Ein Gespräch, das Sie sich unbedingt ansehen sollten.
Wie Thilo Sarrazin sagt übrigens auch Sinn, daß er die Einführung des Euro damals nicht kritisiert hatte; er weist allerdings auf die Sicht anderer Ökonomen hin, die schon damals die jetzige Entwicklung vorhergesagt hatten.
Es hätte ja auch - vielleicht - funktionieren können, wenn alle Euro-Länder sich strikt an die Maastricht-Kriterien gehalten hätten. Aber das hätte bedeutet, daß die Griechen, daß die Protugiesen sich mit einem Lebensstandard hätten begnügen müssen, der ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprach.
Der Euro ermöglichte es ihnen, darüber hinauszugehen. Sie haben davon Gebrauch gemacht. Der deutsche Finanzminister Eichel und sein Kanzler Schröder hatten ja bewiesen, daß man ungestraft die Maastricht-Kriterien verletzen konnte.
Die Analyse klingt für mich schlüssig. Daß Professor Sinn zugibt, sich anfangs selber geirrt zu haben, macht ihn sehr sympathisch unter all den "Experten", die sonst so öffentlich auftreten dürfen.
Ich fürchte nur, eine spezielle Person, die dieses Interview nicht ansieht, wird es als nicht hilfreich abtun.
Woran erkennt man ein linksgrünes Märchen? Es beginnt mit: Es wird einmal sein. __________________________________________ __________________________________________
Auch im möchte mich bedanken, lieber Zettel, denn dieser Link ist wirklich einer der besten Beiträge, die ich bisher zu dem Thema gesehen habe. Bewundernswert wie entspannt und emtionslos er einem die Materie erklären kann. Zwei Anmerkungen müssen trotzdem sein:
- Auch Sinn sieht die primäre Verbesserung der deutschen Wirtschaftssituation in den Reformen der Regierung Schröder. Ich denke immernoch verwundert daran, wie interessant es erst geworden wäre, wenn diese Politik nicht so schnell wieder beendet worden wäre, sondern konsequent weitergeführt worden wäre.
- Wie H_W befürchte ich, dass dieses Interview sicher nicht bei denen ankommen wird, die es eigenlich als Zwangslektüre mitnehmen müssten. Deutschland wird noch viele Jahre zahlen bis man merkt, dass das Fass keinen Boden hat. Und dann wird man sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe kippen.
Zitat von Llarian im Beitrag #3Bewundernswert wie entspannt und emtionslos er einem die Materie erklären kann.
Eine Materie, die eben sehr komplex ist, lieber Llarian. Auch das ist mir bei dieser Sendung deutlicher geworden, als es bisher (mir) war.
Es ist eben nicht nur ein Fiskalproblem. Die Staatsverschuldung ist nur die eine Seite der Medaille. Das Sinken der Wettbewerbsfähigkeit der Südländer aufgrund der Einheitswährung ist die andere. Weil es eben die Möglichkeit des Gegensteuerns durch Abwertung der Landeswährung nicht mehr gibt.
Das wiederum hat den deutschen Exportüberschuß (mit) zur Folge. Wir können billiger liefern als diese Länder, weil die Lohnkosten nicht im gleichen Maß gestiegen sind, weil wir besser rationalisiert haben usw.
Und Sinn hat etwas verdeutlicht, was mir so halbwegs klargewesen war, was aber in den Medien meist [ergänze: nicht] eindeutig dargestellt wird: Ein hoher Exportüberschuß ist eine zweischneidige Sache. Denn er ist, anders betrachtet, ein Kapitalabfluß. Waren und Dienstleistungen gehen aus Deutschland in andere Länder, ohne daß Waren und Dienstleistungen im selben Wert nach Deutschland kämen.
Sinn zitiert Berechnungen seines Instituts, wonach Griechenland und Portugal ihre Preise um 30 bis 40 Prozent senken müßten, um wettbewerbsfähig zu sein. Das würde entsprechende Lohnsenkungen bedeuten, die politisch nicht durchsetzbar sind. Und er weist auf die betriebswirtschaftlichen Schwierigkeiten hin, die damit verbunden wären. Wenn beispielsweise ein kleiner Fabrikant seine Preise so drastisch senkt, dann bleiben seine Schulden unverändert; seine Bilanz gerät also in Gefahr.
Andererseits hat ja gerade erst gestern R.A. in diesem wichtigen Artikel gezeigt, wie schwer ein Austritt werden würde.
Es ist alles sehr vertrackt. Hänge dich auf oder hänge dich nicht auf, du wirst beides bereuen, hat Kierkegaard sinngemäß geschrieben. Je mehr ich versuche, dieses Thema etwas besser zu verstehen, umso pessimistischer werde ich.
Zitat von Zettel im Beitrag #1Der Euro ermöglichte es ihnen, darüber hinauszugehen. Sie haben davon Gebrauch gemacht. Der deutsche Finanzminister Eichel und sein Kanzler Schröder hatten ja bewiesen, daß man ungestraft die Maastricht-Kriterien verletzen konnte.
Ich bin sicher kein Freund der Regierung Schröder, aber diese Vorgänge sind gemessen an dem - im Rückblick - völligen Versagen der Regierung Kohl bei der Konstruktion der Euro-Institutionen eine Marginalie. Zwei Beispiele:
1. Die Target-Salden, für die Sinn nun etwas naiv vorschlägt, man solle sich doch am Modell USA orientieren, was in der Logik des aktuellen Systems für sehr wenige Spieler rational wäre und für den Rest eben nicht. Diese Salden schwellen auf deutscher Seite* ohne jede politische Kontrolle massiv an, aktuell jeden Monat etwa 50 Milliarden Euro, letzter Stand etwa 750 Milliarden Euro. Das Eigenkapital der Bundesbank beträgt etwas mehr als 1 % dieser Summe. Dieses Geld ist aller Wahrscheinlichkeit schlicht verloren.
2. Die EZB: Hier hat man zugelassen, dass dem größten Zahler (formell Zeichner mit einem Anteil von 18,94 %) ein Einfluss zugestanden wurde, der dem Maltas entspricht (Anteil 0,06%), und das in einem System, in dem Entscheidung mit einfacher Mehrheit gefällt werden. Kein Veto nirgends. So sind denn auch die formell demokratischen Entscheidungen gefällt worden, die die EZB zu allerlei Interventionen ermächtigt haben. Der deutsche Einfluss in dieser absolut zentralen Institution ist gleich null. Mit Blick auf Italien hat die Sueddeutsche letzte Woche ja schon vermutet, dass deren Schuldenproblem einfach über Mehrheitsentscheidung in der EZB zum Gelddrucken gelöst wird, "angesichts der Mehrheitsverhältniss wahrscheinlich".
Nur aus diesen Fehlkonstruktionen ist ja auch die ganze hektische Retterei zu erklären, die erst angefangen hat, als die EZB schon weit über verantwortbare Grenzen südländische Risiken in ihre Bücher genommen hatte.
Zitat von notquite im Beitrag #5 Die Target-Salden, für die Sinn nun etwas naiv vorschlägt, man solle sich doch am Modell USA orientieren, was in der Logik des aktuellen Systems für sehr wenige Spieler rational wäre und für den Rest eben nicht.
Auch jetzt hat er ja wieder in dem Gespräch diese Gefahren mit drastischen Worten geschildert. Auch hier wieder scheint die Diagnose einfach zu sein, eine Therapie aber schwierig.
Zitat Zitat von Zettel im Beitrag #1 -------------------------------------------------------------------------------- Der Euro ermöglichte es ihnen, darüber hinauszugehen. Sie haben davon Gebrauch gemacht. Der deutsche Finanzminister Eichel und sein Kanzler Schröder hatten ja bewiesen, daß man ungestraft die Maastricht-Kriterien verletzen konnte. --------------------------------------------------------------------------------
Ich bin sicher kein Freund der Regierung Schröder, aber diese Vorgänge sind gemessen an dem - im Rückblick - völligen Versagen der Regierung Kohl bei der Konstruktion der Euro-Institutionen eine Marginalie. Zwei Beispiele:
Mir geht's genauso. Ich bin auch kein Schröder-Fan. Aber auch ich möchte der Legenden-Bildung entgegenwirken.
Es ist keinesfalls so, dass die Maastricht-Kriterien erstmals von der Regierung Schröder verletzt wurden. Ich zwar gerade keine gute Übersichts-Statistik gefunden und deshalb wäre mir ein systematischer Nachweis etwas zu kompliziert. Aber ich bin mir absolut sicher, dass das Verletzen der Maastricht-Kriterien durch verschiedene Länder von Anfang an praktiziert wurde. Schröder und Eichel waren da wahrlich keine Vorreiter.
In der öffentlichen Diskussion wird ja immer sehr viel Gewicht auf das Defizit-Kriterium gelegt. Das wichtigere Kriterium ist aber doch eigentlich das Verschuldens-Kriterium. (Wenn Griechenland zwischendurch mal zwei Jahre lang über die Stränge geschlagen hätte mit einem Defizit von 5% oder 10%, dann wäre das ja im wesentlichen unproblematisch. Problematisch ist die hohe kumulierte Verschuldung über einen sehr langen Zeitraum, die durch das Verschuldungs-Kriterium eigentlich kontrolliert werden sollte).
Die Maastricht-Grenze für die Staatsverschuldung wäre 60% des BIP. Die Darstellung reicht von 1995 bis 2011. Dargestellt ist die Entwicklung der Länder Österreich, Belgien, Griechenland und Italien. In diesem Zeitraum hat keines der vier Länder auch nur in einem einzigen Jahr das Versuchuldungs-Kriterium des Maatricht-Vertrags eingehalten.
Und (mit der Ausnahme von Belgien) ist in diesem Zeitraum nicht einmal eine spürbar positive Tendenz erkennbar.
Herzlichen Dank auch von mir lieber Zettel für den Verweis auf das Gespräch.
Ich verfolge die öffentlichen Auftritte und Äußerungen von Prof. Sinn nun schon fast ein Jahr, seine Aussagen werden tatsächlich immer konkreter und auch immer drastischer (in der ökonomischen Bewertung der Dinge).
Falls man sich weiter zum Thema informieren möchte findet man gute, tiefergehende (jedoch auch sehr zeitintensive) Vorträge von Herrn Sinn unter anderem hier:
Ich finde, man kann bei diesen Vorträgen wunderbar sein ökonomisches Verständnis schulen, Sinn hat ein didaktisches Talent, das zusammen mit seinem ökonomischen Fachwissen und seinem zugegeben nicht ganz geringen Mitteilungsbedürfnis wohl einmalig in Deutschland ist.
Eine der wichtigsten Aussagen des Gesprächs überhaupt vermisse ich allerdings in deiner Zusammenfassung, wichtig deshalb, weil sie (ähnlich wie zum Thema Atomkraft-Meinung der Deutschen) der "vermeintlichen öffentlichen Meinung" in den Medien dieser Republik diametral entgegensteht:
Deutschland hat vom Euro nicht profitiert, im Gegenteil!
Das gehöhrt wohl ins gleiche Reich der Fabeln ähnlich wie Assagen à la: "Die Stuttgarter sind mehrheitlich gegen Stuttgart 21". Hier weicht die Medienmeinung sehr stark von der Wirklichkeit ab. Und ich vermute, dass auch viele Bürger diese Parole schon lange nicht mehr für voll nehmen, wenn sie in ihren eigenen Geltbeutel schauen. (Stichwort Lohnzurückhaltung)
Zitat von Florian im Beitrag #7Es ist keinesfalls so, dass die Maastricht-Kriterien erstmals von der Regierung Schröder verletzt wurden. Ich zwar gerade keine gute Übersichts-Statistik gefunden und deshalb wäre mir ein systematischer Nachweis etwas zu kompliziert. Aber ich bin mir absolut sicher, dass das Verletzen der Maastricht-Kriterien durch verschiedene Länder von Anfang an praktiziert wurde. Schröder und Eichel waren da wahrlich keine Vorreiter.
Aber das deutsche Verhalten hatte, lieber Florian, Signalwirkung.
Es ging im Grunde - Sarrazin hat das im einzelnen beschrieben - um so etwas wie einen Mentalitätswandel. Der Euro konnte - da waren sich offenbar die Experten zumindest im deutschen Finanzministerium einig - nur funktionieren, wenn auch diejenigen Staaten sich an die Konvergenzkriterien hielten, die bis dahin eine Tradition von Staatsverschuldung und in Kauf genommener Inflation hatten.
Das war von Deutschland so verlangt und im Vertrag von Maastricht durchgesetzt worden. Insofern war Deutschland zunächst der Vorreiter im positiven Sinn. Damit, daß man 2003 und 2004 selbst das Defizitkriterium nicht eingehalten hat, wurde man zum Vorreiter im Bruch des Vertrags. Auch wenn andere das zuvor auch schon gemacht haben sollten (was ich auf Anhieb auch nicht klären konnte).
In einem allerdings möchte ich mich korrigieren. Ich habe mir jetzt einige Berichte aus diesen Jahren angesehen; und es scheint, daß Eichel sich mit Händen und Füßen gewehrt hat, er sich aber gegen Schröder nicht durchsetzen konnte. Siehe zum Beispiel hier.
Zitat von Masu im Beitrag #8Herzlichen Dank auch von mir lieber Zettel für den Verweis auf das Gespräch.
Ich verfolge die öffentlichen Auftritte und Äußerungen von Prof. Sinn nun schon fast ein Jahr, seine Aussagen werden tatsächlich immer konkreter und auch immer drastischer (in der ökonomischen Bewertung der Dinge).
Hab ihn gestern gesehen, und 3 Dinge sind mir davon noch unmittelbar im Gedächtnis: 1. Das 60%-Verschuldungskriterium wurde eigentlich festgelegt um Italien draußen zu halten. Als es allerdings ernst wurde, lag auch Deutschland schon über den 60% - und Italien war drin. 2. Die implizite pro-Kopf-Verschuldung jedes Luxemburger Bürgers sprengt jede Vergleichsskala. O-Ton Sinn: Luxemburg ist ein Containerschiff, bis zum Himmel mit Containern beladen ... bei einer kleinen Welle kippt es um. Aber Juncker hat als Chef der Eurogruppe ja vielleicht ein paar Hebel mehr. 3. Wieder O-Ton Sinn (unmissverständlich!): Das Geld ist weg!
Ich bemerke auch, dass H-W Sinn in seinen Aussagen immer drastischer wird. Dabei ist er aber noch einer der Gemäßigten seiner Zunft. Momentan stellt es sich ja so dar, dass Deutschland in absehbarer Zeit allein schon aus demografischen Gründen ein Riesenproblem mit sich selbst haben wird (wird im Vortrag auch schön aufgezeigt), aber derzeit zusätzlich gezwungen wird seine noch vorhandenen Reserven in eine nicht gewinnbare Schlacht zu werfen.
Wie schon gesagt - Das Geld ist weg! Und es wird immer noch mehr in die Schlacht geworfen, obwohl es aussichtslos ist. Das ist unverzeihlich! Wenn die Kiste irgendwann unwiderruflich kentert strampeln wir alle im Wasser, nur dass Deutschland dann noch zusätzliche Bleigurte um die Hüften trägt. Und ich gehe jede Wette ein, dass sich in der ganzen Eurozone niemand finden wird, der Deutschland mit dem Einsatz eigener Reserven retten würde WOLLEN (ganz davon abgesehen, dass es auch keiner könnte). Wenn man eins aus dieser ganzen Chose gelernt haben sollte, dann, dass die europäische Völkerfamilie (vielmehr ihre Regierungen) nicht im Traum darauf käme ausgerechnet Deutschland "zu helfen" (das war bei der Wiedervereinigung kein Thema, das war es auch nicht, als D als "kranker Mann Europas" bezeichnet wurde). Oder meint irgendjemand, wenn Deutschland zuerst den "griechischen Weg" eingeschlagen hätte, wäre irgendwer zur Hilfe geeilt? Da hätte es sofort geheißen - och nee, ihr seid zu groß, das schaffen wir eh nicht. Geht mal lieber raus aus dem Euro und saniert euch erstmal.
Und egal wann und aus welchem bestimmten Grund dieses Boot auch umkippt ... die Schuld daran wird Deutschland gegeben werden. Weil es nicht schnell genug, nicht massiv genug, weil es angeblich total falsch reagiert hat - irgendsowas wird kommen. Wir werden mit unseren Problemen allein dasitzen und auch noch mit den "übernommenen", wenn es dann heißt: Jeder ist sich selbst der Nächste. Aber bis es soweit ist, werden noch etliche Transfusionsschläuche am vermeintlich noch gesunden Deutschland befestigt werden. Schäuble und Merkel wollten lediglich noch ein bissl darüber mitbestimmen dürfen, an welcher Vene der nächste Schlauch angeschlossen wird. Mit dem glorreichen Durchwinken des ESM hat sich aber auch das erledigt.
Der EURO-Endsieg wird nicht kommen, egal welche "Wunderwaffen" sich die Politniks noch so einfallen lassen, egal wer als letzter Volkssturm-Steuerzahler ausgesaugt wird - aber verbrannte Erde wird das alles zurücklassen.
Beste Grüße, Calimero
---------------------------------------------------- Calimeros Rumpelkammer - Ein Raum für freie Rede und Gedanken, mittendrin im Irrenhaus.
Zitat von ZettelMir war als jemandem, der sich nie mit Ökonomie befaßt hat, lange unklar gewesen, wie es zur Eurokrise gekommen ist; wie die politischen und ökonomischen Faktoren in ihrer Wechselwirkung zu der jetzigen schwierigen Situation geführt haben.
Lieber Zettel,
dieses Statement überrascht mich, bringt mich Ihnen aber insofern näher, dass ich viele Ihrer Positionen nun besser verstehe. Vorab: Ich selber habe vor ca. 3 Jahren über die Piraten Eigentümlich Frei entdeckt, über EF Ron Paul, über Ron Paul die Austrians und verschlinge nun seit über 2 Jahren Bücher und Texte zu ökonomischen Fragen, wann immer ich die Zeit dazu finde. Ich ärgere mich nun gelegentlich, seinerzeit nicht was mit BWL oder VWL studiert zu haben, ich hatte ja nicht die geringste Ahnung, wie unglaublich spannend und faszinierend die Materie eigentlich sein kann.
Lange Rede kurzer Sinn: Ich würde Ihnen aufrichtig empfehlen, nicht bei Sinn (den ich durchaus schätze) stehen zu bleiben, sondern auch ein paar erstklassige Werke zum Thema zu lesen, die zumindest inhaltlich u. a. eng mit Ludwig Erhardt (der mit Mises und anderen Austrians befreundet war) und seiner erfolgreichen Wirtschaftspolitik assoziiert werden können, namentlich folgende:
Dieses Buch war mein persönlicher Primer und hat mich unwiderruflich und nachhaltig von meiner linken Sozialisation entfremdet, bildet also eine Art Grundstein meines neuen liberalen Fundaments.
Von Ron Paul hatte ich davor schon gehört, hierzulande wird er aber von der Presse in der Regel als Spinner verschrien und selbst die vermeintlich konservative Presse (z. B. Welt und FAZ) gestattet linksradikalen Kommentatoren (z. B. Uwe Schmitt) üppig Raum für demagogische Hetztiraden (ich übertreibe nicht) gegen seine Person.
Ach ja: Lassen Sie sich nicht vom Titel des Buches abschrecken, mit Revolutionen im klassisch linken bzw. marxistischen Sinne hat das Buch rein gar nichts zu tun.
Ron Paul könnte ich mir im Übrigen auch sehr gut als Sprecher Ihres liberal-konservativen Vermittlungsausschusses vorstellen.
Erstklassige Einführung in die Welt der Ökonomie und des ökonimschen Denkens. Sie können das Buch unter dem Link frei herunterladen. Sehr empfehlenswert sind auch seine Bücher "The Politically Incorrect Guide to the Capitalism" und "The Politically Incorrect Guide to the Great Depression and the New Deal", in dem jede Menge antikapitalistische und keynesianische Mythen regelrecht zerlegt werden. Auch Murphy ist übrigens wie Ron Paul religiös und überzeugter praktizierender Christ.
Ein Klassiker, in dem der Schwerpunkt darauf gelegt wird, die grundlegenden Irrtümer Lieschen Müllers in wirtschaftlichen Fragen verständlich zu erläutern und zu widerlegen. Auch dieses Buch liegt als freier Download vor.
Diese dezidiert undogmatische Einführung in die Welt der Austrian Economics ist ein absoluter Geheimtip, der u. a. durch Klarheit, Verständlichkeit und brillantes Artikulationsvermögen des Autors besticht. Auch dieses Buch ist frei herunterzuladen.
Die Auswahl beschränkt sich zwar auf vergleichsweise kurz gehaltene, prägnante Einführungen (auf die Auflistung von Werken von Mises, Hayek, de Soto und anderen Autoren habe ich aus Gründen des Umfangs und/oder der Lesbarkeit bewusst verzichtet), dennoch dürften Sie nach der Lektüre der verlinkten Bücher die Geschehnisse in Berlin, Brüssel und Washington für immer deutlich kritischer sehen (es wird zum Beispiel klar, dass die meisten Politker bestenfalls nur über ein mangelhaftes Verständnis wirtschaftlicher Zusammenhänge verfügen).
Gestatten Sie, werter Zettel, mir es vielleicht doch noch, einen (natürlich wieder frei herunterladbaren) exzellenten Essay von Mises aufzulisten, der minutiös darlegt, warum gerade Intellektuelle ein Faible für antikapitalistisches und sozialistisches Gedankengut zu pflegen scheinen:
Zitat von FrankensteinLange Rede kurzer Sinn: Ich würde Ihnen aufrichtig empfehlen, nicht bei Sinn (den ich durchaus schätze) stehen zu bleiben, sondern auch ein paar erstklassige Werke zum Thema zu lesen, die zumindest inhaltlich u. a. eng mit Ludwig Erhardt (der mit Mises und anderen Austrians befreundet war) und seiner erfolgreichen Wirtschaftspolitik assoziiert werden können, namentlich folgende
Bei allem Respekt vor den klassischen "Österreichern" und ihrer radikalisierten Variante in den USA: Ich bezweifle, dass in einem der aufgeführten Werke (und das Werk Henry Hazlitt hat auch mich damals als rein zufällig in den Blick geratener Kontrapunkt während meines Studiums für andere Ideen geöffnet) Außenhandels- und Währungstheorie so abgehandelt werden, dass man sie zur Erklärung der Euro-Krise heranziehen kann. Die beste Funktion, die die "österreichische Theorie" m.E. heute erfüllen kann, ist, der auf einigen Feldern zu unterbelichteten aktuellen VWL neue Impulse zu geben. Wobei sich das "kann" sowohl auf die Eignung der vertretenen Theorien als auch auf die Möglichkeiten der Schule selbst bezieht.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von Zettel im Beitrag #4 Und Sinn hat etwas verdeutlicht, was mir so halbwegs klargewesen war, was aber in den Medien meist [ergänze: nicht] eindeutig dargestellt wird: Ein hoher Exportüberschuß ist eine zweischneidige Sache. Denn er ist, anders betrachtet, ein Kapitalabfluß. Waren und Dienstleistungen gehen aus Deutschland in andere Länder, ohne daß Waren und Dienstleistungen im selben Wert nach Deutschland kämen.
An dieser Stelle habe ich allerdings immer ein Problem, schade, dass ich Sinn nicht danach fragen kann. Natürlich sind die Rohstoffe die Deutschland zur Produktion einer Ware importiert deutlich weniger wert als die Produkte. Warum das allerdings immer einen Abfluss darstellt, ist mir nicht ganz klar. Doof gesprochen: Ich kaufe in Südamerika zwei Tonnen Eisenerz für je 100 Euro. Aus diesen zwei Tonnen erschmelze ich eine Tonne Stahl, die ich für sagen wir 400 Euro nach Südamerika verkaufe. Und weil das so schön war, kaufe ich mir für 100 Euro von diesem Gewinn eine weitere Tonne Erz aus Südamerika. Von der Bilanz her habe ich 100 Euro mehr exportiert als importiert. Und dennoch habe ich jetzt mehr als vorher. Natürlich kann man argumentieren, die 200 Euro "Mehrwert" wurden in Deutschland erwirtschaftet und davon sind jetzt 100 Euro weggeflossen. Das springt aber nach meiner Meinung ein bischen zu kurz, denn irgendwo muss der Rohstoff ja herkommen, mit dem wir unsere eigenen Häuser bauen. Natürlich wäre es besser auch von den restlichen 100 Euro noch mehr Rohstoffe zu kaufen, aber so einfach funktioniert das System ja nicht.
Zitat Sinn zitiert Berechnungen seines Instituts, wonach Griechenland und Portugal ihre Preise um 30 bis 40 Prozent senken müßten, um wettbewerbsfähig zu sein. Das würde entsprechende Lohnsenkungen bedeuten, die politisch nicht durchsetzbar sind.
Habe ich schon verstanden. NUR: Mit einem Austritt aus dem Euro wird sich das ja nicht ändern. Wenn ich Sinn folge wird die Neu-Drachme ziemlich schnell sehr viel Wert verlieren, in der Folge kann Griechenland deutlich weniger importieren und die Löhne sinken faktisch trotzdem um jene 40% (wahrscheinlich sogar mehr). Das Problem ist, dass der Lebensstandard der Südländer nicht ihrem Bildungs- und Produktivitätsstand entspricht. Daran kann keine Währung etwas ändern. Wenn die Währungen wieder zerfallen, werden die Wechselkurse genau das reflekieren. Deswegen werden die Südländer auch alles tun, damit genau das nicht passiert. Die Party soll bitte weitergehen.
Ich glaube inzwischen, es gibt keine andere Möglichkeit als einen Austritt der Geberländer. Und das wird wehtun, nicht zu knapp. Und es wird Konflikte geben, nicht zu knapp. Und das grösste Problem ist, bis unsere politische Mannschaft das begriffen hat, werden noch aberhunderte von Milliarden in diesem Faß versenkt.
Lieber Zettel, ich bin ja schon hochgradig enttäuscht und frustriert, dass die vielen Propheten in deinem eigenen "Kleinen Zimmer" dir nichts bedeuten und erst jemand mit Professor-Titel daher kommen muss, um einfachen ökonomischen Aussagen Gehör zu verschaffen . Vielleicht eine déformation confraternelle ? Jedenfalls haben sich doch "Zimmerleute" wie dirk oder Florian (um von meiner Unwichtigkeit erst gar nicht zu reden) hier den Mund fusslig geredet, genau das immer wieder klarzustellen. Selbst wenn wir keine so guten Didaktiker sind wie Sinn, so sollte doch die Formulierung in immer neuen Varianten und Anläufen irgendwann die Erkenntnis durchsickern lassen. Sollte man meinen.
Vielleicht klappt es ja jetzt :
Zitat von ZettelUnd Sinn hat etwas verdeutlicht, was mir so halbwegs klargewesen war, was aber in den Medien meist [ergänze: nicht] eindeutig dargestellt wird: Ein hoher Exportüberschuß ist eine zweischneidige Sache. Denn er ist, anders betrachtet, ein Kapitalabfluß. Waren und Dienstleistungen gehen aus Deutschland in andere Länder, ohne daß Waren und Dienstleistungen im selben Wert nach Deutschland kämen.
Das ist zwar jeweils richtig, doch mit Kapitalabfluss sind nicht die abfließenden Waren und Dienstleistungen gemeint, sondern es handelt sich hier sozusagen um die Gegenbuchung in Form einer Forderung gegen das andere Land. Diese Forderung kann sich in verschiedenen Formen zeigen, also z.B. im Kauf von Staatspapieren des betreffenden Landes oder eben - wie zur Zeit im Fall Griechenland - in höheren Salden bei "Target2".
Zum Schluss noch eine kleine Anekdote zum angeblichen Vorteil der Exportüberschüsse (wenn meine fachliche Stimme schon nicht gehört wird, erzähle ich halt einfach mal nur Schnurren von früher):
In einer meiner allerersten Vorlesungen im Grundstudium, und die liegen mittlerweile so ca. 30 Jahre zurück, kam das Thema auf die Zusammensetzung des Bruttosozialprodukts (damals war das BIP noch nicht "in"). Einer der frischen Studenten, meiner vor Klischees strotzenden Einschätzung nach ein typischer Jung-Unionist, setzte zu einem Loblied auf die deutschen Exportüberschüsse und deren immense Bedeutung für die deutsche Wirtschaft an. Daraufhin fragte einer der Dozenten nur: "Was finden sie denn daran so vorteilhaft für Deutschland, dass hier viel Arbeit und Kapital aufgewendet wird, nur um das Ausland mit einem Überschuss an Produkten zu versorgen?" Vermutlich wurden daraufhin in vielen Reihen innerlich jede Menge Parteibroschüren zerrissen.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von FrankensteinLange Rede kurzer Sinn: Ich würde Ihnen aufrichtig empfehlen, nicht bei Sinn (den ich durchaus schätze) stehen zu bleiben, sondern auch ein paar erstklassige Werke zum Thema zu lesen, die zumindest inhaltlich u. a. eng mit Ludwig Erhardt (der mit Mises und anderen Austrians befreundet war) und seiner erfolgreichen Wirtschaftspolitik assoziiert werden können, namentlich folgende
Bei allem Respekt vor den klassischen "Österreichern" und ihrer radikalisierten Variante in den USA: Ich bezweifle, dass in einem der aufgeführten Werke (und das Werk Henry Hazlitt hat auch mich damals als rein zufällig in den Blick geratener Kontrapunkt während meines Studiums für andere Ideen geöffnet) Außenhandels- und Währungstheorie so abgehandelt werden, dass man sie zur Erklärung der Euro-Krise heranziehen kann. Die beste Funktion, die die "österreichische Theorie" m.E. heute erfüllen kann, ist, der auf einigen Feldern zu unterbelichteten aktuellen VWL neue Impulse zu geben. Wobei sich das "kann" sowohl auf die Eignung der vertretenen Theorien als auch auf die Möglichkeiten der Schule selbst bezieht.
Lieber Rayson,
mein Beitrag bezog sich in erster Linie auf Zettels Äusserung, dass er "sich nie mit Ökonomie befaßt" hätte. Die aufgelisteten Bücher eignen sich (von der mir bekannten Literatur) am besten für einen schnellen und effizienten "Quickstart" auf diesem Gebiet. Wie auch immer: Ron Pauls "The Revolution" und das erwähnte Buch von Murphy über die "Great Depression" dürften sehr wohl in signifikantem Ausmasse zum Verständnis der Euro-Krise beitragen, insbesondere auch aus dem Grunde, dass sie sowohl Hintergründe und Motive des Handelns der politischen Akteure, als auch deren Inkompetenz und Korrumpiertheit schonungslos darlegen und die Hintergründe dafür verständlich erläutern.
Es gibt jedoch durchaus auch eine Menge gehaltvolle Beiträge zur Euro-Krise (die sowieso nur Teil einer globalen Krise ist), z. B. von Soto und Bagus, wobei die Grundlagen-Werke von beispielsweise Mises, Hayek, Rothbard, Friedman zum Verständnis der Krise(n) sicherlich auch nicht zu verachten sind (ich habe es leider noch nicht geschafft, alle zu lesen).
Auch der verlinkte Artikel von Felix Zulauf analysiert die Krise aus einer nüchtern-österreich'schen Prespektive.
Zitat von Frankensteinnsbesondere auch aus dem Grunde, dass sie sowohl Hintergründe und Motive des Handelns der politischen Akteure, als auch deren Inkompetenz und Korrumpiertheit schonungslos darlegen
Ich bezweifle, dass eine derartige Argumentation beim obersten Merkel-Versteher der Republik auf fruchtbaren Boden fällt...
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Zitat von Llarian im Beitrag #13Wenn ich Sinn folge wird die Neu-Drachme ziemlich schnell sehr viel Wert verlieren, in der Folge kann Griechenland deutlich weniger importieren und die Löhne sinken faktisch trotzdem um jene 40% (wahrscheinlich sogar mehr).
Ich weiß nicht wo ich es unlängst las, aber angeblich haben die Griechen sogar schon holländisches Gemüse importiert. Wenn die Olivenbäume nicht so langsam wachsen würden, wäre in ein paar Jahren vielleicht sogar noch Olivenöl nach Griechenland exportiert worden. Es gab auch unlängst ein Lamento, weil das Autofahren in GR so teuer geworden wäre. Jetzt wollen viele Griechen aufs Fahrrad umsteigen, aber leider leider wäre mit einer Drachme wohl nicht genug Geld da um Fahrräder und Ersatzteile im Ausland kaufen zu können. (hier)
Da dachte ich, es hackt. Wo sind die griechischen Reeder, die statt Leerraum einfach Fahrradschrott nach GR schippern? Wo sind die findigen Werkstätten, die das Zeugs billig abnehmen und dann von mir aus unter Zuhilfenahme von Olivenöl-Farbe wieder fahrbare Drahtesel draus basteln? Wo sind überhaupt Leute, die vielleicht einfach nur Fahrrad-Grundgerüste zusammenschweißen könnten, die dann mit ein paar ausländischen Teilen komplettiert werden könnten?
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Zitat von Frankensteinnsbesondere auch aus dem Grunde, dass sie sowohl Hintergründe und Motive des Handelns der politischen Akteure, als auch deren Inkompetenz und Korrumpiertheit schonungslos darlegen
Ich bezweifle, dass eine derartige Argumentation beim obersten Merkel-Versteher der Republik auf fruchtbaren Boden fällt...
Lieber Rayson, dieses Merkel-Bashing, das bei vielen Beiträgen die sachbezogene Argumentation, sagen wir, überlagert, mag es mir schwer gemacht haben, aus Beiträgen zu diesem Thema hier im Forum viel Gewinn zu ziehen. Ich habe das überflogen, innerlich den Kopf geschüttelt und nicht rezipiert. Dabei wird es auch bleiben.
Sarrazin und Sinn beschreiben Faktoren und Mechanismen, Fehlentwicklungen und ihre Hintergründe. Damit kann ich etwas anfangen; vielleicht auch, weil es naturwissenschaftlichem Denken engegenkommt.
Eine personalisierende Betrachtungsweise erklärt selten viel; auch wenn im Einzelfall Entscheidungen von Akteuren (zB der deutsche Bruch der Maastricht-Kriterien 2003/2004, über den wir gerade diskutiert haben) eine Rolle spielten.
Die Kanzlerin hat sich aus meiner Sicht innerhalb der Entscheidungsspielräume, die sie hatte, so rational verhalten, wie sie das in der Regel tut. George Friedman übrigens, so etwas wie ein Experte für rationales Verhalten, begleitet das seit Beginn der Eurokrise mit seinen Kommentaren.
Sarrazin und Sinn legen Analysen vor, die ich nachvollziehen kann. Einfache Lösungen nach dem Muster "Die Kanzlerin Merkel hätte nur einfach dies und jenes machen müssen" bietet keiner von beiden an.
Die Euro-Politik ist ein Geflecht von vielen Faktoren und Interessen - politischen, wirtschaftlichen, fiskalischen. Wieweit jeder sich zu einem Zeitpunkt mit seinen Interessen durchsetzeh kann, hängt von der jeweiligen Konstellation ab. Sie ist durch die Wahl Hollandes und durch den Linksruck in Griechenland (auch wenn es gerade noch für Samaras gereicht hat) für die deutschen Interessen heute erheblich schlechter als noch vor einigen Monaten.
Wenn Sinn Recht hat, dann werden die Griechen vielleicht aus wohlverstandenem eigenem Interesse den von ihm empfohlenen Weg wählen. Zwingen kann man sie dazu nicht. Griechenland bankrott gehen lassen kann man auch nicht; die Folgen wären - was auch Sinn betont - verheerend.
Sowohl Sarrazin als auch Sinn bekennen sich dazu, den Euro zunächst positiv beurteilt zu haben. Man hat eben mit einer Konvergenz gerechnet; einer Angleichung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Das Gegenteil ist eingetreten.
Die Warner haben also Recht gehabt. Warner haben mal Recht, mal Unrecht. Die Zukunft ist nun einmal opak. Vielleicht haben ja auch die Warner vor einer Klimakatastrophe Recht, oder vor einem nuklearen GAU in Europa.
Wir können doch immer nur versuchen, Wahrscheinlichkeiten abzuschätzen. Und als verantwortliche Politiker unsere Pflicht tun; wie das die Kanzlerin macht.
Zitat von Frankensteinnsbesondere auch aus dem Grunde, dass sie sowohl Hintergründe und Motive des Handelns der politischen Akteure, als auch deren Inkompetenz und Korrumpiertheit schonungslos darlegen
Ich bezweifle, dass eine derartige Argumentation beim obersten Merkel-Versteher der Republik auf fruchtbaren Boden fällt...
Gut, dass hätten Sie aber vor ein paar Jahren auch über mich sagen können, ich hielt einst viel von Merkel und Schäuble, das hat sich doch mittlerweile sehr geändert - und zwar umgekehrt proportional zu meinem Verständnis ökonomischer Zusammenhänge. Insbesondere Schäuble, der meines Wissens sogar ungeniert damit kokettiert, noch nie ein Ökonomiebuch in der Hand gehabt zu haben (wenn ich mich recht erinnere), geniesst mittlerweile meine tiefste Verachtung, bei Merkel vermag ich bislang nicht einzuschätzen, ob sie - DDR-sozialisiert - aufgrund ihrer Biographie nicht nur einfach zu wenig Ahnung hat.
Zitat von Zettel im Beitrag #18dieses Merkel-Bashing, das bei vielen Beiträgen die sachbezogene Argumentation, sagen wir, überlagert, mag es mir schwer gemacht haben, aus Beiträgen zu diesem Thema hier im Forum viel Gewinn zu ziehen. Ich habe das überflogen, innerlich den Kopf geschüttelt und nicht rezipiert. Dabei wird es auch bleiben. ... Eine personalisierende Betrachtungsweise erklärt selten viel;
Stimmt. Personalisierende Betrachtungsweisen bringen gar nichts. Aber (habe ich was verpasst?) bis jetzt habe ich hier noch keine personalisierende Betrachtungsweise gelesen. Jedenfalls aus der Ecke, die Merkel kritisiert. Im Übrigen möchte ich darauf aufmerksam machen, dass Sie in Ihrem Text zum Vertragsbruch (no-bail-out) kein Wort gesagt haben. Normalerweise wird im Vorfeld hart verhandelt. Der Vertrag wird eingehalten. Es wäre mir neu, dass es mit dem Rechtsstaat in Übereinstimmung wäre, wenn erst der Vertrag geschlossen und hinterher über seine Einhaltung diskutiert wird. Welcher Teufel hat Merkel geritten, nicht auf der Einhaltung geschlossener Verträge zu bestehen?
Zitat von Zettel im Beitrag #1Es hätte ja auch - vielleicht - funktionieren können, wenn alle Euro-Länder sich strikt an die Maastricht-Kriterien gehalten hätten.
Dann hätten sich die Regierungen in den Südländern weniger Wahlgeschenke leisten können und wir hätten keine Schuldenkrise.
Aber die Probleme mit der Wettbewerbsfähigkeit hätten diese Länder trotzdem bekommen - denn dafür sind ja in erster Linie die dortigen Tarifparteien verantwortlich.
Zitat von notquite im Beitrag #5Ich bin sicher kein Freund der Regierung Schröder, aber diese Vorgänge sind gemessen an dem - im Rückblick - völligen Versagen der Regierung Kohl bei der Konstruktion der Euro-Institutionen eine Marginalie.
Lieber notquite,
Prof. Sinn ist m.E. nicht sehr spezifisch auf den Beitrag der Regierung Schröder eingegangen. Ich zweifle, dass die Einführung von Hartz IV den entscheidenden Beitrag gebracht hat, wie das in dem Interview herauszuhören ist. Hartz IV war eine notwendige Maßnahme, um die strukturelle Schieflage der Arbeitslosenhilfe zu korrigieren, es war aber kein Beitrag, kurzfristig Kapitalimporte zu stimulieren. Ich darf auch daran erinnern, dass eine der ersten Amtshandlungen der Regierung Schröder einmal die Abschaffung der 630 DM Jobs, und zum anderen Neuregelungen zur Verhinderung von 'Scheinselbständigkeit' waren. Beides hat wichtige Initiativen zerstört. Erst mit Hartz IV wurden dann wieder die 400 € Jobs eingeführt, nachdem der Fehler eingesehen worden war. Es ist zwar schön, eigene Fehler zu korrigieren, aber der gesamte Vorgang war kein Ruhmesblatt.
M.E. war aber der in seiner Größenordnung wichtigere Beitrag der Regierung Schröder, den Weg zur Auflösung der Überkreuzbeteiligungen der deutschen Wirtschaft und damit für ausländische Übernahmen zu ebnen, die Einführung des neuen Marktes, und die Öffnung der Möglichkeit für Banken durch Verbriefung und Veräußerung ihrer Forderungen nach amerikanischem Muster neue Kredite 'aus dem Nichts' generieren zu können, und um diese in die heutigen Krisenländer zu pumpen. Zum Teil Sündenfälle, die mit Auslöser der Krise waren. Der Neue Markt ist inzwischen zusammengebrochen, die Banken leiden an ihren hohen Forderungen im Verhältnis zu ihrem geringen oder maroden Eigenkapital. Dafür würde ich der Regierung Schröder eher einen großen Punkteabzug geben - sie hat sich, um wiedergewählt zu werden, der Finanzindustrie ausgeliefert.
Ein anderer Beitrag der Regierung Schröder hat wohl mit zu dem Ungleichgewicht innerhalb der €-Zone beigetragen: Sie war in der Lage, die Gewerkschaften mit Lohnforderungen im Schach zu halten, die zwar widerwillig, aber letztlich doch still gehalten haben. Das wäre einer CDU-Regierung nie möglich gewesen. So gab es Beschäftigungszuwachs und die Voraussetzung für einen ausgeglicheneren Staatshaushalt. Ich würde der Regierung Schröder in diesem Fall nicht ankreiden, dass andere €-Länder ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Allerdings war der Druck für diese gering, da sie ja willige Banken hatten, die ihre Blase finanzierten (s.o.). So schließt sich der Kreis.
In der Summe aber hat sich die Regierung Schröder mit dem 'Teufel' verbündet (den die SPD heute gerne zähmen möchte), um an der Macht zu bleiben. Ansonsten hat sie lediglich ihre Anfangsfehler teilweise korrigiert.
Zitat von Rayson im Beitrag #14Zum Schluss noch eine kleine Anekdote zum angeblichen Vorteil der Exportüberschüsse ...
Bevor ich als Laie völlig ins Schleudern komme: Es sind doch wohl die Leistungsbilanzüberschüsse gemeint? Die Exportüberschüsse sind ja erst einmal schon notwendig, um sich z. B. schöne Urlaubsreisen oder das Ferienhaus in der Toskana zu finanzieren. Oder vielleicht auch ein paar amerikanische Aktien, um sich vielleicht etwas gegen die Hyperinflation abzusichern ...
Zitat von ZettelLieber Rayson, dieses Merkel-Bashing, das bei vielen Beiträgen die sachbezogene Argumentation, sagen wir, überlagert, mag es mir schwer gemacht haben, aus Beiträgen zu diesem Thema hier im Forum viel Gewinn zu ziehen. Ich habe das überflogen, innerlich den Kopf geschüttelt und nicht rezipiert. Dabei wird es auch bleiben.
Lieber Zettel, es fällt mir schwer, das zu glauben. Es ist ja nun wirklich nicht so, dass jede Aussage zur Euro-Krise der von mir Genannten mit einem "Merkel-Bashing" verbunden gewesen wäre - eher im Gegenteil. Das von dir so genannte "Merkel-Bashing" kommt hingegen meiner Beobachtung nach meist als Gegenreaktion zu Merkel-Huldigungen.
Zitat von ZettelEinfache Lösungen nach dem Muster "Die Kanzlerin Merkel hätte nur einfach dies und jenes machen müssen" bietet keiner von beiden an.
Das ist doch ein Strohmann: Auch keiner der von mir Genannten und Gemeinten tut das. Im Gegenteil, es wird immer wieder betont, dass es eben keinen einfachen Weg aus der Krise gibt. Die Kritik an Merkel entzündet sich im Wesentlichen daran, dass durch die Salami-Taktik die Problemlage verschleiert wird, dazu neue demokratisch fragwürdige Institutionen errichtet werden und die Entscheidung für die letztlich einigermaßen realistischen Wege immer mehr verzögert und verteuert wird. Sinn sagt übrigens nichts anderes.
Zitat von ZettelSowohl Sarrazin als auch Sinn bekennen sich dazu, den Euro zunächst positiv beurteilt zu haben.
Sinn bekennt sich auch dazu, dies aus Unwissen getan zu haben.
Zitat von ZettelWir können doch immer nur versuchen, Wahrscheinlichkeiten abzuschätzen. Und als verantwortliche Politiker unsere Pflicht tun; wie das die Kanzlerin macht.
Natürlich geht es um Wahrscheinlichkeiten. Aber nicht nur: Es geht auch um die Wirkungsweise von Systemen. Vereinheitlichung und Zentralisierung bedeuten hier immer eine Erhöhung von Risiken. Wenn man also die Zukunft für hochgradig unsicher hält, was bei komplexen Systemen kein allzu schlechter Ad-Hoc-Ansatz ist, dann muss man sich eben für die Wege entscheiden, die die meisten Freiheitsgrade und Redundanzen aufweisen. Und auch, wenn man alles das nicht gemacht hat, wenn man sich also - wie beim Euro - für etwas rückblickend Verfehltes entschieden hat, dann kann man doch mindestens erwarten, dass die Verantwortlichen aus den Fehlern auch lernen. Ein gewaltiger Fehler des Euros bestand z.B. offensichtlich darin, dass die ganzen Sicherungsysteme des Maastrichter Vertrages immer dann gebrochen wurden, wenn sie hätten greifen sollen. Ohne Schuldbewusstsein stets, worauf auch Sinn mit Lagardes damaliger (beim deutsch-französischen Bruch der Kriterien) und uns heute wieder so vertraut klingenden Formulierung, man müsse "Europa retten", hinwies. Wenn uns jetzt daher als Lösung wiederum ein Vertragswerk präsentiert wird, haben wir keine andere Chance, als von einem Nicht-Lernen auszugehen.
Ich habe übrigens irgendwo mal gehört, bei Politik gehe es um Interessen und um Macht. Ob es da nahe liegt, Politikern ein idealisiert-preußisches Verständnis ihrer Amtsführung zu unterstellen, darf man wohl mit Fug und Recht bezweifeln.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von ZettelSowohl Sarrazin als auch Sinn bekennen sich dazu, den Euro zunächst positiv beurteilt zu haben. Man hat eben mit einer Konvergenz gerechnet; einer Angleichung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Das Gegenteil ist eingetreten.
Die Warner haben also Recht gehabt. Warner haben mal Recht, mal Unrecht. Die Zukunft ist nun einmal opak. Vielleicht haben ja auch die Warner vor einer Klimakatastrophe Recht, oder vor einem nuklearen GAU in Europa.
Wir können doch immer nur versuchen, Wahrscheinlichkeiten abzuschätzen. Und als verantwortliche Politiker unsere Pflicht tun; wie das die Kanzlerin macht.
Werter Zettel,
da würde ich Sie doch höflichst bitten wollen, mir zu gestatten, Ihnen entschieden zu widersprechen:
Es ist mitnichten zufällig und/oder beliebig, wessen Analysen und Prognosen näher an der Wirklichkeit liegen und welche nicht.
So wenig es ein Zufall war, dass Erhardts Wirtschaftspolitik seinerzeit zu einem "Wirtschaftswunder" in Deutschland bis dato unbekannten Ausmasses führte, so wenig ist es Zufall, dass Frank Schäffler mit seinen Prognosen und Einschätzungen nun seit geraumer Zeit permanent sowohl Eurokraten als auch die Bundesregierung klar aussticht, im Gegenteil: Sowohl Erhardts als auch Schäfflers Erfolg beruhen auf der gleichen Basis, nämlich dem Verständnis ökonomischer Zusammenhänge und einer entsprechend klaren liberalen Ausrichtung.
Nicht umsonst wechseln immer mehr Parlamentarier der Koalition trotz massiven Drucks seitens der Partei- und Fraktionsführung und der Gefahr der medialen Stigmatisierung als "rechtspopulistisch" ins liberale Lager (liberal bitte nicht mit FDP gleichsetzen). Diesen Schritt gehen nur Parlamentarier, die über einen hohe persönliche Integrität verfügen und erfolgreich argumentativ von den Kritikern der bisherigen Euro-Politik überzeugt werden konnten. Deshalb gibt es auch keinen wechsel vom Lager der Kritiker ins Lager der Befürworter der Euro-Politik der Regierung. Ein ähnliches Phänomen ist auch in den USA zu beobachten: "There is no such thing as a former Ron Paul supporter".
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