Zitat von Noricus im Beitrag #75 [...] Ich bin nach wie vor ein Befürworter der europäischen Integration: Die Grundfreiheiten, der Euro und Schengen haben meinen Alltag erheblich vereinfacht. Aber in einem Europa, das auf dem trail of broken treaties wandelt, möchte ich nicht leben.
Beste Grüße Noricus
Ich stimme ihnen voll zu, mit einer Ausnahme: Sind Sie wirklich sicher, dass der Euro Ihren Alltag vereinfacht hat? Oder in einigen Jahren vereinfacht haben wird? Hätten Sie vor 5 oder 10 Jahren geglaubt, solche Kommentare wegen des Euro schreiben zu müssen? Vielleicht haben Sie einen ungewöhnlichen Beruf, aber davon abgesehen, wie schlimm war es wirklich, ab und zu etwas Geld zu wechseln? Als der Euro eingeführt wurde, sprach man viel von der Entlastung für die Wirtschaft. Nun, dieser volkswirtschaftliche Effekt wurde inzwischen zunichte gemacht. Oder etwa nicht? Die Wirtschaft zu entlasten interessiert ganz offiziell überhaupt nicht mehr. Einzelne Unternehmen oder Branchen, vielleicht. Die Wirtschaft, nein. Warum also aus dem Euro einen Fetisch machen?
Beinahe hätte ich übersehen, daß Rayson freundlicherweise beim Bankenthema geantwortet hat ...
Zitat von Rayson im Beitrag #65Zunächst mal dient die Sozialisierung der Schuldenkonsolidierung.
Wenn man die will (will ich eigentlich nicht) oder wenn sie ohnehin unvermeidlich ist (das kann nach den neuesten Merkel-"Erfolgen" der Fall sein) - dann hast Du wohl recht. Wobei das wohl nicht flächendeckend sein müßte, es gäbe wohl keinen Grund und keine gesetzliche Grundlage, irgendwelche kleinen Banken zu verstaatlichen, die keine Probleme haben und keine Staatsgelder brauchen.
Zitat Und am Ende sollten kleinere Banken stehen, mit mehr Eigenkapital, besserer Governance, und ein Trennbankensystem.
Das "klein" halte ich für problematisch, weil das ja impliziert, daß Banken nicht wie jeder andere Betrieb beliebig wachsen dürften. Das würde den Wettbewerb letztlich aushebeln. Eher sollten dien neuen Strukturen so sein, daß die Größe nicht mehr relevant ist, weil kleine wie große Banken im Pleitefall vernünftig abgewickelt werden können. Bessere Governance wäre immer gut (aber wohl auch ohne Umstrukturierung einführbar), dito mehr Eigenkapital.
Den interessantesten Punkt sehe ich beim Trennbankensystem. Damit kann man natürlich Risiken viel besser separieren und Folgeprobleme einer Bankpleite besser in den Griff bekommen. Mir ist aber unklar, ob man im Kontinuum der Bankdienstleistungen irgendwo sinnvolle Schnitte machen kann.
Zitat von R.A.Wenn man die will (will ich eigentlich nicht) oder wenn sie ohnehin unvermeidlich ist (das kann nach den neuesten Merkel-"Erfolgen" der Fall sein) - dann hast Du wohl recht.
Wenn man wie ich davon ausgeht, dass die Krise auch eine Krise unseres Geldsystems ist und dass sich künstlich aufgeblähte Schuldkaskaden durch die Wirtschaft ziehen, die dann fatalerweise auch noch Wachstum vorgaukeln, dann gibt es keinen Zweifel, dass man an diese Sache heran muss. Egal, was Merkel tut oder bleiben lässt.
Zitat von R.A.Das "klein" halte ich für problematisch, weil das ja impliziert, daß Banken nicht wie jeder andere Betrieb beliebig wachsen dürften. Das würde den Wettbewerb letztlich aushebeln.
Banken sind in einem Fiat-Money-System nicht Unternehmen wie andere. Banken können "wachsen", indem sie, befeuert durch eine lockere Geldpolitik, durch eine Folge von Hin- und Hergeschiebe von Papieren ihre Bilanzen aufblähen und unerwünschte Blasen erzeugen. Und gerade, indem sie das Problem so selbst herstellen, werden sie erst "too big to fail". Um aber das sinnvoll einzudämmen, braucht es zwei Dinge: Höhere Zinsen und strengere Eigenkapitalvorschriften. Das begrenzt nach der Restrukturierung das hebel-induzierte Wachstum dann von selbst.
Zitat von R.A.Mir ist aber unklar, ob man im Kontinuum der Bankdienstleistungen irgendwo sinnvolle Schnitte machen kann.
Die Amis haben es ja mal geschafft. Vielleicht nicht perfekt, aber das ist auch nicht nötig.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
"Ich habe immer noch keinen einzigen Artikel gelesen, der für mich nachvollziehbar ein Szenario entweder a) für die Beibehaltung des Euro ohne Abgabe nationaler Souveränitätsrechte oder b) eine Beendigung der Einheitswährung enthält. "
Die Beendigung der Einheitswährung kostet uns genau unsere Schulden Die Beibehaltung des Euro kostest uns unsere Schulden + die Schulden der Anderen (soweit Sie noch an uns "verlagert" werden können bis auch wir zusammenbrechen) + das was man so unter Demokratie versteht + unser Grundgesetz.
In beiden Fällen stehen unsere Schulden. Also bleibt noch das "Extra" die Schulden der Anderen, die recht rabiate Beschneidung der Demokratie und natürlich unser Grundgesetz.
Für mich ist das die Wahl aus rein ökonomischer Sicht eindeutig. Aus demokratischer Sicht sehe ich auch nur b) als Alternative. Aus liberaler Sicht ist b) genau dann "ideal" wenn wir endlich dem Papierzahlungsmittel ade sagten....
Und außerdem bin ich der Meinung Zentralbanken gehören abgeschafft.
Zitat von R.A.Wenn man wie ich davon ausgeht, dass die Krise auch eine Krise unseres Geldsystems ist ...
Dem "auch" stimme ich zu. Dann müßte man aber erst einmal das Geldsystem komplett umstellen, sonst wäre eine Bankenreform auf Sand gebaut. Leider habe ich noch kein Konzept für ein besseres Geldsystem gesehen, das mich überzeugt.
Zitat Banken sind in einem Fiat-Money-System nicht Unternehmen wie andere.
Ja - aber willst Du dieses Geldsystem behalten?
Zitat:Banken können "wachsen", indem sie, befeuert durch eine lockere Geldpolitik ...
Richtig. Sie können aber (anstatt oder daneben) auch ganz normal wachsen, d.h. durch gute Angebote mehr Kunden gewinnen. Wenn Dein Petitum mit den "kleinen" Banken nicht bedeuten soll, daß dieses Wachstum unterbunden wird, haben wir Konsens.
Zitat Die Amis haben es ja mal geschafft. Vielleicht nicht perfekt, aber das ist auch nicht nötig.
Nicht perfekt? War die Savings&Loans-Krise nicht genau so ein "too big to fail" wie Lehmann - alles im Trennbankensystem?
Zitat von Noricus im Beitrag #75 [...] Ich bin nach wie vor ein Befürworter der europäischen Integration: Die Grundfreiheiten, der Euro und Schengen haben meinen Alltag erheblich vereinfacht. Aber in einem Europa, das auf dem trail of broken treaties wandelt, möchte ich nicht leben.
Beste Grüße Noricus
Ich stimme ihnen voll zu, mit einer Ausnahme: Sind Sie wirklich sicher, dass der Euro Ihren Alltag vereinfacht hat?
Ja.
Zitat Hätten Sie vor 5 oder 10 Jahren geglaubt, solche Kommentare wegen des Euro schreiben zu müssen?
Man könnte darauf antworten, dass ich diesen Kommentar nicht wegen des Euro, sondern wegen der Reaktion der Eurozonen-Politiker auf die Schuldenkrise einiger Mitgliedstaaten geschrieben habe. Eine gemeinsame Währung bedeutet nicht unbedingt gemeinsame Schulden. Siehe die Kommentare von R.A.
Zitat Vielleicht haben Sie einen ungewöhnlichen Beruf, aber davon abgesehen, wie schlimm war es wirklich, ab und zu etwas Geld zu wechseln?
Bei mir wäre es mit dem gelegentlichen Wechseln nicht getan. Es würde vielmehr darum gehen, ständig zwei Währungen in meinem Portemonnaie zu führen - oder mich auf die z.T. sehr individuellen Umrechnungskurse gewisser Einzelhändler einzulassen.
Zitat Als der Euro eingeführt wurde, sprach man viel von der Entlastung für die Wirtschaft. Nun, dieser volkswirtschaftliche Effekt wurde inzwischen zunichte gemacht. Oder etwa nicht?
Mag sein, aber ich sprach von den Vorteilen für meinen überschaubaren Alltag, also meinem Partikularinteresse und nicht dem großen Ganzen. Die Nachteile des Euro werden momentan ohnehin lang und breit diskutiert; warum also nicht einmal einen Kontrapunkt setzen?
Zitat Warum also aus dem Euro einen Fetisch machen?
Ich mache aus dem Euro sicher keinen Fetisch. Dass sich Franzosen und Deutsche die Köpfe einschlagen, wenn sie keine gemeinsame Währung mehr haben, glaube ich eher nicht. Und falls die in jeglichem Sinne billigste Lösung der Schuldenkrise eine Rückkehr zu den nationalen Währungen erfordert, dann soll es so sein.
Zitat von R.A.Ja - aber willst Du dieses Geldsystem behalten?
Was dieses System so riskant macht, ist ja u.a. die hohe Geldvermehrung durch die Geschäftsbanken, die schnell zu Schneeballsystemen führen kann. Dies kann man eigentlich auch innerhalb des Systems eingrenzen, z.B. durch entsprechende Eigenkapital-Unterlegungen, eine die Geldmenge steuernde Zentralbank à la Bundesbank, höhere Mindestreserven. Wenn man die Schwächen eines Systems erkannt hat, halte ich es also für besser, zunächst mal diese Schwächen zu bekämpfen, statt gleich das Kind mit dem Bade auszuschütten, denn andere Systeme haben auch Schwächen, nur eben andere. Und irgendwie scheint das, was in Deutschland seit dem Kurswechsel der Bundesbank in den 70ern bis zur Wiedervereinigung so praktiziert wurde, ja z.B. in diesem Sinn so schlecht nicht gewesen zu sein.
Zitat von R.A.Richtig. Sie können aber (anstatt oder daneben) auch ganz normal wachsen, d.h. durch gute Angebote mehr Kunden gewinnen.
Diese Art Wachstum sollte durch den Wettbewerb begrenzt werden, wenn die geldpolitischen Rahmenbedingungen so sind, wie ich sie skizziert habe.
Zitat von R.A.Wenn Dein Petitum mit den "kleinen" Banken nicht bedeuten soll, daß dieses Wachstum unterbunden wird, haben wir Konsens.
Das bezog sich auf den Zustand, in dem die Banken wieder an den Markt gebracht werden. Ich wundere mich ein wenig, dass du mir zutraust, Ideen zu entwickeln, wie man wirtschaftlichen Erfolg verhindert...
Zitat von R.A.Nicht perfekt? War die Savings&Loans-Krise nicht genau so ein "too big to fail" wie Lehmann - alles im Trennbankensystem?
Das "nicht perfekt" bezog sich - ich dachte: eindeutig - auf die Grenzziehung, nicht auf die Krisensicherheit. "Savings & Loan" ist aber ein schönes Beispiel für dilettantische Deregulierung nach dem Motto "Wasch mir den Pelz": Moral Hazard im Zusammenspiel mit - natürlich - einer netten Immobilienblase. Der Schaden ließ sich aber lokal begrenzen. Die Banken in Europa haben dabei nicht plötzlich aufgehört, sich gegenseitig Geld zu leihen...
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #57RE: Fallschirmspringen: "Ein Sport für Pfaffen und Bauernlümmel ist es jedenfalls nicht." (Giovanni Guareschi, Don Camillo und die Rothaarige)
Das Ganze ist offensichtlich eine Wiederauflage von Kittingers Absprung zum Goldenen Jubiläum - 1x-und-seitdem-nie-wieder - so wie James Camerons Fahrt zum Grund des Marianengrabens im März eine solche Wiederholung des Tauchgangs von Piccard und Walsh von 1960 war. Und da zeigt sich dann auch ein grundlegendes Dilemma aller solcher "kleinen Schritte für mich/Riesenhüpfer für die Menschheit": der Erkenntnisgewinn ist offensichtlich Zero, legte man es darauf an, sind Roboter billiger, vielseitiger & genügsamer; es bleibt nur der "olympische Gedanke" (why climb Mt. Everest? Because it is there), und steigerungsfähig ist nicht mehr: das titius, altius, fortius entfällt. Die bemannte Raumfahrt verkörpert dieses Dilemma exemplarisch: entweder kreist man in der Erdumlaufbahn - seit 50, bald 100, dann 200 Jahren...oder man läßt eine Handvoll Kasper ein paar Monate auf dem Mars herumkaspern und muß dann die Grenze ziehen. Nicht eben der Stoff, aus dem bestirnte Träume sind.
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