Zur Abwechslung beschäftige ich mich mal mit einem weichen Thema: warum ich es für einen Mythos halte, dass Eltern immer ehrgeiziger werden, begründe ich hier.
Ich halte die Behauptung keinesfalls für einen Mythos.
Zitat Statt dessen behaupte ich, dass die Eltern weniger Kinder bekommen, um in Summe weniger Zeit für die eigenen Kinder aufwenden zu müssen.
Wer nicht viel Zeit für sein Kind aufwenden will, aber das Kind trotzdem fördern will schickt es einfach: Zum Schwimmen, Reiten, Fussball, Musikunterricht, ... oder einfach zum Nachhilfeunterricht.
Zitat Der Trend geht ja nicht etwa zu "Alle auf´s Gymnasium", sondern der Trend ist eher "Alle weg von der Hauptschule". Der Trend ist also keine Aussage für eine bestimmte (vermeintlich höhere) Schulform als mehr eine Aussage gegen eine bestimmte Schulform. Gesamtschulen, Stadtteilschulen, Schulen mit besonderen pädagogischen Leitlinien... das klingt eher danach, dass man der Vielfalt der Lebensentwürfe der Eltern und (im Optimalfall) der Vielfalt der Kinder gerecht werden möchte. Das kann im Endeffekt sogar weniger Leistungsdruck bedeuten.
Als Alternative bleiben immer noch Privatschulen für die Ehrgeizigen.
Ich stimme in weiten Teilen zu. Möglicherweise stimmt aber dennoch beides. Ehrgeiz und Delegation. Ich beobachte immer öfter, daß Eltern in aggressiv-fordernder Weise von Lehrern bestimmte Notenbilder und Empfehlungen für weiterführende Schulen einfordern, z. T. unter Einsatz juristischer Mittel oder deren Androhung. Dergleichen ist mir von mehreren Lehrern vorgetragen worden; bisweilen liest man davon auch in den Medien. Wenn die Eltern mit Lehrern und Schulbehörde so einen Aufwand betreiben, dann kann man das, denke ich, als Hinweis für beides sehen: ausgesprochene Leistungsorientierung der Eltern mit Blick auf die Kinder und Delegation der Verantwortung für diese (dann ggf. ausbleibende) Leistung an andere bzw. den Staat.
ich glaube auch nicht, dass Eltern im Mittel ehrgeiziger werden. Wenn man die Studien liest, dass mittlerweile gefühlt 99% der Kinder (Stichwort: "Kinderarmut") sowieso im bildungsfernen Hartz-2-RTL-4-Milieu aufwachsen, während das ebenso gefühlt dahinbrechende Bildungsbürgertum den Genpool vernachlässigt, kommt das sowieso nicht in Frage.
Ich glaube, dass der Ehrgeiz der Eltern, die ihn tatsächlich haben, einfach nur auffälliger geworden ist. Zum einen durch die mediale Vermittlung: Da die Medienschaffenden nichts lieber tun, als selbstrefentiell im eigenen Saft zu recherchieren, bilden sie genau das Bionade-Milieu ab, das tatsächlich einen unsympathisch erhöhten Ehrgeiz an den Tag legen dürfte.
Zum anderen ist Bildung durch die seit den 70er Jahren andauernden Debatten zum Diskussionsgegenstand geworden. Es gibt nicht nur 80 Millionen Bundestrainer in Deutschland, sondern auch mindestens 10 Millionen Kultusminister. Der Respekt vor der Schule als "höhere Lähr-ans-talt" (Prof. Crey in "Die Feuerzangenbowle") ist dahin, deswegen trauen sich auch viel mehr Eltern die Klappe scheunentorweit aufzureißen und das Schulsystem sowie die individuellen Lehrer in Bausch und Bogen zu verdammen, wenn die Sprößlinge nicht die Noten haben, die ihnen zustehen..
Dazu, und das fehlt mir in Ihrem Artikel etwas, wenn Sie sich auf die Zuwendung der Eltern in rein quantitativer Form beziehen - die Qualität der Zuwendung hat sich im als "überehrgeizig" kritisierten Milieu bisweilen geändert. Zum einen findet eine gleichzeitige Vergottung und Pathologisierung der kindlichen Persönlichkeit statt. Mein Kind hat einen IQ von 250, aber es hat ADHS, Legasthenie, 20 Nahrungsmittelallergien usw. Ich würde die Gesellschaft nicht kinderfeindlich nennen, sondern eher vom Kind entfremdet. Die Selbstverständlichkeit ist verschwunden, der Druck lastet auf den Eltern, die ihn an die Kinder weitergeben.
Gruß Petz
"The problem with quotes from the Internet is that it is difficult to determine whether or not they are genuine" - Abraham Lincoln
Nichts gegen die Ausführungen in dem Artikel - aber aus Lehrer-Sicht gibt es schon einen zunehmenden Ehrgeiz der Eltern für ihre Kinder. Das äußert sich nach meinem Alltagseindruck z.B. in folgendem Verhalten:
Öfter als früher üben manche Eltern teilweise erheblichen Druck auf die Grundschullehrerinnen aus, eine uneingeschränkte Gymnasialempfehlung auszusprechen. Das berichten zum einen die Grundschullehrerinnen selbst, die an der ersten Klassenkonferenz in Klasse 5 teilnehmen. Da wundert man sich an der weiterführenden Schule, warum dieses heillos überforderte Kind am Gymnasium ist - und die GS-Lehrerin verweist leicht betreten auf die Eltern: "Ja, das wundert mich nicht, aber die Eltern haben so viel Druck gemacht, mir gegenüber, dem Kind gegenüber, Sie verstehen, der Vater ist ja auch Rechtsanwalt, nun, ..."
Eltern von Fünftklässlern kommen vor den ersten Herbst- oder Weihnachtsferien in die Sprechstunde: "Was muss mein Kind in den Ferien für die Schule tun? Bitte nennen Sie mir Fördermaterial." - "Ihr Kind braucht in den Ferien gar nichts zu tun außer sich zu erholen und mal ein Buch zu lesen." - "Neineinein, zwei Wochen ohne Lernen, das geht gar nicht!"
Elterngespräch vor ein paar Wochen. Der Sohn, Klasse 5, ein ganz ordentlicher Schüler hat seine schlechteste Arbeit, eine Drei, geschrieben. Die Mutter verlangt sofort dringendst nach einem Termin und trägt dann mit Empörungstremolo in der Stimme vor, ich hätte die genaue Aufgabenzusammenstellung für die Arbeit nicht vorher bekanntgegeben. Dass natürlich alle Themen und Inhalte am Tag vorher nochmal an der Tafel standen, der Filius aber nicht aufgepasst hat - spielt natürlich keine Rolle. Das Gespräch gipfelt in dem Satz: "Wenn Sie mich [!! sagt die Mutter] vorher besser über die Arbeit informiert hätten, dann hätte X jetzt eine bessere Arbeit geschrieben!"
Dann gibt es die Eltern, die sich wegen Noten im ungefährdeten Bereich auf Halbjahreszeugnissen bei der Schulleitung melden und sich beschweren, die Zusammensetzung der Note sei unklar; ob denn die Leistungen in den Vokabeltests auch hinreichend beachtet worden seien; die Note für die schweigsame Tochter sei ungerecht, denn sie sei nur schweigsam wegen der Kommentare eines vorlauten Mitschülers ... Auch hier wieder: Natürlich müssen Noten transparent und gerecht sein. Aber: Wegen einer 3 auf einem Halbjahreszeugnis, die nun so etwas von egal ist, ohne besonderen Grund die große Welle zu machen, das ist schon eigenartig.
Ein ganz neues Phänomen sind Eltern von Oberstufenschülern, die zum Elternsprechtag kommen. Das ist neu mit G8 und gab es in G9 nicht oder kaum. Nichts gegen Eltern, die sich für ihre Kinder interessieren. Nur: Die Eltern der Problemkandidaten, die lassen sich nicht blicken, auch wenn man sie einbestellt. Aber die Eltern von denen, bei denen es eh läuft, die kommen mit Besorgnis im Gesicht, nur im zu hören, dass es keine Probleme gibt.
Dann wird in Gesprächen deutlich, dass die Eltern schon von Unterstufenschülern das Leben ihrer Kinder verplanen und vorplanen: Klasse 7: "Mein Sohn soll nach der SekI ein Jahr ins AUsland. Wird er jetzt darauf gut genug vorbereitet?" Kurswahlberatung am Ende der Sek.I: "Meine Tochter soll ... studieren. Welche Kurse soll sie da am besten wählen?"
All dies und noch viel mehr hat in den letzten Jahren zugenommen, ist teilweise auch ein völlig neues Phänomen. Mehr Ehrgeiz der Eltern für ihre Kinder? JA!
Zitat von Gansguoter im Beitrag #5Ein ganz neues Phänomen sind Eltern von Oberstufenschülern, die zum Elternsprechtag kommen. Das ist neu mit G8 und gab es in G9 nicht.
Hmmm. Dieses Phänomen gab es schon vor über 20 Jahren an einer gewissen Schule in Baden-Württemberg zu beobachten. War das normalste von der Welt damals. Und schon damals nicht neu.
Zitat Hmmm. Dieses Phänomen gab es schon vor über 20 Jahren an einer gewissen Schule in Baden-Württemberg zu beobachten. War das normalste von der Welt damals. Und schon damals nicht neu.
Aber jetzt kommen die Eltern derer, die es nciht nötig haben, und die Eltern sind überflüssigerweise, aber pflichtgemäß besorgt: "Wollte mal hören - G8 - Schulzeitverkürzung - Sorgen - die anderen Eltern machen sich auch Sorgen - in der Zeitung steht - Überforderung". Wie gesagt, Eltern, die sich berechtigterweise Sorgen machen müssten, die kommen nicht.
Zitat Mein Kind hat einen IQ von 250, aber es hat ADHS, Legasthenie, 20 Nahrungsmittelallergien usw.
DAs ist weitverbreitet. Der Lehrer sieht ein normal begabtes, nicht sonderlich gut erzogenes und eher faules Kind [faul meint: Hausaufgabenanfertigung ist Glückssache; besondere Anstrengung nur widerwillig]. Dieses Kind quatscht und stört, bekommt deswegen nicht immer alles mit, und kann nicht rechtschreiben. Die Eltern singen das Lied vom hochbegabten Kind und retten die Deutsch-Note, indem sie vom Kinderarzt ein LRS-Attest beibringen. Und das Stören wird damit entschuldigt, dass das Kind halt "unterfordert" sei. Aber warum das unterforderte Kind dann dauernd keine HA hat, wird ein Rätsel bleiben.
Werden die Eltern "nur" ehrgeiziger (was ich ebenso sehe wie Gansguoter) - oder sind es generell ganz andere Eltern? Ich vertrete letztere Meinung, und zwar aus häufiger Anschauung. Der gesamte Umgang von Eltern mit ihren Kindern ist heute völlig verändert. Auf verblüffende Weise verändert!
(Achtung, ich beziehe mich im folgenden auf Kinder zwischen 2 und 8 Jahren).
Erstens existiert eine generelle Unsicherheit der Erwachsenen gegenüber dem Kind. "Huch, was muß ich jetzt alles tun/unterlassen, damit es ja meinnem Kind _immer_ gutgeht? Mache ich auch wirklich nichts flasch?" Und die Antwort auf diese Unsicherheit besteht einerseits in einer gräßlichen Überversorgung, andereseits in einer Rollenvertauschung: die Eltern machen, was das Kind sagt. Denn, so der Gedanke: wenn das Kind etwas sagt, dann wird das schon seinen Grund haben, und wenn es nicht gemacht wird, dann könnte das Kind Schaden erleiden.
Hier ist in der Formulierung "DAS Kind" gleich inbegriffen, daß sich alle Bemühungen, und zwar einer ganzen Sippe(!), meist auf nur EIN Kind konzentrieren, welches dann eben DAS Kind ist, im Sinne eines Kronprinzen.
Ja, die Penetranz, mit der Mittelschicht-Mütter heute über ihrem Kind glucken, ihm jedwede "Förderung" angedeihen lassen, ihm möglichst jede Schwierigkeit ersparen, sich selber heftig beschränken, damit ja dem Kinde keine Einschränkung zugemutet werden muß, das ist schon besorgniserregend. man weiß gar nicht, wo anfangen, wo aufhören. Vater oder Mutter gehen täglich mit dem Kind zu bett und bleiben dort anwesend bis zum Einschlafen. Kann 1,2 Stunden dauern. Nur machbar, wenn es kein weiteres Kind gibt. Eltern rennen wegen jeder Kleinigkeit zum Arzt und probieren sich im medizinischen Overkill. Eltern, Verwandte, Freunde beschenken das Kind mit allem, was nur jemals über des Kindes Lippen kam, und mehr.
Am schlimmsten finde ich aber, daß junge moderne Eltern nicht begreifen, daß ihr Kind vom Erwachsenen meilenweit entfernt ist. das Kind hat eine gleichberechtigte Stimme von anfang an, entscheidet also "kompetent" mit, was die Familie tut: wohin fahren wir im Urlaub, Maxi? Wo möchtest du hin? was möchtest du essen? Möchtest du dies, möchtest du das?
Verhält sich das Kind unerträglich, unpassend, störend, verstehen die Eltern nicht (mehr) daß dies mit Erziehung/Grenzen setzen lösbar wäre. Nein, das Kind ist ja schon fertig, und wenn es gerne laut kreischt, dann soll es kreischen, ein Unterbinden dessen ist dem Kind nicht zuzumuten. Gar keinerlei Grenzen sind dem Kind zuzumuten. In jedes Gespräch darf es ungehindert hineinplatzen, sofort ist ihm alle Aufmerksamkeit gewiß. Warten ist nicht zumutbar, länger Allein-Spielen ist nicht zumutbar, usw. usw.
Einen tiefen Einblick in die Problematik hat ja bereits vor Jahren M. Winterhoff mit seinem Buch ("warum unsere Kinder Tyrannen werden") gegeben, darin auch das Phänomen der Eltern-Kind-Symbiose beschrieben, das jetzt sehr gehäuft auftritt.
Naja, sicher haben auch in den 70ern viele Leute schon die damaligen Erziehungsstrategien kritisiert, Läbbe geht weiter.
Trotzdem: mich ärgert dieser massive Rollentausch Kinder/Erwachsene, irgendwie erscheint mir das nicht gesund.
Zitat Am schlimmsten finde ich aber, daß junge moderne Eltern nicht begreifen, daß ihr Kind vom Erwachsenen meilenweit entfernt ist. das Kind hat eine gleichberechtigte Stimme von anfang an, entscheidet also "kompetent" mit, was die Familie tut: wohin fahren wir im Urlaub, Maxi? Wo möchtest du hin? was möchtest du essen? Möchtest du dies, möchtest du das?
Oh ja. "Wir haben das mit Maxi besprochen. Maxi und ich sind der Ansicht, dass ..."
Die Krönung war eine E-Mail von Eltern Kl. 5. Ich hatte alle Eltern informiert, dass ein Förderunterricht eingeteilt wird, in den ich einige Schüler schicken würde. Postwendend kam von Eltern eines Schülers die Antwort: "Danke für die Information. Wir haben das Thema Förderunterricht mit ... besprochen. Er sieht für sich im Moment keinen Bedarf. Deswegen braucht er daran nicht teilzunehmen." Wir reden hier von einem Herrn Fünftklässler, 10 Jahre.
Zitat von Gansguoter im Beitrag #5 Öfter als früher üben manche Eltern teilweise erheblichen Druck auf die Grundschullehrerinnen aus, eine uneingeschränkte Gymnasialempfehlung auszusprechen. Das berichten zum einen die Grundschullehrerinnen selbst, die an der ersten Klassenkonferenz in Klasse 5 teilnehmen. Da wundert man sich an der weiterführenden Schule, warum dieses heillos überforderte Kind am Gymnasium ist - und die GS-Lehrerin verweist leicht betreten auf die Eltern: "Ja, das wundert mich nicht, aber die Eltern haben so viel Druck gemacht, mir gegenüber, dem Kind gegenüber, Sie verstehen, der Vater ist ja auch Rechtsanwalt, nun, ..."
Man kann gerade dieses Thema auch von zwei Seiten sehen: Es sind nämlich nicht immer die Kinder überfordert, es kommt auch vor, dass selbstherrliche Lehrer meinen ihre Beurteilung sei die einzig richtige und sie sind über jeden Fehler erhaben. Das ist mir sehr präsent, weil ich es erlebt habe. Ich habe nur eine eingeschränkte Gymnasialempfehlung, und selbst die liest sich durch die Zeilen als eindeutige Empfehlung das Kind nicht dahinzuschicken sondern sich eine passende Real oder Hauptschule zu suchen. Glücklicherweise war das damals nicht bindend (in einigen Bundesländern ist das wohl anders) und meine Eltern bestanden auf einer Anmeldung auf dem Gymnasium. Und, oh wunder, ich war immernoch nicht überfordert (sondern unterfordert, aber das ist ein anderes Thema). Ich habe mein Abitur als Jahrgangsdritter abgeschlossen, Studium und Promotion sind gefolgt. All das wäre nicht passiert, wenn es nach meinen Grundschullehrern gegangen wäre. Ich gehe davon aus, dass man das Verhalten meiner Eltern wohl auch als Druck ausgelegt hätte, zumindest von Seiten dieser Lehrer. Vergessen wird dabei gerne, dass unabhängig vom Ehrgeiz der Eltern, diese die Kinder schon ein bischen länger und besser kennen als die Grundschullehrer. Nur mal so als kleine Notiz am Rande.
Keine Ahnung ob es wirklich mehr Ehrgeiz bei heutigen Eltern gibt. Wenn es so ist, dann würde ich das als sehr positive Entwicklung sehen. Es gibt dieses schöne Ideal, dass in Deutschland m.E. nach viel zu wenig verbreitet ist, und das ist das "mein Kind soll es mal besser haben". Was wäre so falsch daran ? Deutschland liegt im internationalen Wettbewerb mit Nationen, die deutlich (!) mehr Ehrgeiz an den Tag legen, gerade in Bezug auf ihre Kinder. Wer sich mal ansieht wie in einigen asiatischen Staaten die Kinder gedrillt werden, der hat eine Vorstellung dazu, wie der Wettbewerb von morgen aussehen wird.
Ich teile die Meinung, dass die vier aufgeführen Fakten wenig darüber aussagen, ob jetzt mehr Ehrgeiz da ist oder nicht. Warum die deutschen weniger Kinder bekommen wird an tausend Stelle diskutiert, Ehrgeiz habe ich dabei noch nie als Argument vernommen.
Wie dem aber auch sei, wenns mehr Ehrgeiz gibt, dann hallamarsch, wer in seinem Leben früh lernt und Spass am Arbeiten entwickelt wird es später mal deutlich einfacher haben. Das wird vermutlich deutlich mehr nützen als schaden. Denn bei all dem Sorgen machen über die Belastung der Kinder sollte man sich schon klarmachen, dass die Kinder vor 100 Jahren deutlich mehr belastet wurden. Klar muss man irgendwo Grenzen ziehen, Kinder sind ja keine Maschinen, aber ich glaube von dieser Grenze sind wir in Deutschland noch sehr weit entfernt. Wenn ein Kind von 10 Jahren einen 14 Stunden Tagesplan hat, dann ist das vermutlich nicht gesund, aber wenn umgekehrt ein Kind von besagten 10 Jahren anderthalb Monate in den Sommerferien zuhause rumsitzt (um nicht zu sagen gammelt) und den ganzen Tag vor der Playstation verbringt, dann wäre etwas mehr Ehrgeiz sehr wünschenswert.
Zitat von Gansguoter im Beitrag #5 Öfter als früher üben manche Eltern teilweise erheblichen Druck auf die Grundschullehrerinnen aus, eine uneingeschränkte Gymnasialempfehlung auszusprechen. Das berichten zum einen die Grundschullehrerinnen selbst, die an der ersten Klassenkonferenz in Klasse 5 teilnehmen. Da wundert man sich an der weiterführenden Schule, warum dieses heillos überforderte Kind am Gymnasium ist - und die GS-Lehrerin verweist leicht betreten auf die Eltern: "Ja, das wundert mich nicht, aber die Eltern haben so viel Druck gemacht, mir gegenüber, dem Kind gegenüber, Sie verstehen, der Vater ist ja auch Rechtsanwalt, nun, ..."
Man kann gerade dieses Thema auch von zwei Seiten sehen: Es sind nämlich nicht immer die Kinder überfordert, es kommt auch vor, dass selbstherrliche Lehrer meinen ihre Beurteilung sei die einzig richtige und sie sind über jeden Fehler erhaben.
Das mit der Gymnasialempfehlung ist durchaus ein leidiges Thema. Ich weiß gar nicht mehr, wie das bei mir damals war, ich glaube aber es gab (BY, 1989) nur ein Übertrittszeugnis, und wenn man in Deutsch, Mathe und Heimat- und Sachkunde auf 2,33 im Schnitt gestanden ist, war das ein Freifahrtschein aufs Gym.
Allerdings meine ich auch erlebt zu haben, dass die Sympathie meiner GrundschullehrerInnen durchaus einen Einfluss auf den Schulerfolg der Schüler gehabt hat. Z. B. sind aus meiner Klasse deutlich mehr mehr Mädchen aufs Gym gewechselt, als es statistisch zu erwarten gewesen wäre. Dazu kam auch (Kleinstadt) der Beruf bzw. die soziale Stellung der Eltern dazu. Es fordert halt einen gewissen Schneid, der Tochter des ortsansässigen Hausarztes den Übertritt aufs Gym zu verweigern.
Ich glaube, dass an beiden "Sichten" hier etwas dran ist.
Gruß Petz
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Zitat von Llarian im Beitrag #13s gibt dieses schöne Ideal, dass in Deutschland m.E. nach viel zu wenig verbreitet ist, und das ist das "mein Kind soll es mal besser haben". Was wäre so falsch daran ? Deutschland liegt im internationalen Wettbewerb mit Nationen, die deutlich (!) mehr Ehrgeiz an den Tag legen, gerade in Bezug auf ihre Kinder. Wer sich mal ansieht wie in einigen asiatischen Staaten die Kinder gedrillt werden, der hat eine Vorstellung dazu, wie der Wettbewerb von morgen aussehen wird.
Das ist ja nicht das Thema. Ich habe eine gute Freundin russischer Abstammung, die als Kind mit dem Rohrstock ans Klavier geprügelt wurde und mittlerweile ihren Sohn ebenfalls ziemlich "anspornt", was schulische Leistungen angeht. Der Bub hats zwar nicht leicht, aber ich bin sicher, dass er im Rahmen seiner Möglichkeiten das Optimum erreichen wird.
Was Gansguoter und ich kritisieren ist eine Anspruchshaltung der Eltern auf Schulerfolg der Kinder unter Umgehung des Drills!
Gruß Petz
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Zitat von Llarian im Beitrag #12Das ist mir sehr präsent, weil ich es erlebt habe. Ich habe nur eine eingeschränkte Gymnasialempfehlung, und selbst die liest sich durch die Zeilen als eindeutige Empfehlung das Kind nicht dahinzuschicken sondern sich eine passende Real oder Hauptschule zu suchen. Glücklicherweise war das damals nicht bindend (in einigen Bundesländern ist das wohl anders) und meine Eltern bestanden auf einer Anmeldung auf dem Gymnasium. Und, oh wunder, ich war immernoch nicht überfordert (sondern unterfordert, aber das ist ein anderes Thema). Ich habe mein Abitur als Jahrgangsdritter abgeschlossen, Studium und Promotion sind gefolgt. All das wäre nicht passiert, wenn es nach meinen Grundschullehrern gegangen wäre.
Verstehe ich das richtig: Ohne Gym-Empfehlung gibt es keine Möglichkeit auf Abitur und Studium?
Ich frag das als Österreicher (und ehemaliger Hauptschüler), der die Eigenheiten des deutschen Bildungssystems nicht kennt.
Zitat von xanopos im Beitrag #16 Verstehe ich das richtig: Ohne Gym-Empfehlung gibt es keine Möglichkeit auf Abitur und Studium?
Wie immer bei schwierigen Fragen ist die richtige Antwort: Jein.
Meister Petz hat ja gerade den regulären Übergang verlinkt. Darüber hinaus gibt es natürlich die Möglichkeit während der Schulkarriere zu wechseln (insbesondere ab Klasse 10) und man kann ja auch das Abitur auf der Abendschule nachholen. Dazu sind aber ein paar Sachen zu sagen: Zum einen werden Schüler, die von Real- oder Hauptschulen auf Gymnasium wechseln ganz gerne gemobbt. Und zwar nicht von den Schülern sondern von den Lehrern. Es gibt durchaus einige Lehrer mit elitärer Denke. Zum zweiten ist natürlich der Stoffumfang auf dem Gymnasium größer, entsprechend ist der Wechsel auch persönlich nicht einfach. Zum dritten ist der Wechsel des sozialen Rahmens (Stichwort Freunde) auch nicht zu vernachlässigen. Zusammengefasst: Möglich ist es. Aber es wird nicht einfacher.
Zitat von Llarian im Beitrag #18Zum einen werden Schüler, die von Real- oder Hauptschulen auf Gymnasium wechseln ganz gerne gemobbt. Und zwar nicht von den Schülern sondern von den Lehrern. Es gibt durchaus einige Lehrer mit elitärer Denke. Zum zweiten ist natürlich der Stoffumfang auf dem Gymnasium größer, entsprechend ist der Wechsel auch persönlich nicht einfach. Zum dritten ist der Wechsel des sozialen Rahmens (Stichwort Freunde) auch nicht zu vernachlässigen. Zusammengefasst: Möglich ist es. Aber es wird nicht einfacher.
Das stimmt. Meiner Erfahrung nach ging das nur bei Schülern gut, die die 5. Klasse an der Hauptschule gemacht haben und dann am Gym wiederholt haben, gut (die sechsstufige Realschule gab es zu meiner Übertrittszeit noch nicht); einen Fall, dass jemand nach der 10. ans Gymnasium gewechselt ist, habe ich nie erlebt. Das liegt aber daran, dass in Bayern die Fachoberschulen einen sehr guten Ruf haben und deshalb gern in Anspruch genommen werden.
Umgekehrt habe ich es oft erlebt, dass Schülern, die im Gym in der 10. Klasse schlecht waren, der Wechsel auf die FOS oder in eine Ausbildung nahegelegt wurde, was dann auch einige gemacht haben.
Gruß Petz
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Zitat von Meister Petz im Beitrag #15 Das ist ja nicht das Thema.
Das Thema ist Ehrgeiz der Eltern, oder ? Und ich denke darauf habe ich mich bezogen.
Zitat Was Gansguoter und ich kritisieren ist eine Anspruchshaltung der Eltern auf Schulerfolg der Kinder unter Umgehung des Drills!
Das ist ja auch richtig, aber das erschlägt ja nun auch nicht den ganzen Kontext. Das Eltern sich den Schulerfolg ihrer Kinder "erklagen" das gab es schon zu meiner Zeit vor 20 Jahren. Und ganz falsch finde ich es nicht, weil es auch die Lehrer dazu bringt über transparente und nachvollziehbare Bewertungskriterien nachzudenken statt Noten aus dem Bauch heraus zu vergeben. Ich glaube schon, dass die Aufgabe der Bewertung für einen Lehrer eine sehr schwere sein kann, ebenso denke ich aber auch, dass man diese auch von einem Lehrer erwarten kann.
Natürlich finde ich es auch lächerlich, wenn Klagen darüber kommen ob auf einem Halbjahreszeugnis nun eine drei oder eine zwei (wie ich "pädagogische" Noten gehasst habe...) steht. Aber wenn sich an einer Gymnasialempfehlung soviel aufhängt, wenn die Frage entsteht ob das Abitur bestanden wird oder nicht, wenn es also wirklich um massive Folgen geht, dann müssen Entscheidungen überprüfbar und nachvollziehbar sein. Ich bin, wie wir alle, in meiner Schulzeit oft benotet worden. Meistens fair, manchmal zu gut und in eingen Fällen auch unfair. Ich hatte das "Glück", dass die unfairen Benotungen nie wirklich Folgen für mich hatten. Aber das ist eben auch Glück. Wenn eine unfaire Benotung dazu führt, dass jemand eine Jahrgangsstufe wiederholen muss, sein Abitur nicht schafft oder auf einer Schule landet, die nicht für ihn geeignet ist, dann sind das derart massive Folgen, dass sie korrigierbar sein müssen. Notfalls auch gerichtlich.
Wie die Verhältnisse genau liegen, ist schwer zu sagen, dafür bräuchte man wohl eine Kristallkugel, so oder so macht es m.E. nach nicht soviel Sinn von "den Eltern" oder "den Lehrern" zu reden. Es gibt faire Lehrer wie unfaire, es gibt blinde Eltern wie auch nichtblinde Eltern. Manche Eltern mögen zuviel Ehrgeiz haben und sehen nicht das ihre Kinder einfach das Talent nicht haben. Andere mögen etwas sehen was Lehrer nicht sehen.
Und noch ein Nachtrag zum zweiten Bildungsweg: Meine Lebensgefährtin hat mit Mitte 20 ihr Abi an einer Berufsoberschule nachgemacht, und die Anforderungen sind, wenn ich an meine Gymnasialzeit zurückdenke, deutlich höher gewesen als am Gym.
Ich habe mich bei der Abschlussfeier mit einem Lehrer unterhalten, der das Ganze sehr kritisch gesehen hat. Unter anderem gab er als Begründung für ein relativ radikales Aussieben an, dass es auf der BOS natürlich keine Elternlobby mehr gibt (ein Hinweis, dass das Engagement der Eltern durchaus Einfluss auf die Notengebung hat). Außerdem war es gerade das Jahr der doppelten Gym-Abiturjahrgänge in Bayern, und die Studentenschwemme ohnehin schon vorprogrammiert.
Also mein Respekt vor dem zweiten Bildungsweg ist deutlich gestiegen, seitdem ich ihn in der Familie miterlebt habe!
Gruß Petz
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Zitat Was Gansguoter und ich kritisieren ist eine Anspruchshaltung der Eltern auf Schulerfolg der Kinder unter Umgehung des Drills!
Das ist ja auch richtig, aber das erschlägt ja nun auch nicht den ganzen Kontext. Das Eltern sich den Schulerfolg ihrer Kinder "erklagen" das gab es schon zu meiner Zeit vor 20 Jahren. Und ganz falsch finde ich es nicht, weil es auch die Lehrer dazu bringt über transparente und nachvollziehbare Bewertungskriterien nachzudenken statt Noten aus dem Bauch heraus zu vergeben.
Aber ist das förderlich? Kriegen dann Juristenkinder bzw. allgemein die Kinder, deren Eltern am unverschämtesten in der Sprechstunde auftreten, im Zweifelsfall die bessere Note? Weil der Lehrer aus meschlich nachvollziehbaren Gründen Angst vor den Eltern hat? Wenn das so ist, leiden aufgrund der Schnittvorgaben die anderen darunter. Das ist auch nicht fair.
Zitat von Llarian im Beitrag #20Ich glaube schon, dass die Aufgabe der Bewertung für einen Lehrer eine sehr schwere sein kann, ebenso denke ich aber auch, dass man diese auch von einem Lehrer erwarten kann.
Richtig, aber ich muss auch erwarten können, dass er nicht vor den Eltern kuscht.
Zitat von Llarian im Beitrag #20Zitat:Natürlich finde ich es auch lächerlich, wenn Klagen darüber kommen ob auf einem Halbjahreszeugnis nun eine drei oder eine zwei (wie ich "pädagogische" Noten gehasst habe...) steht.
Wenn ich gerade an meine von sträflicher Faulheit geprägte Pubertätszeit zurückdenke, war es so: Stand im Halbjahreszeugnis eine 4, stand im Schlusszeugnis auch eine 4. Stand im Halbjahreszeugnis eine 5 mit Versetzungsgefährdung, stand im Jahreszeugnis eine 3. Der Erfolg der pädagogischen Note hat sich bei mir unmittelbar erwiesen.
Zitat von Llarian im Beitrag #20Wenn eine unfaire Benotung dazu führt, dass jemand eine Jahrgangsstufe wiederholen muss, sein Abitur nicht schafft oder auf einer Schule landet, die nicht für ihn geeignet ist, dann sind das derart massive Folgen, dass sie korrigierbar sein müssen. Notfalls auch gerichtlich.
Das ist ja alles richtig, und die richtige Schlammschlacht geht ja wohl auch erst bei der Studienplatzvergabe an... Ich finde es halt furchtbar, wenn es nicht mehr nur um die Fairness geht, sondern auch darum, dem eigenen Kind gegenüber den Mitschülern einen Vorteil zu verschaffen.
Gruß Petz
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Zitat von Gansguoter im Beitrag #5Nichts gegen die Ausführungen in dem Artikel - aber aus Lehrer-Sicht gibt es schon einen zunehmenden Ehrgeiz der Eltern für ihre Kinder.
Ein Lehrer meiner alten Schule wurde gefragt, ob denn die Schüler heute schwieriger oder braver wären, als früher, er überlegte eine Weile und sprach «die Eltern sind heut’ schwieriger».
Mich erstaunt, dass sich der ganze Ehrgeiz scheinbar nicht darauf richtet, dass die Kinder tatsächlich etwas fürs Leben lernen, sondern nur darauf Zertifikate einzusammeln:
Zitat Das Gespräch gipfelt in dem Satz: "Wenn Sie mich [!! sagt die Mutter] vorher besser über die Arbeit informiert hätten, dann hätte X jetzt eine bessere Arbeit geschrieben!"
Das mag zwar zu besseren Noten führen, aber davon hat das Kind vermutlich schon in einem halben Jahr nichts mehr. Unerwarteten Aufgaben werden ihm im späteren Leben aber ständig begegnen.
Zu meiner Schulzeit war es schon ähnlich. Wir konnten in der Oberstufe selber Fächer wählen. Gewählt wurden zumeist die Fächer, die gute Noten versprachen (Deutsch, Sozialkunde) und nicht die, die für das spätere Studium nützlich gewesen wären (Mathe, Physik, Chemie).
Weiterhin scheint mir, dass viele Eltern ihren Ehrgeiz auf «spielerische» Aufgaben (Schule, Sportverein, etc.) beschränken – jede «echte» Aufgabe (Zaun streichen, Glühbirne wechseln) aber von ihren Kindern fernhalten.
Der Widerstand gegen G8 bei vielen Eltern ist in der Tat ein starkes Indiz, dass viele Eltern eben doch nicht so ehrgeizig sind. Wobei G8 natürlich eine prima Entschuldigung bei schulischen Schwächen des Kindes sind. Dann sind oft alle schuld, nur nicht das Kind oder gar die Eltern selbst.
Ich denke, dass Eltern wohl tatsächlich mehr Druck machen, liegt an der Noteninfaltion. Als 80% nur einen Volks- oder Hauptschulabschluss hatten, war das kein Makel. Je großzügiger man gute Noten verteilt, desto höher werden zwangsläufig auch die Ansprüche der Arbeitgeber, was die formale Bildung anbelangt. In vielen Lehr- und Ausbildungsberufen werden Hauptschüler heute kaum noch genommen, weil die inzwischen eine Negativauslese darstellen. Wen man Noten und Bildungsabschlüsse großzügiger verteilt, entsteht ein Zwang zu besseren Noten und höheren Abschlüssen. In jedem erfolgreichen Schulsystem (auch im von den Linken so gelobten Finnland) wird irgendwann ausgesiebt. Das findet in Deutschland aber leider immer weniger statt. In ein paar Jahren wird das Abitur nahezu ein Grundrecht sein. Ausgesiebt wird natürlich irgendwann schon, nur viel später und viele werden länger als nötig im Bildungsystem gehalten. Und wer dann das Abi hat, und sei es noch mit noch so bescheidener Leistung, geht in keinen Handwerksberuf und macht lieber ein Schmalspustudium. So erreicht man dann irgendwann den angeblichen Fachkräftemangel tatsächlich.
OK, da bin ich wieder. Hatte einen schönen Abend. :-)
Zunächst möchte ich die implizite Frage von Meister Petz aufgreifen. Was verstehen wir unter "ehrgeizigen Eltern"? In meinem Artikel habe ich das so verstanden, dass es sich vorrangig um eine Interaktion zwischen Eltern und KINDERN handelt. gansquoter hat das als eine Interaktion zwischen Eltern und SCHULE uminterpretiert. Da sollten wir differenzieren.
Zum zweiten möchte ich noch mal die Tatsache betonen, dass die Anzahl der Kinder pro Familie sich dramatisch reduziert haben. Denn diese Tatsache wird hier nach meiner Auffassung zu sehr vernachlässigt. Wenn gansquoter sich beklagt, welcher Pillepalle inzwischen zwischen Eltern und Lehrern diskutiert wird, dann kann das auch schlicht daran liegen, dass die Eltern (speziell die Ein-Kind-Hausfrauen-Mütter) jetzt dafür Zeit haben. Wenn man drei oder vier Kinder hat, dann erzwingt allein schon die Anzahl der eigenen Kinder, dass man sich auf die wirklich wichtigen Probleme beschränkt. Wenn ich mir die Ein-Kind-Mütter so ansehe, dann kenne ich KEINE EINZIGE, die tatsächlich einen so brennenden Ehrgeiz in Bezug auf ihr Kind hat, wie man das teilweise von Asiaten oder Weißrussen hört. Fragt euch doch mal selbst: wie viele deutsche Eltern kennt ihr denn, auf die diese Charakterisierung "übereifriger Ehrgeiz" wirklich zutrifft? Naaa? Sehr ihr, da fällt euch keiner (oder kaum jemand) ein. Die Mütter, die jede Hausaufgabe der Kinder kontrollieren, mit den Lehrern Email-Schlachten führen und beim Elternsprechtag auch noch die Nebenfächer mitnehmen, das sind doch keine Frauen mit Ehrgeiz... die sind schlicht UNTERBESCHÄFTIGT und haben die Zeit, den schulischen Alltag ihres einen Kindes mit in jede Einzelheit zu kontrollieren.
Kommen wir zurück auf die Frage, wie wir "ehrgeizige Eltern" definieren wollen. Es ist klar, dass ein paar Beispiele nicht genügen, wie lustig die auch erzählt sein mögen. Denn auf jeden Elternteil, der sich vorab über den Stoff der nächsten Klassenarbeit informieren will, kommen vielleicht zehn, die sich nicht dafür interessieren...
Ich habe nur sehr wenig Kontakte zu Eltern, deren Kinder auf der Hauptschule oder Realschule sind. Wenn man den Untersuchungen glauben darf, dann sieht es aber in diesen Milieus mit der aktiven Unterstützung der Kinder durch die Eltern eher schlecht aus. Ehrgeiz wird man da eher selten finden. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass überehrgeizige Eltern im Umfeld der Gesamtschulen auch eher selten zu finden sein dürften. Wir reden also wohl nur vom gymnasialen Umfeld. Ich mache mal einen Anfang - Ergänzungen erwünscht:
Definition: (über)ehrgeizige Eltern -Beurteilung des Kindes nach den Leistungsergebnissen, nicht nach dem Leistungsaufwand (soll heissen: ein Kind, das sich irre anstrengt, kriegt für eine schlechte Note trotzdem eins auf die Nuss) - Definieren die Zuneigung zum Kind über dessen Leistungsergebnisse - Haben eine starke Abneigung gegen "sinnlose Tätigkeiten" beim Kind (soll heissen: wenn schon "spielen", dann wenigstens Klavier spielen -> und nicht Bude bauen) - Versuchen möglichst die Kontrolle über den schulischen Alltag zu behalten und vermeiden Risiken -> das Kind einfach mal ein Thema/Fach ausprobieren lassen ist eher unüblich - Vermeiden zusätzliche Belastungen, um den Unterstützungsaufwand für die Kinder nicht absenken zu müssen
Das sind natürlich alles nur Indizen und es müssen nicht alle Punkte bei allen überehrgeizgen Eltern vorhanden sein. Außerdem glaube ich, dass sich Überehrgeizt beio Vätern anders äußert als bei Müttern. Alles in allem glaube ich, dass der Druck von Eltern in Richtung Schule kaum ein Indiz für überehrgeizige Eltern ist. Überehrgeizige Eltern werden schlechte Noten ehr als Zeichen für ein Versagen des Kindes werten als ein Versagen der Schule. Ich vermute, dass der Druck von Eltern Richtung Schule eher ein Zeichen der allgemeinen Verrechtlichung unserer Gesellschaft ist. Anstatt Dinge informell zu klären oder auch mal füne grad sein zu lassen, wird erst geprüft ob es einen Paragraphen gibt, den man als Hebel anwenden kann. Eine Frau mit Stökelschuhen, die auf dem Marktplatz-Pflaster stürzt wird vielleicht zunächst versuchen, die Stadt dranzukriegen - anstatt sich über die richtige Wahl des Schuhwerks Gedanken zu machen. Ein Passant, der auf einem schneeigen Bürgersteig ausrutscht, wird vielleicht versuchen, den "Räumungspflichtigen Anwohner" dranzukriegen. Und so weiter und so fort. Und auch in der Schule wird eben zunehmend die Diskussion über Paragraphen und Anwälte geführt.
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