Nein, ich will die Piratenpartei nicht psychologisieren. Aber wenn man sich die Eiertänze ansieht, die sie zwischen dem Transparenz-Fetisch und dem Privatheits-Fetisch veranstaltet, dann kommen einem schon Freud'sche Kategorien in den Sinn.
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass mich die Aufdringlichkeit der Kamerateams auch sehr stören würde. Ich denke, dass es gewisse Grenzen und eine gewisse Distanz geben sollte und das Filmen des Inhalts von Monitoren gehört ganz sicher nicht zur Berichterstattung über einen Parteitag. Beim letzten Mal wurden die Abgeordneten ja zum Teil wirklich unhöflich bedrängt. Im Bundestag ist es übrigens auch nicht erwünscht, die iPads der Abgeordneten zu filmen.
Man stelle sich nur einmal vor, dass man als Delegierter auf einem solchen Parteitag gerade während einer langweiligen Rede in »Zettels« Diskussionsforum einen Kommentar schreibt und dabei gefilmt wird (mit den vielen kleinen animierten Symbolen rechts über dem Kommentarfeld). Was sollen denn die Zuschauer denken, wenn die Kamera nur den einen oder anderen Ausschnitt des Bildschirms zeigt?
Transparenz auf einem Parteitag einer politischen Partei bedeutet für mich, dass alle Reden und alle Abstimmungen klar nachvollziehbar sind. Ich würde den Piraten keine Intransparenz unterstellen, nur weil sie den Kamerateams einige Grenzen setzen.
Zitat von stefanolix im Beitrag #2Ich würde den Piraten keine Intransparenz unterstellen, nur weil sie den Kamerateams einige Grenzen setzen.
Sind, lieber Stefanolix, denn nicht alle Parteien mit ihren Parteitagen in derselben Situation? Mag sein, daß da weniger Laptops stehen - aber dafür hat jemand vielleicht einen Notizblock vor sich, simst oder was immer.
Bisher ist es bei allen Parteien ohne ein Verbot gegangen, im Delegiertensaal zu filmen. Es gehört, soweit ich mich zurückerinnere, zu den Bildberichten von Parteitagen, daß man auch Delegierte in Nahaufnahme sieht - vor dreißig Jahren gern den bärtigen Grünen, der ein Baby im Arm hält, oder die Strickende im Selbstgestrickten.
Wenn wirklich einmal ein Kamerateam den Delegierten zu sehr auf den Leib rückt, dann kann man das im Gespräch klären und es abstellen. Nur die Piraten sind bisher darauf verfallen, die Bildberichter rigoros auszusperren.
Gibt das nicht zu denken, lieber Stefanolix, daß gerade die Champions der Transparenz die größten Geheimniskrämer sind? Sie kommen mir vor wie der Kartenspieler, der den anderen in ihr Blatt zu linsen versucht, das eigene aber ganz eng an die Brust drückt.
Zitat von Zettel im Beitrag #3 Wenn wirklich einmal ein Kamerateam den Delegierten zu sehr auf den Leib rückt, dann kann man das im Gespräch klären und es abstellen.
Das gelingt unter normalen Menschen, für Journalisten ist das eine Einladung noch mehr auf die Pelle zu rücken. Das ist auch ihre Aufgabe und der Preis für die Pressefreiheit. Allerdings fehlt der Piratenpartei die Erfahrung mit den Medien die sich gerne auch auf einen Kuhhandel "unter drei" einlassen. um die eigene Eitelkeit etwas aufzuhübschen.
Zitat Nur die Piraten sind bisher darauf verfallen, die Bildberichter rigoros auszusperren.
Nicht ganz rigoros, es war so eine Art Schutzraum angedacht, was das Vorhaben nicht weniger albern macht. Es ist dumm Begehrlichkeiten zu wecken.
Zitat Gibt das nicht zu denken, lieber Stefanolix, daß gerade die Champions der Transparenz die größten Geheimniskrämer sind? Sie kommen mir vor wie der Kartenspieler, der den anderen in ihr Blatt zu linsen versucht, das eigene aber ganz eng an die Brust drückt.
Es gibt bei der Piratenpartei immer noch eine weitaus größere Tranparenz als bei jeder anderen mir bekannten Partei, allerdings findet die ausschließlich im Internet statt, über Piratenpad, twitter, facebook. Aber die Unbedarftheit der letzten Monate hat sich gerächt, was ich etwas schade finde, aber so ist nun mal das politische Leben. Die Piratentransparenz hat keine Zukunft, weil jeder Fehltritt, jede dumme Äußerung eines Provinzmitglieds, gnadenlos ausgeschlachtet wird.
Würde man mit psychoanalytischen Kriterien an das ständige Abarbeiten an dem Transparenzbegriff der Piraten und an der Partei selbst hier im Blog herangehen, zu welchem Schluss käme man dann? Das ist für mich mittlerweile die weitaus interessantere Frage. Und nicht der immer wieder erbrachte Beweis dafür, dass manche Menschen eben nicht wirklich zwischen privat und öffentlich unterscheiden können. Davon abgesehen; einem Bundesminister, der während einer Debatte im Parlament (also während der Arbeit) Sudoku spielt, darf man nicht die Kamera aufs iPad richten, aber was einfache Parteimitglieder während eines Parteitags auf ihren Laptops haben ist journalistisch so relevant, dass man sich das abfilmen nicht verbieten lassen will. Und daraus leitet sich nun wiederum Empörung ab; auch da bitte ich um eine Psychoanalyse.
Zitat von grenzenlosnaiv im Beitrag #5Würde man mit psychoanalytischen Kriterien an das ständige Abarbeiten an dem Transparenzbegriff der Piraten und an der Partei selbst hier im Blog herangehen, zu welchem Schluss käme man dann? Das ist für mich mittlerweile die weitaus interessantere Frage.
Und Ihre Antwort, lieber grenzenlosnaiv?
Was mich angeht: Die Piratenpartei zeichnet sich ja dadurch aus, daß sie bisher kein ernstzunehmendes Programm hat, sondern nur zwei, drei Ideen.
Ich glaube, eher zwei: Erstens sollen alle Menschen vom Staat versorgt werden; zu welchem Zweck die Staatsquote erhöht werden soll. Zweitens soll überall Transparenz herrschen, außer im Privaten.
Da diese Partei nun in Deutschland einen (weltweit einmaligen) Aufschwung genommen hat, erscheint es mir berechtigt, sich mit diesen beiden Ideen zu befassen. Die erste ist die weniger interessante, denn das ist ja nur der gute alte Sozialismus. Also befasse ich mich mit der zweiten.
Wenn ich das jetzt mit der Psychoanalyse in Verbindung bringen soll, dann fällt mir die psychoanalytische Grundregel ein.
Zitat von Zettel im Beitrag #6Was mich angeht: Die Piratenpartei zeichnet sich ja dadurch aus, daß sie bisher kein ernstzunehmendes Programm hat, sondern nur zwei, drei Ideen.
Zitat von Zettel im Beitrag #6 Wenn ich das jetzt mit der Psychoanalyse in Verbindung bringen soll, dann fällt mir die psychoanalytische Grundregel ein.
Klären Sie mich auf, lieber Zettel, welche wäre denn das?
Zitat von ZettelWas mögen die wohl während eines Parteitags auf dem Schirm haben, das man im Video eines Kamerateams erkennen kann?
Ist doch klar, "Nackt und zerhackt im Bahnhofspark", Teil I-III. Was sonst?
Zu konstatieren bleibt eben nur, dass sich die Piraten reichlich unprofessionell verhalten. Sollte man nicht unbedingt von der jungen Medienelite erwarten, aber nun ja. Kann es etwas damit zu tun haben, dass Parteiämter bei den Piraten (noch) Ehrenämter sind? Mithin fähige Organisatoren und Geschäftsführer nicht bei den Piraten zu finden sind? Drängt Genie vielleicht doch dem Gelde nach, und die Piraten kriegen die Brosamen ab, die Ponaders dieser Welt?
Ich kann mir ein wenig Häme nicht ersparen.
Und, lieber Zettel, wenn
Zitat von ZettelAlles soll allen bekannt werden. Nichts soll allen bekannt werden.
dann bedeutet das in der Synthese, dass Alles Nichts allen bekannt wird. Und wenn ich mich auf Nachrichtenportalen im Netz umsehe, aber auch in der Lokalzeitung, dann ist dieser Zustand schon fast erreicht. Da hilft nur das gute alte Peter-Lustig-Prinzip.
Lieber Zettel, es ist doch ganz einfach. Die Piraten wollen Transparenz von öffentlichen Gruppen und für die Daten von Auftragsarbeiten und Privatheit für das Individuum / Personen. Da auf dem Parteitag viele Individuen rumrennen, ist es naheliegend, dass Normalmitglieder nicht von der Presse bedrängt werden sollen und eine Aussprache daher etwas privates ist. Da für Sie jede Entität ein privates Individuum zu sein scheint, verschwimmt etwas der Unterschied. Beispiel Flughafen: die Situation und der Stand der Dinge sollen transparent sein, nicht aber die Handynummer und personenbezogenen Daten. Haben die Berliner Piraten falsch gemacht, aber das war ein Versehen, im Gegensatz zu Politikern sind normale Menschen halt nicht perfekt....
Im übrigen sollten elektronische Wahlen so gestaltet sein, dass auch der Wahlleiter nicht mehr wissen kann, wer was gewählt hat. Das ist doch die Kernidee dahinter. Haben die Piraten eine Lösung genommen, die das nicht einhält?
Zitat von Blub im Beitrag #11Lieber Zettel, es ist doch ganz einfach. Die Piraten wollen Transparenz von öffentlichen Gruppen und für die Daten von Auftragsarbeiten und Privatheit für das Individuum / Personen. Da auf dem Parteitag viele Individuen rumrennen, ist es naheliegend, dass Normalmitglieder nicht von der Presse bedrängt werden sollen und eine Aussprache daher etwas privates ist.
Und warum ist eine Partei keine öffentliche Gruppe, und eine Behörde keine Ansammlung von Individuen?
Zitat von Blub im Beitrag #11Lieber Zettel, es ist doch ganz einfach. Die Piraten wollen Transparenz von öffentlichen Gruppen und für die Daten von Auftragsarbeiten und Privatheit für das Individuum / Personen. Da auf dem Parteitag viele Individuen rumrennen, ist es naheliegend, dass Normalmitglieder nicht von der Presse bedrängt werden sollen und eine Aussprache daher etwas privates ist.
Das ist mir, lieber Blub, halt nicht klar.
Ein Parteitag ist eine öffentliche Veranstaltung; so ist es jedenfalls Tradition in Deutschland. Wenn ich mich recht erinnere, hat bisher nur die NPD bei ihren Parteitagen die Öffentlichkeit eingeschränkt.
Wenn die Delegierten der Union, der FDP und der anderen Parteien es ertragen, daß ihre ja nicht private, sondern politische Tätigkeit auf einem Parteitag gefilmt wird - warum nicht auch diejenigen der Piratenpartei? Was haben Sie denn Privates auf einem Parteitag zu tun, das nicht gefilmt werden soll?
Wie schon in dem Artikel geschrieben: Diese scharfe Trennung von öffentlich und privat ist etwas, das nicht der Realität entspricht.
Würde man sie auf andere Politiker anwenden, dann hätte beispielsweise Guttenberg ungeschoren bleiben müssen, denn seine Promotion war etwas Privates. Ebenso lag ein Großteil dessen, das man Wulff vorwarf, ausschließlich im privaten Bereich. Wenn man das denn so trennen will.
Auf dem letzten Parteitag der Piratenpartei wurde der Kandidat, der dann zum Vorsitzenden gewählt wurde, über seine Berufstätigkeit bei der Bundeswehr befragt. Privat oder öffentlich? Ein anderer, der jetzige Bundesgeschäftsführer, gab freimütig die Auskunft, daß er Hartz-IV-Empfänger sei. Privat oder öffentlich?
Vernünftiger, als für das Öffentliche völlige Transparenz und für das Private völlige Intransparenz zu fordern, ist eine moderate Haltung in beiden, einander überlappenden Bereichen.
Zitat von Zettel im Beitrag #6 Wenn ich das jetzt mit der Psychoanalyse in Verbindung bringen soll, dann fällt mir die psychoanalytische Grundregel ein.
Klären Sie mich auf, lieber Zettel, welche wäre denn das?
Hier beschreibt sie Freud:
Zitat Wenn wir diese Technik ausüben, so werden wir noch durch die Tatsache gestört, daß der Kranke häufig inne hält, in Stockungen gerät und behauptet, er wisse nichts zu sagen, es falle ihm überhaupt nichts ein. Träfe dies zu und hätte der Kranke recht, so wäre unser Verfahren wiederum als unzulänglich erwiesen. Allein eine feinere Beobachtung zeigt, daß ein solches Versagen der Einfälle eigentlich nie eintritt. Dieser Anschein kommt nur dadurch zu stande, daß der Kranke den wahrgenommenen Einfall unter dem Einfluß der Widerstände, die sich in verschiedene kritische Urteile über den Wert des Einfalls kleiden, zurückhält oder wieder beseitigt. Man schützt sich dagegen, indem man ihm dieses Verhalten vorhersagt und von ihm fordert, daß er sich um diese Kritik nicht kümmere. Er soll unter völligem Verzicht auf solche kritische Auswahl alles sagen, was ihm in den Sinn kommt, auch wenn er es für unrichtig, für nicht dazu gehörig, für unsinnig hält, vor allem auch dann, wenn es ihm unangenehm ist, sein Denken mit dem Einfall zu beschäftigen.
Die sogenannten Clark Lectures, aus denen dieses Zitat stammt, sind übrigens die beste - und eine der am leichtesten lesbaren - Einführungen in das Werk Freuds. Der verlinkte Text ist authentisch; eine Übernahme aus der Imago-Ausgabe.
Zitat von Tischler im Beitrag #17Welche Art der Information wird mir eigentlich vorenthalten, wenn die Kameras nicht über die Deligiertenpulte schwenken?
"...In der Private-Zone wird darum gebeten, auf Nahaufnahmen von Personen sowie auf Interviews und Interview-Anfragen zu verzichten..."
Ich verstehe das so, dass Kameraschwenks durchaus möglich sein werden.
Zitat von Tischler im Beitrag #17Welche Art der Information wird mir eigentlich vorenthalten, wenn die Kameras nicht über die Deligiertenpulte schwenken?
"...In der Private-Zone wird darum gebeten, auf Nahaufnahmen von Personen sowie auf Interviews und Interview-Anfragen zu verzichten..."
Ich verstehe das so, dass Kameraschwenks durchaus möglich sein werden.
Ist zu erwarten, dass diese Schwenks uns informieren?
Zitat von Tischler im Beitrag #17Welche Art der Information wird mir eigentlich vorenthalten, wenn die Kameras nicht über die Deligiertenpulte schwenken?
"...In der Private-Zone wird darum gebeten, auf Nahaufnahmen von Personen sowie auf Interviews und Interview-Anfragen zu verzichten..."
Ich verstehe das so, dass Kameraschwenks durchaus möglich sein werden.
Ist zu erwarten, dass diese Schwenks uns informieren?
Ich hatte die Ausgangsfrage so interpretiert, als gingen Sie davon aus, die Kameras dürften nicht über die Delegiertenpulte schwenken. Und lediglich darauf bezog sich meine Antwort.
Dazu, wie sich die Journalisten verhalten und welche Informationen sie uns liefern werden, kann ich nichts sagen.
Ich habe in meiner SPD-Zeit an manchem Parteitag teilgenommen. Ich habe es nie anders erlebt, als daß die Delegierten in regionalen bzw. lokalen Gruppen sitzen - bei einem Parteitag des Stadtverbands also nach Ortsvereinen, beim Unterbezirksparteitag nach Stadtverbänden usw. So werden sie plaziert, mit einem entsprechenden Schild auf dem Tisch.
Das geht eigentlich gar nicht anders, weil man innerhalb der eigenen Delegation doch kommuniziert, Absprachen trifft usw. Wie soll das bei den Piraten gehen, wenn jeder einzelne Delegierte entscheiden muß, in welche "Zone" er sich setzt? Oder setzen sich ganze Stadtverbände usw. in die eine oder andere Zone?
Oder sollen alle Delegationen in der Mixed Zone sitzen, und einzelne Delegierte können lediglich in die Private Zone emigrieren, wenn sie was ganz Privates auf den Bildschirm ihres Laptops holen wollen?
Mir kommt das, lieber rubars25, jetzt noch bizarrer vor, als ich es mir vorgestellt hatte.
Privates hat ein Delegierter nicht auf seinem Bildschirm zu haben, während er (schließlich auf Kosten der Mitglieder und des Steuerzahlers) auf dem Parteitag arbeitet. Privates kann er Abends auf dem Hotelzimmer erledigen, oder vor dem Frühstück oder in der Mittagspause.
Was andererseits an Parteimaterial auf den Bildschirmen ist - wieso sollen das denn die Kameras nicht sehen dürfen? Ausgerechnet bei einer Partei, die totale Transparenz predigt?
Und wenn es unbedingt einmal sein muß, während der Sitzung etwas Privates auf dem Laptop zu erledigen, dann kann der Betreffende doch diesen unter den Arm nehmen und sich in irgendeine Ecke zurückziehen, um, sagen wir die Mails seiner Liebsten zu lesen oder einen Beziehungsstress auszutragen. So, wie ein anderer mit dem Handy vor die Tür geht, wenn er privat telefonieren muß.
Solche Fälle sind doch kein Grund, ein "privates" Ghetto bei der Plazierung der Delegierten einzurichten.
Ich sehe meinen psychoanalytischen Ansatz, den ich ja mit einem Augenzwinkern eingeführt habe, mit weiterem Augenzwinkern doch arg bestätigt. Die Partei der Transparenz ist zugleich eine Partei ängstlichen Verbergens. Ein Psychoanalytiker würde vielleicht sagen: Das sind Leute mit einem Impuls des Verbergens, Versteckens. Die Forderung nach Transparenz ist eine Reaktionsbildung.
Lieber Zettel, vorweg sollte ich vielleicht erwähnen, dass ich kein Mitglied der Piratenpartei bin und auch nicht in deren Namen spreche – wobei letzteres sowieso eine Kunst für sich sein soll.
In Ihrem Artikel zitieren Sie allerdings Frank Rieger "...Journalisten sollen von dem Parteitag keine Video-Aufnahmen machen dürfen, außer in einer abgegrenzten "Mixed Zone"..." und Sie schreiben selbst "...Und warum soll jetzt am Wochenende beim Parteitag in Wolfenbüttel die filmende Presse außen vor bleiben?..."
Mit meiner Verlinkung wollte ich nur darauf hinweisen, dass im „Privatbereich“ lediglich darum gebeten wird "...auf Nahaufnahmen von Personen sowie auf Interviews und Interview-Anfragen zu verzichten..."
Zitat von Zettel im Beitrag #21 Danke! Finde ich sehr interessant.
Ich habe in meiner SPD-Zeit an manchem Parteitag teilgenommen. Ich habe es nie anders erlebt, als daß die Delegierten in regionalen bzw. lokalen Gruppen sitzen - bei einem Parteitag des Stadtverbands also nach Ortsvereinen, beim Unterbezirksparteitag nach Stadtverbänden usw. So werden sie plaziert, mit einem entsprechenden Schild auf dem Tisch.
Das geht eigentlich gar nicht anders, weil man innerhalb der eigenen Delegation doch kommuniziert, Absprachen trifft usw. Wie soll das bei den Piraten gehen, wenn jeder einzelne Delegierte entscheiden muß, in welche "Zone" er sich setzt? Oder setzen sich ganze Stadtverbände usw. in die eine oder andere Zone?
Oder sollen alle Delegationen in der Mixed Zone sitzen, und einzelne Delegierte können lediglich in die Private Zone emigrieren, wenn sie was ganz Privates auf den Bildschirm ihres Laptops holen wollen?
Nun, da Laptops mit integrierter Kamera und Headsets keine Seltenheit mehr darstellen, könnten theoretisch drei Mitglieder eines Verbandes in der Mixed-Zone platz nehmen, eines in der Private-Zone, 10 zu Hause bleiben und 5 auf Mallorca...ähm...Auslandserfahrung sammeln – und dennoch alle miteinander kommunizieren. Theoretisch ist somit eine nach Verbänden gegliederte Sitzordnung nicht mehr zwingend erforderlich. Ob die Teilnehmer eine feste Sitzordnung einnehmen oder je nach geplanter Tätigkeit und / oder Gemütslage migrieren werden – ob gar Zettel mit Wartenummern für eine Steckdose im Privatbereich gezogen werden müssen...Warten wir mal die Berichterstattung vom Parteitag ab.
Zitat von Zettel im Beitrag #21 Mir kommt das, lieber rubars25, jetzt noch bizarrer vor, als ich es mir vorgestellt hatte.
Privates hat ein Delegierter nicht auf seinem Bildschirm zu haben, während er (schließlich auf Kosten der Mitglieder und des Steuerzahlers) auf dem Parteitag arbeitet. Privates kann er Abends auf dem Hotelzimmer erledigen, oder vor dem Frühstück oder in der Mittagspause.
Was andererseits an Parteimaterial auf den Bildschirmen ist - wieso sollen das denn die Kameras nicht sehen dürfen? Ausgerechnet bei einer Partei, die totale Transparenz predigt?
Und wenn es unbedingt einmal sein muß, während der Sitzung etwas Privates auf dem Laptop zu erledigen, dann kann der Betreffende doch diesen unter den Arm nehmen und sich in irgendeine Ecke zurückziehen, um, sagen wir die Mails seiner Liebsten zu lesen oder einen Beziehungsstress auszutragen. So, wie ein anderer mit dem Handy vor die Tür geht, wenn er privat telefonieren muß.
Solche Fälle sind doch kein Grund, ein "privates" Ghetto bei der Plazierung der Delegierten einzurichten.
Darüber, wer nicht in Großaufnahme erscheinen möchte, was Privates erledigt werden muss, was nicht gefilmt werden soll, u.s.w. könnte ich hier nur mutmaßen. Ebenso darüber, wie weit die Diskussion zum Thema Datenschutz, Wahrung der Persönlichkeitsrechte und Transparenz parteiintern fortgeschritten ist. Phoenix scheint leider keine Live-Berichterstattung eingeplant zu haben, vielleicht wird aber der geplante Video-Stream ausreichend informativ. Vielleicht entstand der Ghetto-Gedanke aus einer Idee, die zunächst und ohne tiefere Beleuchtung gut erschien und sich anschließend als Schuss nach hinten herausstellte. Vielleicht wird sie noch fallen gelassen?
Zitat von Zettel im Beitrag #21 Ich sehe meinen psychoanalytischen Ansatz, den ich ja mit einem Augenzwinkern eingeführt habe, mit weiterem Augenzwinkern doch arg bestätigt. Die Partei der Transparenz ist zugleich eine Partei ängstlichen Verbergens. Ein Psychoanalytiker würde vielleicht sagen: Das sind Leute mit einem Impuls des Verbergens, Versteckens. Die Forderung nach Transparenz ist eine Reaktionsbildung.
Zitat von Zettel im Beitrag #3Sind, lieber Stefanolix, denn nicht alle Parteien mit ihren Parteitagen in derselben Situation? Mag sein, daß da weniger Laptops stehen - aber dafür hat jemand vielleicht einen Notizblock vor sich, simst oder was immer.
Ich könnte mir vorstellen, dass die Piraten da schon ein paar schlechte Erfahrungen gemacht haben. Dass z.B. Journalisten so eine Veranstaltung ähnlich betrachten wie eine Art LAN-Party bei Tageslicht. Sprich: Man filmt mal so richtig in den komischen Nerd-Zoo rein um (fürs analoge Publikum) absonderliche Gestalten und deren Verhaltensweisen einzufangen. Da hätte ich auch keine Lust drauf. Und, ganz ehrlich, ein Laptop und dessen damit beschäftigter Eigner sind definitiv andere Eycatcher als ein graubebrillter Sonntagsblusenanzugträger (m/w) mit Aktentasche, dessen vor ihm liegender Schreibblock vielleicht auch noch ein LinkESPDCDUFDPAtomkraftneindanke-Logo aufweist.
---------------------------------------------------- Calimeros Rumpelkammer - Ein Raum für freie Rede und Gedanken, mittendrin im Irrenhaus.
Zitat von Zettel im Beitrag #13Wie schon in dem Artikel geschrieben: Diese scharfe Trennung von öffentlich und privat ist etwas, das nicht der Realität entspricht.
[…]
Vernünftiger, als für das Öffentliche völlige Transparenz und für das Private völlige Intransparenz zu fordern, ist eine moderate Haltung in beiden, einander überlappenden Bereichen.
Das würde dann aber bedeuten, dass man auch Liveübertragungen aus Privatwohnungen mit einer moderaten Haltung begegnen sollte.
Statt zwischen „öffentlich“ und „privat“ zu differenzieren, sollte man zwischen „staatlich“ und „privat“ differenzieren. Und Transparenz für staatliches Handeln ist genauso wie der Schutz der Privatsphäre eine liberale Forderung. Und m.W. wurde im Piratenumfeld auch vom gläsernen Staat im Gegensatz zum gläsernen Bürger gesprochen.
Dass Sie im Artikel Facebook und Twitter erwähnen, um die Aufweichung der Privatsphäre zu rechtfertigen, finde ich bedenklich. Wenn manche sich auf Facebook und Twitter entblößen, ist das ihre Sache, heißt aber nicht, dass andere Leute Eingriffen in ihre Privatsphäre zustimmen müssen. Ich stimme jedenfalls solchen Eingriffen nicht zu (und bin weder Facebook- noch Twitter-Kunde).
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