Ich halte keine der drei Varianten für zutreffend, wohl eher ein Kombination aus:
Szenario 4: Merkel wollte nicht so sehr den Minister weghaben als die leider zu erwartende (und völlig abwegige) Diskussion, ob er denn zu halten sei.
Szenario 5: Merkel war verägert darüber, dass Röttgen die NRW-Wahl zur Abstimmung über den Merkel-Kurs erklärt und damit der Kanzlerin praktisch die absehbare Niederlage zuschob.
Etwas seltsam finde ich beim "Psycho-Szenario", daß ein Zerwürfnis etwa nur darin gesehen wird, daß "sich Röttgen unverschämt oder sonst unmöglich benahm" - klar "unverschämt" findet man die Kanzlerin nur selten, aber unmöglich soll es hinter den Kulissen schon gegeben haben. Der Röttgen-Rauschmiss war mal wieder so ein unmöglicher Akt.
"Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande!" Und nimm den Staat weg, dann bleiben unorganisierte Räuber zurück!
Zitat von lois jane Der Röttgen-Rauschmiss war mal wieder so ein unmöglicher Akt.
In Stilfragen habe ich keine großen Ansprüche an die Union (das Christlich und demokratisch kloppe ich gnädig in die Tonne). Schäuble und Pofalla hatten bereits ihre Auftritte ohne dafür gerüffelt zu werden. Eine schöne Deutung findet sich in der Welt (Torsten Krauel):
Zitat von Torsten KrauelDie Entlassung von Umweltminister Norbert Röttgen ist ein klares Signal unzweifelhafter Autorität an aufbegehrende Abgeordnete. Beim Kampf in Europa duldet Kanzlerin Merkel keinerlei Egoismen
Ob es was hilft? So eine Nummer ist nicht beliebig oft wiederholbar
"Das Lied vom Merkel-Opfer wird in der CDU von Friedrich Merz, Roland Koch und Horst Köhler gesungen. Bisher hat Merkel die Konservativen weggebissen, mit Röttgen nun zum ersten Mal einen, der für die Zukunft der Union stand."
Ich glaube da steckt garnicht soviel dahinter. Szenario 4 beschreibt es mAn. am besten.
Röttgen hat sich mit seinen Aussagen einfach unmöglich gemacht. Sein Wahlergebnis ist desaströs. (Obwohl es nicht nur an ihm sondern auch an anderen Faktoren gelegen hat.) Und zu guter letzt hat Horst Seehofer doch recht. Das einzige was mich wundert wie schnell die sonst doch so abwartende Kanzlerin gehandelt hat. Und dies spricht dafür dass sie anders als beim Präsidenten eben keine wochenlange Medienschlacht haben wollte.
Zitat von C.In Stilfragen habe ich keine großen Ansprüche an die Union (das Christlich und demokratisch kloppe ich gnädig in die Tonne). Schäuble und Pofalla hatten bereits ihre Auftritte ohne dafür gerüffelt zu werden.
Schon klar, daß Merkel nicht allein mit ihrer Einstellung ist. Je früher die Union diese ganze Bande in die Wüste schickt, desto besser.
Zitat Eine schöne Deutung findet sich in der Welt (Torsten Krauel):
Zitat von Torsten KrauelDie Entlassung von Umweltminister Norbert Röttgen ist ein klares Signal unzweifelhafter Autorität an aufbegehrende Abgeordnete. Beim Kampf in Europa duldet Kanzlerin Merkel keinerlei Egoismen
Ob es was hilft? So eine Nummer ist nicht beliebig oft wiederholbar
Habe den Artikel noch nicht ganz gelesen, aber dieses Zitat gerade im Radio gehört. Es gehört schon viel dazu, Merkel als Kämpferin gegen und nicht als Beispiel für Egoismus zu sehen. Und ganz als ob Abgeordnete ihre Knechte wären. Aber ihr Thermidor kommt auch noch!
"Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande!" Und nimm den Staat weg, dann bleiben unorganisierte Räuber zurück!
Zitat von lois janeEs gehört schon viel dazu, Merkel als Kämpferin gegen und nicht als Beispiel für Egoismus zu sehen.
Der schlimmste Egoismus ist halt immer der der anderen ;-)
Natürlich ist diese Wortwahl etwas abstrus. Aber der Artikel hat schon recht - in der CDU rumort es kräftig. Entsprechend hart versucht Merkel sich abzusichern.
Eigentlich habe ich schon lange kein Unionsmitglied mehr gesprochen, das von Merkel überzeugt wäre. Sie lebt im wesentlichen nur noch davon, daß es in Unionskreisen genetisch fast nicht denkbar erscheint, den Chef zu stürzen. Und natürlich davon, daß keine personelle Alternative in Sicht ist.
Ansonsten wäre jetzt eigentlich der Zeitpunkt für einen Wechsel. Es stehen für eine gewisse Zeit keine Wahlen mehr an, bis zur nächsten Bundestagswahl gibt es noch genügend Zeit, damit sich ein Nachfolger profilieren kann. Aber es wird sich wahrscheinlich keiner finden, der sich aus der Deckung traut.
Zitat von R.A.Interessanter Artikel - Röttgen als Opfer der Physik
So ähnlich würde ich das auch sehen.
Szenario 6: Röttgen ist an der Umsetzung des Klimawandels und des nuklearen Holocausts gescheitert. Damit ist die Geschäftsgrundlage für die Energiewende weitgehend entfallen.
Außerdem scheint er ein Spaltpilz der Koalition gewesen zu sein. Die Reibereien mit Rösler wegen Einspeisevergütung und Netzausbau sind bekannt. Der Ausbruch Seehofers deutet darauf hin, dass auch das Verhältnis zur CSU unter Röttgen gelitten hat.
Zitat Ansonsten wäre jetzt eigentlich der Zeitpunkt für einen Wechsel.
Aber sicher nicht!
Erstens einmal ist ein Manöver, bei der man einen Parteichef-cum-Kanzler gegen seinen Willen abschießt, praktisch doch kaum durchführbar.
Zweitens sehe ich die Verschleißerscheinungen bei Merkel eigentlich nicht. 6 1/2 Jahre Kanzlerschaft sind auch nicht unbedingt besonders lang, Merkel ist auch nach wie vor im passenden Alter. Und nicht zu vergessen: Sie ist lt. Politbarometer die beliebteste Politikerin im Land. (Was für einen Kanzler eigentlich sehr untypisch ist). Das war ca. 1996 anders, da gab es eine spürbare Lähmung im Lande, Kohl war unbeliebt und es gab dieses Gefühl, dass es jetzt einfach zu lange den gleichen Kanzler gab. Die Vorstellung auf noch einmal 4 Jahre Kohl fanden auch seine eigenen Parteifreunde nicht prickelnd. Und es gab mit Schäuble sogar einen naheliegenden Nachfolger mit starker Anhängerschaft. Trotzdem gab es keine Putsch. Alles das gibt es bei Merkel nicht. Und deshalb gibt es bei ihr erst recht keinen Putsch.
Drittens: Es stehen zwar keine Wahlen an. Aber Europa ist nach wie vor in sehr unruhigem Fahrwasser. Will man da jetzt unbedingt den deutschen Verhandlungspartner ohne Not austauschen? (Und wie wollte man dies den eigenen Anhängern verkaufen?)
Viertens: ich teile auch Ihre weiter oben verfasste Analyse nicht, dass Merkel nach 2013 ohne Machtperspektive wäre. Bis zur Bundestagswahl vergeht noch viel Zeit. Aber nehmen wir mal an, das Wahlergebnis wäre in etwa auf dem Niveau der derzeitigen Umfragen. Dann hätten wir ungefähr folgendes Ergebnis: Union: 35 SPD: 27 Grüne: 13 FDP: 5 (Annahme: im Bundestag vertreten) Linke: 6 (sicher im Bundestag vertreten, notfalls via 3 Direktmandate) Piraten: 11 Rest: 3
Rot-Grün ist bei diesen Zahlen unmöglich (selbst dann, wenn die FDP nicht vertreten sein sollte). Rot-Rot-Grün und auch Ampel ebenfalls nicht (und beide Bündnisse bräuchten ohnehin einen gewissen "Sicherheitspuffer" bei den Mandaten um zu funktionieren). Die Piratenpartei wird 2013 nicht regierungsfähig sein.
Zumindest nach heutigem Stand gibt es also keine einzige Regierungs-Konstellation ohne Unions-Beteiligung. Rechnerisch locker möglich wäre hingegen Jamaica (was aber nicht kommen wird), falls die FDP scheitert auch Schwarz-Grün (was auch sehr unwahscheinlich ist) oder als wahrscheinlichstes Szenario eine Große Koalition (unter CDU-Führung).
Fazit: Auf Basis der heutigen Umfragen bliebe Merkel Kanzler. Natürlich kann es auch anders kommen. Aber diese Zahlen (und auch Merkels persönliche Beliebtheit) bieten doch zumindest einmal keine Ansatzpunkte für einen parteiinternen Putsch.
Zitat Viertens: ich teile auch Ihre weiter oben verfasste Analyse nicht, dass Merkel nach 2013 ohne Machtperspektive wäre.
Ich auch nicht, sie will weiterhin die große Koalition unter ihrer Führung. Ein sehr gewagtes Spiel.
Zitat Bis zur Bundestagswahl vergeht noch viel Zeit.
Und es wird viel, sehr viel passieren bis dahin und wenig Erbauliches.
Zitat Aber nehmen wir mal an, das Wahlergebnis wäre in etwa auf dem Niveau der derzeitigen Umfragen.
Vermutlich ist das der unwahrscheinlichste Fall.
Die neueste Umfrage sieht die CDU bei 33% die SPD bei 30%. Das ist infratest/dimap und nicht Forsa. Güllner würde mit dem gleichen Rohmaterial die CDU bei 31 % und die SPD bei 32% landen lassen und etwa hundert Qualitätsjournalisten wären ihm zu ewigen Dank verpflichtet. Die SPD zieht tatsächlich an CDU/CSU vorbei, was für ein Krafteffekt.
Hinzu kommt, dass die CDU verlernt hat Wahlkämpfe zu führen beziehungsweise ist das Mittel der kalkulierten Demobilisierung auf die Dauer nicht hilfreich. Hinzu kommt, dass die Protestantisierung der CDU auch die Wähler über 60 vertreibt. Mittlerweile sind die Grünen katholischer als die CDU. Angela Merkel sollte diesem Trend mehr Aufmerksamkeit schenken, sonst kann das derzeitige Grollen zur Spaltung führen. Das käme Seehofer nicht unrecht, wenn die Alternative zu Angela Merkel aus Bayern käme.
Die mitfühlenden Liberalen haben die Ampel als Machtoption, die Grünen ebenso, wenn es für rot-grün nicht reicht.
Zitat Natürlich kann es auch anders kommen.
Und es wird ganz anders kommen.
Nachtrag: Natürlich jagt zur Zeit eine unsinnige Umfrage die andere:
Zitat von SpOn- Hannelore Kraft surft auf einer breiten Sympathiewelle. Nach ihrem glatten Sieg in Nordrhein-Westfalen hätten viele Deutsche sie auch gern auf noch verantwortungsvollerem Posten: Die Ministerpräsidentin hätte derzeit laut einer Umfrage große Zustimmung als Kanzlerkandidatin - sogar mehr als Amtsinhaberin Angela Merkel. Sollten beide zur Wahl antreten, wären 43 Prozent der Deutschen für die Sozialdemokratin Kraft und 34 Prozent für die Christdemokratin Merkel als Kanzlerin. Das ergab eine am Freitag veröffentlichte Umfrage im Auftrag von "Zeit Online".
Zitat von EierkoppAußerdem scheint er ein Spaltpilz der Koalition gewesen zu sein. Die Reibereien mit Rösler wegen Einspeisevergütung und Netzausbau sind bekannt. Der Ausbruch Seehofers deutet darauf hin, dass auch das Verhältnis zur CSU unter Röttgen gelitten hat.
Aufgrund des Streits mit Rösler, könnte man auch lezteren als Spaltpliz bezeichen - der Unterschied ist nur: Röttgen ist erstens verzichtbar, Rösler als Chef seiner Partei nicht und Röttgen war nach NRW angeschlagen, Rösler nach NRW gerade nicht.
Einen Röttgen-Seehofer-Konflikt vor der und unabhängig von der NRW-Wahl hätte ich gerne erläutert.
"Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande!" Und nimm den Staat weg, dann bleiben unorganisierte Räuber zurück!
Mein Stromanbieter hat mir in den letzten Tagen eine doch recht beträchtliche Preiserhöhung angekündigt. Vermutlich sind ähnliche Schreiben in viele bundesrepublikanische Haushalte geflattert. Ob darüber in der Bevölkerung eine nachhaltige Verstimmung entsteht, bleibt abzuwarten. Aber wenn der Strom teurer wird und dann dank der Energiewende irgendwann die Lichter ausgehen, wird sich zweifelsohne Unmut regen. Die Kanzlerin plant wohl - so wie von Seehofer in seinem Röttgen-Bashing vorexerziert -, sich in energiepolitischer Zweideutigkeit zu üben, frei nach dem Motto: Die Energiewende war richtig (oder vielleicht sogar alternativlos), aber sie wurde bislang schlecht gemanagt. D.h. Merkel will sich Handlungsspielräume eröffnen, um die Energiewende in politischer Hinsicht so flexibel ausgestalten zu können, wie es die Wahlaussichten der Union gerade erfordern. Röttgen wäre für einen solchen Kurs in vielerlei Hinsicht der falsche Mann gewesen.
Zitat von C. Die neueste Umfrage sieht die CDU bei 33% die SPD bei 30%. Das ist infratest/dimap und nicht Forsa. Güllner würde mit dem gleichen Rohmaterial die CDU bei 31 % und die SPD bei 32% landen lassen und etwa hundert Qualitätsjournalisten wären ihm zu ewigen Dank verpflichtet. Die SPD zieht tatsächlich an CDU/CSU vorbei, was für ein Krafteffekt.
Da habe ich Herrn Güllner doch Unrecht getan, zumindest zur Hälfte.
Zitat von WELTNach dem CDU-Wahldebakel in Nordrhein-Westfalen bricht die Union auch bundesweit in der Wählergunst ein. Im aktuellen Wahltrend im Auftrag von "stern" und "RTL" fällt sie auf 31 Prozent. Das sind vier Prozentpunkte weniger als in der Vorwoche und ist ihr schlechtester Wert seit Ende Oktober 2011.
Aber er lässt die SPD noch etwas zappeln und der Krafteffekt, den die ZEIT herbeifragen wollte, scheint auch schon verpufft zu sein.
Zitat von WELTDie SPD kommt der Umfrage zufolge derzeit auf 27 Prozent. Ebenfalls verbessern kann sich die Piratenpartei: Sie gewinnt einen Punkt und erreicht zum vierten Mal ihren bisherigen Bestwert von 13 Prozent ... In der Umfrage liegt Merkel im Direktvergleich in einem möglichen Duell mit der nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) – anders als in einer repräsentativen YouGov-Umfrage aus der vergangenen Woche – deutlich vorne: 48 Prozent der Bürger würden für Merkel stimmen, nur 29 Prozent für Kraft.
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