Zitat Zitat Llarian (...) Es ist legitim was gegen Minarette zu haben, es ist legitim etwas gegen Internet-Zensur zu haben, es ist legitim etwas gegen Frauenquote und Genderismus zu haben und es ist ebenso legitim etwas gegen die Energiewende zu haben. Als unsere Großeltern beschlossen haben, dass ein Gastarbeiter nur ein Gast sein soll und nicht die vollen Rechte eines Staatsbürgers haben soll, dann haben sie das aus ihrer Überzeugung getan. Nicht weil sie unmoralische Neandertaler waren.(...)
Nein, lieber Llarian, es ist eben nicht legitim, wenn dieses nette Gesetz nun auch in "Stein gemeißelt wird:
BERICHT über den EU-Fahrplan zur Bekämpfung von Homophobie und Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität (2013/2183(INI)) Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres Berichterstatterin: Ulrike Lunacek
Konsolidierte Fassung nach Verabschiedung im Fach-Ausschuss
(...) Es gibt drei starke rechtliche, politische und politikbezogene Argumente für einen solchen Fahrplan. Rechtlich ist die Europäische Union verpflichtet, bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen Diskriminierung zu bekämpfen (Art. 10 AEUV), und verbietet jede Diskriminierung (Art. 21 Charta der Grundrechte). Dieses rechtliche Erfordernis ist bereits durch umfassende politische Maßnahmen in den Bereichen Geschlechtergleichstellung, Behinderung und Integration der Roma umgesetzt; es muss nun auch für Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität umgesetzt werden.(...)
Letztlich zeigen politikbezogene Daten, dass ein solcher Fahrplan erforderlich ist. Die von der Agentur für Grundrechte 2013 veröffentlichten Ergebnisse einer EU-weiten LGBT- Umfrage zeigen, dass 47 % der LGBT-Menschen sich im letzten Jahr diskriminiert oder belästigt fühlten, wobei Lesben (55 %), Jugendliche (57 %) und ärmere LGBT-Menschen (52 %) am häufigsten mit Diskriminierungen rechnen mussten; 26 % wurden aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität angegriffen oder mit Gewalt bedroht (davon 35 % Trans-Menschen); nur 10 % fühlen sich sicher genug, Diskriminierung bei der Polizei anzuzeigen, und nur 22 % bringen Gewalt oder Belästigung zur Anzeige; 32 % werden auf dem Wohnungsmarkt, im Bildungswesen oder beim Zugang zu Gesundheitsleistungen, Gütern oder Dienstleistungen diskriminiert; 20 % werden am Arbeitsplatz oder im Beruf diskriminiert (davon 29 % Trans-Menschen).
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Während wir noch auf der Diskussionsebene über ein vermeintliches Mitspracherecht, eine Petition oder eine Demo spekulieren, sind die endscheidenden Beschlüsse schon längst gefaßt. Das hat auch Kretschmann in BW schon längst gewußt und alle rundentischgespräche sind einen Dreck wert. Es wird bei genau diesen Unions-europäischen "Richtlinien" bleiben, welche mit jeder Überarbeitung in strengere Gesetze gefaßt werden.
Hier hat zum Beispiel ein europäischer Parlamentarier sich genau dazu geäußert:
Der EU-Experte Tobias Teuscher wirft den Grünen vor, im Europäischen Parlament pädophile Umtriebe zu fördern. Außerdem wollten Minderheiten ihre extremistischen Leitbilder als Standard festschreiben.
(...) Als Beispiel nannte er die „Standards für die Sexualaufklärung in Europa“ der deutschen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Sie legte im Jahre 2010 ein 72 Seiten langes „Rahmenkonzept für politische Entscheidungsträger, Bildungseinrichtungen, Gesundheitsbehörden, Expertinnen und Experten“ vor. Es wurde in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation erarbeitet. Im Rahmen von vier Arbeitstreffen, die von der BZgA zwischen November 2008 und Dezember 2009 organisiert wurden, entwickelten „unabhängige Experten“ diese Leitlinien ausgehend von der Feststellung, dass ein Kind von Geburt an als sexuelles Wesen angesehen wird. Daher solle die Sexualausbildung bereits vor dem vierten Lebensjahr beginnen. Eine Matrix fasst die Lern-Schwerpunkte nach Alternsgruppen zusammen: Selbstbefriedigung mit 4, Empfängnisverhütung mit 9, Sex mit 12, „Genderorientierung“ und homosexuelles Coming Out mit 15, Umgang mit sexuell abweichendem Verhalten und Paraphilia ab 15 Jahren: das steht in den Leitlinien der deutschen BZgA für die Sexualausbildung von Kindern im öffentlichen Bildungswesen! (...)
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"rien ne va plus" - aber die Gedanken sind ja noch frei, so lange man sein Pokerface unter Kontrolle hat.
♥lich Nola
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Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken. Zettel im August 2008
Zitat von Nola im Beitrag #2Eine Matrix fasst die Lern-Schwerpunkte nach Alternsgruppen zusammen: Selbstbefriedigung mit 4, Empfängnisverhütung mit 9, Sex mit 12, „Genderorientierung“ und homosexuelles Coming Out mit 15, Umgang mit sexuell abweichendem Verhalten und Paraphilia ab 15 Jahren: das steht in den Leitlinien der deutschen BZgA für die Sexualausbildung von Kindern im öffentlichen Bildungswesen!
übel. Aber - um wieder dem Optimismus zu frönen - etwas sinnvolles ist schon dabei: die Beschäftigung mit Empfängnisverhütung und sexuell übertragbaren Krankheiten kann gar nicht früh genug beginnen. Mädchen werden ja auch immer schneller geschlechtsreif als früher und mit 10 sollte eine potentielle Mutter schon lernen, eine ungewünschte Schwangerschaft zu vermeiden oder sich auch rechtzeitig mit Schutz vor Krankheiten zu beschäftigen. Da ja leider auch die bösen immer früher übergriffig werden (unabhängig vom Geschlecht) - halte ich das uneingeschränkt für sinnvoll. Ebenso wie eine weitergehende Betrachtung insbesondere der Krankheits- und Empfängniskomplikationen des (unerwünschten oder erwünschten) Geschlechtsverkehrs einige Jahre später. Warum allerdings mit VIER Jahren bereits andere Inhalte gelehrt werden sollen, ist mir genauso schleierhaft wie der Grund für eine "Genderorientierung oder homosexuelles Coming-Out"-Schulung. Der Umgang mit abweichendem Verhalten und die Paraphilia-Lehre dagegen kann kaum später kommen - mit 15/16 sind ja die ersten schon aus der Schule raus! Ob das Thema für einen Schulunterricht sein muss, hängt sicher von den Inhalten ab. Eine Beschäftigung damit, dass abweichendes Verhalten durchaus zu Schaden führen kann und nur in ganz eng umrissenem Rahmen akzeptabel sein sollte, dass alles sane, safe and consensual sein muss - das sollte in der Schule schon mittlerweile möglich und sinnvoll sein. Ich fürchte aber, dass hier vor allem Deskription und Verherrlichung stattfinden wird.
Diese Denkweise (nicht umsonst "progressiv" genannt) unterstellt einen permanenten ethischen Fortschritt. Religiös gesehen würde man von einer Heilsgeschichte sprechen.
Verwunderlich ist das unbedingte Festhalten an dieser Vorstellung aus zwei Gründen: Zum einen wird - häufig von denselben Leuten - in anderen Bereichen ein ständiger Verfall der Sitten angenommen. Kulturell, ökonomisch, technisch sowieso, aber auch individualethisch. Nur gesellschaftspolitisch soll alles besser werden.
Zum anderen wird in bestimmten Fällen sträflich ahistorisch gedacht, in der Form, dass frühere Auffassungen mit dem Moralkodex von heute betrachtet werden (die Griechen waren z. B. total super, weil Schwulsein akzeptiert war).
Und so ist auch zu erkennen, warum die grassierende Intoleranz gegenüber abweichenden Meinungen kein Widerspruch gegenüber der selbstempfundenen Weltoffenheit ist. Wenn die Entwicklung der Meinungen historisch linear ist, dann ist man nicht intolerant gegenüber anderen Meinungen, sondern gegenüber historisch als falsch erwiesenen Meinungen. Wie im historischen Materialismus, nur eben nicht im Bereich der Ökonomie, sondern der Moral.
Gruß Petz
"The problem with quotes from the Internet is that it is difficult to determine whether or not they are genuine" - Abraham Lincoln
Diese Denkweise (nicht umsonst "progressiv" genannt) unterstellt einen permanenten ethischen Fortschritt. Religiös gesehen würde man von einer Heilsgeschichte sprechen.
Verwunderlich ist das unbedingte Festhalten an dieser Vorstellung aus zwei Gründen: Zum einen wird - häufig von denselben Leuten - in anderen Bereichen ein ständiger Verfall der Sitten angenommen. Kulturell, ökonomisch, technisch sowieso, aber auch individualethisch. Nur gesellschaftspolitisch soll alles besser werden.
Zum anderen wird in bestimmten Fällen sträflich ahistorisch gedacht, in der Form, dass frühere Auffassungen mit dem Moralkodex von heute betrachtet werden (die Griechen waren z. B. total super, weil Schwulsein akzeptiert war).
Und so ist auch zu erkennen, warum die grassierende Intoleranz gegenüber abweichenden Meinungen kein Widerspruch gegenüber der selbstempfundenen Weltoffenheit ist. Wenn die Entwicklung der Meinungen historisch linear ist, dann ist man nicht intolerant gegenüber anderen Meinungen, sondern gegenüber historisch als falsch erwiesenen Meinungen. Wie im historischen Materialismus, nur eben nicht im Bereich der Ökonomie, sondern der Moral.
Ich stimme ihren Gedanken aus vollem Herzen zu. Statt der einzelnen Fragen und der Auswüchse der Formen dieses moralisierenden Unterdrückens gegenteiliger Meinungen frage ich mich nach deren Ursache. Ist es nicht so, dass Gesinnungsgemeinschaften automatisch diese Form hervorbringt. Gesinnungsgemeinschaften sind dabei Gruppen, die versuchen durch Vereinheitlichung von Ansichten eine gemeinsame Identität zu stiften. Demnach wäre das Verhalten eine Folge des Versuchs, ein "Wir" Gefühl zu entwickeln.
Ich erinnere dabei gerne an Zettels kleines Zimmer, wo bereits der Versuch, die Politik der israelischen Regierung nicht gut zu finden, dazu führt, dass man als Antisemit hingestellt wird.
Zitat von Kritiker im Beitrag #6Ich erinnere dabei gerne an Zettels kleines Zimmer, wo bereits der Versuch, die Politik der israelischen Regierung nicht gut zu finden, dazu führt, dass man als Antisemit hingestellt wird.
Lieber Kritiker, dieses kann man so nicht stehen lassen. Es ist eine geradezu infame Behauptung, die keinen Hauch der Wahrheit enthält. Richtig ist, dass bereits der Versuch, antisemitische Klischees zu bedienen, bereits der Versuch, vermittels einer vermeintlichen "Kritik" an der israelischen Politik, zu deren Zweck man sich eben genau dieser antisemitischen Sprechweisen bedient, dass dieser Versuch vollkommen zurecht dazu führt, dass der Versuchende das Label "Antisemit" bekommt. Unrichtig ist, dass das " nicht gut finden" bereits dazu führt. Daran hindert Sie niemand hier. Auch nicht an einer berechtigten Kritik - wobei dann eventuell - auch wieder völlig zu recht - hinterfragt werden könnte, warum diese Kritik nicht gleichermaßen an Russland oder Syrien oder Saudi Arabien geäußert wird. Aber das war ja nicht Ihr Punkt.
Zitat Da wird kein Recht beschnitten, Muslime haben, auch wenn der Autor der FAZ das nicht so sehen möchte, kein gottgegebenes Recht -auch kein weltliches- in Deutschland Moscheen gegen den Willen der Bevölkerung zu bauen
Äh, Gottgegeben nicht, aber weltlich schon.
Die Gleichbehandlung vor dem Gesetz gilt auch für den Islam. Und damit setze ich den Islam nicht mit dem Christentum gleich. Im Gegenteil musste ich mich wegen meiner Islamkritik als Islamophob zeichnen lassen. Gut, wenn die Linke erst einmal eine Keule hat, dann knüppelt sie wie ein Troll.
Aber die Gleicheit vor dem Gesetz gilt trotzdem.
In der Schweiz ist das in sofern anders, als Volksinitiativen auf Bundesebene automatisch Verfassungsinitiativen sind und somit nicht verfassungswidrig seien können - außer sie verstoßen gegen zwingendes Völkerrecht.
Zitat In dem Artikel werden Frau von Storch drei Attribute, respektive Meinungen, „vorgeworfen“: Sie habe etwas gegen die Rechte von Schwulen. Sie habe etwas gegen die Rechte von Muslimen. Sie habe etwas gegen die staatliche Schulpflicht.
Alles richtig, aber meiner Meinung nach ist der Artikel nochmal deutlich radikaler, indem er Frau von Storch nicht nur diese Meinungen vorwirft, denen man zustimmen kann oder auch nicht, sondern ganz grundlegend, dass dahinter eine konservative christliche Haltung steht, im heutigen Deutschland - jedenfalls in dem Deutschland, in dem der Verfasser dieses Artikels offensichtlich gerne leben würde - offenbar eine Todsünde. Man schaue sich mal an, wie, in welchem Zusammenhang und in welchem Tonfall der Verfasser dieses Artikels allein das Adjektiv "christlich" verwendet. Es ist so langsam ermüdend, den Vergleich einzufordern, aber auch hier frage ich mich, ob der gleiche Journalist über bestimmte Formulierungen auch nur im Ansatz nachdenken würde, wenn es sich bei dem Gegenstand des Artikels um einen Juden oder einen Moslem handeln würde. Solch ein Artikel reiht sich nahtlos ein in eine ganze Reihe von Artikeln, in denen man Tag für Tag als heterosexueller, nicht vom Staat abhängig lebender, nicht gewalttätiger, nicht krimineller Deutscher ohne Migrationshintergrund als Angehöriger eine Gruppe verhöhnt wird, die nur ja keine eigenen Interessen haben oder formulieren oder gar durchsetzen sollte, sondern einfach die Klappe halten und am besten sich gleich ganz verpissen solle auf den Misthaufen der Geschichte.
Ein krasses Beispiel für einen guten Start in die Woche: Der gleiche SPIEGEL, der sich in hagiographischen Artikeln über Nelson Mandela von niemandem übertreffen lässt, berichtet morgen über den Prozess gegen Oscar Pistorius. Geschenkt, dass das heutige Südafrika ein Höllenloch auf Kriminalität und Gewalt ist & dass die Mehrheitsverhältnisse in diesen Delikten wahrscheinlich jenen in der Bevölkerungsverteilung entsprechen oder diese gar übertreffen, immer gibt es einen Schuldigen: "Der Mordprozess gegen den Sportstar Oscar Pistorius wühlt das Land auf - geht es doch um Gewalt gegen Frauen und den Waffenwahn der Weißen". Gewalt gegen Männer gibt es im glücklichen Südafrika offenbar nicht. Man würde wohl in der besten aller Welten leben, wenn "die Weißen" denn nur von ihrem Wahn ablassen und die Waffen strecken würden.
Sie schildern in Ihrem Artikel den Umstand, dass die mehrheitlich gehegten Moralvorstellungen oder Verhaltensweisen früherer Generationen gemessen an den mehrheitlich gehegten Moralvorstellungen der Gegenwart nicht immer bestehen können.
Einen wichtigen Aspekt breiten Sie dabei leider nicht aus: Information. Wer im Jahre 1860 aus ethischen Gründen gegen gemischtrassige Ehen ist, dessen Einstellung mag man aus heutiger Sicht kritisieren, aber man sollte sie ehrlicherweise in den Kontext ihrer Zeit einbetten. Wer im Jahre 1960 gegen gemischtrassige Ehen ist, dem fällt es schon sehr viel schwerer, seine Haltung zu begründen. Und wer im Jahre 2014 gegen gemischtrassige Ehen ist, der ist, mit Verlaub, ein Idiot.
Verstehen Sie mich nicht falsch, das meine ich nicht als ethisches Urteil. Man kann durchaus eine Ethik vertreten, wonach gemischtrassige Ehen eben moralisch verwerflich sind, und zwar wenn man ethische Urteile als nicht weiter reduzier-, erklär- oder irgendwie begründbare Setzungen versteht, die keinerlei Anleihen bei außer-ethischen Erwägungen machen. Man kann die Meinung haben, was gut und was schlecht ist, das steht halt aufgelistet in der diese Ethik ausmachenden Tabelle der guten und der schlechten Dinge, ohne dass man das Zustandekommen dieser Tabelle irgendwie weiter rechtfertigen muss. Und gemischtrassige Ehen stehen dort halt unter "schlecht". Punkt. Von einer solchen Haltung spreche ich aber nicht (und ich bin absolut der Meinung, dass ein jeder das Recht hat, solch eine Haltung einzunehmen und sie frei und frank zu äußern).
Demgegenüber steht eine Ethik, deren Urteile von den sich wandelnden intellektuellen Erkenntnissen des sie Vertretenden geprägt werden und die sich deshalb notwendigerweise selbst wandeln können. Aus der Sicht des Jahres 1860 mag man immerhin noch manches finden, das gegen gemischtrassige Ehen spricht, und wir Heutigen könnten uns immerhin noch vorstellen, dass jemand im Jahre 1860 mit einer intellektuell unterfütterten Ethik gegen die eheliche Verbindung zum Beispiel eines schwarzen Mannes und einer weißen Frau spricht. Für das Jahr 1960 muss zumindest ich schon schwer schlucken, wenn ein weltgewandter und formal gebildeter Mensch ein intellektuell begründetes Moralurteil gegen gemischtrassige Ehen ausspricht. Wer im Jahre 2014 derartige Moralurteile fällt, der diskreditiert sich eben in meinen Augen nicht nur ethisch (darüber will ich, wie gesagt, gar nicht sprechen), sondern in erster Linie intellektuell. Die rationalen Vorbehalte oder Rationalisierungen, von denen moralische Urteile gegen die gemischtrassige Ehe in der Vergangenheit getragen wurden, haben sich inzwischen eben intellektuell erledigt. Mit Historizismus, wie Ehrling Plaethe meint, hat das nichts zu tun.
Zitat von Llarian Und die wenigsten Menschen handeln wider besseres Wissen. Die allermeisten Menschen folgen einem ethischen Kodex, der kann nur sehr unterschiedlich sein, ebenso wie sie nach eigenen Überzeugungen und Erfahrungen handeln, die ebenso sehr unterschiedlich sein können.
Für einen "1860er" und sein moralisches Negativurteil gegen gemischtrassige Ehen, lieber Llarian, würde ich diese Aussage bejahen. Und für einen "2014er" in Fragen, wo wir einfach noch nicht genügend wissen, natürlich ebenso.
Zitat von LlarianFrau von Storch hat sich gegen die Gleichstellung von schwulen Partnerschaften mit heterosexuellen ausgesprochen. Nun ist das eine Meinung, die man haben kann und die durchaus mit dem GG konform geht und auch sehr, sehr lange konform ging.
Mag alles stimmen. Nur hat sich der Stand unserer Erkenntnis in dieser konkreten Frage, also der Gleichstellung homosexueller Partnerschaften geändert (ich spreche nicht über Moscheen und Ihre anderen Beispiele, denke da aber ähnlich). Die Versuche rationaler Einwände gegen die völlige Gleichstellung homosexueller Partnerschaften sehen im Licht unseres heutigen Informationsstandes ganz anders aus. Übrigens, lesen Sie gerne mal das BVerfG-Urteil zum § 175 von 1957, welches auch einem heutigen Gegner der homosexuellen Gleichstellung streckenweise wie eine Karikatur seiner Zeit erscheinen mag. Was Frau von Storch zu ihrer Meinung in dieser konkreten Frage veranlasst, das weiß ich nicht. Und warum genau Hendrik Ankenbrand diese ihre Meinung in seinem Artikel, welcher ein gedanklich unsauberes Werk zeitgenössischen Journalismus' ist, kritisiert, das weiß ich auch nicht. Beides ist spekulativ und soll zumindest nicht mein Thema sein.
Sie allerdings, lieber Llarian, machen aus Ankenbrands Kritik an Frau von Storch, wenn man sie in die Vergangenheit projizierte, ein Beispiel für die moralische Arroganz der Nachgeborenen gegenüber ihren Vorfahren. Nicht unbedingt zu Recht, denn man kann Ankenbrand auch so lesen, als sagte er: Sie müsste es doch besser wissen! Sie ist ja keine "1860erin", der man z.B. Homophobie nicht sinnvoll vorwerfen könnte, und kommt eben nicht mit einer Zeitmaschine direkt aus der Hochphase des Viktorianismus (na ja, vielleicht doch, und mit entsprechender Kostümierung wäre das echt schwierig zu entscheiden).
Zitat von LlarianIch glaube, dass man etwas gegen die steuerliche Gleichberechtigung von schwulen Lebensgemeinschaften haben kann, ohne etwas gegen Schwule zu haben.
Ich, lieber Llarian, sehe nicht, wie das gehen könnte, zumindest nicht mit einer informierten Ethik. Oder, etwas entschärft: Wir in Deutschland leben in dieser Frage, den obigen Vergleich zur gemischtrassigen Ehe aufgreifend*, vielleicht im Jahre 1960. Ein nicht unerheblicher Teil des westlichen Auslandes lebt eher bereits im Jahr 1975 oder danach. Frau von Storch anscheinend noch nicht, und es hätte Ihrem Artikel, lieber Llarian, sicher gut getan, darauf hinzuweisen und über Herrn Ankenbrands Motivation zu seiner Kritik mehr zu recherchieren (falls das möglich ist), anstatt das Klagelied anzustimmen, heutzutage würde alles zu Tode moralisiert und jeder durch moralische Diskreditierung auf eine vermeintliche Einheitslinie getrimmt.
Beste Grüße
Flaccus
* Auch wenn er nicht hundertprozentig passen mag, denn im Falle gemischtrassiger Ehen ging die gesetzliche Gleichstellung der gesellschaftlichen Akzeptanz voraus, bei der Gleichstellung der Homosexuellen ist es andersrum. Umso schlimmer für Frau von Storch.
Zitat von Kritiker im Beitrag #6 Ist es nicht so, dass Gesinnungsgemeinschaften automatisch diese Form hervorbringt.
Jein, lieber Kritiker, ein kräftiges jein. Es ist oft so, da haben Sie sicher recht, aber es gibt schon Gemeinschaften die dagegen anfälliger sind als andere. Ich denke es hängt auch mit dem Selbstverständnis einer Gruppe, bzw. auch mit dem Umgang mit der Meinung anderer zusammen. Eine liberale Gemeinschaft wird, auch wenn sie im Kern vielleicht gerne gemeinsame Meinungen teilen möchte, wesentliche mehr Pluralismus zulassen als eine kollektive Gemeinschaft. Ich vertrete die vielleicht etwas unpopuläre Position, dass die Erklärung liberal zu sein, nicht unbedingt etwas über den Character eines Menschen aussagt und das die Bereitschaft die Meinung des anderen hinzunehmen eine Herausforderung ist, der sich selbst ein durch und durch liberaler Mensch jeden Tag neu stellen muss. Es ist einfach bequem dem anderen die Moral abzusprechen und es erspart sich mit der möglichen Fehlerhaftigkeit der eigenen Position umzugehen. Und ich habe den Eindruck Deutschland ist in diesem Sinne heute wesentlich unliberaler als vor 40 Jahren.
Zitat Ich erinnere dabei gerne an Zettels kleines Zimmer, wo bereits der Versuch, die Politik der israelischen Regierung nicht gut zu finden, dazu führt, dass man als Antisemit hingestellt wird.
Was adder gesagt hat. Es ist weniger die Kritik als die Methode, die schnell sauer aufstösst, wobei ich Ihnen insoweit recht gebe, dass die Kritik ein schwierigeres Thema ist als andere, weil deutlich mehr Minen rumliegen. Es gibt tatsächlich antisemitische Klischees, deren wir uns nie ganz befreien können. Die in anderen Diskussionen vergleichsweise harmlos wirken, aber aufgrund dessen, dass sich eben auch gestandene Antisemiten ihrer bedienen, mehr als schwierig sind. Ich würde mir insofern keine Illusionen machen: In Deutschland ist das Thema vergiftet. Und das ist tatsächlich historisch bedingt. Nun gibt es weltweit 6 Milliarden Menschen, die sich mit der Politik Israels auseinandersetzen können, da sehe ich nur ein sehr begrenztes Problem, dass man in Deutschland im Zweifelsfall auch mal schweigen kann. Das tut "uns" nicht weh, wenn wir diese scheinbar so wichtige Kritik zumindest in den lauten Tönen denen überlassen, die kein historisches Problem mit sich tragen. So kann man beispielsweise in Deutschland recht problemlos über die Politik des Volksstamms der Tutsi reden und diese auch kritisieren. Hutus sind gut beraten, dass sehr vorsichtig angehen zu lassen, nicht nur wegen der geographischen Nähe.
Also, im angesprochenen FAZ/FAS-Artikel unlängst über Frau v. Storch et al. jedenfalls wird doch gaaaaanz cool und argumentativ berichtet mit 'nem bissle Polemik zwar, aber die kann man durchgehen lassen, sach ich mal. Der Tenor ist ja nicht unkorrekt: Die AfD ist zunehmend rechtskonservativ zu verorten und hat mit Liberalität so viel zu tun wie die Kuh mit Klavierspielen. Autorisiertes Zitat Lucke: "Ich bin kein Liberaler".
Wo ist also das Problem? Ein Meinungsartikel (das ist nichts Verbotenes) mit Argumenten belegt. Wo ist da die Verteufelung, die Gutmenschenkampagne, oder Ähnliches?
Wer diesbezüglich Beweihräucherung wünscht, möge die Neue Freiheit erwerben. Das kann jeder am Bahnhofskiosk vollziehen und dabei auch gleich noch den neuen Sarrazin mitnehmen, der z.B. in den Frankfurter Bahnhofskiosken prominent im Schaufenster herausgestellt, also offensiv beworben wird. Meinungsterror? Moralisieren? Gutmenschenkomplott?
Der Mann ist trotz angeblichen Gutmenschenkrieg immerhin qua Publizistik Millionär geworden. Das riecht nicht unbedingt nach erfolgreicher "moralischer Diskreditierung". Von der Kohle konnte der in seiner Beamten-/Politikerzeit nur träumen - ich gönne es ihm ausdrücklich !!
Lucke tingelt seit seinem AfD-Launch von einer TV-Talg-Schau zur anderen. Früher kannte den kein Mensch. Diskreditierung? Gutmenschenkomplott "gegen Rechts"?
Es ist m.E. allerdings nicht einzusehen, warum politisch rechts nicht auch als "politisch rechts" bezeichnet werden darf. Was spricht gegen robuste Argumente jenseits vom Pfarrerstöchterdiskurs? Die Anti-Euro-Kampagnen der genannten Partei gleichen - legitimerweise - auch nicht unbedingt einem Wattebäuschchenwerfen.
Zitat Komme ich zu den Großeltern, Eltern, Tanten und Onkeln: Vor 30 oder 50 Jahren gab es in Deutschland keine Homoehe. Es gab auch keine Frauenquoten. Und es gab eigentlich auch keine Moscheen. Die BRD stand fest an der Seite der Amerikaner und auch Israels. Gemäß der oberen Logik müssen unsere Alten wohl homophobe, chauvinistische, kriegstreibende Rassisten gewesen sein, die all diese „Rechte“ nicht eingeräumt haben. Aber vielleicht waren sie auch nur anderer Meinung.
Nu ja, was Ehen angeht, noch 'n bissle länger zurück (bis 1958) und das Eheleben z. B. von Frau v.Storch hätte sich so gestaltet:
"Dem Manne steht die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu. Er bestimmt insbesondere Wohnort und Wohnung." Im zweiten Satz dann 'n bissle Einschränkung, nach vermuteter Ansicht von Frau v.Storch ja möglicherweise ausreichend zufriedenstellend (Polemik Ende ): "Die Frau ist nicht verpflichtet, der Entscheidung des Mannes Folge zu leisten, wenn sich die Entscheidung als Missbrauch seines Rechts darstellt." na immerhin.
Gehorsamsparagraph des BGB, bis 1958 wie gesagt. Liberal war datt wohl eher nich, sach ich mal. Die Abschaffung wurde von damaligen rechten Kreisen (etwa analog AfD heute) übrigens kräftig angeschossen.
Ja, die Alten waren halt dieser (beispielhaft) und ähnlicher Meinung in anderen kulturellen Belangen, damals. Aber solchen Muff darf man legitimerweise bekämpfen und Mehrheiten anstreben, damit das wegkommt. Das ist keine moralische Diskreditierung sondern bürgerlich-demokratischer Prozess. Das gilt analog auch heute; und was "Die BRD stand fest an der Seite der Amerikaner und auch Israels" angeht: Uiii, uii, die Regierung wohl, aber wenn ich mich da an meine Jugendzeit erinnere......Vietnam und so....und dann bei den älteren Herrschaften großes Gezeter über die "Negermusik"...so 100%ig fest war's nich.
Ceterum censeo: Es entwickelt sich mancherorts (ich meine natürlich nicht hier sondern jenseits von von Zettel's ) allmählich zum Mätzchen, als "Opfer" von Gutmenschen-, Schwulen-, Transgender-, Links-, Systempresse- und, und,und-Kampagnen gelten zu wollen. Wie schon gesagt, im Falle Sarrazin lebt es sich als Opfer offenbar recht kommod.
Der Beitrag erinnert mich in vielem, was mir auch damals durch den Kopf ging, als ich meinen Gastbeitrag schrieb.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #4Verwunderlich ist das unbedingte Festhalten an dieser Vorstellung aus zwei Gründen: Zum einen wird - häufig von denselben Leuten - in anderen Bereichen ein ständiger Verfall der Sitten angenommen. Kulturell, ökonomisch, technisch sowieso, aber auch individualethisch. Nur gesellschaftspolitisch soll alles besser werden.
Das ist ein sehr interessanter Gedanke. Ich versuche ihn einmal etwas umzuformulieren:
Seit jeher denken Menschen in der Moral ihrer Ziele. Ob Hexen verbrannt werden "mußten", ob man gegen das Morgenland Kreuzzüge brauchte, ob das Leben "gottgefällig" geführt werden mußte, die Erde im Zentrum des Alls stand oder was es auch immer sonst war. Dieses Weltbild war dabei in die einfachsten aller kausalen Zusammenhänge eingebettet. Es gab Gut und Böse und beides wurde direkt von einem Gott (der natürlich die eigene Moral und den eigenen Kenntnisstand (der damit absolut war) besaß) mit Glück/Gesundheit oder Unglück/Krankheit bestraft.
Woran mag das gelegen haben?
Ich meine daran, dass einen Zustand zu begreifen eine recht einfache Sache ist. Daher versteht es jeder. Mit dem zustande kommen dieses Zustands verhält es sich aber umgekehrt: Das ist meißt maximal kompliziert und um dies reflektieren zu können, braucht es vor allem logisches Denkvermögen und unbedingt Bildung, gerade(!) auch naturwissenschaftliche. Da diese damals nicht vorhanden war in breiten Teilen der Gesellschaft, bevorzugte man eben die einfachen, griffigen und plakativen Lösungen. Ich formuliere einmal provokativ: Es wurde die einfachste aller Naturwissenschaften gelehrt, die man sich vorstellen konnte: Actio (Mensch) = Reactio (Gott). Bis auf innewohnenden Wert und Macht sind beide gleich. Dabei wurde Gott "das gleiche naive Weltbild" unterstellt, das die Menschen selbst hatten.
Nun, was hat sich heute geändert? In meinen Augen nichts. Wir denken in Zuständen, die wir für richtig empfinden (und dabei gibt es auch über die komplette Bevölkerung keine Divergenzen. Die gibt es nur in der Reflektiertheit des zu gehenden Weges). Wir denken in einer allereinfachsten, simplen Logik, die nur direkt den Zustand verändernde Handlugen bewerten kann und diese auch komplett von „Nebenwirkungen“ frei sieht. Damit kann natürlich, nebenbei bemerkt, auch nur die einfach offensichtliche Handlung, die "richtige" Ethik haben. Dabei bräuchte es hochkomplexe Logik (heute mehr denn je) und naturwissenschaftliche Bildung als unbedingten Wert, um eine realistische Einschätzung zu erhalten. Das Problem ist dabei zuvorderst die fehlende naturwissenschaftliche Bildung, die die unbedingte Voraussetzung ist. Sie gibt es in der Breite heute, wie jeher nicht. Eine sehr interessante Betrachtung dazu habe ich gerade erst gelesen. Und auch solche Bestrebungen könnten ein hinweis sein.
Es darf also nicht verwunderlich sein, dass sich in unsere Welt diesbezüglich nichts verändert hat, wenn Habermas für folgenden Unsinn auf einem Podium applaudiert wird: „…die wissenschaftlich erforschte Natur fällt aus dem sozialen Bezugssystem von erlebenden, miteinander sprechenden und handelnden Personen heraus…“ Dem Wesen nach ist diese Formulierung der Standpunkt der Kirche im Mittelalter. Heute gefeiert als soziologischer Fortschritt, weil der Mensch wohl nicht anders kann als zu glauben, er entwickele sich weiter. Alles andere von sich zu denken, wäre zu schmerzhaft.
Ökologismus als Ersatzreligion einer säkularisierten Welt ist dabei ein schon abgedroschenes Bild. Aber es passt nun einmal so gut. Heute wie damals: Actio (Mensch) = Reactio (Natur). Bis auf innewohnende Wert und Macht sind beide gleich und die „Natur“ teilt dabei natürlich selbstredend das ethische Weltbild des Menschen. Wie kann es auch anderes sein, fragt man sich in aller Bescheidenheit.
Ich stellte in meinem Gastbeitrag damals die Frage: Was an den "ewig Gestrigen" ist per definitionem schlimmer als an den "ewig Zeitgeist Gläubigen"?
Meine Antwort wäre: Nichts, da beide mit einer Axiomatik hantieren, die mit der wirklichen Welt nichts gemein hat.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von Llarian im Beitrag #1Ich bin über einen Artikel in der FAZ gestolpert und habe mal etwas dazu geschrieben, was mir in Grundzügen schon eine Weile durch den Kopf geht.
Lieber Llarian, mir ist nicht so ganz klar, wie Du von diesem FAZ-Artikel zur Einschätzung unserer Elterngeneration gekommen bist.
Der Artikel beschreibt im wesentlichen die politischen Positionen von Storch und der AfD. Und man merkt, daß der Autor diese Positionen selber nicht teilt. Aber die Beschreibung ist m. E. durchaus korrekt. Und angesichts der Tatsache, daß die AfD lange Zeit aus (verständlichen und legitimen) taktischen Gründen inhaltliche Festlegungen abseits der Euro-Frage vermieden hat, sind solche Artikel auch völlig angebracht. Die AfD ist eben nicht (wie von manchen damals erhofft) eine liberale Partei, oder auch nur eine klassisch christdemokratische, sondern ziemlich rechtskonservativ. Was sie ja auch sein darf - der Artikel zieht NICHT die oft übliche diffamierende Folgerung, sie stünde außerhalb des demokratischen Spektrums. Und immerhin: Rechts von der Union ist viel Platz im politischen Spektrum, auch im demokratischen Spektrum - warum sollte sich da nicht auch eine Partei platzieren?
Zitat In dem Artikel werden Frau von Storch drei Attribute, respektive Meinungen, „vorgeworfen“: Sie habe etwas gegen die Rechte von Schwulen. Sie habe etwas gegen die Rechte von Muslimen. Sie habe etwas gegen die staatliche Schulpflicht.
Das "vorgeworfen" hast Du ja schon in Anführungszeichen gesetzt. Zu Recht. Weil der Artikel ja eigentlich nur beschreibt, daß Storch diese Positionen hat und daß diese inzwischen in der AfD in den Programmen auch auftauchen.
Zitat Ersteres dagegen ist schon eine sehr fragwürdige Verkürzung. Frau von Storch hat sich gegen die Gleichstellung von schwulen Partnerschaften mit heterosexuellen ausgesprochen. Nun ist das eine Meinung, die man haben kann und die durchaus mit dem GG konform geht und auch sehr, sehr lange konform ging. Es gibt im GG keine Rechte auf eine schwule Ehe oder ein Adoptionsrechte für schwule Paare.
Das ist ja alles richtig, daß im GG nichts dazu steht und daß diese Gleichstellungsideen eher modern sind. Ich kann im FAZ-Artikel aber nicht lesen, daß Storchs Ablehnung dieser Ideen unzulässig wäre.
Zitat Frau von Storch möchte gerne Volksabstimmungen zum Moscheebau haben. Da kann man unterschiedlich zu stehen, aber es ist eine Meinung, die man haben kann.
Man kann natürlich auch so eine Meinung haben, aber diese halte ich durchaus für grundrechtswidrig. Denn es geht Storch ja NICHT darum, daß es generell mehr Bürgerbeteiligung geben soll, und daß über Bauprojekte grundsätzlich per Abstimmung entschieden wird. Sondern es soll ausschließlich über Moscheen abgestimmt werde - bei einem Kirchenneubau wäre ihr das wohl nicht recht. Und so sehr ich gewisse Islamisierungstrends kritisch sehe - eine spezielle Rechtseinschränkung (und das Baurecht ist ein sehr grundlegendes Recht) nur für Muslime halte ich für schlimm.
Zitat Ich glaube man kann eine ganze Menge Standpunkt einnehmen, ohne deswegen ein Rassist, ein Kriegstreiber, ein Pädophiler, ein Anarchist, ein Unmensch, ein Chauvinist oder ein Hetzer zu sein. Aber unsere heutige Zeit gestattet uns immer weniger einen Gegenstandpunkt zu haben, ohne uns moralisch abwerten zu lassen.
Da stimme ich völlig zu. Aber ich glaube, dieses konkrete Beispiel ist nicht gut geeignet, um das zu illustrieren.
Zitat Gemäß der oberen Logik müssen unsere Alten wohl homophobe, chauvinistische, kriegstreibende Rassisten gewesen sein, die all diese „Rechte“ nicht eingeräumt haben.
Langsam. Es gibt Leute, die tatsächlich die heutigen Moralvorstellungen in die Vergangenheit projezieren und dann Werturteile ableiten. Das ist ziemlicher Unfug und das lehne ich ebenso ab wie Du.
Das heißt jetzt aber nicht, daß ein in der Vergangenheit gültiges Werturteil heute noch genauso vertreten werden kann wie damals.
Wer in den 50er Jahren dafür eintrat, Schwule in den Knast zu stecken, der folgte im wesentlichen dem Zeitgeist. War schon damals keine sehr gut begründete oder menschenfreundliche Haltung, aber ich würde das niemand im Nachhinein zum Vorwurf machen. Wer bei den alten Römern Sklaverei für gut und richtig hielt, dem kann man das heute nicht vorwerfen. Das war einfach Stand der Zeit. Daß die ansonsten so freiheitlichen US-Gründungsväter immer noch an der Sklaverei festhielten, war schon zu ihrer Zeit hochproblematisch und wurde schon von den Zeitgenossen für Heuchelei gehalten - da ist also durchaus ein gewisses Werturteil möglich. Und wer sich heute noch für Sklaverei ausspricht, ist ein gewissenloser Schurke.
Zitat Vieles von dem, was wir heute für gut und richtig halten wird man in 30 oder 50 Jahren ebenso für furchtbar antiquiert oder auch unmoralisch halten können.
Richtig. Was aber nicht heißt, daß unsere Enkel uns als unmoralisch verurteilen sollten. Aber wenn sich einer unserer Standpunkte als falsch oder nicht mehr passend herausgestellt hat, und das auch gut begründet ist (wie z. B. beim Verbot der Sklaverei) - dann ist es das gute Recht unserer Enkel, ihre Zeitgenossen, die immer noch unserer Ansicht sind, als vorgestrig, dumm, oder auch unmoralisch zu bezeichnen.
Das ist im wesentlichen eine Frage von Lernfähigkeit.
Zitat Alles richtig, aber meiner Meinung nach ist der Artikel nochmal deutlich radikaler, indem er Frau von Storch nicht nur diese Meinungen vorwirft, denen man zustimmen kann oder auch nicht, sondern ganz grundlegend, dass dahinter eine konservative christliche Haltung steht, im heutigen Deutschland - jedenfalls in dem Deutschland, in dem der Verfasser dieses Artikels offensichtlich gerne leben würde - offenbar eine Todsünde. [...] Solch ein Artikel reiht sich nahtlos ein in eine ganze Reihe von Artikeln, in denen man Tag für Tag als heterosexueller, nicht vom Staat abhängig lebender, nicht gewalttätiger, nicht krimineller Deutscher ohne Migrationshintergrund als Angehöriger eine Gruppe verhöhnt wird, die nur ja keine eigenen Interessen haben oder formulieren oder gar durchsetzen sollte, sondern einfach die Klappe halten und am besten sich gleich ganz verpissen solle auf den Misthaufen der Geschichte.
So habe ich den Artikel in der FAZ ebenfalls empfunden.
Zitat Ceterum censeo: Es entwickelt sich mancherorts (ich meine natürlich nicht hier sondern jenseits von von Zettel's ) allmählich zum Mätzchen, als "Opfer" von Gutmenschen-, Schwulen-, Transgender-, Links-, Systempresse- und, und,und-Kampagnen gelten zu wollen. Wie schon gesagt, im Falle Sarrazin lebt es sich als Opfer offenbar recht kommod.
Sie haben offenbar die Fernseh"tribunale" anläßlich von Sarrazins erstem Buch vergessen, genauso daß die Kanzlerin die Meinungsfreiheit extrem hochhielt ("nicht hilfreich"), woraufhin Th. S. seinen Posten bei der Bundesbank verlor. Daß er finanziell ausgesorgt hat, steht auf einem anderen Blatt. Aber seine bürgerliche Existenz sollte vernichtet werden. Und sollten Sie ähnliche Dinge wie er äußern und daraufhin Ihren Posten verlieren, wird Ihr Buch, das Sie darüber (vielleicht) schreiben, höchstwahrscheinlich niemand kaufen, da Sie, genau wie ich, vermutlich nicht prominent sind. Und auf den Lunacek-Bericht wurde ja schon hingewiesen.
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #8 Die Gleichbehandlung vor dem Gesetz gilt auch für den Islam.
Nein. Das steht schlicht nicht im Grundgesetz. Dort steht: "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich." Und nix anderes. Es ist eine Mär, die Gleichheit der Religion erzwingen würde, das steht nicht in unserem Grundgesetz. Und das ist, man verzeihe mir den Wowereit, auch verdammt gut so.
Zitat von Flaccus im Beitrag #10Einen wichtigen Aspekt breiten Sie dabei leider nicht aus: Information. Wer im Jahre 1860 aus ethischen Gründen gegen gemischtrassige Ehen ist, dessen Einstellung mag man aus heutiger Sicht kritisieren, aber man sollte sie ehrlicherweise in den Kontext ihrer Zeit einbetten. Wer im Jahre 1960 gegen gemischtrassige Ehen ist, dem fällt es schon sehr viel schwerer, seine Haltung zu begründen. Und wer im Jahre 2014 gegen gemischtrassige Ehen ist, der ist, mit Verlaub, ein Idiot.
Nein, lieber Flaccus, mir ebensolchem Verlaub, das ist er eben nicht. Und sie überschätzen sowohl den Wert der Information an sich als auch den Stand ihrer eigenen. Ich weiss nicht, ob es Ihnen bewusst ist, aber Sie fassen ziemlich gut, wenn auch auf eine absolut höfliche Art uns Weise, das Problem zusammen, das ich eigentlich anspreche: Sie können sich gar nicht vorstellen, dass auch ein anderer Standpunkt legitim oder intellektuell begründbar sein könnte. Sie versuchen das dann auf Ethik zu reduzieren, aber das ist nichts weiter als die höfliche Art auszudrücken, dass ein "Idiot" eben auch unmoralisch denken darf. Den Gedanken, dass es sich um keinen Idioten handelt, lassen Sie nicht zu:
Zitat Wer im Jahre 2014 derartige Moralurteile fällt, der diskreditiert sich eben in meinen Augen nicht nur ethisch (darüber will ich, wie gesagt, gar nicht sprechen), sondern in erster Linie intellektuell. Die rationalen Vorbehalte oder Rationalisierungen, von denen moralische Urteile gegen die gemischtrassige Ehe in der Vergangenheit getragen wurden, haben sich inzwischen eben intellektuell erledigt.
Dann lassen Sie mich für ein paar Minuten den Rassistenhut aufsetzen (und seien Sie versichert, ich trage den nicht gerne, und die folgende Argumentation macht mir sicher keinen Spass.): Wir wissen heute, dass Intelligenz massiv genetisch vererbt wird (auch wenn das viele nicht wahrhaben wollen, siehe Sarrazin Debatte). Es ist wissenschaftlich recht gut abgesichert. Ebenso wissen wir, dass Intelligenz nicht gleich über alle Bevölkerungsgruppen verteilt ist. Ich will nicht zu tief in die Materie gehen, aber das Stichwort wäre die Bell-Kurve. Auch das ist zunächst ein Fakt. Unter dem Standpunkt, dass es wichtig ist, möglichst viele intelligente Nachfahren zu haben, kann man wozu kommen ? Genau. Ich finde diese Argumentation abstossend. Und zwar ethisch abstossend, weil sie den "Wert" eines Menschen auf seinen Intellekt reduziert. Und weil sie konsequent fortgeführt zu noch viel schlimmeren Gedanken führt. Aber sie ist erst einmal nicht widersprüchlich. Sie ist rassistisch aber deswegen nicht unlogisch. Es ist ein dummer () Fehler zu meinen Rassisten wäre alles Idioten, nur weil dort viele Deppen rumlaufen. Es gibt durchaus hochintelligente Rassisten, die auch durchaus sachliche Argumente vorzubringen wissen. Deswegen kann man sie trotzdem ablehnen, aber es ist viel zu kurz gegriffen zu meinen wir wüssten alles besser. Das tun wir nicht.
Zitat Und für einen "2014er" in Fragen, wo wir einfach noch nicht genügend wissen, natürlich ebenso.
Diesen Satz möchte ich ebenso noch einmal herausgreifen. Denn zum einen weiss man selten bis nie genug. Zum anderen ist es nicht so, dass die Informationen so weit verbreitet wären. Nehmen Sie Themen wie den Klimawandel, Atomenergie, DDT oder gentechnisch verändertes Saatsgut. Alles Themen bei denen eine Bevölkerungsmehrheit von mehr als 90% eine ganz feste Meinung vertritt. Eine Meinung, die so fest ist, dass der Gegenüber eben genau diese Redlichkeit, wie oben gesprochen, abgesprochen bekommt. Die Wissenschaft freilich, ist da gar nicht festgelegt. Und bei wenigstens einem der vier genannten Themen zu absolut konträrem Ergebnis gekommen. Deswegen würde ich den Wert der Information nicht überschätzen, Wissen ist nicht so neutral wie es sich erst einmal anhört.
Zitat Nur hat sich der Stand unserer Erkenntnis in dieser konkreten Frage, also der Gleichstellung homosexueller Partnerschaften geändert
Ist es Erkenntnis ? Oder ist es Meinung ? Zwei völlig unterschiedliche Dinge. Gerade diese spezielle Meinung unterliegt durch die letzten 2000 Jahre massivem Wandel. Und es ist nicht auszuschliessen, gerade wenn sich die deutsche Bevölkerung so weiterentwickelt, wie sie das heute tut, dass wir in 50 Jahren wieder einen 175 einführen. Deswegen finde ich das nicht richtig, aber ich wäre sehr, sehr zurückhaltend zu meinen, sowas könne nicht mehr passieren, weil man soviel weiss.
Zitat Sie allerdings, lieber Llarian, machen aus Ankenbrands Kritik an Frau von Storch, wenn man sie in die Vergangenheit projizierte, ein Beispiel für die moralische Arroganz der Nachgeborenen gegenüber ihren Vorfahren.
Das stimmt. Ich finde es aber nicht falsch, denn es ist moralische Arroganz gegenüber anderen. Sie, lieber Flaccus, "entschuldigen" unsere Vorfahren ja auch im Wesentlichen dadurch, dass die halt das alles nicht gewusst haben. Das bezweifele ich allerdings sehr, denn ich meine, gerade in der Frage wie man mit Homosexualität umgeht, war auch vor 50 Jahren keine Frage des heutigen Wissens.
Zitat und es hätte Ihrem Artikel, lieber Llarian, sicher gut getan, darauf hinzuweisen und über Herrn Ankenbrands Motivation zu seiner Kritik mehr zu recherchieren (falls das möglich ist), anstatt das Klagelied anzustimmen, heutzutage würde alles zu Tode moralisiert und jeder durch moralische Diskreditierung auf eine vermeintliche Einheitslinie getrimmt.
Der Artikel ist nicht mein primäres Ziel, ich habe ihn nur als Beispiel oder meinetwegen Aufhänger genommen, weil ich dort etwas sehe, was mich an vielen Ecken stört. Ich stimme das Klagelied deshalb an, weil DAS mein Thema ist. Ich bin selber etwas verwundert wie unterschiedlich mein Artikel von verschiedenen Lesern aufgefasst worden ist. Denn tatsächlich interessiert mich Frau von Storch oder Herr Ankenbrand nur sehr am Rande. Mir gehts um ein Muster der Argumentation, dass ich sehe. Und beklage.
Lieber Llarian, da ich zu diesem Thema ihre Sicht im Großen und Ganzen teile, verstehen Sie es bitte nicht falsch, wenn ich ein paar provokante Fragen formuliere:
Zitat von Llarian im Beitrag #18Ich finde diese Argumentation abstossend. Und zwar ethisch abstossend, weil sie den "Wert" eines Menschen auf seinen Intellekt reduziert.
Warum ist das alleine ethisch abstoßend? Weil der Mensch mehr ist? Dann wäre sie doch höchstens falsch und nicht abstoßend. Oder?
Zitat von Llarian im Beitrag #18Und weil sie konsequent fortgeführt zu noch viel schlimmeren Gedanken führt.
Tut sie das mehr als andere Meinungen, die ihre Moral als unbedingten Wert durchsetzen wollen?
Irgendwo habe ich hier eimal die Signatur gelesen: "Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral." - In meinen Augen die zentrale Erkenntnis der man sich gerne verweigert, wenn die eigene Moral betroffen ist.
Wenn man so wie Flaccus schreibt, dem anderen seine Meinung nur glaubt unter der Bedingung zugestehen zu können, dass er ein Idiot sei, steht man auf äußerst dünnem Eis und das aus mehr als nur einem einzigen Grund. Zuallererst aber, weil man mit einer solchen Sicht entweder eigenes Wissen oder eigene Moral, oder gar beides, in den absoluten Stand erhebt. -- Das ist zum Beispiel etwas mit dem ich selbst nicht so gut klarkomme und meiner persönlichen Moral widerspricht ein solcher Standpunkt. Daraus würde ich aber jetzt weder ableiten selbst ein Idiot zu sein, noch dass einer der das anders sieht einer sein muß.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von R.A. im Beitrag #14 Lieber Llarian, mir ist nicht so ganz klar, wie Du von diesem FAZ-Artikel zur Einschätzung unserer Elterngeneration gekommen bist.
Ich habe schlich darauf aufgebaut, dass in dem Artikel einige Haltungen, die in unserer Elterngeneration absolut mehrheitsfähig waren, inzwischen als moralisch verkommen deklariert werden.
Zitat Aber die Beschreibung ist m. E. durchaus korrekt. Und angesichts der Tatsache, daß die AfD lange Zeit aus (verständlichen und legitimen) taktischen Gründen inhaltliche Festlegungen abseits der Euro-Frage vermieden hat, sind solche Artikel auch völlig angebracht. Die AfD ist eben nicht (wie von manchen damals erhofft) eine liberale Partei, oder auch nur eine klassisch christdemokratische, sondern ziemlich rechtskonservativ.
Ich habe nichts dagegen, dass die AfD beschrieben wird. Ich habe etwas dagegen in welcher Art das geschieht. Es sind Sätze wie: "Jene in der AfD, die gegen den Euro sind, aber nicht unbedingt gegen Rechte von Schwulen und Muslimen, haben verloren." die mir unheimlich sauer aufstossen, denn sie enthalten Unterstellungen, die nirgendwo fundiert sind. Simpel übersetzt bedeutet der Satz soviel wie: Die Mehrheit der AfD hat etwas gegen die Rechte von Schwulen. Das ist nicht im Ansatz fundiert.
Zitat Man kann natürlich auch so eine Meinung haben, aber diese halte ich durchaus für grundrechtswidrig.
Dann frage ich mich, wie wir es geschafft haben siebzig Jahre mit einer Gesellschaft zu leben, die grundrechtswidrig denkt. Genau das ist mein Punkt, oder sagen wir, einer der Punkte: Das man vor 50 Jahren keine Prestigemoschee mit Minaretten zugelassen hätte, halte ich für ziemlich gegeben. Hat damals die ganze Gesellschaft grundrechtswidrig gedacht ? Wo steht denn bitte im Grundgesetz ein Recht auf Moscheebau ?
Zitat Sondern es soll ausschließlich über Moscheen abgestimmt werde - bei einem Kirchenneubau wäre ihr das wohl nicht recht.
Witzigerweise frage ich mich, ob der FAZ Autor auch so ein grosses Problem hätte, wenn über Kirchenbauten abgestimmt würde. Richtig ist: Wer A sagt, sollte auch B sagen. Insofern sollte, Betonung liegt auf sollte, nicht muss, im selben Maß auch eine Abstimmung über Kirchenbauten stattfinden. Ich verstehe wirklich nicht, warum es in Deutschland so ein Riesenproblem ist, dass es sich um ein christliches und kein muslimisches Land handelt. Dieses Land hat eine christliche Mehrheit, das habe ich mir nicht ausgedacht.
Zitat Und so sehr ich gewisse Islamisierungstrends kritisch sehe - eine spezielle Rechtseinschränkung (und das Baurecht ist ein sehr grundlegendes Recht) nur für Muslime halte ich für schlimm.
Das Baurecht kommt in dieser Form nicht mal als Begriff im Grundgesetz vor, ich habe meinen Zweifel ob es überhaupt irgendwo vorkommt. Im Gegenteil wüsste ich kaum etwas, was in Deutschland stärker reguliert ist als das Bauen.
Zitat Was aber nicht heißt, daß unsere Enkel uns als unmoralisch verurteilen sollten. Aber wenn sich einer unserer Standpunkte als falsch oder nicht mehr passend herausgestellt hat, und das auch gut begründet ist (wie z. B. beim Verbot der Sklaverei) - dann ist es das gute Recht unserer Enkel, ihre Zeitgenossen, die immer noch unserer Ansicht sind, als vorgestrig, dumm, oder auch unmoralisch zu bezeichnen.
Ich schrieb schon an Flaccus, dass man den Wert der Information nicht überschätzen sollte. Natürlich lernt der Mensch aus der Geschichte. Und gerade bei den Extremen ist das auch einfach zu zeigen, Sklaverei hattest Du erwähnt, das dritte Reich wäre sicher ein weiteres Beispiel, andere lassen sich finden. Aber das sind eben auch Extrema. Die Frage ob man eine Moschee mit Minaretten bauen kann (denn darum gehts ja am Ende), die Frage ob man einem schwulen Paar die selben Steuervorteile zuschanzt, die Frage ob man Kinder nicht auch zuhause unterrichten kann, sind keine Extrema. Es sind Fragen der Einschätzung, es sind Fragen der Überzeugung und vor allem sind sie eines: Absolut nicht geklärt und ich habe ernste Zweifel, dass sie sich endgültig klären lassen. Es ist nicht jeder ein Idiot, nur weil er Homeschooling für eine gute Idee hält. Und es ist auch niemand ein Schwulenhasser, wenn er nicht der Meinung ist, dass der Staat schwule Lebensgemeinschaften fördern sollte. Und ganz nebenbei sei auch gesagt, dass viele Dinge, die wir für so sicher und gesetzt halten, sich 10 Jahre später als absolut falsch herausgestellt haben.
Zitat von Llarian im Beitrag #20Und es ist auch niemand ein Schwulenhasser, wenn er nicht der Meinung ist, dass der Staat schwule Lebensgemeinschaften fördern sollte. Und ganz nebenbei sei auch gesagt, dass viele Dinge, die wir für so sicher und gesetzt halten, sich 10 Jahre später als absolut falsch herausgestellt haben.
10 Jahre sind entschieden zu kurz. Jedenfalls was die kollektiven Phantasmen angeht: Der Grünwahn dauert nun, je nachdem wie stark die Wolle eingefärbt sein soll, zwischen 25 & 30 Jahren an, obwohl jedes einzelne Mosaiksteinchen nachgewiesenes dumm Tüch darstellt - ob es je soweit kommt, daß Krethi & Plethi mal das ganze Mosaik zusammensetzen & zusammenzucken, scheint fraglich. Außerdem wirken solche Vorstellungen subkutan nach; da gilt Keynes: "even the most practical man of affairs is usually in the thrall of the ideas of some long-dead economist" - & nicht nur ökonomisch. Was innert einer Dekade stürzen kann, sind politische Verhältnisse; besonders wenn sie auf Sand gebaut sind; und Lebensgemeinschaften: + 10 = /.
Zitat Es ist nicht jeder ein Idiot, nur weil er Homeschooling für eine gute Idee hält. Und es ist auch niemand ein Schwulenhasser, wenn er nicht der Meinung ist, dass der Staat schwule Lebensgemeinschaften fördern sollte.
Nun, der Schlüsselbegriff an dieser Stelle ist wohl FÖRDERN. Da liegt m.E. eine klärungsbedürftige Vieldeutigkeit vor. Oder in meiner schlichten Sprache: Watt heißt dat?
Für mich ist eigentlich nicht erkennbar, wo da eine "Förderung" überhaupt stattfindet.
Ehegattensplitting? Selbiges reflektiert wirtschaftliche Verhältnisse (Unterhaltsverpflichtung, "Wirtschaftsgemeinschaft" könnte man das auch nennen) und "fördert" eigentlich nichts. Bekanntlich ist das Ding unwirksam, wenn beide über ein einigermaßen gleiches Einkommen verfügen (umso weniger wirksam je näherungsweise gleicher).
Ist eigentlich die Anrechnung des Partnereinkommens bei gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften im Hinblick auf Sozialleistungen auch eine Förderung? Gibt es schon lange, schon zu Zeiten der früheren "Arbeitslosenhilfe". Komischerweise ist das in rechten-/AfD-Kreisen kein Aufreger. Da wird dann auf die rein wirtschaftlichen Verhältnisse abgestellt. Bei der Einkommensteuer wird die Argumentation aber plötzlich eher moralisch. Sehr logisch is datt nich.
Wer verwendet denn im Diskurs solche Kraftausdrücke wie "idiot" oder "Schwulenhasser"?....ausser ein paar Idioten vielleicht . Im Allgemeinen geht's doch gesittet zu. Parlamentarisch überstimmt werden oder vor dem berühmt-berüchtigten Gericht in Karlsruhe zu unterliegen impliziert durchaus nicht "Zum-Idioten-erklärt-werden".
Zitat Dann frage ich mich, wie wir es geschafft haben siebzig Jahre mit einer Gesellschaft zu leben, die grundrechtswidrig denkt. Genau das ist mein Punkt, oder sagen wir, einer der Punkte: Das man vor 50 Jahren keine Prestigemoschee mit Minaretten zugelassen hätte, halte ich für ziemlich gegeben. Hat damals die ganze Gesellschaft grundrechtswidrig gedacht ? Wo steht denn bitte im Grundgesetz ein Recht auf Moscheebau ?
Wenn's kaum Personen muslimischen Glaubens gibt, sind Moscheen aus diesem nahe liegenden Grund halt kein Thema. Das war die Sachlage ehedem. Die Grundrechtsfrage muss sich überhaupt erstmal konkret stellen und sie wird in Ansehung geänderter kultureller Auffassung auch nicht für immer und ewig gleich ausgelegt. Die Rechtsauslegung kann sich nicht locker von kulturell-gesellschaftlichen Entwicklungen ablösen. Anders gesagt: Nuturrecht ist pille-palle. Okay, ein anderes Thema und ein weites Feld.
Ein "Recht auf Moscheebau" und ein Unterbinden von entsprechenden Baulichkeiten, also ein "Recht auf Unterbinden" quasi....das sind doch zwei gaaaaanz verschiedene Sachen. Wer sagt denn, es gäbe ein explizites GRUNDGESETZLICHES Recht auf Moscheebau? Kein vernünftiger Mensch, weil es darauf gar nicht ankommt, sondern auf die GG-Implikationen, die per Einzelfall bewertet werden müssen.
Zitat Und ganz nebenbei sei auch gesagt, dass viele Dinge, die wir für so sicher und gesetzt halten, sich 10 Jahre später als absolut falsch herausgestellt haben.
Bin ganz dieser Auffassung, lieber Llarian. Deshalb enthält liberale Politik auch keine finale Eschatologie für immer und ewig sondern justiert ständig neu und auch nur im Hinblick auf Rahmenbedingungen, die die Leute nach Gusto ausfüllen mögen. "Ewige Werte" sind wohl eher was für die anderen Fraktionen.
Zitat von R.A. im Beitrag #14Der Artikel beschreibt im wesentlichen die politischen Positionen von Storch und der AfD. Und man merkt, daß der Autor diese Positionen selber nicht teilt. Aber die Beschreibung ist m. E. durchaus korrekt.
Zitat von R.A. im Beitrag #14Weil der Artikel ja eigentlich nur beschreibt, daß Storch diese Positionen hat und daß diese inzwischen in der AfD in den Programmen auch auftauchen.
Was eben nicht stimmt.
Zitat von R.A. im Beitrag #14Denn es geht Storch ja NICHT darum, daß es generell mehr Bürgerbeteiligung geben soll, und daß über Bauprojekte grundsätzlich per Abstimmung entschieden wird. Sondern es soll ausschließlich über Moscheen abgestimmt werde - bei einem Kirchenneubau wäre ihr das wohl nicht recht.
Da kennst du die Position von Frau Storch besser als diese selbst. Zitat: "Die Überschrift „AfD kritisiert Rechte von Muslimen“ resultiert von meiner Aussage, ich sei unter Beachtung des Grundrechtes der Religionsfreiheit grundsätzlich für Volksentscheide, auch beim Bau von Moscheen. "
Ich verstehe wirklich nicht, wie du als ansonsten kritischer Geist einer solchen in Methode und Inhalt plump-denunziatorischen Meinungsmache blind vertrauen kannst.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat) Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #8 Die Gleichbehandlung vor dem Gesetz gilt auch für den Islam.
Nein. Das steht schlicht nicht im Grundgesetz. Dort steht: "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich."
Das ist jetzt aber kein Widerspruch. Denn mit "Gleichbehandlung für den Islam" ist natürlich gemeint "Gleichbehandlung der Menschen, die an den Islam glauben". Ohne diese konkreten Menschen gibt es keinen Islam.
Der allgemeine Gleichstellungsgrundsatz vor dem Gesetz bedeutet, daß es keine speziellen Rechte je nach Religionszugehörigkeit geben darf. Wenn die Hindus einmal im Jahr eine Prozession machen dürfen, dann dürfen das die Pastafaris auch. Ein spezielles Prozessionsverbot nur für Pastafaris wäre GG-widrig.
Zitat von Llarian im Beitrag #20Ich habe schlich darauf aufgebaut, dass in dem Artikel einige Haltungen, die in unserer Elterngeneration absolut mehrheitsfähig waren, inzwischen als moralisch verkommen deklariert werden.
Was ja auch grundsätzlich unproblematisch wäre. Wenn eine Überzeugung, die zur Zeit der Eltern noch problemlos war, heute als obsolet gilt, dann ist das erst einmal nur ein Werturteil über Leute, die diese Überzeugung immer noch vertreten - aber keine nachträgliche Beurteilung der Eltern.
Zitat Es sind Sätze wie: "Jene in der AfD, die gegen den Euro sind, aber nicht unbedingt gegen Rechte von Schwulen und Muslimen, haben verloren." die mir unheimlich sauer aufstossen, denn sie enthalten Unterstellungen, die nirgendwo fundiert sind.
Das sehe ich überhaupt nicht. In zulässiger journalistischer Verkürzung steht "Rechte von Schwulen" natürlich für die aktuell diskutierten Ansätze wie Adoptionsrecht oder Splitting. Diese Vorschläge kann man ablehnen (was nicht heißt, daß man Schwulen alle Rechte überhaupt abspricht). Es ist wohl unstrittig, daß die Gegner dieser neuen Rechte in der AfD inzwischen das Sagen haben. Warum auch nicht? Es ist auf jeden Fall eine inhaltliche Neupositionierung der AfD gegenüber der Phase, als sie nur gegen den Euro war, sich aber pro oder contra Schwulenrechte überhaupt nicht äußerte. Der Satz ist also einfach eine korrekte Beschreibung der Vorgänge (mal am Beispiel Schwule durchexerziert, bei den Muslimen wird es ähnlich).
Zitat Simpel übersetzt bedeutet der Satz soviel wie: Die Mehrheit der AfD hat etwas gegen die Rechte von Schwulen.
Was korrekt ist - jedenfalls im Sinne "zusätzliche neue Rechte für Schwule". Denn nur über die wird konkret politisch diskutiert.
Zitat Das man vor 50 Jahren keine Prestigemoschee mit Minaretten zugelassen hätte, halte ich für ziemlich gegeben.
Da wäre ich mir nicht sicher. Und ich weiß auch nicht, auf welcher gesetzlichen Grundlage ein Bauamt einen solchen Antrag hätte ablehnen können. Maximal mit der Gummiformulierung "paßt nicht zur vorhandenen Bebauung", d.h. ohne auf die Zweckbestimmung einzugehen. Aber von Buchstaben und Geist des GG wäre es schon immer unzulässig gewesen, einen Moscheebau abzulehnen, nur weil einem die dazugehörige Religion nicht gefällt.
Zitat Wo steht denn bitte im Grundgesetz ein Recht auf Moscheebau ?
Das ist ein Ausfluß des normalen Persönlichkeitsrechts. Es steht ja auch nicht explizit im Grundgesetz, daß Du Linux betreiben darfst, daß Du Dein Schlafzimmer rosa anmalen darfst und daß Du im Kleintierzüchterverein Mitglied sein darfst. Grundsätzlich hast Du das Recht, auf Deinem Grundstück alles zu bauen, was die allgemeinen Bauvorschriften hergeben.
Zitat Ich verstehe wirklich nicht, warum es in Deutschland so ein Riesenproblem ist, dass es sich um ein christliches und kein muslimisches Land handelt.
Wie Du hoffentlich weißt, habe ich damit überhaupt kein Problem. Auch nicht in dem Sinne, daß sich christliche Traditionen an allen möglichen Stellen wiederfinden (z. B. bei den Feiertagen), und deswegen noch keinen entsprechenden Anspruch anderer Religionen begründen. Aber Minderheitenrechte sind eben sehr wichtig.
Zitat Die Frage ob man eine Moschee mit Minaretten bauen kann (denn darum gehts ja am Ende), die Frage ob man einem schwulen Paar die selben Steuervorteile zuschanzt, die Frage ob man Kinder nicht auch zuhause unterrichten kann, sind keine Extrema.
Richtig. Deswegen schrieb ich ja, diese konkreten Beispiele wären schlecht geeignet um darüber zu reden, wie man heutige Maßstäbe nach früher projeziert. Was heute völlig legitim strittig ist, kann ja erst recht nicht der Vergangenheit vorgehalten werden.
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