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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 42 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.560

07.03.2014 00:19
#26 RE: Die Fastenaktion der EKD Antworten

Zitat
_________________
...mit geradezu unprotestantisch erscheinendem Pathos:

Wir essen vom Unrecht an Menschen und Tieren
/ unsere Milch schmeckt bitter von der Hoffnungslosigkeit der Bauern
/ an unseren Dingen klebt die Verzweiflung von Menschen
/ in unseren Kleidern glänzen die Tränen der Frauen aus Bangladesh.
_________________

Diese klebrige Rhetorik ist, zumindest in Teilen, nichts Neues. Bevor ich, vor vielen-vielen Jahren, vor diesem Verein davongelaufen bin, bin ich auch mal dem längeren Versuch einer Einnordung daraufhin ausgesetzt gewesen - einschließlich Konfirmation. Festzuhalten bleibt, daß schon vor 40 Jahren sowohl der Gottesdienst, der schulische Religionsunterricht sowie die 2-jährige vorbereitende Instruierung sich auf dergleichen Dritte-Welt-Agitprop beschränkten. Der Fastenverzicht auf Worte wie Gott, Seele oder Barmherzigkeit galt schon damals vollumfänglich und ganzjährig. Von der Organisationsform dieser Kirche wurde nur kurz mitgeteilt, es gebe in jeder Gemeinde "Presbyter", Funktion & Zuständigkeit unbekannt; eine Dogmatik existierte schlicht nicht; die Schrift war ein buntes Sammelsurium moralischer Exempla schlichtesten Zuschnitts; die Funktion der Kirche bestand in der Herstellung sozialer Gerechtigkeit & Befreiung der Dritten Welt. Ansonsten bestand der Zweck des Konfirmandenunterrichts darin, Monopoly (!) zu spielen oder Skat. Erlösung, Leben nach dem Tod, Rahmenbedingungen dafür (zumal bei ~14-jährigen eine nicht ganz triviale Frage)? Schemenhafte Abstraktionen per Diaprojektor: weiße kartoffelförmige Umrisse vor einem zur Seite aufgehellten Uniton-Achtergrund: "sie spüren, daß da noch etwas mehr ist", "sie haben sich für das Licht entschlossen". Eine auf Teletubby-Niveau heruntergekochte Melange aus Frau Tillys Seifenblasenschaum und den schlichteren Ausläufern der Scientologen.

Angesichts einer solchen völligen Aushöhlung jeder historischen wie geistigen Komponente bleibt als Attraktor da wohl nur der klassenkämpferische Aspekt, bei Ausrichtung auf die Hierarchie aufs Trefflichste gepaart mit dem des Apparatschiks.

Herr Offline




Beiträge: 406

07.03.2014 00:25
#27 RE: Die Fastenaktion der EKD Antworten

Zitat
Festzuhalten bleibt, daß schon vor 40 Jahren sowohl der Gottesdienst, der schulische Religionsunterricht sowie die 2-jährige vorbereitende Instruierung sich auf dergleichen Dritte-Welt-Agitprop beschränkten.


Bei Ihnen ist wenigstens noch was hängen geblieben vom Konfirmandenunterricht

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

07.03.2014 00:40
#28 RE: Die Fastenaktion der EKD Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #17
Wie wäre es mit ... konvertieren?
Es gibt, wenn mir ein wenig Werbung erlaubt sein sollte, auch ein katholisches Bistum in Deutschland, das sich von diversen Kirchenregeln und päpstlichen Dogmen befreit hat - bzw. in dessen Diktion nicht die Verirrungen der römisch-katholischen Kirche nachvollzogen hat: nämlich das Bistum der Alt-Katholiken. Gut, wer sich an weiblichen Pfarrern oder Segnungen für gleichgeschlechtliche Ehen stört, der wird dort auch keinen Platz finden, aber wen all das nicht stört, wer darüber hinaus synodale Strukturen auch in einer katholischen Umgebung schätzt und wem die Ökumene ein besonderes Anliegen ist, der kann sich da schon wohl fühlen. Man muss allerdings in der Regel den Mut mitbringen, Diaspora zu leben. Das hat übrigens auch Vorteile.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)

adder Offline




Beiträge: 1.073

07.03.2014 07:42
#29 RE: Die Fastenaktion der EKD Antworten

Zitat von Rayson im Beitrag #28
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #17
Wie wäre es mit ... konvertieren?
Es gibt, wenn mir ein wenig Werbung erlaubt sein sollte, auch ein katholisches Bistum in Deutschland, das sich von diversen Kirchenregeln und päpstlichen Dogmen befreit hat - bzw. in dessen Diktion nicht die Verirrungen der römisch-katholischen Kirche nachvollzogen hat: nämlich das Bistum der Alt-Katholiken. Gut, wer sich an weiblichen Pfarrern oder Segnungen für gleichgeschlechtliche Ehen stört, der wird dort auch keinen Platz finden, aber wen all das nicht stört, wer darüber hinaus synodale Strukturen auch in einer katholischen Umgebung schätzt und wem die Ökumene ein besonderes Anliegen ist, der kann sich da schon wohl fühlen. Man muss allerdings in der Regel den Mut mitbringen, Diaspora zu leben. Das hat übrigens auch Vorteile.



Lieber Rayson, die Werbung sei Ihnen gestattet. Eventuell hätte mir diese Werbung sogar vor ein paar Jahren geholfen - so aber bin ich vollkommen dem Schoß von Mutter Christenheit entkommen und übe meine Religionsbedürfnisse in einem losen Bund von Neuheiden aus. Ich war als Kind einmal in einer Altkatholischen Messe - allerdings noch mit männlichem Pfarrer. Sehr interessant damals, insbesondere da mein Erzeuger parallel dazu gerade sein Theologiefernstudium ablegte und immer erzkatholischer wurde, bevor eine Liebelei diesem Drang ein Ende setzte...

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

07.03.2014 09:20
#30 RE: Die Fastenaktion der EKD Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #16
Was tut man, wenn man einerseits die Kirche für wichtig hält und andererseits diesen Irrsinn nicht länger mittragen kann und will ?

Ich kann ihr Dilemma nur allzu gut nachvollziehen. Und auch ich habe schon ähnliche Dinge, wie zum Beispiel „Spende statt Kirchensteuer“ erwogen, bin aber letzten Endes (als Katholik) immer noch zahlendes Mitglied und werde es wohl auch bleiben.
Ich habe dabei gegen so manches grundlegende Dogma der Kirche vertoßen und kann viele Teile ihrer Positionen für mich persönlich nicht gelten lassen. Auf der anderen Seite respektiere ich (wie ich weiter oben zu beschreiben versuchte) und freue mich teilweise sogar darüber, dass sie mitunter den Mut findet Orientierung anzubieten bzw. sich in seiner eigenen Orientierung auszurichten, wenn man sich damit auseinander setzt.

Ich sehe auch Christus und die Liebe die er gepredigt hat. Seine "Nachsicht" mit der Fehlerhaftigkeit der Menschen und (das ist in meinen Augen ganz wichtig) die Möglichkeit der Vergebung. Ich weiß: Das ist nicht die Kirche (zumindest nicht ausschließlich), aber das bedeutet sie für mich – ist die Bedeutung, welche ich für mich gefunden habe und ich kenne genügend Geistliche und Seelsorger die diesem Bild genügen. So habe ich meinen Frieden mit diesem Dilemma gemacht.

„Strenge Moral mit pragmatischen Lösungen“.
Nochmals danke für diesen Satz, lieber Rayson. Er gefällt mir immer besser, je länger ich darüber nachdenke. Vielleicht weil er viel von dem impliziert, was auch Christus predigte: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst und die Möglichkeit der Vergebung.“ – Weil an ersterem jeder scheitern wird, gibt es das zweite.

Gerade auch deswegen sollte Christus nicht vergessen werden. Seine Worte sollte jeder kennen lernen. Auch das eine Aufgabe der Kirche. Und sie wird, aus meiner persönlichen Erfahrung heraus zumindest, in der katholischen Kirche und ihrem Umfeld durchaus ernst genommen.

Dem Irsinn des Zeitgeistes, der natürlich auch in die katholische Kirche Einzug hält, kann man dabei nur begegnen wie immer: Mit Aufklärung, Geduld, Argumenten, Verzeiflung und Hoffnung. Und einem Lächeln natürlich, dass sich dann auf den Gesichtern der eigenen Kinder wieder finden wird.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Kritiker Offline



Beiträge: 274

07.03.2014 13:00
#31 RE: Die Fastenaktion der EKD Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #30

Dem Irsinn des Zeitgeistes, der natürlich auch in die katholische Kirche Einzug hält, kann man dabei nur begegnen wie immer: Mit Aufklärung, Geduld, Argumenten, Verzeiflung und Hoffnung. Und einem Lächeln natürlich, dass sich dann auf den Gesichtern der eigenen Kinder wieder finden wird.


Ja, dem würde ich zustimmen, allerdings mit einem Wissen des Scheiterns, wenn es um die Bekämpfung des Zeitgeistes geht.

Denn Kirche war immer schon dem Zeitgeist unterlegen, auch Christen sind eben nur Menschen. Als Sklaverei normal war, waren Christen eben auch Sklavenhalter, als der Krieg gegen nicht-Christen up-to-date war, haben Christen mitgemacht, als die weiße Rasse als Herrenrasse angesehen wurde, haben das Christen unterstützt und als Nationalismus angesagt war, waren Christen eben auch national gesinnt. Aktuell ist eben die ökologisch-linke Gesinnung an der Reihe.

Es geht also gar nicht um die Bekämpfung des Zeitgeistes, es geht um die Auslegung des spezifisch christlichem innerhalb des Zeitgeistes. Es geht um Nächstenliebe, um das Wissen der Erlösungsbedürftigkeit, um Gemeinschaft und Gebet. Das bedeutet im Sinne des heutigen Zeitgeistes zu erkennen, dass ökologisches Handeln und das Üben von Verzicht zwar unter lokalen Umständen positive Signale senden kann, aber niemals als globales Heilsmittel angesehen werden darf und unter Umständen sogar mehr Schuld erzeugt als man denkt.

Der Kritiker

dari Offline




Beiträge: 189

07.03.2014 13:27
#32 RE: Die Fastenaktion der EKD Antworten

Zitat von Kritiker im Beitrag #31
Denn Kirche war immer schon dem Zeitgeist unterlegen, auch Christen sind eben nur Menschen. Als Sklaverei normal war, waren Christen eben auch Sklavenhalter, als der Krieg gegen nicht-Christen up-to-date war, haben Christen mitgemacht, als die weiße Rasse als Herrenrasse angesehen wurde, haben das Christen unterstützt und als Nationalismus angesagt war, waren Christen eben auch national gesinnt. Aktuell ist eben die ökologisch-linke Gesinnung an der Reihe.


Das Maß, lieber Kritiker, für mich geht es um das Maß, mit dem sich die Kirchen dem Zeitgeist an den Hals werfen.
Und hier ist in der Tat die katholische Kirche klar im Vorteil. In einer solch starren, hierarchischen und auf Tradition fundierten Institution dauert es halt, bis sich neue Ideen durchsetzen. Das ist für gute Ideen natürlich schlecht; bei kurzlebigen Zeitgeisttrends jedoch ein Vorteil.

Gruß

dari

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

07.03.2014 14:13
#33 RE: Die Fastenaktion der EKD Antworten

Zitat von Kritiker im Beitrag #31
... es geht um die Auslegung des spezifisch christlichem innerhalb des Zeitgeistes.

Über diesen Punkt habe ich schon oft nachgedacht und ich glaube da liegt der Knackpunkt:

Vielleicht ist es gerade so, dass eine Religion sich dagegen verwehren sollte „sich im Zeitgeist zu interpretieren“, sondern im Gegenteil: Sich unabhängig von ihm, notfalls gegen ihn, zu seinen Werten zu bekennen. Letztendlich kann ja auch nur dies Orientierung geben.

Ein Beispiel anhand dessen ich viel darüber nachgedacht habe:
Ich habe katholisch geheiratet. Standesamtlich bin ich geschieden, katholisch natürlich nicht. Ich habe ein zweites Mal geheiratet (standesamtlich – und wenn ich das anmerken darf, mein großes Glück gefunden) und ein katholischer Priester hat sich bereit erklärt, wenn auch keine Trauung möglich ist, meine neue Ehe in einer kirchlichen Feier zu „segnen“.

Nun war ich lange der Meinung das Verweigern gegen Ehescheidung sei eine völlig überholte Auffassung, an der „Lebenswirklichkeit der Menschen“ vorbei. Auch und natürlich an meiner eigenen - wo die Scheidung (das glaube ich sagen zu können) letztendlich dazu führte, dass zwei Menschen ihr Glück fanden, welches ihnen anders wahrscheinlich verwehrt gewesen wäre.

Doch dann kommen im Laufe des Lebens die Fragen:
Dieser schwammige Begriff der Lebenswirklichkeit, umfasst der auch die vielen Scheidungskinder und was aus ihnen wird?
Umfasst er die Menschen die in Einsamkeit enden, weil Beziehungen mehr zu einem Konsumgut denn zu einem sinnstiftenden Lebenselement werden?
Umfaßt er die tiefgreifenden Veränderungen in der Gesellschaft, welche dadurch entstehen dass die Stabilität einer klassischen Familie sich aus unserer Gesellschaft immer mehr verflüchtigt?
Umfaßt er, dass wir verlernen dass Beziehung mehr bedeuten kann als verliebt sein: Nämlich ein Leben miteinander zu verbringen?
Er umfaßt den Weg des geringsten Widerstandes möchte ich meinen und wir ziehen es vor bequem zu argumentieren.

Dabei sieht die Kirche ja sogar die Möglichkeit einer Ehe Annullierung vor, insbesondere bei vorausgehendem Zwang oder fehlender eigener Entschlußfähigkeit bei Abschluß. (Damit ist jetzt nichts darüber gesagt, was ich über die formale Ausführung eines Annullierungsverfahrens denke.) Die Kirche scheint mir aber die willentliche Entscheidung zweier Menschen überaus ernst zu nehmen, auch und vor allem wie sie zustande kommt.

Es spielt in meinen Augen dabei gar keine Rolle, aus welchen Anschauungen, aus welchen Dogmen oder was auch immer sonst einer Religion sich ableitet, wie die Ehe zu sehen und zu bewerten ist. Wenn sie ein Wert ist, sie als solcher erkannt wird, dann gilt es diesen Wert zu bewahren. Unabhängig von „Lebenswirklichkeit“. Nur das gibt Orientierung. Nur das kann Halt geben. Dem einzelnen. Der Gesellschaft, so wie sie die Kirche sieht.

Dies wird immer zu Konfliktsituationen führen. So wie in meinem Fall. Wir sind aber darüber hinaus, dass die Kirche mit Zwang reagiert, wenn sich Menschen nicht nach ihren Grundsätzen verhalten. Allerdings sollte sie nicht ihre Grundsätze selbst aufgeben. Ihrer Moral treu bleiben.
Natürlich führt Moral zu Konflikten. Das geht gar nicht anders. Aber wir haben heute alle Freiheiten, mit diesen Konflikten umzugehen. Und genau das sollten wir tun: Mit den Koflikten umgehen. Sie mit uns selbst austragen. Sich ihrem Wesen bewußt werden…… und sie nicht bequem mit einer „geänderten Lebenswirklichkeit“ bei Seite schieben.

Je mehr ich darüber nachgedacht habe desto mehr glaube ich, dass die Kirche sogar die Pflicht hat sich gegen jedweden Zeitgeist abzugrenzen, solange sie dem Menschen grundsätzlich sein Recht auf Selbstbestimmung überlässt. Im Zweifel muß man sich dazu von der Kirche nur abwenden. Aber bis dahin hat man möglicherweise viel nachgedacht und auch viel Erkenntnis gewonnen: Über Moral und ihren Zweck. (Verzeihung, wenn ich auf einen eigenen Beitrag verlinke.)

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

07.03.2014 22:29
#34 RE: Die Fastenaktion der EKD Antworten

Zitat von Kritiker im Beitrag #31
Denn Kirche war immer schon dem Zeitgeist unterlegen, auch Christen sind eben nur Menschen. Als Sklaverei normal war, waren Christen eben auch Sklavenhalter, als der Krieg gegen nicht-Christen up-to-date war, haben Christen mitgemacht, als die weiße Rasse als Herrenrasse angesehen wurde, haben das Christen unterstützt und als Nationalismus angesagt war, waren Christen eben auch national gesinnt.
Das liegt aber in erster Linie daran, dass Menschen mehrere Identitäten haben, und das Christliche ist nicht immer die dominierende darunter. Aber es geht auch anders, und dann sieht man schon, was den Unterschied ausmachen kann. Beispiel: Die Anti-Sklaverei-Bewegung in den USA, die letztlich in erheblichem Maß zum Bürgerkrieg beitrug, wurde wesentlich von Christen getragen.

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Robocop ( gelöscht )
Beiträge:

09.03.2014 20:34
#35 RE: Die Fastenaktion der EKD Antworten

Zitat von Meister Petz
Wie die EKD-Oberen die für gefährlich, unbequem und querdenkend halten können, erschließt sich mir nicht.

Das ist die Sprache aller totalitären Systeme. Die ist notwendig für die Machtlegitimierung.
Geschichtlich ein relativ neues Phänomen. Aber was bleibt den Machthabern übrig, wenn die Macht nicht mehr von Gott kommt?

Martina Offline



Beiträge: 41

09.03.2014 22:34
#36 RE: Die Fastenaktion der EKD Antworten

Zitat
Je mehr ich darüber nachgedacht habe, desto mehr glaube ich, dass die Kirche sogar die Pflicht hat, sich gegen jedweden Zeitgeist abzugrenzen, solange sie dem Menschen grundsätzlich sein Recht auf Selbstbestimmung überlässt.


Ja, das denke ich auch - und da kann man schon viel eher von Mut sprechen. (Leute wie Kardinal Meisner können ein Lied davon singen - er wußte ja schließlich, wie er für bestimmte Äußerungen wieder öffentlich verprügelt werden würde, und das nicht nur im Kölner Stadtanzeiger!)
Es müßte nur das Element der freien Entscheidung noch deutlich gestärkt werden in der noch immer viel zu sehr von Gewohnheit und staatlichen Privilegien geprägten Kirche.
Gleichzeitig ist es aber in meinen Augen ebenso dringend, dass die Stimme der Kirche in der Öffentlichkeit ein Politikum bleibt, wahrnehmbar, aber nicht "platt" politisch.

Kritiker Offline



Beiträge: 274

09.03.2014 22:37
#37 RE: Die Fastenaktion der EKD Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #33

Je mehr ich darüber nachgedacht habe desto mehr glaube ich, dass die Kirche sogar die Pflicht hat sich gegen jedweden Zeitgeist abzugrenzen, solange sie dem Menschen grundsätzlich sein Recht auf Selbstbestimmung überlässt.

Ich würde das anders formulieren. Sie darf sich dem Zeitgeist nicht ausliefern, aber sie wird immer von ihm beeinflusst sein.
Auch die Aussage, dass das Individuum ein Recht auf Selbstbestimmung hat ist Ausdruck unseres Zeitgeistes und wurde in vergangenen Jahrhunderten heftigst bestritten - auch von Christen, die dann die Bedeutung der Gemeinschaft betonten, denen sich das Individuum unterzuordnen hatte.

Das Beispiel der Ehescheidung zeigt ganz gut den Wandel des Zeitgeistes. Biblisch gesehen gehören Mann und Frau zusammen und sind als Paar vor Gott verbunden. Das verbietet Scheidung.
Daraus hat die Kirche zuerst ein Gebot gemacht, dann ein Verbot und damit Zwang. Dieser Zwang hat viel Leid und Schmerz erzeugt, was genau nicht der Sinn des biblischen Wortes war.
Es ist ein Akt der Nächstenliebe, zwei Menschen, die nicht mehr zueinander gehören, deren Gemeinschaft tot ist, auch ziehen zu lassen.

In unserer Zeit ist die Ehe fast tot, gestorben durch den Ausdruck "Lebensabschnittsgefährten". Falls die Ehe überhaupt noch geschlossen wird, unterliegt sie einer ex und hopp Mentalität.
In diesem Zeitgeist ist es nötig, dem biblischen Wort wieder Anrecht zu verschaffen, nicht durch Zwang, sondern durch Erinnern daran, dass Gemeinschaft - auch bei Schuld und Sünde - nur dadurch gelingen kann, dass man daran arbeitet und auch in schweren Zeiten aneinander festhält.

Das ist es, was ich mit dem spezifisch Christlichen innerhalb des Zeitgeistes meine. Christen können sich einfach nicht davon freisprechen, Kinder ihrer jeweiligen Zeit zu sein.
Wenn die Kirchen sich auf ihren eigentlichen Auftrag besinnen würden, nämlich den Glauben an Jesus zu verkünden und ihn zu leben, dann würde vieles besser werden. Der neue Papst hat angefangen in die richtige Richtung zu gehen, wie weit er kommt, werden wir sehen. Die evangelische Kirche ist noch zu tief in ihrer Nabelschau verfangen, um sich aus dem Netz ihrer Welt-Befangenheit zu lösen.

Der Kritiker

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

26.03.2014 12:57
#38 Neues von der EKD Antworten

Zeitgeisthopping von feinsten: Unisex-Toiletten (via AchGut)

Ob das zum "spezifisch christlichen" gehört, kann ja jeder selber entscheiden.

Gruß Petz

"The problem with quotes from the Internet is that it is difficult to determine whether or not they are genuine" - Abraham Lincoln

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

26.03.2014 22:10
#39 RE: Die Fastenaktion der EKD Antworten

Zitat
Es gibt, wenn mir ein wenig Werbung erlaubt sein sollte, auch ein katholisches Bistum in Deutschland, das sich von diversen Kirchenregeln und päpstlichen Dogmen befreit hat - bzw. in dessen Diktion nicht die Verirrungen der römisch-katholischen Kirche nachvollzogen hat: nämlich das Bistum der Alt-Katholiken. Gut, wer sich an weiblichen Pfarrern oder Segnungen für gleichgeschlechtliche Ehen stört, der wird dort auch keinen Platz finden, aber wen all das nicht stört, wer darüber hinaus synodale Strukturen auch in einer katholischen Umgebung schätzt und wem die Ökumene ein besonderes Anliegen ist, der kann sich da schon wohl fühlen. Man muss allerdings in der Regel den Mut mitbringen, Diaspora zu leben. Das hat übrigens auch Vorteile.



Wusst ich es doch, Sie sind Alt-Katholik ;-)

Ob Sie es mir glauben oder nicht, ich hatte das schon irgendwie geahnt. Ich weiß bloß nicht, woher ich diesen Eindruck gewonnen hatte...

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“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

27.03.2014 10:36
#40 RE: Die Fastenaktion der EKD Antworten

Zitat
Ob Sie es mir glauben oder nicht, ich hatte das schon irgendwie geahnt. Ich weiß bloß nicht, woher ich diesen Eindruck gewonnen hatte...

Wenn das jetzt keine Ironie sein soll (würde mir dann zukünftig Kennzeichnung erbitten! ): Seit B.L.O.G.-Zeiten ist das in der liberalen Blogosphäre weltbekannt (will sagen: der eine oder andere weiß das seitdem, und der Rest könnte es wissen, wenn er's denn gelesen hätte ), auch hier im "Kleinen Zimmer" hatte ich schon mein Coming Out, und wie ich zwar gerne über die "Römer" herziehe, aber eine Präferenz für das Katholische erkennen lasse, besitzt für den Kundigen natürlich auch die Qualität eines wedelnden Zaunpfahls.

--
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Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

28.03.2014 01:33
#41 RE: Die Fastenaktion der EKD Antworten

Zitat von Rayson im Beitrag #40

Zitat
Ob Sie es mir glauben oder nicht, ich hatte das schon irgendwie geahnt. Ich weiß bloß nicht, woher ich diesen Eindruck gewonnen hatte...
Wenn das jetzt keine Ironie sein soll (würde mir dann zukünftig Kennzeichnung erbitten! ):



Nein, es war tatsächlich ernst gemeint.

Zitat

Seit B.L.O.G.-Zeiten ist das in der liberalen Blogosphäre weltbekannt (will sagen: der eine oder andere weiß das seitdem, und der Rest könnte es wissen, wenn er's denn gelesen hätte ), auch hier im "Kleinen Zimmer" hatte ich schon mein Coming Out,



Ich habe es wirklich nicht mitbekommen, aber

Zitat

und wie ich zwar gerne über die "Römer" herziehe, aber eine Präferenz für das Katholische erkennen lasse, besitzt für den Kundigen natürlich auch die Qualität eines wedelnden Zaunpfahls.



das wird es wohl gewesen sein. Zuerst hat es mich irritiert, aber schnell musste ich an die Alt-Katholiken denken. Hätte nur nicht gedacht, das ich mal einem dieser seltenen Spezies begegne und sei es nur virtuell.

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“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

alteseuropa Offline



Beiträge: 259

31.03.2014 18:21
#42 RE: Neues von der EKD Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #38
Zeitgeisthopping von feinsten: Unisex-Toiletten (via AchGut)

Ob das zum "spezifisch christlichen" gehört, kann ja jeder selber entscheiden.

Gruß Petz

Die offene Kirchentür, die zu der Toilettentür in Beziehung gesetzt wird, hat ja fast etwas Blasphemisches an sich.
Eigentlich hätte ich so etwas gar nicht für möglich gehalten.
Insgesamt wirkt das ganze Filmchen auf mich so, als hätten die Beteiligten ihre Pipi- und Kotspielchen aus der Zeit, als sie drei Jahre alt waren, noch nicht überwunden. Das selige Lächeln des pinkelnden Mannes in der Eingangsszene wirkt jedenfalls so. Ebenso, daß das Liebesleben offenbar am besten auf der Toiltte funktioniert (Doktorspiele der Sechsjährigen).
Und müssen jetzt alle Frauen zwangsweise durch das Pissoir durchgehen (ästhetischer Genuß), oder sollten sie probieren, auch in die entsprechenden Schüsseln zu pinkeln?
Wo ist eigentlich das Problem? In der Bahn z. B. gibt es auch nur eine Toilette, und die benutzen beide Geschlechter ohne jeglichen sexuellen Bezug, allerdings nacheinander .

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.560

31.03.2014 19:41
#43 RE: Neues von der EKD Antworten

Zitat von alteseuropa im Beitrag #42
Zitat von Meister Petz im Beitrag #38
Zeitgeisthopping von feinsten: Unisex-Toiletten (via AchGut)

Ob das zum "spezifisch christlichen" gehört, kann ja jeder selber entscheiden.

Gruß Petz

Insgesamt wirkt das ganze Filmchen auf mich so...


"There's only one door..."
Ui, ui: da sind jemandem beim Verdauen des X-lichen Erbes Dante (Inferno, 3. Gesang, 1: "Der Eingang bin ich zu der Stadt der Schmerzen, / Der Eingang bin ich zu den ew'gen Qualen, / Der Eingang bin ich zum verlornen Volke") und Johannes 10:1-9 ("Wer nicht zur Tür hineingeht in den Schafstall, sondern steigt anderswo hinein, der ist ein Dieb und ein Räuber. Der aber zur Tür hineingeht, der ist der Hirte der Schafe ... Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich hineingeht, wird er selig werden und wird ein- und ausgehen und Weide finden") durcheinandergeraten. Oder umgekehrt.
Die Lokution "Inter faeces et urinam nascimur" stammt bekanntlich nicht vom Kirchenvetter Augustinus - aber bei solchen Fehlleistungen fragt man sich doch: hatte Freud vielleicht recht?

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