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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 29 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

31.12.2011 14:49
Em gut selig ior! Antworten

Dieses Jahr mit einem Gastbeitrag von Rayson, der zwar schon vor fünf Jahren geschrieben wurde, dessen Aktualität aber seither eher noch gewachsen ist.

jopa Offline



Beiträge: 9

31.12.2011 18:01
#2 RE: Em gut selig ior! Antworten

@ Zettel:

Ich persönlich bin mir nicht sicher, ob der Rayson'sche Beitrag wirklich so aktuell ist. Nicht, daß ich den Versuch einer Vermittlung als solchen nicht schätzen würde, aber ich denke, daß sich in vielen Fällen hinter vermeintlichen "linken" Positionen vor allem niedere Instinkte Ihrer Vertreter verstecken, wie z.B. Herrschaftswille, Neid, Profilierungssucht, etc., die sich mit links klingenden Phrasen gegen Kritik immunisieren. Da hinter diesen Argumentationssträngen regelmäßig gar keine echten linken Überzeugungen stecken, ist auch der Versuch, eine Verständigung über solche zu erzielen, automatisch zum Scheitern verurteilt.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

31.12.2011 18:28
#3 RE: Em gut selig ior! Antworten

Zitat von jopa
Da hinter diesen Argumentationssträngen regelmäßig gar keine echten linken Überzeugungen stecken, ist auch der Versuch, eine Verständigung über solche zu erzielen, automatisch zum Scheitern verurteilt.

Es gibt das natürlich, wie auch bei anderen Überzeugungen. Auch nicht jeder, der sich zur Adenauerzeit als frommer Christ gab, war wirklich einer, lieber jopa.

Ich kenne genug Linke, die ehrlich sind und das, was sie sagen, auch meinen. Mit einem - ebenfalls ein Uni-Mensch, aber in einer ganz anderen Wissenschaft als meiner - habe ich einigermaßen regelmäßig ebenso intensive wie spannende Diskussionen.

Es gehört nach meiner Überzeugung zur demokratischen Reife, den Andersdenkenden nicht nur gewähren zu lassen, sondern ihn mit seiner Weltsicht und seinen Argumenten auch ernst zu nehmen. Jemand ist nicht schon deswegen unredlich, dumm oder gar "verrückt", weil er die Welt anders sieht als ich.

Die eigene Weltsicht für die einzig richtige, die einzig rationale, die einzige ehrliche usw. zu halten ist nicht nur undemokratisch; es zeigt auch eine gewissermaßen infantile Weltsicht. Kinder sehen die Welt nur aus ihrer Perspektive und können sich - bis zu einem gewissen Alter, Jean Piaget hat das eingehend untersucht - nicht in eine andere Perspektive versetzen. Als Erwachsener sollte man das zumindest versuchen.



Raysons Artikel hat mir gerade deshalb gut gefallen, weil er die linke Weltsicht ernst nimmt und sich mit ihr auseinandersetzt.

Ich habe das in den betreffenden Blogs - dem von MomoRulez zum Beispiel - ebenfalls wiederholt versucht. Der Dialog scheiterte immer; aber nicht, weil die Anderen unredlich arumentiert hätten, sondern weil sie nicht zur Sache reden konnten oder wollen, sondern jede Auseinandersetzung unweigerlich auf eine persönliche Ebene, auf die Ebene von Interesseren usw. beförderten. Er scheiterte auch an der spezifisch linken Arroganz, die die eigene Position als die gewissermaßen höhere ansieht, zu der die Andersdenkenden nur noch nicht gelangt sind; sie "sind noch nicht so weit".

Soviel ich weiß, hat Rayson dieselben Erfahrungen gemacht: Viele Linke sind nicht fähig zur Sachlichkeit. Ob das hauptsächlich an Marx liegt, diesem Gegenteil eines Wissenschaftlers, oder ob die Vermengung von Kognition und Emotion, von Diskussion zur Sache und zur Person, einen Menschen vielleicht dazu prädestieniert, ein Linker zu werden, weiß ich nicht.

Herzlich, Zettel

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

31.12.2011 18:34
#4 RE: Em gut selig ior! Antworten

Korrektur: Der Schreiber des Kalenders wünscht nicht "Em", sondern "Ein gut selig ior"!

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

31.12.2011 19:09
#5 RE: Em gut selig ior! Antworten

Zitat von Zettel
Ob das hauptsächlich an Marx liegt, diesem Gegenteil eines Wissenschaftlers, oder ob die Vermengung von Kognition und Emotion, von Diskussion zur Sache und zur Person, einen Menschen vielleicht dazu prädestieniert, ein Linker zu werden, weiß ich nicht.


Meine starke Vermutung ist, dass es eben seinen Grund genau in dem von mir in dem Beitrag angesprochenen Denken hat: Wer sich dem Programm zur allgemeinen Weltverbesserung entgegenstellt, muss notwendigerweise als Saboteur betrachtet werden. Und welche redlichen Motive kann ein Saboteur des guten Willens denn haben?

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Michel Offline



Beiträge: 265

31.12.2011 19:28
#6 RE: Em gut selig ior! Antworten

Ich denke das Problem ist grundsätzlicher Natur und liegt schon an der linken Standarddiagnose. Der Linke hält technische und ökonomische Probleme für trivial. Wenn alle Leute brav teilen würden und nett zueinander wären, dann gäbe es weder Krieg noch Armut. Daher hat für den Linken jedes Übel seinen Ursprung in Machtdifferenzen (ökonomische, soziale, politische). Das macht es einfach die Welt in Profiteure und Diskriminierte einzuteilen. Das Problem vor dem die Linke steht, ist das sie nicht erkennen kann, warum ihr nicht alle Menschen zustimmen, wenn die Lösung für alles doch so einfach ist. Marx Theorie vom falschen Bewusstsein war nur eine Ausformulierung dessen, was Linke eh intuitiv zu wissen glauben.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

31.12.2011 20:36
#7 RE: Em gut selig ior! Antworten

Zitat von Gansguoter
Korrektur: Der Schreiber des Kalenders wünscht nicht "Em", sondern "Ein gut selig ior"!

Danke! Das hatte ich nicht erkannt. Ist korrigiert.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.01.2012 02:33
#8 RE: Em gut selig ior! Antworten

Zitat von Rayson

Zitat von Zettel
Ob das hauptsächlich an Marx liegt, diesem Gegenteil eines Wissenschaftlers, oder ob die Vermengung von Kognition und Emotion, von Diskussion zur Sache und zur Person, einen Menschen vielleicht dazu prädestieniert, ein Linker zu werden, weiß ich nicht.


Meine starke Vermutung ist, dass es eben seinen Grund genau in dem von mir in dem Beitrag angesprochenen Denken hat: Wer sich dem Programm zur allgemeinen Weltverbesserung entgegenstellt, muss notwendigerweise als Saboteur betrachtet werden. Und welche redlichen Motive kann ein Saboteur des guten Willens denn haben?


Schon, lieber Rayson. Aber warum denken Menschen so? Warum sehen sie nicht den trivialen Sachverhalt, daß doch die Welt groß genug ist, daß wir alle darin Unrecht haben können?

Aus meiner Sicht ist dieses linke Denken ein Rückfall hinter die Aufklärung. Vor der Aufklärung war jenes Denken selbstverständlich, das auch heute beispielsweise noch die Frommen des Islam kennzeichnet: Natürlich haben nur sie Recht und alle anderen logischerweise Unrecht; wie sollte man das Unrecht gewähren lassen?

Das ist exakt auch das linke Denken, und das mag ein Teil der Erklärung dafür sein, daß viele Linke solch ein erstaunliches Verständnis für islamische Fundamentalisten haben.

Die Struktur der Weltsicht ist dieselbe; eine absolute Rechthaberei. Nur die Inhalte sind verschieden.

Herzlich, Zettel

lukas Offline



Beiträge: 261

01.01.2012 04:22
#9 RE: Em gut selig ior! Antworten

Zitat
Liberale hingegen sehen selbst dann, wenn sie die moralischen Positionen der Linken teilen, keinen Grund, über ein Zwangssystem auch die Unwilligen dazu zu verpflichten, wenn, und das ist das für Liberale entscheidende Kriterium, die Freiheit des Einzelnen nicht die allgemeine Durchsetzung einer bestimmten Forderung notwendig macht, die sich womöglich auch moralisch begründen lässt. Diese Bedingung wird aber sehr restriktiv angewendet, so dass es sich hier immer nur um eine sehr übersichtliche Teilmenge einer umfassenden Moral handeln kann.



Das ist ein Zerrbild, das die Position vieler "Linker" nur schlecht widergibt, denn die meisten Linken haben sich hier inzwischen von den Liberalen überzeugen lassen, was einen gewissen Erfolg darstellt. Nur dass bei "Linken" (ich mag den Begriff nicht, er verallgemeinert m.E. zu stark) je nach Spielart der Begriff der Freiheit deutlich anders ausgelegt wird als unter Liberalen.

Wenn Politiker versuchen, Zwang anzuwenden, ohne dass die wie auch immer definierte Freiheit des Einzelnen gefährdet wäre (und es gibt "rechte" wie "linke" Politiker, die das tun), so handelt es sich meistens um Populismus, der einen offenbar in der menschlichen Natur tief verankerten Wunsch nach Gleichförmigkeit innerhalb des Stammes anspricht. Gegen diesen Instinkt tut sich die Ratio oft schwer.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.01.2012 11:14
#10 RE: Em gut selig ior! Antworten

Zitat von lukas
Das ist ein Zerrbild, das die Position vieler "Linker" nur schlecht widergibt, denn die meisten Linken haben sich hier inzwischen von den Liberalen überzeugen lassen, was einen gewissen Erfolg darstellt. Nur dass bei "Linken" (ich mag den Begriff nicht, er verallgemeinert m.E. zu stark) je nach Spielart der Begriff der Freiheit deutlich anders ausgelegt wird als unter Liberalen.

Könnten Sie diesen Unterschied, lieber Lukas, ein wenig ausführen? Mich würde das sehr interessieren.

Meine Erfahrung ist nämlich, daß "links" und "freiheitlich" Gegenpole sind. Natürlich kann jemand links und freiheitlich sein; aber je mehr er links ist, umso weniger ist er freiheitlich, und umgekehrt.

Das liegt nach meiner Erfahrung an genau dem, was Rayson herausgearbeitet hat: Links sein bedeutet, sich Nichtlinken überlegen zu fühlen - was die Erkenntnis angeht, was das Ethische angeht. Es gibt, mit anderen Worten für Linke keine Symmetrie, was das Verhältnis zu Andersdenkenden angeht. Sie räumen diesen nicht ein, daß sie ebenso Recht haben könnten wie sie selbst; daß ihre politische Haltung ebenso moralisch sein könnte wie die eigene.

Aus dieser Überzeugung der eigenen Überlegenheit ergibt sich subjektiv die Arroganz, die den meisten Linken eigen ist (die Andersdenkenden sind "tumb", "dumpf" und dergleichen - siehe die hiesigen Berichte über die Tea Party); und es ergibt sich daraus die politische Praxis: Man sucht den anderen die eigenen Werte per Staatsmacht aufzuzwingen, sobald man diese Macht erobert hat. Das gilt im Extrem für Kommunisten; aber es gilt auch für Grüne und für demokratische Sozialisten.



Ich stimme Ihnen zu, daß allerdings der Begriff "Linke" ein sehr weiter Begriff ist; aber das gilt für alle Bezeichnungen für politische Strömungen - für "Konservative", für "Liberale", sogar für "Islamisten". Die AKP und die Ennahda, die jetzt zusammen mit Sozialdemokraten in Tunesien regiert, werden ebenso "islamistisch" genannt wie die Kaida und die Taliban.

Also, man müßte eigentlich immer mehr differenzieren, als man es tun kann; das ist bei solchen Diskussionen unausweichlich (und für mich ein ständig präsentes Problem, wenn ich etwas für ZR schreibe). Andererseits kann der Zwang zur Vereinfachung auch bewirken, daß man veranlaßt wird, das Wesentliche herauszuarbeiten.

Herzlich, Zettel

Edit: "Asymmetrie" zu "Symmetrie" korrigiert.

Joachim Offline



Beiträge: 46

02.01.2012 16:16
#11 RE: Em gut selig ior! Antworten

@Zettel ... das treffendste Statement haben Sie in diesem Artikel gegeben:
http://zettelsraum.blogspot.com/2008/09/...-krper-der.html

Zitat:
"Die beste und vermutlich eine der kürzesten Antworten auf die Frage "Was ist links?" lautet: Arroganz."

Gerechterweise kann man vielleicht anfügen, daß auch andere Weltanschauungen nicht gegen Arroganz gefeit sind.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

02.01.2012 18:12
#12 RE: Em gut selig ior! Antworten

Zitat von lukas
Das ist ein Zerrbild, das die Position vieler "Linker" nur schlecht widergibt, denn die meisten Linken haben sich hier inzwischen von den Liberalen überzeugen lassen, was einen gewissen Erfolg darstellt. Nur dass bei "Linken" (ich mag den Begriff nicht, er verallgemeinert m.E. zu stark) je nach Spielart der Begriff der Freiheit deutlich anders ausgelegt wird als unter Liberalen.



Dass das von mir Geschilderte die Position vieler Linker womöglich nur schlecht widergibt, liegt in der Natur der Sache und wird von mir ja auch bereits im zweiten Absatz als "Disclaimer" angesprochen. Aber die Erfahrung von mir als Liberalem in Diskussionen mit Linken sah nun einmal so aus, dass das von mir beschriebene Muster immer wieder auftauchte. Extremes, aber dafür um so instruktiveres Beispiel: Wenn unsereiner sich für die Meinungsfreiheit auch von Neonazis aussprach, wurde ihm das von linker Seite gleich als "Beleg" entgegengehalten, dass Liberale eben doch verkappte Nazis seien, so wie es schon immer vermutet hätten. Dabei geht es noch nicht einmal so sehr um das, was Zettel dabei betont, nämlich das Offenhalten der Möglichkeit, dass "die anderen" eben doch "Recht haben" könnten, sondern vor allem darum, dass Einschränkungen von Freiheiten immer mit einem solchen Eingriffspunkt anfangen, den doch gefälligst alle Gutwilligen und Anständigen gutheißen müssten. Vertreter stellen den Fuß nicht in die Tür, weil das allein schon ihr Ziel wäre.

Und dass mein Eindruck als Nicht-Linker nicht das Selbstbild von Linken trifft, erscheint mir auch eher normal.

Last but not least: Es geht auch nicht um das Verhalten von Politikern. Da kommen neben der politischen Überzeugung zwangsläufig noch ganz andere Mechanismen ins Spiel. Es geht um die Einstellung von politisch interessierten Normalsterblichen, die sich im linken Spektrum sehen. Wenn gilt: Verhalten V ist als moralisch falsch erkannt worden, dann muss Verhalten V verschwinden, und am besten bei jedem Einzelnen. Der Staat ist dazu da, dies sicherzustellen. Von AGG über Frauenquote bis "gerechte Sprache": So funktioniert die Umsetzung moralischer Überlegenheit.

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Rayson Offline




Beiträge: 2.367

02.01.2012 18:14
#13 RE: Em gut selig ior! Antworten

Zitat von joachim
Zitat:
"Die beste und vermutlich eine der kürzesten Antworten auf die Frage "Was ist links?" lautet: Arroganz."

Gerechterweise kann man vielleicht anfügen, daß auch andere Weltanschauungen nicht gegen Arroganz gefeit sind.



Und vor allem Personen nicht. Habe noch keinen Linken getroffen, der gegen meine Arroganz anstinken konnte.

--
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lukas Offline



Beiträge: 261

02.01.2012 23:18
#14 RE: Em gut selig ior! Antworten

Zitat von Zettel
Meine Erfahrung ist nämlich, daß "links" und "freiheitlich" Gegenpole sind. Natürlich kann jemand links und freiheitlich sein; aber je mehr er links ist, umso weniger ist er freiheitlich, und umgekehrt.



Das schlägt sich in meiner Erfahrung nun nicht so wieder, aber das hat vielleicht auch biographische Gründe: Sie als weißer, männlicher, heterosexueller deutscher Staatsbürger der oberen Mittelschicht sind von den Freiheitseinschränkungen von im weitesten Sinne "rechter" Seite weniger betroffen und haben auch mit ihren Opfern weniger zu tun. Das ist kein Vorwurf an Sie; so ist Ihre Lebenslage nur einmal.

Zitat von Zettel
Das liegt nach meiner Erfahrung an genau dem, was Rayson herausgearbeitet hat: Links sein bedeutet, sich Nichtlinken überlegen zu fühlen - was die Erkenntnis angeht, was das Ethische angeht. Es gibt, mit anderen Worten für Linke keine Symmetrie, was das Verhältnis zu Andersdenkenden angeht. Sie räumen diesen nicht ein, daß sie ebenso Recht haben könnten wie sie selbst; daß ihre politische Haltung ebenso moralisch sein könnte wie die eigene.



Es gibt solche und solche, wie bei den Konservativen auch; ich habe zumindest beides erlebt. Der Mangel an Symmetrie, den Sie ansprechen, scheint mir eher Merkmal religiösen Eifers zu sein, der im Moment eher "links" zu finden ist, wo wahlweise die Götzen der Umwelt oder der Volksgemeinschaft angebetet werden. Aber ist das nicht nur historische Kontingenz? Religiöser Fanatismus ist auch "Rechten", Konservativen und sogar Liberalen leider nicht fremd.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.01.2012 23:22
#15 RE: Em gut selig ior! Antworten

Zitat von Rayson
Wenn unsereiner sich für die Meinungsfreiheit auch von Neonazis aussprach, wurde ihm das von linker Seite gleich als "Beleg" entgegengehalten, dass Liberale eben doch verkappte Nazis seien, so wie es schon immer vermutet hätten.

Wobei lustigerweise dasselbe "Argument" nicht verwendet und sogar empört zurückgewiesen wird, wenn es um die Meinungsfreiheit von Kommunisten und anderen Linksextremen geht.

Es hat in der alten Bundesrepublik eine ganze Riege von Leuten gegeben - darunter viele Juristen -, die sich massiv für die Meinungsfreiheit von Kommunisten engagiert haben, zugleich aber betonten, sie täten das nicht aus Sympathie für den Kommunismus, sondern allein um der Freiheit und Rechtsstaatlichkeit willen - Ridder beispielsweise und Heinrich Hannover.

Zitat von Rayson
Dabei geht es noch nicht einmal so sehr um das, was Zettel dabei betont, nämlich das Offenhalten der Möglichkeit, dass "die anderen" eben doch "Recht haben" könnten, sondern vor allem darum, dass Einschränkungen von Freiheiten immer mit einem solchen Eingriffspunkt anfangen, den doch gefälligst alle Gutwilligen und Anständigen gutheißen müssten.

Ja, das stimmt; das hätte ich vielleicht hinzufügen sollen.

Rechtsstaatlich entscheidend ist, daß jeder das Recht auf die Freheit hat, sich politisch zu äußern und zu betätigen, solange er keine Gesetze verletzt. Dabei spielt es keine Rolle, ob ich der Meinung bin, daß er ebenso Recht haben könnte wie ich.

Dabei wäre natürlich zu diskutieren, was in diesem Zusammenhang "Recht haben" meint; ja nicht die objektiv und verifizierbar richtige Antwort auf eine Frage oder Lösung eines Problems haben, wie in der Mathematik.

Sondern mit möglicherweise "Recht haben" meine ich hier eher, daß jemand eine Position vertritt, die man als anständiger, intelligenter und ehrlicher Mensch vertreten kann. Das würde ich als Liberalkonservativer beispielsweise einem Sozialdemokraten wie Helmut Schmidt oder Peer Steinbrück zugestehen; auch einem Libertären wie Ron Paul oder einem Konservativen wie, sagen wir, dem Kardinal Meisner; auch wenn ich von deren Ansichten weit entfernt bin.

Einem Neonazi oder einem Kommunisten gestehe ich das hingegen nicht zu. Aber das ändert nichts daran, daß er in diesem freiheitlichen Rechtsstaat alle Rechte zur politischen Betätigung innerhalb der Gesetze hat.

Also, da gibt es in der Tat einen Unterschied. Danke, lieber Rayson, für den Hinweis.

Herzlich, Zettel

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

02.01.2012 23:32
#16 RE: Em gut selig ior! Antworten

Zitat von lukas
Sie als weißer, männlicher, heterosexueller deutscher Staatsbürger der oberen Mittelschicht sind von den Freiheitseinschränkungen von im weitesten Sinne "rechter" Seite weniger betroffen und haben auch mit ihren Opfern weniger zu tun.



Jetzt bin ich aber mal gespannt: Welche Freiheitseinschränkungen betreffen denn heute nur weibliche oder homosexuelle oder Nicht-Weiße oder nichtdeutsche Staatsbürger oder Leute unterhalb der Mittelschicht?

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

lukas Offline



Beiträge: 261

03.01.2012 20:31
#17 RE: Em gut selig ior! Antworten

Zitat von Rayson

Zitat von lukas
Sie als weißer, männlicher, heterosexueller deutscher Staatsbürger der oberen Mittelschicht sind von den Freiheitseinschränkungen von im weitesten Sinne "rechter" Seite weniger betroffen und haben auch mit ihren Opfern weniger zu tun.



Jetzt bin ich aber mal gespannt: Welche Freiheitseinschränkungen betreffen denn heute nur weibliche oder homosexuelle oder Nicht-Weiße oder nichtdeutsche Staatsbürger oder Leute unterhalb der Mittelschicht?




Zum Beispiel diejenigen, die sich gegen Prostituierte richten, und die nur Rot-Grün (nur teilweise und gegen die Stimmen der Union) aufgehoben hat. Homosexuellen wird immer noch die Ehe verwehrt. Der Meisterzwang verbietet begabten Handwerkern die Selbstständigkeit, auch hier hat Rot-Grün teilweise Abhilfe geschaffen. Allgemein wird formal niedrig qualifizierten Menschen die Existenzgründung nicht gerade leicht gemacht, etwa in der Gastronomie, oder im Bereich Gesundheit/Pflege. Die verfehlte Einwanderungspolitik, die nicht erkannt hat, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist und sein muss, hat dazu geführt, dass Dreistigkeit siegt, wenn es darum geht, in Deutschland leben zu dürfen. Menschen, die tatsächlich zu unserer Wirtschaft beitragen könnten, müssen dagegen in Indien bleiben.

FAB. Offline



Beiträge: 523

03.01.2012 21:17
#18 RE: Em gut selig ior! Antworten

Zitat von lukas
Prostituierte

Helfen Sie mir auf die Sprünge ... welche Freiheitsbeschränkungen meinen Sie?

Zitat von lukas
Homosexuelle

Uh ... es war von Freiheitsbeschränkungen die Rede, nicht von der Nichtgewährung von irgendwelchen unrichtig so genannten "Privilegien" durch den Staat.

Diese fundamental verschiedenen Kategorien nicht unterscheiden zu können ist übrigens das zweite untrügliche Kennzeichen des Linken.

Zitat von lukas
Meisterzwang

Das in der Tat mag als Freiheitsbeschränkung durchgehen, die allerdings offensichtlich nicht nach den o.g. Kriterien differenziert.

Zitat von lukas
Einwanderungspolitik

Was das mit Freiheitsbeschränkungen im o.g. Sinne zu tun haben soll, ist nun gänzlich unerfindlich.

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"I want my republic back!"

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

03.01.2012 21:20
#19 RE: Em gut selig ior! Antworten

Zitat von lukas
Zum Beispiel...



Also ehrlich, bei der Aufzählung bin ich ein bisschen enttäuscht. Nehmen wir die Prostituierten: Nur aus der Tatsache, dass die Union damals dagegen gestimmt hat, kann man nicht schließen, dass Verbote und Einschränkungen hier eine Sache von "rechts" sind. Siehe Schweden. Dann die Homosexuellen: Gut, allerhöchst offiziell heiraten dürfen sie nicht. Aber ist das Versagen eines staatlichen Rechtskonstrukt eine echte Freiheitseinschränkung? Geschwister dürfen übrigens auch nicht heiraten, nur so von wegen "Sie als [lange Liste] sind ja nicht betroffen." Und die Freiheitseinschränkung im Vergleich zur "Verpartnerung" scheint ja relativ gering zu sein, denn die Homoehen werden anscheinend weitgehend unkompliziert gelebt.

Zitat von lukas
Die verfehlte Einwanderungspolitik, die nicht erkannt hat, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist und sein muss, hat dazu geführt, dass Dreistigkeit siegt, wenn es darum geht, in Deutschland leben zu dürfen. Menschen, die tatsächlich zu unserer Wirtschaft beitragen könnten, müssen dagegen in Indien bleiben.



Ich bin erstaunt, was mittlerweile wohl alles zu den Freiheitsrechten gezählt wird...

Und was den Rest angeht: Sorry, Dinge wie Meisterzwang oder andere Zulassungsbeschränkungen treffen auch Leute, die alle Anforderungen deiner Liste erfüllen. Es sind Dinge, die man als Wirtschaftsliberaler gere abschaffen würde. Aber wieder: Dass es hier aber um "rechte" Freiheitseinschränkungen ginge, wage ich zu bezweifeln.

Aber was viel entscheidender ist: Alle die von dir genannten Einschränkungen liefern nur noch Rückzugsgefechte und wurden hier und da bereits angeknabbert. Dafür kommen immer wieder neue dazu, die in erster Linie von "links" befürwortet werden.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Urlauber ( gelöscht )
Beiträge:

03.01.2012 22:16
#20 RE: Em gut selig ior! Antworten

Zitat von lukas
Zum Beispiel diejenigen, die sich gegen Prostituierte richten, und die nur Rot-Grün (nur teilweise und gegen die Stimmen der Union) aufgehoben hat.

Schlimm, dass es schon wieder so weit ist, irgendwieviel Jahre danach.

Zitat von
Homosexuellen wird immer noch die Ehe verwehrt.

Der Schoß ist fruchtbar noch.

Zitat von
Der Meisterzwang verbietet begabten Handwerkern die Selbstständigkeit, auch hier hat Rot-Grün teilweise Abhilfe geschaffen. Allgemein wird formal niedrig qualifizierten Menschen die Existenzgründung nicht gerade leicht gemacht, etwa in der Gastronomie, oder im Bereich Gesundheit/Pflege.

Wäre schön, wenn es so wäre. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall.

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

04.01.2012 17:38
#21 RE: Em gut selig ior! Antworten

Zitat von Urlauber
Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall.

Ui, das ist aber üble Hetze von den Spiegel-TV Leuten. Und außerdem hat der Sprecher das Z-Wort gesagt!

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"Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande" - De civitate dei, IV, 4, 1. Übers.: Papst Benedikt XVI, Rede vor dem Deutschen Bundestag am 22. September 2011

lukas Offline



Beiträge: 261

04.01.2012 19:54
#22 RE: Em gut selig ior! Antworten

Da habe ich ja etwas angefangen! Mal sehen, ob ich mich gegen Ende nicht doch als Linker entpuppe.

Zitat von FAB.

Zitat von lukas
Prostituierte

Helfen Sie mir auf die Sprünge ... welche Freiheitsbeschränkungen meinen Sie?



Zum Beispiel die Sperrbezirksregelungen.

Zitat von FAB.

Zitat von lukas
Homosexuelle

Uh ... es war von Freiheitsbeschränkungen die Rede, nicht von der Nichtgewährung von irgendwelchen unrichtig so genannten "Privilegien" durch den Staat.

Diese fundamental verschiedenen Kategorien nicht unterscheiden zu können ist übrigens das zweite untrügliche Kennzeichen des Linken.



Was ist die Zivilehe Ihrer Meinung nach?

Zitat von FAB.

Zitat von lukas
Einwanderungspolitik

Was das mit Freiheitsbeschränkungen im o.g. Sinne zu tun haben soll, ist nun gänzlich unerfindlich.




Ist es keine Freiheitseinschränkung, wenn man einem Menschen, der sich nichts zuschulden hat kommen lassen und der für seinen Lebensunterhalt ohne Unterstützung durch die Gemeinschaft aufkommen kann, die Niederlassung verwehrt?

Zitat von Rayson

Zitat von lukas
Zum Beispiel...



Also ehrlich, bei der Aufzählung bin ich ein bisschen enttäuscht. Nehmen wir die Prostituierten: Nur aus der Tatsache, dass die Union damals dagegen gestimmt hat, kann man nicht schließen, dass Verbote und Einschränkungen hier eine Sache von "rechts" sind. Siehe Schweden.




Das ist nicht nur eine Sache von "rechts". Aber es sind auch nicht nur die Linken, die anderen ihre Moral aufzwingen wollen.

Zitat von Rayson
Dann die Homosexuellen: Gut, allerhöchst offiziell heiraten dürfen sie nicht. Aber ist das Versagen eines staatlichen Rechtskonstrukt eine echte Freiheitseinschränkung? Geschwister dürfen übrigens auch nicht heiraten, nur so von wegen "Sie als [lange Liste] sind ja nicht betroffen." Und die Freiheitseinschränkung im Vergleich zur "Verpartnerung" scheint ja relativ gering zu sein, denn die Homoehen werden anscheinend weitgehend unkompliziert gelebt.



Wäre es keine Freiheitseinschränkung, wenn man, sagen wir, Frauen keinen Personalausweis mehr ausstellte? In Deutschland hat diese Freiheitseinschränkung nicht viele Konsequenzen, das ist wahr. Aber sie hat Konsequenzen, und manche Menschen sind davon erheblich betroffen.

Zitat von Rayson
Und was den Rest angeht: Sorry, Dinge wie Meisterzwang oder andere Zulassungsbeschränkungen treffen auch Leute, die alle Anforderungen deiner Liste erfüllen.



Ja, aber wer weniger Optionen im Leben hat, den treffen Zulassungsbeschränkungen besonders empfindlich.

Zitat von Rayson
Es sind Dinge, die man als Wirtschaftsliberaler gere abschaffen würde. Aber wieder: Dass es hier aber um "rechte" Freiheitseinschränkungen ginge, wage ich zu bezweifeln.



Die Handwerksnovelle wurde von Rot-Grün angestoßen, also vom "linken" Lager. Es waren dann die "Rechten", auch Teile der FDP, die im Vermittlungsausschuss eine Ausweitung des Meisterzwangs, verglichen mit dem ursprünglichen Entwurf, durchsetzten. Dass Ihnen als Wirtschaftsliberaler das nicht passt, ist mir klar.

Zitat von Rayson
Aber was viel entscheidender ist: Alle die von dir genannten Einschränkungen liefern nur noch Rückzugsgefechte und wurden hier und da bereits angeknabbert. Dafür kommen immer wieder neue dazu, die in erster Linie von "links" befürwortet werden.



Das rechte Lager ist freiheitlicher geworden. Aber Zettel ging es, wenn ich ihn recht verstanden habe, um einen grundsätzlichen Gegensatz zwischen Linken und Freiheit, daher habe ich Beispiele angeführt, in denen die Rechten und manchmal selbst die Liberalen weniger freiheitlich sind als Linke. Und wer weiß schon, wieviele einst linke Positionen die CDU noch übernehmen wird?

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

04.01.2012 20:41
#23 RE: Em gut selig ior! Antworten

Zitat von lukas
Wäre es keine Freiheitseinschränkung, wenn man, sagen wir, Frauen keinen Personalausweis mehr ausstellte? In Deutschland hat diese Freiheitseinschränkung nicht viele Konsequenzen, das ist wahr. Aber sie hat Konsequenzen, und manche Menschen sind davon erheblich betroffen.



Ja, das wäre eine Freiheitseinschränkung, weil dann die Ausübung von Grundrechten erschwert wäre. Sehe ich beim Unterschied "Verpartnerung" zu "Ehe" jetzt nicht.

Zitat von lukas
Ja, aber wer weniger Optionen im Leben hat, den treffen Zulassungsbeschränkungen besonders empfindlich.



Mag so sein, ist aber keine spezifische Freiheitseinschränkung.

Zitat von Zettel
Die Handwerksnovelle wurde von Rot-Grün angestoßen, also vom "linken" Lager. Es waren dann die "Rechten", auch Teile der FDP, die im Vermittlungsausschuss eine Ausweitung des Meisterzwangs, verglichen mit dem ursprünglichen Entwurf, durchsetzten. Dass Ihnen als Wirtschaftsliberaler das nicht passt, ist mir klar.



Ich glaube nicht, dass uns bei der Beantwortung der Frage, wozu politische Richtungen neigen, Muster der Parteipolitik viel weiterhelfen. Dort sind eben auch andere Motive im Spiel, z.B. schnöder Stimmenkauf. Aber dass es spezifisch "rechte" Freiheitseinschränkungen gibt, ist auch klar, z.B. Ausweitung staatlicher Überwachung oder paternalistische Fürsorge (kein Alkohol nach 22 Uhr, Verbote von Drogen).

Zitat von lukas
Aber Zettel ging es, wenn ich ihn recht verstanden habe, um einen grundsätzlichen Gegensatz zwischen Linken und Freiheit, daher habe ich Beispiele angeführt, in denen die Rechten und manchmal selbst die Liberalen weniger freiheitlich sind als Linke.



Es widerspricht ja Zettels Feststellung nicht, wenn freiheitseinschränkende Tendenzen auch bei Konservativen auszumachen sind. Und die Gleichsetzung von Lobbyismus der FDP mit Liberalismus ist gewagt. Es gibt keine schärferen Kritiker von Meister-, Kammer- und sonstigen Berufszwängen als den liberalen Flügel der FDP.

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L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

lukas Offline



Beiträge: 261

04.01.2012 22:07
#24 RE: Em gut selig ior! Antworten

Zitat von Rayson

Zitat von lukas
Wäre es keine Freiheitseinschränkung, wenn man, sagen wir, Frauen keinen Personalausweis mehr ausstellte? In Deutschland hat diese Freiheitseinschränkung nicht viele Konsequenzen, das ist wahr. Aber sie hat Konsequenzen, und manche Menschen sind davon erheblich betroffen.



Ja, das wäre eine Freiheitseinschränkung, weil dann die Ausübung von Grundrechten erschwert wäre. Sehe ich beim Unterschied "Verpartnerung" zu "Ehe" jetzt nicht.




Einen großen Unterschied gibt es im Adoptionsrecht. Ob es jetzt ein Grundrecht ist, dass beide Adoptiveltern das volle Sorgerecht erhalten, darüber will ich nicht philosophieren, aber es ist zumindest seltsam, dass es für Paare in eingetragenen Lebenspartnerschaften nicht so geregelt ist.

Zitat von Rayson

Zitat von lukas
Ja, aber wer weniger Optionen im Leben hat, den treffen Zulassungsbeschränkungen besonders empfindlich.



Mag so sein, ist aber keine spezifische Freiheitseinschränkung.




Spezifisch in Bezug auf die von mir genannten Bevölkerungsgruppen? In ihrer Absicht vielleicht nicht, in ihrer Konsequenz aber schon.

Zitat von Rayson

Zitat von lukas
Die Handwerksnovelle wurde von Rot-Grün angestoßen, also vom "linken" Lager. Es waren dann die "Rechten", auch Teile der FDP, die im Vermittlungsausschuss eine Ausweitung des Meisterzwangs, verglichen mit dem ursprünglichen Entwurf, durchsetzten. Dass Ihnen als Wirtschaftsliberaler das nicht passt, ist mir klar.



Ich glaube nicht, dass uns bei der Beantwortung der Frage, wozu politische Richtungen neigen, Muster der Parteipolitik viel weiterhelfen. Dort sind eben auch andere Motive im Spiel, z.B. schnöder Stimmenkauf.




Wer steht denn für politische Richtungen, wenn nicht Parteien? An irgendetwas muss man die Diskussion doch festmachen.

Zitat von Rayson

Zitat von lukas
Aber Zettel ging es, wenn ich ihn recht verstanden habe, um einen grundsätzlichen Gegensatz zwischen Linken und Freiheit, daher habe ich Beispiele angeführt, in denen die Rechten und manchmal selbst die Liberalen weniger freiheitlich sind als Linke.



Es widerspricht ja Zettels Feststellung nicht, wenn freiheitseinschränkende Tendenzen auch bei Konservativen auszumachen sind.




Es relativiert sie aber zumindest. Wenn Günther Beckstein etwas nach links rückte, stünden die Chancen gut, dass er liberaler würde.

Zitat von Rayson
Und die Gleichsetzung von Lobbyismus der FDP mit Liberalismus ist gewagt. Es gibt keine schärferen Kritiker von Meister-, Kammer- und sonstigen Berufszwängen als den liberalen Flügel der FDP.



Mea culpa, ich hätte "Liberale" in Anführungszeichen setzen müssen.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

05.01.2012 00:16
#25 RE: Em gut selig ior! Antworten

Zitat von lukas
Einen großen Unterschied gibt es im Adoptionsrecht. Ob es jetzt ein Grundrecht ist, dass beide Adoptiveltern das volle Sorgerecht erhalten, darüber will ich nicht philosophieren, aber es ist zumindest seltsam, dass es für Paare in eingetragenen Lebenspartnerschaften nicht so geregelt ist.



Richtig, das ist noch ein wesentlicher Unterschied. Hier geht es mir ein wenig so wie Zettel: Mein moralischer Kompass sagt mir, dass es für ein Kind nicht gerade ein Sechser im Lotto sein kann, in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft groß zu werden, weil die Rollen von Vater und Mutter für die Entwicklung wichtig sind. Andererseits muss ich auch der Realität ins Auge sehen und feststellen, dass auch Ehen zwischen Mann und Frau die Hölle für ein Kind sein können. Letztlich sollte sich also die Frage, wer adoptieren darf und wer nicht, weniger an Formalien festmachen als am konkreten Fall und zum Wohl des Kindes. Und wenn dann die stabile Beziehung des Vaters zu seinem Partner ("Mann" zu sagen, will mir hier nicht über die Lippen, weil es für mich in einer Ehe nur einen davon geben kann) für das Kind besser ist als das Lotterleben der Mutter, dann wird hoffentlich schon jetzt zum Wohl des Kindes entschieden. Und wenn es darum geht, wer ein wildfremdes Kind adoptieren können soll, dann wäre aus meiner Sicht tatsächlich ein Paar, das sonst auch auf natürlichem Weg eine Chance gehabt hätte, Eltern zu werden, unter sonst gleichen Bedingungen besser geeignet als eine homosexuelle Beziehung. Und ich wage zu behaupten, dass das keine Freiheitseinschränkung ist, weil hier zwei ungleiche Dinge ungleich behandelt werden. Paare sind keine Individuen. Allerdings rechtfertigt das kein generelles Verbot für die gleichgeschlechtlichen Partnerschaften.

Nichtsdestotrotz: Eine erhebliche Freiheitseinschränkung mag ich hier nicht zu erkennen. Ich werde auch nie ein Kind adoptieren können.

Zitat von lukas
Spezifisch in Bezug auf die von mir genannten Bevölkerungsgruppen? In ihrer Absicht vielleicht nicht, in ihrer Konsequenz aber schon.



Freiheiten messen sich an Rechten, nicht an Ergebnissen.

Zitat von lukas
Wer steht denn für politische Richtungen, wenn nicht Parteien? An irgendetwas muss man die Diskussion doch festmachen.



Kommt drauf an, wie bequem man es haben möchte. Ich habe noch keinen Linken getroffen, der sich rückhaltlos zu den Positionen einer der als links geltenden Parteien bekannt hätte. Ebenso auch keinen Liberalen, der zu 100% mit der Politik der FDP zufrieden gewesen wäre. Aber die Gedankengebäude dessen, was links oder liberal ist, die stehen uns allen auch außerhalb der Parteigrenzen zur Ergründung zur Verfügung. Namhafte und weniger namhafte Denker haben dazu ihren Senf gegeben, und die Blogosphäre ist voll von entsprechenden Bekenntnissen.

Zitat von lukas
Wenn Günther Beckstein etwas nach links rückte, stünden die Chancen gut, dass er liberaler würde.



Ich wage zu bezweifeln, dass er dann bei Liberalen vorbei käme. Der Weg zu den Sozis ist in allen Belangen kürzer.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

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