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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 29 Antworten
und wurde 3.205 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

26.11.2011 01:29
Marginalie: Noch einmal Guttenberg Antworten

Welch ein Heuchler.

Florian Offline



Beiträge: 3.171

26.11.2011 02:23
#2 RE: Marginalie: Noch einmal Guttenberg Antworten

Lieber Zettel,

Sie beurteilen die akademischen Verurteilungen des Herrn zu Guttenberg wesentlich strenger als ich.
Allerdings konnte ich Ihre Argumentation bisher zumindest nachvollziehen.

Ihr Versuch, Herrn zu Guttenberg aufgrund von zwei Fotos als Hochstapler zu klassifizieren, überrascht mich nun aber doch.

Ich gestehe: Auch ich habe mir in den letzten Monaten eine deutlich andere Brille zugelegt und auch noch meinen Friseur gewechselt. Sollte man dies also nun auch als Anzeichen für Hochstapelei interpretieren?
Ach kommen Sie: Schauen Sie sich doch einmal Fotos von z.B. Frau Merkel in den letzten 10 Jahren an - Sie werden auch sehr deutliche Veränderungen feststellen. Auch eine Hochstaplerin? Und was soll man erst von Herrn Scharping halten, der ja sogar seinen Bart abrasierte? Hingegen ist Gerd Schröder über jeden charakterlichen Zweifel erhaben, weil er ja bekanntlich seine Haare NICHT färbt?
Lieber Zettel, eine Personenbeurteilung an Äußerlichkeiten festzumachen, ist doch eigentlich wirklich nicht Ihr Stil, oder?

C. Offline




Beiträge: 2.639

26.11.2011 07:46
#3 The return of the living dead Antworten

Zitat von Zettel
Welch ein Heuchler.



Schmidt, Fischer, Schröder, da ist ein Auftritt Guttenbergs nur konsequent. Zombie-TV.

http://iceagenow.info

lois jane Offline



Beiträge: 662

26.11.2011 08:45
#4 RE: Marginalie: Noch einmal Guttenberg Antworten

Zitat von Florian
Lieber Zettel,

Sie beurteilen die akademischen Verurteilungen des Herrn zu Guttenberg wesentlich strenger als ich.
Allerdings konnte ich Ihre Argumentation bisher zumindest nachvollziehen.

Ihr Versuch, Herrn zu Guttenberg aufgrund von zwei Fotos als Hochstapler zu klassifizieren, überrascht mich nun aber doch.

Ich gestehe: Auch ich habe mir in den letzten Monaten eine deutlich andere Brille zugelegt und auch noch meinen Friseur gewechselt. Sollte man dies also nun auch als Anzeichen für Hochstapelei interpretieren?
Ach kommen Sie: Schauen Sie sich doch einmal Fotos von z.B. Frau Merkel in den letzten 10 Jahren an - Sie werden auch sehr deutliche Veränderungen feststellen. Auch eine Hochstaplerin? Und was soll man erst von Herrn Scharping halten, der ja sogar seinen Bart abrasierte? Hingegen ist Gerd Schröder über jeden charakterlichen Zweifel erhaben, weil er ja bekanntlich seine Haare NICHT färbt?
Lieber Zettel, eine Personenbeurteilung an Äußerlichkeiten festzumachen, ist doch eigentlich wirklich nicht Ihr Stil, oder?



Sehe ich auch so.

Gerade nach biographischen Umbrüchen - und KTzG hat ja wohl eine hinter sich, verändern sich Menschen auch optisch. Von der deutschen Journaille wurde er dafür mit Häme überschüttet, so daß es sogar meinen Lokalblatt zu viel war. Und hier wird ihm deshalb Nähe zur Hochstapelei unterstellt, er gar als Heuchler geschmäht?

Und das nur kurz nachdem, die Hetze gegen die Ministerin Schröder Thema war. Nun hat sich zwar KT in der Tat etwas zu Schulden kommen lassen (wie hoch man das hängt, sei jetzt mal jedem überlassen), doch wurde damals nicht deswegen zum Halali geblasen, sondern weil er politisch unbliebsam war: er war zu populär.

Was ich im Februar vermutet habe, erweist sich stückweise als wahr: von Guttenberg wird erwartet, daß er sich gefälligst in Luft aufzulösen habe. Weiterleben ist nicht vorgesehen...

Regionalkonferenzen verbieten!

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

26.11.2011 09:23
#5 RE: Marginalie: Noch einmal Guttenberg Antworten

Zitat von Florian
Ihr Versuch, Herrn zu Guttenberg aufgrund von zwei Fotos als Hochstapler zu klassifizieren, überrascht mich nun aber doch.

Ich habe geschrieben, lieber Florian:

Zitat
Guttenberg ist kein Hochstapler.

Haben Sie das "kein" überlesen?

Mein Punkt ist, daß er mit seiner Verwandlung dieses Image bedient. Und daß er das macht, das paßt für mich zu diesem Rätsel Guttenberg. Wie kann er glauben, daß man ihn als einen Anderen wahrnimmt, weil er sich vom gegelten Aristokraten in den lockeren jungen Mann verwandelt hat?

Das ist mir so unbegreiflich, wie daß er glauben kann, daß man ihm seine Geschichte abnimmt.

Und wie er nicht sehen kann, daß er doch dann, wenn man sie ihm abnehmen würde, geliefert wäre.

Ein Mann von noch nicht 40 Jahren, der von sich behauptet, daß er nicht mehr weiß, was er geschrieben hat und was abgeschrieben; der sich selbst eine "chaotische und ungeordnete Arbeitsweise" bescheinigt, der ist doch für keine denkbare Karriere geeignet. Nicht auf dem niedrigsten Karriereniveau.

Warum sagt der Mann das? Warum stellt er sich selbst als ein totaler Versager dar? Und was soll dieser radikale Imagewechsel?

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

26.11.2011 09:25
#6 RE: Marginalie: Noch einmal Guttenberg Antworten

Zitat von lois jane
Was ich im Februar vermutet habe, erweist sich stückweise als wahr: von Guttenberg wird erwartet, daß er sich gefälligst in Luft aufzulösen habe. Weiterleben ist nicht vorgesehen...

Von wem ist das nicht vorgesehen?

DrNick Offline




Beiträge: 809

26.11.2011 09:48
#7 RE: Marginalie: Noch einmal Guttenberg Antworten

Zitat von Florian
Ach kommen Sie: Schauen Sie sich doch einmal Fotos von z.B. Frau Merkel in den letzten 10 Jahren an - Sie werden auch sehr deutliche Veränderungen feststellen. Auch eine Hochstaplerin? Und was soll man erst von Herrn Scharping halten, der ja sogar seinen Bart abrasierte?



Die Änderungen von Frisur, Brille, Kleidungsstil usw. bei Politikern grenzen für mich schon an Hochstapelei. Die Politiker entschieden sich ja nicht spontan für einen neuen Look; vielmehr soll durch die Änderungen ein ganz bestimmtes Image erzeugt werden.

Bei zu Guttenberg ist besonders merkwürdig, daß er ja nicht (wie Westerwelle) eine neue Brille hat, sondern gar keine mehr trägt. Zur Begründung hieß es, daß ihm eine Ärztin mitgeteilt habe, daß er - oh Wunder - gar keine Brille mehr benötigt. Da sich eine schwerere Fehlsichtigkeit nicht in ein paar Wochen zurückbilden kann, bleiben nur zwei Deutungen: Entweder trägt er jetzt Kontaktlinsen, will dies aber nicht zugaben, oder aber die alte Brille war so schwach, daß sie nicht wirklich nötig war. Rätsel über Rätsel.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

26.11.2011 10:06
#8 RE: Marginalie: Noch einmal Guttenberg Antworten

Zitat von DrNick
Die Politiker entschieden sich ja nicht spontan für einen neuen Look; vielmehr soll durch die Änderungen ein ganz bestimmtes Image erzeugt werden.

Was ja auch legitim ist.

Es gibt nun einmal diese Image-Berater. Ich entsinne mich, daß Helmut Kohl gestylt wurde, noch bevor er Kanzler war - neue Brille, neue Frisur. Die Kanzlerin hat Florian erwähnt. Sie sah ja früher mit erst diesem Strubbelkopf und dann als Prinz Eisenherz wirklich nicht sehr gelungen aus. Hillary Clinton ist eine wahre Verwandlungskünstlerin, was ihre Frisuren angeht.

Aber den Fall Guttenberg sehe ich anders.

Der soignierte Adlige war wie aus dem Bilderbuch. Alles war Klischee an diesem Mann. Sehen Sie sich einmal seine WebSite an. Vermutlich nicht von ihm gestaltet, aber wahrscheinlich doch genehmigt. Und jetzt ist aus dem leutselig mit seinem Volk verkehrenden Aristokraten der lässige junge Mann geworden.

Jetzt fällt er sozusagen von einem Klischee ins andere, der Guttenberg. Ich kann da überhaupt nichts Ehrliches erkennen, keine Substanz. Das ist - so scheint es mir - alles Theater, alles auf den Effekt abgestellt.

Herzlich, Zettel

lois jane Offline



Beiträge: 662

26.11.2011 10:26
#9 RE: Marginalie: Noch einmal Guttenberg Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von lois jane
Was ich im Februar vermutet habe, erweist sich stückweise als wahr: von Guttenberg wird erwartet, daß er sich gefälligst in Luft aufzulösen habe. Weiterleben ist nicht vorgesehen...

Von wem ist das nicht vorgesehen?




Von den damaligen Guttenberg-Hassern.

Kaum zeigt er sich wieder in der Öffentlichkeit - noch in der Sicherheit eines kanadischen Exils - wird auf ihn eingeprügelt. Und aus welchen Gründen? Wegen seinem Aussehen!

Regionalkonferenzen verbieten!

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

26.11.2011 10:37
#10 RE: Marginalie: Noch einmal Guttenberg Antworten

Zitat von lois jane

Zitat von Zettel

Zitat von lois jane
Was ich im Februar vermutet habe, erweist sich stückweise als wahr: von Guttenberg wird erwartet, daß er sich gefälligst in Luft aufzulösen habe. Weiterleben ist nicht vorgesehen...

Von wem ist das nicht vorgesehen?




Von den damaligen Guttenberg-Hassern.


Hm, ich kenne keine.

waulmurf Offline



Beiträge: 14

26.11.2011 13:15
#11 RE: Marginalie: Noch einmal Guttenberg Antworten

Politik ist zu einem wesentlichen Teil Schauspiel, Inszenierung, Imagekonstruktion. Ich wüsste nicht, wann und wo es je anders gewesen sein sollte. Das gilt umso mehr in einer repräsentativen Demokratie.
Allein wenn man den verbriefenden Schachbrett-Peer nimmt und Papa-"Er kann es"-Schmidt. Das ist doch ein Paradebeispiel für Inszenierung pur. Perfekt, wenn man noch das Schachbrett richtig gedreht hätte. So ging es etwas in die Hose. Aber dieser Fauxpas ist schnell vergessen, zumal das Ganze ja im Grunde zwischen Öffentlichkeit und den Akteuren unausgesprochen schon als Inzenierung verstanden wird. Ja, man erwartet sogar die Inszenierung, aber eben eine fehlerfreie. Nur fehlerfrei, störungsfrei kann man gemeinsam glauben, d.h. sich der Illusion hingeben, gar keiner Inszenierung beigewohnt zu haben. Das Kind im Märchen vom nackten Kaiser ist so ein Störfaktor, den es unbedingt zu vermeiden gilt.

Sicherlich, Guttenberg ist da ein besonderes Chuzpe-Kaliber, das Gefahr läuft, es zu übertreiben, den Bogen zu überspannen.
Motto: wer's nicht probiert, hat schon verloren. Und vieles, vieles geht durch, wird geschluckt, verdrängt, verklärt, neu eingeordnet. Politik ist die Kunst, diese Grenzen des öffentlich Meinbaren, Darstellbaren, Vertretbaren auszuloten, die Meinungswinde einzufangen, und in diesen erkannten oder eher erfühlten, erahnten Grenzen einen Anschein von Fähigkeit, Machbarkeit, Kompetenz, Integretität usw. zu konstruieren. In dieser Sphäre kommt es nicht darauf an, was ist. Wer weiß das schon. Wer will es überhaupt so genau wissen.

Und einer wie Guttenberg spürt natürlich, dass eine "Schusseligkeit" - begangen aus einer völligen Überlastungsituation bei der Bearbeitung einer im Grunde für seine angestrebte Position kaum relevanten Doktorarbeit - in diesem öffentlichen Wahrnehmungsgewebe weitaus besser verdrängbar, entschuldbar ist als kalter, bewusster Betrug.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

26.11.2011 16:32
#12 Wer hat schon einmal ene akademische Arbeit geschrieben? Antworten

Lieber Waulmurf,

das, was Sie schreiben, zu lesen, ist mir immer ein intellektuelles Vergnügen. Ihre Klugheit macht Spaß; and you can interprete this both ways.

Nur schreiben Sie jetzt etwas, dem ich gar nicht folgen kann:

Zitat von waulmurf
Und einer wie Guttenberg spürt natürlich, dass eine "Schusseligkeit" - begangen aus einer völligen Überlastungsituation bei der Bearbeitung einer im Grunde für seine angestrebte Position kaum relevanten Doktorarbeit - in diesem öffentlichen Wahrnehmungsgewebe weitaus besser verdrängbar, entschuldbar ist als kalter, bewusster Betrug.

Er meint das, aber das ist doch absurd. (Aber vielleicht haben Sie ja doch Recht, weil er auf die Absurdität setzt).

Ich vermute, daß die meisten derer, die in diesem Forum schreiben und lesen, in ihrem Leben mindestens eine akademische Arbeit geschrieben haben - eine Dissertation, ein Magister- oder Diplomarbeit, eine Vordiplom- oder Seminar- oder Semesterarbeit; von etlichen weiß ich, daß sie habilitiert sind. Viele, die hier schreiben, sind promoviert.

Sie alle wissen, wie man akademisch arbeitet. Daß man Zitate sammelt und mit genauer Angabe der Quelle kennzeichnet; beispielsweise. Sie kennen die Regeln wissenschaftlichen Arbeitens, die auch dem Jura-Studenten Guttenberg in seinen ersten Semestern beigebracht worden sind.



Was er behauptet, ist abwegig: Er gibt vor, nicht mehr gewußt zu haben, was er nun selbst geschrieben hat und was irgendwo abgekupfert. Ein mental gestörter Mann. Von schwerster Amnesie befallen.

Er stellt sich als einen Idioten dar, den man im ersten Semester aus dem Jura-Studium hätte entfernen müssen; unfähig, auch nur die einfachsten Regeln wissenschaftlichen Arbeitens zu befolgen.

Das ist doch derart offensichtlich, daß ich eben das Ausmaß der Chuzpe Guttenbergs nicht fassen kann.

Mir scheint, er vertraut darauf, daß die meisten Menschen nicht wissen, wie man wissenschaftlich arbeitet. Wer das weiß, der kann diesem Mann aus meiner Sicht nur Verachtung entgegenbringen. Ein schamloser Lügner. Oder wirklich ein unglaublicher Versager.

Herzlich, Zettel

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

26.11.2011 21:11
#13 RE: Wer hat schon einmal ene akademische Arbeit geschrieben? Antworten

Zitat von Zettel
Das ist doch derart offensichtlich, daß ich eben das Ausmaß der Chuzpe Guttenbergs nicht fassen kann.


Und damit wird er wahrscheinlich Erfolg haben. Sie schreiben:

Zitat von Zettel
Jedenfalls ist Deutschland noch einmal davongekommen. Vor einem Jahr noch galt Guttenberg als einer der ernsthaftesten Anwärter auf das Amt des Bundeskanzlers.


Ich bin mir nicht sicher, dass Sie damit nicht ein bisschen sehr optimistisch sind, wenn ich mir das Deutschland des Jahres 2011 anschaue. Mundus vult decipi. Vielleicht schafft es zu Guttenberg nicht zum Bundeskanzler, aber wie viele CSU-Politiker haben das denn schon geschafft? Innerhalb der CSU befürchte ich noch eine fulminante Karriere.

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Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

PPQ Offline



Beiträge: 28

27.11.2011 13:31
#14 RE: Wer hat schon einmal ene akademische Arbeit geschrieben? Antworten

In einem bin ich mir auch ganz sicher: Der kommt wieder. Dazu macht er das, was er gemacht hat, einfach zu gern. Und dafür hat er, im Unterschied etwa zu Hohmann, auch den richtigen Fehler gemacht. Moralische Verfehlungen sind erträglich, auch wenn sie natürlich tiefe Einblicke in das wirkliche Wesen eines Politikers gestatten. Nur - wer spricht heute noch von Özdemir und seinem Großgläubiger? Von Friedman und seinen ukrainischen Nymphen? Von Steinbrücks Anteil am Aufbau der WestLB zur größten staatlichen Pleitebank?

Nein, die Öffentlichkeit will vergessen, die Medien helfen nach Kräften, gerade in Fällen, in denen es um brauchbare Darsteller geht. Ich gebe Guttenberg allerhöchstens fünf Jahre, dann ist er wieder in Amt und Würden (so denn seine Partei dann irgendwo Ämter und Würden zu vergeben hat). Sonst eben nach der nächsten Wende.

waulmurf Offline



Beiträge: 14

27.11.2011 17:10
#15 RE: Wer hat schon einmal ene akademische Arbeit geschrieben? Antworten

Werter Zettel,

es geht ja in der politischen Sphäre nicht um einen aktiv im Wissenschaftsbetrieb stehenden Akademiker Guttenberg (dies war ja auch die erste, instinktiv passende Reaktion Merkels: "keinen wissenschaftlichen Assistenten eingestellt"). Als solchen will er sich gar nicht inszenieren. Ein Doktortitel war allenfalls ein Karrierebaustein unter vielen und kein unbedingt notwendiger. Das Ganze hatte schon eher etwas Marottenhaftes. Die akademische Arbeit fiel ihm wohl äußerst schwer. Sie war nur Last. Es fehlte die Zeit. Das Interesse am eigentlichen Gegenstand war gering. Das Erbringen einer wissenschaftlichen Leistung war vermutlich nie Teil der eigentlichen Motivlage. Ich nehme ihm da sogar eine gewisse Verdrängungsleistung ab. Menschen verdrängen Unangenehmes. Das Gehirn verdrahtet neu, schwächt ab, lässt nach und nach etwas in einem besseren Licht erscheinen. Das ist eine vitale Schutzfunktion der menschlichen Psyche.

Und in der außerakademischen Welt - dort, wo die meisten Wähler leben - fragt man in der Regel auch nicht danach, unter welchen Umständen ein solcher akademischer Titel zustande kam. Das bloße Dass ist schon vollkommen ausreichend. Dass viele Titel nicht "sauber" zustande kommen, dürfte eine verbreitete Überzeugung sein und durchaus hingenommen werden. Und wie gesagt: so genau will man es meist gar nicht wissen. Man sollte die Effekte, ja die Notwendigkeit kollektiver Illusionierung nicht unterschätzen. Das ist letztlich - man mag es bedauern - der Leim, der vieles im Sozialen zusammenhält.

Yossarian ( gelöscht )
Beiträge:

27.11.2011 19:04
#16 RE: Wer hat schon einmal ene akademische Arbeit geschrieben? Antworten

Waulmurf schrieb:

"Sie war nur Last. Es fehlte die Zeit. "

Und das ist einfach das Gegenteil der Erwartung an eine Promotion. Sie muss eine eigenständige wissenschaftliche Arbeit (!) sein. Dies fordert Zeit!

Was mich am allermeisten an der Causa Guttenberg aufregt ist die weitverbreitete Auffassung, dass das ein läßlicher Fehler wäre. Wenn ein Handwerksmeister bei seiner Prüfung/Prüfungsstück bescheißt (wie auch immer das gehen würde), dann wollte man so einen Handwerker auch keine Arbeiten anvertrauen, oder? Eigentlich sagt der Fall Guttenberg mehr über unsere Gesellschaft auf als über den "Betrüger".

Wissenschaft wird nicht ernst genommen. Instrumentalisiert (oder lässt sich instrumenatlisieren, siehe menschgemachter (!) Klimawandel), für nicht voll genommen, abgetrennt vom normalen Leben. Dabei hat uns die westliche Wissenschaft ALLES beschert, was wir heute für selbstverständlich halten. Klar, primär die Naturwissenschaften mit ihren technischen / medizinischen Neuerungen, aber auch die Geisteswissenschaft, mit ihrer Katalogisierung/Einordnung philosophischer Ideen ins Weltgefüge.

Das Fr. Dr (!) Merkel diese Tatsache mit einem unsäglichen Satz wie:"ich habe ja keinen wissenschaftlichen Assistenten eingestellt" beschädigt wurde (wie zu erwarten) von den "Qualitätsmedien" nicht ausreichend honoriert. Wieder ein Puzzlestein im Niedergang der Werte, die unsere Gesellschaft ausmachen. "Ja und, dann hat er halt abgeschrieben".... Demontage....

Die "Erotik", die Guttenberg auf einen Teil der Bevölkerung ausstrahlt ist durchschaubar aber zerstörerisch. Sollte es dieser Mann tatsächlich wieder in "Amt und Würden" schaffen, dann ist der Schaden dadurch größer als sich mancher denken mag. Blendgranaten, mehr braucht es nicht und Du "schaffst" was. Was hat er denn bisher geschafft? Nicht viel ausser Worthülsen. Sozusagen die "Karikatur" eines Politikers. Die Texte kennt er alle, bedeutungschwere Reden ohne Inhalt, an Substanz fehlt es arg. Wie kann ein Mann wie Guttenberg ein Ministerium führen, wenn er noch nicht einmal konzentriert an einer Dissertation schreiben kann? In den Naturwissenschaften ist die Dissertation Ausdruck selbstständigen Arbeitens. Wie soll so jemand ein Ministerium führen? Dieser Aspekt wird in dieser Republik nicht einmal am Rande diskutiert.

Wo bleibt der Aufschrei der Universitäten, der Professoren, nein, wo BLIEB der Aufschrei? Ist den Lehrstuhlinhabern nicht bewusst, dass sie durch Unterlassung an ihrem eigenen Ast sägen? Wer soll ihnen noch trauen? Das war keine läßliche Verfehlung, dass war wissenschaftliche Verfehlung vom Feinsten und keiner schreit.

Hätte Guttenberg sich positiv zur Atomkraft bekannt, er wäre heute und in Zukunft Geschichte.

Wer selbst promoviert wurde (ja, passiv!), wer Jahre seines Lebens da reingesteckt hat, dem kann nur übel werden beim Anblick dieser "Komödie". Guttenberg hat ALLE Promovenden und Promovierten in diesem Land beschädigt. Und jetzt darf (!) er noch eine Dissertation anfertigen? Dieser Wunsch ist wohl Grund dafür, dass es keine strafrechtlichen Konsequenzen für Guttenberg gegeben hat. In vielen Promotionsordnung sind Vorbestrafung mWn Grund, um nicht promovieren zu dürfen.

Ein Elend dieser Mann. Aber wie ich dieses Volk kenne, wird er zurückkehren. Ganz sicher!

Yossarian

Urlauber ( gelöscht )
Beiträge:

27.11.2011 20:09
#17 RE: Wer hat schon einmal ene akademische Arbeit geschrieben? Antworten

Zitat von Yossarian
Wo bleibt der Aufschrei der Universitäten, der Professoren, nein, wo BLIEB der Aufschrei? Ist den Lehrstuhlinhabern nicht bewusst, dass sie durch Unterlassung an ihrem eigenen Ast sägen? Wer soll ihnen noch trauen? Das war keine läßliche Verfehlung, dass war wissenschaftliche Verfehlung vom Feinsten und keiner schreit.

Natürlich nicht. Wer will schon Nestbeschmutzer sein.
Die Szene hat auch kein übergroßes Interesse, dass außenstehende den Betrieb unter die Lupe nehmen.
Zum Nicht-Aufschrei heute ein Artikel in der WELT

purpleblues Offline



Beiträge: 1

28.11.2011 12:42
#18 RE: Marginalie: Noch einmal Guttenberg Antworten

Seine Vorgehensweisen, soweit ich sie mitbekommen habe, sind die eines Hochstaplers. Der frühe Versuch einer Rückkehr bestätigt m. E. diese Vermutung mehr als die geänderten Äußerlichkeiten.

Was bleibt übrig von seiner Amtszeit? Er hat den tiefsten gesetzlich sanktionierten Dauereingriff in die persönlichen Freiheitsrechte, die Wehrpflicht, abgeschafft. Das hatte in den rund 20 Jahren nach dem Ende des Kalten Krieges (und dem Wegfall der unmittelbaren Bedrohung unseres Territoriums und unserer Freiheit, der einzigen wenn auch zwingenden Rechtfertigung der Wehrpflicht) keiner zuwege gebracht. Dafür bin ich ihm im Namen aller, denen es jetzt erspart bleibt, zutiefst dankbar. Vermutlich bedurfte es zu so einer Tat eines Hochstaplers.

Einen Schaden für „die Wissenschaft“ kann ich nicht erkennen, lediglich seine Universität und sein Doktorvater haben sich blamiert. Das Thema Doktortitel als Prestigeobjekt wird jetzt ernsthaft diskutiert, und wenn es nicht auf Politiker, womöglich nur einer politischen Richtung, beschränkt bleibt, hat auch die Wissenschaft davon profitiert.

M.Schneider Offline



Beiträge: 672

29.11.2011 10:21
#19 RE: Marginalie: Noch einmal Guttenberg Antworten

Lieber Zettel

Ich wundere mich doch schon etwas über ihre Beurteilung von Herrn Guttenberg, insbe-sondere auch über die Aussage, er sei ein Rätsel.

Dann möchte ich mal eine ganz einfache Erklärung beisteuern.
Sie wissen doch, in der Technik und der Naturwissenschaft ist die einfache Lösung bezie-hungsweise Erklärung meist die richtige.

Wenn man sich die Familienverhältnisse von Herrn Guttenberg ansieht, dann kann man ohne viel Fantasie erahnen, dass das Leben von Herrn Guttenberg wahrscheinlich schon vom Tage seiner Geburt an in allen Feinheiten durchgeplant wurde.

Zuerst natürlich mal Bundeswehr bei den Gebirgsjägern, dabei freiwillig drei Monate länger gedient.
Welcher Achtzehnjährige kommt auf die Ideen mit dem freiwillig drei Monate länger dienen? Mir wäre das damals nach meinem Grundwehrdienst jedenfalls nicht eingefallen.
In dieser Dienstzeit machte er den Unteroffizierslehrgang mit. Der Offizierslehrgang wäre natürlich schicker -, das wäre aber in der Zeit nicht zu schaffen gewesen und es gab ja Pläne fürs Studium.

Anschließend studierte er Jura, nicht weil er das interessant fand, sondern es ist ja in Deutschland eine regelrechte Manie geworden zu glauben, Juristen können alles, besonders in der Politik. Also hat wohl die Familie, federführend sein Vater beschlossen, der Sohn müsse Jura studieren.

Man konnte an anderer Stelle nachlesen, dass das im Prinzip gar nicht sein Ding war, das ergibt sich auch daraus, dass er das zweite Staatsexamen nie gemacht hat.

Er war dann neben seinem Studium in der Forstverwaltung Guttenberg tätig sowie bis November 2003 geschäftsführender Gesellschafter der Guttenberg GmbH in München.
Da kann man dann sagen, man habe Erfahrung in der freien Wirtschaft und sei Geschäfts-führer gewesen.

Während des Studiums absolvierte er mehrwöchige Praktika in der Sozietät Peltzer & Riesenkampff in Frankfurt am Main und in der Kanzlei Mayer, Brown and Platt in New York.

Auch diese Adressen wurden sorgfältig ausgewählt, besonders natürlich New York. Auslandsaufenthalt macht sich immer gut im Lebenslauf.

Dann machte er auch ein Praktikum beim Axel-Springer Konzern, das dann als Arbeit als freier Journalist in den Lebenslauf konnte.

Außerdem wurde er in den Aufsichtsrat der Röhn- Klinik geschickt, nicht dass er dort etwas zu sagen hatte, aber es liest sich doch im Lebenslauf sehr gut, wenn man in einer großen Firma im Aufsichtsrat war.
Auch das war detailliert überlegt.

Daneben war er Mitglied in der CSU und in rund einem Dutzend politischer Fachgremien. Auch das natürlich alles sorgfältig eingefädelt und geplant.

Tja und so war es natürlich geradezu zwingend, dass Herr Guttenberg einen Doktor ma-chen musste.
Er musste also einen Doktor in einem Studienfach machen, das ohnehin schon nicht wirklich seine Welt gewesen ist.
Bei all seinen Tätigkeiten in dieser Zeit gab es darüber hinaus überhaupt keine Zeit einen Doktor zu machen, auf den muss man sich konzentrieren und Zeit ist dafür eine Grundvoraussetzung, die hatte er doch gar nicht.
Herr Guttenberg hat sich vollkommen verzettelt.

Selbst in der Juristerei kann man eben einen Doktor nicht einfach so nebenbei machen.
Genau das hat er aber versucht, eben auch wohl wieder den Vorgaben seiner Familie insbesondere seines Vaters folgend und es ging eben wie wir ja alle wissen voll schief.

Alles das zeigt ganz deutlich, der gesamte Werdegang von Herrn Guttenberg wurde detail-liert, mit viel Überlegung, Strategie und Taktik für ihn geplant. Man nutzte Verbindungen, Beziehungen usw. Er war in dem Spiel eine Marionette oder soll ich sagen der gehorsame Sohn der sich der Sache beugte?

Selber kann man diese Vielfalt gar nicht planen, weil man mit all den Dingen voll ausgelas-tet, ja sogar überfordert ist.

Selbst seine Frau kommt mir vor, als sei sie mit allen gewünschten Eigenschaften in einem Katalog gesucht, gefunden und dann bestellt worden. (Das ist natürlich nur eine sehr subjektive Meinung von mir, aber es würde mich nicht wundern, wenn auch dabei die Familie die Finger im Spiel hatte.)

Tja und nun ist er mit seiner Frau in den USA und plötzlich taucht ein Bild auf, das einen ganz anderen Guttenberg zeigt.
Das hat nichts mit Hochstapler zu tun, der sein Aussehen verändern muss, weil er auf der Flucht ist, sondern ich glaube, dass der Mann zum ersten Mal in seinem Leben so etwas wie Freiheit verspürt und zum ersten Mal ein wenig er selber sein kann.

-------------
Was seine Rückkehr in die deutsche Politik angeht, so sehe ich diese ebenfalls mit anderen Augen. Ich würde ihm zwar raten, sich dies nicht anzutun.
Aber wenn er es doch tun wollte, hätte er sehr wohl meine Zustimmung.

In Deutschland ist es typischerweise so, dass wenn jemand irgendwo eine Pleite hingelegt hat, sei es die Pleite einer Firma oder eben im übertragenen Sinne bei der Doktorarbeit von Herrn Guttenberg, dann ist er für alle Zeit geächtet.

In den USA sieht man das übrigens ganz anders. Dort gilt, im Grunde genommen muss jemand erst mal Pleite gehen, bevor man ihn für große Aufgaben einsetzen kann, denn erst dann hat er die Erfahrungen was alles gefährlich sein kann und passieren könnte und was man vermeiden muss.

Genau in diesem Sinne hätte ich absolut nichts dagegen einzuwenden, wenn Herr Guttenberg wieder in die Politik ginge, er hat nun auch erlebt, was passieren kann und was falsch war.

Es gibt einen weiteren Punkt der für ihn spricht. Er war sein ganzes Leben ein Getriebener und hat nun mitbekommen, wie wichtig die Erhaltung der Freiheit ist. Ich traue ihm deshalb zu, dass er anders als die deutsche Politikclique im Deutschen Bundestag sich für die Erhaltung der Freiheiten des deutschen Bürgers einsetzt.

Und es gibt noch einen Punkt der für ihn spricht.

Karl-Theodor zu Guttenberg ist finanziell völlig unabhängig, er benötigt anders als so gut wie alle anderen Politiker keine Wiederwahl, um sich Rentenansprüche oder ähnliches zu sichern. Er dürfte einer der wenigen Politiker im Bundestag sein, die ihre Entscheidungen nur um der Sache wegen und somit wirklich unabhängig fällen können.

Nein, lieber Zettel der Mann ist für mich absolut kein Rätsel und meine Sympathie hat er trotz des Fiaskos mit seiner Doktorarbeit. Da ich selber Naturwissenschaftler bin, ist es eben auch nicht die Sympathie eines Nichtakademikers.

Und als Firmenchef mit 30 jähriger Erfahrung in der Rolle würde ich Herrn Guttenberg auch einstellen (jedenfalls wenn er in meinem Metier tätig wäre).

Herzlich
M. Schneider

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

29.11.2011 11:40
#20 RE: Marginalie: Noch einmal Guttenberg Antworten

Zitat von M.Schneider
Welcher Achtzehnjährige kommt auf die Ideen mit dem freiwillig drei Monate länger dienen? Mir wäre das damals nach meinem Grundwehrdienst jedenfalls nicht eingefallen.


Ich habe in Zeiten des zehnmonatigen Grundwehrdienstes noch zwei Monate hinten drangehängt. Bis zum Anfang des Studiums war noch Zeit, ich hatte in Uniform einen kuschligen Job, im Sommer war das deutlich angenehmer als im Winter, und der Sold war natürlich besser als im Grundwehrdienst.

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Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

29.11.2011 11:49
#21 RE: Marginalie: Noch einmal Guttenberg Antworten

Zitat von M.Schneider
In Deutschland ist es typischerweise so, dass wenn jemand irgendwo eine Pleite hingelegt hat, sei es die Pleite einer Firma oder eben im übertragenen Sinne bei der Doktorarbeit von Herrn Guttenberg, dann ist er für alle Zeit geächtet.


Eine ehrliche Pleite einer Firma ist etwas anderes als Betrug.

Zitat von M.Schneider
Er war sein ganzes Leben ein Getriebener und hat nun mitbekommen, wie wichtig die Erhaltung der Freiheit ist. Ich traue ihm deshalb zu, dass er anders als die deutsche Politikclique im Deutschen Bundestag sich für die Erhaltung der Freiheiten des deutschen Bürgers einsetzt.


Inwiefern hat gerade zu Guttenberg mitbekommen, wie wichtig die Erhaltung der Freiheit ist? Warum sollte ihm das seine Biographie eher mitgegeben haben als jemandem anders, der nicht betrogen hat?

Zitat von M.Schneider
Karl-Theodor zu Guttenberg ist finanziell völlig unabhängig, er benötigt anders als so gut wie alle anderen Politiker keine Wiederwahl, um sich Rentenansprüche oder ähnliches zu sichern. Er dürfte einer der wenigen Politiker im Bundestag sein, die ihre Entscheidungen nur um der Sache wegen und somit wirklich unabhängig fällen können.


Oder umgekehrt: zu Guttenberg kann sich völlig unabhängig von Sachfragen seinem Narzissmus widmen.

Zitat von M.Schneider
Und als Firmenchef mit 30 jähriger Erfahrung in der Rolle würde ich Herrn Guttenberg auch einstellen (jedenfalls wenn er in meinem Metier tätig wäre).


Wenn ich zu Guttenberg als Vorgesetzten, Kollegen oder Untergebenen hätte oder ihn auf der anderen Seite des Konferenztischs für einen Kunden, einen Lieferanten oder einen sonstigen Vertragspartner sitzen hätte, wie sollte ich darauf vertrauen, dass er mir die Wahrheit sagt, wenn er schon bei seiner Doktorarbeit beschissen hat? Oder alternativ, wenn man seiner eigenen "Erklärung" glauben will, wie soll ich davon ausgehen, dass er seinen Job oder seinen Laden im Griff hat?

Sollte mir zu Guttenberg jemand geschäftlich begegnen, werde ich mein bestes tun, um schreiend in der Nacht zu verschwinden.

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M.Schneider Offline



Beiträge: 672

30.11.2011 10:17
#22 RE: Marginalie: Noch einmal Guttenberg Antworten

Hallo Gorgazal

“Eine ehrliche Pleite einer Firma ist etwas anderes als Betrug.“

Also, eine ehrliche Pleite gibt es ja auch nicht, auch bei einer geordneten Insolvenz haben die Gläubiger das Nachsehen.

Aber die Sache mit dem Betrug ist ja genau das, was ich anders sehe.

Betrug setzt eine Absicht voraus und dann natürlich auch einen Geschädigten.
Der Geschädigte war er selber, abgesehen vom ideellen Schaden gegenüber der Wissen-schaft, der greift juristisch aber nicht.

Der Betrug ist ihm nicht nur nicht nachweisbar, sondern sein Argument, wenn er hätte betrügen wollen, hätte er das sehr viel geschickter angestellt, ist absolut logisch, denn Sie werden sicherlich mit mir übereinstimmen, dass Herr Guttenberg ein intelligenter Bursche ist.
Außerdem spricht seiner Erziehung eher gegen betrügerischen Vorsatz.

Nein, den vorsätzlichen Betrug sehe ich bei der dilettantischen Art wie diese Doktorarbeit aufgebaut war in keiner Weise.

Allerdings sehe ich etwas anderes.

Zum Betrug gehören auch immer zwei, wenn Sie als den Einen Herrn Guttenberg sehen, dann ist der Zweite die Uni.
Und ich frage mich, welche Rolle die Uni eigentlich gespielt hat, die ja schließlich die Doktorarbeit angenommen hat, sie auch mit wenigstens zwei Leuten hätte prüfen müssen.
Wenn ich die Professoren, die dies übernommen haben, nicht als Volltrottel ansehen will, die beim Lesen nicht in der Lage waren festzustellen, dass hier fremde Texte ohne Bezugsangaben verwendet wurden, dann bleibt für mich nur der Schluss, dass die Arbeit überhaupt nicht geprüft wurde.
Das eine wie das andere ist für die Uni absolut beschämend.

Sehr merkwürdig finde ich ohnehin, mit welchem geradezu Hass ausschließlich Herr Guttenberg angefeindet wird. Man kann mir doch nicht ernsthaft erzählen, das sei deshalb, weil er gegen die Prinzipien der Wissenschaft verstoßen habe.

Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe weiterer Fälle mit solchen aberkannten Doktorarbeiten, z.B. Silvana Koch-Mehrin, Jorgo Chatzimarkakis, Physiker Jan Hendrik Schön, Veronica Saß(Tochter des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber) usw., wo bleibt da die Aufregung, wo bleiben da die Anfeindungen, ich höre dort nichts?

Die ungleiche Behandlung der ansonsten gleichen Fälle ist äußerst verdächtig. Als unauf-geregter Beobachter kommt mir das absolut komisch vor.
Da drängt sich doch der Verdacht auf, dass die Anfeindungen gar nicht primär der Sache wegen erfolgen, sondern Herr Guttenberg als Prügelknabe für andere Dinge herhalten soll.

Ist es vielleicht eine unterschwellige Anfeindungen des Bürgertums gegen den Adel?

Und wo bleibt die Aufregung über die schlampige Arbeit der verschiedenen Unis bei der Prüfung dieser Arbeiten?
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„Ich habe in Zeiten des zehnmonatigen Grundwehrdienstes noch zwei Monate hinten drangehängt. Bis zum Anfang des Studiums war noch Zeit, ich hatte in Uniform einen kuschligen Job, im Sommer war das deutlich angenehmer als im Winter, und der Sold war natürlich besser als im Grundwehrdienst.“

Ok, dann war das wohl ein Sonderfall.
Ich war damals ja auch noch 15 Monate beim Bund, da war man froh ins Studium zu kommen.

Herzlich
M. Schneider

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

30.11.2011 10:38
#23 RE: Marginalie: Noch einmal Guttenberg Antworten

Zitat von M.Schneider
Also, eine ehrliche Pleite gibt es ja auch nicht, auch bei einer geordneten Insolvenz haben die Gläubiger das Nachsehen.


Aber das hat mit der Ehrlichkeit einer Pleite nichts zu tun. Geschäftmodelle können scheitern. Die allermeisten Neugründungen scheitern. Und viele alteingesessene Unternehmen scheitern. Auch wenn das Management und die Eigentümer absolut ehrlich sind. Und ja, dann haben die Gläubiger das Nachsehen. Aber das ist keine Konsequenz irgendeiner Ehrlichkeit oder Unehrlichkeit, sondern dessen, dass der wirtschaftliche Erfolg einer Firma nicht sicher ist.

Und bei einer Prüfung zu bescheißen ist etwas anderes.

Zitat von M.Schneider
Der Geschädigte war er selber, abgesehen vom ideellen Schaden gegenüber der Wissen-schaft, der greift juristisch aber nicht.


Erstens hat er beispielsweise auch seinen Doktorvater geschädigt. Zweitens ist die juristische Bewertung nicht Gegenstand unserer Diskussion (oder?), sondern die moralische.

Zitat von M.Schneider
Der Betrug ist ihm nicht nur nicht nachweisbar, sondern sein Argument, wenn er hätte betrügen wollen, hätte er das sehr viel geschickter angestellt, ist absolut logisch, denn Sie werden sicherlich mit mir übereinstimmen, dass Herr Guttenberg ein intelligenter Bursche ist.


Die Dummdreistigkeit ist kein Argument. Ich bin auch ein intelligenter Bursche. Muss ich nur genügend dumm betrügen, um als schuldlos zu gelten?

Ich denke ja, dass zu Guttenberg die Arbeit seltenst selbst gesehen hat, sondern sie sich von einem Dienstleister hat schreiben lassen. Der dann nicht gut gearbeitet hat. Fertig.

Zitat von M.Schneider
Außerdem spricht seiner Erziehung eher gegen betrügerischen Vorsatz.


Und die Alternative ist, dass wir ihm glauben sollen, dass er mit seiner Promotion heillos überfordert war und nicht mehr wusste, was er selbst geschrieben und was er zitiert hat? Spricht seine Erziehung also dafür, solch eine Schlamperei als Promotion einzureichen? Wo spricht seine Erziehung denn sonst noch für Schlamperei?

Zitat von M.Schneider
Und ich frage mich, welche Rolle die Uni eigentlich gespielt hat, die ja schließlich die Doktorarbeit angenommen hat, sie auch mit wenigstens zwei Leuten hätte prüfen müssen.
Wenn ich die Professoren, die dies übernommen haben, nicht als Volltrottel ansehen will, die beim Lesen nicht in der Lage waren festzustellen, dass hier fremde Texte ohne Bezugsangaben verwendet wurden, dann bleibt für mich nur der Schluss, dass die Arbeit überhaupt nicht geprüft wurde.
Das eine wie das andere ist für die Uni absolut beschämend.


Das ist völlig richtig. Aber wir wollen doch die Proportionen wahren: erstmal hat Herr zu Guttenberg betrogen. Dass die Prüfer ihrer Pflicht nicht nachgekommen sind, ist auch ein Skandal. Aber ein sekundärer.

Zitat von M.Schneider
Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe weiterer Fälle mit solchen aberkannten Doktorarbeiten, z.B. Silvana Koch-Mehrin, Jorgo Chatzimarkakis, Physiker Jan Hendrik Schön, Veronica Saß(Tochter des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber) usw., wo bleibt da die Aufregung, wo bleiben da die Anfeindungen, ich höre dort nichts?


Die regen mich alle ebenso auf. Und Schön zumindest kann sich in der Wissenschaft nicht mehr blicken lassen. Und ich würde mit ihm ebensowenig zusammenarbeiten wollen wie mit zu Guttenberg.

--
Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

M.Schneider Offline



Beiträge: 672

30.11.2011 15:04
#24 RE: Marginalie: Noch einmal Guttenberg Antworten

Hallo Gorgasal

Erst mal Entschuldigung, bei mir war aus Gorgasal ein „z“ geworden und damit Gorgazal.
-------
Schlussendlich kann man resümierend sagen, Sie sehen, bei Herrn Guttenberg Vorsatz und damit Betrugsabsicht. Ich hingegen halte diese Annahme für nicht schlüssig, dafür war die Arbeit zu dilettantisch.

Einen Ghostwriter halte ich übrigens auch nicht für schlüssig, den die arbeiten in der Tat mit Verstand an einem solchen Auftrag und würden eine derartige Anzahl von Fehlern ganz sicher nicht machen, nicht mal mittelmäßige Ghostwriter und Herr von Guttenberg hätte sich sicherlich diesbezüglich Spitzenleute leisten können.

Aber nun ja, das sind eben verschiedene Sichtweisen.

Herzlich
M. Schneider

lois jane Offline



Beiträge: 662

01.12.2011 00:00
#25 RE: Marginalie: Noch einmal Guttenberg Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von lois jane

Zitat von Zettel

Zitat von lois jane
Was ich im Februar vermutet habe, erweist sich stückweise als wahr: von Guttenberg wird erwartet, daß er sich gefälligst in Luft aufzulösen habe. Weiterleben ist nicht vorgesehen...

Von wem ist das nicht vorgesehen?




Von den damaligen Guttenberg-Hassern.


Hm, ich kenne keine.




So, so, Sie kennen also keinen, werter Zettel.

Und ich meine doch, daß Sie einen kennen. Mit jeder Zeile wird das deutlicher.

Ja, weiterleben wollen sie ihn schon lassen, aber gefälligst weit weit weg von der Öffentlichkeit. Sobald er auftaucht aber gibt es wieder Dresche und das nicht etwas wegen der Dissertation sondern wegen seiner Frisur.

Regionalkonferenzen verbieten!

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