Es gibt m. E. zwei skandalöse Aspekte dieser Sache. Zum Einen, wie schon diskutiert, die Anmaßung des Staates, erwachsene Menschen mit solchen Bildern zu drangsalieren (und sie außerdem zu zwingen, das auch noch zu finanzieren).
Zum Anderen aber halte ich es für absurd, daß so etwas im EU-Parlament beschlossen wird. Es kann nach dem Subsidiaritätsprinzip keine Zuständigkeit der EU für solche Sachen geben.
Zitat von R.A. im Beitrag #27Zum Anderen aber halte ich es für absurd, daß so etwas im EU-Parlament beschlossen wird. Es kann nach dem Subsidiaritätsprinzip keine Zuständigkeit der EU für solche Sachen geben.
Nun. Wenn die Richtlinie nicht in allen EU-Ländern durchgesetzt würde, könnten die Raucher ja einfach ihre Zigaretten aus den EU-Ländern importieren, in denen die Bilder kleiner oder nicht vorhanden sind. Wahlfreiheit geht garnicht. Also muss das ganze so zentral wie möglich gemacht werden.
Zitat von Solus im Beitrag #28Wenn die Richtlinie nicht in allen EU-Ländern durchgesetzt würde, könnten die Raucher ja einfach ihre Zigaretten aus den EU-Ländern importieren, in denen die Bilder kleiner oder nicht vorhanden sind.
Aus Sicht der entsprechenden Politiker ist das in der Tat die Logik.
Aber dieser Wunsch schafft ja nicht die gesetzlichen Grundlagen für eine EU-Zuständigkeit. Die ist m. E. einfach nicht gegeben - grundsätzlich müßte es einem Mitgliedsstaat möglich sein, die Umsetzung dieser Richtlinie wegen fehlender Vertragsgrundlage zu verweigern.
Zitat von ChristophDie Schockbilder-Kampagne ist mehr als ein Marketing-Gag. Vielmehr zeigt sie, wie die Brüsseler Regenten ihren Staat betrachten: als einen Kindergarten.
Sie haben vollkommen recht, es ist natürlich mehr als ein Marketing-Gag; aber das ist es eben auch. Die Raucherdiskriminierung von Jahrzehnten trägt Früchte. Bei einer Mehrheit der Bevölkerung sind solche Aktionen heute populär, oder, um endlich mal diesen linken Kampfbegriff benutzen zu können: diese Maßnahmen sind populistisch. Solche Aktionen stehen in einen merkwürdigen Widerspruch zu der ansonsten grassierenden Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsparanoia. […]
Politiker und Medien wenden einen Trick an, damit dieser Widerspruch nicht so offenbar wird, vielleicht auch um den Widerspruch vor sich selbst zu verbergen: sie sprechen nie vom Raucher sondern stets von «der Tabakindustrie» oder «der Tabaklobby». So suggerieren sie, nicht der Raucher sei Adressat der Repression, sondern die Tabakkonzerne. Der Raucher werde also gar nicht gegängelt, vielmehr schütze der starke Arm der Staatsgewalt ihn vor der Industrie, die ihn, gegen seinen Willen, zum Rauchen verführt.
Zitat von R.A. im Beitrag #27Zum Anderen aber halte ich es für absurd, daß so etwas im EU-Parlament beschlossen wird. Es kann nach dem Subsidiaritätsprinzip keine Zuständigkeit der EU für solche Sachen geben.
Das EU-Parlament hat keine Exekutivgewalt, seine einzige (selbsterteilte) Aufgabe besteht darin, Gesetze zu erlassen. Man stelle sich die Situation einmal vor: Da werden Politker nach Brüssel delegiert, eventuell sogar "entsorgt" weil man sie im eigenen Land nicht brauchen kann oder nicht haben will. Die tagen also in Brüssel, aber um zu tagen, braucht man eine Agenda. Die Tagung (nicht das Thema) ist natürlich sehr wichtig, denn dafür gibt es Tagungsgeld. Wovon leben denn diese Leute sonst, einem produktiven Job können diese Leute wohl kaum nachgehen. Und eine Tagung ohne Agenda wäre sicher auch langweilig. Also ein Thema muss her, Kreativität ist gefragt. Auch mit einem kleinen Gehirn kommt man mittels Brainstorming auf Tausende von Ideen: Seilbahnen (von unserem lieben Zettel bereits angeprangert), Glühbirnen, Duschköpfe und Wasserhahnen mit reduziertem Ausfluss.
Diese Politiker wurden nicht demokratisch gewählt und sie sind in keiner Weise Rechenschaft schuldig, sie können nicht abgesetzt werden. Es gibt eine Ausnahme: der für die Tabakrichtlinie zuständige Kommissar Dalli wurde nach hause geschickt, weil er versucht hat, von einem Hersteller von Snus (Snus ist in der EU verboten, mit Ausnahme von Schweden) 2 Mio gegen "Wohlwollen" zu erpressen. Daneben hat er horrende Reisespesen abgerechnet, die er nicht mit seiner Funktion rechtfertigen kann. http://velvetgloveironfist.blogspot.fr/search?q=dalli
Zitat von Christoph im Beitrag #31der «Blitzer-Marathon» schon der Titel kündet vom Geist der Veranstalter und offenbart, wie ernst die Sache zu nehmen ist.
Zitat von vivendi im Beitrag #32Das EU-Parlament hat keine Exekutivgewalt, seine einzige (selbsterteilte) Aufgabe besteht darin, Gesetze zu erlassen.
Kein Parlament hat Exekutivgewalt, es erläßt "nur" Gesetze. Das ist auch die Aufgabe des EP, die hat es sich nicht selbst erteilt. Aber in welchem Bereich ein Parlament Gesetze erlassen darf, das ist ja begrenzt. Der Bundestag darf keine Schulgesetze machen, das ist Ländersache. Und entsprechend ist das EP m. E. nicht für Zigarettenschachteln zuständig.
Zitat Diese Politiker wurden nicht demokratisch gewählt und sie sind in keiner Weise Rechenschaft schuldig, sie können nicht abgesetzt werden.
Das ist nicht richtig. Sie sind ähnlich indirekt demokratisch gewählt wie die Mitglieder der Bundesregierung und sie können auch abgesägt werden. Was ja auch schon geschehen ist. Daß die Kontrolle mangelhaft ist, steht auf einem anderen Blatt. Und hat maßgeblich damit zu tun, daß eine europäische Öffentlichkeit fehlt, die diesen Leuten ähnlich auf die Finger schaut wie das die jeweiligen nationalen Medien pro Land machen.
Zitat von vivendi im Beitrag #32Das EU-Parlament hat keine Exekutivgewalt, seine einzige (selbsterteilte) Aufgabe besteht darin, Gesetze zu erlassen.
Das ist nicht richtig. Sie sind ähnlich indirekt demokratisch gewählt wie die Mitglieder der Bundesregierung und sie können auch abgesägt werden. .
Danke für die Klarstellung. Bei aller berechtigten Kritik an "Brüssel": Viel Kritik schießt schlicht über das Ziel hinaus.
Zitat von R.A. im Beitrag #34 Daß die Kontrolle mangelhaft ist, steht auf einem anderen Blatt. Und hat maßgeblich damit zu tun, daß eine europäische Öffentlichkeit fehlt, die diesen Leuten ähnlich auf die Finger schaut wie das die jeweiligen nationalen Medien pro Land machen.
Und was noch dazu kommt: Es gibt in der öffentlichen Diskussion keine klare Trennung zwischen "Kritik an der EU" und "Kritik an der EU-Politik".
Wenn jemand in Deutschland die Bundesregierung kritisiert, dann wird ihm selbstverständlich nicht unterstellt, er habe etwas gegen Deutschland.
Wenn hingegen jemand die Politik der EU-Kommission kritisiert, wird er häufig als "EU-Gegner" oder Euro-Gegner" tituliert. Was unfair ist und was eine offene Debatte über die richtige europäische Politik erschwert.
In Kanada, wo es diese Bilder schon seit Jahren gibt, haben die Raucher alle eine kleine Pappschachtel mit Natur- und sonstigen Bilder drauf, in die die genormte Zigarettenschachtel exakt reinpasst und die die Schockbilder verdeckt. Diese wird es hier auch bald geben.
Zitat von Florian im Beitrag #35Es gibt in der öffentlichen Diskussion keine klare Trennung zwischen "Kritik an der EU" und "Kritik an der EU-Politik".
Richtig.
Zitat Wenn jemand in Deutschland die Bundesregierung kritisiert, dann wird ihm selbstverständlich nicht unterstellt, er habe etwas gegen Deutschland.
Das liegt nun aber daran, daß es auch fast niemand gibt (außer den Anti-Deutschen und der Bayernpartei), die mit der Aussage "diese Bundesregierung muß weg" nicht den Wechsel zu einer anderen Bundesregierung meinen, sondern tatsächlich die Auflösung der Bundesrepublik.
Zitat Wenn hingegen jemand die Politik der EU-Kommission kritisiert, wird er häufig als "EU-Gegner" oder Euro-Gegner" tituliert. Was unfair ist und was eine offene Debatte über die richtige europäische Politik erschwert.
Was oft unfair ist. Aber es ist nun einmal so, daß sehr häufig Kritik an der EU-Kommission tatsächlich von Leuten kommt, die grundsätzlich keine Kommission und keine EU wollen.
Es ist natürlich unfair, wenn man mit einer Kritik an einer Kommissionsmaßnahme mit den echten EU-Gegnern in einen Topf geworfen wird. Aber vielleicht muß man auch etwas klarer argumentieren. Ich persönlich ertappe mich schon öfters dabei, daß meine oft etwas emotionale Aussagen gegen "die in Brüssel" ziemlich mißverständlich sein können.
Zitat von Florian im Beitrag #35Wenn hingegen jemand die Politik der EU-Kommission kritisiert, wird er häufig als "EU-Gegner" oder Euro-Gegner" tituliert. Was unfair ist und was eine offene Debatte über die richtige europäische Politik erschwert.
Was oft unfair ist. Aber es ist nun einmal so, daß sehr häufig Kritik an der EU-Kommission tatsächlich von Leuten kommt, die grundsätzlich keine Kommission und keine EU wollen.
Es ist natürlich unfair, wenn man mit einer Kritik an einer Kommissionsmaßnahme mit den echten EU-Gegnern in einen Topf geworfen wird. Aber vielleicht muß man auch etwas klarer argumentieren. Ich persönlich ertappe mich schon öfters dabei, daß meine oft etwas emotionale Aussagen gegen "die in Brüssel" ziemlich mißverständlich sein können.
Florian spricht hier einen wichtigen Punkt an. Es ist ja nicht so, daß da mal das eine oder andere Mißverständnis passiert, weil ein Gegner übertriebener EU-Bürokratie sich im Eifer des Gefechts etwas unklar ausdrückt.
Nein, da wird von der anderen Seite kräftig vorgearbeitet. Die lexische Gleichsetzung Europa = EU = EU-Administration = Euro wird ja von den politischen Akteuren höchster Ebene durch schwammige Wortwahl und kernige Sprüche wie "Scheitert der Euro, dann scheitert Europa" in die Köpfe gehämmert, so unsinnig sie bei Lichte betrachtet auch ist.
Es ist eine klar erkennbare Strategie der heute existierenden EU-Verwaltungsstruktur, sich nach Möglichkeit mit der EU als politisches Gebilde, mit Europa als geographischem Raum, mit dem Euro als Währungseinheit zu identifizieren und eine gedankliche Trennung dieser verschiedenen Dinge zu verwischen: so und nur so kann sie sich als alternativlosen Garanten der unzweifelhaften positiven Aspekte der EU präsentieren.
Das ist ein Prinzip, das man auch in totalitären Systemen regelmäßig beobachten kann: durch gedankliche Identifikation von Land, Staat und Partei in den Köpfen der Regierten wird jeder Gedanke an eine Alternative zur Absurdität gemacht, bis die Leute sogar Angst davor haben, ihre Unterdrücker (und damit fälschlich impliziert ihr Land und ihre Lebensgrundlage) zu verlieren.
Zitat von vivendi im Beitrag #4Man mutet ihnen zu, jedesmal ekelerregende Bilder offen zu zeigen, wenn sie in Gesellschaft anderer Menschen zu ihrer Zigarettenpackung greifen oder wenn sie sie zu hause herumliegen lassen.
Na ja, es gibt ja auch die Möglichkeit, die Zigaretten direkt in ein schickes Lederetui umzufüllen... Klar! Die Lederlobby hat in Brüssel für diese Richtlinie gesorgt...
Zitat von Fluminist im Beitrag #25 Ich wundere mich ja auch immer über die "Bauernmilch". Müßte das nicht "Bäuerinnenmilch" heißen?
In dem Zusammenhang fällt mir gerade ein: als ich vor Jahren mal einem Freund von Mozzarella aus Büffelmilch erzählte, verzog der angewidert das Gesicht...
Er kannte den Unterschied zwischen Büffel und Bulle nicht...
Beste Grüße,
Carlo M Dimhofen
HR
(
gelöscht
)
Beiträge:
10.10.2013 22:31
#41 RE: Die EU-Tabakrichtlinie als Brüsseler PR-Gag
"In Kanada, wo es diese Bilder schon seit Jahren gibt, haben die Raucher alle eine kleine Pappschachtel mit Natur- und sonstigen Bilder drauf, in die die genormte Zigarettenschachtel exakt reinpasst und die die Schockbilder verdeckt. Diese wird es hier auch bald geben."
Die Kioskbesitzer werden sich auch etwas einfallen lassen.Es ist schließlich auch dem Nichtraucher kaum zuzumuten, auf eine Wand mit ausgestellten Ekelbildern blicken zu müssen. Der Schuß geht nach hinten los.
Zitat von Doeding im Beitrag #24 Bei einer Mehrheit der Bevölkerung sind solche Aktionen heute populär, oder, um endlich mal diesen linken Kampfbegriff benutzen zu können: diese Maßnahmen sind populistisch.
Da ist mir doch eben noch was ebenso sinnloses eingefallen.
Kann sich noch jemand erinnern, warum dieser Spruch bei der Arzneimittelwerbung eingeführt wurde: "Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie ihren Arzt oder Apotheker." Welche Wirksamkeit hat er entfaltet?
Genauso sinn- und wirkungslos sind die bisherigen Aufschriften auf den Zigarettenschachteln und werden es die zukünftigen Schockbilder auch sein.
Hat ein Schockbild an der Autobahn auch nur einen Unfall verhindert?
Selbst die Gedenkkreuze an den Straßenrändern entfalten keine abschreckende Wirkung.
Übrigens auch die Wahlplakate an den Straßenrändern haben noch nie mein Wahlverhalten beeinflusst.
Zitat von Doeding im Beitrag #24 Bei einer Mehrheit der Bevölkerung sind solche Aktionen heute populär, oder, um endlich mal diesen linken Kampfbegriff benutzen zu können: diese Maßnahmen sind populistisch.
Da ist mir doch eben noch was ebenso sinnloses eingefallen.
Kann sich noch jemand erinnern, warum dieser Spruch bei der Arzneimittelwerbung eingeführt wurde: "Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie ihren Arzt oder Apotheker." Welche Wirksamkeit hat er entfaltet?
Genauso sinn- und wirkungslos sind die bisherigen Aufschriften auf den Zigarettenschachteln und werden es die zukünftigen Schockbilder auch sein.
Hat ein Schockbild an der Autobahn auch nur einen Unfall verhindert?
Selbst die Gedenkkreuze an den Straßenrändern entfalten keine abschreckende Wirkung.
Übrigens auch die Wahlplakate an den Straßenrändern haben noch nie mein Wahlverhalten beeinflusst.
Warum wird dann soviel sinnloses Zeug gemacht?
Erstens ist es ein psychologischer Defekt des Menschen, jedes Tun, und sei es noch so sinnlos, dem Abwarten vorzuziehen. Das beschreibt R. Dobelli (Kunst des klaren Denkens) sehr schön. Dementsprechend fordert das Volk auch von Politik bzw. Behörden bei jedem Problem oder Ereignis, zu handeln. Nach einem Amoklauf an einer Schule oder der Panik nach der Love-Parade, oder einer beliebigen anderen Katastrophe müsste, wer klaren Geistes ist, konstatieren: «wir wussten, dass so etwas geschehen kann und es ist nicht vollkommen zu verhindern, dass so etwas geschieht». Stattdessen wird nach jedem Ereignis ein passendes «Lex …» verfasst. Natürlich passiert es trotzdem wieder und dann gibt es wieder ein neues Gesetz.
Zweitens stehen Behörden im Wettbewerb um Geld und Wohlwollen. Die erwerben sie nicht, indem sie feststellen und kundgeben, dass sie im Grunde überflüssig seien, und besser heute als morgen abgeschafft würden. Im Gegenteil müssen sie die spezifischen Probleme, mit denen sie befasst sind, als möglichst bedeutend erscheinen lassen, und, vor allem, etwas sichtbares tun.
Drittens bezahlen die Leute, die Vorschriften und Gesetze beschließen, nicht für deren Folgen. Wer in der Privatwirtschaft anderen etwas zumutet, muss teuer dafür zahlen. Ein Unternehmer zahlt für die Grundstücke, die er bebaut, für die Zeit, die seine Mitarbeiter für ihn aufwenden, …. Alles, was er seinen Kunden zumutet, kostet ihn Marktanteile: schlechter Service, schlechtes Produkt, schlechte Bedienungsanleitung, … Da er nur über begrenzte Mittel verfügt, wägt er genau ab, wieviel Resourcen er verbraucht und wo er sie investiert, um Kunden zu gewinnen und ihnen ein gutes Produkt anzubieten.
Einer Behörde oder dem Gesetzgeber sind solche Erwägungen fremd. Sie können den Untertanen Jahre an Zeit verschwenden und Milliarden an Verdienstausfällen verursachen, ohne dass die Betroffenen sich wehren – oftmals ohne, dass sie es überhaupt bemerken. Wie schon festgestellt, verfallen Politik und Behörden nach jeder Katastrophe/Straftat etc. zuverlässig in Aktionismus. Noch vorher wird man jedoch, ebenso zuverlässig, die Frage vernehmen: «warum hat der Polizeipräsidend/das Bundesumweltamt/die Stadtverwaltung das nicht verhindert?» oder «warum ist das gesetzlich nicht verboten?». Dem Staat wird also mangelnde Repression vorgeworfen. Je strenger eine Behörde oder der Gesetzgeber agieren, desto weniger setzen sie sich solchen Vorwürfen aus.
Dagegen gibt es keine Anwälte für die Freiheit der Untertanen. Die Freiheit des Individuums hat für die Behörde schlicht keinen «Preis», also kann sie soviel davon vernichten, wie ihr beliebt.
Ein Beispiel: als die Wehrpflicht abgeschafft wurde, wusste die Bundeswehr schon nichts mehr anzufangen, mit all den jungen Männern, die jedes Jahr volljährig wurden. Um die so genannte «Wehrgerechtigkeit» zu wahren, hätte man aber jeden dieser jungen Männer «einziehen» und ausbilden müssen. Da das selbst dem Staat zu aufwendig erschien, ersonn man eine Reihe kosmetischer Tricks: 1. wurden immer mehr Männer mit fragwürdigen Begründungen ausgemustert 2. verkürzte man die die Dienstzeit 3. ermunterte man die Wehrpflichtigen dazu, dem Amt ein schlechtes Gewissen vorzulügen und den Dienst zu verweigern. Die entsprechenden Anträge wurden durchgewunken. Statt ein kaputtes System zu ersetzen, hat man gerade so viel daran herumlackiert, bis es gerade eben akzeptabel aussah. Das man dabei Millionen Jahre an Lebenszeit vernichtet hat keinen Politiker und keinen Beamten gekümmert.
Ein Schutz dagegen ist die Demokratie, welche nur ein schwacher Schutz ist, wenn 90% ihre Freiheit nicht schätzen, oder sich von einer Maßnahme nicht betroffen glauben. Ein etwas stärkerer Schutz ist das Verfassungsgericht, das aber nur die allerschlimmsten Auswüchse der staatlichen Repression kappen kann.
Nur aufs BVerfG würde ich nicht mehr soviel geben, werden die Rotroben doch auch vom Parteienkartell aufgestellt. Spätestens seit Susanne Baer und nach den diversen halbgaren Persilscheinen in Sachen Eurorettung ist dort auch der Lack ab.
Beste Grüße, Calimero
------------------------------------------------------- Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel
Zitat von Christoph im Beitrag #43[quote="Paul"|p103174] Erstens ist es ein psychologischer Defekt des Menschen, jedes Tun, und sei es noch so sinnlos, dem Abwarten vorzuziehen. Das beschreibt R. Dobelli (Kunst des klaren Denkens) sehr schön. Dementsprechend fordert das Volk auch von Politik bzw. Behörden bei jedem Problem oder Ereignis, zu handeln. Nach einem Amoklauf an einer Schule oder der Panik nach der Love-Parade, oder einer beliebigen anderen Katastrophe müsste, wer klaren Geistes ist, konstatieren: «wir wussten, dass so etwas geschehen kann und es ist nicht vollkommen zu verhindern, dass so etwas geschieht». Stattdessen wird nach jedem Ereignis ein passendes «Lex …» verfasst. Natürlich passiert es trotzdem wieder und dann gibt es wieder ein neues Gesetz.
Zweitens stehen Behörden im Wettbewerb um Geld und Wohlwollen. Die erwerben sie nicht, indem sie feststellen und kundgeben, dass sie im Grunde überflüssig seien, und besser heute als morgen abgeschafft würden. Im Gegenteil müssen sie die spezifischen Probleme, mit denen sie befasst sind, als möglichst bedeutend erscheinen lassen, und, vor allem, etwas sichtbares tun.
Drittens bezahlen die Leute, die Vorschriften und Gesetze beschließen, nicht für deren Folgen. [...] Dagegen gibt es keine Anwälte für die Freiheit der Untertanen. Die Freiheit des Individuums hat für die Behörde schlicht keinen «Preis», also kann sie soviel davon vernichten, wie ihr beliebt.
Gut beobachtet! Das Motto lautet: Wir müssen etwas tun, tun wir also etwas. Nach dem Erfolg der Massnahme wird nicht gefragt, die Massnahme wird auch bei völligen Nichterfolg nicht mehr rückgängig gemacht. So bleiben Gesetzesleichen Jahrzehnte in den Büchern.
Zitat von Fluminist im Beitrag #38... da wird von der anderen Seite kräftig vorgearbeitet. Die lexische Gleichsetzung Europa = EU = EU-Administration = Euro wird ja von den politischen Akteuren höchster Ebene durch schwammige Wortwahl und kernige Sprüche wie "Scheitert der Euro, dann scheitert Europa" in die Köpfe gehämmert, so unsinnig sie bei Lichte betrachtet auch ist.
Ein Bekenntnis "Ich bin für Europa" kann vielerlei bedeuten, u.a. folgendes:
A) (wörtlich verstanden) Ich befürworte Europa als geographischen Begriff. Das ist ungefähr so sinnvoll wie "Ich befürworte den Atlantik". Am ehesten könnte es Zustimmung zur willkürlichen Aufteilung des Kontinents in Europa und Asien bedeuten.
B) Ich habe Sympathie für die verschiedenen Völker Europas und die aus ihrem Zusammenwirken entstandene spezifische Kultur. Dagegen wird nur der verbohrteste Nationalist etwas haben; durch den Ausschluß der nichteuropäischen Völker und Kulturen schwingt allerdings ein bißchen abendländischer Chauvinismus mit.
C) Ich begrüße die Kooperation der europäischen Staaten. Hiergegen wird nur ein hartgesottener Partikularist etwas einwenden, ansonsten ist das sicher weit konsensfähig.
D) Ich befürworte die EU in ihrer gegenwärtigen administrativen Struktur.
E) Ich bin dafür, daß die Befugnisse der EU-Kommission, ggf. unter Mißachtung des Subsidiaritätsprinzips und ohne demokratische Kontrollstruktur, ausgeweitet werden.
F) (nur für Deutsche) Ich finde, daß die Interessen Europas Vorrang vor den nationalen Interessen haben.
G) Ich befürworte die Schaffung eines europäischen Staates.
Die Musik, die uns auf dieser Orgel vorgespielt wird, basiert sehr auf der enharmonischen Verwechslung von C/B mit E/F/G. Wer letztere ablehnt, wird mittels der implizierten Identität aller Aussagen als Leugner von C/B, also in eine ganz abstruse Ecke hingestellt; wer wie die meisten C/B unterschreibt, wird dann auch für E-G in die Pflicht genommen.
Das ist schon raffiniert. Allerdings: auf die chromatische Fantasie folgt die Fuga.
Die klugen Briten, die soviel mehr von Politik und Demokratie verstehen als die dummen Deutschen - naja, sie haben ja auch Jahrhunderte mehr an Erfahrung - haben sogar einen schönen Ausdruck für dieses Phänomen: Politician's syllogism
Man beachte, erneut der Hinweis auf die großartige BBC-Serie: Yes, (Prime) Minister!
Zitat von Fluminist im Beitrag #46A) (wörtlich verstanden) Ich befürworte Europa als geographischen Begriff. Das ist ungefähr so sinnvoll wie "Ich befürworte den Atlantik".
ich lehne jedenfalls den Atlantik ab & freue mich auf Pangaea Ultima:
"Pangaea Ultima could occur within the next 250 million years. [...] Subduction at the western Atlantic, east of the Americas, leads to the subduction of the Atlantic mid-ocean ridge followed by subduction destroying the Atlantic oceanic basin, causing the Atlantic Ocean to close, bringing the Americas back together with Africa and Europe."
Es könnte sich empfehlen, in der Politik auch einmal mittelfristige Perspektiven zu berücksichtigen.
"In der Tat rauchen Jugendliche in den letzten zehn Jahren zunehmend weniger, was aber wohl eher auf die immense Verteuerung von Tabakprodukten zurückzuführen sein dürfte und weniger auf Präventionsmaßnahmen, auch wenn das gern behauptet wird. "
Aus persönlicher Erfahrung - und ja, ich bin noch so jung, dass ich mich als Jugendlicher bezeichnen darf - möchte ich dir widersprechen. Das Image des Rauchers hat, quer durch alle Alterschichten und Bildungsgrade der Jugendlichen, schwer gelitten in den letzten Jahren. Viele Jugendliche finden, dass (abhängige) Raucher stinken (vor allem aus dem Mund), verantwortungslos alles zuqualmen und häufig eher einsam wirken, wenn sie alleine im Regen ihrer Sucht nachgehen. Rauchen ist einfach uncool, quasi "out".
Ich selber durfte in der Schule auch an solchen "Umerziehungsmaßnahmen" teilnehmen (Be Smart Don't Start) und deren Erfolg ist beeindruckend. Um die Raucher innerhalb meines Freundeskreises zu zählen, bedarf es nicht mal zweier Hände (Die hastig und mit spitzen Lippen ziehenden Partyraucher mal davon ausgenommen). Meiner Meinung nach ist der Rückgang jugendlicher Raucher vor allem auf solche, wie du sagst, PR-Gags zurückzuführen.
Ich persönlich finde die "Ekelbilder" auf den Zigarettenpackungen, wie es sie ja schon lange bspw. in Spanien gibt, auch nicht attraktiv, aber letztendlich werden sie ihre Wirkung entfalten. Ich persönlich könnte mir nie im Leben eine Zigarettenpackung kaufen, auf dem ich eine Raucherlunge betrachten muss. Von daher halte ich persönlich solche Aktionen für sehr wirkungsvoll, völlig unabhängig davon, ob das jetzt gut oder schlecht ist.
Und außerdem haben sich nicht nur Zigaretten in den letzten Jahren immens verteuert, sondern auch das Privat"vermögen" von Jugendlichen ist rasant gestiegen. Wer als Jugendlicher wirklich rauchen will, der kann ja im ärgsten Fall auch noch drehen. Von daher halte ich die Preissteigerungen für deutlich weniger effektiv, als es diese "Schocktherapien" darstellen.
Und dann noch einmal der Blick ins Ausland. In Indonesien rauchen ungefähr 50% der Männer (Frauen so gut wie gar nicht, abhängig von der Region, aber eignetlich gilt das als verpönt ("haram")). Gemessen am zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln, sind für Jugendliche in Indonesien Zigaretten wahrscheinlich genauso teuer, wie Zigaretten für Jugendliche in Deutschland (obwohl eine Packung "gute" Zigaretten umgerechnet nur 0,70 bis 1,00 € kostet). Trotzdem (mein persönlicher Eindruck) fangen in Indonesien junge Männer deutlich früher und auch deutlich häufiger an zu Rauchen. Dort gilt Rauchen als lässig, es gehört zum guten Ton einen Glimmstängel in der Hand zu haben. Und warum ist das so? Weil in Indonesien der Kampf gegen Alkohol und Drogen deutlich ernster genommen wird, als der gegen Nikotin. In den Schulen gibt es so gut wie gar keine Aufklärungsmaßnahmen, die meisten Jungen wissen nicht, wie sehr sich damit selber schaden.
Wie gesagt, vollkommen unabhängig davon, ob man möchte, dass die Raucherzahlen sinken oder nicht, komme ich persönlich zu der Einschätzung, dass solche strengeren Tabakrichtlinien und Präventionsmaßnahmen durchaus die gewünschten Effekte erzielen.
Zitat von downtown11 im Beitrag #49Ich persönlich könnte mir nie im Leben eine Zigarettenpackung kaufen, auf dem ich eine Raucherlunge betrachten muss.
Ich muss mir und meiner persönlichen Umgebung leider solche Bilder antun, denn ich rauche. Raucher werden gebrandmarkt und stigmatisiert. Es gab Zeiten, da wurden Volksgruppen auf diese Art und Weise behandelt, sei es aufgrund ihres Aussehens oder eines aufgezwungenen Erkennungsmerkmals, und es galt als Faux-pas, sich in ihrer Gesellschaft zu zeigen. Heute wird das als Diskriminierung oder Rassismus bezeichnet. Es handelt sich um eine willentliche Spaltung der Gesellschaft zu Erziehungszwecken. Für Jugendliche sind Eltern die erziehungsberechtigten Personen, Erwachsene sind eigenverantwortlich. Tabak ist ein natürliches, legales Produkt. In dem Land in dem ich lebe, dient ein Prozentsatz der Tabakabgaben zur Subventionierung des Tabakanbaus (in der EU war das bis vor kurzem auch der Fall); der weitaus grösste Anteil dient der Finanzierung der Altersrenten.
Zitat Raucher stinken, qualmen alles zu, wirken eher einsam, wenn sie alleine im Regen ihrer Sucht nachgehen ("ausgeschlossen"?)
Sie mögen ja recht haben, aber solche Stereotypen kennen wir auch aus anderen Umständen.
Zitat von downtown11 im Beitrag #49 Ich persönlich finde die "Ekelbilder" auf den Zigarettenpackungen, wie es sie ja schon lange bspw. in Spanien gibt, auch nicht attraktiv, aber letztendlich werden sie ihre Wirkung entfalten. Ich persönlich könnte mir nie im Leben eine Zigarettenpackung kaufen, auf dem ich eine Raucherlunge betrachten muss. Von daher halte ich persönlich solche Aktionen für sehr wirkungsvoll, völlig unabhängig davon, ob das jetzt gut oder schlecht ist.
Zitat A new study published in the journal Tobacco Control reports that the graphic cigarette warning labels implemented in the UK have had no effect on smokers. This research adds to the growing body of literature which suggest that graphic cigarette warning labels are largely ineffective, having a negligible effect on smokers. In this study, the warning labels were found not to have increased smoking cessation or even smoking reduction among smokers. Among nonsmokers, there was actually a decrease in warning comprehensibility, although persuasiveness increased. Overall, these results suggest that the graphic warning labels had only marginal effects, with no effect on smokers. This is not the kind of evidence that the FDA is going to need in court to support its plan to impose graphic warning labels on cigarettes. http://tobaccoanalysis.blogspot.fr/2013/...-cigarette.html
Hervorhebungen von mir. M. Siegel ist Professor am Department of Community Health Sciences, Boston University School of Public Health. Er befürwortet Rauchverbote in öffentlich zugänglichen Räumen.
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