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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 57 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

27.09.2012 16:22
Zitat des Tages: "Gartenzwergvoltaire" Antworten

Die Verteidigung der Freiheit fordern ist einfach und billig, meint Thomas von Randow im Zitat des Tages - aber was ist mit denen, die unter dieser Verteidigung der Freiheit leiden; die dafür unter Umständen Leib und Leben riskieren?

Im Grund argumentiert Randow ähnlich wie kürzlich Herr in ZR (Vom Nachgeben gegenüber islamistischen Gewalttätern und der Ethik der Bergpedigt; ZR vom 4. 9. 2012): Wir dürfen unsere Entscheidungen nicht allein an unseren eigenen, nur für uns selbst gültigen Prinzipien orientieren, sondern müssen auch die Folgen für andere bedenken. Die Folgerungen, die Herr und von Randow aus dieser Einsicht ziehen, mögen freilich nicht identisch sein.

Korrektur: "Der gute Mann heißt Gero" hat mir gerade eine PM zugeflüstert. Ja, in der Tat. Ich hatte schon befürchtet, daß mir mindestens einmal eine Verwechslung der Namen von Vater und Sohn unterlaufen würde.

Übrigens sieht der Sohn dem Vater verblüffend ähnlich und spricht auch wie er; die brillante Intelligenz hat Gero eh von Thomas geerbt.

Hausmann Offline



Beiträge: 710

27.09.2012 17:08
#2 RE: Zitat des Tages: "Gartenzwergvoltaire" Antworten

Auf die Gefahr hin, daß Sie mich hier rausschmeißen, lieber Zettel: Ich halte solche intellektuellen Feinheiten für politisch bedeutungslos. Als wenn es nur die Alternative - zeigen oder nicht zeigen - gäbe! Was wäre beispielsweise von der Option zu halten, daß sich die freiheitlich - demokratische Presse verabredet und in allen Blättern täglich eine der inkriminierten Karikaturen veröffentlich? Nein? Nein! ... mfG

Am_Rande Offline




Beiträge: 196

27.09.2012 17:27
#3 RE: Zitat des Tages: "Gartenzwergvoltaire" Antworten

Sehr verehrter Zettel, sehr verehrte Mitforisten,

ich muss - zu meiner Schande - gestehen, dass mir der Name Gero von Randow nicht geläufig war.
Aber ich lese die „Zeit“ auch seit Jahren nicht mehr - denn ich denke, ein Durchschnittsmensch erträgt nur so und so viel an links“liberaler“ Meinungsmache…
Daher kann ich dem positiven Eindruck unseres verehrten Gastgebers auch nicht beitreten, denn Herrn von Randows „Argument“ zur Bejahung der rechtlichen Möglichkeit eines Verbot der Aufführung ist ja dies:

Zitat
[…] Denn es gibt eine bessere Rechtsgrundlage für ein Aufführungsverbot, nämlich die der Polizei überantwortete "Gefahrenabwehr". Und siehe da: Eine Aufführung des Streifens würde in der Tat Gefahren mit sich bringen, erhebliche sogar. Nicht nur für Veranstalter und Zuschauer, sondern auch für deutsche Staatsangehörige im Ausland – und zwar Gefahren für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit. […] Die Gefährdeten haben ganz einfach einen Anspruch darauf, dass der Staat sie schützt. […]


Aber dies ist – für mich – kein Argument – sondern eine Sophisterei: „der Staat“ (hier: Deutschland) ist eben nicht „der Staat“ (dort: z. B. Pakistan).
„Der Staat“ ist für einen Deutschen, zumal für einen deutschen Linksintellektuellen, nur allzu leicht Gottvater selbst – genauso allwissend, genauso allgütig und vor allem: genauso allgewaltig. Die Macht Gottes mag unbegrenzt sein, die Macht (und damit die Verantwortung) des Staates enden aber an seiner Staatsgrenze…

Florian Offline



Beiträge: 3.136

27.09.2012 18:03
#4 RE: Zitat des Tages: "Gartenzwergvoltaire" Antworten

Zitat von Randow:

Zitat
Die Politik kann ihr nicht theoretisch antworten, sondern nur praktisch, und das bedeutet: indem sie sich durch die realen Widersprüche hindurch windet, Nachteile in Kauf nimmt, kurz, indem sie jeden konkreten Fall abwägt.



Das wäre nun aber wohl absolut die schlechteste Variante.
"Abwägen" kann hier ja nur bedeuten: zwischen dem Recht auf freie Rede eineseits und der Gefährdung durch extremistische Gewalt andererseits.
Das ist ja geradezu die Aufforderung an Exremisten zur Gewalt.
Das von meiner Gruppe gehasste Buch wurde noch nicht verboten? Na, dann müssen wir halt noch eine Schippe Gewalt drauflegen, um für eine passende Abwägung zu sorgen.

Das Gegenteil wäre richtig:
Ein möglichst klares Regelgerüst, was erlaubt ist.
Vorugsweise natürlich ein liberales Regelwerk.
Aber selbst ein relativ restriktives Regelgrüst wäre m.E. der von Randow empfohlenen Abwägung im Einzelfall vorzuziehen.
Das (unbefriedigende) Ergebnis für die Kunsfreiheit wäre zwar das gleiche - man würde sich aber zumindest ersparen, dass die Entscheidungen in jedem Einzelfall von der islamistischen Straße herbeigebombt werden.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

27.09.2012 18:03
#5 RE: Zitat des Tages: "Gartenzwergvoltaire" Antworten

Zitat von Gero von Randow
Wir müssen unterscheiden zwischen dem, was sein soll, und dem, was ist.


Das ist völlig richtig und diese Unterscheidung ist im täglichen Leben schwieriger als einem bewusst ist, denke ich.

Zitat von Gero von Randow
Die extremistisch motivierte Gewalt ist eine Tatsache. Wir können sie nicht wegdenken.


Genau, wir kennen uns damit aus. Diverse Varianten dieser extremistisch motivierten Gewalt hat Deutschland schon gesehen und diverse Strategien hat es angewandt. Am Ende hat sich herausgestellt:
- die Aussage des o.g. Zitats stimmt auf's Wort
- ein Nachgeben hat die Opferzahlen erhöht und den Staat an den Rand einer Krise gebracht.
Dass diese Gewalt eine Tatsache ist, heißt nicht sie als solche zu akzeptieren. Sie muss bekämpft werden. Das ist die Aufgabe des Staates und nicht wie man mit dem Status Quo umgeht, ohne sich die Finger schmutzig zu machen.

Zitat von Gero von Randow
Die Politik kann ihr nicht theoretisch antworten, sondern nur praktisch, und das bedeutet: indem sie sich durch die realen Widersprüche hindurch windet, Nachteile in Kauf nimmt, kurz, indem sie jeden konkreten Fall abwägt.


Richtig. Nur bedenkt sie offensichtlich wessen Nachteile sie in Kauf zu nehmen gewillt ist. Diejenigen, die zu ihren Lasten gehen, oder diejenigen welche zu Lasten des Bürgers gehen.
Die Freiheit der Bürger einzuschränken bedeutet für den Staat, den Bürger die Zeche für einen Mangel an innerer Sicherheit mit einer Abnahme an persönlicher Freiheit zahlen zu lassen. Das ist in hohem Maße verantwortungslos. Der Staat hat die Pflicht gegen Gewalttäter vorzugehen wenn diese* die Bürger in der Wahrung ihrer Freiheitsrechte behindern und sie sogar mit dem Tode bedrohen.

Die Aufgabe des Staates in dieser Situation ist es, mit seinem Gewaltmonopol die Gültigkeit der Grundrechte gegenüber ihren erklärten Feinden aufrechtzuerhalten und notfalls mit Gewalt durchzusetzen.

Nachtrag: "wenn diese" ist nicht das, was ich ausdrücken wollte. Anstatt dessen wäre "die" besser.

Viele Grüße, Erling Plaethe

C. Offline




Beiträge: 2.639

27.09.2012 19:08
#6 RE: Zitat des Tages: "Gartenzwergvoltaire" Antworten

Zitat von Gero von Randow
Gewiss, der aufgeklärte Deutsche, gut beschützt von seinen Ordnungskräften, mag er auch den Film "primitiv" finden und überhaupt Blasphemie eher "unnötig", er kann als Gartenzwergvoltaire auftreten und sagen: Ich bin zwar nicht für solche Sachen, aber ich würde diese Freiheit bis zum letzten Blutstropfen verteidigen. Nun ja. Würde er es wirklich? In einigen arabischen Ländern jedenfalls fürchten Deutsche tatsächlich um ihr Leben. Wollen wir, dass sie eventuell Märtyrer der Freiheit werden?



Schon wieder dieses "wir".

Nein, ich will nicht, dass in einigen arabischen LÄndern Deutsche ermordet werden. Aber das sind keine Märtyrer der Freiheit, sondern Mordopfer. Sie werden auch nicht wegen der Aufführung eines Films ermordet, sondern weil es sich vorteilhaft erwiesen hat, mit Morden Angst und Schrecken zu verbreiten. Die Morde von Djerba hatten weder etwas mit einem Schmähbuch noch einer Schmähkarikatur oder gar einem Schmähvideo zu tun.

Die Überlebenden werden nicht entschädigt, die Toten schamhaft verschwiegen. Der Gartenzwerg-Außenminister hat es noch nicht einmal für nötig befunden an der Gedenkveranstaltung zehn Jahre nach den Anschlägen teilzunehmen, obwohl die Anreise von Mallorca nicht allzuweit ist.

Die Zeit hat sich 2002 auch mehr Sorgen um die Sicherheit ihrer reiselustigen Klientel gemacht als an Märtyrertum zu denken.
http://www.zeit.de/2002/18/Sonne_Meer_und_Terror

Zitat von ZEIT

Born: Ja, und das ist ein neues Problem unserer westlichen Welt: Wir reisen in aller Herren Länder, und plötzlich wird uns die andere Seite des modernen Tourismus gezeigt. Mit einem Mal können wir Opfer werden, an jedem Ort.

Explodierte eine Bombe an der türkischen Riviera, fuhr man da ein paar Wochen nicht hin. Aber heute ist Terror nicht regional begrenzt. Und könnte ein dauerhafter Begleiter unseres Reisens werden.

Zeit: Das klingt nicht sehr ermutigend.

Born: So ist es. Reisen könnte zu einer Art Hochsicherheitstourismus werden.



Randows Voltaire für Gartenzwerge hat weder etwas mit Voltaire noch mit deutscher Rechtslage zu tun, sondern ist Polemik und Clausewitz für Dummies.

Zitat von Voltaire
"Le droit de dire et d'imprimer ce que nous pensons est le droit de tout homme libre, dont on ne saurait le priver sans exercer la tyrannie la plus odieuse. Ce privilège nous est aussi essentiel que celui de nommer nos auditeurs et nos syndics, d'imposer des tributs, de décider de la guerre et de la paix ; et il serait déplaisant que ceux en qui réside la souveraineté ne pussent pas dire leur avis par écrit."

Voltaire - Questions sur les miracles

Zitat von Clausewitz
Ich glaube und bekenne, daß ein Volk nichts höheres zu achten hat als die Würde und Freiheit seines Daseins. daß es diese mit dem letzten Blutstropfen verteidigen soll

Clausewitz, Bekenntnisschrift von 1812

Damit es nicht zu altbacken und rechtslastig wird, noch etwas zur Meinungsfreiheit,links

Zitat von Noam Chomsky
Goebbels was in favor of free speech for views he liked. So was Stalin. If you're really in favor of free speech, then you're in favor of freedom of speech for precisely for views you despise. Otherwise, you're not in favor of free speech.



Weder Filme noch Meinungen morden, sondern Mörder. Da gibt es nichts abzuwägen.

Der Riesling gehört zu Deutschland.

ratloser ( gelöscht )
Beiträge:

27.09.2012 19:26
#7 RE: Zitat des Tages: "Gartenzwergvoltaire" Antworten

Ach Herr Zettel, die empathische Besprechung des Traktats von Herrn von und zu Randow enttäuscht mich jetzt aber einwenig... ;-)

Statt intelligenter Reflexion sehe ich die Abarbeitung allseits bekannter rechtlicher Aspekte. Der als verzwergter Voltaire verhöhnte Bürger, der auf die Verteidigung seiner Grundrechte besteht, erinnert mich unangenehm an die zutiefst opportunistischen Dhimmi-Rationalisierungen, die schon gegenüber den "Menschenrechtsextremisten" vorgebracht wurden.

In meinen Augen handelt es sich um den Ausdruck von kulturrelativistischer Feigheit, die vermutlich aus der Phantasie geboren wird, selber von den Folgen des Kultur- und damit Rechtsrelativismus nicht betroffen zu sein.

Ganz profan läuft das aber auf das Recht des Stärkeren, auf das Primat der Gewalt hinaus. Wer die reale Gewaltbereitschaft und Macht hat, die öffentliche Ordnung zu zerrütten (und das haben die Muslime in Deutschland mittlerweile; siehe die Vorkomnisse in Mannheim vor wenigen Wochen), bestimmt über die Auslegung und Anwendung unserer Gesetze. Herr von und zu wohnt wie die Jessens dieser Welt vermutlich im Rotweingürtel einer deutschen Großstadt, nehme ich an...

Muslimische Gruppierungen im Ausland laufen mal kurz orchestriert Amok, muslimische Gruppierungen im Inland "warnen" vor (= drohen mit) Gewalt auf deutschen Straßen und schon setzt eine bemühte Diskussion darüber ein, wie man seine aus der Angst geborene Selbstverleugnung rechtlich und moralisch möglichst wenig blamabel rationalisieren kann.

Die intellektuelle Brillianz ist mir da weniger erkennbar als eine fette Portion Dekadenz.

FAB. Offline



Beiträge: 523

27.09.2012 19:50
#8 RE: Zitat des Tages: "Gartenzwergvoltaire" Antworten

Zitat von G. v. R.
Die Gefährdeten haben ganz einfach einen Anspruch darauf, dass der Staat sie schützt.


Vielleicht sollte der Autor bei Gelegenheit das Gespräch mit seinem Herausgeber suchen.

Der sah sich nämlich vor Jahren bereits mit eben diesem Argument konfrontiert.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

27.09.2012 20:38
#9 Enttäuscht? Schade! Antworten

Zitat von ratloser im Beitrag #7
Ach Herr Zettel, die empathische Besprechung des Traktats von Herrn von und zu Randow enttäuscht mich jetzt aber einwenig... ;-)


Lieber ratloser und liebe andere Zimmerleute, denen mein Artikel nicht gefällt,

ich freue mich immer, wenn ich eine unkonventionelle und intelligente Meinung lese. Man muß sie sich ja nicht unbedingt zu eigen machen. Ich freue mich besonders dann, wenn diese Meinung mich nachdenklich macht.

Die bisherige Diskussion zu diesem Thema wurde weitgehend von zwei Positionen beherrscht:

(A) Wir sollten Verständnis für die Gefühle von Moslems haben, nicht noch Öl ins Feuer gießen, als der Klügere nachgeben, "in vollem Bewusstsein eigener innerer Stärke und in Abwägung mit anderen schutzwürdigen Interessen der Rücksicht auf religiöse Gefühle Vorrang ... geben" (Ludwig Greven)

(B) Wir dürfen nicht zulassen, daß gewalttätige Fanatiker durch ihre Drohungen unsere Freiheit einschränken; gerade angesichts solcher Drohungen müssen wir Flagge zeigen und unsere westlichen Werte verteidigen.

Beides sind stark wertorientierte Positionen. Sie leiten das, was zu tun ist, aus sehr allgemeinen Maximen ab.

Gero von Randow geht - und das hat mir gefallen und mich nachdenklich gemacht - ganz anders an das Thema heran; nämlich pragmatisch. Er interessiert sich für die Folgen von Entscheidungen.

Nun muß jeder, der eine Entscheidung aufgrund seiner Werte trifft, auch die Folgen tragen. Er muß den Kopf dafür hinhalten. Aber seinen eigenen, und nicht den Kopf anderer. Vom sicheren Port läßt sich gemächlich raten, sagt der Ruodi im Tell.

Randow macht - und diesen Aspekt hatte ich bisher nicht gesehen - darauf aufmerksam, daß das Zeigen dieses Films in Deutschland für Deutsche in islamischen Ländern eine persönliche Gefährdung bedeutet; Geschäftsleute, Techniker, vielleicht auch Touristen, die keineswegs für eine solche eventuelle Entscheidung verantwortlich wären. Der Staat hat für sie eine Schutzpflicht; so, wie er Geiseln herauszuholen versucht, wenn sie von Terroristen gekidnapt worden sind.

Ich habe in dem Artikel darauf hingewiesen, daß dies eine ähnliche Überlegung ist, wie sie auch Herr in seinem Artikel angestellt hat: Für sich selbst darf man riskante Entscheidungen aus ethischer oder religiöser Überzeugung treffen, solange allein man selbst die Folgen zu tragen hat. Anderen kann man aber nicht zumuten, diese Folgen zu tragen.



Gero von Randow, der sich übrigens auch bestens in der Philosophie auskennt, ist ja nun kein Lautposauner. Er sagt nicht, was getan werden soll; er weist nur auf Gesichtspunkte hin. Das gefällt mir.

Es gefällt mir auch, wenn jemand eine Diskussion öffnet; wenn er Gesichtspunkte einbringt, die über das Tamtam auf der einen und der anderen Seite der Meinungsfront hinausgehen. Finden Sie nicht auch?

Herzlich, Zettel

C. Offline




Beiträge: 2.639

27.09.2012 21:09
#10 RE: Enttäuscht? Schade! Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #9

Randow macht - und diesen Aspekt hatte ich bisher nicht gesehen - darauf aufmerksam, daß das Zeigen dieses Films in Deutschland für Deutsche in islamischen Ländern eine persönliche Gefährdung bedeutet


Dem widerspreche ich entschieden, die Gefährdung ist immer vorhanden, wenn es nicht ein Film oder eine Karikatur ist, dann etwas anderes, wie ich oben mit dem Beispiel Djerba belegt habe. Um es noch etwas deutlicher zu machen zitiere ich aus dem World Islamic Front Statement vom 23 February 1998

Zitat von Jihad Against Jews and Crusaders
The ruling to kill the Americans and their allies -- civilians and military -- is an individual duty for every Muslim who can do it in any country in which it is possible to do it, in order to liberate the al-Aqsa Mosque and the holy mosque [Mecca] from their grip, and in order for their armies to move out of all the lands of Islam, defeated and unable to threaten any Muslim. This is in accordance with the words of Almighty Allah, "and fight the pagans all together as they fight you all together," and "fight them until there is no more tumult or oppression, and there prevail justice and faith in Allah."


Zitat von Zettel
Ich habe in dem Artikel darauf hingewiesen, daß dies eine ähnliche Überlegung ist, wie sie auch Herr in seinem Artikel angestellt hat: Für sich selbst darf man riskante Entscheidungen aus ethischer oder religiöser Überzeugung treffen, solange allein man selbst die Folgen zu tragen hat. Anderen kann man aber nicht zumuten, diese Folgen zu tragen.


Ich spreche nicht über riskante Entscheidungen, sondern über ein Grundrecht. Der Grund, warum andere attackiert werden, ist dieses Grundrecht einzuschränken. Wenn ich in vorausschauender Rücksichtnahme auf die Wahrnehmung eines Grundrechts verzichten soll, kann es abgeschafft werden.
Seit einigen Jahren will die OIC das Grundrecht der freien Meinungsäußerung in ihrem Sinne beschneiden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es ihr gelungen ist. Nicht derjenige der ein Grundrecht in Anspruch nimmt gefährdet das Leben anderer, sondern derjenige der einen anderen angreift, aus welchen Gründen auch immer.

Der Riesling gehört zu Deutschland.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

27.09.2012 21:30
#11 RE: Enttäuscht? Schade! Antworten

Zitat von C. im Beitrag #10
Ich spreche nicht über riskante Entscheidungen, sondern über ein Grundrecht.


Ginge es allein um ein Grundrecht, dear C., dann brauchten wir diese Debatte nicht zu führen. Randow hat ja seinen Artikel in zwei Teile gegliedert. Er fragt erst nach dem, was juristisch möglich ist, und dann nach dem, was getan oder nicht getan werden sollte.

Ich kann nicht beurteilen, ob seine juristische Einschätzung richtig ist, dh der herrschenden Rechtsauffassung entspricht. So, wie ich ihn als einen sorgfältigen Journalisten kenne, halte ich es aber für wahrscheinlich, daß er sich bei Juristen sachkundig gemacht hat, bevor er das geschrieben hat.

Wenn Randows juristische Beurteilung richtig ist, dann geht es eben nicht nur um ein Grundrecht, sondern es geht um eine Güterabwägung, die der Staat auch im Hinblick auf seine Verpflichtungen gegenüber deutschen Bürgern im Ausland zu treffen hat.

Geht es nur um das Recht auf freie Meinungsäußerung und hat dieses absoluten Vorrang, dann könnte bei einem Verbot dieser Veranstaltung (die, soweit ich weiß, noch gar nicht konkret angesetzt ist) "Pro Deutschland" ja sein Recht einklagen. Wie entsprechende Klagen zB. der NPD bei Demonstrationsverboten u.ä. zeigen, entscheiden die Gerichte dann prompt und oft zugunsten der betreffenden Partei oder Vereinigung.

Herzlich, Zettel

ratloser ( gelöscht )
Beiträge:

27.09.2012 23:18
#12 RE: Enttäuscht? Schade! Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #9
Zitat von ratloser im Beitrag #7
Ach Herr Zettel, die empathische Besprechung des Traktats von Herrn von und zu Randow enttäuscht mich jetzt aber einwenig... ;-)


Lieber ratloser und liebe andere Zimmerleute, denen mein Artikel nicht gefällt,

ich freue mich immer, wenn ich eine unkonventionelle und intelligente Meinung lese. Man muß sie sich ja nicht unbedingt zu eigen machen. Ich freue mich besonders dann, wenn diese Meinung mich nachdenklich macht.

Die bisherige Diskussion zu diesem Thema wurde weitgehend von zwei Positionen beherrscht:

(A) Wir sollten Verständnis für die Gefühle von Moslems haben, nicht noch Öl ins Feuer gießen, als der Klügere nachgeben, "in vollem Bewusstsein eigener innerer Stärke und in Abwägung mit anderen schutzwürdigen Interessen der Rücksicht auf religiöse Gefühle Vorrang ... geben" (Ludwig Greven)

(B) Wir dürfen nicht zulassen, daß gewalttätige Fanatiker durch ihre Drohungen unsere Freiheit einschränken; gerade angesichts solcher Drohungen müssen wir Flagge zeigen und unsere westlichen Werte verteidigen.

Beides sind stark wertorientierte Positionen. Sie leiten das, was zu tun ist, aus sehr allgemeinen Maximen ab.

Gero von Randow geht - und das hat mir gefallen und mich nachdenklich gemacht - ganz anders an das Thema heran; nämlich pragmatisch. Er interessiert sich für die Folgen von Entscheidungen.

Nun muß jeder, der eine Entscheidung aufgrund seiner Werte trifft, auch die Folgen tragen. Er muß den Kopf dafür hinhalten. Aber seinen eigenen, und nicht den Kopf anderer. Vom sicheren Port läßt sich gemächlich raten, sagt der Ruodi im Tell.

Randow macht - und diesen Aspekt hatte ich bisher nicht gesehen - darauf aufmerksam, daß das Zeigen dieses Films in Deutschland für Deutsche in islamischen Ländern eine persönliche Gefährdung bedeutet; Geschäftsleute, Techniker, vielleicht auch Touristen, die keineswegs für eine solche eventuelle Entscheidung verantwortlich wären. Der Staat hat für sie eine Schutzpflicht; so, wie er Geiseln herauszuholen versucht, wenn sie von Terroristen gekidnapt worden sind.

Ich habe in dem Artikel darauf hingewiesen, daß dies eine ähnliche Überlegung ist, wie sie auch Herr in seinem Artikel angestellt hat: Für sich selbst darf man riskante Entscheidungen aus ethischer oder religiöser Überzeugung treffen, solange allein man selbst die Folgen zu tragen hat. Anderen kann man aber nicht zumuten, diese Folgen zu tragen.



Gero von Randow, der sich übrigens auch bestens in der Philosophie auskennt, ist ja nun kein Lautposauner. Er sagt nicht, was getan werden soll; er weist nur auf Gesichtspunkte hin. Das gefällt mir.

Es gefällt mir auch, wenn jemand eine Diskussion öffnet; wenn er Gesichtspunkte einbringt, die über das Tamtam auf der einen und der anderen Seite der Meinungsfront hinausgehen. Finden Sie nicht auch?

Herzlich, Zettel





Lieber Zettel,

der Beurteilung der Problematik liegen grundlegend unterschiedliche Perzeptionen der islamischen Ideologie zugrunde. Das macht einen Dialog so schwierig.
Ich habe 2011 angefangen, mich intensiver mit dem Wesen und der Geschichte der muslimischen Ideologie zu beschäftigen. Je mehr ich las...recherchierte...erfuhr, desto kritischer wurde meine Einschätzung. Ich wehrte mich lange gegen meine wachsende Einstellung, da sie meinem Anspruch religiöser Toleranz zu widersprechen schien und die Diskrepanz zwischen individueller Begegnung und Einschätzung einer Ideologie kaum überbrückbar ist. Es gab auch viele liebenswerte Nazifunktionäre, was der Ideologie nicht ihre Monstrosität nahm.
Nur war es für einen als Nazi sozialisierten Menschen viel einfacher, sich von dieser Ideologie zu distanzieren, als es für einen Muslim ist, der religiös erzogen wurde.

Der Islam ist im Wesen eine nach dieseitiger Macht und Dominanz strebende Ideologie, die Widerspruch als Provokation, "Pluralität" als zu überwindende Phase und Individualität als Frevel ansieht. "Friedliche" Koexistenz mit Nichtgläubigen ist nur in Form des Dhimmitums der Ungläubigen oder aber in Zeiten vorgesehen, in denen die muslimischen Gruppen aus taktischen Gründen ihre Dominanzansprüche hintanstellen.

Was zum Beispiel bei dem Israel-Palästinenser-Konflikt eine zentrale Rolle spielt, aber nie thematisiert wird, ist der religiös bedingte Umstand, dass es Muslimen nur gestattet ist, maximal zehnjährige Friedensabkommen mit Ungläubigen zu schließen...danach kann verlängert werden, solange, bis man mit den Ungläubigen keine Friedensabkommen mehr schließen muss (!). Eine friedliche Koexistenz ist schlichtweg Blasphemie...vor allem deshalb wurde Sadat ermordet.

Ich habe gegenüber einer solchen Ideologie kein Verständnis...genausowenig, wie ich gegenüber Neonazis, Altstalinisten oder Pädophilen Verständnis aufbringe.

Das Mißverständnis, dem Randow unterliegt, ist, dass es wirklich um eine verständliche Reaktion von Muslimen auf Zumutungen der Ungläubigen geht. Das ist aber grenzenlos naiv. Ich habe mal im ZEIT-Archiv Randows Artikel gescreent, er vertritt die Differenzierung in gemäßigten und "istischen" politischen Islam. Diese Differenzierung ist eine Schimäre. Das Dominanzstreben der muslimischen Ideologie beinhaltet genügend Verachtungs- und Hasspotential auf Ungläubige, um nicht auf "Verletzungen" angewiesen zu sein. Die Clique an der U-Bahnstation tritt ihr Opfer auch nicht deswegen zum Krüppel, weil es keine Zigarette spenden wollte. Da bahnt sich Anderes seinen Weg. 09/11 war vor den Irakkriegen...der politische Islam agiert und reagiert nicht. Der Westen reagiert. Und das auf eine für mich erschreckende Art und Weise.

Die nichtgläubigen Menschen in muslimischen Staaten sind von ganz im Sinne des Koran handelnden Muslimen gefährdet, weil sie ungläubig sind, nicht weil sie die Muslime irgendwie provoziert hätte. Ihre schlichte Existenz ist die Provokation.

Die größere Zahl der Opfer islamischen Terrors betrifft muslimische Menschen, die als nicht rechtgläubig angesehen werden. Tribalistischer Irrsinn. Eine archaische, gewaltgesättigte, menschenverachtende Ideologie.

Dass die Diskrepanz zwischen dem elitären Selbstverständnis der Muslime und der Erfahrung ihrer Zurückgebliebenheit in vielen Lebensbereichen zusätzlich Wut weckt, ist ein Sekundärphänomen. Sayyid Qutb radikalisierte sich, als er während seines Aufenthalts in den USA mit der Lebendigkeit und Freiheit konfrontiert wurde, die ihm seine Ideologie verbot. Er rationalisierte diese Liberalität als Dekadenz und schwor, sie zu bekämpfen, weil er sich von seiner Ideologie nicht distanzieren durfte. Eine typische psychologische Reaktion.

Für mich ist die Argumentation Randows so provozierend, weil es eben gerade nicht um einen Film geht. Der Film ist ein Tool des muslimischen Kampfs gegen die westlichen Werte...das Appeasement des politischen Islam ist genauso zum Scheitern verurteilt, wie das Hoffen auf einen "moderaten" Islam. Aber Randow phantasiert ja auch Mursi zum fast säkularen Hoffnungsträger für eine Transformation Ägyptens in eine offene Gesellschaft....

Die westlichen Kulturen sind widerstandsunfähig geworden, wie viele vor ihnen. Und sie werden das gleiche Schicksal erleiden. Leute wie Randow geben die intellektuellen Hofnarren ab, die zu diesem Prozess lustige Lieder pfeiffen. Aus dem Begriff "Gartenzwergvoltaire" spricht für mich die Selbstverachtung dessen, der es eigentlich besser weiss.

grenzenlosnaiv Offline



Beiträge: 88

27.09.2012 23:23
#13 RE: Enttäuscht? Schade! Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #11
Wenn Randows juristische Beurteilung richtig ist, dann geht es eben nicht nur um ein Grundrecht, sondern es geht um eine Güterabwägung, die der Staat auch im Hinblick auf seine Verpflichtungen gegenüber deutschen Bürgern im Ausland zu treffen hat.

Verstehe ich das also richtig, dass Deutsche im islamischen Ausland quasi Geiseln sind, die freiwillig unter ihren Geiselnehmern arbeiten und leben und der deutsche Staat nun den Forderungen der Geiselnehmer nachgeben soll? Soll man Terroristen wirklich nachgeben? Oder soll man nur gründlich abwägen und ist seiner Verpflichtung dann nachgekommen, wenn man den Terroristen und dem Rest der Welt gezeigt hat, dass man fast eingeknickt wäre (es also beim nächsten Mal doch etwas mehr Terror benötigt)?
Und davon abgesehen. Es geht den Leuten, die gut organisiert, gewaltätig demonstrieren und Anschläge verüben nicht darum, dass der Film nicht gezeigt wird. Es geht auch nicht um die Verunglimpfung ihres Propheten; es geht ganz allein darum, dass sie unsere Lebensweise zerstören wollen, dass sie den Islam auf der ganzen Welt als einzig wahre Religion und einzig wahres gültiges Gesetz von allen Menschen anerkannt und gelebt sehen wollen und sie werden nicht aufhören, bis sie das geschafft haben. Und solange werden Deutsche im Ausland in Gefahr sein. Sollen wir die Sache nun verkürzen und statt nach und nach alles aufzugeben, lieber gleich alle konvertieren? Was würde Randow tun?
Achja; ich persönlich würde bis zum letzten Tropfen Blut kämpfen. Aber vielleicht hab ich auch nur weniger zu verlieren als er.

ratloser ( gelöscht )
Beiträge:

27.09.2012 23:32
#14 RE: Enttäuscht? Schade! Antworten

Zitat von grenzenlosnaiv im Beitrag #13

Verstehe ich das also richtig, dass Deutsche im islamischen Ausland quasi Geiseln sind, die freiwillig unter ihren Geiselnehmern arbeiten und leben und der deutsche Staat nun den Forderungen der Geiselnehmer nachgeben soll?



Sie treffen es auf den Punkt.

C. Offline




Beiträge: 2.639

28.09.2012 00:00
#15 RE: Enttäuscht? Schade! Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #11
Wenn Randows juristische Beurteilung richtig ist, dann geht es eben nicht nur um ein Grundrecht, sondern es geht um eine Güterabwägung, die der Staat auch im Hinblick auf seine Verpflichtungen gegenüber deutschen Bürgern im Ausland zu treffen hat.


Dafür gibt es die Reisewarnung (z. B. "Jeder Aufenthalt in Libyen erfolgt auf eigene Verantwortung"). Die Sicherheit hat das besuchte Land zu gewähren. Wenn es das nicht kann, dann sollte man eben wegbleiben.

Zitat
Geht es nur um das Recht auf freie Meinungsäußerung und hat dieses absoluten Vorrang, dann könnte bei einem Verbot dieser Veranstaltung (die, soweit ich weiß, noch gar nicht konkret angesetzt ist) "Pro Deutschland" ja sein Recht einklagen. Wie entsprechende Klagen zB. der NPD bei Demonstrationsverboten u.ä. zeigen, entscheiden die Gerichte dann prompt und oft zugunsten der betreffenden Partei oder Vereinigung.



Das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Versammlungsfreiheit und auch die Kunstfreiheit sind in Deutschland ja nur im Rahmen bestimmter Gesetze gegeben. Wenn diese eingehalten werden, kann das Gericht gar nicht anders entscheiden, auch wenn Gewalttaten von Gegendemonstranten und sonstigen interessierten Gruppierungen zu befürchten wären.

Gero von Randow schreibt ja viele nette Sachen, aber ich kann nichts entdecken, was nicht bereits geregelt wäre. Deswegen auch der alberne Vorstoß zur Verschärfung der Blasphemiegesetze durch die CSU. Wenn es der Film nicht ist, dann sind es das nächste mal wieder die Kopftücher oder "nichts ist gut in Afghanistan", ein Gedicht eines drittklassigen Bänkelsängers vorgetragen im Hinterhof von Kleinniedesheim oder die Entführung aus dem Serail oder einfach mal so, weil Jerusalem noch immer nicht Hauptstadt des Kalifats ist. Wenn sich ein paar ältere Herrschaften einen Film in einer Lagerhalle ansehen wollen, ist das doch kein Grund irgendein Wort darüber zu verlieren. Der Film ist nicht spannender als der Erwerb einer Rheumadecke auf einer Kaffeefahrt.

Mich bewegt was völlig anderes, es wird in den nächsten Monaten gewaltig krachen, auch in Deutschland, und ich befürchte eine Berichterstattung bei der es die Sau graust in Kombination mit hilflos stammelnden unterwürfigen Politikern.

Der Riesling gehört zu Deutschland.

Solus Offline



Beiträge: 384

28.09.2012 03:03
#16 RE: Enttäuscht? Schade! Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #9
Randow macht - und diesen Aspekt hatte ich bisher nicht gesehen - darauf aufmerksam, daß das Zeigen dieses Films in Deutschland für Deutsche in islamischen Ländern eine persönliche Gefährdung bedeutet; Geschäftsleute, Techniker, vielleicht auch Touristen, die keineswegs für eine solche eventuelle Entscheidung verantwortlich wären. Der Staat hat für sie eine Schutzpflicht; so, wie er Geiseln herauszuholen versucht, wenn sie von Terroristen gekidnapt worden sind.


Sofern sie Deutsche sind, also die deutsche Staatsbürgerschaft innehaben, kann man im allgemeinen davon ausgehen, dass sie sich freiwillig dort aufhalten. Probleme bei der Einreise nach Deutschland dürfte es jedenfalls für einen deutschen Bürger im allgemein nicht geben. Da endet dann also die Verpflichtung damit, ihnen eine sichere Ausreise zu ermöglichen, sofern nötig - jedenfalls nach meinem Erachten, wie die rechtliche Lage aussieht, ist eine andere Frage. Die grundsätzliche Gefahr, die ein Aufenthalt in den entsprechenden Ländern bedeuten kann, ist schon mehr als lange genug bekannt.

Und so sehr ich es schätze, dass er wenigstens sauberer argumentiert, halte ich nichts davon, die Freiheit der Meinungsäußerung zur Disposition zu stellen. Wobei es mir allgemein schon sauer aufstößt, dass selbige in Deutschland nicht den gleichen Verfassungsrang genießt, wie in den USA. Und die Geschichte hier illustriert sehr deutlich, warum.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.09.2012 03:47
#17 RE: Enttäuscht? Schade! Antworten

Zitat von grenzenlosnaiv im Beitrag #13
Zitat von Zettel im Beitrag #11
Wenn Randows juristische Beurteilung richtig ist, dann geht es eben nicht nur um ein Grundrecht, sondern es geht um eine Güterabwägung, die der Staat auch im Hinblick auf seine Verpflichtungen gegenüber deutschen Bürgern im Ausland zu treffen hat.

Verstehe ich das also richtig, dass Deutsche im islamischen Ausland quasi Geiseln sind, die freiwillig unter ihren Geiselnehmern arbeiten und leben und der deutsche Staat nun den Forderungen der Geiselnehmer nachgeben soll?

Nein, lieber grenzenlosnaiv. Das schreibt Randow nicht, und ich würde es gewiß nicht befürworten. Er schreibt:

Zitat
Die Bedrohung ist real. Die Politik kann ihr nicht theoretisch antworten, sondern nur praktisch, und das bedeutet: indem sie sich durch die realen Widersprüche hindurch windet, Nachteile in Kauf nimmt, kurz, indem sie jeden konkreten Fall abwägt. (...) Das Problem kennen wir aus einer anderen Fallgruppe: Geiselnahmen. Soll der Staat zahlen oder nicht? Es kommt darauf an. Eine ästhetischere Antwort hat die Welt leider nicht zu bieten.


Das scheint mir eine rationale, eine diskussionswürdige Haltung zu sein. Sie entspricht ja auch der Praxis der Regierung fast aller demokratischer Rechtsstaaten.

Die Bundesregierung hat sich - je nach Lage - manchmal hart verhalten, wie im Fall Schleyer, wo ein Nachgeben nicht zu verantworten gewesen war. Sie hat in anderen Fällen - Geiseln in Indonesien, in Afrika, im Jemen - über Mittelsmänner verhandelt und die Geiseln freibekommen.

Randow plädiert für ein pragmatisches Verhalten. Unter bestimmen Umständen kann die Pragmatik auch bedeuten, daß eine eiserne Regel gilt. Israel hat sich lange Zeit geweigert, irgendeiner Erpressung nachzugeben. Aber auch Israel hat bekanntlich den Soldaten Gilad Shalit gegen 1,027 Gefangene ausgetauscht. Sie hatten zusammen 569 Israelis auf dem Gewissen; siehe hier.

Und, lieber grenzenlosnaiv, noch einmal: Vom sicheren Port läßt sich gemächlich raten. Sein Leben oder seine Gesundheit für ein Prinzip zu opfern - das kann man für sich selbst so entscheiden. Die Leute von "Pro Deutschland" gehen für sich dieses Risiko ein. Aber der Staat ist - ich möchte noch einmal an den exzellenten Artikel von Herr erinnern - kein Individuum, das sich allein gesinnungsethisch verhalten kann, wenn es sich dafür entscheidet. Er hat Verantwortung für seine Bürger und muß sich oft pragmatisch verhalten.

Und auch das noch einmal gesagt: Randow nennt ja kein Rezept. So ziemlich alle Einwände in diesem Thread hat er diskutiert. Er beschreibt ein Dilemma, statt im Brustton der Gewißheit ein Rezept zu verkünden:

Zitat
Jetzt aber der starke Einwand: Würde man die Aufführung wegen der damit verbundenen Gefahren verbieten, dann läge es in der Hand von Gewalttätern, die Grenzen der Freiheit zu definieren. (...) Lässt sich diesem Einwand überhaupt etwas entgegnen? Nicht viel, aber doch dies: Wir müssen unterscheiden zwischen dem, was sein soll, und dem, was ist.


Herzlich, Zettel

Solus Offline



Beiträge: 384

28.09.2012 06:14
#18 RE: Enttäuscht? Schade! Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #17
Wir müssen unterscheiden zwischen dem, was sein soll, und dem, was ist.

Die Argumentation greift nur, wenn man die Freiheit der Meinungsäußerung für veräußerlich hält. Das gilt gewiss für unser Grundgesetz und seine Argumentation mag von daher juristisch stichhaltig sein.
Nur kommt man nie zu dem, was sein soll, wenn man sich an das hält, was ist.

Aber folgen wir dem doch einmal weiter: Nehmen wir an, der Iran gelangt in den Besitz einer Atombombe und entsprechender Raketen, um damit Europa zu treffen. Und nehmen wir weiter an, es wäre die iranische Regierung, die sich gegen einen Film oder dergleichen empört. Nur dass die Drohung sich diesmal nicht gegen Deutsche in fernen Ländern richtet, sondern gegen Deutschland selbst. Und jetzt? Kopf einziehen? Oder sagen und wenn Deutschland zu Asche wird, wir geben nicht nach?

Das Problem an der Sache ist, dass sich hier die Frage stellt, was denn die Grundaufgabe des Staates ist. Für welchen oder welche Werte soll er am meisten einstehen? Das nackte Überleben? Freiheit? Gleichheit? Noch etwas anderes? Wenn es das erstere ist, dann ist die Überlegung natürlich naheliegend. Soll man das Leben von Bürgern aufs Spiel setzen? Darf man es? Das ist eine Abwägung. Wenn es Freiheit ist, dann stellt sich die Frage wiederum garnicht, gibt es nichts abzuwägen.

Nachtrag: Als ein paar Irre Flugzeuge in Hochhäuser gelenkt haben, hat das letztlich als Grund für einen Krieg gereicht. Und jetzt soll man plötzlich kuschen?
Das ist freilich überspitzt ausgedrückt (und gewiss, es waren nicht nur ein paar Irre), aber grundsätzlich gesehen - wo ist der Unterschied? Vom Krieg führen halte ich nun wenig, aber wenn man damals gesagt hat: Nein, wir geben nicht nach. Warum sollte man dann jetzt auf einmal nachgeben? Unsere Freiheit stand damals wie heute auf dem Spiel und auch die Gegner sind im Wesentlichen die gleichen geblieben. Soll man jetzt nachgeben, weil sie es geschafft haben, einen Vorwand für ihre Angriffe zu finden?

Erling Plaethe Offline




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28.09.2012 07:52
#19 RE: Enttäuscht? Schade! Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #9
Zitat von ratloser im Beitrag #7
Ach Herr Zettel, die empathische Besprechung des Traktats von Herrn von und zu Randow enttäuscht mich jetzt aber einwenig... ;-)


Lieber ratloser und liebe andere Zimmerleute, denen mein Artikel nicht gefällt,

ich freue mich immer, wenn ich eine unkonventionelle und intelligente Meinung lese. Man muß sie sich ja nicht unbedingt zu eigen machen. Ich freue mich besonders dann, wenn diese Meinung mich nachdenklich macht.

Die bisherige Diskussion zu diesem Thema wurde weitgehend von zwei Positionen beherrscht:

(A) Wir sollten Verständnis für die Gefühle von Moslems haben, nicht noch Öl ins Feuer gießen, als der Klügere nachgeben, "in vollem Bewusstsein eigener innerer Stärke und in Abwägung mit anderen schutzwürdigen Interessen der Rücksicht auf religiöse Gefühle Vorrang ... geben" (Ludwig Greven)

(B) Wir dürfen nicht zulassen, daß gewalttätige Fanatiker durch ihre Drohungen unsere Freiheit einschränken; gerade angesichts solcher Drohungen müssen wir Flagge zeigen und unsere westlichen Werte verteidigen.

Beides sind stark wertorientierte Positionen. Sie leiten das, was zu tun ist, aus sehr allgemeinen Maximen ab.

Gero von Randow geht - und das hat mir gefallen und mich nachdenklich gemacht - ganz anders an das Thema heran; nämlich pragmatisch. Er interessiert sich für die Folgen von Entscheidungen.

Nun muß jeder, der eine Entscheidung aufgrund seiner Werte trifft, auch die Folgen tragen. Er muß den Kopf dafür hinhalten. Aber seinen eigenen, und nicht den Kopf anderer. Vom sicheren Port läßt sich gemächlich raten, sagt der Ruodi im Tell.

Randow macht - und diesen Aspekt hatte ich bisher nicht gesehen - darauf aufmerksam, daß das Zeigen dieses Films in Deutschland für Deutsche in islamischen Ländern eine persönliche Gefährdung bedeutet; Geschäftsleute, Techniker, vielleicht auch Touristen, die keineswegs für eine solche eventuelle Entscheidung verantwortlich wären. Der Staat hat für sie eine Schutzpflicht; so, wie er Geiseln herauszuholen versucht, wenn sie von Terroristen gekidnapt worden sind.

Ich habe in dem Artikel darauf hingewiesen, daß dies eine ähnliche Überlegung ist, wie sie auch Herr in seinem Artikel angestellt hat: Für sich selbst darf man riskante Entscheidungen aus ethischer oder religiöser Überzeugung treffen, solange allein man selbst die Folgen zu tragen hat. Anderen kann man aber nicht zumuten, diese Folgen zu tragen.


Lieber Zettel, um deutlich zu machen worin meine Kritik, nicht an Ihrem Artikel (es ist für mich immer aufschlussreich mich argumentativ mit einer anderen Sicht zu beschäftigen) sondern an dem von Randow, besteht, greife ich zu dem Mittel der Überspitzung bei der Kritik an seinem Argument der Folgeabschätzung:

Wenn Deutsche in Deutschland durch einen äußeren Feind bedroht wären, Deutschland angegriffen werden würde, würde zur Landesverteidigung ebenfalls das Leben von der Schutzpflicht unterliegenden aufs Spiel gesetzt um die Souveränität und die Freiheit aller Bürger zu erhalten.
Die Folgen des Zeigens dieses Films werden in der Diskussion von Anfang an in den Mittelpunkt gestellt. Es geht immer um die Gewährleistung der inneren Sicherheit. Der Staat befürchtet bürgerkriegsähnliche Zustände durch den Ausbruch von massiver Gewalt durch Angehörige einer Religionsgruppe und deren bereits in Deutschland befindlichen Paramilitärs von Hisbollah und anderen terroristischen Gruppen.
Weicht der Staat gegenüber einer solch de facto kriegerischen Drohung, signalisiert er den Bürgern, dass er nicht im Stande oder Willens ist, ihre Freiheit zu schützen. Damit und nur damit, befeuert er was zu vermeiden bzw. zu bekämpfen ist. Der Staat muss Entschlossenheit und Stärke zeigen. Das will ein noch unsichtbarer Gegner testen. Eine Plakataktion ("Vermisst") wegen einer erhöhten Gefährdungslage abzusagen signalisiert Schwäche und Kapitulationsbereitschaft und ist genau das Signal welches auch Obama Richtung Iran aussandte. Mit den bekannten Folgen.

Viele Grüße, Erling Plaethe

ratloser ( gelöscht )
Beiträge:

28.09.2012 09:31
#20 RE: Enttäuscht? Schade! Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #17

Nein, lieber grenzenlosnaiv. Das schreibt Randow nicht, und ich würde es gewiß nicht befürworten. Er schreibt:

Zitat
Die Bedrohung ist real. Die Politik kann ihr nicht theoretisch antworten, sondern nur praktisch, und das bedeutet: indem sie sich durch die realen Widersprüche hindurch windet, Nachteile in Kauf nimmt, kurz, indem sie jeden konkreten Fall abwägt. (...) Das Problem kennen wir aus einer anderen Fallgruppe: Geiselnahmen. Soll der Staat zahlen oder nicht? Es kommt darauf an. Eine ästhetischere Antwort hat die Welt leider nicht zu bieten.



Herzlich, Zettel
[/quote]

Nochmals:Es geht nicht um eine "pragmatische" Reaktion auf eine akute Krisensituation, sondern um eine prinzipielle Haltung gegenüber dem dauerhaften und aggressiven Versuch, unsere Werte zu unterminieren. Genau das ist das Ziel des politischen Islam. Man kann ihn nicht befrieden, man kann nur Widerstand leisten (der um so weniger praktisch geleistet werden muß, je glaubhafter man zum Ausdruck bringt, seine Werte notfalls auch zu verteidigen) oder sich um der puren Existenz wegen unterwerfen.

Letztere Haltung, wie schön argumentativ juristisch/philosophisch verpackt auch immer, in Erwägung zu ziehen, halte ich für dekadent. Das Beispiel Israels erscheint mir darüber hinaus völlig deplaziert. Israel hat nicht seine freiheitlichen Prinzipien geopfert, um Geiseln, bzw. deren Leichen zurückzubekommen. Durch die Freilassung der Häftlinge wurde das staatliche Grundkonstrukt Israels nicht berührt.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.09.2012 10:18
#21 RE: Enttäuscht? Schade! Antworten

Zitat von ratloser im Beitrag #20
Nochmals:Es geht nicht um eine "pragmatische" Reaktion auf eine akute Krisensituation, sondern um eine prinzipielle Haltung gegenüber dem dauerhaften und aggressiven Versuch, unsere Werte zu unterminieren.

Das, lieber ratloser, ist ja eben die Frage. Könnte man nicht auch argumentieren: Dieses Extremisten bewegen sich argumentativ auf der Ebene des Grundsätzlichen, der Werte. Wir gehen ihnen auf den Leim, wenn wir das annehmen und für uns selbst übernehmen. Laßt uns doch das unterlaufen, laßt uns kleinere Brötchen backen.

Unsere Werte sind ohnehin überlegen, so wie unsere Kultur der islamischen heute weit überlegen ist, die vielleicht nicht im Mittelalter, aber vor etlichen Jahrhunderten hängengeblieben ist. Unsere Werte, unsere Lebensart werden weltweit übernommen; die Globalisierung ist ja auch eine gigantische Ausbreitung der westlichen Kultur.

Und das soll gefährdet sein, wenn ein obskures Grüppchen daran gehindert wird, einen miesen Film zu zeigen?

Ich will nicht sagen, lieber ratloser, daß ich mir diese Argumentation zu eigen mache; meine Überlegungen zu diesem Thema sind überhaupt noch nicht abgeschlossen. Aber mir scheint, daß so zu argumentieren nicht von vornherein abwegig ist.

Herzlich, Zettel

C. Offline




Beiträge: 2.639

28.09.2012 10:47
#22 RE: Enttäuscht? Schade! Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #17

Und auch das noch einmal gesagt: Randow nennt ja kein Rezept. So ziemlich alle Einwände in diesem Thread hat er diskutiert. Er beschreibt ein Dilemma, statt im Brustton der Gewißheit ein Rezept zu verkünden:

Zitat
Jetzt aber der starke Einwand: Würde man die Aufführung wegen der damit verbundenen Gefahren verbieten, dann läge es in der Hand von Gewalttätern, die Grenzen der Freiheit zu definieren. (...) Lässt sich diesem Einwand überhaupt etwas entgegnen? Nicht viel, aber doch dies: Wir müssen unterscheiden zwischen dem, was sein soll, und dem, was ist.




Das Dilemma des von Randow ist künstlich.

Zitat von Gero von Randow
Die extremistisch motivierte Gewalt ist eine Tatsache. Wir können sie nicht wegdenken. Die Bedrohung ist real. ... Zu den politischen Vorteilen, auch wenn er rechtlich unbedeutend wäre, zählte immerhin dieser: Ein Verbot wäre ein Signal, das zur Beruhigung beitragen würde.



Diesen Vorteil gibt es nicht in der realen Welt. Extremisten lassen sich nicht beruhigen, sondern sehen ein Verbot als Zeichen der Schwäche. Sie sind erst beruhigt, wenn sie ihre Ziele erreicht haben. Diese Ziele sind definiert, nicht nur nur von der World Islamic Front, sondern in hunderten von anderen Schriften.

Wir können seit Ende der neunziger Jahre verfolgen, wie diese Ziele Schritt für Schritt umgesetzt werden. Es gibt dabei keinen sicheren Hafen, für niemand und nirgends, noch nicht einmal für einen harmlosen Inneneinrichtungsblog*.

Weder Truppenabzug aus Afghanistan und dem Irak noch eine Schließung von Guantanamo wird zur Beruhigung
beitragen, was bedeutend gewichtigere Handlungen sind als jetzt eine Filmvorführung. Ein Verbot bedeutet lediglich, dass der Gefahr, die unabhängig von der Filmvorführung immer präsent ist, einen Schleier übergehängt wird, um sie nicht sichtbar werden zu lassen. Das ist Kosmetik, aber keine Beruhigung.

*

Zitat von 3xp1r3 Cyber Army
Islam means Peace. We, the Muslims want peace all over the world. But you don't want to be stay in peace. Don't think us weak. We are more more and more stronger than you that you cannot imagine. By creating this video you have just insulted our "Islam" and our beloved Prophet Muhammad(s.a.w.) and break the peace between you and us. Now we are in your cyber space to destroy it. We will hit you until you stop hitting us and want marcy for your did.

Der Riesling gehört zu Deutschland.

ratloser ( gelöscht )
Beiträge:

28.09.2012 10:51
#23 RE: Enttäuscht? Schade! Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #21
Zitat von ratloser im Beitrag #20
Nochmals:Es geht nicht um eine "pragmatische" Reaktion auf eine akute Krisensituation, sondern um eine prinzipielle Haltung gegenüber dem dauerhaften und aggressiven Versuch, unsere Werte zu unterminieren.

Das, lieber ratloser, ist ja eben die Frage. Könnte man nicht auch argumentieren: Dieses Extremisten bewegen sich argumentativ auf der Ebene des Grundsätzlichen, der Werte. Wir gehen ihnen auf den Leim, wenn wir das annehmen und für uns selbst übernehmen. Laßt uns doch das unterlaufen, laßt uns kleinere Brötchen backen.

Unsere Werte sind ohnehin überlegen, so wie unsere Kultur der islamischen heute weit überlegen ist, die vielleicht nicht im Mittelalter, aber vor etlichen Jahrhunderten hängengeblieben ist. Unsere Werte, unsere Lebensart werden weltweit übernommen; die Globalisierung ist ja auch eine gigantische Ausbreitung der westlichen Kultur.

Und das soll gefährdet sein, wenn ein obskures Grüppchen daran gehindert wird, einen miesen Film zu zeigen?

Ich will nicht sagen, lieber ratloser, daß ich mir diese Argumentation zu eigen mache; meine Überlegungen zu diesem Thema sind überhaupt noch nicht abgeschlossen. Aber mir scheint, daß so zu argumentieren nicht von vornherein abwegig ist.

Herzlich, Zettel




Lieber Zettel,

eine Schwierigkeit scheint mir zu sein, dass wir die Grundsätzlichkeit der Extremisten nicht einfach verweigern können. Der Verbot des Filmchens per se ist so irrelevant für unsere Freiheit wie das Filmchen für die Haltung der Extremisten gegenüber unserer Freiheit. Solche Dinge wie das Filmchen sind ein Tool. Sie werden bei Bedarf zu propagandistischen Zwecken benutzt, aber zum Teil wie bei den Mohammed-Karrikaturen auch bei Bedarf einfach fabriziert. Die islamische Welt ist voller paranoider Vorstellungen, die dazu dienen, das Feinbild der ungläubigen Welt emotional zu laden.
Wenn wir islamkritische Filme verbieten, islamkritische Karrikaturen unterdrücken, kommt das Nächste. Wie C. es auf den Punkt bringt:

Zitat
Extremisten lassen sich nicht beruhigen, sondern sehen ein Verbot als Zeichen der Schwäche. Sie sind erst beruhigt, wenn sie ihre Ziele erreicht haben.



Nur haben wir es nicht mit erratischen "Überreaktionen" eines Psychotikers zu tun, deren Trigger man durch therapeutic talk vermeiden, "unterlaufen" kann, sondern um eine bewusste Manipulation, die einem strategischen Ziel gilt.

Was mir Sorge macht, ist der konzertierte Versuch der Organisation islamischer Staaten, im Prinzip jede von Muslimen so empfundene "Kritik" unter weltweite Ächtung und strafrechtliche Sanktionierung zu stellen. Hillary kämpft als nützliche Idiotin an vorderster Front mit.

Sind unsere "Werte" überlegen? Nach Ansicht der Mehrheit der Muslime definitiv nicht. Ist unsere "Kultur" überlegen? Nach meiner Ansicht ist sie gegenüber dem Islam evolutionär tendenziell unterlegen, zumindest in der derzeitigen Fasson.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

28.09.2012 11:58
#24 RE: Enttäuscht? Schade! Antworten

Zitat von ratloser im Beitrag #23
Sind unsere "Werte" überlegen? Nach Ansicht der Mehrheit der Muslime definitiv nicht. Ist unsere "Kultur" überlegen? Nach meiner Ansicht ist sie gegenüber dem Islam evolutionär tendenziell unterlegen, zumindest in der derzeitigen Fasson.

Da stimme ich ratloser zu, und das scheint mir auch der springende Punkt zu sein. Aus diesem Grunde ist es auch ganz unrealistisch zu hoffen, daß in islamischen Ländern durch äußeren Druck oder inneren Umsturz auf magische Weise die Demokratie und offene Gesellschaft spontan entstehen könnte, die sich in Europa in einem speziellen kulturellen Umfeld zögerlich und fragil genug entwickelt hat.

Was sind denn die Alternativen aus Sicht eines (argumenthalber als prinzipiell aufgeschlossen angenommenen) Muslims? Auf der einen Seite die europäische Demokratie: Gesetzgebung durch wirres, prinzipienloses Gefeilsche im Parlament; was in der einen Legislaturperiode recht und billig war, wird in der nächsten abgeschafft; allgemeine Rechte werden dauernd neu erfunden oder umdefiniert; wenn es hart auf hart kommt, werden Gesetze schon einmal ohne die sonst so hoch gehaltenen Souveränitätsrechte des Volkes erlassen (wie in neuerer Zeit für die EU-Demokratie charakteristisch): ein menschengemachtes Chaos. Auf der anderen Seite steht die Gewißheit, zu der von Gott dazu auserwählten Art Menschen zu gehören, die sein ewiges Gesetz per Erzengel & Prophet erhalten haben mit dem Auftrag, es treulich anzuwenden und über die ganze Menschheit zu verbreiten: eine göttliche Ordnung.
Es ist doch klar, daß da die Wahl nicht schwer fällt.

Die einzige einigermaßen stabile Alternative zur Shariaherrschaft scheint in islamischen Ländern nach bisheriger Erfahrung die säkulare Militärdiktatur zu sein. Das in den letzten Jahren so beliebte Beseitigen derselben (auch noch mit Unterstützung oder gar auf Veranlassung der westlichen Länder, die es eigentlich besser wissen müßten!?) dient daher letztlich nur der weiteren Verbreitung des orthodox islamischen Rechts.

Unter dem pragmatischen Aspekt, den Zettel hier mehrfach betont hat, sind uns Ungläubigen natürlich gesittet dialogbereite Muslime lieber als empört marodierende. Worin besteht der Wert eines Dialogs mit jemandem, der den Dialog nur als vorübergehende Vorbereitung seines eigenen ewigen Monologs betrachtet? --- Man kann mit dem fortgesetzten Dialog den Anfang des Monologs möglichst lange hinauszögern, allerdings nur dann, wenn man durch Stärke deutlich macht, daß (for the time being) der Dialog weitergehen muß. Konzessionen, die das Gegenüber als Zeichen der Schwäche interpretiert, machen den baldigen Übergang zum Monolog nur wahrscheinlicher.

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.260

28.09.2012 13:46
#25 RE: Enttäuscht? Schade! Antworten

Zitat von ratloser im Beitrag #23

...
Sind unsere "Werte" überlegen? Nach Ansicht der Mehrheit der Muslime definitiv nicht. Ist unsere "Kultur" überlegen? Nach meiner Ansicht ist sie gegenüber dem Islam evolutionär tendenziell unterlegen, zumindest in der derzeitigen Fasson.


Das ist die ganze Tragödie. Die versammelte linke Salon-Schikeria glaubt fest daran, dass "unser" Gesellschaftssystem den anderen so sehr überlegen ist, dass alle anderen a) sich freudig diesem System anschließen und b) uns in Frieden leben lassen. Gleichzeitig ist es in linken Kreise ein Quasi-Religion, dass alle anderen Kulturen exakt gleichwertig oder sogar besser sind als die deutsche Kultur, einfach nur, weil sie anders sind. Dieser Doppeldenk (wir sind die besten - alle anderen sind besser) ist eine sichere Fahrkarte in den Abgrund.

Die Realität zeigt uns gerade, dass die mitteleuropäische Kultur geschichtlich betrachtet mit Lichtgeschwindigkeit vom Antlitz der Erde getilgt wird. Diese egozentrische, leistungsfeindliche, zukunftsängstliche, überemanzipierte bis ins Absurde, sozialistische Umerziehungskultur... wir bekommen keine Kinder, wir integrieren (bzw genauer assimilieren) keine Einwanderer, wir exportieren unsere Gedanken und Einstellungen nicht, wir gestalten weder ökonomisch noch kulturell oder philosophisch die Zukunft. Wir werden einfach still und leise abtreten. Hat es so etwas schon jemals gegeben?

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