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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 41 Antworten
und wurde 7.054 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

19.04.2013 02:05
#26 RE: Das Unzufriedenheits-Paradoxon Antworten

Zitat von Kritiker im Beitrag #19
In meiner Firma gibt es ein ausgefeiltes System von Feedback, sowohl vom Chef zum Mitarbeiter als auch umgekehrt.

Eines der wenigen Personalführungskonzepte, das ich uneingeschränkt gutheiße. Bei uns als zumindest einmal jährlich angesetztes Mitarbeitergespräch mit Leistungseinschätzung. Auch wenn dessen Vorbereitung immer eine Menge Arbeit mit sich bringt, doch ein Termin auf den ich ungern verzichten wollte.

Zitat
Meiner Meinung nach hat hier das Management die Zeichen der Zeit verpasst. Eine bewusste Wahrnehmung des Mitarbeiters und seiner Leistung (oder auch nicht-Leistung) gehört zum Thema Führen dazu. Das soll und darf kein blindes Lob sein, sondern es muss eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Mitarbeiter sein. Ohne das hat die Führungskraft schlicht und ergreifend seinen Job verfehlt. Dazu muss man sich Zeit nehmen, das erfordert Führungsqualitäten. Das kann normalerweise der Unternehmer der alten Schule gar nicht leisten.


Oha! Also ich würde den Unternehmern der alten Schule bestimmt nicht ihre Führungsqualitäten absprechen wollen. So ein sprichwörtlicher "Alter" hat mit Sicherheit Qualitäten, die niemandem in einem noch so teuren Führungskräfteseminar beigebracht werden können. Man sieht ja anscheinend, dass die Mitarbeiter, trotz aller Seminare und Führungsratgeber für ihre Chefs, nicht zufriedener werden. Irgendwas müssen die alten, autoritären Knochen doch richtig gemacht haben.

Zitat
Insofern ist die Studie durchaus korrekt. Sie zeigt, dass Führungskräfte heutzutage Fähigkeiten haben müssen, die sie zu oft noch nicht haben. Also muss man sie von ihnen einfordern.


Sie machen das jetzt pauschal an dieser Studie fest und an dem einen Beispiel Ihrer Frau, bei dem Sie zudem noch parteiisch sind und ich nicht weiß, ob sie auch die Gegenpartei dazu mal gehört haben. Naja.

Und wenn Sie sagen, dass Führungskräfte heutzutage Fähigkeiten haben müssen, dann frage ich mich was das heutzutage denn von früher unterscheidet. Menschen sind doch Menschen, heute wie damals. Und heute wie damals gibt es genauso Leute mit Führungsqualitäten, wie es Pappnasen auf dem falschen Stuhl gibt. Führungsqualitäten kann man m.E. nicht erlernen, die hat man oder man hat sie nicht. Man kann sie sicherlich noch verfeinern, aber im Prinzip ist das ein Charakter-Ding. Da sind eher nicht die nachgeordneten Führungscoaches gefragt, sondern zuvorderst das recruiting-Team, das den richtigen Kandidaten auswählen muss (sofern eine Auswahl vorhanden ist).

Und eins darf man bei der Sache nicht vergessen: Der Chef ist ja nur eine einzelne Figur, aber der kann mit den verschiedensten Konstellationen von Leuten konfrontiert werden. Bei einer richtig guten Truppe kann man eine unterschriftsberechtigte Topfpflanze installieren, aber bei einem verkorksten Haufen kann sich auch der beste Mann verschleißen (wobei ich davon ausgehe, dass sowohl Strombergs als auch Feldwebeltypen heute eher geringe Chancen auf Führungspositionen haben). Aber auch in den tausenden Variationen von "normalen Teams" muss noch jeder MA irgendwie anders angesprochen werden. Ich habe es ganz ganz selten erlebt, dass ein Chef nur völlig kritiklose Fans unter seinen MA hatte. Und selbst da hätten andere Leute beim selben Vorgesetzten schon wieder was zum meckern gefunden.

An diese "zu Führenden" musste ich denken, als ich den Grundtenor dieser Studie so aufgefasst hatte, dass die lieben Mitarbeiter nicht genug Anerkennung erfahren. Frage: Warum sind die sich eigentlich alle so sicher, dass sie sich auch eine Anerkennung verdient haben? Manchmal sind auch Mitarbeiter einfach nur ... schwierig.

Beste Grüße, Calimero

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Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel

Llarian Offline



Beiträge: 7.121

19.04.2013 02:54
#27 RE: Das Unzufriedenheits-Paradoxon Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #23
Aber was heißt das für das Thema Lob und Feedback? Stellen Sie sich mal einen Gefreiten vor, der von seinem Kompaniechef "mehr Feedback" verlangte, zumal in WK2. Oder ein Arbeitnehmer, der das von seinem Chef verlangte in den 50ern.

Da geht eine Kleinigkeit durcheinander, lieber Döding. Ich sage nicht das ein Mitarbeiter ein Lob fordern kann oder sollte. Ein guter Chef wird das nur von sich aus tun. Das ist ein himmelweiter Unterschied. Einen echten Anspruch hat man auf die wenigsten Dinge, d.h. nicht, dass ein guter Chef nicht dennoch Dinge vergeben wird, auf die kein Anspruch besteht. Es hat ja auch niemand einen Anspruch auf Beförderung oder Gehaltserhöhung. Umgekehrt hat aber auch niemand die Pflicht nicht woanders hinzugehen.

Zitat
Hier wäre doch wirklich mal ein Betätigungsfeld für die Genderfuzzies


Das haben sie ja längst gefunden: Jungen sollen sich auch nicht mehr schlagen. Ich sags ja, wir erziehen eine Generation von Weicheiern, sorry. D.h. das stimmt nicht ganz, in Neukölln sieht das ein bischen anders aus, da ist das Gendering noch nicht so ganz angekommen.

Llarian Offline



Beiträge: 7.121

19.04.2013 03:12
#28 RE: Das Unzufriedenheits-Paradoxon Antworten

Zitat von Kritiker im Beitrag #24
Das ist gelinde gesagt Quatsch.

Die passende Antwort auf Vokabeln wie Quatsch gehören nicht in dieses Forum, denn der Gastgeber hat dafür Regeln festgelegt, die ich für meinen Teil zu respektieren beabsichtige. Davon abgesehen, dass mich Argumente deutlich mehr interessieren als Bewertungen (mal ehrlich, was juckt mich ihre Bewertung als Quatsch ?), so trägt das auch wenig nützliches bei.

Zitat
Der Begriff der Führung hat sich verändert.


Leider. Und nicht überall zum besseren.

Zitat
Führung als Befehl und blinder Gehorsam - ja, das ist in einer Geschäftswelt, in der hohe Qualifikation, Einsatzbereitschaft und Eigenständigkeit eine Hauptrolle spielt, negativ und zwar zu Recht.


Ist es der Diskussion zuträglich erst einen Popanz zu konstruieren, um den dann zu widerlegen ? Wo ist die Rede von blindem Gehorsam oder habe ich das übersehen ?

Mal ab von einem Straßenfeger, wer ist denn bitte in der Lage seinen Job zu machen ohne qualifiziert zu sein, einsatzbereit zu sein oder eigenständig arbeiten zu können ? Das sind Eigenschaften die nahezu jeder mitbringen sollte, egal ob er führt oder nicht. Mag sein, dass von Führungspersonen ein bischen mehr Einsatzbereitschaft erwartet wird, aber das macht die Führungsqualität nicht aus. Die Fähigkeit Entscheidungen zu treffen, Verantwortung zu übernehmen, Arbeit an die richtigen Personen zu deligieren, sich klar auszudrücken, Ziele vorzugeben und Mitarbeiter einzuschätzen, das sind Eigenschaften von Führungspersonen. Und das ist etwas was sowohl selten ist als auch zunehmend verloren geht.
Und zuguterletzt: Ob man das Dienstanweidung, Anleitung oder Befehl nennt ist ein Streit um Worte, das Wesen ist das selbe. Wenn ein Chef ein Ziel vorgibt, dann hat der Mitarbeiter das zu tun. Es ist nicht Aufgabe des Mitarbeiters den Chef in Frage zu stellen. Deswegen nennt sich das Führung. Ein guter Chef wird sich für die Meinung seiner Mitarbeiter interessieren. Aber wenn er eine Entscheidung getroffen hat, dann sollte darüber nicht mehr diskutiert werden. Denn das wäre ziemlich schlechte Führung.

Zitat
Aber echte Führung im modernen Sinn ist nötig wie eh und je und wird auch positiv angesehen.


So lange nicht definiert ist was eine "echte Führung im modernen Sinn" ist, verbleibt das als Worthülse. Und ich glaube durchaus, dass das positiv angesehen wird, es kann sich ja jeder was eigenes drunter vorstellen.

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

19.04.2013 08:24
#29 RE: Das Unzufriedenheits-Paradoxon Antworten

Zitat
Das ist gelinde gesagt Quatsch.
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Die passende Antwort auf Vokabeln wie Quatsch gehören nicht in dieses Forum, denn der Gastgeber hat dafür Regeln festgelegt, die ich für meinen Teil zu respektieren beabsichtige. Davon abgesehen, dass mich Argumente deutlich mehr interessieren als Bewertungen (mal ehrlich, was juckt mich ihre Bewertung als Quatsch ?), so trägt das auch wenig nützliches bei.



In der Tat. Auch ich sehe die Bezeichnung "Quatsch" für hier gepostete Beiträge als unpassend. Argumentative Auseinandersetzung, gerne auch mit harten Bandagen, ja. Abwertung von Meinungen oder Argumenten nein, auch wenn es sonst ein gängiges rhetorisches Stilmittel ist.

Mal abgesehen davon, daß der Begriff nur einen halben Schritt von "Quatschkopf" entfernt ist, der hier wohl zum baldigen Ausschluß aus dem Forum führte.

In diesem Sinne: lassen Sie uns bitte die ausgesuchte Höflichkeit in diesem Forum weiter pflegen. Sie ist, neben der Sachlichkeit, der Markenkern von Zettels kleinem Zimmer. Beides kann natürlich nicht immer perfekt durchgehalten werden, aber es ist der Mühe wert, es zu versuchen.

Herzliche Grüße,
Andreas Döding (Moderator)

Martin Offline



Beiträge: 4.129

19.04.2013 08:56
#30 RE: Das Unzufriedenheits-Paradoxon Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #17
Je größer die erlebte Diskrepanz, desto größer die Unzufriedenheit. Nun habe ich in meinem Artikel versucht zu zeigen, daß sich der Ist-Zustand, zumindest entlang relativ "harter" Kriterien, in den vergangenen Jahrzehnten permanent verbessert hat und weiter verbessert. Um im Ergebnis unzufrieden sein zu können, muß also der Soll-Zustand (=die Erwartungen) auf seiten der Arbeitnehmer noch viel stärker gestiegen sein, um in Unzufriedenheit, und zumal in einer solch ausgeprägten, resultieren zu können. Persönlich (und hier unter uns ) frage ich mich schon: was zum Geier wollen die Menschen eigentlich?


Lieber Doeding,

zum Thema Zufriedenheit ist mein Kenntnisstand aus intensiven Führungsseminaren (Trainer war Psychologe) vor über 20 Jahren ist bei Herzberg und Maslow ( http://de.wikipedia.org/wiki/Zwei-Faktoren-Theorie_(Herzberg)) stehen geblieben. Auch wenn das nicht mehr ganz Stand der Technik sein sollte, ist das für Erklärungsmodelle im Rahmen einer Forumsdiskussion wie hier eine ganz gute Grundlage.

Zum Thema Anerkennung gab es damals schon im Zusammenhang mit 'Incentives' die Erkenntnis, dass diese dazu neigen, ihre Wirkung zu verlieren. Sie werden entweder als Anspruch einverleibt, oder andere ziehen nach, und der differenzierende Faktor fehlt. Das ist wie mit dem Urlaubs- und Weihnachtsgeld: Was mal als Sonderzahlung begann, ist heute schon als 13. Gehalt Standard. Mir gefällt deshalb die Maslow-Pyramide ganz gut. Die Gesellschaft wandert nach oben zur Spitze. Da wird nicht nur die Luft dünn (woher noch eine Belohnung nehmen?), sondern geht auch u.U. der Bezug (zum Unten) verloren.

Man kann damit auch nationale Besonderheiten erklären: Die deutsche Gesellschaft ist durch Umverteilung und Nivellierung recht homogen die Pyramide hochgewandert, das Individuum kennt wirkliche Not nur aus Medien. Umverteilung und Nivellierung führen auch zu einem akzeptablen Status ohne große Anstrengungen (s. beispielsweise Tendenzen, Hürden bei der Ausbildung tiefer zu legen).

Dagegen ist die US-amerikanische Gesellschaft weniger gepampert, das volle Spektrum der Pyramide offensichtlicher, das System aber offen für einen Aufstieg. Der Eigenbeitrag am Erfolg ist höher, demenstprechend höher dürfte wohl die Unabhängigkeit vom Chef sein.

Gruß, Martin

Kritiker Offline



Beiträge: 274

19.04.2013 10:06
#31 RE: Das Unzufriedenheits-Paradoxon Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #28

Die passende Antwort auf Vokabeln wie Quatsch gehören nicht in dieses Forum, denn der Gastgeber hat dafür Regeln festgelegt, die ich für meinen Teil zu respektieren beabsichtige. Davon abgesehen, dass mich Argumente deutlich mehr interessieren als Bewertungen (mal ehrlich, was juckt mich ihre Bewertung als Quatsch ?), so trägt das auch wenig nützliches bei.



Ich entschuldige mich für die Benutzung dieses unpassenden Wortes.

Ihre Überlegungen haben das bei mir induziert. Sie haben das Beispiel Militär und zweiter Weltkrieg gebracht. Das Militär ist für mich ein Musterbeispiel, wo es allein und ausschliesslich um Befehl und Gehorsam geht. Und zur Zeit des dritten Reiches war es obendrein auch noch Befehl und blinder Gehorsam - mit allen höchst negativen Konsequenzen.

Aber auch in der Bundesrepublik der 70er (wo ich meinen Miltärdienst ableisten musste) war der eingeforderte Gehorsam bei der Bundeswehr im wesentlichen blind. Der Ausdruck "Staatsbürger in Uniform" war ein absoluter Treppenwitz. Und tatsächlich wurden damals Unternehmen sehr oft nach den gleichen Prinzipien "geführt".

Aber die Konzentration auf Befehl und Gehorsam hat mit Führen wirklich nicht viel zu tun. Vielleicht legen Sie einmal dar, warum für Sie das Militär im dritten Reich das Musterbesipiel für Führen ist, also welche Kriterien Sie im Führen sehen.

Der Kritiker

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

19.04.2013 10:16
#32 RE: Das Unzufriedenheits-Paradoxon Antworten

Zitat von Martin
Man kann damit auch nationale Besonderheiten erklären: Die deutsche Gesellschaft ist durch Umverteilung und Nivellierung recht homogen die Pyramide hochgewandert, das Individuum kennt wirkliche Not nur aus Medien. Umverteilung und Nivellierung führen auch zu einem akzeptablen Status ohne große Anstrengungen (s. beispielsweise Tendenzen, Hürden bei der Ausbildung tiefer zu legen).

Dagegen ist die US-amerikanische Gesellschaft weniger gepampert, das volle Spektrum der Pyramide offensichtlicher, das System aber offen für einen Aufstieg. Der Eigenbeitrag am Erfolg ist höher, demenstprechend höher dürfte wohl die Unabhängigkeit vom Chef sein.



Volle Zustimmung. Auf die olle Maslowpyramide bin ich gar nicht gekommen, aber Sie haben hierin mMn recht. Gewissermaßen läßt sich das sogar statistisch ausdrücken: eine eingeschränkte Varianz (der Lebensverhältnisse) führt zu geringerer Reliabilität/Zuverlässigkeit (von Zufriedenheitsschätzungen)

Herzliche Grüße,
Andreas Döding

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

19.04.2013 10:19
#33 RE: Das Unzufriedenheits-Paradoxon Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #30
Zitat von Doeding im Beitrag #17
Je größer die erlebte Diskrepanz, desto größer die Unzufriedenheit. Nun habe ich in meinem Artikel versucht zu zeigen, daß sich der Ist-Zustand, zumindest entlang relativ "harter" Kriterien, in den vergangenen Jahrzehnten permanent verbessert hat und weiter verbessert. Um im Ergebnis unzufrieden sein zu können, muß also der Soll-Zustand (=die Erwartungen) auf seiten der Arbeitnehmer noch viel stärker gestiegen sein, um in Unzufriedenheit, und zumal in einer solch ausgeprägten, resultieren zu können. Persönlich (und hier unter uns ) frage ich mich schon: was zum Geier wollen die Menschen eigentlich?


Lieber Doeding,

zum Thema Zufriedenheit ist mein Kenntnisstand aus intensiven Führungsseminaren (Trainer war Psychologe) vor über 20 Jahren ist bei Herzberg und Maslow ( http://de.wikipedia.org/wiki/Zwei-Faktoren-Theorie_(Herzberg)) stehen geblieben. Auch wenn das nicht mehr ganz Stand der Technik sein sollte, ist das für Erklärungsmodelle im Rahmen einer Forumsdiskussion wie hier eine ganz gute Grundlage.

Zum Thema Anerkennung gab es damals schon im Zusammenhang mit 'Incentives' die Erkenntnis, dass diese dazu neigen, ihre Wirkung zu verlieren. Sie werden entweder als Anspruch einverleibt, oder andere ziehen nach, und der differenzierende Faktor fehlt. Das ist wie mit dem Urlaubs- und Weihnachtsgeld: Was mal als Sonderzahlung begann, ist heute schon als 13. Gehalt Standard. Mir gefällt deshalb die Maslow-Pyramide ganz gut. Die Gesellschaft wandert nach oben zur Spitze. Da wird nicht nur die Luft dünn (woher noch eine Belohnung nehmen?), sondern geht auch u.U. der Bezug (zum Unten) verloren.

Man kann damit auch nationale Besonderheiten erklären: Die deutsche Gesellschaft ist durch Umverteilung und Nivellierung recht homogen die Pyramide hochgewandert, das Individuum kennt wirkliche Not nur aus Medien. Umverteilung und Nivellierung führen auch zu einem akzeptablen Status ohne große Anstrengungen (s. beispielsweise Tendenzen, Hürden bei der Ausbildung tiefer zu legen).

Dagegen ist die US-amerikanische Gesellschaft weniger gepampert, das volle Spektrum der Pyramide offensichtlicher, das System aber offen für einen Aufstieg. Der Eigenbeitrag am Erfolg ist höher, demenstprechend höher dürfte wohl die Unabhängigkeit vom Chef sein.

Gruß, Martin


Ich bin nicht sicher, ob ich die Bedürfnispyramide richtig verstehe, aber sie scheint mir doch für die Struktur der Bedürfnisse eines Menschen entworfen zu sein und nicht für eine Gesellschaft. In jedem von uns stecken diese Stufen. Was meiner Ansicht nach wirklich »gewandert« ist: Der Erfüllungsgrad der Bedürfnisse. Die Menschen in der deutschen Gesellschaft scheinen mir von der Basis bis zur Mitte der Pyramide gut abgesichert. Von der Mitte bis zur Spitze wächst aber die Differenz zwischen Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung. Darin liegt wohl ein ganz großes Problem.

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

19.04.2013 10:54
#34 RE: Das Unzufriedenheits-Paradoxon Antworten

Zitat von Stefanolix
Ich bin nicht sicher, ob ich die Bedürfnispyramide richtig verstehe, aber sie scheint mir doch für die Struktur der Bedürfnisse eines Menschen entworfen zu sein und nicht für eine Gesellschaft.



Das ist richtig, aber Gesellschaften sind ja erstmal eine Summe von Individuen und individueller Bedürfnisse. Die Pyramide ist so gemeint, daß Menschen die Erfüllung dieser Bedürfnisse von unten ("Pflicht") nach oben (zunehmend "Kür") anstreben, und zwar in der Reihenfolge von unten nach oben, also als Bedürfnishierarchie: die Erfüllung des "unteren" Bedürfnisses ist notwendige Bedingung für das Anstreben des nächsthöheren Bedürfnisses. Wenn ein "unteres" Bedürfnis längere Zeit erfüllt ist, wird das als "normal", also emotional neutral erlebt. Wir schätzen körperliche Gesundheit normalerweise erst so richtig, wenn wir krank sind.

Was Martin, wie ich glaube, völlig zurecht anmerkt, ist daß die Lebensverhältnisse in Deutschland recht ähnlich/nivelliert sind. Der Wohlstand ist recht gleich verteilt (zumal im internationalen Vergleich), so daß immer mehr Menschen sich nur noch in den oberen Bereichen der Pyramide befinden (und untereinander hierum konkurrieren). Das trübt den Blick auf die Realität, daß es uns eigentlich extrem gut geht. In den USA ist das tatsächlich anders. Es gibt mehr Variabilität der Lebensverhältnisse, und das ist dort auch für jeden sichtbar.

Ferner ist die Vorstellung, daß Menschen in erster Linie für ihr Lebensglück selbst verantwortlich sind, in den USA sehr viel verbreiteter. Auch das dürfte einen Einfluß haben. Wir bekommen ja mehr oder weniger beigebracht, daß eigentlich immer die anderen schuld sind, egal worum es geht.

Herzliche Grüße,
Andreas Döding

Martin Offline



Beiträge: 4.129

19.04.2013 11:13
#35 RE: Das Unzufriedenheits-Paradoxon Antworten

Zitat von stefanolix im Beitrag #33
Ich bin nicht sicher, ob ich die Bedürfnispyramide richtig verstehe, aber sie scheint mir doch für die Struktur der Bedürfnisse eines Menschen entworfen zu sein und nicht für eine Gesellschaft. In jedem von uns stecken diese Stufen.


Lieber stefanolix,

man kann das Individuum innerhalb der Pyramide 'plazieren', wenn die elementaren Bedürfnisse gedeckt sind (Essen, Sicherheit, gesellschaftliche Einbindung), dann bleiben die oberen Bereiche als 'Spielfeld'. Man könnte sich dann über die Gesellschaft eine statistische Verteilung dieser Individuen über die Stufen der Pyramide denken und diese Verteilung in D und in den USA vergleichen. In D dürften sich die noch nicht voll erfüllten Bedürfnisse auf den oberen Teil der Pyramide veteilen. So reflektiert das den Stand der Gesellschaft. Oder aber, man muss diese Verteilung im Hinterkopf haben, wenn man gesellschaftliche Studien interpretiert.

Zitat
Von der Mitte bis zur Spitze wächst aber die Differenz zwischen Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung. Darin liegt wohl ein ganz großes Problem.



Nun, wenn die Pyramide die Bedürfnisse des Individuums charakterisiert, dann gibt es erst mal nur eine Eigenwahrnehmung. Die Diskrepanz ensteht erst dann, wenn andere sich nicht im gewünschten Maße an der Bedürfnisbefriedigung beteiligen wollen oder können. Das weitere Grundproblem ist, dass die Erfüllung der elementaren Bedürfnisse recht konkret ist, die Selbstverwirklichung aber bereits unendlich vielfältig ausgestaltet sein kann. Man kann recht einfach und objektiv feststellen, dass jemand satt sein müsste, dass aber jemand sich selbst verwirklicht hat kann nur derjenige selbst feststellen. Objektivität gibt es da nicht. Die Präzision von Umfragen in diesem Bereich kann beliebig schlecht, manipulierbar oder dem zeitgeist unterworfen sein.

Gruß, Martin

Robin Offline



Beiträge: 317

19.04.2013 11:56
#36 RE: Das Unzufriedenheits-Paradoxon Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #34
Die Pyramide ist so gemeint, daß Menschen die Erfüllung dieser Bedürfnisse von unten ("Pflicht") nach oben (zunehmend "Kür") anstreben, und zwar in der Reihenfolge von unten nach oben, also als Bedürfnishierarchie: die Erfüllung des "unteren" Bedürfnisses ist notwendige Bedingung für das Anstreben des nächsthöheren Bedürfnisses. Wenn ein "unteres" Bedürfnis längere Zeit erfüllt ist, wird das als "normal", also emotional neutral erlebt.

Hallo Herr Döding,

ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor, da die Pyramide nicht das reale Verhalten von Personen beschreiben soll, sondern nur Bedürfnisse, die davon abgekoppelt sind und deren Realisierung nur unter den konkreten Rahmenbedingungen zu erklären sind. Tatsächlich bleibe es nämlich unerklärt, warum Menschen, die täglich um ihre physische Existenz kämpfen müssen und gewissermaßen also auf einer unteren Stufe der Pyramide stehen, trotzdem ein großes Verlangen nach z.B. Religion und Kultur zeigen können. Maslow versucht dies, wenn ich ihn richtig verstanden habe, damit zu erklären, dass in vielen Gesellschaften die Verwirklichung physischer Bedürfnisse (Essen, Obdach, Schutz vor Feinden) durch die gesellschaftlichen Gegebenheiten an andere, höhere Stufen gekoppelt ist (z.B. an soziale Bedingungen von Familie/Clan oder an die Religiosität als Begründung von sozialer Hierarchie).
Hier würde ich aber dennoch eine der großen Schwachstellen des Bedürfnis-Konzepts von Maslow sehen, denn weder die Entstehung solcher Strukturen noch die vorrangig emotionale und in der Regel keinesfalls taktische Bindung an diese "sekundären" Bedürfnisse lässt sich in dieses Konzept integrieren.
Kann es jemand besser erklären?

Viele Grüße
Robin

Kritiker Offline



Beiträge: 274

19.04.2013 12:18
#37 RE: Das Unzufriedenheits-Paradoxon Antworten

Zitat von Calimero im Beitrag #26

Und wenn Sie sagen, dass Führungskräfte heutzutage Fähigkeiten haben müssen, dann frage ich mich was das heutzutage denn von früher unterscheidet. Menschen sind doch Menschen, heute wie damals. Und heute wie damals gibt es genauso Leute mit Führungsqualitäten, wie es Pappnasen auf dem falschen Stuhl gibt. Führungsqualitäten kann man m.E. nicht erlernen, die hat man oder man hat sie nicht. Man kann sie sicherlich noch verfeinern, aber im Prinzip ist das ein Charakter-Ding.


Lieber Calimero

Von füher unterscheidet sich das Thema Führung dahingehend, dass sich die Arbeitswelt und auch die Kriterien für das Überleben einer Firma geändert haben.

Natürlich hat eine gute Führungskraft früher viele Dinge bereits aus ihrem Charakter heraus bereits Dinge beherzigt, die heute normal sein sollten z.B. Aufmerksamkeit, Motivieren, sich Kümmern, Feedback (positiv wie negativ), Erläutern, Visionen und Ziele usw. Eine gute Führungskraft hat auch früher nicht einfach nur befohlen.

Es ist auch richtig, dass Menschen, die sich zum Führen berufen fühlen, dies zu oft deswegen tun, weil sie sich selbst in einer Machtposition sehen wollen statt es zu können.

Was sich aber geändert hat ist ganz einfach:

- Wenn die Firma von guten Arbeitskräften abhängig ist (nicht alle tun das, der Anteil der Firmen, bei denen das ein Erfolgsfaktor ist, ist größer als früher), dann muss man sich um diese kümmern, damit man im Wettbewerb bestehen kann.
- Der Führende kann heute lernen, was wichtig ist (unabhängig davon, ob er lernen kann, es richtig zu machen). Das ist ein großer Fortschritt gegenüber früher.
- Die Mitarbeiter sehen sich selbst auch zu großen Teilen nicht mehr als Untertanen (Gehorchen ist Gott gewollt), sondern als Gleichwertige mit speziellen Aufgaben an. Da muss man als Führungskraft durchaus anders agieren als früher.

Man kann also sagen: Der Mensch ist wie früher, aber die Rahmenbedingungen haben sich geändert.

Der Kritiker

Martin Offline



Beiträge: 4.129

19.04.2013 12:22
#38 RE: Das Unzufriedenheits-Paradoxon Antworten

Zitat von Robin im Beitrag #36
ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor, da die Pyramide nicht das reale Verhalten von Personen beschreiben soll, sondern nur Bedürfnisse, die davon abgekoppelt sind und deren Realisierung nur unter den konkreten Rahmenbedingungen zu erklären sind. Tatsächlich bleibe es nämlich unerklärt, warum Menschen, die täglich um ihre physische Existenz kämpfen müssen und gewissermaßen also auf einer unteren Stufe der Pyramide stehen, trotzdem ein großes Verlangen nach z.B. Religion und Kultur zeigen können. Maslow versucht dies, wenn ich ihn richtig verstanden habe, damit zu erklären, dass in vielen Gesellschaften die Verwirklichung physischer Bedürfnisse (Essen, Obdach, Schutz vor Feinden) durch die gesellschaftlichen Gegebenheiten an andere, höhere Stufen gekoppelt ist (z.B. an soziale Bedingungen von Familie/Clan oder an die Religiosität als Begründung von sozialer Hierarchie).
Hier würde ich aber dennoch eine der großen Schwachstellen des Bedürfnis-Konzepts von Maslow sehen, denn weder die Entstehung solcher Strukturen noch die vorrangig emotionale und in der Regel keinesfalls taktische Bindung an diese "sekundären" Bedürfnisse lässt sich in dieses Konzept integrieren.
Kann es jemand besser erklären?

Viele Grüße
Robin


Liebe(r) Robin,

die Pyramide ist Teil eines Erklärungsmodells. Man sollte Modelle aber nicht überfrachten.

Ich sehe (Zugehörigkeit zu) Religion und Kultur als soziales Bedürfnis, also oberhalb der physischen Bedürfnisse angesiedelt. Warum aber ist es ein Widerspruch, dass, solange die physischen Bedürfnisse nicht ganz befriedigt sind, auch höher liegende Bedürfnisse existieren?

Gruß, Martin

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

19.04.2013 12:35
#39 RE: Das Unzufriedenheits-Paradoxon Antworten

Zitat von Robin
ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor, da die Pyramide nicht das reale Verhalten von Personen beschreiben soll, sondern nur Bedürfnisse, die davon abgekoppelt sind und deren Realisierung nur unter den konkreten Rahmenbedingungen zu erklären sind.



Lieber Robin,

hm. Natürlich kann ich keine Gewähr mehr für mein Vordiplomwissen übernehmen (habe jetzt auch keine Zeit für gründliche Recherche), aber m. W. läuft die Maslowpyramide unter humanistischer Motivationspsychologie. Sie dient als Erklärung von Handlungsmotivation, und zumindest Wikipedia (auf die Schnelle) sieht das auch so:

Zitat Wiki: "Die Bedürfnishierarchie ist ein Inhaltsmodell der Motivation (kein Prozessmodell); Sie beschäftigt sich mit Inhalt, Art und Wirkung von Motiven. Ferner wird eine Taxonomie von Motiven geboten und bestimmt, die angibt, nach welchen Gesetzmäßigkeiten welche Motive verhaltensbestimmend werden."

Es ist also durchaus ein Modell zur Erklärung von Verhalten. Finde ich auch augenscheinvalide. Mir fällt momentan überhaupt kein menschliches Verhalten ein, das sich motivational nicht einem der genannten Bedürfnisse zuordnen ließe.

Ansonsten sehe ich die Pyramide als in Teilen durchlässig, da Bedürfnisse selten 100% erfüllt oder 100% frustriert werden. Ein Verdurstender in der Wüste wird sich eben nicht mit Religion befassen (außer vielleicht in seinen allerletzten Gedanken). Jemand, dessen Nahrungsmittelversorgung dagegen unsicher ist, kann durchaus auch religiöse Bedürfnisse haben und verfolgen, aber wohl in geringerem Umfang als jemand der diesbezüglich im Überfluß versorgt ist. Ich meine tendenziell, im Mittel. Und so ist das Modell wohl auch zu verstehen.

Edit: Eingangszitat von Robin korrigiert, meine Antwort bezog sich auf das jetzt vorhandene Zitat.

Herzliche Grüße,
Andreas Döding

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

19.04.2013 12:52
#40 RE: Das Unzufriedenheits-Paradoxon Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #39
Ein Verdurstender in der Wüste wird sich eben nicht mit Religion befassen (außer vielleicht in seinen allerletzten Gedanken).

Na ja, zumindest in der literarischen Fiktion (die Gläubigen mögen mir verzeihen) schon, unter ganz praktischem Gesichtspunkt:

Zitat von Exodus 17
1 Die ganze Gemeinde der Israeliten zog von der Wüste Sin weiter, von einem Rastplatz zum andern, wie es der Herr jeweils bestimmte. In Refidim schlugen sie ihr Lager auf. Weil das Volk kein Wasser zu trinken hatte,
2 geriet es mit Mose in Streit und sagte: Gebt uns Wasser zu trinken! Mose aber antwortete: Was streitet ihr mit mir? Warum stellt ihr den Herrn auf die Probe?
3 Das Volk dürstete dort nach Wasser und murrte gegen Mose. Sie sagten: Warum hast du uns überhaupt aus Ägypten hierher geführt? Um uns, unsere Söhne und unser Vieh verdursten zu lassen?
4 Mose schrie zum Herrn: Was soll ich mit diesem Volk anfangen? Es fehlt nur wenig und sie steinigen mich.
5 Der Herr antwortete Mose: Geh am Volk vorbei und nimm einige von den Ältesten Israels mit; nimm auch den Stab in die Hand, mit dem du auf den Nil geschlagen hast, und geh!
6 Dort drüben auf dem Felsen am Horeb werde ich vor dir stehen. Dann schlag an den Felsen! Es wird Wasser herauskommen und das Volk kann trinken. Das tat Mose vor den Augen der Ältesten Israels.

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

19.04.2013 13:37
#41 RE: Das Unzufriedenheits-Paradoxon Antworten

Zitat von Kritiker im Beitrag #37
Von füher unterscheidet sich das Thema Führung dahingehend, dass sich die Arbeitswelt und auch die Kriterien für das Überleben einer Firma geändert haben. (...) Man kann also sagen: Der Mensch ist wie früher, aber die Rahmenbedingungen haben sich geändert.

Lieber Kritiker,

meine Aversion gegen den Kult der neuen Konzepte in der Personalführung geht zurück auf einen Satz, in dem ein PF-Coach das ganze Gedöns mal sarkastisch zusammengefasst hat: "Wenn ihnen ein Mitarbeiter so dermaßen auf die Ketten geht, dass sie ihm am liebsten eine reinhauen würden ... dann nehmen sie ihn in den Arm und vereinbaren ein Gespräch mit ihm."
Irgendwie macht man seitens der Führungskräfte-Ausbilder aus einer relativ einfachen Sache heutzutage eine Psycho-Wissenschaft. Die FK soll ihre Mitarbeiter z.B. in Charakterschubladen stecken und sie dann entsprechend behandeln, oder sie soll in bestimmten Situationen irgendwelche Atmosphären schaffen, in denen bla bla bla ...

Es gibt nicht alberneres als einen Chef, der solchen Weisheiten verinnerlicht hat und nun versucht diese anzuwenden. Ich kenne solche Exemplare und weiß, dass deren MA dadurch verunsichert werden, oder sich wenigstens drüber lustig machen. Weil dieser Chef sich in bestimmten Situationen eben nicht so verhält wie es seinem eigentlichen Charakter entspricht. Er wirkt dann nicht authentisch.
Dabei ist die Kiste doch eigentlich ganz einfach. Aus seinem Charakter kann man nicht raus, aber egal wie man da gestrickt ist dürfte jedem Häuptling von selbst klar werden, dass er auf seine Indianer angewiesen ist. Wenn er denen gegenüber ehrlich, verlässlich und integer ist und eine klare Linie (mit situationsbedingten Spielräumen) fährt, docken sie von selbst bei ihm an. Das bekommt ein aufbrausender Charakter genauso hin wie ein eher introvertierter.
Wichtig ist, dass der Typ mit dem Hut auf auch wirklich Verantwortung übernimmt. Auch mal Blitze abfängt, mal was wegbügelt und Orientierung bietet wenn's kracht und donnert.

Mir fehlt bei aller Kritik am Führungsverhalten auch heutiger Chefs immer der Blick auf die andere Seite des Schreibtischs. Die Kritisierenden selbst sind ja ein nicht unmaßgeblicher Teil dieser Zweierbeziehung Chef-Team. Und für die gibt es mWn keine Seminare über heutiges Mitarbeiterverhalten. Die vielen unterschiedlichen Charaktere, die ein Chef unter einen Hut kriegen muss, sind sakrosankte, unterdrückte und stets missverstandene und bemitleidenswerte Schäfchen. Dabei ist deren Anspruchsdenken weiß Gott nicht immer durch persönliche Leistung gedeckt.

Beste Grüße, Calimero

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Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel

Kritiker Offline



Beiträge: 274

21.04.2013 13:51
#42 RE: Das Unzufriedenheits-Paradoxon Antworten

Zitat von Calimero im Beitrag #41

Irgendwie macht man seitens der Führungskräfte-Ausbilder aus einer relativ einfachen Sache heutzutage eine Psycho-Wissenschaft. Die FK soll ihre Mitarbeiter z.B. in Charakterschubladen stecken und sie dann entsprechend behandeln, oder sie soll in bestimmten Situationen irgendwelche Atmosphären schaffen, in denen bla bla bla ...
...
Dabei ist die Kiste doch eigentlich ganz einfach. Aus seinem Charakter kann man nicht raus,


Genau in diesem Zusammenhang sehe ich das. Ja, man kann - in gewissen Grenzen - aus seinem Charakter nicht heraus. Aber was macht diesen meinen Charakter aus?

Für mich persönlich war es z.B. eine sehr wichtige Erkenntnis, warum ich mich auf Party's immer unwohl fühle, warum mein Freundeskreis klein ist, warum ich auf dem Gebiet des Small-Talks so schlecht bin. Früher habe ich geglaubt, ich sei eben unsozial und nicht Beziehungsfähig. Dann habe ich mich mal mit den Charakterbildern verglichen (eine sehr gute Therapeutin hat zwei Vorträge darüber gehalten) und ich stellte fest: Das ist völlig normal für einen primär sachorientierten Menschen, im Gegensatz zu einem Menschen, der Beziehungsorientiert ist. Und da ich Freunde habe und auch eine funktionierende Ehe, ist das völlig ok und nicht krankhaft. Heute stehe ich zu meinen Eigenschaften und kann mich viel besser einschätzen. Wegen der "Charakterschubladen", die eben auch helfen können, sich selbst zu beurteilen.

Zitat von Calimero im Beitrag #41

aber egal wie man da gestrickt ist dürfte jedem Häuptling von selbst klar werden, dass er auf seine Indianer angewiesen ist. Wenn er denen gegenüber ehrlich, verlässlich und integer ist und eine klare Linie (mit situationsbedingten Spielräumen) fährt, docken sie von selbst bei ihm an.


Die neuen Methoden müssen eben (wie alle Methoden der Psychologie) mit augenmaß und zweiseitig angewendet werden. Natürlich kann man mit den Führungswerkzeugen viel falsch machen, das zeugt dann aber von der Nicht-Integrität bzw. der Faulheit dessen, der die Werkzeuge anwendet. Die Werkzeuge sollen das Führen von Mitarbeiter nicht schneller und einfacher machen, sondern genauer.

Und hier sehe ich den Hauptgrund für Mißbrauch und Falschanwendung. Der Chef bzw. der Mitarbeiter wendet Schema F an und nimmt sich keine Zeit, sich mit dem Gegenüber oder mit sich selbst auseinander zu setzen.

Nur weil wir heute auch andere Werkzeuge als Hammer haben, heisst das noch lange nicht, dass ein Hausbau weniger handwerkliches Geschick benötigt. A fool with a tool is still a fool.

Der Kritiker

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