Zitat Ich sehe gerade den Bericht aus Berlin und das Interview mit dem neuen Bundespräsidenten. Ich fand es so genial, wie Joachim Gauck die Frage nach dem Mindestlohn ausgekontert hat.
Diese beiden ersten Interviews in ARD und ZDF waren wirklich sehenswert: Die Journalisten rückten gleichsam mit der Checkliste an, um nun gleich mal knallhart abzuprüfen, ob dieser Mann denn den Meinungs-TÜV der deutschen Konsensgesellschaft besteht.
Pro Mindestlohn? Pro Sozialstaatsausbau? Pro Occupy? Pro NPD-Verbot? Muss Wulff das Geld gestrichen werden? Gehört der Islam zu Deutschland? War der Holocaust einzigartig? usw.
Bei jeder dieser Fragen ist eine "falsche" Antwort sofort massiv skandalisierbar. Gauck hat es aber geschafft, "falsche" Antworten zu geben und eine eigene Sicht der Dinge zu vertreten, ohne dabei in die aufgestellte Skandalfalle zu tappen.
Das ist ihm mE gelungen, weil er es gewagt hat, die gestellten Fragen jeweils in einen neuen, von ihm selbst hergestellten Kontext einzuordnen. Er ist einfach nicht in der Standard-Spur geblieben, auf die ihn die Fragesteller setzen wollten.
Das spricht für Gauck. Daraus können aber vielleicht auch Andere lernen. Selbst wenn ihnen natürlich sehr viel schneller und aggressiver ins Wort gefallen wird als einem frischgewählten Bundespräsidenten.
Zitat von Uwe RichardAuch ich fand Herrn Gaucks souveränen Umgang mit den „Moderatoren“ erfrischend. Für alle, denen es aus irgendwelchen Gründen, sei es, weil sie unterwegs waren, oder weil sie kein TV-Gerät besitzen, nicht möglich war, dieses als Verhör gedachte Interview zu genießen, hier der Link zur Konserve.
Ja, das war fein. Man kann sich ausmalen, wie so eine Runde unter Beteiligung eines Worthülsenspeiers wie z.B. Christian Wulff abgelaufen wäre. So aber sahen die ritualgeübten Moderatoren ein wenig alt aus. Jetzt bin ich ja mal gespannt auf Gaucks Antrittsrede, und das ist wirklich das erste Mal, dass ich mich auf sowas wirklich freue.
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Zitat von Uwe RichardAuch ich fand Herrn Gaucks souveränen Umgang mit den „Moderatoren“ erfrischend. Für alle, denen es aus irgendwelchen Gründen, sei es, weil sie unterwegs waren, oder weil sie kein TV-Gerät besitzen, nicht möglich war, dieses als Verhör gedachte Interview zu genießen, hier der Link zur Konserve.
Der Umgang mit den beiden war so souverän, dass die sich teilweise nur durch das Beharren auf einen "Themenwechsel" (bei ca. 11:15) zu helfen wussten.
Chapeau, Herr Bundespräsident.
Tiefseetaucher
Danke für den Hinweis, das Interview war (von Gaucks Seite) wirklich ganz ganz große Kunst. Unbedingt sehenswert.
Zitat von Calimero So aber sahen die ritualgeübten Moderatoren ein wenig alt aus.
Das tun sie auch ohne Gauck. Insgesamt ist das eine freudlose Republik. Kann man nach einer solchen Wahl nicht erst mal ausgelassen feiern, Häppchen essen und sich ordentlich volllaufen lassen und den Qualitätsjournalisten eine Woche Zeit geben ordentliche Fragen vorzubereiten, damit sie nicht immer wieder dasselbe wiederkäuen? Gauck hat immerhin deutlich gemacht, dass er nicht gewillt ist sich von den beiden ZDF-Praktikanten vorführen zu lassen und auch nicht von denen, die danach kommen werden. Auch wenn aus nachvollziehbaren Gründen nicht tiefer darauf eingegangen wird, ist die Lehre aus diesem Interview, dass Gauck sich bewusst ist, dass ganz gleich was er sagen wird, es verdreht und reduziert wiedergegeben wird.
Zitat von Uwe RichardAuch ich fand Herrn Gaucks souveränen Umgang mit den „Moderatoren“ erfrischend. Für alle, denen es aus irgendwelchen Gründen, sei es, weil sie unterwegs waren, oder weil sie kein TV-Gerät besitzen, nicht möglich war, dieses als Verhör gedachte Interview zu genießen, hier der Link zur Konserve.
Ja, das war fein. Man kann sich ausmalen, wie so eine Runde unter Beteiligung eines Worthülsenspeiers wie z.B. Christian Wulff abgelaufen wäre. So aber sahen die ritualgeübten Moderatoren ein wenig alt aus. Jetzt bin ich ja mal gespannt auf Gaucks Antrittsrede, und das ist wirklich das erste Mal, dass ich mich auf sowas wirklich freue.
Ja, was für ein Unterschied zu Wulff. Bei Wulff haben Worte und Eindruck nie so richtig gepasst. Gauck hat ein klares eigenes Menschenbild, Wulff hatte ein konformes Menschenbild.
Zitat von ZettelÜbrigens habe ich aus der heutigen Berichterstattung von Phoenix erfahren, daß ein bisheriger Leitender Redakteur des "Spiegel", Christoph Schwennicke, neuer Chef des "Cicero" werden soll.
Au backe. Ich war Cicero-Leser ab der ersten Ausgabe und habe nur selten eine verpasst; einige Jahrgänge stehen hier noch immer im Regal. Dann kam der Wechsel von Weimer zu Naumann, und die Lektüre machte immer weniger Spaß, die Ausgaben wurden immer öfter übersprungen. Jetzt noch ein Ex-Spiegel-Mann? Dann werde ich mir das Magazin wohl ganz sparen können. Schade. Es war unter Weimer nicht nur ein Debatten-Magazin, sondern eines, dessen Redaktion auf Blabla weitgehend verzichtete - egal ob ich mit den inhaltlichen Positionen übereinstimmte oder nicht, es waren immer klare, nachdenkenswerte, zumeist verständliche Beiträge. Einzigartig in der deutschen Presselandschaft.
Zitat von Uwe RichardAuch ich fand Herrn Gaucks souveränen Umgang mit den „Moderatoren“ erfrischend. Für alle, denen es aus irgendwelchen Gründen, sei es, weil sie unterwegs waren, oder weil sie kein TV-Gerät besitzen, nicht möglich war, dieses als Verhör gedachte Interview zu genießen, hier der Link zur Konserve.
Der Umgang mit den beiden war so souverän, dass die sich teilweise nur durch das Beharren auf einen "Themenwechsel" (bei ca. 11:15) zu helfen wussten.
Chapeau, Herr Bundespräsident.
Tiefseetaucher
Danke für den Hinweis, das Interview war (von Gaucks Seite) wirklich ganz ganz große Kunst. Unbedingt sehenswert.
Dank auch meinerseits.
Klasse Interview. Gauck sehr souverän, sehr klar, humorvoll, kein Phrasendrescher - den beiden Interviewern haushoch überlegen. Gauck sprach sie immer wieder mit ihren Namen an - damit unterwarf er sich den beiden nicht, wie es sonst so oft bei anderen der Fall ist. Angela Merkel macht das übrigens ähnlich.
Und seine Aussagen und angedeuteten Tendenzen, gefallen mir sehr gut. Und vielen in der SPD, bei den Grünen und im linken CDU-Flügel wird sich das Nackenhaar sträuben.
In der Stalinzeit hat ein sowjetischer Historiker das Kunststück hingekriegt, in einer vom ihm verfassten mongolischen Geschichte Dschingis Khan nicht einmal zu erwähnen. Das kam mir damals in den Sinn und heute wurde ich von Ihnen daran erinnert, als ich dieses Posting las
Zitat von stefanolix
Zitat von Einervonvielen Aber ein Hauptverantwortlicher für den Sachsensumpf ist er allemal. Es ist in Sachsen unmöglich, die Grenze zwischen Justiz und organisierter Kriminalität aufzuzeigen. Der Übergang ist fließend. Dank Heitmann.
Ich kann es hier in diesem Forum und auch anderswo nicht oft genug betonen: Den Sachsensumpf gibt es nicht. Hier sind zwei fundierte Artikel aus der F.A.Z. zu diesem Thema. Autor der beiden Artikel ist Reiner Burger, ein Journalist, der heute für diese Zeitung aus NRW berichtet und der mir schon immer durch angenehm sachliche Artikel aufgefallen ist.
“Es gibt keinen Sumpf“ predigt Burger gebetsmühlenartig, ohne auch nur einmal auf das einzugehen, was damals unter „Sumpf“ subsummiert wurde. Ich kenne einen, der hat gesagt es gibt keinen Sachsensumpf. Und ich kenne einen, der hat gesagt es gibt einen Sachsensumpf, aber den kann ich nicht leiden und außerdem ist er ein schlechter Journalist. Das ist die Substanz, die Substanzlosigkeit von Burgers unseligen Artikeln. Wobei man zugeben muss, dass man den Sachsensumpf anders nicht beerdigen kann. Denn sobald er überhaupt die wirklichen Fragen zulässt, ist für jeden verständigen Leser der Sumpf mit Händen zu greifen. Ich habe die beiden Artikel durchgesehen. Die Kernbegriffe der im Jahr 2007 unter „Sachsensumpf“ subsummierten Vorgänge (Barbara Beer, Martin Mielke, Martin Klockzin, Jasmin, Georg Wehling) tauchen dort nicht auf. Das weitere aus dem leipziger Allerlei (Olympia-Mafia, Paunsdorf-Center, von Hermanni/bfb, Rainer Wollny) und der näheren Umgebung (MAG Grimma, Moothäuser Heide, Fleischfabrik Pirna, usw.) wird von Burger ebenfalls nicht erwähnt. Die 100% belegfreie Argumentation.
Aber immerhin hat er genug Zeit, im redaktionellen Teil private Attacken gegen seinen Lieblingsfeind Jürgen Roth zu reiten. Unterste Rille. Meine Meinung. Andere sehen das anders. Für seine „angenehm sachlichen Artikel“ hat er die sächsische Verfassungsmedaille gewonnen.
Zitat von stefanolixEs gibt in dieser Affäre einen kleinen Teil Wahrheit und ganz viel Erfindungen. Der kleine Teil Wahrheit ist vermutlich so oder ähnlich in jedem Bundesland zu finden: Die Prostitution hat überall Anknüpfungspunkte zum organisierten Verbrechen und es gibt wohl auch überall den einen oder anderen Amtsträger, der in solchen Etablissements angetroffen wurde. Doch man muss auch die Größenordnung des Problems richtig einordnen: Wo gibt es wohl mehr Prostituierte: Auf St. Pauli oder in ganz Sachsen?
Keine verifizierbare Aussage. Was wollen Sie damit beweisen/widerlegen?
Danke für den Link. Ich habe ein Problem. Mein Internet-Zugang ist nicht der schnellste. Das juckt nicht weiter, weil ich sowieso nicht der große Filmegucker bin. Und falls mal was interessantes im Netz ist, lade ich das runter und sehe es mir offline an. Das Gauck-Interview kriege ich mit meinen Tools (Download-Helper) nicht runtergeladen. Kann mir jemand einen Tipp geben, wie ich das Video downloaden kann?
Zitat von EinervonvielenIch habe ein Problem. Mein Internet-Zugang ist nicht der schnellste. Das juckt nicht weiter, weil ich sowieso nicht der große Filmegucker bin. Und falls mal was interessantes im Netz ist, lade ich das runter und sehe es mir offline an. Das Gauck-Interview kriege ich mit meinen Tools (Download-Helper) nicht runtergeladen. Kann mir jemand einen Tipp geben, wie ich das Video downloaden kann?
ARD- und ZDF-Streams kann man bequem mit MediathekView herunterladen.
Man erkennt den geübten, intellektuell überlegenen, rhetorisch geschulten Redner, der in sich auf Überzeugungen ruhend alle Fragen beantwortet und dabei eine absolute emotionale Distanz bewahrt. Ein Paradebeispiel der Rhetorik und Gesprächsführung (in einer Linie mit der Elefantenrunde Schröders, btw. wenn auch mit anderen Mitteln).
Peinlich eigentlich für die Journalisten, dass ihre - unverschämt scharfen und konkreten Fragen so ins Leere laufen. Jedem anderen Politiker nach jeder anderen Wahl hätte man mit nichtssagenden Phrasen interviewt und Raum für Phrasendrescherei gelassen. Gauck zieht die Diskussion beispielhaft aus der Sach- und Detailebene auf eine grundsätzliche Ebene und macht dort seine Punkte. Von einem guten Theologen wird man das auch erwarten können. Von einem Interview mit einem Bundespräsidenten hingegen erwartet man Fragen zu den grossen Linien der Politik und Gesellschaft und nicht zu dem Mindestlohn.
Zitat von EinervonvielenIch habe ein Problem. Mein Internet-Zugang ist nicht der schnellste. Das juckt nicht weiter, weil ich sowieso nicht der große Filmegucker bin. Und falls mal was interessantes im Netz ist, lade ich das runter und sehe es mir offline an. Das Gauck-Interview kriege ich mit meinen Tools (Download-Helper) nicht runtergeladen. Kann mir jemand einen Tipp geben, wie ich das Video downloaden kann?
ARD- und ZDF-Streams kann man bequem mit MediathekView herunterladen.
Zitat von Frank BöhmertJetzt noch ein Ex-Spiegel-Mann? Dann werde ich mir das Magazin wohl ganz sparen können. Schade. Es war unter Weimer nicht nur ein Debatten-Magazin, sondern eines, dessen Redaktion auf Blabla weitgehend verzichtete - egal ob ich mit den inhaltlichen Positionen übereinstimmte oder nicht, es waren immer klare, nachdenkenswerte, zumeist verständliche Beiträge. Einzigartig in der deutschen Presselandschaft.
Der ein oder andere gute Artikel erscheint schon noch, obwohl einer natürlich noch keinen Sommer macht, und die unweigerlich kommenden nebligen Novembertage nicht aufhalten können wird.
Mit freundlichem Gruß
-- Wer mich ertragen kann, erträgt auch das Leben – Uwe Richard
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