25 zwischen Antrag A, Antrag B und "aus Versehen die Unterlagen weggeworfen", wobei ich letztere eher als heimliche "B"-Befürworter einstufen würde. Der Meinungsdruck wird ganz eindeutig von den Anhängern des Basisentscheids ausgeübt.

Sobald man aber die Basis verlässt und sich unter gewählte Delegierte begibt, kippt dieses Bild, so jedenfalls eine Aussage an diesem Abend. Das ist vielleicht auch gar nicht verwunderlich, denn selbst als kleiner Funktionär bleibt einem eigentlich kaum etwas anderes übrig, als sich mit der offiziellen Parteilinie zu identifizieren - denn das geschieht nach außen hin sowieso. Wer das aus Prinzip nicht immer kann (so wie ich z.B.), der darf sich auch nicht in Funktionen wählen lassen, zumindest nicht in solche mit Außenwirkung. Was dabei aber verloren gegangen zu sein scheint, ist der Gedanke, dass sich die offizielle Parteilinie, der man dann folgt, sich unter Beteiligung der eigenen Person auch von unten bilden kann.

Es herrscht zur Zeit eine ganz große Verunsicherung in dieser Partei, und der Graben zwischen den offiziellen Vertretern und der Basis ist mittlerweile sehr tief. Alles über Kreisebene spricht eine andere Sprache als "die da unten". Dass eine solche Partei, die mit sich selbst nicht im Reinen ist, keine Wahlerfolge erzielen kann, sollte klar sein.

Nun ist das nicht unbedingt repräsentativ, was ich da erlebt habe, aber man sieht ja die Umfrageergebnisse. Bisher dachte ich auch immer, dass die Gründung einer neuen liberalen Partei keine Chance hätte. Aber wenn die FDP bundesweit auf Splitterparteiniveau einbricht, könnte eine Partei mit klarer liberaler Ausrichtung doch eine realistische Alternative werden, allerdings nur als Abspaltung, um die durch das Land nomadisierenden Spinner zu neutralisieren, die bei jeder Parteigründung mitmachen.

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L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

R.A. Offline



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08.12.2011 16:41
#70 RE: An der Basis Antworten

Zitat von Rayson
Nach meiner groben Schätzung ergab diese "Umfrage" eine Aufteilung von 60:15:25 zwischen Antrag A, Antrag B und "aus Versehen die Unterlagen weggeworfen",


Da sage ich mal: Ich hätte keine Probleme jemanden zu wählen, der aus Überzeugung für Antrag B ist.
Aber bei einem der wichtigsten politischen Themen nicht nur der FDP "aus Versehen die Unterlagen weggeworfen" macht da angegebene Viertel der Kandidaten für mich völlig unwählbar ...

Zitat
Sobald man aber die Basis verlässt und sich unter gewählte Delegierte begibt, kippt dieses Bild ...


Richtig ist, daß "weiter oben" die Stimmung eine deutlich andere ist.
Aber die Grenzziehung schon bei gewählten Delegierten scheint mir zu niedrig.
Deutlich auf Linie sind nach meinen Beobachtungen erst die wirklich Hauptamtlichen, insbesondere die Abgeordneten in Bund und Ländern.
Bei unserem Bezirksparteitag war jedenfalls die Stimmung (abgestimmt wurde nicht) ziemlich 25:1. D.h. 25 gewählte Delegierte aus Südhessen gegen den einen Bundestagsabgeordneten. Bei unserer Kreismitgliederversammlung (mit Diskussion Schäffler vs. Link) waren m. E. etwa ein Drittel der Basismitglieder auf Linie B.

Fast würde ich sagen: Für Antrag B sind die, die fast nur Politik machen - und die, die sich nur wenig interessieren und fast Karteileiche sind. Insbesondere die älteren, nicht mehr sehr aktiven Mitglieder, die folgen recht deutlich dem heiligen Genscher. Dazu einige Julis, die erschreckend für den EU-Zentralstaat schwärmen.

Antrag A dagegen ist mehrheitlich eine Sache der Leute, die die Fronarbeit an den Wahlkampfständen machen und ohnehin schon einen Brass auf die Parteispitze haben.

Zitat
denn selbst als kleiner Funktionär bleibt einem eigentlich kaum etwas anderes übrig, als sich mit der offiziellen Parteilinie zu identifizieren


Na ja, es gibt genug Kreisvorsitzende, die sich zu Antrag A bekennen. Und ich selber bin mit meinen Parteiämtern und kommunalpolitischen Funktionen bestimmt keine Basis mehr, würde mir in meiner Würde als Stadtrat sogar das "kleiner Funktionär" sehr verbitten ;-)

Zitat
Dass eine solche Partei, die mit sich selbst nicht im Reinen ist, keine Wahlerfolge erzielen kann, sollte klar sein.


Noch sehe ich nicht, daß diese interne Spaltung nach außen schadet. Vielleicht ist auch nur der Schaden aus der verkorksten Bundespolitik so groß, daß man das gar nicht mehr zusätzlich wahrnehmen kann ...

Grundsätzlich aber kann so ein (inhaltlich begründeter Streit) auch motivieren und wirkt für Außenstehende auch interessant. Ich habe einige solcher Fälle erlebt.

Entscheidend wird dabei sein, wie man NACH dem Ergebnis miteinander umgeht. Da bin ich leider - angesichts der völlig verkorksten BuVo-Taktik - eher pessimistisch.
Alleine schon so Sachen wie das Hahn-Interview, liebe Güte!

Zitat
Bisher dachte ich auch immer, dass die Gründung einer neuen liberalen Partei keine Chance hätte.


Das bleibt auch so.
Jede solche Neugründung würde durch heftigen "Rechtsextremismus"-Gegenwind der Medien platt gemacht. Denn sie würde unvermeidlich einige Leute anziehen, die mit irgendwelchen halbgaren Äußerungen in diese Ecke gestellt werden können - und die man auch nicht so leicht loswürde, wenn sie wirklich problematisch wären, weil dann die halbe neue Partei wegen "Meinungsfreiheit" im Dreieck springen würde.

Es gibt für den Liberalismus nur eine einzige Chance: Die FDP weiter von innen zu verändern.
Und ich sage "weiter", weil dieser Prozeß eigentlich über Jahre ganz gut lief. Bis eben nach der Regierungsübernahme die Programmatik über Bord geworfen wurde und die Boygroup dann auf die ersten großen Schwierigkeiten mit hektischer Anpassung an den Mainstream reagierte.
Aber es sind m. E. in den letzten 10 Jahren "zu viele" wirklich liberal Gesinnte in die Partei eingetreten, um diese Kursänderung dauerhaft zu machen. Selbst wenn der ME scheitern sollte (m. E. nur am Quorum) - da hat sich genug Potential gezeigt und gesammelt. Die nächsten Kandidatenaufstellungen für irgendwelche Wahlen werden spaßig. Und diese Wahlen werden nicht alle verloren gehen ;-)

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

08.12.2011 18:45
#71 RE: An der Basis Antworten

Zitat von R.A.
Da sage ich mal: Ich hätte keine Probleme jemanden zu wählen, der aus Überzeugung für Antrag B ist.


Ich auch nicht. Aber das ist uninteressant.

Zitat von R.A.
Aber bei einem der wichtigsten politischen Themen nicht nur der FDP "aus Versehen die Unterlagen weggeworfen" macht da angegebene Viertel der Kandidaten für mich völlig unwählbar ...


Das waren wohl eher diejenigen, die es sich durch eine Festlegung nicht mit den derart verbissenen Anhängern eines der beiden Anträge verderben wollten...

Zitat von R.A.
Aber die Grenzziehung schon bei gewählten Delegierten scheint mir zu niedrig.


Aus deiner Sicht. Hier bei mir kann es anders sein.

Zitat von R.A.
Insbesondere die älteren, nicht mehr sehr aktiven Mitglieder, die folgen recht deutlich dem heiligen Genscher.


Kann ich aus meinem Erleben gestern nicht bestätigen. Auch unter den Älteren hat sich über die politische Ausrichtung Frust angestaut.

Zitat von R.A.
Na ja, es gibt genug Kreisvorsitzende, die sich zu Antrag A bekennen.


Genug? Ich weiß nicht. Vielleicht hängt es auch ein wenig davon ab, wie die Stimmung allgemein ist. Hier bei mir passt die Pro-"B"-Stimmung gut in den allgemeinen, aus vielen anderen Quellen gespeisten Rochus auf die da in Stuttgart und Berlin.

Zitat von R.A.
Noch sehe ich nicht, daß diese interne Spaltung nach außen schadet.


Das Problem ist, dass damit die Motivation der aktiven Mitglieder gekillt wird. Die können nach außen nicht mit ihrer Meinung zugunsten der FDP offensiv auftreten, weil ihnen dann sofort die Parteispitze entgegen gehalten wird. Und nicht wenige fühlen sich regelrecht verraten.

Zitat von R.A.
Entscheidend wird dabei sein, wie man NACH dem Ergebnis miteinander umgeht. Da bin ich leider - angesichts der völlig verkorksten BuVo-Taktik - eher pessimistisch.
Alleine schon so Sachen wie das Hahn-Interview, liebe Güte!


Die Skepsis teile ich. Man kann eigentlich nur hoffen, dass es eine Mehrheit für "B" gibt, denn die eigenen Mitglieder zu beschimpfen, werden sich die üblichen Verdächtigen wohl verkneifen. Selbst, wenn das Quorum nicht erreicht werden sollte (was mich aus verschiedenen Gründen nicht wundern würde).

Zitat von R.A.
Jede solche Neugründung würde durch heftigen "Rechtsextremismus"-Gegenwind der Medien platt gemacht.


Wer den scheut, sollte entweder linke Politik machen oder keine. Das muss man als jemand mit einer eigenen Meinung mittlerweile hierzulande aushalten können. Und die problematischen Zugänge könnte man eben vermeiden, wenn die "Neugründung" bereits mit etablierter Organisation beginnt.

Zitat von R.A.
Es gibt für den Liberalismus nur eine einzige Chance: Die FDP weiter von innen zu verändern.


Einigermaßen seriös kann man das eigentlich nur mit dem Zusatz "derzeit" formulieren. Ich kann mir aber mittlerweile auch gut Szenarien vorstellen, in denen der Satz nicht mehr gelten kann.

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R.A. Offline



Beiträge: 8.171

09.12.2011 10:16
#72 RE: An der Basis Antworten

Zitat von Rayson
Das waren wohl eher diejenigen, die es sich durch eine Festlegung nicht mit den derart verbissenen Anhängern eines der beiden Anträge verderben wollten...


Selbstverständlich. "Versehentlich die Unterlagen verloren" ist natürlich eine dünne Ausrede.
Aber Kandidaten, die zu feige sind um Position zu beziehen - und sich dafür lieber als unfähig darstellen ...

Zitat
Kann ich aus meinem Erleben gestern nicht bestätigen. Auch unter den Älteren hat sich über die politische Ausrichtung Frust angestaut.


Das kann ich auch noch bestätigen - aber zumindestens bei uns reicht dieser Frust bei vielen nicht, um wirklich den Aufstand zu machen.

Zitat
Vielleicht hängt es auch ein wenig davon ab, wie die Stimmung allgemein ist. Hier bei mir passt die Pro-"B"-Stimmung gut in den allgemeinen, aus vielen anderen Quellen gespeisten Rochus auf die da in Stuttgart und Berlin.


Da meintest Du die Pro-"A"-Stimmung?
Im übrigen kann ich mir gut vorstellen, daß in BaWü nach der drastischen Klatsche bei der Landtagswahl die Stimmung gegen "die da oben" deutlich schlechter ist als bei uns in Hessen, wo die Landtags-FDP eine ziemlich gute und auch bei den Mitgliedern anerkannte Arbeit macht.

Zitat
Das Problem ist, dass damit die Motivation der aktiven Mitglieder gekillt wird.


Die Gefahr besteht. Wobei man die Möglichkeit, daß in der FDP über solche Sachfragen offen diskutiert und von der Basis entschieden wird, auch sehr positiv verkaufen kann.

Zitat
Man kann eigentlich nur hoffen, dass es eine Mehrheit für "B" gibt, denn die eigenen Mitglieder zu beschimpfen, werden sich die üblichen Verdächtigen wohl verkneifen.


Auch hier wieder: Meinst Du nicht "Mehrheit für A"?
Denn selbstverständlich werden die üblichen Verdächtigen die eigenen Mitglieder beschimpfen, wenn diese in der Minderheit bleiben.
M. E. wäre eine deutliche Mehrheit für "A", aber mit verfehltem Quorum, die einzige Chance, um ohne großen Schaden aus der Sache rauszukommen. Dann kann die Bundesspitze bei ihrem Kurs bleiben, ist aber heftigst gezwungen, auf die Parteistimmung Rücksicht zu nehmen und a) die "Rebellen" einzubinden und b) gegenüber weiteren Merkel-Zumutungen hart zu bleiben.

Zitat
Wer den scheut, sollte entweder linke Politik machen oder keine. Das muss man als jemand mit einer eigenen Meinung mittlerweile hierzulande aushalten können.


Das hältst Du aus und das halte ich aus - aber das halten nicht die vielen tausend Mitglieder aus, ohne die eine Neugründung erfolglos bleiben muß.

Zitat
Einigermaßen seriös kann man das eigentlich nur mit dem Zusatz "derzeit" formulieren.


Richtig. Die Szene verändert sich schnell und unvorhersehbar.

Der Schlüssel liegt für mich nicht im eigentlichen politischen Kernbereich, sondern bei den Medien. Solange es nicht gelingt, gegen den Mainstream eine gewisse "Gegenöffentlichkeit" aufzubauen und zu vernetzen, ist politische Arbeit nur in einem sehr engen Rahmen erfolgreich möglich. Und die echten liberalen Positionen liegen außerhalb dieses Rahmens.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

09.12.2011 13:32
#73 RE: An der Basis Antworten

Zitat von R.A.
Da meintest Du die Pro-"A"-Stimmung?



Äh... ja... Huch! Ich habe falsch abgestimmt! Nee, nee, setze "A" statt "B". Bei so vielen Optionen kann man schon mal durcheinander kommen

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