Ich bin auch über die entsprechenden Überschrifen gestolpert. Aber weniger wegen der Sprachverhunzung ""Kanzlerinnenmehrheit". Vielmehr wegen des inhaltlichen Fehlers, der sich quer durch die deutsche Presselandschaft zieht. Von Spiegel Online ist man ja nichts anderes gewohnt, aber diesmal schreiben wirklich alle gleichzeitig Blödsinn.
Frau Merkel hat ja mitnichten die Kanzlermehrheit verpasst.
Definition "Kanzlermehrheit" laut Wikipedia: "Kanzlermehrheit ist eine informelle Bezeichnung für eine bestimmte Mehrheit der Mitglieder des deutschen Bundestags. Sie wird in den Medien und in der politischen Diskussion verwendet. In der Verfassung wird diese Mehrheit als „Mehrheit der Mitglieder des Bundestages“ umschrieben und im Artikel 121[1] als „die Mehrheit ihrer gesetzlichen Mitgliederzahl“ definiert."
Und wie war es bei der Abstimmung? 496 Abgeordnete stimmten mit Ja 90 Abgeordnete stimmten mit Nein 5 Abgeordnete enthielten sich 20 Abgeordnete waren nicht anwesend.
Die "Kanzlermehrheit" von 311 Abgeordneten wurde also locker erreicht. Die zahlreichen anderslautenden Überschriften sind schlicht falsch.
Aber man war halt auf der Suche nach einer reißerischen Überschrift. Warum haben die Medien also nicht einfach geschrieben "Bundesregierung verfehlt eigene Mehrheit"? Wäre das nicht ein ausreichend reißerischer Aufmacher gewesen? Ganz einfach: Weil nicht einmal das richtig gewesen wäre. 310 Koalitions-Abgeordnete stimmten mit Ja. Das war locker die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Selbst wenn die Opposition geschlossen mit Nein gestimmt hätte, wäre der Regierungsantrag durchgegangen.
Eine sachlich korrekte Überschrift hätte also z.B. gelautet: "Eine nur auf Koalitions-Stimmen basierende Kanzlermehrheit verpasst".
Das ganze hat dann nur 2 Schönheitsfehler: 1. Eine so definierte "Kanzlermehrheit" gibt es im Grundgesetz schlicht nicht. 2. In der Praxist wird eine so definierte "Kanzlermehrheit" regelmäßig verpasst. Man schaue sich bei den vielen Abstimmungen im Bundestag einfach einmal die Präsenz an. Da ist schon durch Augenschein offensichtlich, dass eine absolute Mehrheit der Mitglieder des Bundestags nicht zu erreichen sein wird. Und ganz praktisch hat die Regierung auch bei der ESM-Abstimmung nur deshalb eine "eigene" Kanzlermehrheit verpasst, weil nicht alle ihre Abgeordneten anwesend waren. Das ist also ein Vorgang, wie er in jeder Legislaturperiode hunderte Male vorkommt.
Mir ist natürlich schon klar, dass dies eine wichtige Abstimmung war und dass das Verfehlen einer eigenen Mehrheit für Merkel schon bedenklich sein sollte. Aber das enthebt m.E. die Medien nicht von der Pflicht einer wahrheitsgemäßen Berichterstattung.
Derartiger Unsinn macht sich mittlerweile auch im Bereich der seriösen Wissenschaft breit. Man mag es nicht glauben, sogar in den MINT-Fächern, wo Deutschland immer noch eine führende Position hält, wird mittlerweile Genderdeutsch gelehrt und gefordert.
Ich mußte der Uni (es handelt sich immerhin um eine Technische Uni, die noch zu den besten bundesweit zählen soll) des Letzens unterschriftlich bestätigen, daß ich mich aktiv mit meinem Wirken für die „Förderung und Durchsetzung von Gerechtigkeit der Geschlechterverteilung in Entscheidungsgremien (Gender Mainstreaming)“ einsetze. In der ursprünglichen Fassung hatte ich den entsprechenden Passus gestrichen, der Vertrag kam zurück mit der Ansage „ganz oder garnicht“. Friß oder stirb. Es ist zum
Zumal die Rechtfertigung speziell auch im Fall Wikileaks und den US Cables ziemlich dünn ist. Auch wenn der PEN (der linke Buchklub) von "unwürdigen Geheimnissen" spricht. In den ganzen Cables fand sich kein echter Skandal, der die Menge des entwendeten Materials aufwiegen würde. Gezielte Tötungen, Todesfälle beim Konvoischutz und Fehleinschätzungen bei Einsätzen ("Collateral Murder") waren nichts, was man als informierter Mensch der sich mit der Materie auseinandergestzt hat, nicht schon vorher wusste oder plausible annehmen konnte. Die Spiegelbeiträge vor allem zu den Diplokabeln waren eher Politik-Gala (die Zeitschrift) als irgendwas anderes. In der Doku Wikileaks - Wahrheit und Lügen, blasen die sonst eher zurückgenommenenen Journalisten ihren Fund auf und wenn es um Butter bei die Fische geht, fällt dem Spiegel Journalisten tatsächlich der Koalitionsverhandlungs"maulwurf" der FDP ein. Ein RIESEN-Skandal... Die Journalisten hatten natürlich kein Eigeninteresse im Wikileaks-Komplex.
Zitat von energistGerechtigkeit der Geschlechterverteilung in Entscheidungsgremien (Gender Mainstreaming)
Manchen Frauen hängt das auch schon weit zum Hals heraus. Deswegen sitzen sie nämlich in jeder Berufungskommission, auch wenn sich gar keine ernstzunehmenden Frauen bewerben... und auch wenn dieser Genderauftrag bedeutet, dass die wenigen Frauen in der Fakultät von einer Kommission zur nächsten hetzen müssen. Und nicht mehr zum Forschen kommen.
-- Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von energistIch mußte der Uni (es handelt sich immerhin um eine Technische Uni, die noch zu den besten bundesweit zählen soll) des Letzens unterschriftlich bestätigen, daß ich mich aktiv mit meinem Wirken für die „Förderung und Durchsetzung von Gerechtigkeit der Geschlechterverteilung in Entscheidungsgremien (Gender Mainstreaming)“ einsetze.
Mit dieser Formulierung hätte ich kein allzu großes Problem gehabt. Bedeutet doch "Gerechtigkeit" in diesem Kontext richtigerweise die Totalopposition zu jeder Form von Quotenregelungen ... und daß ich mich für deren Abschaffung einsetze, unterschreibe ich jederzeit mit dem allerbesten Gewissen.
____________________________________________________ "I want my republic back!"
ATTENTION ALL - Unfortunately, I think the culprit might be me. I usually keep a spare lunch in the freezer in case i forget to grab one before I leave the house (most often Amy's products including the pesto tortellini) and I did eat some today thinking it was my spare. I will of course replace the meal I ate, and try to be much more careful in the future. SORRY ROB!!
Zitat von energistGerechtigkeit der Geschlechterverteilung in Entscheidungsgremien (Gender Mainstreaming)
Manchen Frauen hängt das auch schon weit zum Hals heraus. Deswegen sitzen sie nämlich in jeder Berufungskommission, auch wenn sich gar keine ernstzunehmenden Frauen bewerben... und auch wenn dieser Genderauftrag bedeutet, dass die wenigen Frauen in der Fakultät von einer Kommission zur nächsten hetzen müssen. Und nicht mehr zum Forschen kommen.
So ist es, lieber Gorgasal; und mit Geschichten zu diesem Thema könnte ich den Thread zumüllen.
Ich war eine Zeitlang an einer Fakultät, an der es unter den Professoren nur eine Frau gab. Sie mußte nicht nur in sämtliche Berufungskommissionen, sondern war natürlich auch die Frauenbeauftragte.
Sie war eine glänzende Wissenschaftlerin und hat versucht, das Beste aus der Situation zu machen: Sich mit Hinweis auf diese Belastung zusätzliche Hilfskräfte, einen zusätzlichen Raum, Extramittel usw. erstritten. Und in den Berufungskommissionen dafür gesorgt, so gut sie konnte, daß die Besten auf die Liste kamen; egal, wie es mit ihrem Geschlecht, ihrer Religion oder ihrer Augenfarbe bestellt war,
Sie war selbst in der Zeit berufen worden, in der man als Frau wie jeder andere Mensch behandelt wurde, also nach Qualifikation; deshalb verachtete sie die Quotenfrauen und dieses ganze Gender-Theater.
Ihre Gegenspielerin war stets die Frauenbeauftragte der Uni, die das Recht hatte, an jeder Sitzung jeder beliebigen Kommission teilzunehmen, die logischerweise in der Regel keine fachliche Ahnung hatte, aber mit ihren Interventionen die Verfahren in die Länge zog.
Definition "Kanzlermehrheit" laut Wikipedia: "Kanzlermehrheit ist eine informelle Bezeichnung für eine bestimmte Mehrheit der Mitglieder des deutschen Bundestags. Sie wird in den Medien und in der politischen Diskussion verwendet. In der Verfassung wird diese Mehrheit als „Mehrheit der Mitglieder des Bundestages“ umschrieben und im Artikel 121[1] als „die Mehrheit ihrer gesetzlichen Mitgliederzahl“ definiert."
Und wie war es bei der Abstimmung? 496 Abgeordnete stimmten mit Ja 90 Abgeordnete stimmten mit Nein 5 Abgeordnete enthielten sich 20 Abgeordnete waren nicht anwesend.
Die "Kanzlermehrheit" von 311 Abgeordneten wurde also locker erreicht. Die zahlreichen anderslautenden Überschriften sind schlicht falsch.
(...)
1. Eine so definierte "Kanzlermehrheit" gibt es im Grundgesetz schlicht nicht. 2. In der Praxist wird eine so definierte "Kanzlermehrheit" regelmäßig verpasst. Man schaue sich bei den vielen Abstimmungen im Bundestag einfach einmal die Präsenz an. Da ist schon durch Augenschein offensichtlich, dass eine absolute Mehrheit der Mitglieder des Bundestags nicht zu erreichen sein wird. Und ganz praktisch hat die Regierung auch bei der ESM-Abstimmung nur deshalb eine "eigene" Kanzlermehrheit verpasst, weil nicht alle ihre Abgeordneten anwesend waren. Das ist also ein Vorgang, wie er in jeder Legislaturperiode hunderte Male vorkommt.
Um ehrlich zu sein, ist für mich "Kanzlermehrheit" in meinem Sprachgebrauch ebenfalls eine Mehrheit, die a) eine Mehrheit der MdBs umfasst, b) die sich aus den Mitgliedern der Koalitionsfraktionen rekrutieren.
Nach meinen Verständnis möchte ja "Kanzlermehrheit" eine Gruppe beschreiben, die die Regierung allgemein stützt und nicht irgendeine sachpolitische "Zufallsmehrheit". Ob das GG von solch einer Mehrheit spricht, ist ja vollkommen egal. Es handelt sich um eben um ein politisches Konzept und darüber hinaus sind (absichtlich) so viele Dinge in der Verfassung unerwähnt, die aber politisch bedeutsam sind, z.B. die "Opposition" als solche und ihre Rechte. (Ich glaube, in Deutschland gibt es nur eine oder wenige Landesverfassung, die eine Opposition erwähnen.)
Ich denke, wenn Frau Merkel sich Sorgen darüber gemacht hätte, die notwendige Mehrheit zu erreichen, dann hätte sie wohl dafür gesorgt, dass die 20 abwesenden Parlamentarier mit allen Mitteln ran geschafft worden wären. Da sie aber genau wusste, dass sie von der Opposition genug Stimmen erhalten würde, hat sie sich wohl keine Gedanken über das Erreichen der "Kanzlermehrheit" gemacht. Das Tritin jetzt von "Kanzlerinnendämmerung" und Steinmeier von "Zerfall der Koalition in vollem Gange" spricht, wird ihr wohl herzlich egal sein.
Ich frage mich aber, warum es die Opposition nicht mal drauf ankommen lässt und geschlossen gegen sie stimmt, mit dem Ziel die Koalition bzw. Merkels Regierung zu beenden. In etwa so wie es letztes Jahr in der Slowakei passiert ist.
Zitat von MoroIch frage mich aber, warum es die Opposition nicht mal drauf ankommen lässt und geschlossen gegen sie stimmt, mit dem Ziel die Koalition bzw. Merkels Regierung zu beenden.
Von einer verlorenen Abstimmung im Bundestag gehen Koalition und Regierung ja nicht unter. Wenn es nicht gerade ein konstruktives Misstrauensvotum ist. Und dann sind sicher mehr Abgeordnete der Koalition anwesend.
Und in diesem konkreten Fall ist es ja auch nicht so, als wären SPD und Grüne prinzipiell gegen das neue ("jetzt ist das aber wirklich das allerallerallerletzte Rettungspaket, versprochen!") Griechenlandpaket.
-- Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat Um ehrlich zu sein, ist für mich "Kanzlermehrheit" in meinem Sprachgebrauch ebenfalls eine Mehrheit, die a) eine Mehrheit der MdBs umfasst, b) die sich aus den Mitgliedern der Koalitionsfraktionen rekrutieren.
Das wäre aber, mit Verlaub, ein sehr eigenwilliger Sprachgebrauch.
Und zwar aus folgendem Grund:
Es gibt ganz bestimmte, fest umrissene Fälle, in denen der Kanzler auf eine absolute Mehrheit der Mitglieder des Bundestages angewiesen ist. Dies ist der Fall bei der Wahl des Kanzlers, bei einer Vertrauensabstimmung und bei einem konstruktiven Misstrauensvotum. Dies sind daher auch die einzigen Fälle, in denen der Begriff "Kanzlermehrheit" eigentlich einen Sinn macht.*
Nun sind diese Abstimmungen allesamt aber GEHEIM. Es liegt in der Natur der Sache, dass man bei geheimen Abstimmungen nie weiß, von wem die Stimmen gekommen sind. Ihr Punkt (b) kann daher kein notwendiges Bestimmungsmerkmal für die "Kanzlermehrheit" sein.
* Bei allen anderen Abstimmungen reicht die Mehrheit der anwesenden Abgeordneten. Und unter den anwesenden Abgeordneten hatte die Regierung eine Mehrheit. Selbst wenn man nur die Ja-Stimmen der anwesenden Koalitionsabgeordneten zählt, gab es diese Mehrheit. Das Vorhaben wäre also durchs Parlament gegangen, SELBST DANN, wenn die Opposition geschlossen gegen das Vorhaben gestimmt hätte. Die Regierung hatte somit nach wie vor das Vertrauen der Mehrheit des Parlaments.
Und wie bereits oben geschrieben: Eine solche Situation, in der die Regierungsparteien zwar die Mehrheit der abstimmenden Abgeordneten stellt, jedoch nicht die Mehrheit aller Abgeordneten, ist im Parlamentsalltag der absolute Regelfall. Mit der gleichen Logik könnte Spiegel Online seit Jahrzehnten praktisch jede Woche schreiben "Regierung verliert Kanzlermehrheit".
Mal abgesehen davon, dass man sich auch noch wundern darf, warum die Kanzlerin in Kanzlerinnenmehrheit im Plural verwendet wird, darf man sich auch fragen wozu es eigentlich noch dass GG gibt... Kanzelermehrheit hin oder her!
"!) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen."
Man sollte vielleicht mal Gewissen durch Fraktionszwang ersetzen. Dann hätten die Schmalspurganoven bei der Presse wenistens einen Frund daraus ein Skandal zu machen.
Das wäre aber, mit Verlaub, ein sehr eigenwilliger Sprachgebrauch.
Und zwar aus folgendem Grund:
Es gibt ganz bestimmte, fest umrissene Fälle, in denen der Kanzler auf eine absolute Mehrheit der Mitglieder des Bundestages angewiesen ist. Dies ist der Fall bei der Wahl des Kanzlers, bei einer Vertrauensabstimmung und bei einem konstruktiven Misstrauensvotum. Dies sind daher auch die einzigen Fälle, in denen der Begriff "Kanzlermehrheit" eigentlich einen Sinn macht.*
Nun sind diese Abstimmungen allesamt aber GEHEIM. Es liegt in der Natur der Sache, dass man bei geheimen Abstimmungen nie weiß, von wem die Stimmen gekommen sind. Ihr Punkt (b) kann daher kein notwendiges Bestimmungsmerkmal für die "Kanzlermehrheit" sein.
* Bei allen anderen Abstimmungen reicht die Mehrheit der anwesenden Abgeordneten.
Das ist m.E. in zweierlei Hinsicht nicht korrekt:
Erstens gibt es weitere Fälle, in denen der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder zu einer Entscheidung kommen muss, darunter der nicht unwichtige Fall der Zurückweisung eines Einspruchs durch den Bundesrat. Zweitens ist die Vertrauensfrage nicht geheim.
Das, was ich - und wohl Teile der Presse (ob das ein Kompliment ist, lass ich mal dahingestellt) - unter "Kanzlermehrheit" verstehe, hängt eben damit zusammen, ob die Regierung noch in der Lage ist, eine eigene Mehrheit zu mobilisieren. Es geht dabei auch nicht darum, ob die Koalition für jede Abstimmung im Parlamentsalltag ihre Dreihundert-und-x-Stimmen mobilisiert, sondern ob sie es faktisch kann. Ich denke, an dieser Fähigkeit, die eigene Mehrheit "kommandieren" zu können, wenn es ums Eingemachte geht, macht man in parlamentarischen Systemen die Handlungsfähigkeit einer Regierung aus. Aus diesem Grund werden ja unter anderem auch namentliche Abstimmung verlangt: von der Opposition, um die Zerrissenheit der Regierung zu zeigen, oder von der Regierung, um auf Geschlossenheit zu dringen.
Zitat Erstens gibt es weitere Fälle, in denen der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder zu einer Entscheidung kommen muss, darunter der nicht unwichtige Fall der Zurückweisung eines Einspruchs durch den Bundesrat. Zweitens ist die Vertrauensfrage nicht geheim.
Richtig. Da war ich ungenau. (Was allerdings nicht das Argument berührt, dass für die Definition des Begriffs "Kanzlermehrheit" nicht entscheidend sein kann, ob die Stimmen von der eigenen Partei kommen - denn gerade bei der Abstimmung über den Kanzler weiß man das eben gar nicht).
Zitat Ich denke, an dieser Fähigkeit, die eigene Mehrheit "kommandieren" zu können, wenn es ums Eingemachte geht, macht man in parlamentarischen Systemen die Handlungsfähigkeit einer Regierung aus
Auch hier: Richtig. Das ist ja gerade mein Punkt: Man kann die Frage, ob Merkels Regierung noch handlungsfähig ist, juristisch formal beurteilen oder politisch faktisch. - Juristisch formal wäre dies, das was man als "Kanzlermehrheit" bezeichnet. Also eine absolute Mehrheit im Parlament. Und die hatte Merkel bei der ESM-Abstimmung. - Politisch faktisch ist allerdings entscheidend, woher die Stimmen kommen. D.h. ein Kanzler muss seine eigenen Leute hinter sich haben. Aber auch dies hatte Merkel: ihre eigenen Leute haben genug Ja-Stimmen abgegeben für eine Mehrheit im Bundestag. Politisch ist das regelmäßig ausreichend um einer Regierung Stabilität zu attestieren. Und seien sie versichert: Wäre die "Kanzlermehrheit" juristisch notwendig geweseen, dann hätte Merkel diese auch aus den eigenen Reihen heraus mobilisiert. Es fehlte ihr ja nur eine Stimme - und mindestens 20 Abgeordnete waren abwesend. Im "Ernstfall" hätte man die schon noch herangekarrt.
Ganz so schön wie der Vergleich mit dem Rentner ist es dann doch nicht: Stratfor beschäftigt sich mit globalen Entwicklungen, dazu gehört auch tatsächlich der Informationskrieg und soweit ich informiert bin, informiert Stratfor seine Abonnenten auch durchaus über Sicherheitsprobleme und Hackerangriffe. In einem solchen Kontext ist es schon etwas peinlich, wenn man sich hacken lässt (noch dazu auf scheinbar so simple Art und Weise, ist ja nicht so, dass hier undokumentierte Sicherheitslücken genutzt wurden). Vielleicht hätte man jemanden fragen sollen, der sich damit auskennt. Und das meine ich durchaus toternst. Die Kreditkartendaten der Abonnenten rumliegen zu lassen ist sträflich. Sträflich dumm. Und es ist vor allem eins: Unprofessionell.
Das hat mit den Hackern nun nichts zu tun, aber der Vergleich mit dem zusammengeprügelten Rentner hinkt auf beiden Beinen. Richtig wäre eher der Vergleich eines Verkehrspolizisten, dem man aus dem Streifenwagen die Brieftasche klaut. Da würde man auch irgendwo ein bischen die Augenbrauen hochziehen. Das ändert natürlich nichts an dem Diebstahl. Aber dumm ist es in aller Regel trotzdem. Und in dieser Beziehung hat selbst die Konfettikanone der Republik recht: Blamabel ist das allemal.
Zitat von LlarianStratfor beschäftigt sich mit globalen Entwicklungen, dazu gehört auch tatsächlich der Informationskrieg und soweit ich informiert bin, informiert Stratfor seine Abonnenten auch durchaus über Sicherheitsprobleme und Hackerangriffe.
Das ist mir neu. Wo kann ich das finden? Ich bin ja Abonnent; mich hat Stratfor leider darüber noch nie informiert.
Zitat von LlarianIn einem solchen Kontext ist es schon etwas peinlich, wenn man sich hacken lässt (noch dazu auf scheinbar so simple Art und Weise, ist ja nicht so, dass hier undokumentierte Sicherheitslücken genutzt wurden). Vielleicht hätte man jemanden fragen sollen, der sich damit auskennt. Und das meine ich durchaus toternst. Die Kreditkartendaten der Abonnenten rumliegen zu lassen ist sträflich. Sträflich dumm. Und es ist vor allem eins: Unprofessionell.
So, wie es leichtsinnig ist, abends als Rentner allein auf die Straße zu gehen, oder sich in einen fast leeren U-Bahn-Wagen zu setzen.
Natürlich ist es ärgerlich, Opfer zu werden; und oft spielt eine Rolle, daß man seine Sicherheit vernachlässigt hat.
Ich habe, lieber Llarian, schon in einem älteren Beitrag das Beispiel unseres Hauses gebracht: Keine Gitter vor den Fensterns, keine Alarmanlage usw.
Entgegen der Agitprop ist Stratfor keine Sicherheitsfirma, sondern eben ein Informationsdienst. Friedman hat zu dem Hackerangriff eingeräumt, daß die EDV eingerichtet wurde, als Stratfor noch klein war; man hat es dann versäumt, die Sicherheit anzupassen. Das hätte ebenso einem Kleiderverkäufer oder einem Softwarehersteller passieren können.
Zitat von Llarian Richtig wäre eher der Vergleich eines Verkehrspolizisten, dem man aus dem Streifenwagen die Brieftasche klaut.
Eben nicht, lieber Llarian. Nochmal: Stratfor ist keine Sicherheitsfirma. Sicherheit spielt nur insofern eine Rolle, als zu den vielen Aspekten, über die es berichtet, logischerweise auch derjenige der Sicherheit gehört. So, wie Wirtschaft, Politik, Militär usw.
Aber die Politkriminellen verbreiten diese Desinformation, Stratfor verkaufe Sicherheit; und leider sind Sie, lieber Llarian, darauf hereingefallen.
Zitat von GorgasalWie es aktuell um das Lateinische bei den Altkatholiken bestellt ist, weiß ich nicht. Aber auch hierfür haben wir Experten im Forum...
Ich bin zwar kein Experte, sondern nur ein einfaches Mitglied, kann aber aus eigener Erfahrung berichten, dass es bei uns dafür weder eine Nachfrage noch ein Angebot gibt. Das "alt" im Namen gibt natürlich heute ständig zu Missdeutungen Anlass. Als es zur Benamsung des Bistums kam, war bei der römisch-katholischen Kirche nämlich gerade das "modern", was heute als "alt" gilt, während mit der Vorsilbe "alt" das betont werden sollte, was heute als "modern" gilt. (Kirchen-)Geschichte kann manchmal verwirrend sein...
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Stratfor mag ja keine Sicherheitsfirma im IT-Sicherheitssinne sein, aber es tritt auch nicht als reines wertneutrales Nachrichtenmagazin auf, zu dem Sie es jetzt machen. Das beschreibt Friedman auch selbst im "About Us". Man berichtet nicht wie Journalisten, sondern man analysiert, spekuliert und kann so mehr zum warum und wieso und was wird passieren sagen. Wer jetzt dann Stratfor abspricht der Wahrheit verpflichtet zu sein, für den wird es so zu einem Meinungsinstitut, das per Meinungsartikel und Analysen mit politischem Bias und seinem Einfluss Krieg führt.
Zumindest die Artikel bei Spiegel und Heise legen nahe, dass man Rechercheleistung und Analysen auch beauftragen kann, also zumindest macht sonst der Vorwurf, man habe z.B. PETA-Aktivisten für Coca-Cola durchleuchtet oder observiert wenig Sinn.
Zitat von LlarianStratfor beschäftigt sich mit globalen Entwicklungen, dazu gehört auch tatsächlich der Informationskrieg und soweit ich informiert bin, informiert Stratfor seine Abonnenten auch durchaus über Sicherheitsprobleme und Hackerangriffe.
Das ist mir neu. Wo kann ich das finden? Ich bin ja Abonnent; mich hat Stratfor leider darüber noch nie informiert.
Dann können Sie es sich an dieser Stelle aussuchen, lieber Zettel: Entweder informiert ein Dienst, der sich mit Sicherheitsbedrohungen beschäftigt, seine Leser über solche oder eben nicht. Was unterm Strich nichts anderes heisst als, er tut es, oder er ist unfähig. Was ist er ?
Zitat So, wie es leichtsinnig ist, abends als Rentner allein auf die Straße zu gehen, oder sich in einen fast leeren U-Bahn-Wagen zu setzen.
Der Vergleich hinkt immernoch und wird durch seine Wiederholung nicht besser, lieber Zettel. Allenfalls der Rentner, der behängt und für jeden sichbar mit einer riesigen Menge Schmuckes um 3 Uhr nachts durch Harlem geht, wäre vergleichbar. Nun, in diesem Fall können wir uns gerne auf den Rentner einigen. Ich glaube nur, dass auch besagter der Rentner die eine oder andere hochgezogene Augenbraue erleben würde.
Zitat Friedman hat zu dem Hackerangriff eingeräumt, daß die EDV eingerichtet wurde, als Stratfor noch klein war; man hat es dann versäumt, die Sicherheit anzupassen. Das hätte ebenso einem Kleiderverkäufer oder einem Softwarehersteller passieren können.
Und beide würden zurecht die selbe Häme bekommen und sich ebenso des Vorwurfs der Fahrlässigkeit aussetzen. Das was Friedman hier einräumt ist nichts weiter als eine Erklärung, aber keine Rechtfertigung. In ganz ähnlicher Form liest man immer wieder Erklärungen in Prozessen um Fahrlässigkeit bei denen Menschen zuschaden kommen. Das Seil wurde der grösseren Traglast nicht angepasst. Der Erste-Hilfe Koffer wurde nicht aufgefüllt. Die Bolzen sind im Laufe der Jahre korrodiert. Etc. etc. etc. Und für all das gibt es ein Wort: Schlampigkeit. Und Schlampigkeit kann man immer erklären, nur ist rechtfertigen eine andere Nummer.
Zitat Nochmal: Stratfor ist keine Sicherheitsfirma. Sicherheit spielt nur insofern eine Rolle, als zu den vielen Aspekten, über die es berichtet, logischerweise auch derjenige der Sicherheit gehört. So, wie Wirtschaft, Politik, Militär usw.
Wenn eine Firma sich wirklich mit globalen Sicherheitsbedrohungen auseinandersetzt und nichtmal über die Gefahren eines Hacks informiert ist, ist entweder schlampig oder völlig inkompetent. Der Verkehrspolizist ist auch nicht in der Bekämpfung von Eigentumsdelikten tätig, aber von einem Polizisten erwarte ich, dass er zumindest nicht dumm genug ist, Wertgegenstände in einem offenen Wagen zurückzulassen. Wenn Stratfor die letzten 10 Jahre gepennt hat, dann sind sie wirklich nicht schlampig. Sondern nur vollkommen unfähig.
Zitat Aber die Politkriminellen verbreiten diese Desinformation, Stratfor verkaufe Sicherheit; und leider sind Sie, lieber Llarian, darauf hereingefallen.
Ich glaube, wer hier hereinfällt, sind Sie, lieber Zettel: Stratfor verkauft Informationen. Aber man möchte auch verdienen. Also hat man jahrelang essentielle Dinge im Sicherheitsbereich unterlassen. Vulgo, man hat Geld gespart. Und zwar auf ihre Kosten. Man hat SIE gefährdet, um die Kosten nicht aufbringen zu müssen. Und jetzt stellt sich Stratfor als armes Opfer dar. Eines daran stimmt: Sie, lieber Zettel, sind tatsächlich das Opfer. Und zwar das Opfer von Stratfor und Lulzsec. Ihr Haus hat jemand anders angezündet, aber das Benzin hat Ihnen ihr Servicedienstleister in den Vorgarten geschüttet.
Zitat von GorgasalWie es aktuell um das Lateinische bei den Altkatholiken bestellt ist, weiß ich nicht. Aber auch hierfür haben wir Experten im Forum...
Ich bin zwar kein Experte, sondern nur ein einfaches Mitglied, kann aber aus eigener Erfahrung berichten, dass es bei uns dafür weder eine Nachfrage noch ein Angebot gibt. Das "alt" im Namen gibt natürlich heute ständig zu Missdeutungen Anlass. Als es zur Benamsung des Bistums kam, war bei der römisch-katholischen Kirche nämlich gerade das "modern", was heute als "alt" gilt, während mit der Vorsilbe "alt" das betont werden sollte, was heute als "modern" gilt. (Kirchen-)Geschichte kann manchmal verwirrend sein...
Wenn es nur die Kirchengeschichte wäre. Die älteste Brücke in Paris - wir haben es geahnt - heißt Neue Brücke. Wer soll sich da noch zurechtfinden?
Zitat von EinervonvielenDie älteste Brücke in Paris - wir haben es geahnt - heißt Neue Brücke. Wer soll sich da noch zurechtfinden?
Ach ja, der Pont Neuf. Ein paar Schritte entfernt ist mein Pariser Stammhotel, und wieder ein paar Schritte weiter war mein Lieblingsbistrot, das Mme Cornut von ihrem Vater übernommen hatte. Inzwischen hat sie es verpachtet, und von Charakter des alten Bistrots aus der Zeit der Halles ist wenig geblieben.
In Frankfurt übrigens gibt es die "Neue Alte Brücke", so ihr offizieller Name. Dort - am Übergang von der Altstadt nach Sachsenhausen - stand jahrhundertelang die einzige Brücke, bis im 19. Jahrhundert erst eine Eisenbahnbrücke dazukam und dann der Eiserne Steg, eine Fußgängerbrücke. Darauf erhielt die eben jetzt alte Brücke den Namen "Alte Brücke". Anfang des 20. Jahrhunderts nun war sie zu eng geworden; und anders als in Paris, wo man immer mal wieder eine neue Brücke baute, wurde sie durch einen Brückenneubau ersetzt.
Als die Planung lief, gab es noch unseren Kaiser Wilhelm II, und sie sollte die "Kaiserbrücke" heißen. Aber dann kam der Krieg, und der Kaiser ging. Fertig wurde die Brücke schließlich erst 1926 - und da nannte man sie, weil offenbar niemandem ein besserer Name einfiel, eben Neue Alte Brücke.
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