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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 28 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Florian Offline



Beiträge: 3.136

09.07.2012 18:12
#26 RE: Zitat des Tages: Ende der Achse Berlin-Paris? Antworten

@ Erling:

Zitat
Sie haben doch selbst geschrieben, dass eine gemeinsame Fiskalpolitik nicht die richtige Antwort auf die Eurokrise ist. Das ist einer der Kretikpunkte vom Economist und anderen, die Deutschland kritisieren. Ein weiterer ist die Zögerlichkeit, das Nichtstun. Und die daraus resultierende Unberechenbarkeit.
Ich halte gar nichts davon, uns immer nur als Opfer zu stilisieren welches vom Rest Europas erpresst und von den anderen ohne jeglichen Grund, einer Verschwörung ähnlich, verdammt wird. Da ist eine Portion Selbstmitleid zuviel im Spiel.




Da haben Sie schon recht.

Die in Deutschland verbreitete Vorstellung, mit Haushaltskonsolidierung in Spanien et al. alleine wäre das Problem zu lösen, ist nicht richtig.
Im Kern des Problems haben wir eben auch eine Währungskrise. So wie der Euro konzipiert ist, werden die Leistungsbilanzungleichgewichte im Euro-Raum nie verschwinden - und daran wird sich auch mit noch so soliden Staatshaushalten nichts ändern.

Andererseits haben wir eben auch das konkrete unverantwortliche Verhalten etlicher Euro-Staaten, das darauf zielt, auf Kosten anderer zu leben.
(Sowohl bei den Staatsausgaben als auch in der ganzen Gesellschaft. Musterbeispiel ist die französische Renten-Senkung).
Hier brauchen wir eine klare Verantwortungs-Zuordnung für das eigene Verhalten, die durch die vielen Euro-Transfers verwischt wird.


Fazit:
Das deutsche "Stammtisch-Denken", nach der wir doch einfach die faulen Südländer verrecken lassen sollten, ist nicht korrekt (denn Zahlungsbilanzungleichgewichte würden bleiben).
Ebenso unkorrekt ist allerdings das internationale Eliten-Denken à la Economist, dass mit ausreichend viel deutschem Geld das Problem schon zu lösen wäre (denn die falsche Anreizsetzung würde bleiben).


Insofern ist die deutsche Regierungs-Strategie aber doch gar nicht so schlecht:
Ja, es muss und wird begrenzte Transfers geben.
Aber um diese nicht zu groß werden zu lassen, muss sich die südeuropäische Wettbewerbsfähigkeit verbessern.

So ähnlich ist ja wohl die Merkel-Strategie.
Ich halte diese Stratgie schon für einigermaßen plausibel.
Und sie wäre auch international vermittelbar.
(Und es wäre auch höchste Zeit, dass sie im Inland besser vermittelt wird. Denn die Bevölkerungsmehrheit muss Merkel unbedingt an Bord haben, wenn sie diesen Kurs fahren will).

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

09.07.2012 19:00
#27 RE: Zitat des Tages: Ende der Achse Berlin-Paris? Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #26

Andererseits haben wir eben auch das konkrete unverantwortliche Verhalten etlicher Euro-Staaten, das darauf zielt, auf Kosten anderer zu leben.
(Sowohl bei den Staatsausgaben als auch in der ganzen Gesellschaft. Musterbeispiel ist die französische Renten-Senkung).
Hier brauchen wir eine klare Verantwortungs-Zuordnung für das eigene Verhalten, die durch die vielen Euro-Transfers verwischt wird.

Ich stimme ihnen vollkommen zu. Es wäre eben zu wünschen einen jährlichen Ausgleich der Target 2 Salden vertraglich zu vereinbaren. So wie es in Amerika gehandhabt wird. Aber aus irgendeinem unerfindlichen Grund scheinen Europas Ratsherren eine tiefe Aversion gegenüber erprobten Modellen amerikanischer Bauart ausgebildet zu haben.
Lieber unternehmen sie hochspannende Versuche um die Taube auf dem Dach zu ergreifen, als sich mit dem Spatz in der Hand zufriedenzustellen.

Viele Grüße, Erling Plaethe

notquite Offline



Beiträge: 506

10.07.2012 11:01
#28 RE: Zitat des Tages: Ende der Achse Berlin-Paris? Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #27
Zitat von Florian im Beitrag #26

Andererseits haben wir eben auch das konkrete unverantwortliche Verhalten etlicher Euro-Staaten, das darauf zielt, auf Kosten anderer zu leben.
(Sowohl bei den Staatsausgaben als auch in der ganzen Gesellschaft. Musterbeispiel ist die französische Renten-Senkung).
Hier brauchen wir eine klare Verantwortungs-Zuordnung für das eigene Verhalten, die durch die vielen Euro-Transfers verwischt wird.

Ich stimme ihnen vollkommen zu. Es wäre eben zu wünschen einen jährlichen Ausgleich der Target 2 Salden vertraglich zu vereinbaren. So wie es in Amerika gehandhabt wird. Aber aus irgendeinem unerfindlichen Grund scheinen Europas Ratsherren eine tiefe Aversion gegenüber erprobten Modellen amerikanischer Bauart ausgebildet zu haben.
Lieber unternehmen sie hochspannende Versuche um die Taube auf dem Dach zu ergreifen, als sich mit dem Spatz in der Hand zufriedenzustellen
.



Da muss man nicht über Aversionen gegen amerikanische Regeln spekulieren, der Grund ist viel einfacher: Von der aktuellen Anlage des Systems profitieren viele stark oder sehr stark und einige wenige zahlen die Zeche (im Grunde quasi exklusiv Deutschland, Finnland und die Niederlande*). Bei formell demokratischen Verfahrensregeln ist die Chance, dass sich daran etwas ändert, annähernd Null. Man könnte sich vorstellen, dass sich die Zahler angesichts der diversen Erpesser-moves der Nehmer vielleicht mal überlegen, ebenfalls zur Erpessung überzugehen (Ruhe, oder wir fordern den sofortigen Ausgleich der Salden - womit Griechenland endgültig Bankrott wäre und einige weitere richtig ins Taumeln käme), aber das würde dann Krieg bedeuten, und womöglich nicht einmal nur im metaphorischen Sinne.

*rein bilanziell "zahlt" keiner mehr als Luxemburg (Forderungen aus Target II weit über BIP), aber da es sich hier um einen Bankenstandort mit angeschlossenem Staat handelt, ist jedenfalls mir nicht klar, wieviel dieser Forderungen bei Abschreibung auf den Staat Luxemburg entfallen würden

Florian Offline



Beiträge: 3.136

10.07.2012 11:49
#29 RE: Zitat des Tages: Ende der Achse Berlin-Paris? Antworten

Zitat

*rein bilanziell "zahlt" keiner mehr als Luxemburg (Forderungen aus Target II weit über BIP), aber da es sich hier um einen Bankenstandort mit angeschlossenem Staat handelt, ist jedenfalls mir nicht klar, wieviel dieser Forderungen bei Abschreibung auf den Staat Luxemburg entfallen würden




Die Target-Salden befinden sich in den Bilanzen der jeweiligen Zentralbanken.
Eine Abschreibung der Salden ist somit ein Buchverlust in der Zentralbank-Bilanz.

Allerdings sind die Target-Salden im Falle Luxemburg oder Deutschland um etliche Potenzen höher als das Eigenkapital.
D.h. die Zentralbanken wären auf einen Schlag überschuldet.
Bei einer "normalen" souveränen Nontenbank gäbe es den einfachen Ausweg, als Ausgleich einfach entsprechend Geld zu drucken. (Folge: Mega-Inflation). Zentralbanken im Euro-Raum können das aber nicht so ohne weiteres, weil sie nicht souverän Herr über die Geldmenge sind.

Weitere Auswege:
Entweder man lässt dann die Zentralbank insolvent gehen. Dann wären die Gläubiger der Zentralbank die Dummen - im Falle Luxemburgs also sicher zu einem großen Teil die Luxemburger Banken. Eine insolvente Zentralbank wäre aber sicher ein absolutes Horrorszenario für jede entwickelte Volkswirtschaft und sollte m.E. unbedingt vermieden werden.
(Man muss sich nur einmal vorstellen, was alles nicht mehr funktionieren würde, wenn in einem Land plötzlich die Zentralbank insolvent ist: Alle Banken wären sofort Pleite. Alle Spareinlagen wären weg. Keine Bankgeschäfte wären mehr möglich. Die Realwirtschaft würde komplett zusammenbrechen. Wohl dem, der dann noch einen Gemüseacker hat.)

Bleibt als letzter Ausweg eine Kapitalerhöhung bei der Zentralbank zum Ausgleich der Buchverluste. Diese Kapitalerhöhung müsste der luxemburger Staat (als Eigentümer) aufbringen. Und so würde es im Ernstfall dann wohl ablaufen. Wobei das aufgrund der Größenordnung Luxemburg wohl auch an den Rand des Staatsbankrotts bringen würde.

Es gäbe hier allerdings vielleicht einen Trick, der zumindest für ein kleines Land wie Luxemburg machbar wäre:
die Kapitalerhöhung erfolgt durch Einlage von (luxemburger) Staatsanleihen (unverzinst, 100 Jahre Laufzeit).
Und vielleicht darf die Zentralbank diese Staatsanleihen an die EZB um an frisches Geld zu kommen (das sie ja braucht, um ihre Passivseite bedienen zu können).
Letzten Endes sind dadurch die Target-Salden dann einfach durch zusätzliche Geldmenge weginflationiert worden (was vielleicht noch der harmloseste Ausweg ist, angesichts der Alternativen).

So oder so:
Eine Abschreibung der Target-Salden wäre für Luxemburg eine totale Katastrophe.
Ergo gibt es ein Erpressungspotenzial des Südens gegenüber seinen Gläubigern.

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