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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 52 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.12.2011 00:12
Zitat des Tages: Rechts Antworten

Das Thema für dieses Zitat des Tages hatte ich mir vor einer Woche notiert, den Artikel dann aber nicht geschrieben.

Jetzt ist mir angesichts des Parteitags ab morgen aufgefallen, wie völlig selbstverständlich bestimmte Politiker der SPD als "Linke" bezeichnet werden. Niemand scheint das als Herabsetzung zu empfinden. Warum kann man nicht ebenso selbstverständlich das Wort "rechts" benutzen?

Das stimmt etwas nicht in Deutschland. Und es geht ja nicht nur um Wörter. Die CDU ist heute eine Partei der linken Mitte. Ich kenne keinen demokratischen Rechtsstaat - korrigieren Sie mich, wenn ich irre -, in dem es nicht auch demokratisch legitimierte, rechtsstaatliche Parteien rechts von der linken Mitte gibt. Außer Deutschland.

Was bedeutet das für diesen zweiten deutschen demokratischen Rechtsstaat? Scheitert er am Ende doch, so wie der erste?

AldiOn Offline




Beiträge: 983

04.12.2011 00:59
#2 RE: Zitat des Tages: Rechts Antworten

Unhaltbsre und nicht verteidigungsfähige Positionen soll man räumen (sagen die Militärs).

Lassen wir doch die Linken in ihrem Schema allein auf weiter Flur stehen. Es gibt dann eben Linke und Konservative/Liberale geben.

Sie werden natürlich versuchen alles was nicht "links" ist als "rechts" zu denunzieren. Das muß man nicht mitmachen und gut ist.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

04.12.2011 06:36
#3 RE: Zitat des Tages: Rechts Antworten

Zitat von Zettel
Jetzt ist mir angesichts des Parteitags ab morgen aufgefallen, wie völlig selbstverständlich bestimmte Politiker der SPD als "Linke" bezeichnet werden. Niemand scheint das als Herabsetzung zu empfinden. Warum kann man nicht ebenso selbstverständlich das Wort "rechts" benutzen? (…)



In Bezug auf die SPD gibt es in der etwas gründlicheren politischen Berichterstattung noch die Wendung »der rechte Seeheimer Kreis«. Ich musste ironischerweise gerade nachschauen, wie denn die korrekte Bezeichnung für den linken Flügel lautet. Hier findet man beide Bezeichnungen: http://de.wikipedia.org/wiki/Seeheimer_Kreis

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.12.2011 06:51
#4 RE: Zitat des Tages: Rechts Antworten

Zitat von stefanolix
In Bezug auf die SPD gibt es in der etwas gründlicheren politischen Berichterstattung noch die Wendung »der rechte Seeheimer Kreis«.

Ja, das ist interessant, daß man bei der SPD von "Rechten" sprechen darf, nicht aber bei der Union oder der FDP.

Die letzten "Rechten" in der Union waren Leute wie Alfred Dregger und Wallmann. Die letzten "Rechten" in der FDP - da muß man schon bis zu Erich Mende zurückgehen. Es gab später auch noch einmal in Berlin ein Grüppchen, aber ohne bundespolitischen Einfluß.

Herzlich, Zettel

Juno Offline



Beiträge: 332

04.12.2011 14:35
#5 RE: Zitat des Tages: Rechts Antworten

Dass in der SPD ganz unbefangen vom "rechten Flügel" gesprochen werden kann, liegt vielleicht daran, dass die Sozialdemokratie in Deutschland heute so etwas wie die gefühlte Mitte, das ideologische Gravitationszentrum bildet.

Die SPD ist nicht nur die traditionsreichste deutsche Partei. Sie ist auch die einzige, die moralisch unversehrt durch alle Extreme und Katastrophen der vergangenen hundert Jahre gekommen ist. Während das alte Bürgertum den Teufelspakt mit den Nazis schloss, stimmte die SPD einsam gegen das Ermächtigungsgesetz; die SPD wurde mit den Kommunisten zwangsvereinigt und damit zu einem der ersten Opfer der DDR-Diktatur. Sie hat immer auf der richtigen Seite der Geschichte gestanden - und wo zunächst nicht, da hat sie sich rasch als pragmatisch und lernfähig erwiesen.

Die gesamte salonfähige deutsche Politik gruppiert sich um den sozialdemokratischen Ideologiekern herum. Man kann linker oder rechter Sozialdemokrat sein, flippig oder fromm, Linksliberaler oder Christsozialer, ein verlorenes Öko-Kind der SPD oder auch ein spinnerter Altsozialdemokrat, den die Wut zur Stalinistin Wagenknecht verschlagen hat. Notfalls auch ein völlig ideologiefreier Anti-Sozen-Kanzlerwahlverein, dem es ausschließlich um die Macht geht. Entscheidend ist, dass alle Politik sich letztlich immer als eine Spielart von Sozialdemokratie definiert. Die "alte Tante" SPD ist die politische Matriarchin, die ideologische Zentralsonne der Bundesrepublik Deutschland. Sie stellt nicht immer die Regierung, aber sie bestimmt mit ihrer historischen Autorität, was bei uns "anständig" ist (ein SPD-Lieblingswort)

Wer diesen Kosmos in Frage stellt oder gar verlässt, wie zum Beispiel "die Neoliberalen", ist "unanständig" und steht unter Extremismusverdacht. Dass ein Wolfgang Clement wegen seiner Ansichten zur Energiepolitik die SPD verlassen musste, und ein Thilo Sarrazin so gerade eben noch aus pragmatischen Gründen in der Partei geduldet wird, zeigt, wo zurzeit die offiziellen Grenzen des Anstands verlaufen.

john j Offline




Beiträge: 591

05.12.2011 17:28
#6 RE: Zitat des Tages: Rechts Antworten

Bester Zettel

"Die CDU ist heute eine Partei der linken Mitte. Ich kenne keinen demokratischen Rechtsstaat - korrigieren Sie mich, wenn ich irre -, in dem es nicht auch demokratisch legitimierte, rechtsstaatliche Parteien rechts von der linken Mitte gibt. Außer Deutschland."

Ihr Satz stimmt natuerlich nur wenn die CDU heute eine Partei der linken Mitte ist. Ich habe Schwierigkeiten damit mir bspw Kauder, Schaeuble oder Pofalla als "linke Mitte" vorzustellen. Und es bliebe die Frage was die CDU veranlasst haben sollte das Mitte-rechts Spektrum aufzugeben. Und schliesslich bleibt immer noch die CSU - ausser Sie sehen die ebenfalls in der linken Mitte. Im uebrigen sehe ich individuelle Parteien rechts der Mitte bspw in den USA, Canada, UK, Irland etc nicht. Es handelt sich bei diesen Parteien um ein Phaenomen das die angelsaechsische Kultur nie wirklich durchdrungen ha.

Ansonsten:

Die Nazis waren "bekanntlich" Sozialisten? Also links statt rechts? Wem sollte dies "bekannt" sein? Ich finde es seltsam dass ein so gebildeter Mensch wie Sie den Kern des Nationalsozialimus nicht sehen kann - die voelkische Idee und die rassistischen Herrenmenschen-Ideologien, die nun gar nichts mit Sozialismus sondern viel mit ultrakonservativen Ideen des 19. Jhdt's zu tun haben. Sozialismus gab es bei den Nazis nur im geringen Ansatz - und die Vertreter desselben (Strasser etc) wurden dann auch rasch marginalisiert.

Die Konservativen bildeten auch keineswegs den "Kern" des Widerstands - sie bildeten einen Teil. Noch dazu einen Teil der meist erst spaet dazukam. Es waren Sozialdemokraten, Buergerliche, Kommunisten und Kirchen die den weitaus groesseren und aktiveren Teil des Widerstands bildeten. Und sie taten dies grossteils von Anfang an - nicht erst als der Krieg erkennbar verloren war, was viele Konservative in den Widerstand fuehrte.

Der Rechtsextremismus in der BRD ist das Erbe der DDR - also der Linken. Die Nazis waren in Wirklichkeit Sozialisten. Alles Boese geht demnach von links aus. The circle is now complete.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

05.12.2011 17:59
#7 RE: Zitat des Tages: Rechts Antworten

Zitat von john j
Ihr Satz stimmt natuerlich nur wenn die CDU heute eine Partei der linken Mitte ist.


Und das ist sie ausweislich ihrer Programmatik und Mehrheitsmeinung - unbeschadet einiger konservativer Reste.

Zitat
Ich habe Schwierigkeiten damit mir bspw Kauder, Schaeuble oder Pofalla als "linke Mitte" vorzustellen.


Nun ja, bei denen hat man überhaupt Schwierigkeiten, sich konkrete Positionen vorzustellen ...
Aber sie haben m. W. alle Linksrutsche der Partei ohne Widerspruch mitgetragen.

Zitat
Und es bliebe die Frage was die CDU veranlasst haben sollte das Mitte-rechts Spektrum aufzugeben.


Wahrscheinlich die taktische Überlegung Merkels, daß sie sich damit der journalistischen Mehrheitsmeinung anpassen und öffentliche Kritik vermeiden kann. Gibt aber noch mehr Erklärungsmöglichkeiten, ist halt am Ende (wie üblich) keine monokausale Sache.

Zitat
Und schliesslich bleibt immer noch die CSU ...


Da sind die konservativen Reste wohl noch stärker - aber seit Seehofer ist die Parteilinie wohl nicht mehr rechts von der CDU.

Zitat
Im uebrigen sehe ich individuelle Parteien rechts der Mitte bspw in den USA, Canada, UK, Irland etc nicht.


Das kann ich nicht nachvollziehen. Die Reps oder besonders die Tories (oder die Can-Conservatives) sind doch deutlich "rechts der Mitte" und haben m. W. auch keine Scheu, dazu offen zu stehen. Irland kann ich nicht beurteilen, aber dem Vernehmen nach sind sowohl Fianna Fail als auch Fine Gail eher konservative Parteien.

Zitat
Die Nazis waren "bekanntlich" Sozialisten?


Man kann über das "bekanntlich" streiten, weil in der Tat allgemein das Gegenteil geglaubt wird.
Ich glaube auch nicht, daß "waren Sozialisten" es wirklich trifft. Sie waren AUCH Sozialisten bzw. waren heftig vom Sozialismus beeinflußt. Aber eben mit zusätzlichen Elementen, die andere sozialistische Richtungen nicht benutzen.

Zitat
Also links statt rechts?


"links" oder "rechts" sind sich bei den Extremen ohnehin nahe, und bei den Nazis findet sich halt Beides.

Zitat
Sozialismus gab es bei den Nazis nur im geringen Ansatz - und die Vertreter desselben (Strasser etc) wurden dann auch rasch marginalisiert.


Der Strasserflügel war nur ein Element - auch die restliche Nazi-Ideologie war heftig sozialistisch beeinflußt. "Volksgemeinschaft", Wohlfahrtsstaat, Planwirtschaft, technischer Modernismus ...

Zitat
Die Konservativen bildeten auch keineswegs den "Kern" des Widerstands - sie bildeten einen Teil.


Ja, aber schon einen sehr wesentlichen Teil. Ansonsten halte ich persönlich wenig davon, die verschiedenen demokratischen Widerstandsgruppen gegeneinander zu gewichten. Ich persönlich finde am Anfang die Ablehnung des Ermächtigungsgesetzes durch die SPD (mit der mutigen Rede von Otto Wels) und am Ende den Widerstand um Stauffenberg am bemerkenswertesten. Aber jeder Widerständler war für sich mutig und ehrenswert.
Die Kommunisten nehme ich da aus - ihr Widerstand war teilweise nur taktierend der jeweiligen Moskauer Linie folgend und vom Ziel her wollten sie ja nur eine Diktatur gegen die andere setzen.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

05.12.2011 18:32
#8 RE: Zitat des Tages: Rechts Antworten

Wenn ich mich hier mal einmischen darf...

Zitat von john j
Ihr Satz stimmt natuerlich nur wenn die CDU heute eine Partei der linken Mitte ist. Ich habe Schwierigkeiten damit mir bspw Kauder, Schaeuble oder Pofalla als "linke Mitte" vorzustellen.



Kauder, Schäuble oder Pofalla sind erstens nicht die Partei, zweitens unterschiedliche Charaktere und drittens ebenso sehr im Zweifel für den Machterhalt wie ihre Parteichefin. Der Kurs von Kohl und zuletzt auch Merkel hat die CDU jedenfalls einige Maßeinheiten nach links gerückt - es gibt kaum noch Themen, bei denen Differenzen grundsätzlicher Art zu den Sozialdemokraten bestehen. Und bei den wenigen, die man da trotzdem identifizieren kann, wissen wir jetzt schon, dass auch sie irgendwann einmal einkassiert werden - wie fast alle Grundsätze der CDU in den letzten Jahrzehnten, die für diese Partei das Etikett "konservativ" rechtfertigten. Das bisschen Familiengedöns, auf das von Seiten der Union Wert gelegt wird, ist nur die etwas unterschiedliche, als Differenzierungsmerkmal aber meist überstrapazierte Färbung derselben sozialstaatlichen Idee.

Als ich noch - bar jeder Begegnung mit liberalen Gedanken - Jungunionist war, galt unser Stadtverband als vergleichsweise "links". Heute wäre er absoluter CDU-Mainstream.

Und die CSU - ach herrje, die besteht doch nur aus einer Mischung aus Machterhalt und Showbusiness. Was die Verteilung von Wohltaten angeht, war sie ihrer Schwesterpartei traditionell sogar voraus. Übrig bleibt noch die zumindest nach außen vertretene Law-And-Order-Politik, aber das konnte ein Schily genau so gut.

Zitat von john j
Im uebrigen sehe ich individuelle Parteien rechts der Mitte bspw in den USA, Canada, UK, Irland etc nicht. Es handelt sich bei diesen Parteien um ein Phaenomen das die angelsaechsische Kultur nie wirklich durchdrungen ha.



Das ist zu einem großen Teil sicher so - diese ganze Obrigstaatsgläubigkeit, die wir aus der deutschen Geschichte kennen, oder das Vertrauen in den Staat als den Gestalter des Wandels, wie er in anderen europäischen Demokratien populär ist, gibt es schon nicht in der englischen Tradition, also wohl auch noch weniger in den "abtrünnigen Kolonien". Aber damit ist "rechts" ja nicht umfassend definiert. Gehört nicht auch dazu, dass z.B. Klassenschranken hochgehalten werden? Da finden wir bei den englischen Konservativen schon noch Entsprechungen. Und gehört nicht dazu, zugunsten mehr innerer Sicherheit erhebliche Einschränkungen individueller Freiheitsrechte zu fordern? Der Gedanke, dass wer nichts zu verbergen habe, sich an diesen Einschränkungen auch nicht stören müsse? Den finden wir in den USA insbesondere bei den Republikanern - Tea Party hin, Tea Party her.

Und ist das Eintreten für freie Marktwirtschaft auch "rechts"? In den USA sieht man das so. Hierzulande nur bei den Linken - was aus deren Sicht und in einem zweidimensionalen Schema auch nicht frei von Logik ist, schließlich sind sie eher dagegen, also müssen die Befürworter vom anderen Ufer sein.

Was uns dazu bringt, die Zwei-Dimensionen-Einteilung kulturell zu relativieren. In Deutschland würde ich u.a. folgende Positionen als politisch "rechts" ansehen:

- starker Fokus auf Innere Sicherheit
- Betonung der christlich-abendländischen Tradition
- Europa-Kritik bzw. Forderung nach mehr deutschem Einfluss in Europa
- kritisch gegenüber Einwanderung
- Betonung der Bedeutung von Eliten

Interessanterweise gelten die meisten dieser Positionen, die ich übrigens zwar nicht teile, aber für im Rahmen einer Demokratie als legitim erachte, hierzulande mittlerweile bereits als "rechtsextrem", mit all den Folgen gesellschaftlicher Ächtung, die unter dem Stichwort "Kampf gegen Rechts" zusammenzufassen sind. Kein Wunder also, dass eine "demokratische Rechte" der veröffentlichten Meinung zufolge in Deutschland fürderhin ein Oxymoron sein muss.

Zitat von john j
Die Nazis waren "bekanntlich" Sozialisten? Also links statt rechts? Wem sollte dies "bekannt" sein? Ich finde es seltsam dass ein so gebildeter Mensch wie Sie den Kern des Nationalsozialimus nicht sehen kann - die voelkische Idee und die rassistischen Herrenmenschen-Ideologien, die nun gar nichts mit Sozialismus sondern viel mit ultrakonservativen Ideen des 19. Jhdt's zu tun haben. Sozialismus gab es bei den Nazis nur im geringen Ansatz - und die Vertreter desselben (Strasser etc) wurden dann auch rasch marginalisiert.



Das ist, wie sagt man so schön, ein weites Feld. Die Nazis werden aufgrund der von dir genannten Merkmale allgemein als "Rechte" eingestuft, natürlich auch weil ihre entschiedensten Feinde "Linke" waren, und weil sie von nationalistischen und erz-konservativen Kräften als Verbündete angesehen wurden (was zwei Seiten derselben Medaille sind). In ihren Methoden unterschieden sie sich allerdings nicht allzu sehr von den gleichermaßen "linken" Herrscher z.b: in der Sowjetunion, oder später in China oder Kambodscha. Ob sich die Massenverfolgung nun gegen Juden, Zigeuner oder Homosexuelle auf der einen Seite richtete, oder gegen "Kulaken", Religiöse und "Abweichler" auf der anderen Seite, bei den Betroffenen dürfte eine feinziselierte Unterscheidung auf wenig Gegenliebe stoßen. Selbstverständlich ist die fast industrielle Vernichtung einer zum Teil sehr willkürlich als solche definierten Volksgruppe eine "Qualität" eigener Art, aber sie trägt in diesem Zusammenhang zur Unterscheidung zwischen "links" und "rechts" nichts bei. Zumal Antisemtismus, wie wir mittlerweile wohl gelernt haben, kein Privileg der "Rechten" ist.

Zitat von john j
Die Konservativen bildeten auch keineswegs den "Kern" des Widerstands - sie bildeten einen Teil. Noch dazu einen Teil der meist erst spaet dazukam. Es waren Sozialdemokraten, Buergerliche, Kommunisten und Kirchen die den weitaus groesseren und aktiveren Teil des Widerstands bildeten. Und sie taten dies grossteils von Anfang an - nicht erst als der Krieg erkennbar verloren war, was viele Konservative in den Widerstand fuehrte.



Da hast du allerdings einfach nur Recht.

Zitat von john j
Der Rechtsextremismus in der BRD ist das Erbe der DDR - also der Linken. Die Nazis waren in Wirklichkeit Sozialisten. Alles Boese geht demnach von links aus. The circle is now complete.



Das kann man aus Zettels Äußerungen m.E. nicht herauslesen. Es gibt genug Gründe, die offene Gesellschaft auch gegen Angriffe von rechts zu verteidigen, und Zettel greift auch hier im "Kleinen Zimmer" rigoros gegen alle Versuche durch, diesen Verteidigungsring (hier bei uns im kleinen Maßstab) zu durchbrechen.

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L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

FTT_2.0 Offline



Beiträge: 537

05.12.2011 19:24
#9 RE: Zitat des Tages: Rechts Antworten

Zitat von Rayson
Das ist zu einem großen Teil sicher so - diese ganze Obrigstaatsgläubigkeit, die wir aus der deutschen Geschichte kennen, oder das Vertrauen in den Staat als den Gestalter des Wandels, wie er in anderen europäischen Demokratien populär ist, gibt es schon nicht in der englischen Tradition, also wohl auch noch weniger in den "abtrünnigen Kolonien".



Eine britische Tradition des "Vertrauens in den Staat als den Gestalter des Wandels" schlechthin zu verneinen, scheint mir die ersten drei Jahrzehnte britischer Nachkriegsgeschichte etwas zu verdrängen. Die Rolle des Staates in der "mixed economy" und dem "welfare state" der Nachkriegsjahrzehnte war ja doch recht prominent (und im Prinzip von beiden Parteien getragen), und nach dem Thatcher-Interregnum hat "New Labour" desöfteren Nanny-Tendenzen erkennen lassen.

john j Offline




Beiträge: 591

05.12.2011 20:32
#10 RE: Zitat des Tages: Rechts Antworten

Bester RA

"Nun ja, bei denen hat man überhaupt Schwierigkeiten, sich konkrete Positionen vorzustellen ..."

He he - wenn Sie es sagen. Aber das ist doch nicht die Schuld der Linken.

"Das kann ich nicht nachvollziehen. Die Reps oder besonders die Tories (oder die Can-Conservatives) sind doch deutlich "rechts der Mitte" und haben m. W. auch keine Scheu, dazu offen zu stehen."

Ich schrieb: "individuelle Parteien rechts der Mitte". Die Reps, die Can Cons und die Tories decken die Mitte ab (da wo die Wahlen gewonnen/verloren werden), UND haben einen rechten (stark konservativen Fluegel). Aber sie sind nicht als gesamte Partei rechts der Mitte verordnet.

"Ansonsten halte ich persönlich wenig davon, die verschiedenen demokratischen Widerstandsgruppen gegeneinander zu gewichten"

Das tue ich auch nicht. Ich weise lediglich darauf hin dass die These von den Konservativen als "Kern" des Widerstands falsch ist.

"Aber jeder Widerständler war für sich mutig und ehrenswert."

Dem schliesse ich mich vollkommen an, und daher ist es mir wichtig obige These zurechtzuruecken.

john j Offline




Beiträge: 591

05.12.2011 20:48
#11 RE: Zitat des Tages: Rechts Antworten

Aber gerne bester Rayson,

"Kauder, Schäuble oder Pofalla sind erstens nicht die Partei..."

Nun ja, sie sind zwei Bundesminister und der Fraktionschef. Also nicht gerade chopped liver. Haette auch noch Schroeder oder de Maiziere nennen koennen.

"...zweitens unterschiedliche Charaktere..."

Schon klar...Captain Obvious.

"...drittens ebenso sehr im Zweifel für den Machterhalt wie ihre Parteichefin."

Ich nehme an das steht irgendwo in ihrer jeweiligen job description. Und es duerfte auch im Interesse der Partei sein - und sie vertreten nun mal (auch) die Partei und deren Interessen.

"Und die CSU - ach herrje, die besteht doch nur aus einer Mischung aus Machterhalt und Showbusiness."

Ja mei - selber schuld, oder? Oder ist es die Folge eines Komplotts von Linken wenn sich die CSU selbst zugrunde richtet?

"-starker Fokus auf Innere Sicherheit
- Betonung der christlich-abendländischen Tradition
- Europa-Kritik bzw. Forderung nach mehr deutschem Einfluss in Europa
- kritisch gegenüber Einwanderung
- Betonung der Bedeutung von Eliten"

Liest sich wie das CSU-Parteiprogramm. Was die Umsetzung betrifft dazu kann ich mich nicht aeussern. Aber die Programmatik ist da oder war es zumindest.

"In ihren Methoden unterschieden sie sich allerdings nicht allzu sehr von den gleichermaßen "linken" Herrscher..."

Stimmt Rayson, aber die "Methoden" sind ja nun schon Jahrhunderte alt. Natuerlich bedienten sich Nazis und Kommunisten aehnlicher Methoden so wie sich bspw Mongolen und Tuerken vor 500 Jahren aehnlicher Methoden bedienten. Und das christliche Abendland auch.

"Das kann man aus Zettels Äußerungen m.E. nicht herauslesen."

Ich persoenlich lese das schon eine ganze Weile aus Zettel's Aeusserungen heraus.

Urlauber ( gelöscht )
Beiträge:

05.12.2011 21:09
#12 RE: Zitat des Tages: Rechts Antworten

Zitat von john j
Die Nazis waren "bekanntlich" Sozialisten?

Ja. Die Nationalsozialistische Arbeiterpartei war eine sozialistische Partei.

Zitat von
Wem sollte dies "bekannt" sein?

Gute Frage. Ich habe auch Jahrzehnte gebraucht, um das zu begreifen. Von allen Kanzeln wird ja das Gegenteil gepredigt.

Zitat von john j
Ich finde es seltsam dass ein so gebildeter Mensch wie Sie den Kern des Nationalsozialimus nicht sehen kann - die voelkische …

… die kollektivistische Idee. Die Negierung der Individualität und der Individualrechte ist sozialistisch.

Zitat von
… und die rassistischen Herrenmenschen-Ideologien

Der Rassismus wurde in den rot-sozialistischen Ländern nicht so offen zur Schau getragen wie in den braunen.
Das ändert nichts daran, dass die Juden in der Sowjetunion aus rassistischen Gründen verfolgt wurden, dass die roten Genossen aus nationalistischer (vom Rassismus kaum zu unterscheidender) Motivation mehrere Millionen Ukrainer ermordet haben.
In der DDR war man vorsichtiger. Rassismus gab es (auch wenn das hier gelegentlich angedeutet wurde) nicht. Aber es gab eben auch keine Individualrechte. Es gab keine rassischen, aber sog. „kaderpolitische Merkmale“. Im Klassenbuch gab es keine Spalte „Rasse“, aber eine „soziale Herkunft“.
Auch nicht so toll.

Zitat von
Sozialismus gab es bei den Nazis nur im geringen Ansatz

Die NSDAP wurde als sozialistische Partei wahrgenommen. Schon die Sprache unterscheidet sich nur in Nuancen. Groß ist der Unterschied nicht zwischen den „Volksgenossen“ der Nazis und „den Menschen aller Klassen und Schichten“ Honneckers.

Wem würde man [url=http://karleduardskanal.files.wordpress.com/2010/06/unternehmergehalt-001.jpg[/url] zutrauen? Rechten eher nicht.

Zugegeben, zusammen auf einen Foto beweist nicht allzu viel. Aber Goebbels und Ulbricht sind da nicht zufällig zusammen, sondern sie haben zu dieser Zeit gemeinsam gegen den Rechtsstaat gekämpft.

Sehen Sie die Ikonografie hier, hier, hier. Man muss zweimal hinsehen um Unterschiede zu entdecken.

Bei der Eröffnung des Winterhilfswerkes 1937 sprach Hitler vom Sozialismus der Tat. Und so hatten das auch alle verstanden.

C. Offline




Beiträge: 2.639

06.12.2011 12:52
#13 RE: Zitat des Tages: Rechts Antworten

Zitat von Zettel
Jetzt ist mir angesichts des Parteitags ab morgen aufgefallen, wie völlig selbstverständlich bestimmte Politiker der SPD als "Linke" bezeichnet werden. Niemand scheint das als Herabsetzung zu empfinden. Warum kann man nicht ebenso selbstverständlich das Wort "rechts" benutzen?



Lieber Zettel,

Du kannst es selbstverständlich benutzen, allerdings wirst Du dann etwa eine Stunde dafür benötigen zu erklären, was Du damit meinst und vor allem, was Du nicht meinst. Deswegen kannst Du es auch sein lassen. "Rechts" ist durch den inflationären Gebrauch von "gegen Rechts" verbrannt.

Meine persönliche Lieblingsschlagzeile lieferte letzte Woche das bekannte Antifablättchen "Focus":Wie Merkels Mädchen den Kampf gegen rechts erschwert

Am folgenden Tag erklärt der Focus staatstragend, wie man es richtig macht, wenn man kein "nationalkonservatives" (Edathy) blondes Dummchen von Muttis Gnaden ist, sondern eine richtig tolle Rocklegende: Lindenberg ruft zum Kampf gegen Rechts auf. Außen mit Hut, innen gut.

Wir können das auf die einfache inhaltsleere Formel bringen: links gut, rechts schlecht. Rechts ist alles was nicht links ist und so feinfühlige Differenzierungen wie bei Islam und Islamismus werden erst gar nicht angestellt. Was nicht links ist, ist rechtsextremistisch und muss bekämpft werden. Ob jetzt "Schüler gegen Rechts",die Senioren-Union gegen Rechts, Sexismus gegen Rechts, Ficken gegen Rechts, Muslime gegen Rechts, Gewalt gegen Rechts, beim gegen Rechts sein, gibt es keine Parteien mehr, nur noch Deutsche.

Du wirst "rechts" nicht wiederbeleben können, es ist ein Etikett im kampf um die Deutungshoheit. Einmal aufgepappt, bekommst du es nicht mehr los, höchstens mit einer Geschlechtsumwandlung und Eintritt in die Linke, dann darfst Du vorher auch in der NPD gewesen sein.
Es wird Dir auch nichts helfen, wenn Du glaubst, dass du als Liberaler oder gar Konservativer aus dem Schneider bist, der Etikettenschwindel ist sofort durchschaut und mit einem Neo- als Vorname bist Du wieder da, wo du hingehörst, ein zu bekämpfender Rechter.

Zitat von Zettel
Was bedeutet das für diesen zweiten deutschen demokratischen Rechtsstaat? Scheitert er am Ende doch, so wie der erste?



Das kommt darauf an, was Du unter einem demokratischen Rechtsstaat verstehst. Wenn Du die Bundesrepublik Deutschland mit Grundgesetz und solchem Gedöns meinst, deren Haltezeit ist mit der Wiedervereinigung abgelaufen und sie wird als sozialistische Teilrepublik in der EU aufgehen. Dann gibt es aber erst recht viel für die Kämpfer gegen Rechts zu tun, denn es soll in anderen Staaten noch Rechte geben, wie zum Beispiel die blonde Bestie Wilders oder Europe's next Superfascist Viktor Orbán.

Einen schönen Nikolaustag

wünscht

C.

http://iceagenow.info

john j Offline




Beiträge: 591

06.12.2011 14:24
#14 RE: Zitat des Tages: Rechts Antworten

@ Urlauber:

"Ja. Die Nationalsozialistische Arbeiterpartei war eine sozialistische Partei."

Nur weil Sie es kategorisch wiederholen wird es nicht richtig.

"Gute Frage. Ich habe auch Jahrzehnte gebraucht, um das zu begreifen. Von allen Kanzeln wird ja das Gegenteil gepredigt."

Keine Ahnung was genau sie da begriffen haben. Und die "Kanzeln' - das sind so ziemlich alle namhaften Historiker die sich mit der NS-Zeit beschaeftigt haben. Wessen Predigten hoeren Sie zu?

"Die NSDAP wurde als sozialistische Partei wahrgenommen."

Sie glauben wirklich die Deutschnationalen und Erzkonservativen wie Ludendorff, Papen, Hugenberg nahmen die NSDAP "als eine sozialistische Partei wahr"? Und verbuendeten sich mit ihr - gegen die Sozialisten?

Natuerlich haben Kommunisten und Nazis gemeinsam ab und zu gegen den Rechtstaat gekaempft - so viel Gemeinsamkeit gibt es zwischen Extremisten schon. Aber noch viel heftiger haben sie sich gegenseitig bekaempft.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

06.12.2011 20:21
#15 RE: Zitat des Tages: Rechts Antworten

Lieber john j,

Auf Sozialismus - Wikipedia gibt es folgende Zitate zur Frage ob der Nationalsozialismus ein Sozialismus war:

Zitat
Der Rechtswissenschaftler Johann Braun schreibt: „Eine sozialistische Utopie liegt auch dem Nationalsozialismus zugrunde. Zwar zielt dieser nicht auf einen Sozialismus für alle ab, also nicht auf einen internationalen, sondern auf einen nationalen Sozialismus; aber die Logik des utopischen Rechtsdenkens herrscht auch hier.“ Der SPD-Politiker Rudolf Breitscheid meinte auf dem Leipziger Parteitag 1931, dass „selbst der Nationalsozialismus gezwungen sei sich ein sozialistische Aushängeschild zu geben“. Dies zeige, „dass zuletzt doch der Gedanke des Sozialismus marschiere.“


Zitat
Gemäß Götz Aly ist der Sozialismus im Begriff Nationalsozialismus nicht nur als Propagandaformel zu betrachten, vielmehr gehöre der Nationalsozialismus in die große egalitäre Grundtendenz des 20. Jahrhunderts.


Aus "Hitlers Volksstaat" auf Wikipedia:

Zitat
„Die Sorge um das Volkswohl der Deutschen bildete die entscheidende Triebkraft für die Politik des Terrorisierens, Versklavens und Ausrottens.“ Die „Gefälligkeitsdiktatur“ habe die große Mehrheit der Bevölkerung durch kleine individuelle Vorteile abgespeist und politisch neutralisiert. Aly schließt mit dem Satz: „Wer von den Vorteilen für die Millionen einfacher Deutscher nicht sprechen will, der sollte vom Nationalsozialismus und vom Holocaust schweigen.“


Zu der Kritik an seiner These antwortete er:

Zitat
„Das Unbehagen an meiner These mag damit zusammenhängen, dass ich in der Struktur der nationalsozialistischen Steuer- und Sozialpolitik ein linkssozialdemokratisches Grundmuster erkenne.“


Ich kann das Buch nur empfehlen.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

06.12.2011 20:31
#16 Nationalismus und Sozialismus Antworten

Zitat von john j
@ Urlauber:

"Ja. Die Nationalsozialistische Arbeiterpartei war eine sozialistische Partei."

Nur weil Sie es kategorisch wiederholen wird es nicht richtig.

Aber wenn sie es nicht war, lieber John, warum nannte sie sich dann so?

Die Nazis waren eben beides: Sie waren Sozialisten, und sie waren national. Es ist ein Irrtum, zu meinen, daß Sozialismus und Nationalismus sich ausschließen.

Sebastian Haffner hat einmal darauf aufmerksam gemacht, daß selbst der real existierende Sozialismus in Osteuropa nationalistischer war als der Kapitalismus. Der Kapitalismus ist seinem Wesen nach internationalistisch, weil das Kapital keine Grenzen kennt. Der Sozialismus ist dort, wo er an der Macht ist, in der Regel nationalistisch, weil die einzelnen Staaten so miteinander konkurrieren wie im Kapitalismus die Konzerne.

Erst recht gilt das für den Sozialismus, wie er sich seit den 60er Jahren außerhalb des Sowjetblocks vor allem in Asien und Afrika ausbreitete. Die jeweilige Guerrillabewegung trug in der Regel das "National" in ihrem Namen.

Herzlich, Zettel

Urlauber ( gelöscht )
Beiträge:

06.12.2011 20:41
#17 RE: Zitat des Tages: Rechts Antworten

Zitat von john j
@ Urlauber:
"Gute Frage. Ich habe auch Jahrzehnte gebraucht, um das zu begreifen. Von allen Kanzeln wird ja das Gegenteil gepredigt."

Keine Ahnung was genau sie da begriffen haben.

Na ja. Sie stellen die „Wer?“-Frage und bemängeln hinterher, dass ich auf „Was?“ nicht geantwortet habe.

Zitat von
Und die "Kanzeln' - das sind so ziemlich alle namhaften Historiker die sich mit der NS-Zeit beschaeftigt haben.

Wirklich?

Zitat von
Wessen Predigten hoeren Sie zu?

Um ehrlich zu sein, in der letzten Zeit immer weniger. Davor: die üblichen.

Zitat von
"Die NSDAP wurde als sozialistische Partei wahrgenommen."

Sie glauben wirklich die Deutschnationalen und Erzkonservativen wie Ludendorff, Papen, Hugenberg nahmen die NSDAP "als eine sozialistische Partei wahr"?

Es lassen sich immer für alles Namen finden. Die Frage ist, welches Gewicht die haben. Auch wenn man „Ludendorff, Papen, Hugenberg“ hundertmal wiederholt, sind es keine dreihundert, sondern immer noch drei. Und zwar drei, die nicht in der NSDAP waren. So anziehend war die Partei für die Deutschnationalen und Erzkonservativen doch nicht.

Es wurde oft versucht, Hitler quasi zur Marionette der Großindustrie zu machen. Am eindrucksvollsten die „Millionen stehen hinter mir“-Collage von John Heartfield. Aber die tatsächlichen Verhältnisse bestätigen das nicht. Im Gegenteil, diejenigen Großindustriellen, die den Nationalsozialisten Geld gaben, sind deshalb aufgefallen, weil sie eben Ausnahmen waren. „Wenn man alles gegeneinander abwägt, waren die finanziellen Zuwendungen aus der Wirtschaft ganz überwiegend gegen die Nationalsozialisten gerichtet.



OT
Ihre Texte wären besser lesbar, wenn Sie die Zitat-Funktion nutzten.

Urlauber ( gelöscht )
Beiträge:

06.12.2011 21:11
#18 RE: Nationalismus und Sozialismus Antworten

Zitat von Zettel
Der Kapitalismus ist seinem Wesen nach internationalistisch, weil das Kapital keine Grenzen kennt.

Interessanterweise haben genau das die in der DDR so genannten „Klassiker des Marxismus-Leninismus“ im Lob des Kapitalismus wortgewaltig (my very personal point of view) ausgeführt:

Zitat von Manifest der kommunistischen Partei
Die Bourgeoisie hat in der Geschichte eine höchst revolutionäre Rolle gespielt.
Die Bourgeoisie, wo sie zur Herrschaft gekommen, hat alle feudalen, patriarchalischen, idyllischen Verhältnisse zerstört. Sie hat die buntscheckigen Feudalbande, die den Menschen an seinen natürlichen Vorgesetzten knüpften, unbarmherzig zerrissen und kein anderes Band zwischen Mensch und Mensch übriggelasssen als das nackte Interesse, als die gefühllose "bare Zahlung".
[…]
An die Stelle der alten lokalen und nationalen Selbstgenügsamkeit und Abgeschlossenheit tritt ein allseitiger Verkehr, eine allseitige Abhängigkeit der Nationen voneinander. Und wie in der materiellen, so auch in der geistigen Produktion. Die geistigen Erzeugnisse der einzelnen Nationen werden Gemeingut. Die nationale Einseitigkeit und Beschränktheit wird mehr und mehr unmöglich, und aus den vielen nationalen und lokalen Literaturen bildet sich eine Weltliteratur.
[…]
die moderne industrielle Arbeit, die moderne Unterjochung unter das Kapital, dieselbe in England wie in Frankreich, in Amerika wie in Deutschland, hat ihm allen nationalen Charakter abgestreift.
[…]
Die nationalen Absonderungen und Gegensätze der Völker verschwinden mehr und mehr schon mit der Entwicklung der Bourgeoisie, mit der Handelsfreiheit, dem Weltmarkt, der Gleichförmigkeit der industriellen Produktion und der ihr entsprechenden Lebensverhältnisse.

Thomas Pauli Offline




Beiträge: 1.486

07.12.2011 12:23
#19 RE: Nationalismus und Sozialismus Antworten

Zitat
... daß selbst der real existierende Sozialismus in Osteuropa nationalistischer war als der Kapitalismus



Lieber Zettel,

als ich in das Alter kam, mich mit Politik zu beschäftigen und irgendwann auch die DDR in meinen Fokus kam, war ich wirklich überrascht, wie preußisch-nationalistich Ton und Gebaren der 'Offiziellen' war. Genau jener Ton, der hier im Westen total verpönt war. Als ich dann durch die Verwandtschaft ein wenig Einbilick in das Militärwesen jenes Staates bekam, hat sich dieser Eindruck noch verfestigt.

Herzlich, Thomas

john j Offline




Beiträge: 591

07.12.2011 14:39
#20 RE: Nationalismus und Sozialismus Antworten

@ Zettel:

"Aber wenn sie es nicht war, lieber John, warum nannte sie sich dann so?"

Sie nannte sich auch "Arbeiterpartei" In den Jahren vor 1933 gehoerten ihr allerdings nur wenige Arbeiter an (die NSDAP war eine Partei vor allem der Kleinbuerger, Beamten und Angestellten). Und ihre Fuehrung bestand nicht mal im Ansatz aus ehemaligen Arbeitern oder Leuten die jemals als Arbeiter im industriellen Sinn beschaeftigt waren. Gewerkschaften, die klassischen Arbeitervertretungen waren ihr ein Greuel - und umgekehrt.

Die CDU bspw fuehrt das Wort "Christlich" im Namen - schliessen Sie daraus dass sie "christliche" Politik bzw Programmatik betreibt? Muss man Mitglied einer Kirche sein um eintreten zu koennen? Ist die Partei mit einer bestimmten christlichen Kirche assoziiert? Wo finden sich dezidiert christliche Werte und Initiativen im Programm?

Namen sind, vor allem in der Politik, Schall und Rauch und oft historischen Konventionen und Augenblicksentscheidungen etc geschuldet. Und nicht unbedingt eine genaue Reflektion des politischen Inhalts.

john j Offline




Beiträge: 591

07.12.2011 14:49
#21 RE: Zitat des Tages: Rechts Antworten

@Urlauber:

"Wirklich?"

Ja, wirklich. Lesen's es halt nach. Bei Wehler zum Beispiel.

"Um ehrlich zu sein, in der letzten Zeit immer weniger."

Da koennte das Problem liegen.

"Es lassen sich immer für alles Namen finden. Die Frage ist, welches Gewicht die haben. Auch wenn man „Ludendorff, Papen, Hugenberg“ hundertmal wiederholt, sind es keine dreihundert, sondern immer noch drei."

Die fuer die politischen Partien und Bewegungen stehen (bzw ihnen vorstanden), die sich mit den Nazis gegen Sozialisten und Kommunisten verbuendeten. Diese Leute kannten Hitler und die NSDAP, hatten mit ihr taeglich zu tun etc - nochmal, glauben Sie dass sie die NSDAP fuer Sozialisten hielten wenn das Buendnis mit ihr eindeutig gegen Links gerichtet war? Und natuerlich waren sie nicht IN der NSDAP (was ich auch nicht behauptet habe),sie verbuendeten sich MIT ihr.

"Ihre Texte wären besser lesbar, wenn Sie die Zitat-Funktion nutzten."

Sorry - no can do, ich finde die Zitat-Funktion zerhackt Texte zu sehr. Vor allem wenn man auf eine Antwort antwortet.

john j Offline




Beiträge: 591

07.12.2011 15:01
#22 RE: Zitat des Tages: Rechts Antworten

@ Erling:

Bester Erling, nehmen's es mir nicht uebel aber Goetz Aly? Wirklich? Wen nominieren sie als naechsten - H M Broder?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

07.12.2011 15:15
#23 RE: Nationalismus und Sozialismus Antworten

Zitat von john j
@ Zettel:

"Aber wenn sie es nicht war, lieber John, warum nannte sie sich dann so?"

Sie nannte sich auch "Arbeiterpartei" In den Jahren vor 1933 gehoerten ihr allerdings nur wenige Arbeiter an (die NSDAP war eine Partei vor allem der Kleinbuerger, Beamten und Angestellten). Und ihre Fuehrung bestand nicht mal im Ansatz aus ehemaligen Arbeitern oder Leuten die jemals als Arbeiter im industriellen Sinn beschaeftigt waren. Gewerkschaften, die klassischen Arbeitervertretungen waren ihr ein Greuel - und umgekehrt.

Aus dem 25-Punkte-Programm der NSDAP vom 24. 2.1920:

Zitat
11. Abschaffung des Arbeits- und mühelosen Einkommens, Brechung der Zinsknechtschaft.

12. Im Hinblick auf die ungeheuren Opfer an Gut und Blut, die jeder Krieg vom Volke fordert, muß die persönliche Bereicherung durch den Krieg als Verbrechen am Volke bezeichnet werden: Wir fordern daher restlose Einziehung aller Kriegsgewinne.

13. Wir fordern die Verstaatlichung aller (bisher) bereits vergesellschafteten (Trusts) Betriebe.

14. Wir fordern Gewinnbeteiligung an Großbetrieben.

15. Wir fordern einen großzügigen Ausbau der Altersversorgung.

16. Wir fordern die Schaffung eines gesunden Mittelstandes und seine Erhaltung, sofortige Kommunalisierung der Groß-Warenhäuser und ihre Vermietung zu billigen Preisen an kleine Gewerbetreibende, schärfste Berücksichtigung aller kleinen Gewerbetreibenden bei Lieferung an den Staat, die Länder oder Gemeinden.

17. Wir fordern eine unseren nationalen Bedürfnissen angepaßte Bodenreform, Schaffung eines Gesetzes zur unentgeltlichen Enteignung von Boden für gemeinnützige Zwecke. Abschaffung des Bodenzinses und Verhinderung jeder Bodenspekulation.Dem

18. Wir fordern den Rücksichtslosen Kampf gegen diejenigen, die durch ihre Tätigkeit das Gemeininteresse schädigen. Gemeine Volksverbrecher, Wucherer, Schieber usw. sind mit dem Tode zu bestrafen, ohne Rücksichtnahme auf Konfession und Rasse.

Entgegen einer weitverbreiteten Meinung hat die NSDAP diese sozialistischen Ziele überwiegend nicht aufgegeben; auch nicht, nachdem Sozialisten wie Goebbels keine mehr waren und Sozialisten wie die Strasser-Brüder ausgeschaltet waren (Otto aus der NSDAP ausgetreten, Gregor später ermordet).

Die Wirtschaftspolitik nach der Machtergreifung trug starke planwirtschaftliche Züge. Es gab durchaus einen Arbeiterkult; bekanntlich wurde der 1. Mai von den Nazis als gesetzlicher Feiertag etabliert. Dem "Arbeiter der Faust" wurde der "Arbeiter der Stirn" zur Seite gestellt. Weite Bereiche des Lebens wurden wie im Sowjetsozialismus vom Staat kontrolliert; von den "gleichgeschalteten" Berufsorganisationen über die staatlich kontrollierte Einheitsgewerkschaft DAF, die eine ähnliche Rolle hatte wie der FDGB in der DDR, bis hin zum Reichslandbund, über den die Agrarwirtschaft staatliche kontrolliert wurde.



Die Mär, lieber John, daß die Nazis allenfalls in ihren Anfängen einen (dann gekappten) sozialistischen Flügel gehabt hätten und dann zu einem Instrument des Großkapitals geworden seien, das via "Faschismus" seine Herrschaft sicherte, ist von linken, vor allem kommunistischen Historikern in die Welt gesetzt worden. Das Herrschafts- und Gesellschaftssystem des Nationalsozialismus trug stark sozialistische Züge. Natürlich hatte es auch andere.

Herzlich, Zettel

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

07.12.2011 15:45
#24 RE: Zitat des Tages: Rechts Antworten

Geehrter John J

Zitat

"Keine Ahnung was genau sie da begriffen haben. Und die "Kanzeln' - das sind so ziemlich alle namhaften Historiker die sich mit der NS-Zeit beschaeftigt haben. Wessen Predigten hoeren Sie zu?"



Das Problem an ihrer Aussage zu "alle[n] namenhaften Historikern" ist, sie ist schlicht falsch, was dankenswerter weise andere hier im Forum bereits belegt haben.

Aber in einem Forum ist das auch einfach möglich. In mündlichen Diskussion kann man gegen einmal in die Welt gesetzte Phrasen, wie der von "alle namenhafte [hier beliebiges einsetzen]" nicht viel sagen, da einem meistens Namen und Zitate nicht zu jedem Thema spontan zur Hand sind, schon mal gar nicht aus dem Kopf. Und wenn, dann vielleicht ein Name, der wird dann als Einzelfall dargestellt.

Wie gehen hier andere mit solcherlei Phrasen um (in mündlichen Diskussionen)?

Und John J, noch eine letzte Frage: Was wollen sie mit "Wessen Predigten hoeren Sie zu?" suggerieren?

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

john j Offline




Beiträge: 591

07.12.2011 15:47
#25 RE: Nationalismus und Sozialismus Antworten

@ Zettel

"Die Mär, lieber John, daß die Nazis allenfalls in ihren Anfängen einen (dann gekappten) sozialistischen Flügel gehabt hätten und dann zu einem Instrument des Großkapitals geworden seien, das via "Faschismus" seine Herrschaft sicherte, ist von linken, vor allem kommunistischen Historikern in die Welt gesetzt worden. Das Herrschafts- und Gesellschaftssystem des Nationalsozialismus trug stark sozialistische Züge. Natürlich hatte es auch andere"

Bester Zettel, von "Instrument des Großkapitals" habe ich nirgends geschrieben, und auch nicht davon dass es sich "via "Faschismus" seine Herrschaft sicherte".

Der Nationalsozialismus ordnete und kollektivierte die Gesellschaft um sie seinen Zielen unterzuordnen, und bediente sich dabei unter adnerem auch sozialistischer Methoden und Werkzeuge - manchmal auch aus purem Populismus. Was nicht ueberrascht: Keine Diktatur, ob rechts oder links, kommt ohne eine Kollektivierung der Gesellschaft aus, sei es Faschismus, Kommunismus oder eben Nationalsozialismus. Und Kollektivierung sieht oft wie Sozialismus aus.

Im Gegensatz zum Sozialismus allerdings hatte der Nationalsozialismus mit seiner Gesellschaftspolitik nur ein Ziel: Das Volk fuer den unvermeidlichen Krieg/Kampf, der die Herrschaft der Herrenmenschen ueber die Untermenschen bringen wuerde, zu mobilisieren. Es ging nie um eine permanente Gesellschaftsform. Und das Endziel ware eine Art staendische, nach Abstammung und Rasse geordnete Gesellschaft - etwas ganz anderes als Sozialismus. Daher auch die Planwirtschaft 1933 bis 1939: Sie diente allein zur Vorbereitung der Ruestung und des Krieges und war Mittel zum Zweck, nicht politisches Programm.

Das Programm von 1920 das Sie zitieren war ganz offensichtlich aus den Erfahrungen des 1. WK's und der Zeit unmittelbar danach entstanden. 1933ff war die Lage innerhalb der NSDAP und auch im Reich bereits eine ganz andere und die meisten der 25 Forderungen wurden nicht oder in ganz anderer Form umgesetzt.

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