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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 48 Antworten
und wurde 6.670 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
wflamme Offline



Beiträge: 187

05.06.2013 14:57
#26 RE: Hilfspakete Antworten

Zitat
Ich weiß aus Einzelbeispielen aus Rheinland-Pfalz, daß Hochwassergefahr ein Malus für den Wert einer Immobilie ist. Kann ich mir auch gar nicht anders vorstellen. Ich glaube aber nicht, daß das irgendeiner schon mal flächendeckend untersucht hat.

Aber umgekehrt: Wenn es tatsächlich keinen Preisunterschied gäbe - dann ist man ja wirklich mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn man von zwei ansonsten gleichwertigen Objekten das mit Hochwasserrisiko kauft. Und so viel Dummheit wäre erst recht keine Sache des Steuerzahlers.



Kann ich mir durchaus anders vorstellen. Weil 'Hochwassergefahr' oder 'Hochwasserrisiko' eben eher eine Wahrnehmungs-/Interpretationsfrage ist, genau wie der Wert eines Hauses/Grundstücks. Die IKSR hat mal irgendwo ausgeführt, daß das 'Hochwassergedächtnis' betroffener Anwohner kaum 10 Jahre zurückreicht (sie haben es anders formuliert, aber das war etwa die Essenz). Kriegt man in deutlich kürzeren Abständen nasse Füße, wird das wohl als konkrete Hochwassergefährdung wahrgenommen und wird sich wohl auch im Preis niederschlagen. Werden die mittleren Abstände größer, ist's aber nicht bloß entsprechend weniger Hochwassergefährdung, sondern irgendwie gar keine Gefährdung mehr.

Und da unser Mindestschutz sich üblicherweise an HQ50 orientiert - also an Extremereignissen, die im Mittel nur alle 50 Jahre mal überschritten werden - kann es durchaus sein, daß die Gefährdung kaum irgendwo wirklich eingepreist wird.

Grüße,

Wolfgang Flamme

wflamme Offline



Beiträge: 187

05.06.2013 15:17
#27 RE: Hilfspakete Antworten

Zitat
Wassermassen, wie sie derzeit rollen, lassen sich davon sowieso nicht aufhalten.



Das ist mal ganz, ganz wichtig festzustellen. Solche Hochwasserkatastrophen mit ihren weiträumigen Überschwemmungen zeigen einfach auf, welche enormen Retentionsflächen die Natur bei solchen Ereignissen wo beansprucht. Wenn wir da was Geschütztes für uns abknapsen wollen, müssen wir - möglichst in der Nähe - entsprechend mehr geeigneten Raum gewähren. Andernfalls wird uns der Raum eben gegen alle Schutzanstrengungen gewaltsam genommen.

Grüße,

Wolfgang Flamme

Martin Offline



Beiträge: 4.129

05.06.2013 15:27
#28 RE: Hilfspakete Antworten

Zitat von Manfred Sachs im Beitrag #17
Und genau das stimmt so eben nicht. Die Saale tritt alle paar Jahre zum Teil massiv über ihre Ufer und flutet flußabwärts alle Anrainer. Dem Wasser ist es doch völlig wumpe, ob die Aue die es schwemmt bebaut ist oder nicht. Auch die Saalekaskade hilft da nicht viel, da es im Flußlauf einfach zuviele Zuflüße gibt. Halle liegt nun einmal ziemlich weit flußabwärts und bekommt somit volle Breitseite - diese Stadt hat im Laufe der Jahrhunderte schon manch verheerendes Hochwasser erlebt, wenn auch das Letzte dieses Ausmaßes wohl gut 400 Jahre zurückdatiert.


Da dürfte Jeder je nach Wohnort unterschiedliche Erfahrungen haben.

In alten Zeiten, als Lothar Späth noch Ministerpräsident von B-W war, da haben die Bürgermeister am Grundstückverkauf gut mit verdient, weil sie die notarielle Beurkundung durchführen durften. Solche Bürgermeister waren deshalb (und wegen des Gemeindewachstums) an der Erschließung von Baugrundstücken sehr interessiert. Land gab es an den Bächen noch zur Genüge, weil sich dort außer den Müllern in der Vergangenheit niemand niedergelassen hatte. Also würde dieses Land gegen den ausdrücklichen Rat der Wasserwirtschaftsämter für den Neubau freigegeben, und siehe da, nach einigen Jahren hatten alle volle Keller.

So hat beispielsweise die Sulm, die in Neckarsulm in den Neckar fließt, damals nicht nur die neuen Häuser, sondern auch das neue Audiwerk geflutet. Audi drohte mit Wegzug. Lothar Späth hat dann dafür gesorgt, dass über den Bachverlauf der Sulm (keine 30 km) sieben Auffangbecken eingerichtet wurden. Audi ist geblieben und hat weiter ausgebaut, die Bachränder wurden fleißig weiter bebaut, und die Auffangbecken sind von Zeit zu Zeit gefüllt.

Diese Fälle gibt es also. Ich kenne die Historie nicht in Thüringen, aber offensichtlich hat man in alten Zeiten Überschwemmungen in Kauf genommen.

Gruß, Martin

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

05.06.2013 16:55
#29 RE: Hilfspakete Antworten

Zitat von wflamme im Beitrag #18

Zitat
Das Land Rheinland-Pfalz hat am Rhein bei Ingelheim eine gigantische Überflutungsfläche vorgesehen und die wird derzeit gefüllt. Das reicht offenbar für den Schutz des kompletten Mittelrheintals.


Das hilft nicht wirklich viel.



Ich erinnere mich dunkel an einen Artikel bezüglich Hochwasserschutz am Rhein. Dort war die Aussage, dass die ganzen Polder in Summe zwar den Pegel nur um etwa 1m senken können, dieses aber üblicherweise ausreicht, da man ja "nur" die Spitze der Flutwelle kappen muss, um Katastrophen zu verhindern.

Es ist schon auffallend, dass in den 80ern quasi frühjährlich die Bilder vom überfluteten Köln in den Nachrichten waren; seit aber am Rhein der Hochwasserschutz seriös betrieben wird (Renaturierung, Schwemmland in den Altrheinarmen, Polder), quasi nix mehr großartig passiert ist.

Gruß,
hubersn

emjot Offline



Beiträge: 73

05.06.2013 18:10
#30 RE: Hilfspakete Antworten

Zitat von crithir im Beitrag #4
Das fragt man sich vor allem, wenn die Menschen sich bewusst gegen Schutz entscheiden: http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/...n-12207407.html



"Die Menschen"? Das klingt in diesem Kontext irgendwie eher nach einem kollgetiven Bewusstsein, als nach Individuen, die da agieren.

wflamme Offline



Beiträge: 187

05.06.2013 20:07
#31 RE: Hilfspakete Antworten

Zitat
Ich erinnere mich dunkel an einen Artikel bezüglich Hochwasserschutz am Rhein. Dort war die Aussage, dass die ganzen Polder in Summe zwar den Pegel nur um etwa 1m senken können, dieses aber üblicherweise ausreicht, da man ja "nur" die Spitze der Flutwelle kappen muss, um Katastrophen zu verhindern.



Kann man ja mal gucken. Poldereinsatz Ingelheim am 4.6. von 8-18 Uhr. Etwa halbvoll.

Pegel Rhein bei Worms:
https://www.elwis.de/gewaesserkunde/Wass...3c-783ae2aa232a

Pegel Main bei Raunheim:
https://www.elwis.de/gewaesserkunde/Wass...tml.php?gw=MAIN

Zusammenfluss bei Mainz:
https://www.elwis.de/gewaesserkunde/Wass...f6-109f3a28a5af

Polder Ingelheim, gegenüeber Oestrich:
https://www.elwis.de/gewaesserkunde/Wass...04-02a93bdbeeb4

Nahe bei Grolsheim vor Bingen (der Vollständigkeit halber):
http://213.139.159.46/prj-wwvauskunft/pr...ende=05.06.2013

Dann Bingen:
https://www.elwis.de/gewaesserkunde/Wass...d4-2ee4fb2c5f84

Schließlich Kaub (Einsatzfreigabekriterium für Polder Ingelheim):
https://www.elwis.de/gewaesserkunde/Wass...2c-5932be6549ab

Lange Rede, kurzer Sinn: Wir reden hier über 1-2cm Absenkung durch den Einsatz des Ingelheimer Polders. Und selbst wenn es 5cm wären, welche anderen bewerkstelligen die verbleibenden 95cm bis nach Köln?

Zitat
Es ist schon auffallend, dass in den 80ern quasi frühjährlich die Bilder vom überfluteten Köln in den Nachrichten waren; seit aber am Rhein der Hochwasserschutz seriös betrieben wird (Renaturierung, Schwemmland in den Altrheinarmen, Polder), quasi nix mehr großartig passiert ist.



Schauen Sie, das habe ich doch weiter oben schonmal als wichtigen Punkt hervorgehoben: Wenn also seither das Wasser in vergleichbaren Niederschlagssituationen eher nicht mehr bis nach Köln gelangt - oder nur sehr verzögert und vergleichmäßigt, dann muß in den Oberläufen irgendwas zurückgehalten worden sein und dort Überschwemmungen verursacht haben. Die Polder können es nicht sein, die sind erst vor wenigen Jahren fertiggestellt worden (Laubenheim/Bodenheim zB brandneu und noch nie eingesetzt). Also wo wurde was überschwemmt?

Grüße,

Wolfgang Flamme

monty Offline



Beiträge: 75

06.06.2013 12:58
#32 RE: Hilfspakete Antworten

Zitat von wflamme im Beitrag #31
Schauen Sie, das habe ich doch weiter oben schonmal als wichtigen Punkt hervorgehoben: Wenn also seither das Wasser in vergleichbaren Niederschlagssituationen eher nicht mehr bis nach Köln gelangt - oder nur sehr verzögert und vergleichmäßigt, dann muß in den Oberläufen irgendwas zurückgehalten worden sein und dort Überschwemmungen verursacht haben. Die Polder können es nicht sein, die sind erst vor wenigen Jahren fertiggestellt worden (Laubenheim/Bodenheim zB brandneu und noch nie eingesetzt). Also wo wurde was überschwemmt?


Vorweg möchte ich erwähnen, keine näheren Kenntnisse zu diesem Thema zu haben. Als Einwohner einer am Rhein gelegenen Stadt (ohne Hochwassergefährdung) habe ich selbst etwas recherchiert und habe auf der Seite der Wasserwirtschaftsverwaltung Rheinland-Pfalz eine Grafik gefunden, die neue geschaffene Rückhalteräume am Oberrhein auflistet. Dieser Grafik ist zu entnehmen, dass allein seit 2005 zwischen Karlsruhe und Mainz neue Rückhalteräume mit einem Gesamtvolumen von 45 Mio. m³ geschaffen wurden. Insgesamt wären dies vom Volumen her also 10 Polder der Größe Ingelheim. Ich kann mir also schon vorstellen, dass diese einen signifikanten Beitrag zum Hochwasserschutz leisten.

Florian Offline



Beiträge: 3.180

06.06.2013 13:25
#33 RE: Hilfspakete Antworten

Ich bin auch kein Experte in Wasserwirtschaftsfragen.

Daher nur ein Hinweis, von dem ich vermute, dass er korrekt ist:

Es geht bei Rückhaltebecken ja oft gar nicht darum, die Wasserhöhe über einen längeren Zeitraum zu reduzieren.
Ebenso wichtig kann es sein, die Flutspitze zu verzögern und sei es nur um ein paar Stunden.

In Passau war m.W. z.B. das Problem ja, dass die Flutspitzen von Inn und Donau praktisch gleichzeitig auf die Stadt getroffen sind und sich addiert haben.
Wenn man nun durch geschicktes Wasser-Management die Flutspitze des kleineren Flusses auch nur um 6 Stunden nach hinten verlagern hätte können, dann hätte diese Phasenverschiebung bereits zu einer Entlastung geführt.

Hinzu kommt dabei, dass in einem Flutszenario der Wasserstand eines Flusses ja nicht unbedingt kontinuierlich ansteigt sondern durchaus schwanken kann (siehe aktuell z.B. hier: http://www.hnd.bayern.de/pegel/wassersta...p?pgnr=16404106).
Ein geschicktes Wasser-Management könnte ggf. sogar während einer Hochwasserperiode die Rückhaltebecken teilweise entleeren (!) lassen, um dadurch eine Nivelierung des Pegels und einen niedrigeren Maximalpegel zu erreichen.
(Denn der Maximalpegel ist es ja, der die Schadenhöhe bestimmt).

Jakob Nierstein Offline



Beiträge: 133

06.06.2013 18:13
#34 RE: Hilfspakete Antworten

Ich kann mich dem Autor nur anschließen: Unmittelbare Hilfsmaßnahmen können gut und gerne aus Steuergeldern bezahlt werden, d.h. Rettungsmaßnahmen per Hubschrauber, Sandsäcke auftürmen und Versorgung der Menschen mit Unterkunft, Lebensmitteln und medizinischer Behandlung. Was aber nicht geht, ist der Ausgleich von materiellen Schäden. Wenn die Leute wissen, dass sie in einer gefährdeten Region ein Gebäude zu stehen haben, dann sollen sie sich entsprechend versichern. Wer aber aus falsch verstandener Sparsamkeit die Elementarschäden nicht in der Gebäudeversicherung drin hat, ist einfach selbst schuld.

Hausmann Offline



Beiträge: 710

06.06.2013 22:06
#35 RE: Hilfspakete Antworten

Zitat von Jakob Nierstein im Beitrag #34
Ich kann mich dem Autor nur anschließen: Unmittelbare Hilfsmaßnahmen können gut und gerne aus Steuergeldern bezahlt werden, d.h. Rettungsmaßnahmen per Hubschrauber, Sandsäcke auftürmen und Versorgung der Menschen mit Unterkunft, Lebensmitteln und medizinischer Behandlung.

Für einen Liberalen gibt es wohl kaum etwas Langweiligers als Naturereignisse, die sich "überraschend" alle paar Jahre einstellen. Ihr politischer Nährwert, wie meinetwegen auch bei ungewöhnlichen Erkrankungen von Rindern oder Vögeln, "überraschenden" Vulkanausbrüchen oder Meeresbeben, dem Abbruch arktischer Eisschollen u.v.a. besteht doch ausschließlich in einer weiteren Ausdehnung des Molochs. Ganz Deutschland ruft unisono nach mehr Staat, mehr Gesetz, mehr Überwachung, mehr "Erziehung", mehr Polizei, mehr Feuerwehr, mehr Militär, mehr Katastrophenschutz, mehr Steuern. Schon die nette Wendung "WIR haben doch das Geld" sagt eigentlich alles. Ich wünsche Ihnen dabei noch viel Spaß!
Was noch fehlt in diesem Panoptikum: Ein riskant anfliegender Asteroid.

-----------------------------------------------------
Mehr Liberalismus wäre dringend vonnöten. Zettel

Jakob Nierstein Offline



Beiträge: 133

07.06.2013 16:42
#36 RE: Hilfspakete Antworten

Sie sind also der Meinung, man solle sich privat versichern, um gerettet zu werden. Wie will der Rettungsdienst jene erkennen, die eine bestimmte Versicherung, z. B. gegen Ertrinken, haben? Sollen solche Leute eine Armbinde tragen, dass man sie schon von weiten erkennt?

Zuallererst besteht für jedermann eine Pflicht, zu helfen, sobald es um Leib und Leben geht. Wenn ich beispielsweise als unbeteiligter Fußgänger sehe, dass jemand gegen einen Baum fährt, ich aber keine Rettungsmaßnahmen einleite und noch nicht einmal 112 anrufe, dann verhalte ich mich ethisch falsch. Und strafrechtlich belangt werden könnte ich wegen unterlassener Hilfeleistung auch. Und von einem Staat, der mich wegen wegen unterlassener Hilfeleistung verklagt, erwarte ich, dass er Menschen in Not hilft, diese aus dem Wasser fischt und aus brennenden Häusern birgt. Natürlich gibt's auch ökonomische Randbedingungen. Schiffbrüchige müssen geborgen werden, aber man kann vom Staat nicht verlangen, dass er so viel Küstenwache patroullieren lässt, dass auch jeder Schiffbrüchige gefunden wird. Aber wenn der Staat weiß, dass es einen Schiffbrüchigen bei Position x/y gibt, dann muss er dort ein Boot hinschicken, wenn die Kapazität frei ist.

Nach "mehr Staat" habe ich nicht gerufen. Ich bin der Auffassung, dass Katastrophenschutz eine öffentliche Aufgabe ist, vergleichbar mit der äußeren Verteidigung. Sie polemisieren, Naturereignisse wie jene Flut seien "überraschend". Natürlich muss man mit solchen Fluten rechnen, aber man weiß nicht, wann die nächste kommt und wie wahrscheinlich sie ist. Und man kann es auch nicht davon abhängig machen, ob etwas "überraschend" auftritt oder nicht. Bei der äußeren Verteidigung rechnet man mit sehr konkreten Szenarien. Während des kalten Krieges muss man damit rechnen, dass der Russe angreift. Das Auftreten solcher Fluten wie 2002 und 2013 kann man noch als Poisson-Prozess modellieren, aber nicht den Angriff des Russen. Da der Angriff des Russen jahrzehntelang ein nie überraschend gewesen war (überraschend war, dass er nicht angriff), ist Ihrer Logik zufolge die äußere Verteidigung noch weniger zu rechtfertigen als der Katastrophenschutz.

Katastrophenschutz ist eine öffentliche Aufgabe wie Infrastruktur, innere Sicherheit und äußere Sicherheit es auch sind. Bildung und Gesundheit sind auch sehr wichtige Aufgabe, aus denen sich der Staat nicht einfach verabschieden darf. Ich bin sogar für eine Grundsicherung. Ich bin Liberaler und kein Libertärer. Ich habe nur etwas dagegen, wenn Leute bei ihrer Gebäudeversicherung ein paar Euro sparen, weil sie sich ausmalen, dass der Staat schon die Sachschäden bezahlt. Ich bin auch dagegen, dass der Staat seine Energie darauf verschwendet, Millionen von Menschen in ein Rentensystem presst. Dass man mit Mitte 30 Krebs bekommt, ist nicht erwartbar und natürlich finde ich es richtig, wenn es ein öffentliches/staatliches System gibt, das die Krebsbehandlung finanziert. Dass man das Renteneintrittsalter erreicht, ist aber kein Lebensrisiko, Bei der heutigen gesundheitlichen Vorsorge und bei der heutigen Hygiene ist es ein sehr gut planbares Ereignis. Man muss damit rechnen, dass man im Alter nicht mehr beruflich tätig sein kann, genauso wie man mit einer Flut rechnen muss, wenn man in der Nähe der Saale oder der Donau ein Haus baut.

Manfred Sachs Offline




Beiträge: 109

07.06.2013 19:02
#37 RE: Hilfspakete Antworten

Zitat von Jakob Nierstein im Beitrag #36
Katastrophenschutz ist eine öffentliche Aufgabe wie Infrastruktur, innere Sicherheit und äußere Sicherheit es auch sind. Bildung und Gesundheit sind auch sehr wichtige Aufgabe, aus denen sich der Staat nicht einfach verabschieden darf. Ich bin sogar für eine Grundsicherung. Ich bin Liberaler und kein Libertärer.

Nun das ist Ihre Meinung und die sei Ihnen auch unbenommen - schließlich befinden Sie sich damit ja in guter Gesellschaft hier in Deutschland. Aber eins ist sicher: Sie sind kein Liberaler - Sie nennen sich nur so.

MfG
M. S.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.560

07.06.2013 19:29
#38 RE: Hilfspakete Antworten

Zitat von Manfred Sachs im Beitrag #37
Nun das ist Ihre Meinung und die sei Ihnen auch unbenommen - schließlich befinden Sie sich damit ja in guter Gesellschaft hier in Deutschland. Aber eins ist sicher: Sie sind kein Liberaler - Sie nennen sich nur so.


Dieser Syllogismus hat sogar einen eigenen Namen: Kein wahrer Schotte, bzw. No true Scotsman:
_________
Person A: "All true Scotsmen drink ale"
Person B: "I am Scottish, and I don't drink ale."
Person A: "Then you are not a true Scotsman."
_________

Die spanische Version kommt einem doch irgendwie bekannt vor:

Todos los socialistas pensamos así.
Tú no piensas como nosotros.
Luego tú no eres un verdadero socialista.

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

07.06.2013 20:10
#39 RE: Hilfspakete Antworten

Zitat von Manfred Sachs im Beitrag #37

Nun das ist Ihre Meinung und die sei Ihnen auch unbenommen - schließlich befinden Sie sich damit ja in guter Gesellschaft hier in Deutschland. Aber eins ist sicher: Sie sind kein Liberaler - Sie nennen sich nur so.


Bei welcher Behörde liegt noch gleich die Deutungshoheit über den Begriff "Liberalismus" in Deutschland?

Herzliche Grüße
Andreas Döding

Manfred Sachs Offline




Beiträge: 109

07.06.2013 20:27
#40 RE: Hilfspakete Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #39
Bei welcher Behörde liegt noch gleich die Deutungshoheit über den Begriff "Liberalismus" in Deutschland?

Herzliche Grüße
Andreas Döding

Wenn man für staatliche Beschulung, staatliches Gesundheitswesen und staatliche Grundversorgung mit allem Lebensnotwendigen ist, dann atmet man den Geist von Freiheit, von Eigenverantwortung und - vor allem - von Respekt vor anderer Leute Eigentum schlicht und ergreifend nicht. Dann kann man sich zwar gerne liberal nennen, man ist es aber nicht. Ich kann ja auch behaupten ich sei Veganer - doch auf Frühstücksei, Milch und die Rouladen am Sonntag möchte ich nicht verzichten.

MfG
M. S.

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

07.06.2013 20:48
#41 RE: Hilfspakete Antworten

Zitat von Manfred Sachs im Beitrag #40
Zitat von Doeding im Beitrag #39
Bei welcher Behörde liegt noch gleich die Deutungshoheit über den Begriff "Liberalismus" in Deutschland?

Herzliche Grüße
Andreas Döding

Wenn man für staatliche Beschulung, staatliches Gesundheitswesen und staatliche Grundversorgung mit allem Lebensnotwendigen ist, dann atmet man den Geist von Freiheit, von Eigenverantwortung und - vor allem - von Respekt vor anderer Leute Eigentum schlicht und ergreifend nicht. Dann kann man sich zwar gerne liberal nennen, man ist es aber nicht. Ich kann ja auch behaupten ich sei Veganer - doch auf Frühstücksei, Milch und die Rouladen am Sonntag möchte ich nicht verzichten.



Lieber Manfred Sachs, was müsste denn dann zu ihrer Beschreibung von Liberalismus noch hinzukommen, um von Libertariat sprechen zu können? Mir scheint durch ihre Vorstellung von Liberalismus bereits ein Großteil der Extremvariante abgedeckt zu sein. Und ich bin nicht sicher, ob das beiden Begriffen gerecht wird. In dem, was sie beschreiben, ist noch weniger Staat kaum denkbar, ohne in der reinen Anarchie zu landen.
Herzliche Grüße,
Andreas Döding

Manfred Sachs Offline




Beiträge: 109

07.06.2013 21:43
#42 RE: Hilfspakete Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #41

Lieber Manfred Sachs, was müsste denn dann zu ihrer Beschreibung von Liberalismus noch hinzukommen, um von Libertariat sprechen zu können? Mir scheint durch ihre Vorstellung von Liberalismus bereits ein Großteil der Extremvariante abgedeckt zu sein. Und ich bin nicht sicher, ob das beiden Begriffen gerecht wird. In dem, was sie beschreiben, ist noch weniger Staat kaum denkbar, ohne in der reinen Anarchie zu landen.
Herzliche Grüße,
Andreas Döding

Werter Herr Doeding,

ich würde mich selbst wohl am ehesten in der klassisch liberalen Ecke verorten. Die Schriften Bastiats, Smiths aber auch David Humes sowie - natürlich - Ludwig von Mises waren doch recht prägend für mich. Und gerade eine Wendung des Letzgenannten, wonach es nicht darauf ankomme, daß die Menschen sich zum Liberalismus bekennen, sich liberal nennen, sei entscheidend, sondern daß sie liberal denken und leben, hat es mir offenbar angetan... ;)

Es ist wirklich schade, daß man heute schon Extremist gescholten wird, wenn man klassisch liberale Positionen vertritt. Mit innerer und äußerer Sicherheit, mit Aufsicht über Gewerbe, Schule, Hochschule, mit Umweltschutzbestimmungen und Planung diverser Infrastrukturen hätte ein Staat nach meinem Verständnis durchaus noch genug zu tun. Aber sei's drum - wir sind jetzt nämlich schon arg off topic.

MfG
M. S.

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

07.06.2013 21:56
#43 RE: Hilfspakete Antworten

Zitat von Manfred Sachs im Beitrag #42


Es ist wirklich schade, daß man heute schon Extremist gescholten wird, wenn man klassisch liberale Positionen vertritt. Mit innerer und äußerer Sicherheit, mit Aufsicht über Gewerbe, Schule, Hochschule, mit Umweltschutzbestimmungen und Planung diverser Infrastrukturen hätte ein Staat nach meinem Verständnis durchaus noch genug zu tun. Aber sei's drum - wir sind jetzt nämlich schon arg off topic.


Lieber Manfred Sachs,

Sie zu schelten liegt mir fern. Ich finde auch nicht, daß wir allzu sehr off topic sind; das Thema interessiert mich sehr, und ggf. soll der Moderator halt zur Ordnung rufen.

Um in Ihrem obigen Beispiel zu bleiben: kann der Veganer dem Vegetarier seinen Vegetarismus absprechen, weil dieser Käse, Eier und vielleicht sogar Fisch isst, also die Kriterien für vegane Ernährung absichtlich nicht erfüllt? Mir scheint, es verhält sich zwischen Veganern und Vegetariern ähnlich wie zwischen Libertären und Liberalen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie in dem Beispiel eher die Position des Veganers eingenommen? Kann man hier eine Linie trennscharf ziehen, und wenn ja, wo?

Herzliche Grüße,
Andreas Döding

Manfred Sachs Offline




Beiträge: 109

07.06.2013 23:15
#44 RE: Hilfspakete Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #43
Lieber Manfred Sachs,

Sie zu schelten liegt mir fern. Ich finde auch nicht, daß wir allzu sehr off topic sind; das Thema interessiert mich sehr, und ggf. soll der Moderator halt zur Ordnung rufen.

Um in Ihrem obigen Beispiel zu bleiben: kann der Veganer dem Vegetarier seinen Vegetarismus absprechen, weil dieser Käse, Eier und vielleicht sogar Fisch isst, also die Kriterien für vegane Ernährung absichtlich nicht erfüllt? Mir scheint, es verhält sich zwischen Veganern und Vegetariern ähnlich wie zwischen Libertären und Liberalen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie in dem Beispiel eher die Position des Veganers eingenommen? Kann man hier eine Linie trennscharf ziehen, und wenn ja, wo?

Herzliche Grüße,
Andreas Döding

Werter Herr Doeding,

ich meinte es eher so: Wenn ich mich liberal nenne, gleichzeitig aber das staatliche Rundumsorglospaket befürworte, dann bin ich wie ein fleischessender, eier- und milchkonsumierenter Mensch, der sich selbst als vegan bezeichnet. Oder um in Ihrem Bild zu bleiben: Der Vegetarier spricht demjenigen der zwar deutlich weniger Fleisch als der Durchschnitt ißt, aber eben dennoch Fleisch konsumiert, das Vegetariertum ab. Gleichzeitig haben sich im Laufe der Zeit aber Vorstellungen breit gemacht und werden allgemein anerkannt, daß es ausreiche weniger Fleisch zu essen, um vegetarisch zu leben. Und der arme Tropf der nun behauptet, allein gänzlicher Fleischverzicht sei vegetarisch, gilt als Extremist, wird gar als Veganer geschmäht. [Nunja, ich muß zugeben meine Analogie hinkt schon gewaltig... ;)]

Was die Trennlinie zwischen Liberalen und Libertären angeht, ich glaube die rundherause Ablehnung des Staates durch letztere ist ein ganz brauchbarer Indikator. Daß Sie mich ob meiner recht klaren libralen Kante (die ich ja bis dato gerade einmal angedeutet hatte) bei den Libertären verorten, zeigt mir jedoch recht deutlich, wie arg verwässert der Begriff des Liberalismus mittlerweile ist. [Ich selber kann mich mit den libertären oder auch anarchistischen Ideenkomplexen, trotz deren stringenten Argumentationen, nicht so recht anfreunden, da ich glaube, daß wir Menschen von Natur aus zur Kollektiv- und somit Staatenbildung neigen, eine reine Privatrechtsgesellschafft somit widernatürlich und nicht realisierbar wäre. Nur mal so am Rande.]

Aber! Es fehlt mir - im wahren Wortsinn - das Verständnis, warum man auf teufelkommraus das Attribut liberal für sich reklamieren muß, wenn man doch gar keine oder kaum liberale Überzeugungen teilt. Der Herr Nierstein befindet sich ja auch diesbezüglich in bester Gesellschaft. Es ist doch nicht schlimm, wenn man andere Vorstellungen vom gemeinsamen Miteinander hat. Auch wenn es mir für immer ein Rätsel bleiben wird, welches Selbst- und Menschenbild meine lieben Mitbürger pflegen, wenn sie z. B. der Meinung sind, es sei besser, daß ihre Nachbarn und überhaupt alle anderen Staatsbewohner vermittels Gewaltandrohung und -wendung gezwungen werden die staatliche Beschulung des eigenen Nachwuchses zu finanzieren, anstatt sich selbst um die Ihrigen zu kümmern.

Zitat von Jakob Nierstein im Beitrag #36
Sie sind also der Meinung, man solle sich privat versichern, um gerettet zu werden. Wie will der Rettungsdienst jene erkennen, die eine bestimmte Versicherung, z. B. gegen Ertrinken, haben? Sollen solche Leute eine Armbinde tragen, dass man sie schon von weiten erkennt?

Dabei bleibt dann z. B. ein Herr Nierstein [Bitte sehen Sie es mir nach, daß ich Sie hier als Aufhänger gewählt habe. Es liegt mir fern Sie persönlich anzugreifen] - ebenfalls so oder so ähnlich schon zu den unterschiedlichsten Themen tausendfach gehört - dermaßen staatsfixiert, daß er glaubt, nur weil man fordere, nicht der Staat solle etwas leisten oder wie in diesem Fall finanzieren, daß es gar nicht geleistet oder finanziert werden soll. Das Thema Katastrophenschutz ist m. E. eben gerade keine originäre Staatsaufgabe, sondern obliegt den im Ernstfall betroffenen Gemeinden und letzlich Individuen. Warum sollten denn die Alpenbewohner für die Deichanlagen in z. B. Grimma bezahlen? Warum sollte denn jemand, der sämtlichen Warnungen und Evakuierungsaufrufen zum Trotz das Gefahrengebiet nicht räumt und alsbald gerettet werden muß, diesen Einsatz hinterher nicht auch bezahlen, sondern alle anderen, die sich weitsichtiger verhalten haben?

MfG
M. S.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.560

08.06.2013 01:25
#45 RE: Hilfspakete Antworten

(h/t Notrickszone) Eigentlich war in diesem Metier das britische Met Office bislang ungeschlagener Meister Aller Klassen: "Met Office defends record following 'unhelpful' forecast" (*)

"Der Klimawandel trifft vor allem den Osten Deutschlands"

Zitat Focus, 24.09.2012
____________
"Wird die Elbe im Sommer zum Rinnsal und im Winter zur reißenden Gefahr? Forscher haben Klima-Szenarien für Deutschlands Regionen bis zum Jahr 2100 durchgespielt.

"Hitzetote und Wassermangel im Sommer, Existenzangst durch Hochwasser im Winter: Nach den jüngsten Berechnungen der Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (Pik) stellt die globale Erwärmung auch Deutschland in den kommenden Jahrzehnten vor große Herausforderungen.

"„Ostdeutschland wird durch größere Hitzewellen im Sommer und mehr Niederschläge im Winter wahrscheinlich härter getroffen“, sagte Pik-Direktor Hanns Joachim Schellnhuber am Freitag in Berlin. Bei jetziger Gesetzeslage müssten sogar Kraftwerke an Flüssen zeitweise abgeschaltet werden, weil das Kühlwasser zu warm werde.

"Erstmals haben Klimaforscher des Pik und der Berliner Humboldt-Universität die Auswirkungen der Erderwärmung bis zum Jahr 2100 bis auf die deutschen Landkreise heruntergebrochen. Gleichzeitig zeigen sie mögliche Effekte auf Land-, Forst- und Energiewirtschaft auf. Die Wissenschaftler rechnen dabei nicht mit Horror-Modellen, sondern orientieren sich an den Temperaturmessungen in Deutschland seit 1901. ... Durch deutlich weniger Niederschläge kippt dadurch zum Beispiel im ohnehin schon trockenen Brandenburg die Wasserbilanz weiter ins Negative. Auch der Winterregen sollte besser nicht durch Drainagen abgeleitet werden, sondern versickern. Das hebt den Grundwasserspiegel. Landwirte müssen sich dann aber den Experten zufolge darauf einrichten, dass ihre Felder bis Februar unter Wasser stehen können."
____________

(*) Womit "nicht hilfreich" als erfolgreicher deutscher Sprachexport verbucht werden kann.

adder Offline




Beiträge: 1.073

08.06.2013 09:18
#46 RE: Hilfspakete Antworten

Zitat von Manfred Sachs im Beitrag #44
Zitat von Doeding im Beitrag #43
Lieber Manfred Sachs,

Sie zu schelten liegt mir fern. Ich finde auch nicht, daß wir allzu sehr off topic sind; das Thema interessiert mich sehr, und ggf. soll der Moderator halt zur Ordnung rufen.

Um in Ihrem obigen Beispiel zu bleiben: kann der Veganer dem Vegetarier seinen Vegetarismus absprechen, weil dieser Käse, Eier und vielleicht sogar Fisch isst, also die Kriterien für vegane Ernährung absichtlich nicht erfüllt? Mir scheint, es verhält sich zwischen Veganern und Vegetariern ähnlich wie zwischen Libertären und Liberalen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie in dem Beispiel eher die Position des Veganers eingenommen? Kann man hier eine Linie trennscharf ziehen, und wenn ja, wo?

Herzliche Grüße,
Andreas Döding

Werter Herr Doeding,

ich meinte es eher so: Wenn ich mich liberal nenne, gleichzeitig aber das staatliche Rundumsorglospaket befürworte, dann bin ich wie ein fleischessender, eier- und milchkonsumierenter Mensch, der sich selbst als vegan bezeichnet. Oder um in Ihrem Bild zu bleiben: Der Vegetarier spricht demjenigen der zwar deutlich weniger Fleisch als der Durchschnitt ißt, aber eben dennoch Fleisch konsumiert, das Vegetariertum ab. Gleichzeitig haben sich im Laufe der Zeit aber Vorstellungen breit gemacht und werden allgemein anerkannt, daß es ausreiche weniger Fleisch zu essen, um vegetarisch zu leben. Und der arme Tropf der nun behauptet, allein gänzlicher Fleischverzicht sei vegetarisch, gilt als Extremist, wird gar als Veganer geschmäht. [Nunja, ich muß zugeben meine Analogie hinkt schon gewaltig... ;)]


Lieber Manfred Sachs, Andreas Doeding hat absichtlich auf die Unterscheidung Veganer gegen Vegetarier abgestellt. Der Vegetarismus ist die ältere Form, und erlaubt das Essen von tierischen Produkten, solange sie kein Fleisch sind (also Eier, Milch, sogar Fisch!). Später wurde dieser von einigen Leuten verschärft - es entstand der Vegetarismus, der den Verzehr von tierischen Nahrungsmittel komplett verbietet [aber inkonsequent ist, denn er erlaubt die Düngung der Felder mit tierischen Produkten und er erlaubt das Tragen von Wolle oder Leder]. Es gibt auch noch krassere Vertreter dieser Glaubensrichtung, die sich Fruitarier nennen, und nur noch Fallobst essen (wollen).

Um die Analogie zum Liberalismus aus meiner Sicht zu vervollständigen:
Der Liberale lehnt alle über ein erforderliches Mindestmass hinausgehenden Staatseingriffe ab - insbesondere aber alle, die die Freiheit des Einzelnen einschränken, aber nicht durch absolute Notwendigkeit zwingend sind. Also keine Subventionen, keine Gesinnungsdiktatur, keine staatlich kontrollierten Unternehmen (außerhalb hoheitlicher Aufgaben), keine Gesetze, die die Freiheit, so zu leben, wie man möchte (ohne jemand anderen zu beeinträchtigen), beschränken. Er isst also kein Fleisch. Wohl aber Eier, Milch und Fisch, denn der Liberale sieht durchaus die Notwendigkeit, dem freien Markt Regeln zu geben, innerhalb derer er funktionieren kann. Auch sieht er die Notwendigkeit, bestimmte Lebensweisen oder Tätigkeiten oder Wünsche, die anderen Schaden zufügen, zum Wohle aller zu verbieten (z.B. Tötung, Diebstahl, Betrug, Subventionen...). Der Liberale sieht auch die Notwendigkeit, die Polizei in staatlicher Hand zu belassen, ebenso wie nationale Aufgaben beim Bund wie "Verteidigung" oder kommunale Aufgaben bei den Kommunen wie Baugenehmigung oder Hochwasserschutz oder Feuerwehr.

Der Libertäre lehnt alle Staatseingriffe ab, die über Landesverteidigung und vielleicht gerade noch so Polizeiaufgaben hinausgehen. Er isst eben auch keine Eier und keinen Fisch, und trinkt auch keine Milch.

Der Anarchist lehnt den Staat selbst ab.

Zitat
Aber! Es fehlt mir - im wahren Wortsinn - das Verständnis, warum man auf teufelkommraus das Attribut liberal für sich reklamieren muß, wenn man doch gar keine oder kaum liberale Überzeugungen teilt. Der Herr Nierstein befindet sich ja auch diesbezüglich in bester Gesellschaft. Es ist doch nicht schlimm, wenn man andere Vorstellungen vom gemeinsamen Miteinander hat. Auch wenn es mir für immer ein Rätsel bleiben wird, welches Selbst- und Menschenbild meine lieben Mitbürger pflegen, wenn sie z. B. der Meinung sind, es sei besser, daß ihre Nachbarn und überhaupt alle anderen Staatsbewohner vermittels Gewaltandrohung und -wendung gezwungen werden die staatliche Beschulung des eigenen Nachwuchses zu finanzieren, anstatt sich selbst um die Ihrigen zu kümmern.



Bitte nicht schon wieder diese engstirnige und il-liberale Definition von Liberalismus. Es gibt keinen monolithischen Liberalismus. Monolithische Ideologie-Entwürfe sind das Spezialgebiet der Gegenseiten.

Zitat
Zitat von Jakob Nierstein im Beitrag #36
Sie sind also der Meinung, man solle sich privat versichern, um gerettet zu werden. Wie will der Rettungsdienst jene erkennen, die eine bestimmte Versicherung, z. B. gegen Ertrinken, haben? Sollen solche Leute eine Armbinde tragen, dass man sie schon von weiten erkennt?

Dabei bleibt dann z. B. ein Herr Nierstein [Bitte sehen Sie es mir nach, daß ich Sie hier als Aufhänger gewählt habe. Es liegt mir fern Sie persönlich anzugreifen] - ebenfalls so oder so ähnlich schon zu den unterschiedlichsten Themen tausendfach gehört - dermaßen staatsfixiert, daß er glaubt, nur weil man fordere, nicht der Staat solle etwas leisten oder wie in diesem Fall finanzieren, daß es gar nicht geleistet oder finanziert werden soll.



Das war - meines Erachtens nach - nicht die Aussage, die Jakob Nierstein getätigt hat. Mir geht sein Post auch deutlich zu weit - vor allem, da ich nicht verstehe, wogegen er denn seine Argumente in Stellung bringt. Er hat Bedenken über die Durchführbarkeit von privaten Rettungsoperationen. Die habe ich auch. Gerade in einer Katastrophensituation (so alltäglich sie auch sein mag) kommen alle Vorteile der Zentralplanung zum Tragen. Eine einheitlich organisierte und zentral koordinierte Rettungsmission ist deutlich erfolgreicher als ein in der Summe gleich großes Konglomerat von vielen unabhängigen Helfern.

Zitat
Das Thema Katastrophenschutz ist m. E. eben gerade keine originäre Staatsaufgabe, sondern obliegt den im Ernstfall betroffenen Gemeinden und letzlich Individuen.



Definieren Sie bitte "Staat". Sind denn die Gemeinden nicht auch staatlich?
Und gleich der Widerspruch gegen das: natürlich ist Katastrophenschutz eine Gemeinschaftsaufgabe, denn ein einheitlicher Katastrophenschutz ist deutlich effizienter und letztlich sinnvoller als wenn jeder sein Ding macht. Dann würde Dorf A einen 10m Wall bekommen und Dorf B auf der anderen Flussseite als "Polder" benutzen, weil die im letzten Monat ihren 8m Wall fertiggestellt haben. Und das Wettrüsten macht dann alle pleite, obwohl der Schutz kein bischen besser wird, denn Dorf C verlegt einfach den Fluss.

Zitat
Warum sollten denn die Alpenbewohner für die Deichanlagen in z. B. Grimma bezahlen?



Weil auch Grimma nicht alleine an der Mulde liegt, ebenso wie die Alpenbewohner nicht alleine an ihrem Fluss liegen. Entscheidungen am Oberlauf der Flüsse haben eben auch Auswirkungen auf den Unterlauf. Ich will noch nicht einmal mit größeren Zusammenhängen anfangen. Wenn z.B. in den Alpenregionen ständig irgendwelche Schneekanonen zum Einsatz kommen, um den nicht gefallenen Schnee zu ersetzen, dann hat das natürlich auch Auswirkungen auf die Flachlande. 2m Schnee auf einigen qkm irgendwo an den Zuflüssen des Rheins könnten vielleicht in Bingen ein Hochwasser auslösen.

Und daran soll dann nur Bingen schuld sein?

Zitat
Warum sollte denn jemand, der sämtlichen Warnungen und Evakuierungsaufrufen zum Trotz das Gefahrengebiet nicht räumt und alsbald gerettet werden muß, diesen Einsatz hinterher nicht auch bezahlen, sondern alle anderen, die sich weitsichtiger verhalten haben?



Das ist etwas anderes. Hier stimme ich zu.

Manfred Sachs Offline




Beiträge: 109

08.06.2013 09:59
#47 RE: Hilfspakete Antworten

Zitat von adder im Beitrag #46
Lieber Manfred Sachs, Andreas Doeding hat absichtlich auf die Unterscheidung Veganer gegen Vegetarier abgestellt. Der Vegetarismus ist die ältere Form, und erlaubt das Essen von tierischen Produkten, solange sie kein Fleisch sind (also Eier, Milch, sogar Fisch!).

Werter adder,

seien Sie sich bitte versichert, daß mir so ziemlich alle Spielarten von Vegetariertum, Veganer, Straight Edge und was es da nicht noch alles gibt, durchaus geläufig sind. Deswegen schrieb ich ja, daß meine Analogie hinkt, da ich von Anfang an eher auf die Sicht eines Vegetariers hätte abstellen sollen... ;)

Zitat von adder im Beitrag #46
Der Libertäre lehnt alle Staatseingriffe ab, die über Landesverteidigung und vielleicht gerade noch so Polizeiaufgaben hinausgehen. Er isst eben auch keine Eier und keinen Fisch, und trinkt auch keine Milch.

Nunja, das was ich bei Rothbard, Hoppe und Konsorten lese, zielt auf eine Privatrechtsgesellschaft - nicht auf einen Minimalstaat. Anarchisten lehnen wohl jegwede Form der Machtausübung ab, auch eine solche, unter die man sich freiwillig begäbe.
Zitat von adder im Beitrag #46
Bitte nicht schon wieder diese engstirnige und il-liberale Definition von Liberalismus. Es gibt keinen monolithischen Liberalismus. Monolithische Ideologie-Entwürfe sind das Spezialgebiet der Gegenseiten.

Wie gesagt, es sei auch Ihnen unbenommen, liberal zu nennen was Ihnen beliebt. Ich habe klar und deutlich das Bezugssystem für mein Verständnis von Liberalismus benannt - und ich kann da beim besten Willen nirgens einen Auftrag für ein staatliches Zwangsbeschulungssystem entdecken. Zumal eines des doppelten Zwanges. Zwang aller, es zu finanzieren - Zwang aller, ihre Kinder auszuliefern. Ich bleibe dabei - und empfinde es nicht als sonderlich engstirnig - daß weniger FLeischessen eben keinen Vegetarier macht...
Zitat von adder im Beitrag #46
Das war - meines Erachtens nach - nicht die Aussage, die Jakob Nierstein getätigt hat. Mir geht sein Post auch deutlich zu weit - vor allem, da ich nicht verstehe, wogegen er denn seine Argumente in Stellung bringt. Er hat Bedenken über die Durchführbarkeit von privaten Rettungsoperationen. Die habe ich auch. Gerade in einer Katastrophensituation (so alltäglich sie auch sein mag) kommen alle Vorteile der Zentralplanung zum Tragen. Eine einheitlich organisierte und zentral koordinierte Rettungsmission ist deutlich erfolgreicher als ein in der Summe gleich großes Konglomerat von vielen unabhängigen Helfern. [...] Definieren Sie bitte "Staat". Sind denn die Gemeinden nicht auch staatlich?
Und gleich der Widerspruch gegen das: natürlich ist Katastrophenschutz eine Gemeinschaftsaufgabe, denn ein einheitlicher Katastrophenschutz ist deutlich effizienter und letztlich sinnvoller als wenn jeder sein Ding macht. Dann würde Dorf A einen 10m Wall bekommen und Dorf B auf der anderen Flussseite als "Polder" benutzen, weil die im letzten Monat ihren 8m Wall fertiggestellt haben. Und das Wettrüsten macht dann alle pleite, obwohl der Schutz kein bischen besser wird, denn Dorf C verlegt einfach den Fluss.


Sehen Sie, das ist es, was ich meinte. Ich weiß nicht was für ein Menschenbild Sie pflegen. Warum sollten sich alle Menschen in Selbstsüchtige Egomanen verwandeln, sobald der staatliche Zwang wegfällt? Warum sollten sich die Gemeinden entlang eines Flußlaufes nicht gegenseitig in ihren Schutzbemühungen abstimmen - wo sie es doch schon heute, sogar staatsübergreifend, tun?

Zitat von adder im Beitrag #46
Weil auch Grimma nicht alleine an der Mulde liegt, ebenso wie die Alpenbewohner nicht alleine an ihrem Fluss liegen. Entscheidungen am Oberlauf der Flüsse haben eben auch Auswirkungen auf den Unterlauf. Ich will noch nicht einmal mit größeren Zusammenhängen anfangen. Wenn z.B. in den Alpenregionen ständig irgendwelche Schneekanonen zum Einsatz kommen, um den nicht gefallenen Schnee zu ersetzen, dann hat das natürlich auch Auswirkungen auf die Flachlande. 2m Schnee auf einigen qkm irgendwo an den Zuflüssen des Rheins könnten vielleicht in Bingen ein Hochwasser auslösen.

Bliebe die Frage, warum sollten die Alpenbewohner den Flutschutz in Grimma bezahlen? Die Mulden entspringen im Vogtland und im Erzgebirge. Welchen vernünftigen Grund kann es - aus liberaler Sicht - geben, vollkommen unbeteiligte Dritte finanziell in die Pflicht zu nehmen? Der Staat, das Volk als Schicksalsgemeinschaft?

Und bitte verzeihen Sie mir, daß ich mich Samstagmorgen außerstande sehe, in zwei, drei prägnanten Worten den Unterschied zwischen Staat und Gemeinde herauszustellen.

MfG
M. S.

adder Offline




Beiträge: 1.073

08.06.2013 13:00
#48 RE: Hilfspakete Antworten

Zitat von Manfred Sachs im Beitrag #47
Zitat von adder im Beitrag #46
Lieber Manfred Sachs, Andreas Doeding hat absichtlich auf die Unterscheidung Veganer gegen Vegetarier abgestellt. Der Vegetarismus ist die ältere Form, und erlaubt das Essen von tierischen Produkten, solange sie kein Fleisch sind (also Eier, Milch, sogar Fisch!).

Werter adder,

seien Sie sich bitte versichert, daß mir so ziemlich alle Spielarten von Vegetariertum, Veganer, Straight Edge und was es da nicht noch alles gibt, durchaus geläufig sind. Deswegen schrieb ich ja, daß meine Analogie hinkt, da ich von Anfang an eher auf die Sicht eines Vegetariers hätte abstellen sollen... ;)


Gut, ich wollte Sie auch nicht darüber belehren. Dennoch meine ich, dass Sie viel zu dogmatisch agieren und Ihre - eher libertäre als "nur" liberale - Weltsicht Ihre Definitionen durcheinanderbringt.

Zitat
Zitat von adder im Beitrag #46
Der Libertäre lehnt alle Staatseingriffe ab, die über Landesverteidigung und vielleicht gerade noch so Polizeiaufgaben hinausgehen. Er isst eben auch keine Eier und keinen Fisch, und trinkt auch keine Milch.

Nunja, das was ich bei Rothbard, Hoppe und Konsorten lese, zielt auf eine Privatrechtsgesellschaft - nicht auf einen Minimalstaat. Anarchisten lehnen wohl jegwede Form der Machtausübung ab, auch eine solche, unter die man sich freiwillig begäbe.



Die Privatrechtsgesellschaft ist das Ziel der Anarchokapitalisten. Anarchisten sind ebenfalls ein diverser Haufen. Es gibt dort Kapitalisten, Syndikalisten, Egoisten, ... Anarchokapitalisten lehnen eine Machtausübung durchaus nicht ab - solange diese ausschließlich privatwirtschaftlich organisiert ist. Anarchosyndikalisten lehnen Gewaltausübung gegen andersdenkende auch nicht zwangsläufig ab. Und die Anarchobrutalisten des schwarzen Blocks mögen Gewalt.

Zitat
Zitat von adder im Beitrag #46
Bitte nicht schon wieder diese engstirnige und il-liberale Definition von Liberalismus. Es gibt keinen monolithischen Liberalismus. Monolithische Ideologie-Entwürfe sind das Spezialgebiet der Gegenseiten.

Wie gesagt, es sei auch Ihnen unbenommen, liberal zu nennen was Ihnen beliebt. Ich habe klar und deutlich das Bezugssystem für mein Verständnis von Liberalismus benannt - und ich kann da beim besten Willen nirgens einen Auftrag für ein staatliches Zwangsbeschulungssystem entdecken. Zumal eines des doppelten Zwanges. Zwang aller, es zu finanzieren - Zwang aller, ihre Kinder auszuliefern. Ich bleibe dabei - und empfinde es nicht als sonderlich engstirnig - daß weniger FLeischessen eben keinen Vegetarier macht...



Nein, lieber Manfred Sachs, Sie haben anderen vorgeworfen, nicht liberal zu sein. Gänzlich unabhängig davon, ob das stimmt oder nicht: es bleibt mir also in Ihren Augen nicht unbenommen, diese Position liberal zu nennen - denn Sie haben ja schon definiert, dass sie nicht liberal ist.
Sei das, wie es ist - es ist ohnehin trivial, denn Liberalismus ist so vielgestaltig, dass wohl selbst Elitaristen - oder besser Avantgardisten - sich unter den Liberalen wohlfühlen und akzeptiert werden können.

Ich sage nur, dass nicht unbedingt alles, was Sie ablehnen, auch tatsächlich im Sinne der Vegetarischen Definition "Fleisch" ist. Verboten aus veganischer/libertärer Sicht? Bestimmt. Aus vegetarischer/liberaler Sicht? Nicht unbedingt. Adam Smith hat sich sehr positiv über staatliche Grenzsetzung geäußert. Walter Eucken hält eine staatliche Begrenzung des wirtschaftlichen Handels für wichtig, um den Wettbewerb effizient und frei [innerhalb dieser Grenzen] gestalten zu können.
Sie können natürlich Eucken, meinetwegen auch Smith, Erhard, Hayek, ... als nicht liberal bezeichnen. Fakt jedoch ist, dass alle genannten allgemein den Liberalen zugeordnet werden - und sich alle für bestimmte Beschränkungen (und staatliche Regelungen) ausgesprochen haben.

Zitat
Sehen Sie, das ist es, was ich meinte. Ich weiß nicht was für ein Menschenbild Sie pflegen.



Ein realistisches. Geprägt ist mein Menschenbild neben eigenen Erfahrungen eben vor allem durch die Theorien des Ordoliberalismus, also von Leuten wie Eucken, Erhard, Hayek, Röpke. Müller-Armack, Rüstow, aber auch Hume und Smith. Natürlich kommen noch Elemente aus meiner Schulzeit hinzu, also ein katholischer "Unterbau", sowie Elemente aus meiner späteren Allgemeinbildung.
Der Mensch neigt zum Übertreiben. Und der Mensch neigt zu Akkumulation und Egoismus. Normalerweise alles positive Eigenschaften. Jedoch im völlig freien Wirken des Marktes z.B. sind diese Eigenschaften geeignet, die Funktionalität des Marktes zu behindern. Das gleiche gilt auch für andere Bereiche.
Dazu kommt, dass der Mensch zu Herdenverhalten und Irrationalität neigt. Das ist evolutionär bedingt und verantwortlich für das Scheitern vieler guter und genauso vieler schlechter Ideologien, die alle entweder an das korrekte und logische Verhalten des Menschen oder "den guten, neuen Menschen" geglaubt haben. Auch das lässt sich nutzen, ist nicht zwangsläufig schlecht - muss aber bedacht werden, um ein möglichst freies Leben für alle zu ermöglichen.

Zitat
Warum sollten sich alle Menschen in Selbstsüchtige Egomanen verwandeln, sobald der staatliche Zwang wegfällt? Warum sollten sich die Gemeinden entlang eines Flußlaufes nicht gegenseitig in ihren Schutzbemühungen abstimmen - wo sie es doch schon heute, sogar staatsübergreifend, tun?



Menschen sind selbstsüchtig. Das ist normal und wie gesagt evolutionär bedingt und absolut nicht "böse" oder "schlecht". Dieses Verhalten hat uns Fortpflanzungs- und Überlebensvorteile gebracht. Gute Politik und gute Ideologie muss daher dieses Verhalten nicht nur "in Kauf nehmen", sondern nutzen.

Was die gegenseitige Abstimmung betrifft: Sie sehen doch, wie toll das sogar unter geordneten Bedingungen funktioniert... da stimmen einige Orte gegen eine Erhöhung des Deiches, weil die Grundstückspreise sinken (man wird ja auch gerettet... und finanziell unterstützt), andere Gemeinden bauen lieber Polder und noch wieder andere machen noch wieder etwas anderes.
Natürlich, die sind selbst schuld. Wenn Dorf A eben die tatsächlich sinnvolle Variante macht, und Dorf B nicht, dann ist das das Pech von Dorf B. Allerdings nicht, wenn Dorf B sich auf die Abstimmung verlassen hat und Dorf A dann etwas ganz anderes tut. Es ist auch weitaus einfacher, billiger und effizienter, ein vernünftiges, komplettes Schutzkonzept zu entwickeln. Das hat auch den Vorteil, dass dann tatsächlich der Schutz für alle steigt. Ob das nun durch (staatliche) Absprache zwischen den einzelnen Anrainer-Gemeinden oder durch die Länder passiert... - das ist eben auch Sache der jeweiligen Landesverfassung. Fakt ist, dass zur Zeit - meiner Meinung nach eben auch korrekterweise - der Katastrophenschutz weitgehend keine rein kommunale Aufgabe ist. Es wäre ja auch nicht so gut, wenn Dorf A zum Schutz vor Sturmfluten konventionelle Deichbauten benutzt und Dorf B keine 5km davon entfernt den Deich einreisst, um eine riesige Warft als Schutz zu errichten.

Zitat
Bliebe die Frage, warum sollten die Alpenbewohner den Flutschutz in Grimma bezahlen? Die Mulden entspringen im Vogtland und im Erzgebirge. Welchen vernünftigen Grund kann es - aus liberaler Sicht - geben, vollkommen unbeteiligte Dritte finanziell in die Pflicht zu nehmen? Der Staat, das Volk als Schicksalsgemeinschaft?



Man kann immer sagen, dass nur die anderen zahlen sollen. Ich persönlich habe nichts dagegen, bin aber auch der Meinung, dass ja keiner, der nicht mit den im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft entwickelnten Risikoausgleiche einverstanden ist und lieber ausschließlich nur für sich selbst vorsorgen will (was alleine schon aus Effizienzgründen fatal ist), ja nicht gezwungen ist, hier zu sein. Es ist nicht unbedingt ideal, was Erhard und Müller-Armack entwickelt haben. Aber es ist besser als alles andere, was real existieren würde.

Zitat
Und bitte verzeihen Sie mir, daß ich mich Samstagmorgen außerstande sehe, in zwei, drei prägnanten Worten den Unterschied zwischen Staat und Gemeinde herauszustellen.



Oh, ich sehe durchaus einen Unterschied zwischen Staat und Gemeinde, genauso wie ich einen zwischen Bundesland, Stadt oder Nation und Staat sehe. Staat ist nicht nur der "Nationalstaat" - das ist nur eine von vielen Formen des Staates. Eine Gemeinde ist auch ein Staat.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

10.06.2013 14:27
#49 RE: Hilfspakete Antworten

Zitat von Manfred Sachs im Beitrag #47
Warum sollten sich alle Menschen in Selbstsüchtige Egomanen verwandeln, sobald der staatliche Zwang wegfällt?

Das tun sie nicht - aber wenn eine Gemeinschaftsaufgabe allseitige Kooperation voraussetzt, einige sich aber persönlich besser stellen, wenn sie sich der Kooperation verweigern - dann ist immer damit zu rechnen, daß manche das auch tun. Und damit der Grundkonsens zusammenbricht, der für die Gemeinschaftsaufgabe nötig ist.

Zitat
Bliebe die Frage, warum sollten die Alpenbewohner den Flutschutz in Grimma bezahlen?


Und genau das ist die Argumentation der Kooperationsverweigerer.
Warum sollen höhergelegenen Vororte von Grimma mithelfen, damit die tieferliegenden nicht absaufen? Aus Eigeninteresse im speziellen Fall "Flutschutz" müßten sie es nicht tun. Sie tun es nur, weil die Gemeinde Grimma einen Solidarverband bildet, der auch bei anderen Fragen zum Tragen kommt.
Und genau deswegen helfen auch die Alpenbewohner den Flutopfern.

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