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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 51 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

02.10.2012 17:08
#26 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Zitat von ratloser im Beitrag #18

Sie mögen Ihrem Gefühl mangelnder Sympathie für mich freien Ausdruck geben, alleine ändert das nichts an der dokumentierten Abnahme der sprachlichen und mathematischen Leistungsfähigkeit von Schulabgängern in den letzten dreißig Jahren.


Meine Sympathie Ihnen gegenüber ist auch nach "im Vergleich zu vor dreißig Jahren" im positiven Bereich. Man tut als Eltern ja was man kann; auch wenn der Lehrkörper noch so sehr von sich eingenommen ist.

Viele Grüße, Erling Plaethe

ratloser ( gelöscht )
Beiträge:

02.10.2012 17:26
#27 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #24
Zitat von ratloser im Beitrag #12
Die Sprache ist Ausdruck des Denkens. Je undifferenzierter die Gedanken, desto undifferenzierter die Sprache.

Und genau diese schon fast ideologisch zu nennende Überzeugung lässt - im Umkehrschluss angewendet - jeden Tag unzählige Bäume für postmodernes Geschwurbel von Absolventen irgendwelcher kultur- und geisteswissenschaftlicher Fakultäten sterben. Die heutige Sprache in Feuilleton, Universitäts- und Kulturbetrieb leidet ja nicht an mangelnder, sondern an übertriebener Differnzierung, und man redet sich darüber die Köpfe heiß, wie man noch genauer differenzieren kann. Das hat aber mit differenziertem Denken nichts zu tun, denn wenn die Maschine der Sprachkritik einmal läuft, läuft sie von allein, ohne dass man überhaupt noch nachdenken muss.

Gruß Petz




Sie machen aus Je undifferenzierter die Gedanken, desto undifferenzierter die Sprache ein je differenzierter die Sprache,desto differenzierter die Gedanken , kontrastieren das mit dem ubiquitären sinnentleerten Müll geisteswissenschaftlicher Sprachproduktion und folgern daraus, dass meine ursprüngliche Behauptung Je undifferenzierter die Gedanken, desto undifferenzierter die Sprache "ideologisch" und falsch sei.

Das hat jetzt mehr mit Rhetorik als mit Logik zu tun, oder? :-)

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

02.10.2012 17:42
#28 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Zitat von ratloser im Beitrag #27
Zitat von Meister Petz im Beitrag #24
Zitat von ratloser im Beitrag #12
Die Sprache ist Ausdruck des Denkens. Je undifferenzierter die Gedanken, desto undifferenzierter die Sprache.

Und genau diese schon fast ideologisch zu nennende Überzeugung lässt - im Umkehrschluss angewendet - jeden Tag unzählige Bäume für postmodernes Geschwurbel von Absolventen irgendwelcher kultur- und geisteswissenschaftlicher Fakultäten sterben. Die heutige Sprache in Feuilleton, Universitäts- und Kulturbetrieb leidet ja nicht an mangelnder, sondern an übertriebener Differnzierung, und man redet sich darüber die Köpfe heiß, wie man noch genauer differenzieren kann. Das hat aber mit differenziertem Denken nichts zu tun, denn wenn die Maschine der Sprachkritik einmal läuft, läuft sie von allein, ohne dass man überhaupt noch nachdenken muss.

Gruß Petz




Sie machen aus Je undifferenzierter die Gedanken, desto undifferenzierter die Sprache ein je differenzierter die Sprache,desto differenzierter die Gedanken , kontrastieren das mit dem ubiquitären sinnentleerten Müll geisteswissenschaftlicher Sprachproduktion und folgern daraus, dass meine ursprüngliche Behauptung Je undifferenzierter die Gedanken, desto undifferenzierter die Sprache "ideologisch" und falsch sei.

Das hat jetzt mehr mit Rhetorik als mit Logik zu tun, oder? :-)


Ich habe ja geschrieben "im Umkehrschluss".

Dass ich geschrieben habe, sie sei "falsch" hat aber jetzt mehr mit Phantasie als mit einer genauen Wiedergabe meines Beitrags zu tun, oder?

Und Sie werden ja nicht bestreiten, dass Differenzieren um des Differenzierns willen ideologische Züge trägt.

Gruß Petz

"The problem with quotes from the Internet is that it is difficult to determine whether or not they are genuine" - Abraham Lincoln

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

02.10.2012 18:23
#29 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Zitat von ratloser im Beitrag #18

Sie mögen Ihrem Gefühl mangelnder Sympathie für mich freien Ausdruck geben, alleine ändert das nichts an der dokumentierten Abnahme der sprachlichen und mathematischen Leistungsfähigkeit von Schulabgängern in den letzten dreißig Jahren.


Und es heißt: allein, das ändert nichts an ...
Was, wenn es denn so wäre, an einer mangelnden Leistungsfähigkeit der Schulabgänger hätte etwas ändern können, müssten diejenigen wissen, welche sie unterrichteten. Aber die beklagen sich in einer Art und Weise, welche jede angebrachte Selbstkritik vermissen lässt.
So ist das, wenn Bildung zum öffentlichen Gut erklärt wird.

Viele Grüße, Erling Plaethe

ratloser ( gelöscht )
Beiträge:

02.10.2012 19:01
#30 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #28


Ich habe ja geschrieben "im Umkehrschluss".

Dass ich geschrieben habe, sie sei "falsch" hat aber jetzt mehr mit Phantasie als mit einer genauen Wiedergabe meines Beitrags zu tun, oder?

Und Sie werden ja nicht bestreiten, dass Differenzieren um des Differenzierns willen ideologische Züge trägt.

Gruß Petz





Dann habe ich offensichtlich eine ganz falsche Suggestion in Ihre Ausführungen phantasiert! ;-)

Gruß ratloser

ratloser ( gelöscht )
Beiträge:

02.10.2012 19:10
#31 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #29
Zitat von ratloser im Beitrag #18

Sie mögen Ihrem Gefühl mangelnder Sympathie für mich freien Ausdruck geben, alleine ändert das nichts an der dokumentierten Abnahme der sprachlichen und mathematischen Leistungsfähigkeit von Schulabgängern in den letzten dreißig Jahren.


Und es heißt: allein, das ändert nichts an ...
Was, wenn es denn so wäre, an einer mangelnden Leistungsfähigkeit der Schulabgänger hätte etwas ändern können, müssten diejenigen wissen, welche sie unterrichteten. Aber die beklagen sich in einer Art und Weise, welche jede angebrachte Selbstkritik vermissen lässt.
So ist das, wenn Bildung zum öffentlichen Gut erklärt wird.



Spannender Punkt: Bildung als "öffentliches Gut" (ähnliches erleben wir ja jetzt auch wieder mit der Gesundheit). Das der utopistisch Grundrichtung des Neuen Menschen geschuldete Schuldesaster ist aber nur die eine Seite der Medaille. Der motivierteste, engagierteste Lehrer mit dem besten didaktischen Konzept kann ein bildungshemmendes familiäres Umfeld nicht in Gänze ausgleichen, glaube ich. Grundsätzlich ist es natürlich möglich, 70% aller Kinder zur Hochschulreife zu führen, man muss nur die Kriterien hierfür "anpassen". ;-)
Eine Gesellschaft, die Eliten per se als "ungerecht" erlebt und ihr Bildungssystem egalitär ausrichtet, produziert halt das, was sie produziert.
Wer soll sich schon mühen, wenn er ein Recht auf Bildung hat und nicht ein Recht darauf, sich zu bilden?

herzliche Grüße ratloser

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

02.10.2012 20:34
#32 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Zitat von ratloser im Beitrag #31
Der motivierteste, engagierteste Lehrer mit dem besten didaktischen Konzept kann ein bildungshemmendes familiäres Umfeld nicht in Gänze ausgleichen, glaube ich.

Das braucht er gar nicht, der Lehrer. Es wäre schon etwas gewonnen, würde er dem bildungshemmenden familiären Umfeld nicht zuarbeiten. Was aber wie von Ihnen angesprochen, durch ein fehlendes Leistungsprinzip der Fall ist.
Denn ehrgeizig und leistungsbereit, wie auch -fähig, können auch Schüler aus bildungsfernen Familien sein. Nur liegen deren Chancen oft eher im zweiten Bildungsweg, wenn mit zehn Jahren (4.Klasse) entschieden wird, ob das Kind studiert oder eine Lehre macht.
Es kann ja noch nicht abschätzen worum es geht, die Eltern wollen keinen kleinen Klugscheißer und die Lehrer sehen sich die Familientradition an.
Ein Ausbau von Privatschulen mit stärkerer Leistungsorientierung bei Lehrern wie bei Schülern kann m.E. die Chancen für eine frühere Entfaltung des Leistungsvermögens von Lehrern und Schülern deutlich erhöhen. Werden dann solche schwerwiegenden Entscheidungen erst mit zwölf oder vierzehn Jahren getroffen, erhöht das die Möglichkeiten für das Kind zu beweisen, dass es die Erwartungen durchaus übererfüllen kann.
Wird Bildung tatsächlich zum rein öffentlichen Gut werden die benötigten Qualifikationen in einer Informationsgesellschaft nicht bereitgestellt werden können. Frau Schavan meint auf einen freien Markt verzichten zu können, dabei fehlt er in der deutschen Bildung am sichtbarsten - neben der Gesundheitswirtschaft, wie Sie, lieber ratloser, m.E. richtig anmerkten.

Viele Grüße, Erling Plaethe

F.Alfonzo Offline



Beiträge: 2.004

02.10.2012 22:07
#33 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Zitat
Der Kollege sagte, sein Sohn schlafe meist bis zum frühen Nachmittag. Danach dusche er und setze sich an den Computer. Dort spiele er und chatte. Manchmal gehe er aus. Aber meistens sei er zu Hause. Er steht auf, er spielt, er isst, dann legt er sich wieder schlafen.



Hmm, wenn Sie die Worte "spiele" und "spielt" mit "arbeitete" und "arbeitet" austauschen (was bei interessanter Arbeit keinen qualitativen Unterschied darstellt), haben sie eine gute Beschreibung meines Jobs und meiner Person; keine Ahnung was daran schlecht sein soll... find ich besser als morgens um 6 Uhr das Auto von Schnee und Eis zu befreien, um dann eine Stunde im Stau zu stehen; das alles, um in irgendeinem Buero rumzusitzen mit Leuten die man nicht mag, IT die miserabel ist und dem miesgelaunten Chef (der sich ueber die Leute und die IT beschwert), um dann auf dem Heimweg nochmal die selbe Tortur anzutreten.
Einmal die Woche frueher, weil alle Supermaerkte geschlossen sind, wenn man nicht arbeitet.


P.S.: Der ueberzeugte Masochist schafft es in solch einer Woche auch noch, 3 mal seine Wohnung von Grund auf zu reinigen

Fonzo

F.Alfonzo Offline



Beiträge: 2.004

02.10.2012 22:24
#34 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

@ Florian:

Gebe Ihnen doppelt Recht : Bei dem Fussballer Beispiel... das kann aber auch daran liegen, dass mit jugendlichen Talenten heute anders umgegangen wird als vor 30 Jahren.
Vor 30 Jahren hatten viele nur die Wahl: Schule oder Fussball. Heute werden viele Fussballtalente von den Vereinen in exzellenten Internaten untergebracht (oder zumindest an gute Schulen vermittelt), um ihnen die Moeglichkeit zu geben, neben dem Training auch etwas anderes machen zu koennen, falls es mit dem Sport nicht klappt.

Bzgl. der zweiten Anekdote: Ich kann ihnen da nur recht geben (anekdotisch). Meine Hoffnung fuer die deutsche Jugend sind uebrigens die (in der Tat of unterschaetzten) Hauptschueler, die m.E. nicht duemmer sind als Abiturienten, sondern nur anders ausgebildet wurden, wodurch ihnen die linke Propaganda weitestgehenst erspart wurde. Und diese Leute werden als Handwerker mit ihren Steuern in Zukunft die arbeitslosen Germanisten und Soziologen finanzieren muessen... das gibt Anlass zur Hoffnung. :)
...ich komme selbst aus einem oberbayerischen Mistkaff, man kann die Hauptschueler dort nicht mit jenen in bspw. Muenchen vergleichen (wobei die Muenchener Hauptschueler im Bundesweiten Vergleich immer noch recht gut da stehen).

Gruesse,
Fonzo

F.Alfonzo Offline



Beiträge: 2.004

02.10.2012 22:41
#35 RE: Sprachentwicklung Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #9
Zitat von Herr im Beitrag #7
... mir ging sofort beim Lesen des Artikels meine Beobachtung der letzten Monate und Jahre durch den Kopf, dass nicht nur von Spielern, sondern immer mehr auch von Trainern und Reportern Spielanalysen nur noch im Präsens und Indikativ erfolgen. Nach dem Schema: "Wenn er den Freistoß direkt schießt, kann er ihn reinmachen."

Das ist mir auch aufgefallen. Nach meiner Erinnerung begann diese Unart ziemlich plötzlich; so, wie sich Redensarten oder Schlagwörter schnell ausbreiten. Es mag mit dem Verlust des Konjunktivs zusammenhängen; aber auslösend war, vermute ich, der Jargon der Sportreporter, die das Präsens verwenden, um "Lebendigkeit" zu erzeugen.


Fast richtig, meine Theorie ist, dass das (zuerst von Journalisten) mit zunehmender Kenntnis der englischen Sprache uebernommen wurde. Im englischen ist der Konjunktiv ziemlich nervtoetend und zungenbrecherisch, benutzt niemand, wenn's nicht wirklich darauf ankommt.

Nebenbei bemerkt ist die Aussage ja auch nicht falsch, weil sie nicht zwingend auf das vergangene Spiel bezogen ist...: "Wenn er den Freistoß direkt schießt, kann er ihn reinmachen." ist eher eine Fussballweisheit bzgl. guter Schuetzen als eine Spielbeschriebung (noch dazu schoen neutral, perfekter Spruch fuer einen Profi-Sportler, dem jedes Wort am naechsten Tag im Mund umgedreht wird*); geheort also zum Standardwortschatz eines Profi-Spielers...

Ich wuerde SO ETWAS nicht als Unart bezeichnen, die deutsche Sprache ist da halbwegs intakt. Wesentlich besorgniserregender sind da die Sprueche von Lothar Matthaeus, wie bspw "Das Chancenplus war ausgeglichen".

Sie sollten beruecksichtigen, dass es sich hier um junge Fussballspieler handelt, die 5 Minuten nach eine gewonnen oder verlorenen Match nach ihrer Meinung gefragt werden. Da ist es gut solche Floskeln parat zu haben, wenn man gerade einen Hass auf Mitspieler oder den Trainer schuert.

Florian Offline



Beiträge: 3.136

02.10.2012 23:20
#36 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

@ Herr:

Zitat
Zitat von Florian im Beitrag #4
--------------------------------------------------------------------------------
Man vergleiche einmal die Sprachfertigkeit junger Bundesligaspieler in Fernseh-Interviews heute und vor 30 Jahren.
Viele dieser sehr jungen Männer offenbaren heutzutage ein verblüffendes Talent zur intelligenten Analyse. Wirklich grobe Schnitzer erlebt man selten.
--------------------------------------------------------------------------------


Lieber Florian, das verblüfft mich jetzt. Nun sehe ich eher selten Sport- und Fußballsendungen. Aber mir ging sofort beim Lesen des Artikels meine Beobachtung der letzten Monate und Jahre durch den Kopf, dass nicht nur von Spielern, sondern immer mehr auch von Trainern und Reportern Spielanalysen nur noch im Präsens und Indikativ erfolgen. Nach dem Schema: "Wenn er den Freistoß direkt schießt, kann er ihn reinmachen." Gemeint ist aber: "Hätte er den Freistoß direkt geschossen, dann hätte er ihn 'reinmachen' können." – Wenn einer, der Deutsch als Fremdsprache spricht, so was sagt, ist es ok. Aber von einem Muttersprachler würde ich schon erwarten, dass Präteritum- und Konjunktivformen beherrscht werden.




Nehmen wir einmal pars pro toto dieses Interview mit Thomas Müller, 22 Jahre alt:
http://www.youtube.com/watch?v=JSMKkALgh-Y

Man darf nicht vergessen, dass das freie Rede ist. Ein paar kleine Ungenauigkeiten sind da m.E. völlig normal.
Aber soweit ich sehe, benutzt er selbst den Plusquamperfekt richtig (bei ca. 1:00).
Und der Wortschatz ist auch wesentlich größer als bei seinem Namensvetter Gerd "dann macht es bumm" Müller in den 70er Jahren.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.560

03.10.2012 02:54
#37 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Zitat Zettel
______
...das älteste soll ein Keilschrifttext aus Ur in Chaldäa sein, verfaßt um rund 2000 v. Chr., der auf Deutsch so lauten soll:

Unsere Jugend ist heruntergekommen und zuchtlos. Die jungen Leute hören nicht mehr auf ihre Eltern. Das Ende der Welt ist nahe.
______

Es ist zwar üblich, hier einen "Keilschrifttext" anzuführen (Spengler tut das, glaube ich, Brian Aldiss nachweislich) - allein, unter den gängigen Textkorpora findet sich dergleichen nicht. Dafür aber zuhauf in den altägyptischen "Klagen" - ein eigenes Genre, meist zeitlich nach dem Ende des Alten Reichs, also c.1900 v.Chr, angesiedelt. Ein Beispiel von vielen: Neferti prophezeit: "Es gibt ja keine zuverlässigen Beamten mehr...Re kann mit der Schöpfung neu beginnen, denn die Welt insgesamt ging zugrunde, kein Rest ist geblieben...Alles Glück ist dahin, die Welt ist ins Elend gestoßen ... Ich zeige dir den Sohn als Gegner, den Bruder als Feind, einen Mann, der seinen Vater tötet... Der Faule füllt sich, der Fleißige ist leer. Man vergilt nur mit Haß. Das Land ist verwüstet, aber seine Steuern sind hoch...Ich zeige dir das Unterste zuoberst, was auf dem Rücken war, hat jetzt den Bauch unten." (zit. n. Altägyptische Dichtung, hg. Erik Hornung, Stgt. 1996, 101ff.)
(Manche Ägyptologen vermuten allerdings dahingehend, daß es sich um Standardtexte für die Totenklagen handelt, auf die dann das Götterlob folgte, ohne Bezug auf konkrete Zeitumstände.)

Wenn Martenstein nicht gerade den alten Ägypter gibt, versucht er sich an einem praktikablen contrat social für das laufende Jahrhundert:
http://www.tagesspiegel.de/meinung/marte...ng/7198554.html

Zitat Martenstein
______
Vor einigen Jahren ist es mir passiert, dass ich auf dem Nachhauseweg von zwei jungen Männern, etwa achtzehn, angehalten wurde, nachts in Charlottenburg. Stuttgarter Platz, da wohnte ich halt. Sie haben nach Zigaretten gefragt, ich hatte nur noch eine. Dann haben sie mir abwechselnd links und rechts Ohrfeigen gegeben und dabei gelacht, ich glaube, es waren ungefähr acht Ohrfeigen. Die Brille ist dabei kaputtgegangen. Als ich um Hilfe geschrieen habe, sind sie weggegangen. Nicht schnell, sondern schön langsam, im Triumph. Natürlich bin ich nicht zur Polizei gegangen.[...] Ich entschuldige mich nochmals bei allen, die sich durch meine Schilderung verletzt fühlen könnten, und für die Ohrfeigen, die ich von diesen wunderbaren, sympathischen jungen Männern bekommen habe.
______

D.h.: "Man legt einen Hinterhalt gegen den Bürger, versperrt ist der Weg, und verwirrt hält er an; geraubt wird, was er bei sich hat, und er wird noch mit Schlägen 'beschenkt'..." (a.a.O., 92: "Die Mahnworte des Ipuwer"). Also doch altägyptisch.

ratloser ( gelöscht )
Beiträge:

03.10.2012 11:28
#38 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Eben zufällig gelesen:

http://de.nachrichten.yahoo.com/fotos/di...1349176660.html

Ich überlegte, was Deutschland von den ersten 10 Ländern im Ranking unterscheidet...

Mir fiel ein:
- ein aufgeblasenes Sozialsystem
- eklatant unterschiedliche Geburtenraten in bildungsnahen (wenig reproduktiv) und bildungsfernen (durch finanzielle Anreize hoch reproduktiv) Gesellschaftsgruppen
- nicht selektive Einwanderungspolitik
- weit überproportional hoher Anteil von muslimischen Schülern

weitere Vorschläge?

Llarian Offline



Beiträge: 6.920

03.10.2012 11:45
#39 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #22
Bedenken Sie aber, daß für Nicht-Gamer "Computerspiele" ausnahmslos synonym für "Egoshooter" steht.

Egoshooter ist ja noch vergleichsweise nett gedacht. Viel lieber wird ja heute gerne das Schlagwort "Killerspiel" verwendet.
Doch auch Egoshooter können durchaus sehr viel posivites für einen Spieler bewirken. Sie verbessern die Hand-Augen Koordination. Sie wirken sich aufs taktische Denken aus. Sie fördern den Teamgeist. Sie fördern die Geselligkeit. Egoshooter sind heute in der Zeit von Battlefield, Battlefront oder Call of Duty etwas gänzlich anderes als vor zehn Jahren als man noch Doom gespielt hat (und selbst das konnte man im Team spielen). Nur soviel Differenzierung sieht man weder in die Medien noch der heutigen Politik.

Und jetzt geh ich ein paar Pixel meucheln.....

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

03.10.2012 12:15
#40 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Guten Morgen,

wenn ich aus der Praxis widersprechen darf?

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #32
Denn ehrgeizig und leistungsbereit, wie auch -fähig, können auch Schüler aus bildungsfernen Familien sein. Nur liegen deren Chancen oft eher im zweiten Bildungsweg, wenn mit zehn Jahren (4.Klasse) entschieden wird, ob das Kind studiert oder eine Lehre macht.
Es kann ja noch nicht abschätzen worum es geht, die Eltern wollen keinen kleinen Klugscheißer und die Lehrer sehen sich die Familientradition an. [...] Werden dann solche schwerwiegenden Entscheidungen erst mit zwölf oder vierzehn Jahren getroffen, erhöht das die Möglichkeiten für das Kind zu beweisen, dass es die Erwartungen durchaus übererfüllen kann.


Es wird nicht mit zehn Jahren entschieden, "ob das Kind studiert oder eine Lehre macht" - und das auch noch in der folgenden Argumentation mit dem Leistungsprinzip verquickt. Das ist in mehrfacher Hinsicht falsch:

1. Ein Leistungsprinzip kann ich am ehesten hochhalten, wenn ich eine ansatzweise homogerne Lerngruppe habe. Hätte ich Schüler von Hauptschule bis Gymnasium in einem Raum - ich würde keinem gerecht. Schon am Gymnasium ist die Bandbreite so groß, dass ich hinreichend mit Binnendifferenzierung beschäftigt bin, um schwächere UND stärkere zu fördern. Also: Ein Lob auf das gegliederte Schulsystem ab Klasse 5.

2. Die Entscheidung kommt nur in Maßen von der Grundschule. Die Grundschule spricht eine Empfehlung für die weitergehende SChule aus, die aber nicht bindend ist. Der Elternwille zählt.

3. Die Entscheidung für eine weiterführende Schule nach Klasse 4 legt rein gar nichts fest. Am Ende der Erprobungsstufe (nach Kl. 6) wird erneut überprüft, ob die Schulform richtig ist und ob ein Kind ggf. auf eine andere Schulform verwiesen wird (und zwar nicht nur von "oben" nach "unten", sondern auch umgekehrt). Wir geben Kindern an die Realschule ab, erhalten aber auch ähnlich viele Kinder nach Kl. 6 von der Realschule.

4. Auch nach Kl. 6 kann im durchlässigen (!) gegliederten Schulsystem ein Kind wechseln. Auch noch in Kl. 8 und 9 kommen immer mal wieder Kinder von der Realschule - und nach Kl. 10 in die Oberstufe erst recht.

5. Nicht alle Abiturienten studieren. Ein nicht ganz kleiner Teil macht nach dem Abitur eine Lehre; selbst Lidl wirbt bei uns mit großen Plakaten mit Ausbildungsplätzen für Abiturienten. - Es sind übrigens gerade Abiturienten von der Gesamtschule, die dann doch weniger Vertrauen in ihre Studierfähigkeit haben und sich nicht mit den Gymnasiasten messen wollen an der Uni, sondern eine Lehre machen.

6. Rein zufällig führe ich Aufnahmegespräche an unserer Schule durch mit Eltern und ihren Viertklässlern. Für den Verlauf des Gesprächs, für meine Einschätzung, ob das Kind geeignet ist oder nicht, spielt der Beruf und Bildungsstand der Eltern genau gar keine Rolle. Mich interessiert das Kind, nicht, ob der Vater Busfahrer aus Bosnien ist oder Teilchenphysiker aus Russland. Wenn mich etwas am Hintergrund interessiert, dann, ob eine grundlegende Integrationsbereitschaft da ist - ob bei Migrationshintergrund in der 3. oder 4. Generation immer noch nur fehlerhaftes Deutsch gesprochen wird und ob die Bereitschaft besteht, die Tochter am Schwimmunterricht teilnehmen zu lassen.

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

03.10.2012 14:24
#41 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #39
Egoshooter sind heute in der Zeit von Battlefield, Battlefront oder Call of Duty etwas gänzlich anderes als vor zehn Jahren als man noch Doom gespielt hat (und selbst das konnte man im Team spielen).

Sie haben vor 10 Jahren noch Doom gespielt? Da gab es doch schon den ersten Teil der Battlefield-Reihe.
Call of Duty 1 kam vor 9 Jahren am Markt. (Und der einzige Teil der Reihe, den ich auch gespielt habe.)

Zitat
Egoshooter ist ja noch vergleichsweise nett gedacht. Viel lieber wird ja heute gerne das Schlagwort "Killerspiel" verwendet.


Zudem viele Killerspiele gar keine Egoshooter sind. Grand Theft Auto zum Beispiel. Das ist ein Killerspiel, da nicht nur Bad Boys sterben, sondern auch unschuldige Passanten zu Hunderten.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

03.10.2012 14:47
#42 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #39
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #22
Bedenken Sie aber, daß für Nicht-Gamer "Computerspiele" ausnahmslos synonym für "Egoshooter" steht.

Egoshooter ist ja noch vergleichsweise nett gedacht. Viel lieber wird ja heute gerne das Schlagwort "Killerspiel" verwendet.
Doch auch Egoshooter können durchaus sehr viel posivites für einen Spieler bewirken. Sie verbessern die Hand-Augen Koordination. Sie wirken sich aufs taktische Denken aus. Sie fördern den Teamgeist. Sie fördern die Geselligkeit. Egoshooter sind heute in der Zeit von Battlefield, Battlefront oder Call of Duty etwas gänzlich anderes als vor zehn Jahren als man noch Doom gespielt hat (und selbst das konnte man im Team spielen). Nur soviel Differenzierung sieht man weder in die Medien noch der heutigen Politik.

Und jetzt geh ich ein paar Pixel meucheln.....

Augen-Hand-Koordination, taktisches Denken... ist ja alles schön und gut. Für gewisse Aufgabenfelder (Flugzeugpilot, Elitesoldat u. ä.) mag das ja auch alles ganz nützlich sein; doch wird hierbei immer nur das nichtverbale Denken trainiert, auf Kosten des Sprachzentrums. Wer nicht glaubt, wie stark und unmittelbar dieser Effekt ist, kann ja einmal im Selbstversuch ausprobieren, nach 2 Stunden "Mine Sweeper" einen komplexeren, inhaltlich aussagekräftigen, grammatikatisch korrekten und stilistisch akzeptablen Satz zu bilden: geht schon nicht mehr so leicht, nicht wahr? Dann wundert man sich nicht mehr, daß ein perfekt Auge-Hand-koordinierter Teil der Jugend, der mit Computerspielen statt mit Büchern aufgewachsen ist, nachher in einer Seminararbeit nur noch Gestammel zu Papier bringt.

Llarian Offline



Beiträge: 6.920

03.10.2012 15:03
#43 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Zitat von xanopos im Beitrag #41
Sie haben vor 10 Jahren noch Doom gespielt? Da gab es doch schon den ersten Teil der Battlefield-Reihe.

Naja, vielleicht auch 15 Jahre. Und mit Battlefield 42 konnte ich irgendwie nix anfangen. Der Groschen was einen Taktikshooter ausmacht ist erst viel später gefallen (mit Battlefield 2).

Zitat
Zudem viele Killerspiele gar keine Egoshooter sind. Grand Theft Auto zum Beispiel. Das ist ein Killerspiel, da nicht nur Bad Boys sterben, sondern auch unschuldige Passanten zu Hunderten.


Hunderte ? Überbiete ich locker. Wenns um die Kategorie Menge geht, dann ist Nuclear War vermutlich das grösste Killerspiel aller Zeiten. Auch kein Egoshooter.

Llarian Offline



Beiträge: 6.920

03.10.2012 15:34
#44 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #42
Augen-Hand-Koordination, taktisches Denken... ist ja alles schön und gut. Für gewisse Aufgabenfelder (Flugzeugpilot, Elitesoldat u. ä.) mag das ja auch alles ganz nützlich sein; doch wird hierbei immer nur das nichtverbale Denken trainiert, auf Kosten des Sprachzentrums.

Es fragt sich, was wichtiger ist. Hand-Augen Koordination ist für nahezu jeden Menschen wichtig, der nicht ausschließlich im Büro arbeitet, was vermutlich immernoch die allermeisten Arbeitsplätze sein dürften. Auch das Arbeiten am Computer wird (naheliegend) verbessert. Taktisches Denken ist überall da nützlich wo Probleme nicht trivial zu lösen sind oder wo man im Wettbewerb zu Lösungen anderer steht. Wer, auf der anderen Seite, braucht dagegen ein perfektes Sprachzentrum ? Doch nur der, dessen Werkzeug auch die Sprache ist. Und das sind im Vergleich zu denjenigen, die mit ihren Händen arbeiten, nicht allzuviele. Sprache wird, nach meinem Dafürhalten, deutlich überschätzt. Es ist nützlich sich korrekt ausdrücken zu können, dennoch verbleibt die Sprache nur ein Werkzeug für den Gedanken dahinter. Kreativität, Phantasie, Logik, Intelligenz, all das sind Dinge, die sich nicht primär in Sprache ausdrücken. Sie korrelieren, so wie die Intelligenz eines Menschen auch mit seinen mathematischen Fähigkeiten korreliert. Aber Sprache ist nicht Ursache von Intelligenz oder Kompetenz.

Zitat
Wer nicht glaubt, wie stark und unmittelbar dieser Effekt ist, kann ja einmal im Selbstversuch ausprobieren, nach 2 Stunden "Mine Sweeper" einen komplexeren, inhaltlich aussagekräftigen, grammatikatisch korrekten und stilistisch akzeptablen Satz zu bilden: geht schon nicht mehr so leicht, nicht wahr?


Finde ich eigentlich nicht, zumal ich das eher für eine Frage der Konzentrationsfähigkeit halte. Aber nehmen wir an, es sei so: Man kann ebenso mal versuchen in einem anderen Selbstversuch zwei Stunden lang die grammatikalisch korrekten und stilistisch akzeptablen Sätze von Franz Kafka zu analysieren und danach mal versuchen eine Differentialgleichung zu lösen. Ich nehme an, dass der Erfolg auch deutlich bescheidener sein wird, als bei einem ausgeruhten Geist.

Ich für meinen Teil habe in meinen Zeit als Mitarbeiter einiges an sprachlich scheusslichen Arbeiten einsehen und bewerten dürfen. Aber was nützt es eine grammatikalisch hervorragende Arbeit ohne jeden Anflug eines Rechtschreibefehlers zu lesen, wenn inhaltlich nur Unsinn drin steht ? Mir sind Studenten lieber, die Begeisterung und Talent für ihr Fach mitbringen und holprig schreiben, als solche die die geschliffensten und perfektesten Sätze abliefern, die einem inhatlich die Schuhe ausziehen.

Verstehen Sie mich nicht falsch, ich liebe Bücher (ich habe Wände davon). Und ich halte es für durchaus nützlich mich korrekt ausdrücken zu können und Gedanken auch transportieren zu können. Ich denke nur, dass das eben nicht alles ist, und eben tatsächlich überschätzt wird. Und ganz doof gesprochen, denn wir reden ja nicht von den Studenten sondern von der Jugend von heute in ihrer Gesamtheit: Was ist Ihnen lieber ? Ein Elektriker, der Ihnen mit viel Fingerfertigkeit die Drähte richtig anklemmt oder einer, der ihnen eine sprachlich schöne Rechnung ausschreiben kann ?

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

03.10.2012 18:22
#45 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #44
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich liebe Bücher (ich habe Wände davon). Und ich halte es für durchaus nützlich mich korrekt ausdrücken zu können und Gedanken auch transportieren zu können. Ich denke nur, dass das eben nicht alles ist, und eben tatsächlich überschätzt wird. Und ganz doof gesprochen, denn wir reden ja nicht von den Studenten sondern von der Jugend von heute in ihrer Gesamtheit: Was ist Ihnen lieber ? Ein Elektriker, der Ihnen mit viel Fingerfertigkeit die Drähte richtig anklemmt oder einer, der ihnen eine sprachlich schöne Rechnung ausschreiben kann ?

Da haben Sie natürlich recht, mein Blick auf die Jugend ist etwas in Richtung Studenten verzerrt; und bei diesen spielt unabhängig vom Fachgebiet die sprachliche Ausdrucksfähigkeit eben eine besonders große Rolle. Besonders ärgerlich ist es dann, wenn sich orthographische, grammatikalische und stilistische Unkenntnis mit schwammiger Materie oder wackligen Kenntnissen verbindet.

Andererseits bemerke ich auch, daß das Computerzeitalter offenbar schon der Vergangenheit angehört. War es zu meiner Zeit für einen Studenten mathematisch-naturwissenschaftlicher Ausrichtung eine Selbstverständlichkeit, sich für das Innenleben der Computer zu interessieren und nebenher erworbene Programmierkenntnisse mitzubringen, ist heute meist Fehlanzeige --- da sitzen viele Studenten vor dem Apparat wie Scotty in Star Trek IV (wo er versucht, per Sprechen in die Maus Befehle zu erteilen).
Damals, in den 80ern, war es allerdings auch noch möglich, mit etwas Akribie ein ziemlich vollständiges Verständnis dafür zu entwickeln, was im Computer vor sich geht. Heute ist das viel zu kompliziert, und da muß man der nachwachsenden Generation wohl etwas desinteressierten Konsumerismus nachsehen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

03.10.2012 21:33
#46 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #45
Andererseits bemerke ich auch, daß das Computerzeitalter offenbar schon der Vergangenheit angehört. War es zu meiner Zeit für einen Studenten mathematisch-naturwissenschaftlicher Ausrichtung eine Selbstverständlichkeit, sich für das Innenleben der Computer zu interessieren und nebenher erworbene Programmierkenntnisse mitzubringen, ist heute meist Fehlanzeige --- da sitzen viele Studenten vor dem Apparat wie Scotty in Star Trek IV (wo er versucht, per Sprechen in die Maus Befehle zu erteilen).


Das ist ja ein generelles Phänomen, lieber Fluminist: Wenn eine Technik neu ist, dann sind ihre Benutzer anfangs auch meist noch technische Experten. Ein Beispiel sind die Radiobastler der zwanziger und dreißiger Jahre. Wer ungefähr zur gleichen Zeit den Führerschein machte, der mußte noch das technischen Innenleben eines Autos beherrschen. Mein Vater hat ungefähr 1935 den Führerschein gemacht. Damals gehörte es zum Prüfungsstoff, wie ein Viertaktmotor arbeitet usw.

Der erste Rechner, den wir an meiner damaligen Uni in unserem Institut hatten, war ein Zilog Z8000, wg. seiner 16-bit-Architektur damals etwas Besonderes und etlich 10.000 Mark teuer. Er stand in einem gekühlten Raum und wurde von einem promovierten Physiker Volllzeit betreut, unterstützt von zwei Hiwis, frühen Vertretern dessen, was man später Nerds nannte.

Sie verbrachten ihre Arbeitstage damit, an der Hardware ihres geliebten Zilog herumzubasteln und an der Software derart herzumzustricken, daß niemand auf der Welt außer diesen drei Menschen sie verstand. Sie waren also de facto unkündbar, solange es diesen Rechner gab.

Herzlich, Zettel

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

03.10.2012 21:54
#47 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Zitat von Gansguoter im Beitrag #40
Guten Morgen,

wenn ich aus der Praxis widersprechen darf?

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #32
Denn ehrgeizig und leistungsbereit, wie auch -fähig, können auch Schüler aus bildungsfernen Familien sein. Nur liegen deren Chancen oft eher im zweiten Bildungsweg, wenn mit zehn Jahren (4.Klasse) entschieden wird, ob das Kind studiert oder eine Lehre macht.
Es kann ja noch nicht abschätzen worum es geht, die Eltern wollen keinen kleinen Klugscheißer und die Lehrer sehen sich die Familientradition an. [...] Werden dann solche schwerwiegenden Entscheidungen erst mit zwölf oder vierzehn Jahren getroffen, erhöht das die Möglichkeiten für das Kind zu beweisen, dass es die Erwartungen durchaus übererfüllen kann.


Es wird nicht mit zehn Jahren entschieden, "ob das Kind studiert oder eine Lehre macht" - und das auch noch in der folgenden Argumentation mit dem Leistungsprinzip verquickt. Das ist in mehrfacher Hinsicht falsch:

1. Ein Leistungsprinzip kann ich am ehesten hochhalten, wenn ich eine ansatzweise homogerne Lerngruppe habe. Hätte ich Schüler von Hauptschule bis Gymnasium in einem Raum - ich würde keinem gerecht. Schon am Gymnasium ist die Bandbreite so groß, dass ich hinreichend mit Binnendifferenzierung beschäftigt bin, um schwächere UND stärkere zu fördern. Also: Ein Lob auf das gegliederte Schulsystem ab Klasse 5.

2. Die Entscheidung kommt nur in Maßen von der Grundschule. Die Grundschule spricht eine Empfehlung für die weitergehende SChule aus, die aber nicht bindend ist. Der Elternwille zählt.

3. Die Entscheidung für eine weiterführende Schule nach Klasse 4 legt rein gar nichts fest. Am Ende der Erprobungsstufe (nach Kl. 6) wird erneut überprüft, ob die Schulform richtig ist und ob ein Kind ggf. auf eine andere Schulform verwiesen wird (und zwar nicht nur von "oben" nach "unten", sondern auch umgekehrt). Wir geben Kindern an die Realschule ab, erhalten aber auch ähnlich viele Kinder nach Kl. 6 von der Realschule.

4. Auch nach Kl. 6 kann im durchlässigen (!) gegliederten Schulsystem ein Kind wechseln. Auch noch in Kl. 8 und 9 kommen immer mal wieder Kinder von der Realschule - und nach Kl. 10 in die Oberstufe erst recht.

5. Nicht alle Abiturienten studieren. Ein nicht ganz kleiner Teil macht nach dem Abitur eine Lehre; selbst Lidl wirbt bei uns mit großen Plakaten mit Ausbildungsplätzen für Abiturienten. - Es sind übrigens gerade Abiturienten von der Gesamtschule, die dann doch weniger Vertrauen in ihre Studierfähigkeit haben und sich nicht mit den Gymnasiasten messen wollen an der Uni, sondern eine Lehre machen.

6. Rein zufällig führe ich Aufnahmegespräche an unserer Schule durch mit Eltern und ihren Viertklässlern. Für den Verlauf des Gesprächs, für meine Einschätzung, ob das Kind geeignet ist oder nicht, spielt der Beruf und Bildungsstand der Eltern genau gar keine Rolle. Mich interessiert das Kind, nicht, ob der Vater Busfahrer aus Bosnien ist oder Teilchenphysiker aus Russland. Wenn mich etwas am Hintergrund interessiert, dann, ob eine grundlegende Integrationsbereitschaft da ist - ob bei Migrationshintergrund in der 3. oder 4. Generation immer noch nur fehlerhaftes Deutsch gesprochen wird und ob die Bereitschaft besteht, die Tochter am Schwimmunterricht teilnehmen zu lassen.

Vielen Dank. Diese, Ihre Sicht aus der Praxis ist zweifelsohne aufschlussreich.
Meine Frau und ich haben nach Ende der 6. Klasse in den Sommerferien gemeinsam mit unserer Tochter mehrere Gymnasien, welche sich auch ihren zukünftigen Gymnasiasten vorstellten, besucht. Ausgewählt, das letzte Wort, hatte unsere Tochter. Es war eine gute Entscheidung. Sie legte Wert auf einen naturwissenschaftlichen Schwerpunkt, hat sich die Labore angesehen und mit den Lehrern gesprochen. Auch das verstehe ich unter Leistungsorientiertheit, um die zukünftigen Schüler zu werben, sich vorzustellen. Das dringend notwendige Interesse zu wecken, falls es noch ruht.
Bildungseinrichtungen solltOrlando Furioso en m.E. Dienstleister sein, keine Erziehungsanstalten.
Das war in Berlin. Die bildungspolitischen Gegebenheiten in Süddeutschland waren mir bisher nicht vertraut, so dass ich dem Glauben schenkte, was mir Freunde und Bekannte von dort erzählten.
Ein durchlässig gegliedertes Schulsystem wie Sie es beschreiben, lieber Gansguoter, hat sicher seine Vorteile, vergleicht man es mit einem nahezu undurchlässigen.
Aber im Mittelpunkt stehen m.E. weder Eltern noch Lehrer sondern die Schüler. Und deshalb steht ihre Leistungsbereitschaft in einem engen Zusammenhang mit der sich entwickelnden Eigenverantwortung. Diese aber drückt sich in einem noch jungen Leben mehr und mehr im Treffen von Entscheidungen aus. Diese haben schlussendlich die höchste Akzeptanz, vor allem in schwierigen Phasen.
Und das Abitur ist die Hochschulreife und nicht die Reife für eine anspruchsvolle Lehre. Auch wenn es taxifahrende Hochschulabsolventen und Lehrlingsklassen mit Abiturientenmehrheiten gibt.

Viele Grüße, Erling Plaethe

F.Alfonzo Offline



Beiträge: 2.004

05.10.2012 23:55
#48 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Zitat
Sie haben vor 10 Jahren noch Doom gespielt? Da gab es doch schon den ersten Teil der Battlefield-Reihe.



Wie sieht's aus mit Doom3? Nicht das aktuellste Spiel (und auch nicht unbedingt das typische Shooter Konzept), aber in Punkto Horror-Effekten bis heute unuebertroffen: Licht aus, Kopfhoerer rein auf volle Leutstaerke, und dann ab in die blutverschmierten Katakomben :)

- Fonzo

F.Alfonzo Offline



Beiträge: 2.004

05.10.2012 23:59
#49 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Nebenbei bemerkt: Ich bin noch aus der C64-Zeit... und das Gameplay war damals wesentlich brutaler und haerter, wenn auch die Grafik ein Witz war.

Vogelfrei ( gelöscht )
Beiträge:

06.10.2012 03:03
#50 RE: Marginalie: Jaja, die Jugend von heute Antworten

Zitat von F.Alfonzo im Beitrag #49
Nebenbei bemerkt: Ich bin noch aus der C64-Zeit... und das Gameplay war damals wesentlich brutaler und haerter, wenn auch die Grafik ein Witz war.

Ohja, aufm Brotkasten gab es so Prachtstücke wie "RAF", "Diktator", "KZ-Manager" oder Death Wish - unglaublich, wie das die Gesellschaft aushalten konnte ohne komplett vor die Hunde zu gehen...

Grüße

~~~
Don't you know there ain't no devil? There's just God when he's drunk.

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