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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 25 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.12.2011 06:23
Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Woher dieses große Interesse am "Fall" Wulff? Stecken Interessen hinter der Kampagne der Medien, insbesondere von "Bild"? Ein paar Überlegungen.

Juno Offline



Beiträge: 332

21.12.2011 08:09
#2 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Wohl wahr: BILD bringt diese Informationen, weil sie guter Boulevardstoff sind.

Die Frage ist aber, woher BILD die Informationen hat. Den Kredit von Geerkens an Wulff entdeckt man ja nicht einfach so im Zuge der Alltagsrecherchen. So etwas wird zugesteckt. Von wem und mit welcher Absicht - darüber lässt sich bislang nur spekulieren.

Friede Springer dürfte in einer solchen Sache eher eine Art Vetomacht haben. Wenn ihr (oder ihrer Freundin, der Bundeskanzlerin) die Berichterstattung völlig unerträglich erscheint, dann wird sie ihren Chefredakteuren das mitteilen. Und dann verzichten die eben auch mal auf eine lukrative Geschichte.

Dass diese Vetomacht zu Beginn nicht ausgeübt worden ist, ist bemerkenswert. Inzwischen hat die Sache eine Eigendynamik, die im Wettbewerb der Medien ohnehin nicht mehr zu stoppen ist.

Interessant bleibt: Wer hat die Information an BILD gespielt und warum hat es dort kein Veto gegen die Veröffentlichung gegeben, obwohl klar war, was sich daraus entwickeln würde?

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

21.12.2011 10:10
#3 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Zitat von Zettel
Woher dieses große Interesse am "Fall" Wulff? Stecken Interessen hinter der Kampagne der Medien, insbesondere von "Bild"? Ein paar Überlegungen.


Hat der Bundespräsident eigentlich schon das Gesetz zur Ausweitung (Hebelung) des EFSF unterschrieben?
Ich habe keine Bestätigung für eine Ausfertigung gefunden.

Viele Grüße, Erling Plaethe

grenzenlosnaiv Offline



Beiträge: 88

21.12.2011 10:26
#4 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Ich denke, die Bild ist (wie auch immer) eben an Informationen gelangt, die richtig aufbereitet eine gewisse Sprengkraft hatten und die man eben exklusiv hatte. Seitens der Bild mag man es wohl auch, wenn man oft zitiert wird und sich viele Medien auf die eigene Berichterstattung beziehen.
Gleichzeitig hatte ich immer den Eindruck, dass die Bild (wenn man sie mal als homogenes Gebilde nimmt) zwar Bettina Wulff interessant und vielleicht mögenswert, aber Christian Wulff nicht übermäßig aufregend fand. Dass man nun eine Kampagne gegen einen CDU-Mann fährt, der für die Kanzlerin wichtig ist, kann auch eine Reaktion darauf sein, dass man sich bei Guttenberg soweit aus dem Fenster lehnte und extrem parteiisch agierte. Dass die Bild mit der "Aufdeckung der Verfehlungen von Wulff" nun Glaubwürdigkeit jeneits der unteren Bildungsschichten wiedererlangt sieht man auch schon in Kommentaren in diesem Forum.
Meine Conclusio wäre also; die Bild ist hier reiner Gewinner und es wäre schlicht dumm gewesen, die Sache nicht so aufzuziehen, wie man es tat. Ob man nun die Kanzlerin oder sonstwen vor den Kopf stößt, kann nicht nur egal sein, nein, man zeigt auch wiedermal welche Macht man besitzt und das, wenn man Guttenberg trotz alles Bemühungen nicht im Amt halten konnte, man es dennoch schafft, jemandem zumindest stark zum Wackeln zu bringen. Vielleicht will man damit auch die Kanzlerin auf schröderischen Regierungskurs bringen, der eben wie Schröder selbst scherzhaft sagte, von der Meinungsmache der Bild abhing. Gerade im Hinblick auf die Eurokrise agiert Frau Merkel ja irgendwie nicht so, wie Bild das wohl will.

Mich tröstet bei der Sache nur, dass es mit Wulff wenigstens den Richtigen trifft, denn ich kann ihrer Überzeugung, lieber Zettel, dass sich Wulff nichts hat zuschulden kommen lassen, beim besten Willen nicht folgen. Auch wenn andere Kommentatoren hier keinerlei moralische Werte bei Politikern verlangen und den Bundespräsidenten eben zu jenen in einen Topf werfen, so tue ich das nicht und denke, dass ein politisches System, das nur noch solche Leute zutage und in Spitzenpositionen befördert, dringend sanierungsbedürftig ist.

Fritz ( gelöscht )
Beiträge:

21.12.2011 11:46
#5 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Verehrter Zettel,
ich gebe nachfolgend nur eine Meinung wieder, deren Richtigkeit ich nicht bestätigen kann:

Vor einigen Monaten lief im Fernsehen eine pol. Diskussion, u.a. mit Müller-Vogg und Jörges und da kam auch die Frage nach der angeblichen Freundschaft zwischen Merkel und Friede Springer auf.

Es wurde hier vehement widersprochen, da Merkel durch die Durchsetzung des Mindestlohnes bei Postbediensteten dem Springerverlag, der an einer solchen Postfirma beteiligt war, doch einen erheblichen Schaden zugefügt habe. Angeblich sei man im Hause Springer schon sauer.

Wie gesagt, alles nur aus dem Gedächtnis, mit den üblichen Lücken.

http://www.stern.de/politik/deutschland/...ger-605940.html

Gruß
Fritz

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

21.12.2011 11:56
#6 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Bei der Feier zum 60. Jahrestag des Bundesverfassunggerichts hatte der Bundespräsident Christian Wulff im Beisein von Bundeskanzlerin Angela Merkel angedeutet, wo die Schwerpunkte seiner Amtszeit liegen könnten.

Zitat von tagesschau
Er erkenne die Tendenz, mit den Vorgaben der Verfassung und der Europäischen Verträge "recht nonchalant umzugehen, um bestimmte Ziele zu erreichen". Diese Entwicklung bereite ihm Sorge.
Wulff wandte sich auch dagegen, wichtige Debatten externen Kommissionen - etwa Ethikkommissionen - zu überlassen oder Gesetzentwürfe von privaten Firmen ausarbeiten zu lassen. Er würdigte deswegen die Rechtsprechung des Gerichts, das immer wieder die Einbindung des Parlaments verlange.


Zu diesem Anlass schrieb auch die FAZ einen Artikel in dem sie bemerkte, dass die Kanzlerin über die Rede vom Bundespräsidenten "offenbar nicht sehr amüsiert(en)" gewesen sei und "noch während des Beifalls für Wulff ans Rednerpult schritt,…".
An diesem 28.09. hat die Beziehung zwischen Bundespräsidenten und Bundeskanzlerin vermutlich etwas gelitten.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Llarian Offline



Beiträge: 7.117

21.12.2011 12:08
#7 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Vielleicht, lieber Zettel, sollten Sie, bevor Sie den Splitter im Auge der anderen psychologisieren, auch einen Blick auf den Balken im eigenen nehmen. Ihre Erklärungen sind allesamt möglich, wenn auch sehr spekulativ und teilweise recht kompliziert. Die einfachste aller Erklärungen will Ihnen dabei so gar nicht ins Auge fallen: Es sind eben auch viele Menschen der Meinung, DASS es ein Skandal ist, DASS der Mann sich Vorteile verschafft hat und DASS das durchaus stinkt und das ein solcher Mann nicht Bundespräsident sein sollte.
Ihr ganzer Artikel basiert auf der (in meinen Augen falschen) Annahme, dass Wulff nichts vorzuwerfen wäre. Er ist aber eben nicht der tadellose Mann, als der er sich so gerne verkauft hat. Nur weil irgendwo Kettensägenmörder existieren heisst das ja nicht, dass es nicht auch kleinere Verstösse gibt. Die Bild Zeitung hat vor allem eines verstanden, und das kam auch durchaus schon in der Sarrazin Medienkampagne rüber, man ist nicht gut daran gegen den Willen der einfachen Bürger anzuschreiben. Und die emfinden das was Wulff getan hat eben nicht so nonchalant okay, wie Sie das tun. Den meisten Bürgern sind Machtbetrachtungen für den Bundesrat herzlich egal, die finden ein Bundespräsident (und wenigstens der), habe eine absolut weisse Weste zu haben.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.12.2011 12:36
#8 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Zitat von Llarian
Ihr ganzer Artikel basiert auf der (in meinen Augen falschen) Annahme, dass Wulff nichts vorzuwerfen wäre. Er ist aber eben nicht der tadellose Mann, als der er sich so gerne verkauft hat. Nur weil irgendwo Kettensägenmörder existieren heisst das ja nicht, dass es nicht auch kleinere Verstösse gibt.

Ja, kleinere Verstöße. "Stilfragen", hat Thomas de Maizière treffend gesagt.

Wulff ist nicht unbedingt immer der bescheiden-linkisch lächelnde Schwiegersohn-Typ, sondern er hat, wie wir jetzt erfahren haben, auch eine andere Seite: Er verkehrt gern dort, wo Luxus herrscht, und zwar derjenige der Neureichen. Er läßt sich von Freunden aus dieser Sphäre schon gern einmal etwas schenken oder gewähren. Wieweit dies auch auf den Einfluß seiner zweiten Frau zurückgeht, wird man schwer entscheiden können. Von der Hand zu weisen ist es nicht.

So what? Wir haben eben einen etwas anderen Präsidenten bekommen, als wir es uns gedacht hatten. Mehr sehe ich nach wie vor, lieber Llarian, nicht.

Zitat von Llarian
Die Bild Zeitung hat vor allem eines verstanden, und das kam auch durchaus schon in der Sarrazin Medienkampagne rüber, man ist nicht gut daran gegen den Willen der einfachen Bürger anzuschreiben. Und die emfinden das was Wulff getan hat eben nicht so nonchalant okay, wie Sie das tun.

Die einzige Umfrage, die ich dazu kenne, ist die für den "Stern". Die Überschrift auf der verlinkten Site ist irreführend. Tatsächlich hat sich für 63 Prozent der Befragten durch die "Affäre" am Ansehen Wulffs nichts geändert; nur 33 Prozent sehen eine Änderung. Für 2 Prozent ist Wulffs Ansehen gestiegen, für 31 Prozent ist es gesunken.

79 Prozent lehnen einen Rücktritt Wulffs ab; nur 13 Prozent befürworten ihn.

Bemerkenswerte Zahlen; vor allem angesichts der Medienkampagne und insbesondere des Engangements von "Bild" und der Öffentlich-Rechtlichen.

Herzlich, Zettel

Dagny Offline



Beiträge: 1.096

21.12.2011 12:42
#9 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Wulff, der nette Schwiegersohn von Nebenan hat ein echtes Problem. Er hat etwas getan, was nette Schwiegersöhne von Nebenan nicht machen: Sich mit dem Niedersachsen-Filz eingelassen. Von daher hat er sich eben doch etwas vorzuwerfen.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

21.12.2011 12:57
#10 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Zitat von Llarian
Vielleicht, lieber Zettel, sollten Sie, bevor Sie den Splitter im Auge der anderen psychologisieren, auch einen Blick auf den Balken im eigenen nehmen. Ihre Erklärungen sind allesamt möglich, wenn auch sehr spekulativ und teilweise recht kompliziert. Die einfachste aller Erklärungen will Ihnen dabei so gar nicht ins Auge fallen: Es sind eben auch viele Menschen der Meinung, DASS es ein Skandal ist, DASS der Mann sich Vorteile verschafft hat und DASS das durchaus stinkt und das ein solcher Mann nicht Bundespräsident sein sollte. (…)



Und nun wäre ja die Frage zu stellen: Denken die Menschen so, weil die BILD in dieser Weise über Christian Wulff schreibt? Oder schreibt die BILD in dieser Weise über Christian Wulff, weil viele Menschen so denken?

Ich halte mich in dieser Sache nicht an die BILD, sondern an die F.A.Z., die ja in einer einzigen Zeitung oft viele unterschiedliche Sichtweisen darstellt, sich aber immer den Grundsätzen des ordentlichen Journalismus verpflichtet sieht. Mir kommen bei der Lektüre der F.A.Z. genügend Zweifel an der Integrität des Christian Wulff in den Sinn. Die F.A.Z. schreibt heute:

Zitat von F.A.Z.
Der Unternehmer Egon Geerkens war an den Verhandlungen rund um den 500.000-Euro-Kredit für den damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff beteiligt. Das hat Wulffs Anwalt Gernot Lehr jetzt erstmals bestätigt, zugleich aber betont, dass Kreditgeber die Ehefrau Geerkens gewesen sei.



Jetzt ist es auch von Wulffs Anwalt bestätigt: Herr Wulff hat mit Herrn Geerkens über die Details des Kredits verhandelt. Wenn ich die ganze Angelegenheit mit dem gesunden Menschenverstand betrachte, ist es scheinbar ein Geschäft zwischen Geerkens und Wulff gewesen, bei dem Geerkens' Ehefrau als Strohfrau auftrat. Motto: »Lassen wir es über meine Frau laufen«. Natürlich ist es formaljuristisch kein Geschäft zwischen einem Geerkens-Unternehmen und Wulff gewesen. Insofern hat er den Landtag nicht belogen. Aber es war ein Geschäft zwischen der Familie Geerkens und Christian Wulff. Den Chef der Familie, Herrn Geerkens, kann man dabei wohl nicht völlig ausblenden ;-)

Ein Leserbriefschreiber in der F.A.Z. stellte übrigens gestern die Frage, wie es zu dem Kredit bei der BW-Bank kommen konnte. Ich kenne mich zu wenig mit dieser Bank und ihren Geschäften aus, vielleicht hat jemand die F.A.Z. von gestern gelesen und kann dazu etwas sagen.




PS: Übrigens war die Berichterstattung der F.A.Z. damals über den Fall zu Guttenberg prinzipiell sachlich und sie hat hier in Zettels kleinem Zimmer (soweit ich mich erinnere) keinen Widerspruch hervorgerufen. Also würde ich dieser Quelle auch im Fall Wulff trauen und der F.A.Z. keine Kampagne unterstellen.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

21.12.2011 13:08
#11 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Zitat von Zettel
79 Prozent lehnen einen Rücktritt Wulffs ab; nur 13 Prozent befürworten ihn.

Bemerkenswerte Zahlen; vor allem angesichts der Medienkampagne und insbesondere des Engangements von "Bild" und der Öffentlich-Rechtlichen.

Herzlich, Zettel



Lieber Zettel,

auch wenn ich Wulff noch nie so richtig respektieren konnte, gehöre ich trotzdem wohl zu den Wenigen, die der 'Skandal' nur am Rande interessiert, und zu den 79% die einen Rücktritt Wulff's ablehnen. Bei dem, was ich bisher gelesen habe frage ich mich - ähnlich Ihnen - lediglich, wieso wir in Deutschland solchen unglaublichen Eifer an den Tag legen, unseren Bundespräsidenten moralisch und letztlich politisch zu erledigen. Da fehlt mir eine klare Antwort.

Da die Medien (speziell die BILD) offensichtlich eine große Rolle spielen, habe ich mir auch schon die Frage gestellt, ob sich Wulff möglicherweise in der Vergangenheit mächtige Feinde gemacht hat. Da fällt mir, ohne dass ich irgendeine Beziehung zu der BILD herstellen kann, beispielsweise Herr Piech ein. Auch wenn die beiden bei der Porsche-Integration am gleichen Strang gezogen haben war Wulff wohl eher Dauerwidersacher von Piech. Diesem würde ich durchaus ein 'langes Gedächtnis' zutrauen. Ist das plausibel?

Gruß, Martin

C. Offline




Beiträge: 2.639

21.12.2011 14:35
#12 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Lieber Zettel,

Zitat von Zettel
Bemerkenswerte Zahlen; vor allem angesichts der Medienkampagne und insbesondere des Engangements von "Bild" und der Öffentlich-Rechtlichen.



Das hat vorerst nicht viel zu sagen. Wir erinnern uns:

Zitat von BILD
Die Redaktion von „Hart aber fair" hat das Institut Infratest Dimap beauftragt, herauszufinden, wie die Deutschen zu Guttenberg stehen.Ergebnis: 72 Prozent wollen, dass Guttenberg im Amt bleibt. Sogar 66 Prozent der SPD-Anhänger unter den Befragten waren dieser Ansicht.



Hinzu kommt, dass bald Weihnachten und der gemeine Deutsche milde gestimmt ist und sich nicht die Harmonie versauen lassen will. Es sieht ja nicht so rosig aus für die nächsten Jahre. Rücktrittsforderungen sind bei der Bevölkerung nicht sonderlich populär, aus der jahrelangen Erfahrung, dass selten was besseres nachkommt. Warum sich jetzt die Show der Bundesversammlung nochmal antun, das letzte Mal war peinlich genug.

Mir sind sowohl die Kampagne als auch der Bundespräsident zutiefst zuwider und ich weiß selbst nicht wo ich welche Maßstäbe anzusetzen habe. Bei aller Liebe zu Spitzfindigkeiten war die Antwort des Ministerpräsidenten Wulff zur Anfrage der Grünen nach dem heutigen Erkenntnisstand falsch. Es fehlt jetzt nur noch, dass Wulff einwirft, nicht er, sondern das Ehepaar Wulff habe den Vertrag unterzeichnet und die Grünen hätten lediglich nach ihm gefragt.
Eine private Kreditvergabe, bei der Zinsen gezahlt werden, ist eine geschäftliche Beziehung. Bei Geld hört die Freundschaft auf.

Gemessen an den eigenen Maßstäben, die er an andere anlegt, müsste Bundespräsident Wulff zurücktreten.
Ein Beispiel von vielen:"Ich glaube, dass jetzt der Vorstand der Deutschen Bundesbank schon einiges tun kann, damit die Diskussion Deutschland nicht schadet - vor allem auch international".
Anna Reimann hat bei SpOn die schönsten Zeigefinger Wulffs zusammengestellt.

Wer sich so weit zum Fenster hinaus lehnt, setzt Maßstäbe, die auch auf ihn angewandt werden müssen, gerade in seiner Funktion als Bundespräsident. Das hat mit Kampagne nichts zu tun, sondern mit Einsicht.

Über die Art und Weise wie BILD den Vorschlaghammer schwingt, mache ich mir seit Tagen Gedanken. Wenn etwas für Wulff spricht sind es solche verbalen Ausfälle:

Zitat von Franz-Josef Wagner
Gehen Sie in sich. Hoffen Sie nicht, dass Ihre Kreditaffäre in den Archiven verschwindet. Lassen Sie die Hosen runter, stellen Sie sich vor die Presse. Sagen Sie uns, wer Sie sind.



Das ist vernichtend, weil es ein Bild des Bundespräsidenten mit heruntergelassener Hose vor seinem hübschen Häuschen vermittelt. da braucht gar nicht über die Würde des Amtes diskutiert werden, hier geht es um Menschenwürde. Mein Mitleid hat aber schlagartig nachgelassen, nachdem Wulffens Fürsprecher Position bezogen haben, die ihm unter Auflagen ihre eingeschränkte solidarität zusichern, solange er sich in wesentlichen FGragen konform verhält. Dann lieber gar keinen Bundespräsidenten als einen dem die Haltung aufgezwungen wird.

Zur BILD-Kampagne selbst habe ich eine banale Erklärung. Man wollte dem Spiegel eine lange Nase machen, nach dem dieser sich bis zum Bundesgerichtshof abgerackert hat um einen Blick ins Grundbuch zu erhaschen. Aber das sind mehr Spielchen für Insider. Um wirklich kommerziell mit so etwas erfolg zu haben, muss bILD noch ein paar Schippen drauflegen. Denn im Gegensatz zu den "wir sind 1%" Zeit-Lesern, haben die 99% andere Sorgen:


1. Nordkorea-Schock Kim lässt Truppen aufmarschieren
2. Brustkrebs-Tod Der lange Kampf der Miss Venezuela
3. Popo-Alarm in Uruguay Wem gehört denn diese Spielerfrau?
4. Pervers! Studentin zerquetscht Mäuse für Geld
5. Johnny Depp vor die Tür gesetzt

http://iceagenow.info

Florian Offline



Beiträge: 3.171

21.12.2011 17:49
#13 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Lieber Zettel,

Ihre Beurteilung zur Lage in der Bundesversammlung teile ich nicht.

Ich sehe das so:

1.a) Schwarz-Gelb hat in der Bundesversammlung weiterhin eine (wenn auch ganz knappe) absolute Mehrheit.
1.b). Auf die absolute Mehrheit kommt es aber gar nicht an. Es reicht im Dritten Wahlgang die relative Mehrheit. Und die scheint mir ungefährdet.
Denn dass sich alle anderen Parteien auf einen gemeinsamen Gegenkandidaten zum Kandidaten von Schwarz-Gelb einigen, erscheint kaum vorstellbar.
Herr Gauck zum Beispiel war zwar im bürgerlichen Lager sehr populär, wurde aber (aus nachvollziehbaren Gründen) von der Linkspartei abgelehnt.
2010 war das Ergebnis im Dritten Wahlgang wie folgt:
Wulff 625 Stimmen
Gauck 494 Stimmen
Enthaltung, Ungültig: 125 Stimmen
Seither sind ca. 21 Stimmen von Schwarz-Gelb zur Opposition gewandert. Auch mit 21 Stimmen weniger (und 21 Stimmen zusätzlich für Gauck) hätte Wulff allerdings die relative Mehrheit gehabt.

2. Nachdem Schwarz-Gelb faktisch eine eigene Mehrheit hat, würde Merkel eine solche auch anstreben. D.h. die Union wird wieder einen eigenen Kandidaten aufstellen, der für die FDP auch wählbar sein wird.
Union und FDP werden den Teufel tun, ihre Koalition an der BP-Frage scheitern zu lassen.
a) Für die FDP wäre das der Selbstmord. Ein Koalitionsende wegen einer kontroversen Sachfrage wie z.B. der Euro-Rettung hätte der FDP ggf. sogar Chancen eröffnet. Aber ein Koalitionsende wegen einer so läppischen Personalie würde sie doch nur noch lächerlich aussehen lassen.
b) Und die Union weiß, dass ein Koalitionende keinesfalls dazu führen wird, dass die SPD für 2 Jahre als Juniorpartner einer großen Koalition einspringt. Die SPD wird Neuwahlen anstreben. Und dass wäre nach derzeitigem Stand das Ende der Kanzlerschaft Merkels.

Fazit:
Sollte Wulff zurücktreten, wird Schwarz-Gelb erneut einen eigenen Kandidaten aufstellen und diesen auch durchbringen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.12.2011 18:12
#14 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Zitat von Florian
Fazit: Sollte Wulff zurücktreten, wird Schwarz-Gelb erneut einen eigenen Kandidaten aufstellen und diesen auch durchbringen.

Vielleicht haben Sie Recht, lieber Florian.

Mir ist allerdings bewußt, daß - so habe ich es glaube ich geschrieben - Bundesversammlungen ihre eigene Dynamik haben. In der Einsamkeit der Wahlkabine kommen offenbar manchen die seltsamsten Gedanken.

Was würden Sie zum Beispiel von diesem Gedanken eines fiktiven FDP-Abgeordneten halten: Wenn sie weiter in dieser Koalition bleibt, dann ist die FDP verloren. Retten kann sie allein eine Große Koalition, die es ihr ermöglichen würde, sich in der Opposition zu profilieren, so wie vor 2009. Nur so kann 2013 der Wiedereinzug in den Bundestag gelingen.

Die FDP hat schon zweimal eine Koalition während der laufenden Legislaturperiode verlassen: im Oktober 1966, als sie die Koalition mit Ludwig Erhards Union aufkündigte (der "Ministerflügel" klebte damals an den Sesseln) und im September 1982, als die Minister der FDP das Kabinett Schmidt verließen. Warum nicht ein drittes Mal?

Und könnte der Anstoß zu einer solchen Entwicklung nicht das Scheitern eines Präsidentenkandidaten der schwarzgelben Koalition sein? Könnte sich jener fiktive FDP-Abgeordnete denken. Ähnlich könnten fiktive Unionsabgeordnete denken, die eine Große Koalition anstreben.

Herzlich, Zettel

Florian Offline



Beiträge: 3.171

21.12.2011 20:49
#15 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Lieber Zettel,

richtig, wir können nicht wissen, was passiert.
Und womöglich sehe ich das auch alles falsch.

Jedoch 3 Anmerkungen:

- Die beiden historischen SPD-Beispiele hatten gemein, dass die FDP jeweils eine klare zukünftige Machtperspektive hatte. Die hat sie diesmal nicht, wenn sie die Koalition mit der Union beendet.

- Es sind durchaus Konstellationen vorstellbar, in denen ein Koalitionsbruch der FDP das Überleben sichert. Und zwar dann, wenn die FDP aus der Koalition aussteigt, weil sie ihre Prinzipien verteidigen will. Wenn also z.B. die Union sich Steuersenkungen verweigert.
Auch wenn die FDP sich dem Euro-Rettungsschirm verweigert hätte, hätte sie durch einen Koalitionsbruch bei manchem Wähler punkten können.
Aber ein Scheitern der Koalition, weil man sich - trotz eigener Mehrheit in der Bundesversammlung - nicht auf einen Schwarz-Gelben Konsenskandidaten als Bundespräsident einigen kann? Mit so einem Pippifax hätte die FDP wohl kaum geeignete Wahlkampfmunition. "Wählt die FDP weil Merkel gemein zu uns war und nicht Wolfgang Gerhart zum Bundespräsidenten machen wollte": Klingt nicht gerade nach einem Wahlkampf-Hit.

- Ein Unions-Abgeordneter, der eine Große Koalition will weiß doch auch, dass es diese - wenn überhaupt - erst nach Neuwahlen geben wird. Als Juniorpartner einer Kanzlerin Merkel wird die SPD knapp 2 Jahre vor der nächsten Wahl ganz sicher nicht einsteigen.
Aber dafür braucht die Union erst einmal wieder bessere Umfragewerte. In der aktuellen Situation wäre es für die Union wahrlich nicht klug, Neuwahlen anzustreben.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

21.12.2011 20:53
#16 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Zitat von Florian
Lieber Zettel,

richtig, wir können nicht wissen, was passiert.
Und womöglich sehe ich das auch alles falsch.

Jedoch 3 Anmerkungen:

- Die beiden historischen SPD-Beispiele hatten gemein, dass die FDP jeweils eine klare zukünftige Machtperspektive hatte. Die hat sie diesmal nicht, wenn sie die Koalition mit der Union beendet.

- Es sind durchaus Konstellationen vorstellbar, in denen ein Koalitionsbruch der FDP das Überleben sichert. Und zwar dann, wenn die FDP aus der Koalition aussteigt, weil sie ihre Prinzipien verteidigen will. Wenn also z.B. die Union sich Steuersenkungen verweigert.
Auch wenn die FDP sich dem Euro-Rettungsschirm verweigert hätte, hätte sie durch einen Koalitionsbruch bei manchem Wähler punkten können.
Aber ein Scheitern der Koalition, weil man sich - trotz eigener Mehrheit in der Bundesversammlung - nicht auf einen Schwarz-Gelben Konsenskandidaten als Bundespräsident einigen kann? Mit so einem Pippifax hätte die FDP wohl kaum geeignete Wahlkampfmunition. "Wählt die FDP weil Merkel gemein zu uns war und nicht Wolfgang Gerhart zum Bundespräsidenten machen wollte": Klingt nicht gerade nach einem Wahlkampf-Hit.

- Ein Unions-Abgeordneter, der eine Große Koalition will weiß doch auch, dass es diese - wenn überhaupt - erst nach Neuwahlen geben wird. Als Juniorpartner einer Kanzlerin Merkel wird die SPD knapp 2 Jahre vor der nächsten Wahl ganz sicher nicht einsteigen.
Aber dafür braucht die Union erst einmal wieder bessere Umfragewerte. In der aktuellen Situation wäre es für die Union wahrlich nicht klug, Neuwahlen anzustreben.



War es denn klug, bei der Wahl von Christian Wulff drei Wahlgänge zu benötigen? In den ersten beiden Wahlgängen haben sich viele [geändert: etliche] CDU-Wahlleute offensichtlich gegen die Interessen der eigenen Partei entschieden. Die FDP hatte ja die Fronten geklärt: bis auf wenige offene »Dissidenten«, die für Joachim Gauck waren, haben alle anderen erklärt, Christian Wulff zu wählen.

Juno Offline



Beiträge: 332

21.12.2011 21:39
#17 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Der neue Stern bringt eine Chronologie, die einiges Licht auf das Geschehen wirft. Es gibt wohl weder eine machtpolitische Intrige noch eine irgendwie geplante "Kampagne" der Medien gegen Wulff - sondern nur eine bereits seit zwei Jahren laufende Dauerrecherche verschiedener Medien. Diese versuchen jetzt, da das entscheidende Detail gefunden ist, einander im Konkurrenzkampf zu übertrumpfen. Das Timing ist purer dummer Zufall. (Meinen obigen Post nehme ich deshalb zurück ).

Vor zwei Jahren tauchte in Hannover das Gerücht auf, Wulff habe sein neues Haus vom Drückerkönig Maschmeyer finanzieren lassen. Journalisten versuchten seither, die Finanzierung mit Hilfe der Grundbuchangaben zu rekonstruieren. Nach zahlreichen juristischen Winkelzügen und Hakenschlägen erhielt der Stern schließlich Anfang Dezember Einsicht in den Wulffschen Darlehensvertrag. Damit war das Privatgeschäft Wulff/Geerkens nicht mehr vor der Öffentlichkeit geheimzuhalten - und der Wettlauf der Medien begann. BILD kam dem Stern (dank welcher Informationen auch immer) mit der Veröffentlichung nur zuvor.

Dass am Anfang dieser Recherche ein Maschmeyer-Verdacht stand, dürfte zum Teil erklären, weshalb hier so aggressiv recherchiert und nachgefasst wurde. Maschmeyer ist, wie man höflich sagt, eine "schillernde Figur". Ihm wird vielfach vorgeworfen, seine Millionen damit gemacht zu haben, kleinen Leuten unnütze Finanzverträge anzudrehen. Er hatte schon viele Konflikte mit den Medien, zuletzt einen großen um ein NDR-Porträt. Ein Herr Geerkens mag als väterlicher enger Freund der Familie Wulff akzeptiert werden - Maschmeyers Verhältnis zu Wulff (wie zuvor auch schon zu Schröder) steht im starken Verdacht, rein instrumentellen Charakter zu haben. Man erfährt dieser Tage ja auch viel darüber.

Der Geerkens-Kredit und das "Socializing" mit dem Drückerkönig sind separate Sachverhalte und würden je für sich vielleicht nur ein irritiertes Stirnrunzeln auslösen. Die Kombination von beidem ist aber toxisch.

Das einzige, was Wulff noch hätte schützen können, wäre der viel zitierte "Respekt vor dem Amt" gewesen. Stern-Mann Jörges klagt in seiner Kolumne vehement darüber, dass dieser Respekt fehle und nennt verschiedene Leistungen Wulffs. Allerdings darf man sich da schon fragen, wie denn der Stern berichtet hätte, wenn ihm die BILD nicht den "Scoop" weggeschnappt hätte.

Über die Gründe für diesen Respektverlust können wahrscheinlich mal Bücher geschrieben werden. Womöglich hat sich die ursprüngliche Idee eines väterlichen "Ersatzmonarchen" einfach überlebt, das Amt hat keine starke Verfassungsautorität aus sich heraus, sondern muss vom Amtsinhaber und der politischen Klasse immer erst mit Autorität gefüllt werden. Ein Präsident, der mit Maschmeyers dicke tut, macht es sich da schon selbst schwer.

Und eine Bundeskanzlerin, die zweimal hintereinander im Überrumpelungsverfahren einen Kandidaten aus dem Hut zauberte, der erkennbar vor allem ihren eigenen Machtinteressen dienen sollte, ist auch nicht hilfreich.

uniquolol Offline




Beiträge: 254

21.12.2011 23:54
#18 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

@Llarian:
"...Die einfachste aller Erklärungen will Ihnen dabei so gar nicht ins Auge fallen..."

Danke für den Einsatz von "Occam’s Razor". Dieser war schon seit langem überfällig...

Calimero Offline




Beiträge: 3.280

22.12.2011 13:13
#19 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Zitat von Zettel
Die einzige Umfrage, die ich dazu kenne, ist die für den "Stern". (...) Tatsächlich hat sich für 63 Prozent der Befragten durch die "Affäre" am Ansehen Wulffs nichts geändert; (...)


So gesehen kann ich mich den 63 Prozent anschließen, was allerdings nicht bedeutet, dass dieses Ansehen zwangsläufig ein gutes gewesen sein muss.

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"Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande" - De civitate dei, IV, 4, 1. Übers.: Papst Benedikt XVI, Rede vor dem Deutschen Bundestag am 22. September 2011

notquite Offline



Beiträge: 506

22.12.2011 15:07
#20 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Ich muss zugeben, dass ich Ihre Verteidungstrategie, die im Grunde auf ein "Move on! Nothing to see here!" hinausläuft, schon lange extrem wohlwollend und realitätsfremd gefunden habe. Es gibt nun aber über das bereits Bekannte hinaus eine weitere Entwicklung, nach der die Frage ernsthaft gestellt werden muss, wie Wulff diese Affäre noch überleben soll:

Zitat
Hamburg - Bundespräsident Christian Wulff hat bei der Finanzierung seines Privathauses bei Hannover von besonders günstigen Konditionen profitiert. Als er Anfang 2010 einen Kredit für sein Haus bei der BW-Bank aufnahm, kam ihm das Geldinstitut sehr weit entgegen. Nach Informationen des SPIEGEL schloss Wulff mit der BW-Bank keinen normalen Immobilienkredit ab, sondern ein komplexes Finanzkonstrukt, um die 500.000 Euro aus dem Hause des Unternehmer-Ehepaars Geerkens zurückzahlen zu können.



Durch dieses Konstrukt konnte Wulff sich zu einem Zinssatz refinanzieren, der etwa die Hälfte des "normalen" Zinssatzes für eine Immobilienfinanzierung betragen hat.

http://www.spiegel.de/politik/deutschlan...,805228,00.html

Man kann das sicher fein ziseliert und differenziert beurteilen, aber die erste Reaktion angesichts derart kleinbürgerlichen, jämmerlichen Verhaltens eines Elite-Politikers ist doch der nackte Ekel.


Edit to add: Die BW Bank ist eine Tochter der Landesbank Baden-Württemberg. Diese wiederum ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts, zu über 90 % getragen vom Sparkassenverband Baden-Württemberg, dem Land Baden-Würtemberg und der Statt Stuttgart (Stand Mai 2009, entommen aus dem Wikipedia-Artikel). Kurz gesagt, eine politischere Bank wird sich schwerlich finden lassen. Und Wulff fand nichts dabei, sich von der öffentlichen Hand um 10.000 Euro im Jahr finanziell entlasten zu lassen in einem Deal, der normalerweise nur gehobenenen Privatkunden angeboten wird (das darf man doch wohl lesen als "mittlere siebenstellige Einlagesumme aufwärts). Es wird hier ja gerne - immer noch - darauf hingewiesen, dass Wulff juristisch nichts vorzuwerfen wäre. Ich finde das speziell bei diesem Geschäft äußerst zweifelhaft. Aber selbst wenn es juristisch sauber sein sollte, stellt sich doch die Frage nach der moralischen Konstitution unseres Bundespräsidenten. So etwas tut man nicht, period. Tut man es doch, hat man das Recht auf große moralische Reden verwirkt. Im Kern seines politischen Amtes ist Wulff nicht mehr tragbar. Man kann nur hoffen, dass er nicht so autistisch ist (der Verdacht liegt bei der Vorgeschichte ja nun nahe), dies nicht zu sehen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

22.12.2011 15:14
#21 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Zitat von notquite
Man kann das sicher fein ziseliert und differenziert beurteilen, aber die erste Reaktion angesichts derart kleinbürgerlichen, jämmerlichen Verhaltens eines Elite-Politikers ist doch der nackte Ekel.

Ihre viszeralen Reaktionen sind Ihnen unbenommen. Ich fürchte nur, daß sie uns mitzuteilen die Diskussion in diesem Forum nicht sehr voranbringt.

Herzlich, Zettel

Llarian Offline



Beiträge: 7.117

22.12.2011 16:23
#22 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Zitat von Zettel
Ja, kleinere Verstöße. "Stilfragen", hat Thomas de Maizière treffend gesagt.


Ich halte Vorteilsnahme nicht für eine Stilfrage. Es ist sicher nicht vergleichbar mit einem ehemaligen Verkehrsminister, der die Ermordung seiner Ehefrau beauftragt hat, aber ein Verstoss ist es schon. Und ein Bundespräsident muss (eigentlich) über solche Verstösse erhaben sein. Wie schon bemerkt: Er ist damit nicht nur kein Vorbild.

Zitat
Er verkehrt gern dort, wo Luxus herrscht, und zwar derjenige der Neureichen.


Er kann verkehren wo er will, ich werfe Wowereit auch nicht vor, dass er wohl kaum eine Party auslässt. Was man ihm vorwerfen kann, ist, dass er es an Distanz hat fehlen lassen, wo Distanz unbedingt notwendig gewesen wäre. Und dann versucht hat diesen Umstand zu verschleiern.

Zitat
Die einzige Umfrage, die ich dazu kenne, ist die für den "Stern". Die Überschrift auf der verlinkten Site ist irreführend. Tatsächlich hat sich für 63 Prozent der Befragten durch die "Affäre" am Ansehen Wulffs nichts geändert; nur 33 Prozent sehen eine Änderung. Für 2 Prozent ist Wulffs Ansehen gestiegen, für 31 Prozent ist es gesunken.


Da greife ich das auf, was Calimero gerade schrieb, ich gehöre auch zu den 63 Prozent weil ich ihn schon vorher für ne Niete gehalten habe. Ich bin ja auch der Meinung, dass es nicht wirklich wichtig ist, ob er zurücktritt, weil der Schaden schon angerichtet ist und danach mit Mutti im Amt kaum was besseres kommen wird. Bei Welt online ist nebenbei eine Umfrage, die ihn mehrheitlich zurücktreten sehen will und das Bild hier im Forum ist zumindest auch sehr geteilt.

C. Offline




Beiträge: 2.639

22.12.2011 16:59
#23 RE: Zitat des Tages: Der Meistkommentierte Antworten

Zitat von Llarian
Ich bin ja auch der Meinung, dass es nicht wirklich wichtig ist, ob er zurücktritt, weil der Schaden schon angerichtet ist und danach mit Mutti im Amt kaum was besseres kommen wird. Bei Welt online ist nebenbei eine Umfrage, die ihn mehrheitlich zurücktreten sehen will und das Bild hier im Forum ist zumindest auch sehr geteilt.



Zettel hatte Guttenberg wiederholt als Tartuffe bezeichnet, zu Wulff fehlt mir dazu keine Steigerung ein. Wenn es seine Chefin für taktisch richtig hält, dass er bleibt, meinetwegen. Ich kann es eh nicht ändern. Aber er sollte bitte keine großen und auch keine kleinen Reden mehr schwingen, mein Bedarf ist gedeckt.

http://iceagenow.info

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

22.12.2011 18:05
#24 Tartuffe? Antworten

Zitat von C.
Zettel hatte Guttenberg wiederholt als Tartuffe bezeichnet, zu Wulff fehlt mir dazu keine Steigerung ein.

Meinst du, dear C., daß Wulff sich so etwas leisten würde wie die Kelkheimer Rede? Glaubst du, daß er so dreist lügt wie Guttenberg?

Ich sehe zwischen den beiden "Affären" kaum eine Ähnlichkeit. Guttenberg hat gefälscht und dann diese Show abgezogen, in der er das theatralisch geleugnet hat (erinnerst du dich an die toten Soldaten in Afghanistan, die er in seiner Rücktrittsrede in Anspruch nahm?).

Das meinte ich mit dem Tartuffe-Vergleich. Der Betrüger geriert sich als Ehrenmann; eines seiner Lieblingswörter in diesen Wochen war "Herz".

Dergleichen sehe ich bei Wulff überhaupt nicht. Erstens hat er nicht betrogen, sondern - soweit bisher bekannt - sich im Rahmen der Gesetze bewegt. Zweitens hat er sich bisher ausgesprochen zurückhaltend benommen und keine Spur von einer solchen Show veranstaltet wie Guttenberg damals.

Herzlich, Zettel

DrNick Offline




Beiträge: 809

22.12.2011 20:48
#25 RE: Tartuffe? Antworten

Zitat von Zettel
Ich sehe zwischen den beiden "Affären" kaum eine Ähnlichkeit.



Zwischen den ursprünglichen Vorwürfen besteht in der Tat kaum eine Ähnlichkeit; mir scheint sich aber eine große Ähnlichkeit im Affärenmanagement zu zeigen. Wulff macht momentan ziemlich genau den Fehler, den auch Guttenberg damals begangen hat: er reagiert völlig ad hoc auf die jeweiligen Vorwürfe und Vorschläge der Presse und der Opposition. Er ist nicht mehr Herr der Dinge, sondern ein Getriebener und verliert damit eine Eigenschaft, über die man als Bundespräsident eigentlich verfügen sollte, nämlich Souveränität (gleich in mehreren Bedeutung des Wortes).

Wulff hätte aus meiner Sicht genau zwei Möglichkeiten gehabt, mit den Vorwürfen souverän umzugehen. Er hätte

a) schweigen und die Sache seinen Anwälten übergeben können (so ungefähr ist ja Johannes Rau mit der WestLB-Geschichte umgegangen), und er hätte

b) von Anfang an in die Offensive gehen können, indem er mehr Informationen preisgibt, als gerade ohnehin schon bekannt sind.

Stattdessen hat er sich für die auch taktisch äußerst unkluge Salamitaktik entschieden: Was in der Presse berichtet wird, das wird eingeräumt; wenn Trittin fordert, Wulff müsse seine Erklärung gegenüber dem niedersächsischen Landtag bedauern, dann macht Wulff das gleich am nächsten Tag; wenn Gabriel eine persönliche Erklärung Wulffs fordert, dann kommt die noch am selben Tag.

Und die Verteidigung, zu der Wulff heute gegriffen hat, war dann noch mal die forcierte Salamitaktik. Nachdem Wulffs Sprecher geht (oder gegangen worden ist), wird ein persönliche Erklärung angekündigt, in der Wulff aber nichts sagt, was er nicht bereits gesagt hätte, und in der er sich noch nicht einmal die Mühe macht, auf alle Vorwürfe einzugehen, die heute tatsächlich im Raum stehen. Er erweckt den Eindruck, als gehe es nach wie vor nur um den "Privatkredit" des Ehepaars Geerkens. Dabei geht es inzwischen ja auch um die Frage, wie Wulff eigentlich an den recht vorteilhaften Geldmarktkredit der BW-Bank gekommen ist und wieso Herr Maschmeyer (ohne mit seinem Freund Wulff darüber zu sprechen) fast 50.000 Euro ausgibt, um Werbung für Wulffs Buch zu machen. (Als Maschmeyer Zeitungsanzeigen für Schröder geschaltet hat, fand das Wulff noch skandalös.)

Wenn ich Wulff jemals für einen guten Politiker gehalten hätte, dann müßte ich angesichts seiner Leistung in den letzten Tagen meine Meinung jetzt definitiv ändern.

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