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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 42 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
R.A. Offline



Beiträge: 8.171

18.05.2012 23:21
Grexit Antworten

Alle reden davon, aber kaum einer überlegt sich, was das genau heißt: Der Ausstieg Griechenlands aus der Währungsunion.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

18.05.2012 23:30
#2 RE: Grexit Antworten

"Die Probleme fangen dann erst an".

Die Frage ist, welche anderen Alternativen es gibt. Eigentlich nur eine: Eurobonds, Euro-Fiskalpolitik, mehr Zentraleuropa, mehr Planung. Und jetzt gehen wir ans Bewerten. Linke durch diese Tür, Liberale bitte durch die andere.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

califax Offline




Beiträge: 1.502

18.05.2012 23:39
#3 RE: Grexit Antworten

Gute Frage: Welches Desaster ist wahrscheinlicher? Welches Desaster ist im Umfang bedrohlicher?

Staatsbankrott Deutschlands durch Überlastung beim fast einsamen Stützen der Währung des gesamten Euroraums?
Währungschaos bei der Wiedereinführung der Drachme?

Kann das überhaupt irgendjemand abschätzen?

--
Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

18.05.2012 23:45
#4 RE: Grexit Antworten

Zitat
Gute Frage: Welches Desaster ist wahrscheinlicher? Welches Desaster ist im Umfang bedrohlicher?


Es kommt vor allem darauf an, welchen Kräften man vertraut: staatlicher Lenkung oder marktwirtschaftlicher Anpassung. Wenn man letzterem das Prä einräumt, wird man auch zum Schluss kommen, dass ersteres letzteres nicht wird verhindern können. Sondern nur noch teurer machen.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

C. Offline




Beiträge: 2.639

18.05.2012 23:59
#5 RE: Grexit Antworten

Zitat von Rayson
"Die Probleme fangen dann erst an".

Die Frage ist, welche anderen Alternativen es gibt. Eigentlich nur eine: Eurobonds, Euro-Fiskalpolitik, mehr Zentraleuropa, mehr Planung. Und jetzt gehen wir ans Bewerten. Linke durch diese Tür, Liberale bitte durch die andere.



Und hinter allen Türen lauert der Zonk

Der Riesling gehört zu Deutschland.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

19.05.2012 00:01
#6 RE: Grexit Antworten

Zitat von Rayson
Die Frage ist, welche anderen Alternativen es gibt. Eigentlich nur eine: Eurobonds, Euro-Fiskalpolitik, mehr Zentraleuropa, mehr Planung.


Aber nein.
Griechenland ist pleite, das wird dann unvermeidlich irgendwann abgewickelt. Entweder sanft per Verhandlung und Umschuldung - oder krass durch Zahlungsstop à la Linksextreme dort.

Aber egal wie, Griechenland kann und wird im Euroraum bleiben. Warum auch nicht?
Die "Euro-Rettung" war immer nur ein Vorwand, weil "wir kippen Geld ins schwarze Loch um französische Banken zu retten" nicht so gut verkäuflich war.

Die Griechen werden exakt dann anfangen müssen zu sparen, wenn sie keine europäischen Hilfsgelder mehr bekommen. Wann das der Fall sein wird, ist völlig offen, hängt wesentlich von Merkels weiterer Zahlungsbereitschaft ab. Aber es ist nebensächlich, ob die EU ihre Hilfsgelder in Euro schickt oder in Drachmen oder Kauri-Muscheln. Na gut, konvertible Währungen sollten es sein, schließlich muß Griechenland von den Hilfsgeldern Importe finanzieren.

Aber eine Staatspleite innerhalb des Euro-Raums ist kein Problem. Bzw. nur ein Problem für diverse Betroffene, nicht aber für den Euro.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

19.05.2012 00:03
#7 RE: Grexit Antworten

Zitat von califax
Staatsbankrott Deutschlands durch Überlastung beim fast einsamen Stützen der Währung des gesamten Euroraums?
Währungschaos bei der Wiedereinführung der Drachme?


Das hat nichts miteinander zu tun.

Deutschland kann sich ruinieren durch Hilfszahlungen oder kann sich zurückhalten und andere Länder gehen bankrott.

Man kann beim Euro bleiben oder mit Drachmen-Einführung etc. ein Chaos anrichten.

Aber das sind zwei völlig unterschiedliche Entscheidungen, die haben fast keine Wechselwirkung.

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.254

19.05.2012 00:07
#8 RE: Grexit Antworten

Mal ganz laienhaft gefragt:
Warum kann Griechenland nicht einfach die Löhne und Preise „einfrieren“, und nach einer kleinen Frist beide, um eine Hausnummer zu nennen: 30 Prozent, reduzieren?
Die Auswirkungen auf Im- und Export, Binnennachfrage, sowie auf die Schulden prozentual zum BIP sind mir, glaube ich, schon klar. Es wird Gewinner und Verlierer geben, ganz wie im richtigen Leben auch.

 
Mit freundlichem Gruß

--
Wer mich ertragen kann, erträgt auch das Leben – Uwe Richard

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

19.05.2012 00:27
#9 RE: Grexit Antworten

Zitat von R.A.

Zitat von Rayson
Die Frage ist, welche anderen Alternativen es gibt. Eigentlich nur eine: Eurobonds, Euro-Fiskalpolitik, mehr Zentraleuropa, mehr Planung.


Aber nein.
Griechenland ist pleite, das wird dann unvermeidlich irgendwann abgewickelt. Entweder sanft per Verhandlung und Umschuldung - oder krass durch Zahlungsstop à la Linksextreme dort.

Aber egal wie, Griechenland kann und wird im Euroraum bleiben. Warum auch nicht?



Weil es Schwachsinn ist, Volkswirtschaften wie Deutschland und Griechenland in einen Währungsraum zu packen, wo sogar schon Deutschland mehrere Währungen gut täten.

Zitat von R.A.
Die "Euro-Rettung" war immer nur ein Vorwand, weil "wir kippen Geld ins schwarze Loch um französische Banken zu retten" nicht so gut verkäuflich war.


Nicht nur französische.

Zitat von R.A.
Aber es ist nebensächlich, ob die EU ihre Hilfsgelder in Euro schickt oder in Drachmen oder Kauri-Muscheln. Na gut, konvertible Währungen sollten es sein, schließlich muß Griechenland von den Hilfsgeldern Importe finanzieren.


Das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, wie die Griechenland ins Abseits stellenden Preisrelationen wieder korrigiert werden können. Und da funktionieren Abwertungen über die Währung eindeutig besser als "interne Abwertungen". Siehe hierzu z.B. http://fdogblog.wordpress.com/2012/05/17...eren-abwertung/

Bitte nicht vergessen: Die Staatsschulden in Griechenland sind nur ein Symptom der fehlenden Wettbewerbsfähigkeit.

--
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Rayson Offline




Beiträge: 2.367

19.05.2012 00:28
#10 RE: Grexit Antworten

Zitat von C.
Und hinter allen Türen lauert der Zonk

Zumindest kein Mittelklasse-Pkw...

--
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Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

19.05.2012 00:29
#11 RE: Grexit Antworten

Zitat von R.A.
Alle reden davon, aber kaum einer überlegt sich, was das genau heißt: Der Ausstieg Griechenlands aus der Währungsunion.


Die Griechen werden nicht aus dem Euro aussteigen, schließlich kann man ihnen ja nicht verbieten, eine bestimmte Währung zu besitzen. Sie werden in Griechenland nur keine weiteren Euros hinzubekommen. Dafür bekommen sie eine weitere Währung. Also Löhne und Renten werden dann wohl in Drachmen bezahlt, zumindest in Staatsbetrieben und Ämtern. Und es wird bestimmt auch Firmen geben die weiterhin ihre Angestellten in Euro bezahlen. Sie haben völlig recht, lieber R.A., es wird Menschen geben, die es härter trifft als andere. Das spaltet eine Gesellschaft.
Mir kommt das bekannt vor. In der DDR gab es auch zwei Währungen.
Kommt noch eine verschärfte Krisensituation dazu, wird es gefährlich - für die Demokratie.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

19.05.2012 00:34
#12 RE: Grexit Antworten

Zitat von Uwe Richard
Warum kann Griechenland nicht einfach die Löhne und Preise „einfrieren“, und nach einer kleinen Frist beide, um eine Hausnummer zu nennen: 30 Prozent, reduzieren?


Politisch schwierig. Faktisch kaum durchzusetzen. Gerade in Griechenland nicht...

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

lemmyPaz Offline



Beiträge: 90

19.05.2012 01:06
#13 RE: Grexit Antworten

Das Problem geht noch eine Dimension weiter: Schrumpfungsprozesse nach nicht nachhaltigen Boom-Phasen führen in Marktwirtschaften - für die es für mich keine Alternative gibt - zu schwer zu kontrollierenden sozialen Kollateral-Schäden. Es trifft halt die ohnehin schon Armen in den Krisenländern härter als die in sicheren Verhältnissen.

Angesichts der offenbar stattfindenden Bank-Runs wirds in naher Zukunft wohl keine Alternative als die Herausgabe einer neuen Währung geben. Und Währungs-"Reformen" waren immer eine wilde Angelegenheit mit kurz- bis mittelfristig kleiner profitierender Minderheit und einer großen geschädigten Mehrheit. Für das Szenario kanns überhaupt keinen Masterplan geben.

lemmyPaz Offline



Beiträge: 90

19.05.2012 01:24
#14 RE: Grexit Antworten

Eine Demokratie mit nicht hinreichend rechtsstaat-sensiblen Eliten und vielen klientelistischen Clustern ist immer eine Demokratie mit einer tonnenschweren Hypothek. Demokratie ist da immer gefährdet. Nichts neues auf diesem Planeten, nur ist dieses Muster uns in der EU gottseidank viel weniger vertraut als vielen, vielen Menschen ausserhalb der EU.

Michel Offline



Beiträge: 265

19.05.2012 01:29
#15 RE: Grexit Antworten

Zitat
Aber das sind zwei völlig unterschiedliche Entscheidungen, die haben fast keine Wechselwirkung.



Da bin ich anderer Meinung. Wenn der griechische Staat seine Zahlungsunfähigkeit erklärt, werden wohl die meisten griechischen Banken bankrottgehen. Die Zentralbank als Hauptschuldner der Banken wird dann einen hohen Fehlbetrag ausweisen, da Zentralbanken nur sehr ein geringes Eigenkapital aufweisen und sogar stärker gehebelt sind als normale Banken. Die griechische Zentralbank wäre auf die Art in ihrer Handlungsfähigkeit beschränk, dann nicht mehr in der Lage die Beschlüsse der EZB auszuführen. Damit gibt es für den Verbleib Griechenlands im Euro keine Basis mehr.

califax Offline




Beiträge: 1.502

19.05.2012 02:06
#16 RE: Grexit Antworten

Zitat von R.A.

Zitat von califax
Staatsbankrott Deutschlands durch Überlastung beim fast einsamen Stützen der Währung des gesamten Euroraums?
Währungschaos bei der Wiedereinführung der Drachme?


Das hat nichts miteinander zu tun.




Da bin ich mir nicht so sicher. Deutschland ist mit Frankreich die Milchkuh der EU. Frankreich steuert auf Überlastung aus eigenem Antrieb zu.
Wie es auch wird: Man wird EU-weit nach deutschem Geld und deutschen Bürgschaften schreien.
Bürgschaften, die ziemlich sicher fällig werden, schließlich weiß ja inzwischen jeder in Europa, daß immer der Gläubiger und die Bürgen schuld sind, nie die Schuldner und Zechpreller.
Interessante Zukunft...

--
Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

Florian Offline



Beiträge: 3.171

19.05.2012 09:32
#17 RE: Grexit Antworten

@ R.A.:

Die praktische Einführung einer Neuen Drachme (ND) muss nicht unbedingt so gewaltsam eingeführt werden, wie von Ihnen skizziert.
Insbesondere muss auch nicht die Währungsunion rückabgewickelt werden, indem man den Währungskorb wieder auseinandernimmt.
Und es muss auch keinen Zwangsumtausch von griechischen Bankkonten oder Bargeldbeständen geben.

Der "liberale" Weg ginge so:

- Die griechische Zentralbank führt die ND ein.
- Alle Euro-Bestände im Lande bleiben Euro-Bestände. Es ist halt dann nur eine Fremdwährung. (Genauso bleiben ja auch alle US$-Bestände im Lande unverändert, nur weil die ND eingeführt wird).
- Alle in Euro eingegangenen Zahlungsverpflichtungen bleiben in Euro denominiert. (Genauso wie auch alle in US$ eingegangenen Verpflichtungen weiter auf US$ laufen).
- Die griechische Regierung selbst wird alle ihre künftigen Ausgaben in ND tätigen, d.h. auch alle Gehälter in ND zahlen.
- Nicht notwendig aber evtl sinnvoll: Mieter und Arbeitgeber haben das recht, ZUKÜNFTIGE Miet- oder Gehaltszahlungen in ND zu leisten. (Das wäre allerdings eine einseitige Vertragsänderung, so dass man ggf. der Gegenpartei - also Vermieter und Arbeitnehmer - ein Sonderkündigungsrecht gewähren könnte, falls diese Option gezogen wird).
- Nicht notwendig, aber evtl. sinnvoll: die griechische Regierung wird ihre Staatsanleihen in ND zurückzahlen (denn da die ND gegenüber dem Euro abwerten wird, wird eine Rückzahlung in Euro nicht möglich sein. Es gibt daher nur die Alternative Rückzahlung in ND oder noch einmal Default).


In der Praxis gäbe es im Lande dann nebeneinander 2 Währungen: Euro und ND.
Aber diese Vorstellung sollte doch einen Liberalen nicht schrecken.

FAB. Offline



Beiträge: 523

19.05.2012 09:53
#18 RE: Grexit Antworten

Zitat von Florian
Und es muss auch keinen Zwangsumtausch von griechischen Bankkonten ... geben.
Der "liberale" Weg ginge so:
- Die griechische Zentralbank führt die ND ein.
- Alle Euro-Bestände im Lande bleiben Euro-Bestände. Es ist halt dann nur eine Fremdwährung.


Und Ansprüche von Kontoinhabern gegen griechische Banken auf Auszahlung ihrer nominell weiterbestehenden Euroguthaben sind dann was wert?

________________________________________________
Für eine demokratische Deutsche Republik!

Florian Offline



Beiträge: 3.171

19.05.2012 10:25
#19 RE: Grexit Antworten

Zitat
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Und Ansprüche von Kontoinhabern gegen griechische Banken auf Auszahlung ihrer nominell weiterbestehenden Euroguthaben sind dann was wert?




Ist das eine juristische oder eine kaufmännische Frage?

Juristisch:
Es handelt sich um ein Euro-Konto.
Also müsste auch die Rückzahlung in Euro erfolgen.

Kaufmännisch:
Wie werthaltig ein Guthaben bei einer griechischen Bank ist, ist ja auch jetzt schon zweifelhaft.
Allerdings dürfte das von mir skizzierte System wesentlich weniger Verwerfungen in den Banken-Bilanzen auslösen als das "R.A.-Sytem".
Denn in den Bank-Bilanzen bleibt in meinem Sytem ja nicht nur die Passiv-Seite (also die Bankkonten der Anleger) erst einmal weiter weitgehend in Euro betehen sondern auch die Aktiv-Seite (also die ausgegebenen Kredite).
Eine Umschichtung in ND würde dann ja eher graduell über einen längeren Zeitraum passieren: die Passivseite würde langsam auf ND umgestellt, weil ja jeder Kunde zumindest sein Gehaltskonto in ND führen würde. Und neue Kredite würde man auch zunehmend in ND begeben.

FAB. Offline



Beiträge: 523

19.05.2012 10:44
#20 RE: Grexit Antworten

Zitat von Florian
Denn in den Bank-Bilanzen bleibt in meinem System ja nicht nur die Passiv-Seite (also die Bankkonten der Anleger) erst einmal weiter weitgehend in Euro bestehen sondern auch die Aktiv-Seite (also die ausgegebenen Kredite).


Was sind die eurodenominierten Aktivposten der Bankbilanz wert, wenn der dazugehörige Schuldner seine Einkünfte in ND erzielt?

Meine - zugegebenermaßen nicht durch bankfinanzwirtschaftliche Expertenkenntnisse getrübte - Einschätzung lautet, daß sämtliche griechischen Banken bei Implementierung Ihres Vorschlags binnen Sekunden zerbröseln wie der Vampir in der Mittagssonne.

________________________________________________
Für eine demokratische Deutsche Republik!

kleinklein Offline



Beiträge: 38

19.05.2012 11:42
#21 RE: Grexit Antworten

Der gr. Staat könnte sagen, fortan müssen Steuern und Gebühren in Griechenland mit Neue Drachme bezahlt werden. Die ND bekommt man beim Staat gegen Euros im Kurs von 1:1. Mit diesen Euros bezahlt Griechenland dann seine Euro-Verpflichtungen.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

19.05.2012 12:28
#22 RE: Grexit Antworten

Zitat von FAB.
Was sind die eurodenominierten Aktivposten der Bankbilanz wert, wenn der dazugehörige Schuldner seine Einkünfte in ND erzielt?

Meine - zugegebenermaßen nicht durch bankfinanzwirtschaftliche Expertenkenntnisse getrübte - Einschätzung lautet, daß sämtliche griechischen Banken bei Implementierung Ihres Vorschlags binnen Sekunden zerbröseln wie der Vampir in der Mittagssonne.



Was nützt es denn die ND nicht einzuführen und komplett beim Euro zu bleiben, wenn Aktiva in Euro schon heute vom Schuldner nicht vollständig zurückgezahlt werden können? Dann bezahlt er sie halt in ND, wenn er sie in Euro nicht zurückzahlen kann. Entspricht nicht dem Wert in Euro, ist aber erstmal nur formal anders als ein formelles nicht zurückzahlen. Ich sehe kein besonderes Problem das durch die Neueinführung entstehen würde. Dafür hätte Griechenland aber für die Zukunft wieder seine eigene Währung.


Kurzum: Die Probleme die Sie aufzeigen sind unabhängig von einer Währungsumstellung.

Ich sehe keine Pleite, die durch eine ND zusätzlich kommen würde, aber nicht früher oder später sowie so ansteht.

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein


"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for
the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the
things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and
those which are not."

-Thomas Jefferson

Quelle: The Public Domain, p. 21, http://www.thepublicdomain.org/download/

Thanatos Offline



Beiträge: 232

19.05.2012 12:32
#23 RE: Grexit Antworten

Danke für die hochinteressanten Überlegungen. Sie bestätigen mir meine Ansicht, daß die Politik in gewaltigen Zwängen steckt, die man sich als einfacher, außenstehender Nicht-Politiker gar nicht klarmacht.

Im Grunde genommen schlußfolgere ich aus dem Artikel, daß es mit der Währungsunion und dem Euro weitergehen wird - mit allen Konsequenzen. Und dazu gehört vor allem die Verarmung der noch zahlungsfähigen Länder. Wir werden eine Schuldenunion haben, wir werden Umverteilungsmechanismen haben, so daß am Ende überall Armut und Pleite herrschen werden. Und wieder einmal hat Angela Merkel recht: dieser Weg ist alternativlos (!!) - kein Mensch hat bei Einführung des Euro soweit zu Ende gedacht oder auf Ausstiegsmöglichkeiten gedrungen. Nein - hier besteht tatsächlich Alternativlosigkeit.

Aber auch bei sämtlichen Szenarien des Austritts Griechenlands mit neuer griechischer Währung etc. pp. würde sich rein gar nichts an der Gesantlage ändern.

Denn Griechenland hat bleibend eine viel zu geringe Wirtschaftsleistung, um auch nur annähernd die massiven Schuldenberge zu bedienen. Und das ist noch nicht alles - wie soll das denn Spanien, Portugal, Italien, Frankreich schaffen??

Wenn man tatsächlich und ehrlich der Realität Rechnung tragen wollte, dann müßten die Staatsschulden all dieser Länder abgeschrieben werden, man müßte eine flächendeckende Bankenpleite in Kauf nehmen und das Gros der Anleger, egal wer es ist, müßte sich eingestehen, daß die Anlagen futsch sind. Viele, die sich reich wähnen, die sich abgesichert wähnen, müßten dann eben begreifen, daß sie alles verloren haben und genauso arm sind wie die, die nichts zum Anlegen hatten.

Solange man diesen radikalen Schritt nicht tut, läuft das rein virtuelle System noch weiter, die Banken werden per ESM "gerettet" und sind doch nicht gerettet. Irgendwo muß das System sich ausgleichen, sei es durch Inflation oder sonstwas. Man darf gespannt sein, die Zeiten werden noch lustig.

MfG

Thanatos

--

Unmögliches erledigen wir sofort.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

21.05.2012 11:21
#24 RE: Grexit Antworten

Zitat von Rayson
Weil es Schwachsinn ist, Volkswirtschaften wie Deutschland und Griechenland in einen Währungsraum zu packen, wo sogar schon Deutschland mehrere Währungen gut täten.


Hmmm, interessant. Wieviele Währungen würdest Du denn für Deutschland empfehlen? Eine pro Bundesland, oder besser eine pro Stadt/Landkreis?

Wenn ich es richtig verstanden habe, hat eine eigenständige Währung nur einen Vorteil: Man kann überzogene Lohnabschlüsse der Tarifparteien hintenrum wieder kassieren. Was eine ziemlich krude Methode ist, weil Wettbewerbsfähigkeit ja in erster Linie eine Sache von Einzelfirmen ist und Tarifabschlüsse eine von Branchen. Die Manipulation des Währungswerts wird also der abstrakten Wettbewerbsfähigkeit der Währungsregion nicht sehr zielgenau aufhelfen.

Aus den Erfahrungen der Vergangenheit habe ich auch nicht den Eindruck, daß die Weichwährungsländer mit ihrer Strategie gut gefahren sind. Sie haben die Lösung ihrer Probleme durch Abwertungen immer nur verschoben.

Es ist ja auch eine eher neue Politik. Zu Zeiten des Edelmetallstandards mußten starke und schwache Regionen auch auf einer Währungsebene konkurrieren. Da ging halt nicht mehr Lohn, als die Produktivität hergab. Seit Einführung von Zentralbankwährungen haben sich natürlich manche Länder eine Abwertungspolitik angewöhnt - die jetzt mit dem Euro nicht mehr ging. Aber diese Gewöhnung ist nicht genetisch verankert, sondern das haben sie sich über eine historisch überschaubare Zeitspanne angewöhnt - und können es sich auch wieder abgewöhnen.

Die Nachteile eines Mehrwährungssystems sind ja nun evident. Nicht nur das erhebliche Organisationsmehrkosten entstehen, wegen mangelndern Transparenz arbeitet auch der Markt ineffizienter.
Will man das wirklich in Kauf nehmen, nur damit die Tarifparteien in diversen Regionen ihre Leute besser beschummeln können?

Zitat
Der Punkt ist, wie die Griechenland ins Abseits stellenden Preisrelationen wieder korrigiert werden können. Und da funktionieren Abwertungen über die Währung eindeutig besser als "interne Abwertungen".


Im Prinzip ja. Nur daß der Einmaleffekt Währungsumstellung für Griechenland wahrscheinlich deutlich schlimmere Folgen hätte als der Einmaleffekt "gesetzliche Lohnsenkung". Der ja zumindestens für den Staatssektor beschlossen wurde, unmöglich ist das in einer Notsituation also nicht.
Und wenn das Instrument "Abwertung" dann wieder zur Verfügung steht, dann wird die langfristige Folge m. E. auch sein, daß die Preisrelationen stetig wieder in Unordnung gebracht werden. Weil ja kein Druck mehr besteht, Lohnerhöhungen seriös auszuhandeln.

Zitat
Bitte nicht vergessen: Die Staatsschulden in Griechenland sind nur ein Symptom der fehlenden Wettbewerbsfähigkeit.


Eigentlich nicht. Trotz niedriger Wettbewerbsfähigkeit hätte sich der griechische Staat ein Ausgabenniveau leisten können, daß ohne Schulden finanzierbar gewesen wäre. Das war halt politisch nicht gewollt.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

21.05.2012 11:31
#25 RE: Grexit Antworten

Zitat von Michel

Zitat
Aber das sind zwei völlig unterschiedliche Entscheidungen, die haben fast keine Wechselwirkung.


Da bin ich anderer Meinung. Wenn der griechische Staat seine Zahlungsunfähigkeit erklärt, werden wohl die meisten griechischen Banken bankrottgehen.



Wenn sie viele Staatsanleihen halten, wäre das der Fall. Wobei "bankrott" einer Bank im wesentlichen eine politische Entscheidung ist. Der griechische Staat kann - wenn er den Bankrott beschließt - auch weitere Maßnahmen beschließen, mit denen die Banken überleben und ihre Verluste an die Kunden weiterreichen.

Zitat
Die Zentralbank als Hauptschuldner der Banken wird dann einen hohen Fehlbetrag ausweisen, da Zentralbanken nur sehr ein geringes Eigenkapital aufweisen und sogar stärker gehebelt sind als normale Banken. Die griechische Zentralbank wäre auf die Art in ihrer Handlungsfähigkeit beschränk, dann nicht mehr in der Lage die Beschlüsse der EZB auszuführen.


Welche Beschlüsse könnte sie dann nicht mehr ausführen?
Ich bin mir jetzt nicht sicher, ob im EZB-System eine nationale Zentralbank pleite gehen kann. Auf jeden Fall würden natürlich bei einer Staatspleite ohnehin viele Milliarden Schaden ins Zentralbanksystem weitergereicht - die EZB hat ja auch kräftig in griechische Staatsanleihen "investiert". Auf dem Papier wäre dann wahrscheinlich sogar die EZB pleite, so viel Eigenkapital hat die auch nicht. Aber faktisch würde man sich halt Umgehungsmaßnahmen überlegen, also Geld drucken.

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