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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 29 Antworten
und wurde 3.043 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

30.07.2012 08:51
Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

Günter Wallraff hat es bisher verstanden, seine längste "Rolle" - die als der Menschenfreund Günter Wallraff - so zu spielen, daß kaum jemand ihm auf die Schliche gekommen ist. Vielleicht ist es damit demnächst vorbei.

Und wer weiß, vielleicht entschließt sich Wallraff dann ja zu seinem ultimativen Coup und läßt von einem seiner Ghostwriter ein Buch über diese Rolle schreiben. Titelvorschlag "Ganz oben. Wie man als Journalist Multimillionär wird, ohne schreiben zu können".

Tischler ( gelöscht )
Beiträge:

30.07.2012 09:34
#2 RE: Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

Zitat aus dem Zettel Artikel

"wie begabte Hochstapler, immer glänzend verstanden, das Vertrauen, die Gutgläubigkeit seiner Mitmenschen zu mißbrauchen."



Werter Zettel,

ihre Abneigung gegen solche Zeitgenossen, wie Wallraff, kann ich gut verstehen. Aber dieses flüchten in die
Opferecke der anderen Beteiligten Personen, finde ich ,gelinde gesagt, zum kotzen.
Diese Personen handeln bestimmt nicht aus Gewissensbissen, sondern wohl eher aaus persönlichen
Animositäten heraus. Wer mehrere Monate oder gar Jahre solche Angestelltenverhältnisse
akzeptiert, tut dies nicht aus Gutgläubigkeit oder Naivität, sondern weil er den eigenen Vorteil
erkennt und nutzt.
Wenn sich nun also alle "offenbaren" gilt wohl eher, da hackt die eine Krähe der Anderen doch ein Auge aus.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

30.07.2012 10:21
#3 RE: Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

Zitat von Tischler im Beitrag #2
Diese Personen handeln bestimmt nicht aus Gewissensbissen, sondern wohl eher aaus persönlichen Animositäten heraus.
Das kann ich nicht beurteilen, lieber Tischler. Wesentlich scheint mir nur zu sein, ob das stimmt, was sie sagen.

Herzlich, Zettel

Tischler ( gelöscht )
Beiträge:

30.07.2012 10:45
#4 RE: Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #3
Zitat von Tischler im Beitrag #2
Diese Personen handeln bestimmt nicht aus Gewissensbissen, sondern wohl eher aaus persönlichen Animositäten heraus.
Das kann ich nicht beurteilen, lieber Tischler. Wesentlich scheint mir nur zu sein, ob das stimmt, was sie sagen.

Herzlich, Zettel

Ebensowenig wissen wir ob sie denn so gutgläubig sind.

Tischler ( gelöscht )
Beiträge:

30.07.2012 10:48
#5 RE: Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

Im Falle Wallraff gilt dann wohl eher die alte "Mescalero"- Intention: Die klammheimliche Freude...




P.S: unaushaltbaren Schreibfehler geändert

grenzenlosnaiv Offline



Beiträge: 88

30.07.2012 15:50
#6 RE: Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

Bisher sind es alles nur Anschuldigungen, die wohl nie gerichtlich ausgefochten wurden. Und sie kommen zumeist von doch eher zweifelhaften Menschen, die kein Problem damit hatten schwarz bezahlt zu werden. Wieviel Geld sie wirklich erhielten und wie sehr sie ausgebeutet wurden oder nicht, kann man ohne Rechnungen etc. wohl auch nicht mehr nachweisen. Wie vertrauenswürdig sind solche Quellen also und kann man daraus derart viel ableiten, wie sie es hier tun? Wallraff ist anscheinend ein Feindbild, ähnlich wie die Piraten und ähnlich wie bei diesen, nimmt man dann wohl alles an Munition dankend an, was sich eben bietet, ohne es zu hinterfragen oder in Zweifel zu stellen. Vermutungen sind Vermutungen und Fakten sind Fakten und es reicht nicht aus, dass man Vermutungen nur oft genug wiederholt, damit daraus Fakten werden. Oder doch?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

30.07.2012 16:08
#7 RE: Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

Zitat von grenzenlosnaiv im Beitrag #6
Vermutungen sind Vermutungen und Fakten sind Fakten und es reicht nicht aus, dass man Vermutungen nur oft genug wiederholt, damit daraus Fakten werden. Oder doch?
Haben Sie meinen Artikel gelesen? Vielleicht sollten Sie es tun.

Dann werden Sie feststellen, daß ich Vermutungen als Vermutungen und Fakten als Fakten bezeichnet habe; die Behauptungen zB von Fahnemann sind ausdrücklich als solche gekennzeichnet, und ich referiere dazu auch die Einlassungen von Wallraff bzw. seines Anwalts. Drittens habe ich meine Meinung zu Wallraff (wieder einmal) gesagt.

Ihre Unterstellung ist haltlos; jeder, der den Artikel liest, kann sich davon überzeugen.

Herzlich, Zettel

Florian Offline



Beiträge: 3.136

30.07.2012 17:10
#8 RE: Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

@grenzenlosnaiv:

Zitat
Bisher sind es alles nur Anschuldigungen, die wohl nie gerichtlich ausgefochten wurden. Und sie kommen zumeist von doch eher zweifelhaften Menschen, die kein Problem damit hatten schwarz bezahlt zu werden.



Richtig.
Was da genau passiert ist, wissen wir nicht.

Allerdings scheint wohl unstrittig, DASS Herr Walraff Mitarbeiter schwarz beschäftigt hat (wie auch immer die Konditionen im Detail gewesen sein mögen).

Siehe Zitat Zettel:
"Wallraff bestreitet zum Teil die Vorwürfe, teils schiebt er die Schuld auf Fahnemann. Er habe weder Fahnemann fest angestellt, noch ihm einen Stundenlohn gezahlt, sondern ihm lediglich "finanzielle Zuwendungen" zukommen lassen. Es sei Fahnemann gewesen, der dieses Geld bar habe in Empfang nehmen wollen."

Auch wenn Walfraffs Darstellung stimmen sollte, dann ist das halt doch schlicht Schwarzarbeit bzw. Scheinselbständigkeit.

Pikant ist das halt vor allem deshalb, weil Herr Walraff ja genau solches Verhalten stets moralisch verdammt. Siehe z.B. in seiner letzten Enthüllung die "scheinselbständigen" Paketausfahrer. Kern seiner Kritik war da ja nicht die Höhe der Entlohnung, sondern das prekäre Beschäftigungsverhältnis eines "Scheinselbständigen".
Und jemand, dessen Beruf es ist, andere moralisch zu verurteilen, sollte halt die Maßstäbe, die er an andere anlegt, selbst erfüllen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

30.07.2012 23:07
#9 Rollenspiele Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #8
Auch wenn Walfraffs Darstellung stimmen sollte, dann ist das halt doch schlicht Schwarzarbeit bzw. Scheinselbständigkeit.

Pikant ist das halt vor allem deshalb, weil Herr Walraff ja genau solches Verhalten stets moralisch verdammt.
Ja, das kann man pikant nennen, lieber Florian.

Aus meiner Sicht spielt Wallraff dabei aber nur eine seiner Rollen. Der Gutmensch Wallraff, das ist wie Ali der Türke oder der Mensch, der bei "Bild" Hans Esser war. Er spielt das halt.

Bei diesen Rollen sind seine Arbeitgeber und andere Menschen dem Tartuffe aufgesessen. Bei "Wallraff, der gute Mensch" fast die ganze Nation.



Soweit ich das beurteilen kann, ist Wallraff eine egozentrische und narzißtische Persönlichkeit; ein Mensch, der allein auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist und dem nichts wichtiger ist, als zu glänzen.

Die Rolle des Gutmenschen, des Ritters wider Tod und Teufel, wider Kapitalismus und Ausbeutung, war seine beste Rolle; auch diejenige, die seinen Narzißmus am meisten befriedigt hat.

Das Bemerkenswerte ist nur, daß man ihm das abgenommen hat. Wie konnten so viele Menschen auf diesen Mann hereinfallen?

Herzlich, Zettel

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.568

31.07.2012 01:36
#10 RE: Rollenspiele Antworten

Ich habe das jetzt nicht an allen früheren Beiträgen zu Herrn W überprüft, aber zu den nachfolgenden Stichworten wies die Suchfunktion nichts vor, & zum Stichwort "Sinclair" nur die Rechenmaschine. Ich hoffe also, daß ich nicht wie die Wittwe Bolte sauren Kohl aufwärme...
Wallraff sieht sich offensichtlich selbst in der Tradition der "Muckraker", der "Wühler im Kehricht" vor gut hundert Jahren in den USA, die in Tiefen der Gesellschaftshöllen hinabstiegen und die Mißstände gnadenlos, etc. pp.
http://en.wikipedia.org/wiki/Muckraker
- von denen der Bekannteste Upton Sinclair war, dessen "The Jungle" von 1906 die Zustände auf den Schlachthöfen Chicagos beschrieb, von die Einwanderer aus Rußland und Skandinavien in der Tat ausgebeutet wurden.
http://en.wikipedia.org/wiki/The_Jungle
Am meisten haben das Publikum die Szenen beeindruckt, in denen Sinclair beschreibt, wie Arbeiter in die Wurstkessel fallen und zu Tode verbrühen - die dann aber nicht herausgefischt werden, sondern unters Wasser gedrückt und samt ihren Lumpenklamotten mit zu Schmalz verkocht werden:

Zitat
____
"Sinclair's account of workers falling into rendering tanks and being ground, along with animal parts, into "Durham's Pure Leaf Lard", gripped public attention. The morbidity of the working conditions, as well as the exploitation of children and women alike that Sinclair exposed showed the corruption taking place inside the meat packing factories."
____

Präsident Roosevelt war eher weniger erfreut: "I have an utter contempt for him. He is hysterical, unbalanced, and untruthful. Three-fourths of the things he said were absolute falsehoods. For some of the remainder there was only a basis of truth" - aber er hat einen Untersuchungsausschuß eingesetzt, der gesetzliche Regelungen veranlaßte: "Public pressure led to the passage of the Meat Inspection Act and the Pure Food and Drug Act of 1906, which established the Bureau of Chemistry that would become the Food and Drug Administration in 1930." Dem Vernehmen nach soll der Fleischabsatz in den USA nach Erscheinen des Buchs um ein Drittel zurückgegangen sein. Sinclair ging es allerdings nicht darum, sondern um die Arbeitsbedingungen: "I aimed at the public's heart, and by accident I hit it in the stomach."
Das Ganze ist als Roman geschrieben, aber eben mit dem Verständnis des Lesers, daß diese Vorgänge sämtlich einen realen Hintergrund haben, wenn auch nicht in dieser Reihenfolge und sie auch nicht denselben Personen passiert sind. Und hier gibt's die Parallele zu Wallraff: "dies & jenes ist mir zwar nicht passiert, sondern meinen Wasserträgern, aber es ist passiert, & ich bündele das jetzt in meiner Ich-Erzählerfigur" (& wenn man die für mich hält, umso besser, wegen glaubwürdig). Die Themen gleichen sich auch: Einwanderer im untersten Geschoß der Erwerbsgesellschaft (Türke Ali, der den Chef in der Kantine irritiert, macht aber nicht so viel her wie gesottene Litauer); die bösen Zeitungen, die "mal eben einen Krieg in Mexiko anzetteln, um Schlagzeilen zu produzieren" oder sonstwie Nachrichten erfinden (obwohl die Blätter von William Randolph Hearst doch ein anderes Format hatten als Bild); zuletzt die Alten, die vom Turbokapitalismus bis zum Exitus zum Paketeschleppen versklavt werden...Daß das Ganze nicht so rechte Skandaldimensionen annimmt - Untersuchungsausschuß! Gesetzesänderungen! - zeigt da nur wieder das piefige Kleinformat der alten Bunzreplik.
Die Lösung, warum darauf so viele reingefallen sind, dürfte schlicht sein: mundus vult decipi; und mancher dürfte sich beruhigt fühlen, daß die Welt wirklich so schlicht eingerichtet ist, wie das den Roten Pionieren immer schwante: gute Proletarier, tapsige Neger, rassistische Deutsche. Wahrscheinlich sieht Wallraff beim Stichwort "Kapitalismus" tatsächlich kleine dicke Männerchen mit Zigarre vor dem innern Auge.

notquite Offline



Beiträge: 506

31.07.2012 19:35
#11 RE: Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

Ich bin ganz sicher kein Fan von Wallraff, aber auch als Gegner sollte man dann doch erwähnen, welche Vorgeschichte dieses vorgebliche Wallraff-Opfer hat.

Das wird im Spiegel-Artikel ja nicht nur angedeutet, sondern glasklar benannt.

Es würde mich schon interessieren, wieso Sie diesen für die Bewertung der Geschichte sicher nicht unwichtigen Aspekt einfach auslassen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

31.07.2012 19:39
#12 RE: Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

Zitat von notquite im Beitrag #11
Ich bin ganz sicher kein Fan von Wallraff, aber auch als Gegner sollte man dann doch erwähnen, welche Vorgeschichte dieses vorgebliche Wallraff-Opfer hat.

Das wird im Spiegel-Artikel ja nicht nur angedeutet, sondern glasklar benannt.

Es würde mich schon interessieren, wieso sie diesen für die Bewertung der Geschichte sicher nicht unwichtigen Aspekt einfach auslassen.
Ich halte ihn für unwichtig. Keine Seite bestreitet, daß Fahnemann für Wallraff gearbeitet hat, daß dieser ihn bezahlt hat und daß dafür keine Steuern und Sozialabgaben entrichtet worden sind.

Ansonsten: Wenn ich etwas referiere, dann lasse ich logischerweise immer viel weg. Das liegt im Wesen des Referierens.

Herzlich, Zettel

Hausmann Offline



Beiträge: 710

31.07.2012 20:12
#13 RE: Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

Wallraff mag ein Arschloch sein - ähnlich wie meinetwegen ein Maler, der Kinder vergewaltigt. Läßt sich sein Opus nicht davon trennen und unabhängig bewerten; geklaut oder nicht? Ist es literarischer Pfusch, stilistisch unrund, sind die Darstellungen faktisch gelogen usw.? mfG

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

01.08.2012 10:07
#14 RE: Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

Zitat von Hausmann im Beitrag #13
Ist es literarischer Pfusch, stilistisch unrund, sind die Darstellungen faktisch gelogen usw.? mfG

Wallraffs Bücher sind ohnehin keine Literatur, wollen es auch nicht sein. Sein Anspruch ist der eines Chronisten oder Journalisten, er behauptet mit moralischem Anspruch die Wahrheit zu schreiben.
Und vor diesem Hintergrund ist es sehr relevant, daß er in Wirklichkeit unmoralisch handelt und lügt. Damit ist sein "Opus" vollends wertlos.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.08.2012 16:38
#15 RE: Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #1
Günter Wallraff hat es bisher verstanden, seine längste "Rolle" - die als der Menschenfreund Günter Wallraff - so zu spielen, daß kaum jemand ihm auf die Schliche gekommen ist. Vielleicht ist es damit demnächst vorbei

Der "Spiegel" der kommenden Woche (33/2012, S. 126-130) hat jetzt eine längere Geschichte zu diesem Thema. Beispielsweise zu Wallraffss angeblichen Erlebnissen in einer Großbäckerei:

Zitat
André Fahnemann berichtete den Anwälten von einem Treffen mehrerer ehemaliger Bäckereimitarbeiter mit Wallraff im Dezember 2011, bei dem die Hilfsbäcker Blätter mit Blankounterschriften überreicht hätten.

In Wallraffs Büro in Köln, behauptet Fahnemann, hätten er und Wallraff für die eidesstattlichen Versicherungen Aussagen bearbeitet, um sie anschließend über die Unterschriften zu montieren. Bei Alban A. will Fahnemann eine Unterschrift im Dezember 2011 persönlich gefälscht und die Erklärung auf November rückdatiert haben. In internen Unterlagen befinden sich diverse Versionen von A.s Text mit verschiedenen Unterschriften und Layouts. (...)

Fahnemann behauptet, Wallraff habe ihn zu der Fälschung angehalten: "Das war eine klare Arbeitsanweisung. Aus meiner Sicht waren die Leute damit einverstanden, weil sie Vertrauen zu Wallraff hatten".


Ich kann mich immer nur wieder darüber wundern, daß es so lange gedauert hat, bis die simple Einsicht dämmerte, daß der edle Ritter Wallraff genauso eine Rolle dieses Blenders ist wie alle anderen auch.

Auch von Ghostwritern ist wieder einmal die Rede in dem "Spiegel"-Artikel; und davon, wie Fahnemann nach seiner Aussage bei Herstellern wie Boss und Montblanc schnorren mußte, damit sie Wallraff mit Geschenken belieferten.

Hausmann Offline



Beiträge: 710

12.08.2012 19:35
#16 RE: Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

Möchte mich nochmal bedanken, lieber Zettel!

In den 60er DDR-Jahren waren die Bücher des W. für mich "Einblicke" in den kapitalistischen Alltag - leider. Aber vielleicht hat dieser Fall als skeptische Warnung an jüngere Leute doch noch einen gewissen Sinn? mfG

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

12.08.2012 21:21
#17 RE: Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

Zitat von Zettel
Der "Spiegel" der kommenden Woche (33/2012, S. 126-130) hat jetzt eine längere Geschichte zu diesem Thema. Beispielsweise zu Wallraffss angeblichen Erlebnissen in einer Großbäckerei

Etwas dazu gibt es auch online. Unter anderem dieses:

Zitat von SPON
Wallraffs Anwalt Winfried Seibert sagte, es sei "üblich, mit Blankounterschriften zu arbeiten", wobei die Texte mit den Zeugen abgestimmt würden;

Also ich finde interessant, was da so alles "üblich" ist.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)

Florian Offline



Beiträge: 3.136

13.08.2012 12:06
#18 RE: Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

Zitat von Rayson im Beitrag #17

Zitat von Zettel
Der "Spiegel" der kommenden Woche (33/2012, S. 126-130) hat jetzt eine längere Geschichte zu diesem Thema. Beispielsweise zu Wallraffss angeblichen Erlebnissen in einer Großbäckerei
Etwas dazu gibt es auch online. Unter anderem dieses:

Zitat von SPON
Wallraffs Anwalt Winfried Seibert sagte, es sei "üblich, mit Blankounterschriften zu arbeiten", wobei die Texte mit den Zeugen abgestimmt würden;

Also ich finde interessant, was da so alles "üblich" ist.





Ja, das hat mich auch sehr gewundert.
Ich bin natürlich in Justiz-Dingen absoluter Laie, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass so ein Vorgehen üblich ist.
Ich würde es eigentlich als Straftat einstufen (§267 Urkundenfälschung? §156 Falsche Versicherung an Eides Statt).

Hinzu kommt die zivilrechtliche Seite: Anscheinend ist die betroffene Großbäckerei ja mittlerweile insolvent. Ich kenne den Fall nicht. Aber falls sich die Insolvenz auf die (gefälschten) eidesstattlichen Versicherungen zurückführen ließe, hätte Wallraff da ein riesiges Problem am Hals.

So oder so womöglich nicht sehr clever, dass der Rechtsanwalt das so freimütig als "übliche Praxis" bei Walraff einstuft.

Thomas Pauli Offline




Beiträge: 1.486

13.08.2012 13:22
#19 RE: Rollenspiele Antworten

Zitat von Zettel
Das Bemerkenswerte ist nur, daß man ihm das abgenommen hat. Wie konnten so viele Menschen auf diesen Mann hereinfallen?


Lieber Zettel,

vielleicht liegt's ja daran, daß unsere Standards schon so niedrig liegen. Das folgende Zitat stammt aus einem Artikel von T.Dalrymple, in dem er seine Erfahrungen mit einem TV-Gerät schildert, das ihm eine Zeitung spendiert hatte, natürlich damit er darüber berichtet. Er und seine Frau hatten davor etliche Jahre kein Fernsehen konsumiert, hatten sich also nicht an die sinkenden Standards gewöhnen können:

Zitat von Theodore Dalrymple
One of the programmes we were enjoined to watch was a breakfast time chat-show. The chief guest on this occasion was a man called Tony Blair, who at this stage was only Leader of the Opposition, though it was clear by then that he might very well be the next Prime Minister.

However, both my wife and I thought that the man on the television was not really Mr Blair, but someone imitating him, a clever impersonator perhaps, satirising the state of British politics. We had never seen or heard Mr Blair before, of course, or any other contemporary politician (one of the inestimable benefits of not having a television, and of never listening to the radio), so we had no standard by which to compare the guest of the breakfast TV with the ‘real’ Mr Blair. We both of us independently assumed that the preening, self-satisfied young popinjay could not possibly be the real thing


Herzlich, Thomas

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

13.08.2012 14:41
#20 RE: Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

Zitat von Hausmann im Beitrag #16
In den 60er DDR-Jahren waren die Bücher des W. für mich "Einblicke" in den kapitalistischen Alltag - leider.

Das ist interessant, lieber Hausmann, denn in den sechziger Jahren war Wallraff in Westdeutschland noch kaum bekannt. Er schrieb damals Reportagen beispielsweise für "Pardon" und "Konkret", also eine überschaubare Leserschaft.

Ich bin auf ihn aufmerksam geworden, als er einen Artikel veröffentlichte, in dem er schildert, wie er einen Geistlichen unter falschem Namen anrief und behauptet, er sei ein - wenn ich mich recht erinnere - Napalm-Produzent und in Gewissensnot. Was er tun solle?

Es war damals schon dieselbe schmierige, verlogene Stil wie danach. Aber richtig bekannt wurde Wallraff erst 1977 mit "Der Aufmacher", wo er schildert, wie er "Bei 'Bild' Hans Esser war".

Mich würde interessieren, wie Sie in der DDR an Wallraffs Texte gekommen sind. Wurden sie in der DDR nachgedruckt?

Herzlich, Zettel

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.568

13.08.2012 15:25
#21 RE: Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

Es mag frivol sein oder eine deformation professionelle, aber ich (ver)lese als Überschrift immer "Angeber Wallraff"...

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

13.08.2012 17:53
#22 RE: Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #20
(…) Mich würde interessieren, wie Sie in der DDR an Wallraffs Texte gekommen sind. Wurden sie in der DDR nachgedruckt?


Ich bin Jahrgang 1967 und meine Erinnerung setzt später ein als die Erinnerung Hausmanns, aber ich kann mich daran erinnern, dass Wallraff in den DDR-Massenmedien und teilweise auch im Schulunterricht als tapferer Zeuge gegen den unmenschlichen, faulenden und parasitären Kapitalismus zitiert wurde. An seine Bücher kann ich mich nicht erinnern, vermutlich hatte ich schon ganz andere Interessen, als ich das erste eigene Geld zum Bücherkaufen hatte.

Hausmann Offline



Beiträge: 710

13.08.2012 19:50
#23 RE: Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

Lieber Zettel!

Zitat
Mich würde interessieren, wie Sie in der DDR an Wallraffs Texte gekommen sind. Wurden sie in der DDR nachgedruckt?


Sie haben mich, sozusagen, auf dem falschen Fuß erwischt. Ich hatte früher viele seiner hier (normal) erschienen Bücher gelesen und das für den real existierenden Kapitalismus gehalten. Die Datierung "60er Jahre" war rein gefühlsmäßig, weil ich bezüglich Wallraff inzwischen den blauen Container bemüht habe; ich bin kein Sammler. Doch als alte Schlampe übersah ich dieses - H. Günter Wallraff, "Wir brauchen Dich". Als Arbeiter in deutschen Industriebetrieben. Aufbau-Verlag Berlin und Weimar 1967 - und wie es aussieht muß ich heute wohl nochmal zur Tonne. :(

mfG

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

13.08.2012 21:32
#24 RE: Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #20

Mich würde interessieren, wie Sie in der DDR an Wallraffs Texte gekommen sind. Wurden sie in der DDR nachgedruckt?

Ja. Und so habe ich es auch kennengelernt. In der DDR. Ein Buch aus dem Westen welches in der DDR erscheinen darf und schlecht geschrieben ist.
Manchmal ist das Vorurteil einfach nur die Abkürzung.

Viele Grüße, Erling Plaethe

captndelta Offline




Beiträge: 69

13.08.2012 22:02
#25 RE: Zettels Meckerecke: Arbeitgeber Wallraff Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #24
Zitat von Zettel im Beitrag #20

Mich würde interessieren, wie Sie in der DDR an Wallraffs Texte gekommen sind. Wurden sie in der DDR nachgedruckt?

Ja. Und so habe ich es auch kennengelernt. In der DDR. Ein Buch aus dem Westen welches in der DDR erscheinen darf und schlecht geschrieben ist.
Manchmal ist das Vorurteil einfach nur die Abkürzung.

Wobei es meiner Erinnnerung nach mit dem Erscheinen des "Aufmachers" vorbei war mit der Nachdruckerei, da war schon der erste Satz des Buches inkompatibel mit der DDR-Zensur. Oder hat man einfach das erste Kapitel weggelassen?

-Th

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