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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 44 Antworten
und wurde 7.059 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

26.05.2013 17:59
#26 RE: Werden die Eltern immer ehrgeiziger? Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #21
Also mein Respekt vor dem zweiten Bildungsweg ist deutlich gestiegen, seitdem ich ihn in der Familie miterlebt habe!

Ich habe im Studium einige Kollegen gehabt, die ihre Matura (=Abitur) an der Abendschule gemacht haben.
Nun ist es ein Unterschied ob man 5 Jahre lang fast 40 Stunden wöchentlich an der HTL lernt (oder etwas weniger am Gymnasium), oder 2 Jahren lang einige Stunden abends investiert. Der Unterschied zwischen regulärer Matura und Abendmatura war da, und besonders wenn es etwas mathematischer wurde deutlich sichtbar.
Es sind nur Mathe, Deutsch, Englisch + etwas fachspezifisches zu absolvieren: http://www.wifiwien.at/Default.aspx/Kurse/@/menuid/2244/
Die Prüfungen selbst, und das ist der Hammer, sind nicht alle auf einmal abzulegen, sondern je nach Motivation des "Schülers" im Abstand von schon mal 6 Monaten oder mehr.

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

26.05.2013 19:24
#27 RE: Werden die Eltern immer ehrgeiziger? Antworten

Zitat
Dazu kam auch (Kleinstadt) der Beruf bzw. die soziale Stellung der Eltern dazu. Es fordert halt einen gewissen Schneid, der Tochter des ortsansässigen Hausarztes den Übertritt aufs Gym zu verweigern.



Richtig. Das sieht man dann bei den Anmeldungen: Das Kind mit Migrationshintergrund, dessen Eltern nur schlecht Deutsch sprechen, aber ein 1a-Zeugnis hat, bekommt ein "bedingt geeignet", während das ungeeignete Kind der ehrgeizigen Eltern, die der GRundschullehrerin mit dem Rechtsanwalt drohen, "uneingeschränkt geeignet" ist.

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

26.05.2013 19:29
#28 RE: Werden die Eltern immer ehrgeiziger? Antworten

Zitat
Dazu sind aber ein paar Sachen zu sagen: Zum einen werden Schüler, die von Real- oder Hauptschulen auf Gymnasium wechseln ganz gerne gemobbt.



Es gibt ja nichts, was es nicht gibt. Aber dies als den Standard darzustellen, ist - mit Verlaub - Quatsch, wenn nicht eine ziemlich blöde Unterstellung. Der einzelne Lehrer weiß oft gar nicht, wer von der Realschule ist oder erfährt mal zufällig auf einer Zeugniskonferenz, und was soll er ein Kind "mobben", das von der Realschule kommt? Rund 5-10 % unserer Oberstufenschüler stammen von der Realschule; manche finden rasch fachlich Anschluss und kommen gut zurecht, andere müssen schon arbeiten, aber schaffen es dann auch, und manche schaffen es leider nicht. Das hat aber viel mit Begabung und Engagement zu tun, aber nicht mit "Mobbing", und das auch noch durch die Lehrer. Vielleicht vor 20 oder 30 Jahren???

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

26.05.2013 19:34
#29 RE: Werden die Eltern immer ehrgeiziger? Antworten

Zitat
Und ganz falsch finde ich es nicht, weil es auch die Lehrer dazu bringt über transparente und nachvollziehbare Bewertungskriterien nachzudenken statt Noten aus dem Bauch heraus zu vergeben. Ich glaube schon, dass die Aufgabe der Bewertung für einen Lehrer eine sehr schwere sein kann, ebenso denke ich aber auch, dass man diese auch von einem Lehrer erwarten kann.



Ist auch seit Einführung des Zentralabiturs Standard. Klausuren und Noten sind heute viel, viel transparenter als zu meiner Schulzeit vor 20+ Jahren. Standard (an meiner Schule in NRW) sind heute in allen Fächern Bewertungsbögen mit klarer Definition des Erwartungshorizonts und Punkten pro Item, so dass jeder im Detail nachvollziehen kann, warum dies eine 3 und jenes eine 3- ist.

Zitat
Wenn eine unfaire Benotung dazu führt, dass jemand eine Jahrgangsstufe wiederholen muss, sein Abitur nicht schafft oder auf einer Schule landet, die nicht für ihn geeignet ist, dann sind das derart massive Folgen, dass sie korrigierbar sein müssen. Notfalls auch gerichtlich.



Richtig. Aber solche Fälle mit gravierenden Auswirkungen sind nun die seltenste Ausnahme und werden dann auch korrigiert. Aber man wundert sich, wenn in Klasse 5 bei einem Halbjahreszeugnis wegen einer 3 im Nebenfach die Welle gemacht wird. Das ist dann der gekränkte Ehrgeiz, nachdem das Kind auf der Grundschule immer nur Zweien hatte. Eine Beschwerde sollte schon die Mühe und den Aufwand lohnen, und wenn es nun um rein gar nichts geht, dann sollte man bei einer 3 in Politik mal fragen: "Was kann mein Kind besser machen?" und nicht direkt unterstellen, die Note sei ungerecht.

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

26.05.2013 19:37
#30 RE: Werden die Eltern immer ehrgeiziger? Antworten

Zitat
Unerwarteten Aufgaben werden ihm im späteren Leben aber ständig begegnen.



Die Aufgabe war auch nicht für das Kind oder die Klasse unerwartet, sondern nur für die Mutter. In der Klasse hatte an der Tafel gestanden, was drankommt. Wenn der Filius sich das nicht aufschreibt ...

Hausmann Offline



Beiträge: 710

26.05.2013 21:08
#31 RE: Werden die Eltern immer ehrgeiziger? Antworten

Mal ganz am Rande: Wer ist eigentlich in Deutschland für die Erziehung der Kindern zuständig: Die Eltern oder Staatsbeamte? mfG

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Mehr Liberalismus wäre dringend vonnöten. Zettel

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.260

26.05.2013 21:47
#32 RE: Werden die Eltern immer ehrgeiziger? Antworten

Zitat von Gansguoter im Beitrag #27
Zitat: Richtig. Das sieht man dann bei den Anmeldungen: Das Kind mit Migrationshintergrund, dessen Eltern nur schlecht Deutsch sprechen, aber ein 1a-Zeugnis hat, bekommt ein "bedingt geeignet", während das ungeeignete Kind der ehrgeizigen Eltern, die der GRundschullehrerin mit dem Rechtsanwalt drohen, "uneingeschränkt geeignet" ist.


Diese Aussage halte ich in dieser Allgemeinheit für einen Mythos.

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

26.05.2013 21:53
#33 RE: Werden die Eltern immer ehrgeiziger? Antworten

Es ist nicht der Allgemeinfall. Aber ich kenne Beispiele aus eigener Anschauung. Ich hätte die Existenz solcher Fälle bestritten, bis ich sie gesehen habe.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

26.05.2013 23:02
#34 RE: Werden die Eltern immer ehrgeiziger? Antworten

Zitat von Hausmann im Beitrag #31
Mal ganz am Rande: Wer ist eigentlich in Deutschland für die Erziehung der Kindern zuständig: Die Eltern oder Staatsbeamte? mfG

Das ist leider keine rhetorische Frage:

Zitat von http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_6.html
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.


Z.B. mittels der Schulpflicht. Und darum ist es auch sehr schwer, Erziehern das Recht zu erziehen abzusprechen. Zuvörderst heißt eben nicht "allein". Die Eltern haben zwar das natürliche Recht zur Erziehung, aber die Pflicht hat u.U. auch der Staat. Genau genommen geht das Recht beim Träger des Rechts als Adressat der Pflicht, ins Leere. Was bleibt, ist die Pflicht des Staates zur Wacht über die Betätigung.
Dem Pflichtausübenden jedoch obliegt die Verantwortung. Somit ist die Verantwortung geteilt. Die Größe dieser Teile ist ganz entscheidend von dem Willen der Eltern abhängig, Verantwortung für ihre Kinder wahrzunehmen.
Tun sie das "hundertprozentig", hat der Erzieher kaum Möglichkeiten zur Erziehung. Sie gelten dann wohl mitunter als ehrgeizig, was ja nicht unbedingt von der Hand zu weisen ist.
Aber eben ein Indiz sein könnte, dass ihnen die Zukunft ihrer Kinder sehr am Herzen liegt.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Llarian Offline



Beiträge: 6.919

27.05.2013 00:05
#35 RE: Werden die Eltern immer ehrgeiziger? Antworten

Zitat von Gansguoter im Beitrag #28
Es gibt ja nichts, was es nicht gibt. Aber dies als den Standard darzustellen, ist - mit Verlaub - Quatsch, wenn nicht eine ziemlich blöde Unterstellung.

Ob sie blöd ist, sei mal dahingestellt und ihrer Empörung geschuldet, aber sie kommt nicht von ungefähr. Ja, ich habe das erlebt, und dieses Erleben beschränkte sich nicht auf einen Lehrer, wenn auch kaum jemand das laut sagt. Und ja, das war vor 20 Jahren, aber ich habe keinen Grund zu glauben das das heute so viel anders sein soll. Akademischen Dünkel habe ich auf der Grundschule gegenüber Arbeiterkindern erlebt, auf dem Gymnasium gegenüber Hauptschüler und Realschülern, und sogar auf der Uni im Rahmen des Bologna-Prozesses gegenüber Bachelor-Studenten. Ich gebe zu, dass nicht so viele das laut sagen, sondern immer nur einzelne, aber man darf sich schon fragen wieviele schweigende Zustimmer auf einen kommen, der das laut ausspricht.

Zitat
Der einzelne Lehrer weiß oft gar nicht, wer von der Realschule ist


Es reicht wohl, dass er es manchmal weiss, oder ?

Zitat
und was soll er ein Kind "mobben", das von der Realschule kommt?


Über Motive kann man immer viel philosophieren oder psychologisieren. Ich weiss nicht warum Leute das machen. Aber passieren tut es trotzdem. Ich würde gemeinhin vermuten, dass ein Realschüler, der die Oberstufe schafft, für manchen Lehrer einer Art von Herabsetzung der eigenen, vermeintlich elitären Position ist. Wer meint, dass er als Gymnasiallehrer etwas besseres ist, der mag es als Zurücksetzung empfinden, wenn jemand, der keine gymnasiale Vorbildung hat den Anforderungen der Oberstufe gewachsen ist. Aber wie gesagt, das ist Stochern im Dunkeln.

Zitat
Das hat aber viel mit Begabung und Engagement zu tun, aber nicht mit "Mobbing", und das auch noch durch die Lehrer.


Und so schloss er messerscharf, das nicht sein kann, was nicht sein darf.

Lieber Gansguoter, ich unterstelle nicht, dass das an ihrer Schule passiert. Ich unterstelle auch nicht, dass Sie das tun. Und ich unterstelle ebensowenig, dass Sie das erlebt haben. Aber ebenso können Sie hinnehmen, dass ich das gesehen habe. Und zwar sowohl auf Grundschule, auf dem Gymnasium und auf der Uni. Vielleicht habe ich einen anderen Blick dafür als Sie und vielleicht bin ich auch schlicht an einem anderen Ort aufgewachsen. Aber eins weiss ich ziemlich sicher, das Problem existiert. Über die Grösse kann man streiten. Es aber wegzunicken mit einem "vielleicht vor 30 Jahren" erinnert mich allzu typisch, sorry, an so manchen Mißstand, den ich auf der Schule erlebt habe und den damals auch niemand sehen wollte.

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

27.05.2013 08:21
#36 RE: Werden die Eltern immer ehrgeiziger? Antworten

Zitat
Und ja, das war vor 20 Jahren, aber ich habe keinen Grund zu glauben das das heute so viel anders sein soll. Akademischen Dünkel habe ich auf der Grundschule gegenüber Arbeiterkindern erlebt, auf dem Gymnasium gegenüber Hauptschüler und Realschülern, und sogar auf der Uni im Rahmen des Bologna-Prozesses gegenüber Bachelor-Studenten. Ich gebe zu, dass nicht so viele das laut sagen, sondern immer nur einzelne, aber man darf sich schon fragen wieviele schweigende Zustimmer auf einen kommen, der das laut ausspricht.



Ich bezweifle ja nicht, lieber Llarian, dass es dies gab oder auch gibt. Ich halte es nur nicht für den Normalfall. In einer deutlich älteren Lehrergeneration mit einem anderen Selbstbild mag es dies gegeben haben, dass Realschüler am Gymnasium herablassend behandelt wurden - vielleicht. Nachdem heute an den meisten Gymnasien eine Generation junger Lehrer dominiert, seit die Lehrerausbildung und die Politik allen Beteiligten einschärfen "NIemand darf ohne Abschluss bleiben"; seit im Schulgesetz verankert ist, dass das Individuelle Fördern die Pflicht der Schule ist; seit es (in NRW) in der Oberstufe Vertiefungskurse gibt, um allen Schülern "das erfolgreiche Durchlaufen der Qualifikationsphase zu ermöglichen" - seit dies so ist, habe ich eine Diskriminierung von Realschülern schlicht nicht erlebt. Allenfalls eine positive Diskriminierung, wenn einzelne Lehrer den Realschülern gezielt Material an die HAnd geben, damit diese eventuelle Lücken selbständig aufarbeiten können.

Ich führe gerade eine Jgst. zum Abitur, die ersten Ergebnisse liegen vor, und in mehreren Fällen waren die KOllegen JETZT erstaunt zu hören, dass dieser oder jener von der Realschule gekommen ist.

Zitat
Ich weiss nicht warum Leute das machen. Aber passieren tut es trotzdem.



Sagen Sie doch ehrlich: Vor 20 Jahren ist es passiert. Zu Aussagen über die Gegenwart fehlt Ihnen doch offenbar die unmittelbare Erfahrung.

Zitat
Wer meint, dass er als Gymnasiallehrer etwas besseres ist, der mag es als Zurücksetzung empfinden, wenn jemand, der keine gymnasiale Vorbildung hat den Anforderungen der Oberstufe gewachsen ist. Aber wie gesagt, das ist Stochern im Dunkeln.



Ziemliches Stochern im Dunkeln. Es gibtr auch die Gymnasiallehrer, die früher selbst zunächst eine Realschule besucht haben.

Zitat
sogar auf der Uni im Rahmen des Bologna-Prozesses gegenüber Bachelor-Studenten



Die Feststellung, dass das Bachelorstudium in den Fächern, die ich kenne, ein lächerliches Schmalspurstudium ist, fällt nicht unter Mobbing. Die armen Studenten, denen ein richtiges Studium verwehrt wird, können ja nix dafür.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

27.05.2013 11:19
#37 RE: Werden die Eltern immer ehrgeiziger? Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #1
warum ich es für einen Mythos halte, dass Eltern immer ehrgeiziger werden, begründe ich hier.

Interessantes Thema. Und das Problem ist m. E., daß uns jede solide Grundlage für die Beurteilung fehlt. Deswegen glaube ich weder an den Mythos selber noch halte ich ihn durch Diskussion der vier Punkte für widerlegt.

Es fehlen uns zwei Sachen: Eine meßbare Definition von "Ehrgeiz" und Vergleichswerte von früher. Wir haben nur überreichlich anekdotisches Material aus Einzelerlebnissen. Ich glaube daher daß wir die Frage, ob Eltern wirklich ehrgeiziger geworden sind, auch nicht annähernd beantworten können.
Wenn man sich nämlich Biographien früherer Zeiten so anschaut, dann ist oft ein erheblicher Ehrgeiz von Eltern erkennbar, ihren Kindern über Bildung sozialen Aufstieg zu ermöglichen. Und da damals sowohl eine strengere Disziplin üblich war, als auch weniger Freizeitablenkungen existierten, wurde dieser Ehrgeiz auch direkt in Mehrleistung der Kinder umgesetzt.

Bei manchen Eltern könnte es sein, daß der Ehrgeiz sich anders auswirkt als früher. Da wird nicht darauf geschaut, daß das Kind mehr arbeitet und mehr lernt - sondern da werden die Lehrer unter Druck gesetzt, um Noten und Abschlüsse trotz Leistungsmängeln bei den Kindern durchzusetzen. Auch kein neues Phänomen, aber vielleicht inzwischen verbreiteter, weil die juristischen Möglichkeiten dafür inzwischen da sind.
Auch das Argument mit der Unterbeschäftigung einiger Mütter halte ich für valide.

Das kann sich dann in ganz merkwürdigen Widersprüchen äußern. Mein persönliches anekdotisches Material enthält z. B. die Eltern, die am Elternabend sehr vehement den Schulleiter angehen, weil irgendwo Unterricht ausgefallen ist. Um dann wenige Minuten später genauso lautstark darüber zu lamentieren, daß die Schüler wegen G8 zu viel Unterricht hätten und überfordert wären.
Ein einziges Mal hat mich das so genervt, daß ich auch geantwortet habe. Derart, daß "Überforderung wegen G8" ein Synonym für "mangelnde Gymnasialeignung" wäre und man doch auf der benachbarten Gesamtschule ganz prima ein G9-Abitur machen könnte. Das war natürlich nicht Harmonie-fördernd.

Aber auch diese Eltern waren ja nur eine (wenn auch sehr lautstarke) Minderheit. Die breite Mehrheit scheint mir doch immer noch aus "ganz normalen" Eltern zu bestehen. Die schon möchten, daß ihr Kind in der Schule ordentlich abschneidet - aber daraus keine Existenzfrage machen. Und die auch akzeptieren, daß ein Kind Interessen und Vorlieben außerhalb der Schule hat.

Insgesamt würde ich die Situation weitgehend als problemlos einstufen - jedenfalls bei den normalen und den "ehrgeizigen" Eltern.

Die echten Probleme des deutschen Bildungssystems liegen dort, wo die Eltern überhaupt keinen Ehrgeiz haben. Und die Lehrer das nicht unbedingt ausgleichen.

adder Offline




Beiträge: 1.073

27.05.2013 12:02
#38 RE: Werden die Eltern immer ehrgeiziger? Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #14
Das mit der Gymnasialempfehlung ist durchaus ein leidiges Thema. Ich weiß gar nicht mehr, wie das bei mir damals war, ich glaube aber es gab (BY, 1989) nur ein Übertrittszeugnis, und wenn man in Deutsch, Mathe und Heimat- und Sachkunde auf 2,33 im Schnitt gestanden ist, war das ein Freifahrtschein aufs Gym.

Allerdings meine ich auch erlebt zu haben, dass die Sympathie meiner GrundschullehrerInnen durchaus einen Einfluss auf den Schulerfolg der Schüler gehabt hat. Z. B. sind aus meiner Klasse deutlich mehr mehr Mädchen aufs Gym gewechselt, als es statistisch zu erwarten gewesen wäre. Dazu kam auch (Kleinstadt) der Beruf bzw. die soziale Stellung der Eltern dazu. Es fordert halt einen gewissen Schneid, der Tochter des ortsansässigen Hausarztes den Übertritt aufs Gym zu verweigern.

Ich glaube, dass an beiden "Sichten" hier etwas dran ist.

Gruß Petz


Ich kann nicht für jetzt sprechen, da ich leider noch kein eigenes Kind habe. Allerdings war es zu meiner Zeit (bin noch etwas älter als Sie - Übergang aufs Gymnasium in 1984/5) in unserem Ort (ebenfalls Kleinstadt) üblich, dass bestimmte Gesellschaftsschichten immer eine Empfehlung bekamen und - völlig unabhängig von den Leistungen - andere nicht einmal eine Empfehlung für die Realschule. Ich habe mit einem Notendurchschnitt von 1,x in Klasse 4 (Sport 2 und Betragen 3, Rest 1) keine Empfehlung fürs Gymnasium bekommen, sondern die Empfehlung, in der Orientierungsstufe bitte zu prüfen, ob ich denn wenigstens für die Realschule tauge (laut Aussage meiner Mutter nach Nachfrage bei meiner damaligen Klassenlehrerin). Nun gut, wir hatten im Nachbarort eine Ordensschule, die mich gerne genommen hat - und ich war auch auf dem Gymnasium bis zu meiner ersten schweren Erkrankung 1988 einer der Klassenbesten - obwohl ich nie viel in Lernen investiert hatte. Nach der Erkrankung und der folgenden Fehlzeit (die wahrscheinlich besser durch eine Wiederholung des entsprechenden Schuljahres ausgeglichen worden wäre) und dem Wechsel auf ein anderes - ebenfalls in kirchlicher Leitung stehendes - Gymnasium änderte sich das - ich musste mehr investieren und kam doch nur langsam wieder an den Rest heran.

Ob meine Lehrerin das in weiser Vorraussicht schon 5 Jahre früher wusste? Ich habe trotz ihrer damaligen Nicht-Empfehlung mein Studium abgeschlossen und bin nicht am Gymnasium zerbrochen...

Lange Rede... - kurzes Statement: manchmal ist es offenbar doch gerechtfertigt, wenn sich Eltern über die Empfehlung eines Lehrers hinwegsetzen. Allerdings: in meinem Fall haben einige der Patres, die auch auf dem Gymnasium unterrichteten, sich vorher mit mir zusammengesetzt und Zeugnisse gelesen und mich "getestet" - um danach dann zu sagen, dass sie mich selbstverständlich auf der Schule haben wollten... - vielleicht wäre das auch mal eine sinnvolle Ergänzung: wenn keine Empfehlung, dann wird im Einzelfall nach Prüfung entschieden?

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.260

27.05.2013 12:11
#39 RE: Werden die Eltern immer ehrgeiziger? Antworten

Zitat von adder im Beitrag #38

...Ich habe mit einem Notendurchschnitt von 1,x in Klasse 4 (Sport 2 und Betragen 3, Rest 1) keine Empfehlung fürs Gymnasium bekommen, sondern die Empfehlung, in der Orientierungsstufe bitte zu prüfen, ob ich denn wenigstens für die Realschule tauge ...


Ohne jetzt die aktuelle Rechtslage in NRW zu prüfen behaupte ich einfach mal, dass eine solche Entscheidung weder vor ein paar Jahren noch heute in NRW möglich ist. Die Empfehlung für eine Schulform muss selbstverständlich den Notendurchschnitt berücksichtigen, vor allem die Noten der Kernfächer. Die Gymnasialempfehlung bei entsprechenden Noten zu verweigern ist vollkommen ausgeschlossen und würde, wenn ein Lehrer tatsächlich mal auf Dope wäre, bei Widerspruch schneller vom Dienstherrn kassiert, als ihr "Superkallifragelistik" sagen könnt.

Ich habe auch noch keine -in Worten: keine- Untersuchung gelesen, die solche Phänomene beklagen würde. Die entsprechenden Untersuchungen beziehen sich durchgehend nicht auf die eindeutigen Fälle. Sondern immer nur auf die Grenzfälle. Was ist mit einem Kind, dass in allen Kernfächen (Deutsch, Mathe Englisch) 3 oder gar 4 steht? Gymnasium oder nicht? Erst hier beginnt die tatsächliche Macht der Lehrer, denn solche Grenzfälle können nur individuell entschieden werden - so fern man überhaupt das Werkzeug "Empfehlung" einsetzt und den Zugang zum Gymnasium nicht vollständig den Eltern überlässt.
Freundliche Grüße Frank

adder Offline




Beiträge: 1.073

27.05.2013 12:36
#40 RE: Werden die Eltern immer ehrgeiziger? Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #39
Zitat von adder im Beitrag #38

...Ich habe mit einem Notendurchschnitt von 1,x in Klasse 4 (Sport 2 und Betragen 3, Rest 1) keine Empfehlung fürs Gymnasium bekommen, sondern die Empfehlung, in der Orientierungsstufe bitte zu prüfen, ob ich denn wenigstens für die Realschule tauge ...


Ohne jetzt die aktuelle Rechtslage in NRW zu prüfen behaupte ich einfach mal, dass eine solche Entscheidung weder vor ein paar Jahren noch heute in NRW möglich ist. Die Empfehlung für eine Schulform muss selbstverständlich den Notendurchschnitt berücksichtigen, vor allem die Noten der Kernfächer. Die Gymnasialempfehlung bei entsprechenden Noten zu verweigern ist vollkommen ausgeschlossen und würde, wenn ein Lehrer tatsächlich mal auf Dope wäre, bei Widerspruch schneller vom Dienstherrn kassiert, als ihr "Superkallifragelistik" sagen könnt.

Ich habe auch noch keine -in Worten: keine- Untersuchung gelesen, die solche Phänomene beklagen würde. Die entsprechenden Untersuchungen beziehen sich durchgehend nicht auf die eindeutigen Fälle. Sondern immer nur auf die Grenzfälle. Was ist mit einem Kind, dass in allen Kernfächen (Deutsch, Mathe Englisch) 3 oder gar 4 steht? Gymnasium oder nicht? Erst hier beginnt die tatsächliche Macht der Lehrer, denn solche Grenzfälle können nur individuell entschieden werden - so fern man überhaupt das Werkzeug "Empfehlung" einsetzt und den Zugang zum Gymnasium nicht vollständig den Eltern überlässt.
Freundliche Grüße Frank


Niedersachsen - nicht NRW. Ich bin erst ab Klasse 9 nach NRW gewechselt. Ich denke auch, dass es mittlerweile nicht mehr so laufen wird - zumindest hoffentlich. Allerdings halte ich es für sehr empfehlenswert, dem Gymnasium selbst (natürlich auch entsprechend der Gesamt- oder Realschule selbst) zu gestatten, Schüler aufzunehmen oder eben begründet nicht, anstatt die Macht dazu vollständig auf die Grundschule zu verlagern.

Frankenstein Offline




Beiträge: 888

27.05.2013 13:01
#41 RE: Werden die Eltern immer ehrgeiziger? Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #21
Und noch ein Nachtrag zum zweiten Bildungsweg: Meine Lebensgefährtin hat mit Mitte 20 ihr Abi an einer Berufsoberschule nachgemacht, und die Anforderungen sind, wenn ich an meine Gymnasialzeit zurückdenke, deutlich höher gewesen als am Gym.

Ich habe mich bei der Abschlussfeier mit einem Lehrer unterhalten, der das Ganze sehr kritisch gesehen hat. Unter anderem gab er als Begründung für ein relativ radikales Aussieben an, dass es auf der BOS natürlich keine Elternlobby mehr gibt (ein Hinweis, dass das Engagement der Eltern durchaus Einfluss auf die Notengebung hat). Außerdem war es gerade das Jahr der doppelten Gym-Abiturjahrgänge in Bayern, und die Studentenschwemme ohnehin schon vorprogrammiert.

Also mein Respekt vor dem zweiten Bildungsweg ist deutlich gestiegen, seitdem ich ihn in der Familie miterlebt habe!

Gruß Petz

Ich habe nach dem Abitur und anschliessendem Intermezzo erstmal eine Lehre angetreten (Energieelektroniker Anlagentechnik). Das Niveau der Berufsschule war nicht nur höher als das meiner vermeintlich elitären Gymnasien (ich war zunächst am Johanneum zu Lübeck und wechselte dann ans Katharineum der gleichen Stadt), sondern zudem auch inhaltlich in allen Belangen näher an der Lebensrealität, die Weltfremdheit des Stoffes der gymnasialen Oberstufe war einfach unfassbar (man muss dazu sagen, dass die Lehrer an der Berufsschule teilweise Weltklasse waren, selbst im Fach Religion - mehr so eine Art Dozieren über Gott und die Welt - haben wir darum gebettelt, ausgefallene Stunden nachholen zu dürfen). Ich habe daher die verschenkten 3 Jahre an der Oberstufe immer bedauert und hätte diese im Nachhinein gerne nach der Lehre an einem Fachgymnasium absolviert.

Alle für mich wichtigen Kenntnisse (ausser Lesen, Rechnen und Schreiben in der Grundschule) habe ich mir jedenfalls gegen die oder abseits der Schule zugeeignet (insbesondere Mathematik, Englisch, Technik, Ökonomie, Musik, Zeichnen/Malen und sogar Sport). Für Kinder und Jugendliche, die neu- bzw. wissbegierig sind und gerne lernen, sind die staatlichen Zwangssschulen mit ihrem verbindlichen Fächerkanon und Zeitintervallen (alle 45 Minuten ein völlig anderes Thema? Wirklich?) eine einzige Zumutung. Teile der Passivität, Athapie und Lethargie, die die Schule in all den Jahren in mich hineingepresst hat, konnte ich leider bis zum heutigen Tage nicht abstreifen und werde sie daher bis zu meinem Tod mit mir herumtragen. Zugegeben: eine subjektive Sichtweise, aber ich weiss, dass ich bei weitem nicht der einzige bin, dem es so ergangen ist.

uniquolol Offline




Beiträge: 254

29.05.2013 23:08
#42 RE: Werden die Eltern immer ehrgeiziger? Antworten
Claudio Casula - "Migrant an Migrant: Rutschen Sie mir den Buckel runter!" - achgut
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/d...n_buckel_runter
xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

30.05.2013 08:12
#43 RE: Werden die Eltern immer ehrgeiziger? Antworten
Zitat von Frankenstein im Beitrag #41
Ich habe nach dem Abitur und anschliessendem Intermezzo erstmal eine Lehre angetreten (Energieelektroniker Anlagentechnik). Das Niveau der Berufsschule war nicht nur höher als das meiner vermeintlich elitären Gymnasien (ich war zunächst am Johanneum zu Lübeck und wechselte dann ans Katharineum der gleichen Stadt), sondern zudem auch inhaltlich in allen Belangen näher an der Lebensrealität, die Weltfremdheit des Stoffes der gymnasialen Oberstufe war einfach unfassbar (man muss dazu sagen, dass die Lehrer an der Berufsschule teilweise Weltklasse waren, selbst im Fach Religion - mehr so eine Art Dozieren über Gott und die Welt - haben wir darum gebettelt, ausgefallene Stunden nachholen zu dürfen).

Interessant, jetzt verstehe ich, warum es in Deutschland keine HTLs gibt, bei den Niveau der Berufsschulen.
Hausmann Offline



Beiträge: 710

02.06.2013 17:57
#44 RE: Werden die Eltern immer ehrgeiziger? Antworten

Zitat von Frankenstein im Beitrag #41
Alle für mich wichtigen Kenntnisse (ausser Lesen, Rechnen und Schreiben in der Grundschule) habe ich mir jedenfalls gegen die oder abseits der Schule zugeeignet (insbesondere Mathematik, Englisch, Technik, Ökonomie, Musik, Zeichnen/Malen und sogar Sport). Für Kinder und Jugendliche, die neu- bzw. wissbegierig sind und gerne lernen, sind die staatlichen Zwangssschulen mit ihrem verbindlichen Fächerkanon und Zeitintervallen (alle 45 Minuten ein völlig anderes Thema? Wirklich?) eine einzige Zumutung.[...]

Wozu überhaupt der staatliche Schulzwang?

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Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

17.07.2013 23:55
#45 RE: Werden die Eltern immer ehrgeiziger? Antworten

Hier auf der Achse was zum Thema:

Zitat
Kinder sind nicht mehr das zufällige Nebenprodukt eines Geschlechtsverkehrs, sondern sorgsam im Lebenslauf zweier Erwachsener geplante Wunschkinder. Zwischen Karriere und Ablaufen der biologischen Uhr werden sie zielgenau terminiert. Als Glücksversprechen des eigenen Lebensentwurfes müssen sie aber auch unbedingt halten, was wir mit ihnen planten. Nein, wir erwarten natürlich nicht mehr, dass sie den väterlichen Betrieb übernehmen oder züchtige Hausfrauen werden – viel schlimmer: Wir, die wir einige Karriereschritte für sie zurückgingen und von schlaflosen Nächten mit Säuglingen wie von einem großem Trauma sprechen, fordern von unserem Nachwuchs regelrecht, dass er die Investition wettmacht. Mit Argusaugen beobachten wir deshalb seine Entwicklung und lesen tonnenweise Erziehungsratgeber. Wir können bei der Aufzucht keinerlei Risiko mehr eingehen, lassen zu hohe Klettergerüste auf dem Spielplatz per Bürgerbegehren abbauen und kontrollieren die Wege der Kleinen via Handy-Ortung. Entwicklungsverzögerungen werden minutiös festgestellt und mit Ergo- und Logotherapien sofort behandelt, um nur ja nichts zu „versäumen“.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/d...gt_die_kindheit

Gruß Petz

"The problem with quotes from the Internet is that it is difficult to determine whether or not they are genuine" - Abraham Lincoln

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