Mein Weihnachtswunsch an die Leser von ZR gilt ganz besonders auch den "Zimmerleuten" - denen, die durch ihre Beiträge hier im kleinen Zimmer nicht nur die Anregungen aus ZR aufgreifen und vertiefen (und, wie anders, auch kritisieren und ihnen widersprechen), sondern die oft auch ihrerseits mit ihren Gedanken, mit Hinweisen und Links Beiträge in ZR anregen.
Lieber Zettel, auch Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und vielenDank für ein Jahr tiefgründige und anregende Information. Dieser Blog ist einer der besten, die ich kenne.
Auch von mir allen Zimmerleuten sowie dem Hausherrn ein gesegnetes Weihnachtsfest. Der Friede des Mensch gewordenen Herrn sei mit Euch!
Gruß Petz
PS: Ich revanchiere mich für Zettels wunderschönes Mosaik mit einem Bild des meiner Ansicht nach größten, rätselhaftesten und tiefgründigsten Genies, das je einen Pinsel in die Hand genommen hat!
"The problem with quotes from the Internet is that it is difficult to determine whether or not they are genuine" - Abraham Lincoln
Zitat von Meister Petz... Zettels wunderschönes Mosaik ...
Zweimaliges Klicken auf das Bild liefert eine Großansicht, in der man alle Details erkennen kann.
Einiges meine ich zu verstehen, anderes nicht.
Die, sagen wir, Grundelemente einer Krippenszene gab es auch damals schon, vor einem Jahrtausend: In der Mitte natürlich Maria mit dem Kind; an der Krippe Ochs und Esel. Links unten Josef, auch er mit einem Heiligenschein. Links oben die Engel, dann die Weisen aus dem Morgenland. Rechts oben wiederum Engel; darunter die redlichen Hirten.
Aber vieles ist mir unklar:
Die meisten Engel tragen ein eigenartiges weißes Zeichen in ihrer Aureole; es sieht fast aus, als ragten ihnen Antennen aus den Ohren.
Der Engel rechts oben trägt einen langen Stab und wendet sich ab.
Die Weisen aus dem Morgenland tragen eigenartige Kappen; interessanterweise ist keiner von ihnen ein Schwarzer.
Josef sitzt nicht nur in der Ecke, sondern hat sich ebenfalls abgewandt, in der Haltung von "Ich saz ûf eime steine".
Maria sitzt auf einem eigenartigen Gebilde (eine Art Sessel? ein Tuch?), das oben und unten mit je drei gebogenen Streifen verziert ist.
Maria und das Jesuskind befinden sich in einer Art Höhle (?) mit einem seltsamen Zackenrand.
Wie im Mittelalter üblich, werden die Figuren in unterschiedlicher Größe dargestellt, je nach ihrer Bedeutung. Wer aber sind die kleinen Figuren an dem Becken, das wie ein Taufbecken aussieht? Es scheinen zwei Frauen zu sein; eine gießt aus einer Amphore eine Flüssigkeit in das Becken. Das nackte Kind trägt eine Aureole. Ist es Jesus? Aber der wurde doch als Kind nicht getauft! Oder soll er gewaschen werden?
Dann ist da die Schrift unterhalb des STELLA PARIT SOLEM ROSA FLOREM FORMA DECOREM. Ich kann sie erst dann gut lesen, wenn ich den Bildschirm auf maximale Helligkeit und starken Kontrast einstelle.
Die Inschrift scheint mir in griechischen Lettern zu sein, nämlich ΗΧΥ ΓΕΝΝΙΣΙΣ. Allerdings sieht das Y eher wie ein V aus, und das Sigma wie ein C (ist aber vielleicht ein kleines Sigma). Könnte ΓΕΝΝΙΣΙΣ = γένεσις sein?
Was die drei Könige angeht: Dass keiner von ihnen ein Schwarzer ist, liegt daran, dass die Könige zu der Zeit nicht als Vertreter der Kontinente, sondern der drei Lebensalter dargestellt wurden (sieht man hier, ein jugendlicher, ein Mann mittleren Alters und ein älterer), Quelle hier:
Zitat Later Byzantine images often show small pill-box like hats, whose significance is disputed. They are usually shown as the same age until about this period, but then the idea of depicting the three ages of man is introduced
Zitat von ZettelDie Inschrift scheint mir in griechischen Lettern zu sein, nämlich ΗΧΥ ΓΕΝΝΙΣΙΣ. Allerdings sieht das Y eher wie ein V aus, und das Sigma wie ein C (ist aber vielleicht ein kleines Sigma). Könnte ΓΕΝΝΙΣΙΣ = γένεσις sein?
Man kann sich im russischen Wikipedia-Artikel zur Cappella Palatina eine ganze Menge weiterer Bilder anschauen, und das Sigma wird dort tatsächlich immer wie ein "C" geschrieben. Fragt sich nur, was es mit dem doppelten Ny und der Ersetzung des Epsilons durch ein Iota auf sich hat. Mein Wörterbuch führt auch noch γέννησις auf, so daß man nur noch das Iota/Eta erklären müßte.
Dann bleibt allerdings noch das Eta-Chi-Ypsilon (?), auf das ich mir gar keinen Reim machen kann. Oder ist mein Griechisch so eingerostet, daß ich etwas Offensichtliches übersehe?
Ich habe mir gerade noch einmal ein paar Bilder angeschaut. Auf diesem Bild sieht man Paulus, und der Name wird in seiner griechischen Form geschrieben. Dabei kann man gut erkennen, daß das Ypsilon tatsächlich wie ein "V" geschrieben wird.
Zitat von ZettelMaria und das Jesuskind befinden sich in einer Art Höhle (?) mit einem seltsamen Zackenrand.
Hier scheint es sich um eine Überlieferung aus dem 2. Jh. zu handeln, wonach Christus in einer Höhle geboren wurde.
Von einem Stall ist auf dem Bild, sieht man von Ochs und Esel ab, in der Tat ja wenig zu sehen. Die Krippe ist keine Futterkrippe, sondern ähnelt eher einem mit Ornamenten geschmückten Kinderbettchen.
Vermutlich hat jede Einzelheit des Mosaiks ihre ikonographische Bedeutung. Und so, wie ich dieses Forum kenne, werden wir das gemeinsam gar bald herausfinden. Meister Petz und DrNick haben ja schon ausgezeichnete Arbeit geleistet.
Zitat von ZettelVermutlich hat jede Einzelheit des Mosaiks ihre ikonographische Bedeutung. Und so, wie ich dieses Forum kenne, werden wir das gemeinsam gar bald herausfinden.
Glaube ich auch, ich kann nämlich ein weiteres Mosaiksteinchen beitragen. Die "Taufe" ist gar keine, hier im Kommentar zu einer anderen Ikone:
Zitat Zu sehen ist oft am unteren Bildrand der Weihnachtsikone, wie das neugeborene Kind von Hebamme und Magd in einer Art Taufbecken gewaschen wird.
Zitat von Meister Petz Die "Taufe" ist gar keine, hier im Kommentar zu einer anderen Ikone:
Zitat Zu sehen ist oft am unteren Bildrand der Weihnachtsikone, wie das neugeborene Kind von Hebamme und Magd in einer Art Taufbecken gewaschen wird.
Dazu zwei weitere Fragen: Das Kind sieht ja gar nicht wie ein Neugeborenes aus - nicht in den Proportionen des Körpers, nicht in der Haltung (es sitzt munter da wie ein Erwachsener) und dem skeptischen Blick. Haare hat es auch schon, eine Art Napoleon-Locke. Was mag das zu bedeuten haben?
Seltsam auch diese Wickeltücher beim Kind in der Krippe, die fast an eine Mumie erinnern.
Zitat von ZettelSeltsam auch diese Wickeltücher beim Kind in der Krippe, die fast an eine Mumie erinnern.
Das kann ich als süddeutscher Katholik beantworten, das Fatschenkindl ist bei uns auch sehr häufig.
Warum das Kind als Heranwachsendes dargestellt wird, ich denke, die Antwort könnte sein, dass Jesus früher häufig als "dem normalen Menschen überlegen" dargestellt wird. Man denke an die erhabenen romanischen Kreuzigungen, wo jesus erhaben und aufrecht mit Königskrone auf dem Haupt ohne einen sichtbaren Blustropfen dargestellt wird, z. B hier: http://www.flickr.com/photos/zadignose/37845503/ . Das menschliche Leiden wurde erst später in den Mittelpunkt gestellt.
Gruß Petz
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Zitat von ZettelVermutlich hat jede Einzelheit des Mosaiks ihre ikonographische Bedeutung. Und so, wie ich dieses Forum kenne, werden wir das gemeinsam gar bald herausfinden. Meister Petz und DrNick haben ja schon ausgezeichnete Arbeit geleistet.
Dann mache ich mal mit einer Vermutung weiter.
Es gab ja die Üblichkeit, häufig in religiösen Texten oder Inschriften vorkommende Wörter wie "Gott", "Jesus" usw. durch standardisierte Abkürzungen wiederzugeben. Ein Beispiel findet man in der Kuppel: "IC XC" als Abkürzung für "Iesous Christos". Wenn das "Y" am Ende von "HXY" (wie im oben verlinkten Artikel erläutert) auf den Genitiv hinweist, dann blieben nur noch die ersten beiden Buchstaben: "X" könnte wieder für "Christos" stehen und (jetzt wird es aber sehr spekulativ) "H" eine sehr unorthodoxe Abkürzung für "Iesous" sein. (Zwischen Iota und Epsilon/Eta scheint man ja eh nicht so genau zu unterscheiden.)
Das würde uns zum (angesichts des Bildes) doch naheliegenden Ergebnis "Gennisis (I)esou Christou", "die Geburt Jesu Christi" führen.
Aber vielleicht jemandem noch eine weniger spekulative Deutung für das große Eta ein.
Frohe Weihnachten allen Zimmerleuten, allen stillen Mitlesern, und vor allem dem hiesigen Hausherren - unserem unermüdlichen Zimmerwirt, dem lieben Zettel.
Die besten Grüße vom Märker im Hanseland
---------------------------------------------------- "Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande" - De civitate dei, IV, 4, 1. Übers.: Papst Benedikt XVI, Rede vor dem Deutschen Bundestag am 22. September 2011
Zitat von DrNickDas würde uns zum (angesichts des Bildes) doch naheliegenden Ergebnis "Gennisis (I)esou Christou", "die Geburt Jesu Christi" führen.
Das würde ich ganz genau so interpretieren.
Der untere Bildteil stellt m. M. n. die rituelle Reinigung Marias sechs Wochen nach der Geburt dar (vgl. Lukas 2,22ff). Die Darstellung des Christuskindes mit Maria ähnelt den typischen byzantinischen Marienikonen, deren Typus bis heute tradiert wird (vgl. hier eine moderne rumänische Ikone, nebst einigen Erklärungen dazu). Christus wird in thronender Haltung dargestellt: nicht naturalistisch als Baby, sondern als der menschgewordene Gott.
Bei dem Engel rechts oben könnte ich mir vorstellen, dass das Wandbild daneben, nach der offensichtlich vorhandenen Ecke noch weiter geht. Dann müsste dort das Hirtenfeld sein, und der Engel ist der Verkündigungsengel, der den Hirten die Frohe Botschaft bringt. Die Geste der Hand ist dann eher grüßend oder als Ausdruck des "Fürchtet euch nicht!" zu verstehen.
Herzliche Grüße und frohe Weihnachten allen Zimmerleuten! Herr
Zitat von DrNickWenn das "Y" am Ende von "HXY" (wie im oben verlinkten Artikel erläutert) auf den Genitiv hinweist, dann blieben nur noch die ersten beiden Buchstaben: "X" könnte wieder für "Christos" stehen und (jetzt wird es aber sehr spekulativ) "H" eine sehr unorthodoxe Abkürzung für "Iesous" sein. (Zwischen Iota und Epsilon/Eta scheint man ja eh nicht so genau zu unterscheiden.)
Das würde uns zum (angesichts des Bildes) doch naheliegenden Ergebnis "Gennisis (I)esou Christou", "die Geburt Jesu Christi" führen.
Aber vielleicht jemandem noch eine weniger spekulative Deutung für das große Eta ein.
Wie wäre mit der Allersimpelsten: Dem bestimmten Artikel ἡ = die ?
Zitat von HerrBei dem Engel rechts oben könnte ich mir vorstellen, dass das Wandbild daneben, nach der offensichtlich vorhandenen Ecke noch weiter geht. Dann müsste dort das Hirtenfeld sein, und der Engel ist der Verkündigungsengel, der den Hirten die Frohe Botschaft bringt. Die Geste der Hand ist dann eher grüßend oder als Ausdruck des "Fürchtet euch nicht!" zu verstehen.
Ich glaube aber, der "Fürchtet Euch nicht"-Engel ist der kleinere unter ihm, der hat nämlich als Verkündiger auch ein Spruchband dabei!
Ich bleibe dabei, der oben ist Michael. Könnte auch sein, dass er mit seiner ausgestreckten, aufhaltenden Hand wie üblich als himmlische Security fungiert und das Schlechte fernhält (was ihm ja als typische Aufgabe zufällt).
Gesegnete Weihnachten, Petz
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Zitat von ZettelDie, sagen wir, Grundelemente einer Krippenszene gab es auch damals schon, vor einem Jahrtausend: In der Mitte natürlich Maria mit dem Kind; an der Krippe Ochs und Esel. Links unten Josef, auch er mit einem Heiligenschein. Links oben die Engel, dann die Weisen aus dem Morgenland. Rechts oben wiederum Engel; darunter die redlichen Hirten.
Schon davon stammt einiges nicht aus dem Lukas-Evgl.: Ochs und Esel etwa (stammen aus der Psalmen-Auslegung).
Zitat von ZettelDie Weisen aus dem Morgenland tragen eigenartige Kappen; interessanterweise ist keiner von ihnen ein Schwarzer.
In der Weihnachtsgeschichte steht nichts von der Zahl der Weisen und deren Herkunft.
Zitat von ZettelJosef sitzt nicht nur in der Ecke, sondern hat sich ebenfalls abgewandt, in der Haltung von "Ich saz ûf eime steine".
Der trauernde Josef ist meiner Erinnerung nach öfter zu finden.
Zitat von ZettelMaria und das Jesuskind befinden sich in einer Art Höhle (?) mit einem seltsamen Zackenrand.
Bei Lukas ist nur die Krippe erwähnt, mehr nicht. Kein Stall.
Zitat von ZettelWie wäre mit der Allersimpelsten: Dem bestimmten Artikel ἡ = die ?
Das hatte ich auch überlegt. Wenn es sich aber um eine Abkürzung handelt, dann wäre es wohl erstens ungewöhnlich, den Artikel mitaufzunehmen. Zweitens bräuchte man dann eine feminine Lesart für "X" und "Y", und da wollte mir partout nichts einfallen.
Zitat von GansguoterIn der Weihnachtsgeschichte steht nichts von der Zahl der Weisen und deren Herkunft.
Herkunft schon:
Zitat von Matthäus 2, Einheitsübersetzung1 Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem 2 und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden?
Frohes Fest, Petz
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Zitat von ZettelWie wäre mit der Allersimpelsten: Dem bestimmten Artikel ἡ = die ?
Das hatte ich auch überlegt. Wenn es sich aber um eine Abkürzung handelt, dann wäre es wohl erstens ungewöhnlich, den Artikel mitaufzunehmen. Zweitens bräuchte man dann eine feminine Lesart für "X" und "Y", und da wollte mir partout nichts einfallen.
Ich meine, lieber DrNick, daß das ἡ sich auf γένεσις bezieht, mit einem zwischen Artikel und Substantiv eingeschobenen Genitiv. Also wörtlich: Die des Christus Geburt.
Ich hab's dunkel aus dem Xenophon in Erinnerung und eben mal gegoogelt. Diese Konstruktion scheint in der Tat üblich zu sein. Zum Beispiel πάντες δ'οι των βαρβάρων άρχοντες, aus der Anabasis.
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