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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 39 Antworten
und wurde 3.629 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.10.2012 15:49
Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Ich bringe dieses Zitat des Tages, weil das Thema von immenser Wichtigkeit ist. Turley makes a case - als geübter Rechtsanwalt trägt er alles zusammen, was seine Position stützt.

Es scheint, daß er gar keine Grenzen der freien Meinungsäußerung gelten lassen will. Daß es sie geben muß, scheint mir aber trivial zu sein. Es muß sie aus meiner Sicht jedenfalls dort geben, wo jemand seine Meinungen anderen aufdrängen will, die sie nicht - jedenfalls nicht unter den gegebenen Umständen, an dem betreffenden Ort usw. - hören oder bildlich dargestellt sehen wollen.

Das Recht auf freie Meinungsäußerung erlaubt es aus meiner Sicht, Mohammed-Karikaturen zu veröffentlichen; aber es würde es nicht decken, diese zum Beispiel in einer Moschee aufzuhängen. Es erlaubt es, das Christentum zu schmähen, aber nicht in einer christlichen Kathedrale. Es sollte es erlauben, im Freundeskreis jedes Vorurteil gegen Juden, Homosexuelle, US-Republikaner oder wen auch immer zum Besten zu geben - aber nicht dies in beleidigender Absicht gegenüber den jeweiligen Personen zu äußern.

So ungefähr sehe ich das; wobei klar ist, daß im Einzelfall die Grenze nicht leicht zu ziehen ist. Ich bin gespannt auf die Meinungen hier im Forum.

Rainer Offline



Beiträge: 69

14.10.2012 17:37
#2 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Lieber Zettel,
das ist ein sehr wichtiges Thema, das Sie anschneiden. Ich habe jüngst zum Mohammed-Video einen Artikel verfasst, in dem ich die Ansicht vertrat, dass es keinen Einschnitt der Meinungsfreiheit geben dürfe. Die Reaktionen darauf überraschten mich, allerdings nicht im positiven Sinne: Sie deckten sich großteils in etwa mit dem Tenor des geschilderten Zitats.

"Das Recht auf freie Meinungsäußerung erlaubt es aus meiner Sicht, Mohammed-Karikaturen zu veröffentlichen; aber es würde es nicht decken, diese zum Beispiel in einer Moschee aufzuhängen. Es erlaubt es, das Christentum zu schmähen, aber nicht in einer christlichen Kathedrale."
Dem stimme ich zu, da es sich um Eingriffe in die Privatsphäre handelt. Interessanterweise wird dieser Aspekt bei den Debatten rund um Pussy Riot kaum erwähnt.

"So ungefähr sehe ich das; wobei klar ist, daß im Einzelfall die Grenze nicht leicht zu ziehen ist."
Das ist zweifellos richtig. Für mich ist die Grenze dort gezogen, wo eine unwahre oder verleumderische Behauptung aufgestellt wird, also eine bestimmte Person beispielsweise als pädophil bezeichnet wird, obwohl dies nicht der Wahrheit entspricht bzw. es keinerlei Beweise dafür gibt. Dies reicht aber natürlich ins Gebiet des Strafrechts hinein. Probleme habe ich mit abstrakten Begriffen wie "Volksverhetzung" oder "Islamophobie", deren schwammige Auslegungsweise wunderbar geeignet ist, die berühmte Schere im Kopf zuschnappen zu lassen.
Interessant finde ich auch Folgendes: Über Konservative, Christen, "Rechte" oder US-Republikaner darf man herziehen, wie es einem beliebt. Für überzeugte Linke ist es kein Widerspruch, sich selbst zu gestatten, was man anderen untersagt, da sie ja aus der Überzeugung heraus handelt, im Besitz höchster moralischer Integrität zu stehen.

http://pagewizz.com/autoren/rainerinnreiter/seiten/neueste/

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

14.10.2012 17:38
#3 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #1

Das Recht auf freie Meinungsäußerung erlaubt es aus meiner Sicht, Mohammed-Karikaturen zu veröffentlichen; aber es würde es nicht decken, diese zum Beispiel in einer Moschee aufzuhängen. Es erlaubt es, das Christentum zu schmähen, aber nicht in einer christlichen Kathedrale. Es sollte es erlauben, im Freundeskreis jedes Vorurteil gegen Juden, Homosexuelle, US-Republikaner oder wen auch immer zum Besten zu geben - aber nicht dies in beleidigender Absicht gegenüber den jeweiligen Personen zu äußern.

Soll man es verbieten, jemanden zu beleidigen? Ich halte eine Verletzung der körperlichen Unversehrtheit für schwerwiegender und eine Beleidigung für seinen Ersatz. So etwas sollte zwischenmenschlich ausgetragen werden - ohne körperliche Gewalt. Man sollte lernen, Beleidigungen wegstecken zu können. Kann man dies nicht, ist es m.E. ein Zeichen mangelnden Selbstwertgefühls und das muss derjenige dann entwickeln lernen.
Letztlich wird dabei nicht nur die Selbstbeherrschung trainiert, sondern auch die Bereitschaft andere zu beleidigen, gesenkt. Also führt eine solche Vorgehensweise entweder zur Entkräftung der Wirkung von Beleidigungen oder aber zu ihrer geringer werdenden Anwendung.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.10.2012 18:12
#4 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Zitat von Rainer im Beitrag #2
Ich habe jüngst zum Mohammed-Video einen Artikel verfasst, in dem ich die Ansicht vertrat, dass es keinen Einschnitt der Meinungsfreiheit geben dürfe.


Könnten Sie ihn vielleicht verlinken?

Thefoolonthehill ( gelöscht )
Beiträge:

14.10.2012 20:16
#5 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #4
Zitat von Rainer im Beitrag #2
Ich habe jüngst zum Mohammed-Video einen Artikel verfasst, in dem ich die Ansicht vertrat, dass es keinen Einschnitt der Meinungsfreiheit geben dürfe.

Könnten Sie ihn vielleicht verlinken?
Weil der Rainer gerade am Abendbrot-Tisch sitzt, erlaube ich mir den Link und eine kleine Zugabe zu diesem Zitat

Zitat von Westerwelle via Innreiter
Ich verstehe die Empörung in der islamischen Welt über dieses antiislamische Hassvideo. Ich verurteile dieses schändliche Video


Und noch mal der selbe

Zitat von Westerwelle in RP-Online 14.08.2012
Die Freiheit der Kunst ist ein unverzichtbares Freiheitsrecht. Das sollte ein starkes Land wie Russland aushalten. Ich verfolge den Prozess um die Punkband sehr aufmerksam und begrüße, dass sich weltweit Künstler mit den Mitgliedern der Band Pussy Riot solidarisieren.

Try to find the logic in that!

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.560

14.10.2012 20:27
#6 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Zitat von Thefoolonthehill im Beitrag #5
Try to find the logic in that!


Die russische Integrationskonferenz hat noch nicht öffentlich befürchtet, daß aufgebrachte Ex-Sowjetbürger innerhalb der Berliner Bannmeile Barrikaden bauen und Herrn W. & Frau M. in effigie in Flammen aufgehen lassen könnten, um sich gegen die soziale Kälte hierzulande zu wärmen.

Solus Offline



Beiträge: 384

14.10.2012 20:54
#7 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #1
Es scheint, daß er gar keine Grenzen der freien Meinungsäußerung gelten lassen will. Daß es sie geben muß, scheint mir aber trivial zu sein. Es muß sie aus meiner Sicht jedenfalls dort geben, wo jemand seine Meinungen anderen aufdrängen will, die sie nicht - jedenfalls nicht unter den gegebenen Umständen, an dem betreffenden Ort usw. - hören oder bildlich dargestellt sehen wollen.

Bei den von Ihnen angeführten Fällen handelt sich aber um nicht eine Einschränkung der freien Meinungsäußerung durch den Staat. Das ist der gewichtige, fundamentale Unterschied. Der Hausherr hat in den Fällen ja das Recht, zu verfügen, was auf seinem Grund und Boden gesagt werden darf. Oder er sollte es jedenfalls haben.

Das ist aber auch die einzige Einschränkung, die ich für tragbar halte. Mir stoßen sowohl Dinge wie das Verbot der Holocaustleugnung als auch allgemein des Ausrufes zum Hass gegen wen auch immer sehr sauer auf. Wenn jemand sagen will "alle X gehören an die nächste Wand gestellt", dann halte ich es für sein gutes Recht das zu äußern, auch wenn ich zu den betreffenden X gehöre. Und umgekehrt finde ich es unerträglich, mich nicht meinerseits frei in dieser Form äußern zu können. Allgemein, wohlgemerkt - die Einschränkung der Meinungsäußerung die Sie in Ihrem Forum verfügt haben, respektiere ich natürlich. Nur wenn der Staat diese Einschränkung grundsätzlich vornehmen will, kommt mir die Galle hoch.

Nachtrag: Das gewählte Beispiel dürfte wohl die äußere Grenze zwischen Meinungsäußerung und Straftat im Sinne einer direkten Beteiligung an einer Straftat sein und ist als solches bewusst ausgewählt. Alles weiter davon entfernte wie bspw. Beleidigungen, Tatsachenbehauptungen wider den wissenschaftlichen Stand der Dinge usw. usf. sind damit freilich inbegriffen.

Christoph Offline




Beiträge: 241

14.10.2012 23:04
#8 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Mir scheint es nicht so offensichtlich, dass die freie Meinungsäußerung in manchen Fällen eingeschränkt werden muss.
Eine Einschränkung rechtfertigt die nächste, oder fordert sie geradezu heraus: (warum darf ich den Völkermord in
Armenien leugnen, die stalinistische Diktatur verharmlosen, den Klimawandel, der uns alle bedroht, …). So wird
Loch um Loch in das Gebälk gebohrt, auf dem die Freiheit ruht, bis es irgendwann ganz zusammenbricht.

Zeitliche oder örtliche Beschränkungen (während eines Konzerts, einer Kinovorstellung, einer Messe), will ich
hier einmal außer Acht lassen. Solange ich den Anwesenden meine Meinung 5 min. später und 100 m weiter wieder mitteilen
darf, scheint mir meine Freiheit gewahrt. Es gehört ja auch zur Freiheit der Anderen, sich meinem Geschwätz entziehen
zu können – weitestgehend, oder, wie es im Fraport-Urteil des BVG heißt:
»Ein vom Elend der Welt unbeschwertes Gemüt des Bürgers ist kein Belang,
zu dessen Schutz der Staat Grundrechtspositionen einschränken darf«

Weiterhin scheint es mir gerechtfertigt, Geschäftsgeheimnisse oder die Privatsphäre zu schützen – so wie es zum
Beispiel verboten ist, heimlich angefertigte Videos aus öffentlichen Toiletten oder privaten Schlafzimmern
zu verbreiten.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.10.2012 23:36
#9 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Lieber Christoph,

Zitat von Christoph im Beitrag #8
Zeitliche oder örtliche Beschränkungen (während eines Konzerts, einer Kinovorstellung, einer Messe), will ich hier einmal außer Acht lassen. Solange ich den Anwesenden meine Meinung 5 min. später und 100 m weiter wieder mitteilen darf, scheint mir meine Freiheit gewahrt. Es gehört ja auch zur Freiheit der Anderen, sich meinem Geschwätz entziehen zu können – weitestgehend, oder, wie es im Fraport-Urteil des BVG heißt:
»Ein vom Elend der Welt unbeschwertes Gemüt des Bürgers ist kein Belang,
zu dessen Schutz der Staat Grundrechtspositionen einschränken darf«

Das deckt sich weitgehend mit meiner Meinung, lieber Christoph. Die Freiheit der Meinungsäußerung findet aus meiner Sicht dort ihre Grenze, wo sie mit der Freiheit des Anderen konfligiert (wobei es im Einzelfall, wie schon geschrieben, nicht einfach ist, die Grenze zu ziehen oder zu finden).

Pussy Riot hätten auch vor der Kathedrale ihren blasphemischen Gesang anstimmen können. Daß sie in diese eingedrungen sind, war zum Gebrauch ihrer Meinungsfreiheit nicht erforderlich. Umgekehrt wird kein Moslem, der das nicht will, gezwungen, sich Mohammed-Karikaturen anzusehen. Daß sie existieren, schränkt seine Freiheit nicht ein.



Ich weiß nicht, ob es im Hyde Park noch die Speaker's Corner gibt. Dort durfte jeder sich auf eine Kiste stellen und vortragen, was immer ihm auf dem Herzen lag. Aber eben nur dort, und nicht irgendwo im Hyde Park. Das schränkt die Freiheit nicht ein, seine Meinung zu sagen.

Zu den Grenzfällen gehört es, wenn beispielsweise als Auflage für eine Demonstration angeordnet würde, diese in einem Stadtteil zu veranstalten, in dem wenige Menschen sie zur Kenntnis zu nehmen. Jenseits der Grenze wäre es, wenn die Auflage lautete, über eine Landstraße fern jeder menschlichen Siedlung zu ziehen. Denn der Begriff der Meinungsäußerung schließt es ein, daß es Adressaten gibt. Die Freiheit, im eigenen Badezimmer gegen die Wände zu reden, ist keine Freiheit der Meinungsäußerung.

Zitat von Christoph im Beitrag #8
Weiterhin scheint es mir gerechtfertigt, Geschäftsgeheimnisse oder die Privatsphäre zu schützen – so wie es zum Beispiel verboten ist, heimlich angefertigte Videos aus öffentlichen Toiletten oder privaten Schlafzimmern.

Das berührt die oft sehr schwierige Frage, was eine Meinungsäußerung ist und was eine Tatsachenbehauptung. Dabei geht es zum einen darum, ob eine zutreffende Tatsache an die Öffentlichkeit getragen werden darf; zum andern um die Frage der Falschbehauptungen.

Heute bei Jauch konnte man das illustriert sehen: Wenn Kachelmann seine Ex als Falschbeschuldigerin bezeichnet - ist das eine Meinungsäußerung oder eine Tatsachenbehauptung?

(Zu deren nachweislich falschen Beschuldigungen und anderen interessanten Informationen siehe hier)

Herzlich, Zettel

PS: Willkommen im kleinen Zimmer!

Paul Offline




Beiträge: 1.285

15.10.2012 02:15
#10 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #9


Zu den Grenzfällen gehört es, wenn beispielsweise als Auflage für eine Demonstration angeordnet würde, diese in einem Stadtteil zu veranstalten, in dem wenige Menschen sie zur Kenntnis zu nehmen. Jenseits der Grenze wäre es, wenn die Auflage lautete, über eine Landstraße fern jeder menschlichen Siedlung zu ziehen. Denn der Begriff der Meinungsäußerung schließt es ein, daß es Adressaten gibt. Die Freiheit, im eigenen Badezimmer gegen die Wände zu reden, ist keine Freiheit der Meinungsäußerung.


Jenseits der Grenze ist es auch, wenn durch eine Gegendemonstration, eine genehmigte Demonstration verhindert werden soll.
Jenseits der Grenze ist es auch, wenn eine Veranstaltung, durch Zwischenrufe (Meinungsäußerungen) und/oder andere Aktionen so gestört wird, dass ihre Durchführung erschwert oder unmöglich gemacht wird.

Leider gehört diese Art der Grenzüberschreitung heute schon zum guten Ton. Sogar Bundestagsabgeordnete fordern dazu auf und beteiligen sich an vorderster Front daran.

Die Grenze der freien Meinungsäußerung wird erreicht, wenn sie die freie Meinungsäußerung eines anderen behindert oder verhindert.

Paul Offline




Beiträge: 1.285

15.10.2012 02:28
#11 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #1



Es fällt mir schwer, lieber Zettel, meine Meinung an dieser Stelle frei zu äußern, weil ich mit Ihrer Meinung völlig übereinstimme.
Warum fällt es mir schwer? Weil die Anderen denken könnten, ich will mich bei Ihnen "einkratzen".
Trotzdem mache ich von meinem Recht der freien Meinungsäußerung gebrauch.

, Paul

-------

Die Grenze der Toleranz ist erreicht, wenn sie die Intoleranz tolerieren soll!

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

15.10.2012 07:47
#12 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #9
Die Freiheit der Meinungsäußerung findet aus meiner Sicht dort ihre Grenze, wo sie mit der Freiheit des Anderen konfligiert (wobei es im Einzelfall, wie schon geschrieben, nicht einfach ist, die Grenze zu ziehen oder zu finden).

Nein, lieber Zettel, dort beginnt sie, m.E. Dort wird sie herausgefordert, dort muß sie sich bewähren. Dort, im Moment des Aufeinanderprallens von konträren Meinungen erhält die Meinungsfreiheit ihre gesellschaftliche Akzeptanz - oder sie verliert sie.
Jeder mag verdammen, was so alles gesagt wird, sollte sich aber um der Meinungsfreiheit willen dafür einsetzen, dass es gesagt werden darf. (frei nach Voltair, oder wem auch immer dieses Zitat zugesprochen wird)

Viele Grüße, Erling Plaethe

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

15.10.2012 09:16
#13 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #12
Zitat von Zettel im Beitrag #9
Die Freiheit der Meinungsäußerung findet aus meiner Sicht dort ihre Grenze, wo sie mit der Freiheit des Anderen konfligiert (wobei es im Einzelfall, wie schon geschrieben, nicht einfach ist, die Grenze zu ziehen oder zu finden).

Nein, lieber Zettel, dort beginnt sie, m.E. Dort wird sie herausgefordert, dort muß sie sich bewähren. Dort, im Moment des Aufeinanderprallens von konträren Meinungen erhält die Meinungsfreiheit ihre gesellschaftliche Akzeptanz - oder sie verliert sie.
Jeder mag verdammen, was so alles gesagt wird, sollte sich aber um der Meinungsfreiheit willen dafür einsetzen, dass es gesagt werden darf. (frei nach Voltair, oder wem auch immer dieses Zitat zugesprochen wird)


Ich bin nicht sicher, lieber Erling Plaethe, daß wir wirkliich verschiedener Meinung sind. Wir sind uns ja einig, daß jeder das Recht hat, seine Meinung zu sagen.

Dazu gehört natürlich auch das, was Sie das Aufeinanderprallen konträrer Meinungen nennen. Aber alles, was sich in einem sozialen Zusammenhang abspielt, braucht Regeln (wie zB auch dieses kleine Forum ). Auch dieses Aufeinanderprallen.

Ich habe inzwischen nachgesehen: Die Speaker's Corner gibt es noch; und offenbar sogar andere in anderen Parks. Aber auch dort ist profanity nicht erlaubt; wobei die Polizei aber großzügig ist.

Aber auch in GB mit seiner liberalen Tradition darf sich eben nicht jeder an jedem beliebigen Ort hinstellen und mit dem loslegen, was seine Meinung ist. Warum auch? Es geht darum, daß er seine Meinung sagen darf. Nicht, daß er sie ohne Rücksicht auf den sozialen Kontext dort sagen darf, wo er damit andere belästigt.

Eine andere Frage ist, ob die betreffenden Regularien stillschweigende gesellschaftliche Übereinkünfte sein können, oder ob sie in Gesetzesform gegossen werden müssen.

Herzlich, Zettel

Paul Offline




Beiträge: 1.285

15.10.2012 12:47
#14 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #13
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #12
Zitat von Zettel im Beitrag #9
Die Freiheit der Meinungsäußerung findet aus meiner Sicht dort ihre Grenze, wo sie mit der Freiheit des Anderen konfligiert (wobei es im Einzelfall, wie schon geschrieben, nicht einfach ist, die Grenze zu ziehen oder zu finden).

Nein, lieber Zettel, dort beginnt sie, m.E. Dort wird sie herausgefordert, dort muß sie sich bewähren. Dort, im Moment des Aufeinanderprallens von konträren Meinungen erhält die Meinungsfreiheit ihre gesellschaftliche Akzeptanz - oder sie verliert sie.
Jeder mag verdammen, was so alles gesagt wird, sollte sich aber um der Meinungsfreiheit willen dafür einsetzen, dass es gesagt werden darf. (frei nach Voltair, oder wem auch immer dieses Zitat zugesprochen wird)


Ich bin nicht sicher, lieber Erling Plaethe, daß wir wirkliich verschiedener Meinung sind. Wir sind uns ja einig, daß jeder das Recht hat, seine Meinung zu sagen.

Dazu gehört natürlich auch das, was Sie das Aufeinanderprallen konträrer Meinungen nennen. Aber alles, was sich in einem sozialen Zusammenhang abspielt, braucht Regeln (wie zB auch dieses kleine Forum ). Auch dieses Aufeinanderprallen.



Ich möchte mich einmischen.
Zunächst, ich gestehe meine Unwissenheit, musste ich erst einmal nachsehen, was "Konfligieren" heißt. (Habe ich noch nie gehört.)
Es bedeutet: "widerstreiten, in Widerspruch stehen" (http://www.wortbedeutung.info/konfligieren/)

Nun hat Zettel nicht geschrieben, "mit der Meinung eines Anderen..." sondern "mit der Freiheit eines Anderen konfligiert."
Wenn ich es richtig verstanden habe, sind wir in diesem Punkt einer Meinung?
Jedenfalls interpretiere ich das so, dass ich dem Anderen mit meiner Meinung, die Freiheit nehme, z.B. seine Meinung zu sagen.
Natürlich kann ich meine Meinung nicht immer und überall, d.h. in jeder beliebigen Situation frei sagen. Aber im Prinzip, grundsätzlich, habe ich die Freiheit zu sagen, was ich denke.

Man macht es nicht so gerne, aber ich mache es doch: Ich zitiere mich selber

Zitat von Paul im Beitrag #10

Die Grenze der freien Meinungsäußerung wird erreicht, wenn sie die freie Meinungsäußerung eines anderen behindert oder verhindert.


Unter Beachtung des vorher von uns geschriebenen, könnte das doch ein Kompromiß sein

Mit Hochachtung, Paul

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

15.10.2012 13:28
#15 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #1
Es erlaubt es, das Christentum zu schmähen, aber nicht in einer christlichen Kathedrale. Es sollte es erlauben, im Freundeskreis jedes Vorurteil gegen Juden, Homosexuelle, US-Republikaner oder wen auch immer zum Besten zu geben - aber nicht dies in beleidigender Absicht gegenüber den jeweiligen Personen zu äußern.


Da ist doch die Frage, welcher Art die Normen sind. Rechtlich sollte nichts dagegen einzuwenden sein, auch Beleidigungen zuzulassen. Das hat zwei Gründe:
* Die Grenze zwischen Beledigung und Meinungsäußerung ist viel schwerer zu ziehen als zwischen Meinung und Tatsache.
* Beleidigungen zeugen immer von einer verstärkten Ablehung und Aggression. Beleidigte Menschen sind deswegen gewarnt und können keine Opfer von Heimtücke mehr werden. Würde durch staatlichen Zwang jede Ablehung nur im Freundeskreis kundgetan und nicht öffentlich, würden viele Aggressionen zu latenten Bedrohungen werden.

Gedenkt man seine Ablehung gegen jemanden öffentlich zu äußern, der zur Friedensgefährdung neigt, dann gebietet es schon die individuelle Weisheit, nicht zu provozieren. Dann schon lieber Heimtücke.

ratloser ( gelöscht )
Beiträge:

15.10.2012 15:39
#16 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #15
Zitat von Zettel im Beitrag #1
Es erlaubt es, das Christentum zu schmähen, aber nicht in einer christlichen Kathedrale. Es sollte es erlauben, im Freundeskreis jedes Vorurteil gegen Juden, Homosexuelle, US-Republikaner oder wen auch immer zum Besten zu geben - aber nicht dies in beleidigender Absicht gegenüber den jeweiligen Personen zu äußern.


Da ist doch die Frage, welcher Art die Normen sind. Rechtlich sollte nichts dagegen einzuwenden sein, auch Beleidigungen zuzulassen. Das hat zwei Gründe:
* Die Grenze zwischen Beledigung und Meinungsäußerung ist viel schwerer zu ziehen als zwischen Meinung und Tatsache.
* Beleidigungen zeugen immer von einer verstärkten Ablehung und Aggression. Beleidigte Menschen sind deswegen gewarnt und können keine Opfer von Heimtücke mehr werden. Würde durch staatlichen Zwang jede Ablehung nur im Freundeskreis kundgetan und nicht öffentlich, würden viele Aggressionen zu latenten Bedrohungen werden.

Gedenkt man seine Ablehung gegen jemanden öffentlich zu äußern, der zur Friedensgefährdung neigt, dann gebietet es schon die individuelle Weisheit, nicht zu provozieren. Dann schon lieber Heimtücke.



Das Haupthilfsargument des Staates ist ja die "drohende Störung der öffentlichen Ordnung" durch ansonsten legale Meinungsäußerungen. Wenn in Duisburg ein propalästinensischer Mob durch die Straßen zieht, ist es dann schon mal vom Gesetz gedeckt, wenn die Polizei zwei Wohnungstüren eintritt (bei der ersten Wohnung hatten sich die aufgeregten Beamten vertan), um eine israelische Fahne aus einem Fenster zu entfernen, die vom Mob als provokativ empfunden wurde.

Andererseits ist es möglich, dass ein aus Muslimen und Linken bestehender Mob durch Berlin zieht und "Israel verrecke" schreit, ohne dass interveniert wird.

Der Grund ist, dass das Hängenlassen der Israelfahne genau wie das das Unterbinden der Hassgesänge zu einer "Störung der öffentlichen Ordnung" geführt hätte. Das ist ein bißchen wie in Weimar, wo außerstaatliche Gewalt die staatlichen Spielregeln außer Kraft setzte. Mit bekannten Folgen.

Die irrwitzige Reaktion der Bundesregierung auf das Videochen, in dem Mohamed "geschmäht" wurde, ist nur vor dem Hintergrund konkreter Gewaltandrohung orthodoxer Muslime zu verstehen. Von daher gesehen lebt jeder, der sich nicht organisiert und ein genügend hohes und glaubhaftes Gewaltpotential aufbaut, verkehrt.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

15.10.2012 17:29
#17 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #13

Dazu gehört natürlich auch das, was Sie das Aufeinanderprallen konträrer Meinungen nennen. Aber alles, was sich in einem sozialen Zusammenhang abspielt, braucht Regeln (wie zB auch dieses kleine Forum ). Auch dieses Aufeinanderprallen.

Also gut, konfligieren. Die Regeln für dieses kleine Forum stellen Sie, lieber Zettel, auf. Und diese müssen sich keinem Grundrecht unterordnen. Sie können jeden, wie ich aus meinem Haus, einfach rauswerfen wenn er frech wird, und so soll es auch sein.
Zitat von Zettel im Beitrag #13
Ich habe inzwischen nachgesehen: Die Speaker's Corner gibt es noch; und offenbar sogar andere in anderen Parks. Aber auch dort ist profanity nicht erlaubt; wobei die Polizei aber großzügig ist.

Aber auch in GB mit seiner liberalen Tradition darf sich eben nicht jeder an jedem beliebigen Ort hinstellen und mit dem loslegen, was seine Meinung ist. Warum auch? Es geht darum, daß er seine Meinung sagen darf. Nicht, daß er sie ohne Rücksicht auf den sozialen Kontext dort sagen darf, wo er damit andere belästigt.

Das betrifft den Ort, das Wo der Wahrnehmung der Meinungsfreiheit, aber nicht das Was. Nicht was gesagt werden kann und was durch die Meinungsfreiheit abgedeckt ist.
Eine Einschränkung des öffentlichen Raumes wiegt weniger schwer als eine Einschränkung dessen was gesagt werden darf. Den ersteres greift das Recht auf freie Meinungsäußerung im Kern gar nicht an, der zweite Fall aber sehr wohl.
Was die Belästigung anbetrifft bezweifle ich überhaupt den Anspruch sich belästigt fühlen zu dürfen, im öffentlichen Raum wo niemandes Hausrecht gilt. Genau dies sollte zwischenmenschlich geklärt werden. Es gibt genügend Gesetze welche die Möglichkeit einer Zivilklage eröffnen, dafür muss man kein Grundrecht einschränken.
Mir kommen immer wieder die Diskussionen hier in diesem Forum über das Antidiskriminierungsgesetz in den Sinn - damals wurde meines Wissens nach auch von Ihnen unterstützt, dass dieses Gesetz sich gegen die Meinungsfreiheit richtet.
Wenn es Ihnen, lieber Zettel, nur um den Ort geht, bin ich bei Ihnen. Es muss nicht an jeder Ecke agitiert werden können; mit Einschränkungen der Örtlichkeiten wird die Meinungsfreiheit nicht untergehen. Nur muss das dann auch für jeden gelten.
Zitat von Zettel im Beitrag #13
Eine andere Frage ist, ob die betreffenden Regularien stillschweigende gesellschaftliche Übereinkünfte sein können, oder ob sie in Gesetzesform gegossen werden müssen.
Ich dachte es geht auch darum?

Viele Grüße, Erling Plaethe

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

15.10.2012 17:42
#18 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Zitat von Paul im Beitrag #14

Ich möchte mich einmischen.
Zunächst, ich gestehe meine Unwissenheit, musste ich erst einmal nachsehen, was "Konfligieren" heißt. (Habe ich noch nie gehört.)
Es bedeutet: "widerstreiten, in Widerspruch stehen" (http://www.wortbedeutung.info/konfligieren/)

Nun hat Zettel nicht geschrieben, "mit der Meinung eines Anderen..." sondern "mit der Freiheit eines Anderen konfligiert."
Wenn ich es richtig verstanden habe, sind wir in diesem Punkt einer Meinung?

Es heißt auch:

Zitat von http://de.wiktionary.org/wiki/konfligieren
Herkunft:
von lateinisch cōnfligere „zusammenschlagen, zusammenstoßen“[1]; siehe auch Konflikt


Daraus hab ich Aufeinanderprallen gemacht, wie bei "Clash of Civilizations". Ich mag halt Anspielungen.

Zitat von Paul im Beitrag #14
Jedenfalls interpretiere ich das so, dass ich dem Anderen mit meiner Meinung, die Freiheit nehme, z.B. seine Meinung zu sagen.

Meine Antwort an Zettel war ein bisschen auch an Sie gerichtet; ich verstehe das nicht. Wie soll ich durch die bloße Äußerung meiner Meinung (ich meine nicht das Niederschreien einer anderen Meinung) jemandem die Freiheit nehmen, seine Meinung zu sagen?
Ich wäre Ihnen für ein Beispiel dankbar.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

15.10.2012 17:51
#19 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Zitat von ratloser im Beitrag #16

Die irrwitzige Reaktion der Bundesregierung auf das Videochen, in dem Mohamed "geschmäht" wurde, ist nur vor dem Hintergrund konkreter Gewaltandrohung orthodoxer Muslime zu verstehen. Von daher gesehen lebt jeder, der sich nicht organisiert und ein genügend hohes und glaubhaftes Gewaltpotential aufbaut, verkehrt.

Das ist die logische Konsequenz aus der Einschränkung der Meinungsfreiheit (hier das Verbot des Zeigens der Flagge Israels). Sie wird ersetzt durch die Macht des Stärkeren, des Skrupellosesten.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

15.10.2012 18:03
#20 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #9
Lieber Christoph,
Zitat von Christoph im Beitrag #8
Zeitliche oder örtliche Beschränkungen (während eines Konzerts, einer Kinovorstellung, einer Messe), will ich hier einmal außer Acht lassen. Solange ich den Anwesenden meine Meinung 5 min. später und 100 m weiter wieder mitteilen darf, scheint mir meine Freiheit gewahrt. Es gehört ja auch zur Freiheit der Anderen, sich meinem Geschwätz entziehen zu können – weitestgehend, oder, wie es im Fraport-Urteil des BVG heißt:
»Ein vom Elend der Welt unbeschwertes Gemüt des Bürgers ist kein Belang,
zu dessen Schutz der Staat Grundrechtspositionen einschränken darf«

Das deckt sich weitgehend mit meiner Meinung, lieber Christoph. Die Freiheit der Meinungsäußerung findet aus meiner Sicht dort ihre Grenze, wo sie mit der Freiheit des Anderen konfligiert (wobei es im Einzelfall, wie schon geschrieben, nicht einfach ist, die Grenze zu ziehen oder zu finden).

Pussy Riot hätten auch vor der Kathedrale ihren blasphemischen Gesang anstimmen können. Daß sie in diese eingedrungen sind, war zum Gebrauch ihrer Meinungsfreiheit nicht erforderlich. Umgekehrt wird kein Moslem, der das nicht will, gezwungen, sich Mohammed-Karikaturen anzusehen. Daß sie existieren, schränkt seine Freiheit nicht ein.



Ich weiß nicht, ob es im Hyde Park noch die Speaker's Corner gibt. Dort durfte jeder sich auf eine Kiste stellen und vortragen, was immer ihm auf dem Herzen lag. Aber eben nur dort, und nicht irgendwo im Hyde Park. Das schränkt die Freiheit nicht ein, seine Meinung zu sagen.

Zu den Grenzfällen gehört es, wenn beispielsweise als Auflage für eine Demonstration angeordnet würde, diese in einem Stadtteil zu veranstalten, in dem wenige Menschen sie zur Kenntnis zu nehmen. Jenseits der Grenze wäre es, wenn die Auflage lautete, über eine Landstraße fern jeder menschlichen Siedlung zu ziehen. Denn der Begriff der Meinungsäußerung schließt es ein, daß es Adressaten gibt. Die Freiheit, im eigenen Badezimmer gegen die Wände zu reden, ist keine Freiheit der Meinungsäußerung.

Zitat von Christoph im Beitrag #8
Weiterhin scheint es mir gerechtfertigt, Geschäftsgeheimnisse oder die Privatsphäre zu schützen – so wie es zum Beispiel verboten ist, heimlich angefertigte Videos aus öffentlichen Toiletten oder privaten Schlafzimmern.

Das berührt die oft sehr schwierige Frage, was eine Meinungsäußerung ist und was eine Tatsachenbehauptung. Dabei geht es zum einen darum, ob eine zutreffende Tatsache an die Öffentlichkeit getragen werden darf; zum andern um die Frage der Falschbehauptungen.

Heute bei Jauch konnte man das illustriert sehen: Wenn Kachelmann seine Ex als Falschbeschuldigerin bezeichnet - ist das eine Meinungsäußerung oder eine Tatsachenbehauptung?

(Zu deren nachweislich falschen Beschuldigungen und anderen interessanten Informationen siehe hier)

Herzlich, Zettel

PS: Willkommen im kleinen Zimmer!


In diesem Zusammenhang möchte ich nochmal auf meine Ausführungen zu diesem Thema verweisen, in denen ich mich an der Idee von "Schutzsphären für Grundrechtsausübung" orientiere. Mit jedem Grundrecht geht praktisch auch das Recht daher, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten Schutzsphären zur Ausübung dieses Grundrechtes aufzubauen (und in einem gewissen Maße muss dies auch jedem ermöglicht werden, so braucht zum Beispiel jeder Mittel für eine Unterkunft, in denen er auch nach seinem Gusto beten kann). Dies ist nicht unbedingt räumlich zu betrachten, es kann auch ein Blog sein, auf dem jemand seine Presse und Meinungsfreiheit ausüben kann, egal wer sich dadurch in seinen religiösen Gefühlen verletzt fühlt. Es kann aber räumlich zu betrachten sein, zum Beispiel in Form einer Kirche oder Moschee.

Natürlich darf auch dieses Konzept nicht missbraucht werden, um nun den ganzen Planeten zu einer Schutzzone für nur ein Grundrecht zu erklären, dem sich dann alles unter zu ordnen habe, am besten wohl gleich noch auch nur einseitig für einen Grundrechtsträger. Die ganze Welt als Schutzsphäre für die religiösen Gefühle einiger Islamfunktionäre wäre nicht durch dieses Konzept gedeckt, da dies den öffentlichen Raum komplett vereinnahmen und die privaten Sphären Dritter komplett verdrängen würde.

Zu beachten ist, dass ich dieses Recht auf private Rückzugsräume als Schutzsphäre für bestimmte Grundrechte nicht als ein für sich als Selbstzweck im Raum stehendes eigenes Grundrecht neben anderen Grundrechten betrachte, sondern vielmehr als Ausfluss anderer Grundrechte. Die Erlöser - Kathedrale ist nicht nur Eigentum der russisch-orthodoxen Kirche, es wurde folglich nicht nur ihr Hausrecht verletzt. Es ist gleichzeitig der Rückzugsraum, also die Schutzsphäre dieser juristischen Person zur Ausübung der Religionsfreiheit. Das Recht auf diese Schutzsphäre entspringt in diesem Falle der Religionsfreiheit. Ihr Eigentum an dem Ort hat es ihr lediglich ermöglicht diesen Ort in freiem Ermessen, ohne Rücksprache mit anderen, zu einem solchen Schutzraum durch ihr Handeln implizit zu erklären, in dem sie diesen Ort geweiht hat. Bei einem öffentlichen Ort im Eigentum der Allgemeinheit wäre dies nicht so einfach möglich. Hier müsste auch auf die Interessen anderer Rücksicht genommen werden und es käme lediglich eine zeitlich stark begrenzte Erklärung zum Schutzraum nach Absprache mit den Behörden in Betracht, zum Beispiel für eine Prozession. An einem andere Ort und/oder zu einer anderen Zeit müsste dann aber Menschen mit anderen Interessen ebenfalls ein Schutzraum in der Öffentlichkeit zeitlich befristete gewährt werden, zum Beispiel zum abhalten einer religionskritischen oder auch religionsfreindlichen Demonstration oder eine Punk-Konzertes, ohne das diese Veranstaltungen ohne Zustimmung der Veranstalter von Choralgesängen christlicher oder sonstiger Missionare gestört werden.

Der Vorteil und damit auch eine der wichtigen Funktionen des (auch für sich aus eigenem Recht und nicht nur aus anderen Rechten abgeleitet stehenden) Rechtes auf Eigentum für eine freie Gesellschaft liegt darin, diese regelmäßig ohne bei einer Behörde um Erlaubnis betteln zu müssen, spontan und nach eigenem Ermessen zu Schutzsphären für andere Grundrechte erklären zu können (in gewissen Regeln zu Gewährleistung der Schutzsphären anderer, weswegen ein Rockkonzert während der Nachtruhe in einer Privatwohnung, welches Nachbarn wegen mangelnder Schallisolierung stören könnte, dann natürlich nicht so spontan nach eigenem Ermessen durchgeführt werden darf).

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for
the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the
things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and
those which are not."
-Thomas Jefferson
Quelle: The Public Domain, p. 21, http://www.thepublicdomain.org/download/

C. Offline




Beiträge: 2.639

15.10.2012 21:21
#21 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #1

Eine andere Frage ist, ob die betreffenden Regularien stillschweigende gesellschaftliche Übereinkünfte sein können, oder ob sie in Gesetzesform gegossen werden müssen.



Für mich stellt sich die Frage ob es notwendig ist mit dieser Gesellschaft eine Übereinkunft zu treffen.

Zitat von telegraph
Barricades were erected in front of Google's headquarters and a crowd bearing placards with the words "We love our prophet more than our lives" and "Prophet Muhammad is the founder of freedom of speech" had amassed by lunchtime.

Der Riesling gehört zu Deutschland.

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

15.10.2012 21:58
#22 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Meinungsfreiheit ist ein absolutes Konzept. Und es einzuschränken bedeutet, dass es eben keine freie Meinung gibt. Der eine will die Einschränkung, die verbietet den anderen zu beleidigen. Der nächste will eine Einschränkung, die verbietet gegen Dritte zu hetzen. Und wieder ein anderer mag nicht, wenn jemand über seinen Propheten anders als in den höchsten Tönen spricht.
Die Unterschiede dazwischen sind allesamt eine Frage des persönlichen Standpunktes und Wertverständnisses. Dem einen ist sein (!) Glauben wichtig, so wichtig, dass er meint, darüber dürfte niemand etwas negatives dagen. Dem zweiten ist sein (!) Ehrbegriff wichtig, so wichtig, dass er meint, in dieser Ehre dürfe ihn keiner verletzten. Und der dritte ist der Meinung, wenn man eine Meinung in der Öffentlichkeit verbietet, dann existiere sie nicht mehr.

Ich sehe zwischen all dem keine so grossen Unterschiede. Und ich finde es widersprüchlich sich selber als Verfechter der Meinungsfreiheit zu definieren, gleichzeitig aber bestimmte Einschränkungen, die einem aus diesem oder jenem Grund richtig erscheinen, hinzunehmen. Wer freie Meinung wirklich ernst meint, muss damit auch den Nazi meinen der den Holocaut leugnet, er muss damit auch den Marxisten meinen der alle Kapitalisten aufhängen und erschiessen (am besten beides) will, er muss es hinnehmen wenn ein ungehobelter Taxifahrer im hessischen Landtag den Präsidenten eine Unflätigkeit an den Kopf wirft. Wer all das kann, der kann das für sich reklamieren. Wer das aber nicht kann, sollte nicht von freier Rede sprechen. Denn er meint am Ende nicht die Freiheit sondern nur die Freiheit, die er für sich in Anspruch nimmt.

Und das ist gar nicht so einfach. Denn wer freie Rede wirklich will, der muss auch damit rechnen das Leute verhetzt, beleidigt, gedemütigt, verletzt und in den Dreck gezogen werden. Es ist ein hoher Preis und wenn man sich ansieht was beispielsweise in Ruanda auch durch die lokalen Medien geschehen ist, dann kann der Preis höher sein, als man ihn je zahlen möchte. Nur wer den nicht zahlt, der hat auch keine freie Rede. Freie Rede oder nicht, einen Tod muss man sterben, aber es soll keiner sagen, es gäbe eine einfache Antwort darauf.

Paul Offline




Beiträge: 1.285

15.10.2012 22:00
#23 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #18

Zitat von Paul im Beitrag #14
Jedenfalls interpretiere ich das so, dass ich dem Anderen mit meiner Meinung, die Freiheit nehme, z.B. seine Meinung zu sagen.

Meine Antwort an Zettel war ein bisschen auch an Sie gerichtet; ich verstehe das nicht. Wie soll ich durch die bloße Äußerung meiner Meinung (ich meine nicht das Niederschreien einer anderen Meinung) jemandem die Freiheit nehmen, seine Meinung zu sagen?
Ich wäre Ihnen für ein Beispiel dankbar.



Das Niederschreien meine ich aber auch, weil es eine Form der Meinungsäußerung ist..

Aber ich meine auch, wenn ich mein Demonstrationsrecht - das ist auch eine Meinungsäußerung -, dazu benutze (missbrauche) eine andere Demonstration zu erschweren oder zu verhindern.

Noch ein Beispiel:
In der DDR ist es mir passiert, dass mir ein Vorgesetzter, der es nicht einmal schlecht mit mir meinte, mir riet, doch meine Meinung in Zukunft etwas zurückzuhalten, weil es mir sonst schaden könnte.("Sie werden sonst erleben, dass viel unfähigere Kollegen Sie überholen werden. Wollen Sie das?") Gerade dieses Beispiel, "die Schere im Kopf", ist auch heute noch an vielen Stellen zu bemerken.
Man sagt/schreibt dann schon mal etwas nicht, was man sonst gerne geäußert hätte.

Können Sie, lieber Erling Plaethe, mit diesen Beispielen etwas anfangen?

Freundlichst, Paul

Paul Offline




Beiträge: 1.285

15.10.2012 22:47
#24 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #22

Und das ist gar nicht so einfach. Denn wer freie Rede wirklich will, der muss auch damit rechnen das Leute verhetzt, beleidigt, gedemütigt, verletzt und in den Dreck gezogen werden. Es ist ein hoher Preis und wenn man sich ansieht was beispielsweise in Ruanda auch durch die lokalen Medien geschehen ist, dann kann der Preis höher sein, als man ihn je zahlen möchte. Nur wer den nicht zahlt, der hat auch keine freie Rede. Freie Rede oder nicht, einen Tod muss man sterben, aber es soll keiner sagen, es gäbe eine einfache Antwort darauf.


Dies hört sich alles sehr logisch an, lieber Llarian, hat aber m.E. den Nachteil, dass durch diese wahrhaft grenzenlose Freiheit die Freiheit des Anderen eingeschränkt wird.
Deswegen halte ich dies auch nicht für erstrebenswert. Kann es nicht sein, dass durch diese schrankenlose Freiheit jedes menschliche Zusammenleben gestört wird?
Ohne Gebote und Verbote kommen wir nicht aus. Es müssen jedoch so wenig wie möglich sein und sie müssen auch möglichst zurückhaltend sein. Das gilt nicht nur für die Meinungsfreiheit sondern für alle Freiheiten. Wenn das nicht so wäre, dann wäre jede Straftat durch das Recht auf Selbstverwirklichung gedeckt. Es gäbe dann keine Straftaten, weil alles erlaubt wäre.

Man müsste dann damit rechnen, dass Leute gequält, geschlagen, getötet werden würden. Das wäre dann kein "hoher Preis", sondern ein zu hoher Preis für die Freiheit.

Zitat von Llarian im Beitrag #22
Wer freie Meinung wirklich ernst meint, muss damit auch den Nazi meinen der den Holocaut leugnet, er muss damit auch den Marxisten meinen der alle Kapitalisten aufhängen und erschiessen (am besten beides) will, er muss es hinnehmen wenn ein ungehobelter Taxifahrer im hessischen Landtag den Präsidenten eine Unflätigkeit an den Kopf wirft.


Nein, muss er nicht, weil dieser Preis zu hoch ist. Das soziale Gefüge würde auseinanderbrechen.
Lügen zu verbreiten fällt sowieso nicht unter die Meinungsfreiheit.

Freundliche Grüße, Paul

vivendi Offline



Beiträge: 663

15.10.2012 22:58
#25 RE: Zitat des Tages: Freie Meinungsäußerung Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #22
Meinungsfreiheit ist ein absolutes Konzept. Und es einzuschränken bedeutet, dass es eben keine freie Meinung gibt. Der eine will die Einschränkung, die verbietet den anderen zu beleidigen. Der nächste will eine Einschränkung, die verbietet gegen Dritte zu hetzen. Und wieder ein anderer mag nicht, wenn jemand über seinen Propheten anders als in den höchsten Tönen spricht.

Wer all das kann, der kann das für sich reklamieren. Wer das aber nicht kann, sollte nicht von freier Rede sprechen. Denn er meint am Ende nicht die Freiheit sondern nur die Freiheit, die er für sich in Anspruch nimmt.


Ich kann mich dieser Meinung anschliessen. Meinungsfreiheit ist das Recht auf die eigene Meinung, die kann man nur einschränken, indem man das Denken (die Gedanken) verhindert.

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