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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 31 Antworten
und wurde 3.906 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.04.2012 03:26
Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Als ich zum jetzt heftig diskutierten Thema "Betreuungsgeld" recherchiet habe, bin ich auf einen Artikel im gedruckten "Spiegel" vom November vergangenen Jahres gestoßen, dem ich dieses Zitat des Tages entnommen habe.

Ich weiß nicht, ob das Betreuungsgeld eine gute Idee ist. Darum geht es mir in dem Artikel aber auch gar nicht; sondern um ein Denken, das ganz selbstverständlich dem Staat die Kompetenz darüber zuweist, zu entscheiden, ob Mütter besser zu Hause bleiben oder arbeiten gehen.

Daß, wer immer die zitierten Sätze im "Spiegel" geschrieben hat, sich viel dabei gedacht hat, glaube ich nicht. Aber Ideologie ersetzt ja eben das Denken.

Thomas Pauli Offline




Beiträge: 1.486

04.04.2012 08:39
#2 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Lieber Zettel,

ja, der Staat hat sich schon in so viele Belange der Bürger eingemischt, daß wir es schon gar nicht mehr wahrnehmen, daß wir es nicht mehr wahrnehmen. Aber, was das Betreuungsgeld angeht, wird es wohl so ausgehen, wie wir es im Sozialstaat gewohnt sind: Der Staat fördert das Verhalten A genauso wie das gegenteilige Verhalten B. Und alle, bis auf die Steuerzahler, sind's zufrieden. Und auf die Steuerzahler kommt's, weil in der Minderheit, nicht mehr an.

Herzlich, Thomas

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

04.04.2012 09:06
#3 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Es ist ein ganz schwieriges Thema und ich will mit einer kurzen Einleitung begründen, warum der folgende Kommentar recht lang wird. Da ich in sehr jungen Jahren zum ersten Mal Vater geworden bin, begleiten mich Themen wie Kindergarten, Grundschule und Gymnasium nun schon seit Mitte der 1990er Jahre. Mein jüngerer Sohn ist jetzt zehn Jahre alt. Ich selbst bin in der DDR-Zeit nicht in den Kindergarten gegangen. Ich habe im Familien- und Bekanntenkreis einen engen Bezug zum Bereich Frühpädagogik.



In allen Industriestaaten wird auf die Frühpädagogik ein großer Wert gelegt. In einigen Staaten und Regionen wurden Modelle entwickelt, die für uns eine Vorbildwirkung haben. Andere Modelle haben auf uns eher abschreckende Wirkung. Kein Modell lässt sich 1:1 auf andere Staaten übertragen, aber man kann aus ihren Stärken und Schwächen lernen. Ich sehe bezogen auf Deutschland folgende Wettbewerbs-Situationen:

- den Standortwettbewerb der Industriestaaten
- den Wettbewerb der Bundesländer
- den Wettbewerb benachbarter Kommunen
- den Wettbewerb der lokalen Betreuungsmodelle
- den Wettbewerb der Parteien
- den Wettbewerb der interessierten gesellschaftlichen Gruppen

Der schärfste Wettbewerb ist aber der Wettbewerb der Eltern. Auf all diese Wettbewerbs-Situationen sollte im Verlauf der Diskussion noch eingegangen werden. Sie können jedenfalls nicht ausgeblendet werden.



Neben der frühkindlichen Bildung steht die Betreuung der Kinder im Krippen- und Kindergartenalter: In einem langen Ringen sind die politischen und gesellschaftlichen Kräfte zu dem Ergebnis gekommen, dass zu einer gesetzlichen Regelung der Schwangerschaftsunterbrechung [berichtigt: des Schwangerschaftsabbruchs] auch ein staatliches Angebot der Kinderbetreuung gehört. Es gibt also den Rechtsanspruch auf die Betreuung der Kinder im Vorschulalter.

Dieser Rechtsanspruch wurde vor langer Zeit beschlossen, aber mir ist kaum eine Region bekannt, in der er wirklich erfüllt werden kann (abgesehen von bevölkerungsschwachen Regionen in Ostdeutschland, wo die Infrastruktur der Kindergärten aus der DDR-Zeit noch vorhanden ist und wo man um jede junge Familie kämpft). In Dresden gibt es nun wirklich einen sehr hohen Betreuungsgrad, aber es fehlen trotzdem tausende Plätze.



Mir scheint das Betreuungsgeld ein Angebot zu sein, mit dem man einen gewissen Anteil der Eltern vom Anspruch auf einen Kindergartenplatz abbringen will, weil die Plätze in den allermeisten Regionen sowieso nicht ausreichen werden.

Neben dem Pro und Contra der Betreuung darf die frühkindliche Bildung nicht vergessen werden. Der Bildungsanspruch macht die Kindergartenplätze wesentlich teurer, als man es sich damals träumen ließ. Der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz wurde vor dem ersten PISA-Test beschlossen und die Globalisierung ist seitdem sehr schnell vorangeschritten.



Das Eingangszitat ist also in meinen Augen ein brauchbarer Ansatz für die weitere Diskussion, auch wenn man »Staat« durch »demokratische Gesellschaft« ersetzen müsste. Letztlich beauftragen wir als Wähler ja den Staat damit, eine Lösung (oder mehrere Lösungen) anzubieten. Es wird gefragt:

Zitat
Was will dieser Staat nun: dass Mütter arbeiten gehen oder dass Mütter zu Hause bleiben? Dass Mütter ihre Kinder in eine Kita geben oder nicht?



Die Frage ist nicht ganz unberechtigt, wenn man sich vor Augen führt, dass staatliche Regelungen und staatliche Ressourcenverwendung uns alle angehen. Beispiele: Wir zahlen dafür Steuern, wir stehen im weltweiten Wettbewerb, wir müssen uns als Menschen (z.B. Eltern oder Großeltern) eigenverantwortlich für Lösungen entscheiden, wir müssen uns als Wähler eine Meinung dazu bilden, wir entwickeln auch als Privatpersonen eine Meinung zum Tun und Lassen unserer Mitbürger …

Bei allen Ansprüchen an Freiheit und bei allem Wunsch nach einer niedrigeren Staatsquote: Wer Lösungsvorschläge macht, sollte bitte mindestens an die oben angedeuteten Wettbewerbssituationen, an die demografische Entwicklung, an die Entscheidung für oder gegen das werdende Leben und an die frühkindliche Bildung denken.

Tischler ( gelöscht )
Beiträge:

04.04.2012 09:10
#4 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Ist der "Staat", mit all seiner nervtötenden und kostspieligen Überbetreuung, als Adresse der
Kritik wirklich der richtige Empfänger?
Wenn ich mich bei meinen Mitmenschen so umhöre finde ich wenig bis gar keinen Unmut bei all den
Eingriffen in den aller persönlichsten Bereich.
Ich weiß, es ist abgedroschen, aber haben wir nicht tatsächlich die Art von überbetreuendem Staat,
der vom Gros unserer Gesellschaft als angenehm empfunden wird?
Allzu oft höre ich doch die Forderung "....da muß doch jetzt mal der Staat..."

Bei meinen eigenen Überlegungen, wie weit ich, mit diktatorischen Vollmachten ausgerüstet,den "Staat"
zurück drängen würde, stoße ich doch bald an Grenzen.
Z.B. Schulpflicht, würde ich das in der Entscheidungsgewalt jeder einzelnen Familie lassen? Nein!

Tischler ( gelöscht )
Beiträge:

04.04.2012 09:23
#5 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Lieber Stefanolix,

nicht ansatzweise habe ich bei der Gründung meiner Familie darüber nachgedacht ob ich damit die
Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands befördere oder dem demographischen Wandel entgegen wirke.
Würde ich auch nicht ansatzweise als meine Bürgerpflicht, bei diesem Thema, annehmen.

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

04.04.2012 09:50
#6 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Zitat
Neben dem Pro und Contra der Betreuung darf die frühkindliche Bildung nicht vergessen werden. Der Bildungsanspruch macht die Kindergartenplätze wesentlich teurer, als man es sich damals träumen ließ. Der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz wurde vor dem ersten PISA-Test beschlossen und die Globalisierung ist seitdem sehr schnell vorangeschritten.



In der FAZ von heute ist ein ganzseitiger Artikel eines Kinderarztes, der Untersuchungen über die kurz- und langfristigen Auswirkung von Hortbetreuung etc. auf Kinder vorstellt. Demnach bedeutet auch eine qualitativ gute Hortbetreuung einen massiven Stress für das Kind (ermittelt am Cortisonspiegelverlauf im Tagesverlauf) und kann Jahre sich in sozioemotionalen Defiziten manifestieren, in höherer Suizidneigung, höherer Neigung zu psychischen Erkrankungen etc.

Bei der Frage der Fremdbetreuung, frühkindliche Bildung etc. geht es im Kern ja nicht um alle Kinder, sondern es geht um die Kinder aus bestimmten Herkunftsmilieus, in denen eben die Eltern nichts für die frühkindliche Bildung tun. - Es geht im Klartext doch darum, dass man die Kinder aus Migrantenfamilien, in denen nur Türkisch oder Arabisch gesprochen wird, in den Kindergarten holen will, damit die Kinder vor Beginn der Schulpflicht über grundlegende Deutschkenntnisse verfügen, und man will Kinder aus sonstigen Problemfamilien zu deren Wohl herausnehmen. Darum geht es und um nichts anderes, und diese Anliegen sind ja auch verständlich.

Nur traut sich niemand, dies so zu sagen - und im Sinne der politischen Korrektheit will man dann suggerieren, dass es für alle Familien sinnvoll wäre, die Kinder dort wegzugeben in die Staatsbetreuung. DAbei ist es völlig offensichtlich, dass ein Kind, das von einer ihm zugewandten Mutter oder einem ihm zugewandten Vater aufgezogen wird, 100mal mehr Betreuung und frühkindliche Bildung erhält.

Der andere Grund ist natürlich, dass man die Kinder aus den sozial intakten Elternhäusern braucht, um die Problemkinder zu sozialisieren. Wohin soll man die Problemkinder integrieren wenn nicht in eine Gruppe bereits sozialisierter Kinder mit guten Deutschkenntnissen.

Zitat
zu einer gesetzlichen Regelung der Schwangerschaftsunterbrechung



Geht die Schwangerschaft nach der Unterbrechung irgendwann weiter? Oder meinen Sie -abbruch?

Hausmann Offline



Beiträge: 710

04.04.2012 10:20
#7 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Wer kann sich bei einem solchen Thema zurückhalten? :)
Trotz vieler Wenn und Aber gibt es einige Erfahrungen aus DDR-Zeiten, die bedenkenswert bleiben (wobei mir die Staatsaufsicht inzwischen suspekt ist; eine generelles Problem): Erweiterung der sozialen Kontakte und Erfahrungen, qualifizierte kindliche Bildung u.a. mfG

Jim Offline



Beiträge: 36

04.04.2012 10:27
#8 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Zitat
Ist der "Staat", mit all seiner nervtötenden und kostspieligen Überbetreuung, als Adresse der
Kritik wirklich der richtige Empfänger?
Wenn ich mich bei meinen Mitmenschen so umhöre finde ich wenig bis gar keinen Unmut bei all den
Eingriffen in den aller persönlichsten Bereich.
Ich weiß, es ist abgedroschen, aber haben wir nicht tatsächlich die Art von überbetreuendem Staat,
der vom Gros unserer Gesellschaft als angenehm empfunden wird?
Allzu oft höre ich doch die Forderung "....da muß doch jetzt mal der Staat..."



Wenn man es genau nimmt, ist diese Haltung in diesem (und vielen anderen) Foren auch zu beobachten: "Der Staat soll sich zurück ziehen, (erst) dann wird alles von alleine besser."
Wie man unter den bestehenden Verhältnissen die eigene Freiheit bewahren oder zurückgewinnen kann, wie man persönlich dazu beitragen kann den Staat zurück zu drängen wird wenig diskutiert. Mag sein, dass solche Themen nicht in dieses Forum passen und privat die meisten Teilnehmer erfolgreich an der eigenen kleinen oder großen Freiheit basteln, aber von vielen Beiträgen hier schließe ich eher auf eine abwartende Haltung.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

04.04.2012 11:47
#9 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Zitat von Jim

Zitat
Ist der "Staat", mit all seiner nervtötenden und kostspieligen Überbetreuung, als Adresse der
Kritik wirklich der richtige Empfänger?
Wenn ich mich bei meinen Mitmenschen so umhöre finde ich wenig bis gar keinen Unmut bei all den
Eingriffen in den aller persönlichsten Bereich.
Ich weiß, es ist abgedroschen, aber haben wir nicht tatsächlich die Art von überbetreuendem Staat,
der vom Gros unserer Gesellschaft als angenehm empfunden wird?
Allzu oft höre ich doch die Forderung "....da muß doch jetzt mal der Staat..."



Wenn man es genau nimmt, ist diese Haltung in diesem (und vielen anderen) Foren auch zu beobachten: "Der Staat soll sich zurück ziehen, (erst) dann wird alles von alleine besser."
Wie man unter den bestehenden Verhältnissen die eigene Freiheit bewahren oder zurückgewinnen kann, wie man persönlich dazu beitragen kann den Staat zurück zu drängen wird wenig diskutiert. Mag sein, dass solche Themen nicht in dieses Forum passen und privat die meisten Teilnehmer erfolgreich an der eigenen kleinen oder großen Freiheit basteln, aber von vielen Beiträgen hier schließe ich eher auf eine abwartende Haltung.



Lieber Jim, ich teile ihre Ansicht, obwohl mir der Artikel von Zettel geradezu aus dem Herzen spricht.
Es gab in diesem Forum schon viele Diskussionen zum Thema Kinderbetreuung und ich wiederhole gerne meine Ansicht:
Es gab und gibt Eltern die unter den bestehenden Verhältnissen die eigene Freiheit bewahren oder zurückgewinnen, in dem sie für Ihre und andere Kinder sogenannte Elterninitiativkinderläden gründen oder die Betreuung über Tagesmütter organisieren. Und um die m. E. sehr wichtigen Gedanken von Gansguoter aufzugreifen:
Eine Umgebung die von den Eltern der Kinder aufgebaut und begleitet wird, verliert ihre Fremde und ist ein, meiner Erfahrung nach, guter Kompromiss zwischen der notwendigen Erwerbstätigkeit beider Elternteile und der für die Kinder so wichtigen Zugewandtheit der Eltern.

Viele Grüße, Erling Plaethe

dirk Offline



Beiträge: 1.538

04.04.2012 11:56
#10 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Zitat von Zettel
Die Peitsche kann nicht geschwungen werden; umso nachdrücklicher wird Zuckerbrot verteilt, um das Verhalten der Bürger zu lenken.



Die Unterscheidung zwischen Zuckerbrot und Peitsche kann ich nichzt nachvollziehen; es sind zwei Seiten derselben Medaille (ansonsten stimme ich mit allem überein). Das Zuckerbrot fällt ja nicht vom Himmel, es zahlt der Steuerzahler. Der Staat zwingt damit Menschen, die sich nicht konform verhalten (Peitsche), denjenigen, die wie erwünscht agieren das Zuckerbrot zu bezahlen. Der Staat zwingt die Bürger quasi einen Kita-Platz zu kaufen, auch wenn sie ihn nicht haben wollen, lässt es ihnen dann aber offen, ob sie ihn in Anspruch nehmen. Da eigentlich mehr Zwang als Belohnung im Spiel und es ärgert micht, dass immer nur von den positiven Anreizen, vom Zuckerbrot, die Rede ist.

Es kann sein, dass eine Mutter (oder ein Vater) entgegen ihrer Präferenzen gezwungen ist, seine Kinder in die Kita zu schicken und zu arbeiten, weil das Einkommen nach Steuern bei nur einem Verdiener nicht ausreichen würde, die Familie zu ernähren. Im Grenzfall kann es sogar sein, dass hier die Steuermehrbelastung durch die staatlich finanzierten Kitas den Ausschlag geben.

Die Steuerung dieser Art funktioniert nach dem Motto: "Wir setzen den Preis der von uns gwünschten Lebensform auf null. Bezahlt wird das ganze von allen anderen, so es die denn noch gibt Das wird sich aber schnell erledigt haben, denn zu individuellen Lebensstilen fehlt ihnen einfach das Geld" Ehrlich gesagt kann ich da keinen inhaltlichen Unterschied zur DDR sehen ( dass wir hier darüber debattieren können und über die Maßnahmen demokratisch abgestimmt wird ist natürlich ein substanzieller Unterschied im Verfahren, der aber den Inhalt keineswegs besser macht). Und auch das demokratische Verfahren dürfte sich bald als Makulatur erweisen und nur noch Ritualwert besitzen. Wieviele Bürger können denn wirklich frei und ihren eigentlich Präferenzen nach abstimmen, wenn sie gleichzeitig einen Großteil ihres Einkommens (direkt oder indirekt, etwa durch Kita Subventionen) durch den Staat beziehen? Da ist die Wahlentscheidung ganz schnell von finanziellen Erwägungen abhängig ("Wir sind Möwenpick!") anstatt von grundsätzlichen .

Nobster Offline




Beiträge: 291

04.04.2012 12:53
#11 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Den Ausführungen vo dirk kann ich vollkommen zustimmen.

Wie würde denn ein Staat handeln, der den Eltern völlige Entscheidungsfreiheit gewährt?
- Würde er Kitas bauen oder das den privaten Initiativen überlassen?
- Wären die Gebühren kostendeckend (inklusive Bau, Unterhalt, Personalkosten) oder gelten sie zumindest teilweise als Infrastrukturmaßnahmen, die quasi allen Bürgern zugute kommen.

Nimmt man die zwei Extremfälle:
1. Der Staat baut Kitas und stellt sie den Eltern kostenfrei zur Verfügung, dann sind die Eltern benachteiligt, die ihre Kinder selbst betreuen und dafür auf einen Teil ihrer Einnahmen verzichten.
2. Der Staat setzt zwar Mindestanforderungen für Kitas, die Kitas werden aber von Privatinvestoren gebaut und von den Eltern bezahlt, dann sind Eltern benachteiligt, die ihre Kinder in die Kitas geben und in der so gewonnenen Zeit möglicherweise nicht mal soviel Einkommen erzielen, wie die Kitas kosten.

Noch ein Gedanke:
In der gegenwärtigen Diskussion werden meines Erachtens drei Probleme zusammengeworfen:
Polemisch ausgedrückt:
- Die gut ausgebildeten Frauen verblöden, wenn sie sich nur noch mit ihren Kindern beschäftigen.
- Die bildungsfernen Frauen sind zu blöde, sich mit ihren Kindern zu beschäftigen.
- Die anderen Frauen müssen schaffen, wie blöde, statt sich mit ihren Kindern zu beschäftigen.
Und für alle drei Gruppen sind die Kitas das Patentrezept. Das hat in der DDR ja schon gut funktioniert.

Tischler ( gelöscht )
Beiträge:

04.04.2012 13:00
#12 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Zitat Jim

"Wenn man es genau nimmt, ist diese Haltung in diesem (und vielen anderen) Foren auch zu beobachten: "Der Staat soll sich zurück ziehen, (erst) dann wird alles von alleine besser."


Werter Jim,

ich weiß nicht ob irgendetwas jemals von alleine besser geworden ist, so richtig mag ich es auch nicht
glauben.
Aber, Sie werden mir sicherlich darin zustimmen, daß das Regulieren bis in die kleinste Verästelung des
Privaten, und was kann privater als Familienplanung und Kindererziehung sein, individuelle Spielräume nun
arg begrenzt.

Im übrigen warte ich noch auf die EU-Verordnung, daß Mietwohnungen nicht mehr an Raucher vermietet werden
dürfen, zum Schutz der Haustiere.

Tischler ( gelöscht )
Beiträge:

04.04.2012 13:06
#13 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Zitat nobster
Nimmt man die zwei Extremfälle:
"1. Der Staat baut Kitas und stellt sie den Eltern kostenfrei zur Verfügung, dann sind die Eltern benachteiligt, die ihre Kinder selbst betreuen und dafür auf einen Teil ihrer Einnahmen verzichten."


Wieso sollten sich diese Eltern benachteiligt fühlen? Sie wählen doch freiwillig diese Variante und haben
doch den emotionalen Gewinn sich besonders gut um ihr Kind zu kümmern.

Gleichheit hat doch nun nicht zwingend was mit Gerechtigkeit zu tun.

AldiOn Offline




Beiträge: 983

04.04.2012 13:10
#14 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Zum Thema gibt es eine Erziehungsgehalt – Wikipedia Seite.

Zitat
In Norwegen wurde 1998 ein Betreuungsgeld eingeführt.[3] Es wird oft in Kombination mit einem Kindergartenplatz genutzt. In den ersten drei Jahren nach der Einführung erhielten es fast 80% der Eltern; in den nächsten neun Jahren sank der Anteil auf 58 Prozent.[13] Es wird laut Angaben von Arni Hole, Generaldirektorin im norwegischen Ministerium für Kinder und Gleichstellung, in der Variante eines völligen Verzichts auf den Kindergartenbesuch nahezu ausschließlich von Unterschicht- und Einwandererfamilien genutzt.[



Ziemlich genau das Gegenteil des was Sarrazin (um es auf den Punkt zu bringen) fordert. Da ca. 2/3 aller ethnisch-europäischen Frauen aber nur ein kleiner Teil der Migrantinnen arbeitet, ist ja klar wo dieses Geld hingehen wird.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

04.04.2012 13:50
#15 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Zitat von Tischler
Lieber Stefanolix,

nicht ansatzweise habe ich bei der Gründung meiner Familie darüber nachgedacht ob ich damit die
Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands befördere oder dem demographischen Wandel entgegen wirke.
Würde ich auch nicht ansatzweise als meine Bürgerpflicht, bei diesem Thema, annehmen.



Ich habe auch nicht an so etwas gedacht. Aber die Politik befasst sich damit.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

04.04.2012 14:11
#16 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Zitat von Gansguoter
In der FAZ von heute ist ein ganzseitiger Artikel eines Kinderarztes, der Untersuchungen über die kurz- und langfristigen Auswirkung von Hortbetreuung etc. auf Kinder vorstellt. Demnach bedeutet auch eine qualitativ gute Hortbetreuung einen massiven Stress für das Kind (ermittelt am Cortisonspiegelverlauf im Tagesverlauf) und kann Jahre sich in sozioemotionalen Defiziten manifestieren, in höherer Suizidneigung, höherer Neigung zu psychischen Erkrankungen etc.



Das werde ich mir gern ansehen, wenn ich mir die Zeitung nachher noch kaufe. Ich werde dabei vor allem darauf achten, wer die Studie in Auftrag gegeben hat, wer sie durchgeführt hat und ob sie repräsentativ ist. Ich werde den Artikel mit einer gesunden Skepsis lesen ;-)

Zitat von Gansguoter
Bei der Frage der Fremdbetreuung, frühkindliche Bildung etc. geht es im Kern ja nicht um alle Kinder, sondern es geht um die Kinder aus bestimmten Herkunftsmilieus, in denen eben die Eltern nichts für die frühkindliche Bildung tun. - Es geht im Klartext doch darum, dass man die Kinder aus Migrantenfamilien, in denen nur Türkisch oder Arabisch gesprochen wird, in den Kindergarten holen will, damit die Kinder vor Beginn der Schulpflicht über grundlegende Deutschkenntnisse verfügen, und man will Kinder aus sonstigen Problemfamilien zu deren Wohl herausnehmen. Darum geht es und um nichts anderes, und diese Anliegen sind ja auch verständlich.

Nur traut sich niemand, dies so zu sagen - und im Sinne der politischen Korrektheit will man dann suggerieren, dass es für alle Familien sinnvoll wäre, die Kinder dort wegzugeben in die Staatsbetreuung. DAbei ist es völlig offensichtlich, dass ein Kind, das von einer ihm zugewandten Mutter oder einem ihm zugewandten Vater aufgezogen wird, 100mal mehr Betreuung und frühkindliche Bildung erhält.



Ich bezweifle stark, dass es der Bundesregierung um die Kinder aus »bestimmten Milieus« geht.

Hier in Dresden ist jedenfalls die Nachfrage nach Kindergartenplätzen in allen sozialen Schichten sehr hoch. Am stärksten ist die Nachfrage nach Kindergartenplätzen in Einrichtungen mit einem guten Konzept für die Schulvorbereitung. Die anspruchsvollsten Nachfrager sind berufstätige Eltern mit hohem Bildungsniveau.

Hier ist es für einen sehr großen Teil der gut ausgebildeten Frauen (sowohl mit qualifiziertem Berufsabschluss als auch mit Hochschulabschluss) völlig unvorstellbar, ihr Kind sieben oder zehn Jahre (bis zum Ende der Grundschule) zu Hause zu betreuen und dafür auf die Ausübung des Berufs zu verzichten. Man kann sicher darüber diskutieren, ob der Beruf immer in Vollzeit ausgeübt werden muss — verzichten will jedenfalls kaum eine Frau.

Ich habe beruflich auch mit Auftraggebern aus westlichen Bundesländern zu tun. Dort arbeiten viele junge Frauen in Teilzeit (das erfährt man, wenn es z.B. um Termine für telefonische Absprachen geht). Ihre Kinder werden meist in Teilzeit in der KITA betreut.

Nobster Offline




Beiträge: 291

04.04.2012 15:31
#17 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Zitat von Tischler
Zitat nobster
Nimmt man die zwei Extremfälle:
"1. Der Staat baut Kitas und stellt sie den Eltern kostenfrei zur Verfügung, dann sind die Eltern benachteiligt, die ihre Kinder selbst betreuen und dafür auf einen Teil ihrer Einnahmen verzichten."


Wieso sollten sich diese Eltern benachteiligt fühlen? Sie wählen doch freiwillig diese Variante und haben
doch den emotionalen Gewinn sich besonders gut um ihr Kind zu kümmern.

Gleichheit hat doch nun nicht zwingend was mit Gerechtigkeit zu tun.


Warum sollte der Staat den Eltern, die ihre Kinder in die Kita bringen, die Betreuung bezahlen, den Eltern, die ihre Kinder selbst betreuen aber nicht?
Das wäre doch so, als wenn es beim Bäcker Brot umsonst gibt. Die, die ihr Brot selbst backen, tun das doch freiwillig und haben den Genuss, das das Brot dann besser schmeckt.
Oder jeder kriegt eine kostenlose Reinigungskraft gestellt, wenn man es sauberer haben will, kann man ja selber putzen.

Jim Offline



Beiträge: 36

04.04.2012 16:00
#18 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Zitat
Aber, Sie werden mir sicherlich darin zustimmen, daß das Regulieren bis in die kleinste Verästelung des
Privaten, und was kann privater als Familienplanung und Kindererziehung sein, individuelle Spielräume nun
arg begrenzt.



Da stimme ich Ihnen gerne zu. Aber es gibt immer noch Nischen und mitunter ganze Bereiche, die sich bis jetzt der staatlichen Regulierung entziehen. Diese zu nutzen, dient nicht nur der persönlichen Freiheit, sondern hilft auch anderen Mitbürgern, sich durch Vorbild oder Kooperation von staatlicher Abhängigkeit zu befreien. Deshalb würde ich mir hier im Forum, bei aller berechtigter Kritik an staatlicher Bevormundung und medialer Propaganda, öfters mal die Diskussion konkreter Eigeninitiative wünschen.

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

04.04.2012 17:01
#19 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Zitat
Ich bezweifle stark, dass es der Bundesregierung um die Kinder aus »bestimmten Milieus« geht.



Das glaube ich sehr wohl. Das Betreuungsgeld für Eltern wurde und wird von verschiedenen Politikern gerade deswegen abgelehnt, weil damit falsche Anreize geschaffen würden, Kinder NICHT in die Kita zu geben. Ich finde auf die Schnelle Monika Hohlmeier über Kinder aus "bildungsfernen Schichten": "Hier wäre es gut, wenn die Kinder so früh wie möglich zusätzliche Förderung und Betreuung von öffentlicher Seite bekommen."
http://www.focus.de/politik/deutschland/...aid_710887.html

"Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag bekräftigte seine Ablehnung des Betreuungsgeldes. „Das Betreuungsgeld könnte dazu führen, dass gerade Familien aus bildungsfernen Schichten die Möglichkeiten einer Kinderbetreuung und damit einen ersten Baustein frühkindlicher Bildung nicht in Anspruch nehmen“, warnte DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann in der „Passauer Neuen Presse“."
http://www.focus.de/politik/deutschland/...aid_732585.html

Das Ganze wird dann noch garniert mit Emanzipationsgedanken etc. - aber keiner traut sich zu sagen, worum es eigentlich geht: Es gibt Familien (bildungsfern und/oder nicht Deutsch als Verkehrssprache), da ist es gesellschaftlich erwünscht, dass die Kinder früh in einer Kita sozialisiert werden und deutsch lernen. Da wäre eine Pflicht gut begründet. - Es gibt aber andere Familien, da können die Eltern besser für ihre Kinder sorgen bzw. da sollte man den Eltern die Wahl lassen, ob sie selbst betreuen wollen/können oder eben eine Kita in Anspruch nehmen wollen. Diese sachlich begründete Unterscheidung spricht aber niemand ist - nicht pc.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

04.04.2012 17:36
#20 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Zitat von Gansguoter
Es gibt Familien (bildungsfern und/oder nicht Deutsch als Verkehrssprache), da ist es gesellschaftlich erwünscht, dass die Kinder früh in einer Kita sozialisiert werden und deutsch lernen. Da wäre eine Pflicht gut begründet. - Es gibt aber andere Familien, da können die Eltern besser für ihre Kinder sorgen bzw. da sollte man den Eltern die Wahl lassen, ob sie selbst betreuen wollen/können oder eben eine Kita in Anspruch nehmen wollen. Diese sachlich begründete Unterscheidung spricht aber niemand ist - nicht pc.



So ist das. Und weil wir nicht diskriminieren dürfen, haben irgendwann mal alle Eltern ihre Kinder beim Staat abzugeben.
http://www.welt.de/politik/deutschland/a...injaehrige.html
http://wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/?p=6112 (mit anderem Blick; aber siehe den Kommentar unten drunter ;-))

Dass beide Elternteile arbeiten, darf im Sinn des internationalen Standortwettbewerbs dann auch keine Frage mehr sein. Der Sozialismus wird siegen, aber nicht dank der Panzer der Roten Armee, sondern als Ergebnis vieler gesellschaftlich guter Taten.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

04.04.2012 18:08
#21 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Zitat von Nobster

Warum sollte der Staat den Eltern, die ihre Kinder in die Kita bringen, die Betreuung bezahlen, den Eltern, die ihre Kinder selbst betreuen aber nicht?


Nehmen wir mal an, der Staat würde für Kinderbetreuung und Bildung keine Steuern erheben. Die Bürger müssten Schulgeld und kostendeckende Kitagebühren von dem bezahlen, was sie an Steuern dafür nicht mehr bezahlen brauchen. Dann würden die Familien welche keine Betreuungsangebote in Anspruch nehmen, Steuern sparen. Erzielen sie kein Einkommen, sparen sie keine Steuern.
Das Betreuungsgeld ist also nur dann keine Umverteilung, wenn es sich auf diejenigen beschränkt, die Steuern zahlen. Deshalb wird das Betreuungsgeld zusätzliche Steuereinnahmen nötig machen, welche mit hoher Warscheinlichkeit den Kindern nicht zu gute kommen werden.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Llarian Offline



Beiträge: 7.117

04.04.2012 18:58
#22 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Zitat von Nobster
Das wäre doch so, als wenn es beim Bäcker Brot umsonst gibt. Die, die ihr Brot selbst backen, tun das doch freiwillig und haben den Genuss, das das Brot dann besser schmeckt.


Is scho recht, das Problem ist nur, dass zur Zeit auch diejenigen, die das Brot selber Backen das Freibrot für die anderen bezahlen sollen. Sie bezahlen somit sowohl ihr eigenes und das Gratisbrot für die anderen. Den Hinweis, dass ein nicht unbeträchtlicher Anteil von denen, die das Gratisbrot aufessen, selber überhaupt kein Brot, also weder das eine noch das andere, bezahlen, will ich mir da auch nicht verkneifen.

Llarian Offline



Beiträge: 7.117

04.04.2012 19:11
#23 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Zitat von Erling Plaethe
Dann würden die Familien welche keine Betreuungsangebote in Anspruch nehmen, Steuern sparen. Erzielen sie kein Einkommen, sparen sie keine Steuern.


Diese Argumentation ist etwas verquer, ganz ähnlich wurde schon früher gegen Steuersenkungen argumentiert, da diejenigen, die keine Steuern zahlen, davon nicht profitieren können. Nun, ich denke nicht, dass es Sinn macht jede Maßnahme unter der Maßgabe zu betrachten, dass sie nur dann richtig oder falsch sein kann, wenn sie die Verteilung immer weiter vom Steuerzahler zum Nichtzahler aufdreht.

Zitat
Deshalb wird das Betreuungsgeld zusätzliche Steuereinnahmen nötig machen, welche mit hoher Warscheinlichkeit den Kindern nicht zu gute kommen werden.


Klar, jeder staatliche Maßnahme kostet ad hoc erst einmal Geld. Besser wäre es von vorneherein sich nicht in die private Lebensführung einzumischen und damit gar keine Steuern zu erhöhen. Wir leben aber in einer Gesellschaft, wo es staatlicher Ethos ist, sich an der Kindererziehung finanziell zu beteiligen. Dann sollte es wohl aber so fair gestaltet sein, dass sie nicht den einen Lebensentwurf bestraft und einen anderen belohnt.

Nobster Offline




Beiträge: 291

04.04.2012 19:57
#24 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Zitat von Llarian

Klar, jeder staatliche Maßnahme kostet ad hoc erst einmal Geld. Besser wäre es von vorneherein sich nicht in die private Lebensführung einzumischen und damit gar keine Steuern zu erhöhen. Wir leben aber in einer Gesellschaft, wo es staatlicher Ethos ist, sich an der Kindererziehung finanziell zu beteiligen. Dann sollte es wohl aber so fair gestaltet sein, dass sie nicht den einen Lebensentwurf bestraft und einen anderen belohnt.


Die Frage ist, ob der Staat das überhaupt kann. Denn egal, wie er handelt, stellen sich Familien mit dem einen oder anderen Lebensentwurf besser.
Außerdem ist es in manchen Bereichen ja Konsens, dass sich der Staat finanziell einmischt. Nur wenige werden eine staatliche Finanzierung von Schulen nicht befürworten, vor allem, weil man sich ja einen gesellschaftlichen Vorteil verspricht. Die Argumentation läuft inzwischen darauf hinaus, dass man auch Kinderkrippen für unter Einjährige Kinder zu Bildungseinrichtungen erklärt und so tut als wären Kinder, die von ihren Eltern erzogen werden, automatisch benachteiligt. Das mag in manchen Familien und möglicherweise nicht nur HartzIV- und Migrantenfamilien zutreffen, aber dann ist das ein eigenes Problem, das eine eigene Lösung braucht.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

04.04.2012 20:20
#25 RE: Zitat des Tages: Betreuungsgeld und formierte Gesellschaft Antworten

Zitat von Llarian
Diese Argumentation ist etwas verquer, ganz ähnlich wurde schon früher gegen Steuersenkungen argumentiert, da diejenigen, die keine Steuern zahlen, davon nicht profitieren können. Nun, ich denke nicht, dass es Sinn macht jede Maßnahme unter der Maßgabe zu betrachten, dass sie nur dann richtig oder falsch sein kann, wenn sie die Verteilung immer weiter vom Steuerzahler zum Nichtzahler aufdreht.


Verquer? Meinetwegen. Aber nicht ungewöhnlich, dass ein Logikstrang für entgegengesetzte Argumentationen benutzt werden kann, das stärkt ihn eher.
Genau diese staatlich betriebene Umverteilung ist ein ganz entscheidendes Problem, weil es der privaten Investition entzogen wird. Finanziell und Entscheidungspolitisch. Weg von denen die es besser können als der Staat. Über Freiheit und Liberalismus habe ich bis dahin noch nicht einmal nachgedacht, nur über Effizienz und Nutzen.

Zitat von Llarian
Klar, jeder staatliche Maßnahme kostet ad hoc erst einmal Geld. Besser wäre es von vorneherein sich nicht in die private Lebensführung einzumischen und damit gar keine Steuern zu erhöhen. Wir leben aber in einer Gesellschaft, wo es staatlicher Ethos ist, sich an der Kindererziehung finanziell zu beteiligen. Dann sollte es wohl aber so fair gestaltet sein, dass sie nicht den einen Lebensentwurf bestraft und einen anderen belohnt.


Stimmt. Nur ich denke, der Staat kann nicht fair gestalten. Und deshalb soll er sich heraushalten, und nicht seinen Einfluss stärken. Wenn die Steuern erhöht werden, weil zusätzliche Aufgaben des Staates finanziert werden müssen, passiert genau dies. Die Einsicht in den staatlichen Ethos, hier die finanzielle Beteiligung an der Kindererziehung, rechtfertigt übrigens den Abbau der Staatsquote ebenso wenig wie seinen Ausbau. Diesem kann genauso gut mit Rahmenbedingungen entsprochen werden.
Jede staatliche Maßnahme kostet vor allem Geld für eine ineffiziente Verwaltung desselben.

Viele Grüße, Erling Plaethe

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