Wüßte man nicht, um wen es sich handelt, dann würde man das Bild vielleicht so interpretieren: Ein europäischer Gast macht einem afrikanischen Potentaten ergebenst seine Aufwartung, dem der Dolmetscher im Hintergrund - wie sich das für einen Höfling ziemt - einen anhimmelnden Blick schenkt.
Wüßte man nicht, um wen es sich handelt, dann würde man das Bild vielleicht so interpretieren: Ein europäischer Gast macht einem afrikanischen Potentaten ergebenst seine Aufwartung, dem der Dolmetscher im Hintergrund - wie sich das für einen Höfling ziemt - einen anhimmelnden Blick schenkt.
Nachtrag: Heute um 07.34 Uhr wurde der Text des Artikels in Leggo ausgetauscht. Das war, während ich den Artikel schrieb. Vermutlich kann man den ursprünglichen Text noch irgendwo als Cache finden.
Zitat Hochmut kommt vor den Fall, wie meine Großmutter gern sagte.
Das richtige Zitat ist in diesem Fall: "Wie schon in der Bibel (Spr. 16,18) steht." Letztlich haben die Italiener den Sieg verdient. Anstatt das 2:0 in der zweiten Halbzeit bloß zu verwalten, haben sie immer noch lebhaft angegriffen. Da hat einfach der bessere gewonnen.
Zitat von Emulgator im Beitrag #3Letztlich haben die Italiener den Sieg verdient. Anstatt das 2:0 in der zweiten Halbzeit bloß zu verwalten, haben sie immer noch lebhaft angegriffen. Da hat einfach der bessere gewonnen.
Ja, der in diesem Spiel Bessere, lieber Emulgator. Aber nicht die bessere Mannschaft.
Das ist ja der Punkt, den ich in dem zitierten Artikel von 2008 zu machen versucht habe: Die notorische Verletzung der Transitivität beim Fußball zeigt, wie sehr das Ergebnis von der Dynamik abhängt, die sich eben erst im jeweiligen Spiel entwickelt.
Und noch etwas, das ich vielleicht noch in dem Artikel hätte unterbringen sollen: Im Nachhinein sind immer alle schlauer (hindsight bias). Jetzt werden sich die Strategen zu Wort melden, die sagen: Wie konnte Löw nur Podolski bringen, der doch in dem gesamten Turnier nicht viel gezeigt hat? Ja, und hätte er ein Tor geschossen, dann hätten dieselben Kritiker das glückliche Händchen Löws bewundert.
Im Fußball spielt nun einmal der Zufall eine entscheidende Rolle. Er ist zu einem guten Teil ein Glücksspiel; und gestern haben halt die Nornen für die Italiener die Fäden gezogen.
Zitat von ZettelGewonnen hat, wem die Götter ihre Huld gewährten.
Ich dachte, die Mannschaft gewinnt, die mindestens ein Tor mehr schießt als die andere.
Zitat von ZettelEs gibt Sportarten, in denen meist der Bessere gewinnt; Dressurreiten zum Beispiel. Das sind gerechte, also langweilige Sportarten
Wenn das so einfach wäre. Bei vielen Sportarten ist ein einziger Fehler schon zuviel, auch beim Dressurreiten. Beim Eiskunstlauf eine Superkür hinlegen und kurz vor Schluss auf die Fresse fallen ist auch ungerecht, drückende Überlgenheit beim 100 m Lauf hilft genausowenig, wenn man den Bruchteil einer Sekunde zu schnell aus den Blöcken kommt. Beim Fußball können Fehler zumeist noch korrigiert werden. Wenn Vettel in die Box fährt und aussteigt, weiß auch der Laie, dass er nix mehr reisst, bei einem Spiel wie gestern hat man noch in der 93. Minute die Hoffnung, dass sich alles ändert. Oberschlauberger haben natürlich schon nach der Verkündung der Aufstellung gewusst, wie das ausgehen muss. Es ist so ungerecht, das sie alle recht behalten haben.
Zitat von ZettelGewonnen hat, wem die Götter ihre Huld gewährten.
Ich dachte, die Mannschaft gewinnt, die mindestens ein Tor mehr schießt als die andere.
Damit liegst du gar nicht schlecht, dear C.
Ob der Ball allerdings auf seinem Parabelflug sich gerade noch ins Tor senkt oder an die Latte geht; ob des Torhüters Fingerberührung eben noch reicht, seine Richtung torverhindernd zu ändern oder nicht - das hängt ganz von der Huld der Götter ab.
Sicher gibt es dieses Glückselement. Aber neben Können (da waren es wohl gestern zwei vergleichbare Mannschaften) und Glück gibt es noch eine entscheidende dritte Komponente: Moral. Wenn das Glück gegen einen läuft, dann darf eine Mannschaft eben nicht verzweifeln oder in Hektik verfallen. Sondern sie muß selbstbewußt und konzentriert Druck machen.
Dabei gibt es im Fußball eine gewisse Traditionskomponente, und es gibt die Lebenserfahrung.
Mit Traditionskomponente meine ich, daß manche Teams schon immer besser waren im Wegstecken von Rückschlägen als andere. Die Dänen haben das mal wieder hervorragend gezeigt, früher waren auch die Deutschen hier Spitze. Während umgekehrt die Südamerikaner oft zerbröseln, wenn das Spiel gegen sie läuft.
Und dann hilft halt die Lebenserfahrung. Wer schon zehn bis fünfzehn Jahre im Profigeschäft ist, wer schon einige Turniere gespielt hat - der hat ein anderes Durchhaltevermögen als ein junges Talent.
Und mein Eindruck ist: Löw hat es übertrieben bei der Verjüngung der Mannschaft. Das war vor sechs Jahren eine gute Idee. Aber bei jedem weiteren Turnier hat er die jungen Talente durch noch jüngere Talente ersetzt. Der Altersschnitt des deutschen Teams liegt unter dem aller anderen Teilnehmermannschaften.
Und die Jungs spielen gut, wenn sie keine Angst haben müssen - gegen Griechenland waren sie technisch hervorragend. Aber gegen einen Angstgegner wie Italien, in einem so hochwertigen Halbfinalspiel, da waren das Nervenkostüm nicht ausreichend. Da fehlten offenbar ein paar alte Schlachtrösser, die dem Team Rückhalt geben können.
Wie schon gesagt: Glück ist wichtig. Aber sehr häufig gewinnt man nur, weil man an sich selber glaubt.
Zitat von R.A. im Beitrag #8Wie schon gesagt: Glück ist wichtig. Aber sehr häufig gewinnt man nur, weil man an sich selber glaubt.
Das sehe ich genauso, lieber R.A.
Verbissenheit, das Wegstecken von Frustration - das war einmal eine der deutschen Tugenden, wie sie Berti Vogts verlörperte, der "Terrier".
Davon habe ich gestern wenig gesehen. Aber wie geschrieben, und das war nur halb ironisch gemeint - was soll man von einer Mannschaft erwarten, die sich nicht einmal aufraffen kann, kraftvoll die Nationalhymne zu singen?
Diese Mannschaft ist "spielfreudig". Technisch, taktisch brillant. Aber durchsetzungsfähig? In der Lage, die Zähne zusammenzubeißen und ein Spiel noch zu drehen?
In der Kabine wurde, so heißt es, geweint. Vielleicht hatte ja der eine oder andere seine Mutter in der Nähe, um die Tränen zu trocknen.
Zitat von R.A. im Beitrag #8Und mein Eindruck ist: Löw hat es übertrieben bei der Verjüngung der Mannschaft.
Auch wenn das kleine Zimmer vielleicht nicht der richtige Ort für Fußballdiskussionen ist, würde mich trotzdem interessieren, welchen jungen Spieler Sie in der aktuellen Mannschaft durch einen erfahren austauschen würden, ohne eine Qualitätsverlust zu erleiden? Soweit ich das überblicken kann, wäre hier einzig allein Per Mertesacker ein Kandidat gewesen. Abgesehen von ihm, sehe ich bei keinem anderen Kadermitglied der vergangen beiden Turniere ausreichendes Potential, um ein Teil der aktuellen Mannschaft zu sein. Ich kann deshalb die Kritik an Löw in diesem Punkt nicht nachvollziehen. Gerade das Festhalten an den schwach spielenden Schweinsteiger und Podolski zeigt doch, wie sehr Löw Erfahrung bei Spielern schätzt.
Zitat von R.A. im Beitrag #8 Und mein Eindruck ist: Löw hat es übertrieben bei der Verjüngung der Mannschaft.
Da kann ich nicht mitgehen. Ich stimme Ihnen in der Sache vollkommen zu, dass das deutsche Team ein Psychologie-Problem hat und zu wenig Nervenstärke gezeigt hat. Aber das kann man m.E. nicht am numerischen Alter festmachen. Psychologische Primärtugenden wie Kampfgeist, Verbissenheit und Führungsstärke hat man oder hat man nicht. Natürlich wachsen diese bei der individuellen Person mit steigendem Lebensalter, aber das heißt nicht, dass der 21-jährige Alpha-Wolf A dem 30-jährigen Beta-Wolf B darin unterlegen wäre. Zumal auch ein älterer, gereifter Spieler mal psychologisch nicht auf der Höhe sein kann.
Und da haben wir das eigentliche Problem: Der Leitwolf Schweinsteiger hat massiv geschwächelt. Und das verunsichert alle, die zu ihm aufblicken. Besonders natürlich die ganz jungen Spieler, die dann gar nichts haben, woran sie sich festhalten können. Aber auch die Alteren - ein Podolski oder ein Gomez, die für fußballerische Verhältnisse nun wirklich nicht jung sind, werden auch mit 30 noch Führung brauchen. Und sie werden sie annehmen, auch von einem 21-jährigen Jungspund - wenn er sie denn anbietet.
Löw ist nicht dumm. Ich bin mir sicher, dass er ganz genau weiß, wie entscheidend die Psychologie für den Sieg ist und dass technische Qualität nur eine Seite der Medaille ist. Hätte er eine Möglichkeit gesehen, mehr Führungsstärke in das deutsche Spiel zu bringen, hätte er sie genutzt.
Ich bin überzeugt, ein numerisch leicht höheres Durchschnittsalter hätte am gestrigen Ergebnis nichts geändert. Wenn der Offizier versagt, zerbricht die Moral der Truppe. Da kann sie individuell noch so hoch sein.
Ich hoffe, Schweinsteiger findet zu seiner Form zurück oder aber Khedira wächst in diese Rolle hinein.
Zitat von Zettel im Beitrag #9 Davon habe ich gestern wenig gesehen. Aber wie geschrieben, und das war nur halb ironisch gemeint - was soll man von einer Mannschaft erwarten, die sich nicht einmal aufraffen kann, kraftvoll die Nationalhymne zu singen?
[...]
In der Kabine wurde, so heißt es, geweint. Vielleicht hatte ja der eine oder andere seine Mutter in der Nähe, um die Tränen zu trocknen.
Werter Zettel,
da möchte ich Ihnen in beiden Punkten widersprechen. Ich kann mich an die EM 96 aus Altersgründen nur noch recht bruchstückhaft erinnern. Aber ich wage zu bezweifeln, dass unsere Mannschaft damals, die Hymne aus voller Kehle geschmettert hat. ;)
Auch ich leide still, wenn ich die deutsche Mannschaft bei der Hymne sehe. Aber nicht weil's einen Mangel an Kampfgeist zeigt, sondern weil es das Identitätsproblem deutscher Immigranten und Immigrantenkinder so gut symbolisiert wie kaum etwas sonst.
Was das Geflenne angeht, da bin ich mir sicher, dass auch früher deutsche Spieler nach "Schicksalsschlägen" und Enttäuschungen geheult haben. Ob in der Kabine, bei der Ehefrau zuhause oder allein im einsamen Zimmer. Nur hätte das damals eben niemand zugegeben. Macht aber keinen Unterschied, das Zeigen von Schwäche macht niemanden schwach. Davon bin ich überzeugt.
Zitat von augustin im Beitrag #12 da möchte ich Ihnen in beiden Punkten widersprechen. Ich kann mich an die EM 96 aus Altersgründen nur noch recht bruchstückhaft erinnern. Aber ich wage zu bezweifeln, dass unsere Mannschaft damals, die Hymne aus voller Kehle geschmettert hat. ;)
Es wurde recht ordentlich gesungen, zumindest auf deutscher Seite, es wurde aber auch unordentlich gepfiffen, von beiden Seiten des Publikums.
Zitat Auch ich leide still, wenn ich die deutsche Mannschaft bei der Hymne sehe. Aber nicht weil's einen Mangel an Kampfgeist zeigt, sondern weil es das Identitätsproblem deutscher Immigranten und Immigrantenkinder so gut symbolisiert wie kaum etwas sonst.
Das sehe ich jetzt nicht so dramatisch, bei manchem Menschen ist es gnädig, wenn sie nicht singen, desweiteren stelle ich es mir als recht schwierig vor, vom Vaterland zu singen, wenn der Vater gar nicht aus dem besungenen Land ist. Vielleicht wäre die zweite Strophe attraktiver. Ich schlage vor, bei der Neugestaltung des Grundgesetzes der Nationalhymne zu neuem Glanz zu verhelfen.
Abzuraten ist von Des Deutschen Vaterland, zumindest bei Länderspielen gegen Frankreich. Ergänzend wäre anzumerken, dass auch diejenigen, die am lautesten schmettern, zuweilen recht grottigen Fußball spielen.
Stringiàmci a coòrte, Siam pronti alla morte. Siam pronti alla morte, L'Italia chiamò. Stringiàmci a coòrte, Siam pronti alla morte. Siam pronti alla morte, L’Italia chiamò! Sì!
Nachtrag: Anscheinend hat "Straßenköter" geringeres Aufregungspotential als Negerpuppe und innerer Reichsparteitag, wenn es vom Vorsitzenden des Sarrazin-Tribunals kommt.
Son giunchi che piegano Le spade vendute: Già l’Aquila d’Austria Le penne ha perdute. Il sangue d’Italia, Il sangue Polacco, Bevé col cosacco, Ma il cor le bruciò.
Zitat von monty im Beitrag #10 ... würde mich trotzdem interessieren, welchen jungen Spieler Sie in der aktuellen Mannschaft durch einen erfahren austauschen würden, ohne eine Qualitätsverlust zu erleiden?
Da muß ich passen. Ich bin auch gar nicht Fußballexperte genug, um das im Detail zu beurteilen oder Augustins Betrachtungen zum vielleicht mangelnden Führungsvermögen von Podolski oder Gomez zu kommentieren.
Aber ich habe mir nochmal die Mannschaftsaufstellung von 2008 angeschaut. Das war eine relativ junge Mannschaft, und die war gut und ist zu Recht ins Finale gekommen. Von den 23 Spielern von damals hat Löw heute nur noch 6(!) im Team. Und einen davon (Mertesacker) überhaupt nicht spielen lassen.
Man kann jetzt bestimmt zu jedem einzelnen Namen eine strittige Diskussion anfangen und begründen, warum gerade der jetzt einen jüngeren Ersatz gefunden hat. Aber daß insgesamt 17 Spieler von damals heute zu senil oder sonstwie unbrauchbar fürs Nationalteam wären - das kann ich nicht glauben.
Zitat Gerade das Festhalten an den schwach spielenden Schweinsteiger und Podolski zeigt doch, wie sehr Löw Erfahrung bei Spielern schätzt.
Nun ja, so erfahren sind die auch nicht, sie haben zwar schon relativ früh in der Nationalmannschaft angefangen, sind aber doch erst 28 bzw. 27. Und sind damit schon die Methusalems im Team, mit Gomez und Lahm, alleine Klose ist schon über 30.
Die deutschen Mannschaften, die erfolgreich Titel geholt haben, waren deutlich älter. Und auch die Mannschaften, die heute erfolgreich sind - z. B. die Sieger von gestern abend. Bei der WM 1974 oder der EM 1996 waren der harte Kern um die 30, gestandene Fußballer, die haben auch Rückschläge wegstecken können.
Und mal abgesehen vom Alter: Auch eine Nationalmannschaft ist in erster Linie ein Team, das sich finden muß und am besten wird, wenn es eine Reihe von Jahren und Turnieren zusammenspielt.
Son giunchi che piegano Le spade vendute: Già l’Aquila d’Austria Le penne ha perdute. Il sangue d’Italia, Il sangue Polacco, Bevé col cosacco, Ma il cor le bruciò.
Sag ich doch, unschlagbar. Es gibt in Italien weder einen Heitmeyer noch die Grüne Jugend noch würde sich ein Qualitätsjournalist da rantrauen.
Und noch etwas, das ich vielleicht noch in dem Artikel hätte unterbringen sollen: Im Nachhinein sind immer alle schlauer (hindsight bias). Jetzt werden sich die Strategen zu Wort melden, die sagen: Wie konnte Löw nur Podolski bringen, der doch in dem gesamten Turnier nicht viel gezeigt hat? Ja, und hätte er ein Tor geschossen, dann hätten dieselben Kritiker das glückliche Händchen Löws bewundert.
Richtig. Ich bin mit Löws Personalpolitik durchaus einverstanden. Es ist gut, dass es nicht mehr nur den einen großen Führungsspieler gibt, mit dessen Leistung alles steht und fällt. Ich sehe außerdem mit Wohlwollen, dass Löw immer wieder Nachwuchsspielern die Chance gibt, sich zu bewähren. Es ist also nicht mehr die große Katastrophe, wenn ein Stammspieler in Fußball-Rente geht oder verletzungsbedingt ausfällt.
Ist die Enttäuschung über das Ausscheiden nicht vielleicht deshalb so groß, weil die Erwartungen überzogen waren? Natürlich hat Löws Team in der Gruppenphase drei nach Papierform starke Mannschaften geschlagen, die sich aber in den betreffenden Spielen nicht von ihrer besten Seite gezeigt haben. Zu den vier besten Mannschaften in Europa zu gehören ist nichts, worüber man sich grämen müsste.
Zitat von Noricus im Beitrag #18Ich bin mit Löws Personalpolitik durchaus einverstanden.
Innerhalb des Turniers bin ich das auch. Es ist einfach lächerlich, wenn alle möglichen Leute fernab vom Geschehen meinen besser als der Bundestrainer beurteilen zu können, ob ein spezieller Spieler eingesetzt werden sollte oder nicht.
Zitat Ich sehe außerdem mit Wohlwollen, dass Löw immer wieder Nachwuchsspielern die Chance gibt, sich zu bewähren.
Sicher. Aber wie ich unten schon ausführte: Er scheint es dabei zu übertreiben.
Zitat Es ist also nicht mehr die große Katastrophe, wenn ein Stammspieler in Fußball-Rente geht oder verletzungsbedingt ausfällt.
Das ist übrigens auch interessant: Beim gestrigen Spiel waren ALLE deutschen Spieler einsatzbereit. Ich kann mich überhaupt nicht erinnern, ob es das in einem Halbfinale schon einmal gab - eigentlich waren doch immer Spieler wegen Verletzungen oder Karten gesperrt. Man könnte spekulieren, ob das ein Symptom für mangelnden Einsatzwillen ist. Wenn die Spieler nicht voll ihre 100% geben, dann riskieren sie auch weniger Karten oder Verletzungen.
Zitat Ist die Enttäuschung über das Ausscheiden nicht vielleicht deshalb so groß, weil die Erwartungen überzogen waren?
Das glaube ich nicht. Natürlich erhoffen sich die Fans immer den Titel, machen sich da auch unrealistische Vorstellungen.
Aber die Erwartungen bauten dieses Mal wohl nicht nur auf den ordentlichen Gruppenergebnissen auf. Sondern es ist halt die vierte Meisterschaft in Folge, bei der die Deutschen mit ihrer neuen Mannschaft endlich den Erfolg haben wollen. Immer diese Erfolg versprechenden Anläufe, die dann kurz vor dem Ziel scheitern.
Es wurde recht ordentlich gesungen, zumindest auf deutscher Seite, es wurde aber auch unordentlich gepfiffen, von beiden Seiten des Publikums.
Das überrascht mich, da hat die Euphorie der deutschen Einheit wohl einiges geändert. '74 hat kein einziger gesungen: http://youtu.be/W4Ljs-WVwX0?t=6m50s
Mangelhafte Recherche rächt sich eben.
Ich korrigiere daher nachträglich meine Argumentation: 74 hat keiner gesungen und die Jungs waren damals unbestritten ein Muster an Kampfgeist. ;)
Zitat desweiteren stelle ich es mir als recht schwierig vor, vom Vaterland zu singen, wenn der Vater gar nicht aus dem besungenen Land ist.
Zitat von augustin im Beitrag #20Das überrascht mich, da hat die Euphorie der deutschen Einheit wohl einiges geändert. '74 hat kein einziger gesungen: http://youtu.be/W4Ljs-WVwX0?t=6m50s
Ich weiß nicht, ob das an der Wiedervereinigung liegt, lieber augustin.
Eher vermute ich, daß damals das Mitsingen schlicht nicht üblich war. Der Olympiasieger oder Grand-Prix-Sieger auf dem Treppchen steht ja auch nur da und hört sich die Nationalhymne an.
Wann es aufkam, daß beim Fußball die Mannschaften mitsingen, weiß ich nicht. Und ich möchte noch einmal bemerken, daß meine Vermutung über den Zusammenhang zwischen Singen und Motivation halbironisch gemeint war.
Eher sehe ich das Problem darin, daß Deutsche, die hier geboren und aufgewachsen sind (Boateng in Berlin, Khedira in Stuttgart, Özil in Gelsenkirchen), sich dem Singen der Nationalhymne verweigern. Denn das ist es ja, wenn das Singen nun einmal üblich ist. Es ist eine Geste der Distanzierung von dem Land, für das sie spielen.
Bei Podolski sehe ich das anders. Er ist in Gleiwitz geboren und hat neben der deutschen die polnische Staatsbürgerschaft.
Mario Gomez hat nach meiner Erinnerung bisher auch nicht mitgesungen, tat es aber im Griechenland-Spiel und verstummte wieder (wenn ich es recht gesehen habe) beim Italien-Spiel.
Zitat von R.A. im Beitrag #15 Man kann jetzt bestimmt zu jedem einzelnen Namen eine strittige Diskussion anfangen und begründen, warum gerade der jetzt einen jüngeren Ersatz gefunden hat. Aber daß insgesamt 17 Spieler von damals heute zu senil oder sonstwie unbrauchbar fürs Nationalteam wären - das kann ich nicht glauben.
Der Vergleich mit 2008 bringt nicht viel, da lagen ein großes Turnier und eine Vielzahl von Qualifikationsspielen dazwischen. Beim Vergleich 2010 und 2012 sieht die Sache schon anders aus. 10 der aktuell regelmäßig eingesetzten Feldspieler standen 2010 schon auf dem Platz. Auf der Bank hat sich vieles verschoben, aber das ist nur natürlich. So betreibt man eine aktive Personalpolitik. Man schaut, ob sich Verbesserungsmöglichkeiten ergeben könnten und korrigiert entsprechend. Die 2012er-Mannschaft ist jedenfalls keine zusammengewürfelte Truppe, sondern eine gewachsene Einheit, die sich schon vielfach bewiesen hat.
Von den 2008ern sind tatsächlich nicht wenige in Rente oder kurz davor (Ballack, Neuville, Frings, Lehmann), einer ist tragischerweise verschieden (Enke) und eine ganze Menge sind leistungsmäßig massiv abgerutscht. 4 Jahre sind in fußballerischen Dimensionen eine verdammt lange Zeit.
Zitat von R.A. im Beitrag #19Natürlich erhoffen sich die Fans immer den Titel, machen sich da auch unrealistische Vorstellungen.
Aber die Erwartungen bauten dieses Mal wohl nicht nur auf den ordentlichen Gruppenergebnissen auf. Sondern es ist halt die vierte Meisterschaft in Folge, bei der die Deutschen mit ihrer neuen Mannschaft endlich den Erfolg haben wollen. Immer diese Erfolg versprechenden Anläufe, die dann kurz vor dem Ziel scheitern.
Nur stellvertretend zitiere ich hier R.A.s Beitrag, der wie so viele andere "after the fact" nach Gründen sucht, warum es diesmal nicht geklappt hat.
Mit der Erfahrung von wahrscheinlich 150 Spielen pro Jahr (in EM- und WM-Jahren mehr), die ich intensiv über 90 Minuten verfolge, kann ich mit Bestimmtheit sagen, dass im Fußball nicht immer die bessere Mannschaft gewinnt. Dass im Fußball Erfolg nur bedingt planbar ist. Dass im Fußball - besonders auf höchstem Niveau - jederzeit "Form" gegen "Klasse" gewinnt. Dass im Fußball das Element des Zufalls besonders starkes Gewicht hat.
Es ist eben Zufall, dass die deutsche Mannschaft ihre ja durchaus zahlreich vorhandenen Chancen nicht reingemacht hat, während die Italiener aus ihren ersten zwei Chancen zwei Tore gemacht haben - für diejenigen, die bisher die Italiener verfolgt haben, eine faustdicke Überraschung.
Es ist eben Zufall, dass bei zig Ecken der Ball nicht einmal günstig für die deutsche Mannschaft abgeprallt ist.
Es ist eben Zufall, dass der Schiedsrichter entschieden hat, den letzten Angriff abzupfeifen.
Und es ist Zufall, dass es überhaupt zur Begegnung Deutschland-Italien kam - denn der Sieg der Italiener gegen die Engländer war eben auch hauchdünn.
Auf diesem Niveau ist die Leistungsdichte eben extrem hoch. Wie Berti Vogts schon sagte: "Die Breite an der Spitze ist dichter geworden."
Und ja, die bisherigen Turniergewinne der deutschen Mannschaft waren ebenfalls Zufall. 1954 gegen deutlich stärkere Ungarn. 1974 das Glück in der Wasserschlacht von Frankfurt. 1990 nur mit Mühe qualifiziert, im Endspiel ein Glückselfmeter. 1996 das Golden Goal. Die Liste ist endlos, auf der "Glück"-Seite wie auf der "Pech"-Seite.
Zitat von hubersn im Beitrag #23Mit der Erfahrung von wahrscheinlich 150 Spielen pro Jahr (in EM- und WM-Jahren mehr), die ich intensiv über 90 Minuten verfolge, kann ich mit Bestimmtheit sagen, dass im Fußball nicht immer die bessere Mannschaft gewinnt. Dass im Fußball Erfolg nur bedingt planbar ist. Dass im Fußball - besonders auf höchstem Niveau - jederzeit "Form" gegen "Klasse" gewinnt. Dass im Fußball das Element des Zufalls besonders starkes Gewicht hat.
So ist es; und es ist ja eigentlich offensichtlich.
Woher dann diese interpretatorischen Klimmzüge? Ich denke, weil wir Menschen den Zufall nicht mögen. Unser Gehirn ist ausgelegt, nach Mustern, Zusammenhängen, Erklärungen zu suchen.
Den Zufall in unserem Leben nennen wir "Schicksal". Manche machen gar die Sterne dafür verantwortlich. Den Zufall beim Glücksspiel wollen wir nicht wahrhaben und sehen "Glückssträhnen" und "Pechsträhnen".
So funktioniert nicht nur das menschliche Gehirn. Der Psychologe Skinner hat "Aberglauben" bei Tauben (den Tieren) nachgewiesen: Auch wenn sie völlig zufällig belohnt werden, entwickeln sie bestimmte Verhaltensweisen in der "Annahme", diese würden zur Belohnung führen.
Zitat von hubersn im Beitrag #23Mit der Erfahrung von wahrscheinlich 150 Spielen pro Jahr (in EM- und WM-Jahren mehr), die ich intensiv über 90 Minuten verfolge, kann ich mit Bestimmtheit sagen, dass im Fußball nicht immer die bessere Mannschaft gewinnt. Dass im Fußball Erfolg nur bedingt planbar ist. Dass im Fußball - besonders auf höchstem Niveau - jederzeit "Form" gegen "Klasse" gewinnt. Dass im Fußball das Element des Zufalls besonders starkes Gewicht hat.
Das kann ich alles unterschreiben.
Aber es ist eben nicht so, daß Italien diesmal mit Glück gewonnen hätte. Sondern sie waren insgesamt die überlegene Mannschaft. Natürlich hätten die Chancenauswertung anders laufen können - und Deutschland hätte glücklich gewonnen. Insbesondere hätte vielleicht das erste Tor für Deutschland fallen können und es wäre gar nicht offensichtlich geworden, daß die Mannschaft Moralschwächen hat und nicht gegen einen Rückstand ankommt.
Ich beklage also nicht wirklich (na ja, emotional natürlich schon), daß Deutschland das Spiel nicht gewonnen hat. Zettel hatte völlig recht mit seinem Eingangsbeitrag, daß Glück eine wesentliche Rolle gespielt hat. Aber daß die deutsche Mannschaft zu viel Angst vor dem Gegner und zu wenig Biss hatte, konzentriert gegen den Rückstand anzukämpfen - das führe ich schon auf Löws permanenten Verjüngungskurz zurück.
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