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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 8 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

11.12.2011 05:34
Dreißig Jahre Güstrow Antworten

Vor dreißig Jahren zeigte die SED-Diktatur, wozu sie fähig war.

danielphoffmann Offline




Beiträge: 124

11.12.2011 08:50
#2 RE: Dreißig Jahre Güstrow Antworten

Lieber Zettel, richtig interessant ist doch, dass heutzutage jeden Menge Bundesbürger solche Blamagen der SED Diktatur verleugnen, ignorieren, verharmlosen, relativieren oder gar rechtfertigen. Stellen sie dazu einfach eine for Dummies verkürzte Zusammenfassung im CDU Forum ein, und ergötzen sie sich anschliessend an den Reaktionen der dortigen Ossis und Wessis.

An eye for an eye, a tooth for a tooth

Reisender ( gelöscht )
Beiträge:

11.12.2011 14:44
#3 RE: Dreißig Jahre Güstrow Antworten

Zitat von Zettel
Vor dreißig Jahren zeigte die SED-Diktatur, wozu sie fähig war.



Gut, ich bin in einem Unrechtsstaat groß geworden. Vieleicht habe ich auch die rote Propaganda nicht völlig aus meinem Kopf bekommen. Und nun?

MfG

Reisender

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

11.12.2011 15:38
#4 RE: Dreißig Jahre Güstrow Antworten

Zitat von Reisender
Gut, ich bin in einem Unrechtsstaat groß geworden. Vieleicht habe ich auch die rote Propaganda nicht völlig aus meinem Kopf bekommen. Und nun?

Nun gibt es, lieber Reisender, zum zweiten Mal innerhalb weniger Generationen in Deutschland dieses Problem, für das es aus meiner Sicht keine einfache Lösung gibt.

Ich habe mit meinen Eltern und Großeltern selten über die Nazizeit geredet. Wir konnten uns nicht verständigen. Sie sagten: Es war nicht alles schlecht. Das Regime hatte auch seine guten Seiten. Meine Eltern sagten: Wir waren jung, wir haben uns arrangiert, wir waren nicht unzufrieden. Meine Großeltern sagten: Wir haben das Elend der Inflation und der Weltwirtschaftskrise erlebt. Nach 1933 ging es uns besser.

Meine stereotype Reaktion war: Aber das ändert doch nichts daran, daß dies eine brutale Diktatur war. Warum habt ihr nicht Widerstand geleistet? So endeten solche Gespräche, bevor sie überhaupt richtig begonnen hatten.



Jetzt erlebe ich das alles wieder in Bezug auf die DDR. Gewiß, sie war nicht so verbrecherisch wie das Dritte Reich (die Sowjetunion schon). Aber es war auch ein Unrechtsstaat, eine Diktatur.

Jetzt bin ich älter und verstehe besser, was diejenigen meinen, die sagen: Es war nicht alles schlecht. Sie wollen (und können vielleicht) sich nicht von ihrer Biographie distanzieren. Sie haben ja selbst kein Unrecht begangen (so wenig wie meine Eltern und Großeltern). Sie haben sich arrangiert. Sollen sie jetzt in Sack und Asche gehen, sich die Haare raufen und rufen: Mea culpa! ?

Wer von uns, die wir weder in der Nazizeit (ich als Kleinkind) noch in der DDR leben mußten, hat ein Recht, den Zeigefinger zu heben? Wir haben es damals gegenüber unseren Eltern und Großeltern getan; es war falsch. Ich würde es heute nie gegenüber denen tun, die in der DDR leben mußten.

Herzlich, Zettel

Konsul Offline



Beiträge: 31

11.12.2011 19:16
#5 RE: Dreißig Jahre Güstrow Antworten

Zitat von danielphoffmann
Stellen sie dazu einfach eine for Dummies verkürzte Zusammenfassung im CDU Forum ein, und ergötzen sie sich anschliessend an den Reaktionen der dortigen Ossis und Wessis.



Eine Reaktion würde vielleicht die Meinung sein, dass der G8-Gipfel 2007 im mecklenburgischen Heiligendamm oder der Bush-Besuch 2006 im vorpommerschen Stralsund auch solche Inszenierungen waren.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.12.2011 00:21
#6 RE: Dreißig Jahre Güstrow Antworten

Zitat von Konsul

Zitat von danielphoffmann
Stellen sie dazu einfach eine for Dummies verkürzte Zusammenfassung im CDU Forum ein, und ergötzen sie sich anschliessend an den Reaktionen der dortigen Ossis und Wessis.

Eine Reaktion würde vielleicht die Meinung sein, dass der G8-Gipfel 2007 im mecklenburgischen Heiligendamm oder der Bush-Besuch 2006 im vorpommerschen Stralsund auch solche Inszenierungen waren.


Ja, das könnte gut sein.

Das ist ja zB das Standard-Argumentationsmuster Gregor Gysis. Er räumt bereitwillig "Mängel" und "Fehler" in der DDR ein. Aber dann geht es fast unweigerlich weiter: "Aber auch in der Bundesrepublik ...".

Natürlich ist es abwegig, die Sicherheitsmaßnahmen bei Konferenzen und Staatsbesuchen mit einer Inszenierung à la Güstrow gleichzusetzen; oder das MfS mit dem Verfassungsschutz, oder den Numerus Clausus mit der willkürlichen Art, in der in der DDR Studienplätze gewährt oder verweigert wurden.

Aber das Erklärungsmuster Gysis wirkt. Der Unterschied zwischen Diktatur und demokratischem Rechtsstaat wird verwischt. Das Unrecht wird relativiert, das Recht dem Unrecht gleichgestellt.

Herzlich, Zettel

Reisender ( gelöscht )
Beiträge:

12.12.2011 17:19
#7 RE: Dreißig Jahre Güstrow Antworten

Zitat von Zettel
Jetzt erlebe ich das alles wieder in Bezug auf die DDR. Gewiß, sie war nicht so verbrecherisch wie das Dritte Reich (die Sowjetunion schon). Aber es war auch ein Unrechtsstaat, eine Diktatur.




Wie immer geben Sie mit Ihren Beschreibungen das Geschehene korrekt wieder. Ich finde es aber nicht wirklich hilfreich. Für mich interessanter wäre noch: Warum war es so?

Insgesamt habe ich den Eindruck, dass Linke und Kommunisten in diesem Forum nicht sehr beliebt sind. Antipathien sind aber keine Problemlöser.

Ich hatte einen Bekannten (mittlerweile verstorben), der noch Wilhelm Pieck persönlich kannte. Er erzählte mir, dass er dafür kämpfe, dass es keine Kriege mehr gebe. Arbeiter seien nie auf der Gewinnerseite. Weiter solle es für alle ausreichend zu essen geben, eine Wohnung, Gesundheitsfürsorge, Bildung usw. Das ist erst einmal nichts Schlechtes. Wenn man nun über „Linke“ als Problem spricht, muss man meiner Meinung nach unterscheiden zwischen diesen Leuten und „linken“ Politikern, NGO-Mitgliedern etc. Letztere sehe ich nur als eine neue Rotte, die sich erfolgreich an den Trog gedrängt hat.

Nach dem Krieg hat die BRD verkraftet, dass einige meinten, früher sei nicht alles schlecht gewesen. Die DDR hat nicht lange durchgehalten, weil sie sich an ihren Ansprüchen verhoben hat. Nun hat die BRD neue Einwohner, von denen einige meinen, in der DDR sei nicht alles schlecht gewesen. Ich meine, unser Land hat dies gut verkraftet, trotz der bald vollständigen Assimilation der DDR-Nomenklatura.

Das nicht alle ehemaligen DDR-Bürger in der BRD zufrieden sein würden, war abzusehen. Ebenso, dass man nicht alle SED-Mitglieder sowie MfS-Mitarbeiter in der sibirischen Tundra zum Streichholzschnitzen verfrachten kann. Dass sie hier leben, mag für manchen ein Ärgernis sein, ein Problem für unser Land sind sie sicher nicht.

Bekommen die Linken nun zulauf, hat das sicher nicht nur mit der Dummheit der Leute zu tun oder damit, dass sie oder ihre Wähler arbeitsscheue Schmarotzer auf der Suche nach mühelosen Annehmlichkeiten sind. Es ist nicht so, dass heute wegen Chancengleichheit und Bildungsangeboten für alle jeder ein Manager oder selbständiger Unternehmer werden kann. Irgendjemand muss auch arbeiten. Diejenigen stellen dann fest, dass ihr Lohn sich dem Sozialhilfeniveau annähert. Sie sehen aber auch, dass sich an den Börsen viel Geld verdienen lässt, ohne dass dafür ein Gegenwert erbracht wurde. Während der in die Scheinselbständigkeit gezwungene ohne wenn und aber im Ruin versinkt (trotz seiner offenen Forderungen) wird anderen das Geld hinterher geworfen. Es ist abzusehen, dass diese Sicht manche Menschen unzufrieden machen wird.

Diejenigen, die versuchen, sich nach oben zu arbeiten, stellen auch fest, dass es die von Hias beschriebene Parallelgesellschaft gibt (Zitat des Tages: Rechts (2)). Auf kommunaler Ebene sind das die Stadtverordneten, die mit ausgewählten Gewerbetreibenden einmal die Woche z.B. Fußball spielen. Nun kann man die kommunalen Aufträge und die Auftragnehmer abgleichen.

Mein Erfahrung ist, dass die Zahl derjenigen, die ehrlich und fair mit ihren Geschäftspartnern und Arbeitern umgehen, stetig wächst. Unsere BRD ist nicht der Endpunkt der Entwicklung. (Vielleicht war aber Nazideutschland eine notwendige Etappe der Entwicklung, damit später allein dieses Bild ausreichte, einen Krieg zu beenden http://peacebuttons.info/IMAGES/0623.197...m-Child-nap.jpg.)Eine DDR bekommen wir aber mit Sicherheit nicht wieder übergeholfen. Diesbezüglich sehe ich der Zukunft ganz entspannt entgegen. Ansonsten: benutzen Sie Sonnencreme.http://www.youtube.com/watch?v=4MJVDW6zkks

mfG Reisender

Frank Böhmert Offline




Beiträge: 927

13.12.2011 09:58
#8 RE: Dreißig Jahre Güstrow Antworten

Zitat von Zettel
Der Unterschied zwischen Diktatur und demokratischem Rechtsstaat wird verwischt.


Nebenbei: Heute früh im RBB auf Radio Eins wurde in einem mehrminütigen Beitrag mit O-Tönen und ohne jede Relativierung an die Stasi-Inszenierung erinnert. Erfreulich.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

13.12.2011 12:30
#9 RE: Dreißig Jahre Güstrow Antworten

Zitat von Reisender
Ich hatte einen Bekannten (mittlerweile verstorben), der noch Wilhelm Pieck persönlich kannte. Er erzählte mir, dass er dafür kämpfe, dass es keine Kriege mehr gebe. Arbeiter seien nie auf der Gewinnerseite. Weiter solle es für alle ausreichend zu essen geben, eine Wohnung, Gesundheitsfürsorge, Bildung usw. Das ist erst einmal nichts Schlechtes.

Nein, das ist nichts Schlechtes, lieber Reisender. Es ist das, was ebenso alle demokatischen Parteien in der Bundesrepublik nach 1945 wollten und ja auch erreicht haben.

Sie haben es in einem demokratischen Rechtsstaat erreicht. Pieck aber war kein Demokrat und hielt augenscheinlich nichts vom Rechtsstaat. Er war wesentlich für die Zwangsvereinigung der SPD mit der KPD verantwortlich, in deren Gefolge zahllose demokratisch gesinnte Sozialdemokraten verhaftet, verurteilt, oft nach Sibirien verschleppt wurden. Er hat dann bis zu seinem Tod 1960 über alles das präsidiert, was in der DDR an Verfolgung Andersdenkender, an Willkür gegenüber der Bevölkerung, an Mißachtung der Menschenrechte stattfand.

Pieck war ein beinharter Altkommunist, der noch Lenin gekannt hatte, der in Moskau den Terror Stalins überlebt hatte und der als Mitglied der "Gruppe Ulbricht" mit dem Auftrag nach Deutschland entsandt wurde, dort die Politik Stalins durchzusetzen.

Zitat von Reisender
Die DDR hat nicht lange durchgehalten, weil sie sich an ihren Ansprüchen verhoben hat.

Das kann ich nicht sehen, lieber Reisender. Ansprüche gab es vielleicht anfangs; bald aber glaubte ja (soweit ich das beurteilen kann) kaum noch jemand an das Heilsversprechen des Kommunismus. Die Ansprüche der Nomenklatura waren, gut zu leben und seine Macht zu genießen; die Ánsprüche der Bevölkerung waren, nicht allzusehr schikaniert zu werden, irgendwie an die Konsumgüter zu kommen, die man haben wollte (von daher die "Solidarität", also das Netz von Beziehungen, auf das man angewiesen war) und im übrigen ein ruhiges Nischenleben zu führen.

So jedenfalls stellt es sich mir dar; vielleich korrigieren mich ja Sie und/oder andere, die gelernte DDR-Bürger sind.

Zitat von Reisender
Das nicht alle ehemaligen DDR-Bürger in der BRD zufrieden sein würden, war abzusehen. Ebenso, dass man nicht alle SED-Mitglieder sowie MfS-Mitarbeiter in der sibirischen Tundra zum Streichholzschnitzen verfrachten kann. Dass sie hier leben, mag für manchen ein Ärgernis sein, ein Problem für unser Land sind sie sicher nicht.

Mich hat sehr nachdenklich gemacht, was Gesine Lötzsch geschrieben und gesagt hat (siehe Gesine Lötzsch und die Wege zum Kommunismus; ZR vom 7. 1. 2011). Sie sieht Chancen für einen "zweiten Sozialismusversuch"; und ihre Ziele sind die des orthodoxen Kommunismus: Das Endziel soll die kommunistische Gesellschaft sein; die Zwischenetappe - sie beruft sich ausdrücklich auf Rosa Luxemburg - die Diktatur des Proletariats, "sozialistische Gesellschaft" genannt.

Das ist in dieser Partei virulent; vermutlich ist es die Mehrheitsmeinung. Nur sagen einige laut, einige sagen es leise, und einige sagen es gar nicht.

Herzlich, Zettel

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