Der EUGH hat heute ein abstruses Fehlurteil gefällt. Die Folgen sowohl für Google und andere Suchmaschinen wie auch für andere Internetdienste sind noch nicht absehbar, können aber gravierend sein.
Ein typisches Absurdum, allerdings nicht ohne Präzdenz: So dürfen ehemalige oder verdächtige Straftäter (ausser ihr Name fängt mit Z an und geht mit schäpe weiter) auch nicht beim Namen genannt werden. Zeitungsartikel dürfen heute nur noch von dem Mörder Christian K. reden, sein Name darf nicht klar genannt werden (SCNR). Damit soll die Resozialisierung gefördert werden. Was ja auch gerade passiert, wenn er seine Taten von früher irgendwo rechtfertigt. Aus dieser Logik heraus konnte man google bisher auch schon verklagen, wenn irgendwo noch ein alter Artikel verlinkt ist, der den klaren Namen des Herrn K. nennt.
Wofür ist der EUGH zuständig, wofür nicht? Kann sich der EUGH über nationale Gesetze und nationale Verfassungen (Grundgesetze) hinwegsetzen? Wie will der EUGH oder sein Exekutivorgan, dieses Gerichtsurteil umsetzen? Kann er weltweit, europaweit oder national für die Durchsetzung sorgen?
Kann ich aufgrund dieses Urteils meine Geburtsurkunde verschwinden lassen (niemand braucht zu wissen, wie alt ich wirklich bin). Ich habe da auch einige unangenehme Einträge im Strafregister, die ich gerne gelöscht wissen möchte, bevor ich mich um einen neuen Job bewerbe.
Zitat von R.A. im Beitrag #1Der EUGH hat heute ein abstruses Fehlurteil gefällt. Die Folgen sowohl für Google und andere Suchmaschinen wie auch für andere Internetdienste sind noch nicht absehbar, können aber gravierend sein.
Danke für den Artikel, lieber R.A. Ich werde den Eindruck nicht los, dass hier ein ideologisch gefärbtes Urteil gesprochen wurde.
Zitat von R.A. im Beitrag #1Der EUGH hat heute ein abstruses Fehlurteil gefällt. Die Folgen sowohl für Google und andere Suchmaschinen wie auch für andere Internetdienste sind noch nicht absehbar, können aber gravierend sein.
Danke für den Artikel, lieber R.A. Ich werde den Eindruck nicht los, dass hier ein ideologisch gefärbtes Urteil gesprochen wurde.
Sehr richtig! Und ich bin jetzt schon gespannt auf die mittelfristigen Auswirkungen, lieber Erling. Google hat nach dem deutschen Drama um den Dienst Street-View 2010 gegenwärtig alle updates auf Eis gelegt, habe ich kürzlich gelesen. Ein Dienst, der übrigens auch in Deutschland inzwischen reichlich genutzt wird. Hier kann man nur zynisch sagen: Pech und selbst schuld. Nun wird Google nicht ganz um ein europaweit gültiges Urteil herumkommen; aber am Ende wird der Nutzer dennoch die Rechnung zahlen müssen, und zwar mit Blick auf freie Informationsbeschaffung. Man kann nur hoffen, dass dies auch Auswirkungen auf die Informationsquellen derjenigen deutschen Journalisten haben wird, die gegenwärtig jubeln .
Zitat von Llarian im Beitrag #2Ein typisches Absurdum, allerdings nicht ohne Präzdenz: So dürfen ehemalige oder verdächtige Straftäter (ausser ihr Name fängt mit Z an und geht mit schäpe weiter) auch nicht beim Namen genannt werden. Zeitungsartikel dürfen heute nur noch von dem Mörder Christian K. reden, sein Name darf nicht klar genannt werden (SCNR). Damit soll die Resozialisierung gefördert werden. Was ja auch gerade passiert, wenn er seine Taten von früher irgendwo rechtfertigt. Aus dieser Logik heraus konnte man google bisher auch schon verklagen, wenn irgendwo noch ein alter Artikel verlinkt ist, der den klaren Namen des Herrn K. nennt.
Demnach dürfen gesuchte Verbrecher dann auch nicht mit Klarnamen gesucht werden, was soll die Polizei dann in der Suchmeldung angeben?
♥lich Nola
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Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken. Zettel im August 2008
Zitat von Nola im Beitrag #6 Demnach dürfen gesuchte Verbrecher dann auch nicht mit Klarnamen gesucht werden, was soll die Polizei dann in der Suchmeldung angeben?
Die Polizei verfügt über andere Befugnisse als die Presse, liebe Nola. Und es ist auch ein anderer Zweck: Die Polizei sucht jemanden zu ergreifen, die Presse sucht zu berichten. Ersteres kann in der Interessenabwägung gegen die Persönlichkeitsrechte des Verdächtigen (nicht Verurteilten, da wäre es einfacher) überwiegen. Das Recht der Presse dagegen zu berichten ist deutlich niedriger angesiedelt.
Was auch richtig ist, so lange wir nicht von Verurteilten sprechen. Wenn jemand nur im Verdacht steht eine Straftat begangen zu haben und es keinem höheren Zweck (beispielsweise der Aufklärung) dient seinen Namen zu nennen, dann hat die Presse diesen eben nicht zu nennen. Ich kann daran nichts falsches sehen.
Zitat von R.A. im Beitrag #1Der EUGH hat heute ein abstruses Fehlurteil gefällt. Die Folgen sowohl für Google und andere Suchmaschinen wie auch für andere Internetdienste sind noch nicht absehbar, können aber gravierend sein.
Da die Zweitwohnungsvergesser sich mittlerweile im Tagesrhythmus wieder daran erinnern, dass sie vorm Fiskus manchmal doch nicht gleicher sind, sollte man sich die Namen wohl vorsichtshalber aufschreiben. Bevor Google die wieder "vergisst".
------------------------------------------------------- Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel
Lieber R.A., vielen Dank für den Beitrag. Ich frage mich bei dem ganzen vor allem eines: Wenn dem Staat die Privatsphäre des Bürgers scheinbar so wichtig ist, wieso wird dann der Name des Betroffenen einer Zwangsversteigerung in einer öffentlichen Bekanntmachung angegeben. Würde eine Bekanntmachung des fraglichen Objektes nicht vollkommen ausreichen? Denn wie sie richtig sagen: Google ist ja nur der Überbbringer der Nachricht nicht jedoch die Quelle.
In der Sache kann ich den Betroffenen nämlich durchaus verstehen, dass er als Selbstständiger nicht ständig mit einer uralten Zwangsversteigerung in Verbindung gebracht werden möchte. Dies kann durchaus geschäftsschädigend wirken. Und es ist ja eben nicht wie bei so mancher Facebook-Sünde so, dass er die Information selber ins Netz gestellt hätte.
Im "Heute Journal" wurden gestern übrigens durchaus auch kritische Stimmen zu dem Urteil laut. Wenn auch nicht aus grundsätzlichen Überlegungen sondern wegen der gegebenen Zensurgefahr bei unliebsamen Veröffentlichungen im Internet.
Viele Grüße Nikosch
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”If it tastes good you should sequence it.” Wang Jun
Einerseits will der Durchschnittseuropäer die Zusammensetzung seiner Lebensmittel bis in den Subnanogrammbreich kennen, außer natürlich bei Bio, andererseits darf z.B. der Arbeitgeber nicht einmal ernsthafte Erkrankungen des Arbeitnehmers kennen.
Bemerkenswert dabei: Die von Google zu Unrecht verlinkte Zeitung darf den Artikel über die Zwangsversteigerung sehr wohl weiter in ihren digitalen Archiven zur Verfügung stellen, ein nachträgliches Umschreiben der Geschichte ist nicht notwendig.
Zitat von Nikosch im Beitrag #9Wenn dem Staat die Privatsphäre des Bürgers scheinbar so wichtig ist, wieso wird dann der Name des Betroffenen einer Zwangsversteigerung in einer öffentlichen Bekanntmachung angegeben.
Gute Frage. Wenn der Staat die Privatsphäre von Bürgern nach Ablauf von gewissen Fristen schützen wollte - dann soll er eben entsprechende Gesetze machen. Die dann vielleicht dazu führen würde, daß der Zeitungsartikel selber nicht mehr im Netz stehen darf - das nachgelagerte Thema Google würde dann gar nicht mehr auftauchen.
Aber der Staat hat keine solchen Gesetze gemacht. Er hat auch kein "Recht auf Vergessen" beschlossen.
Die EUGH-Richter haben ihre ganze Urteilsgrundlage frei erfunden - das finde ich rechtsstaatlich viel skandalöser als die inhaltliche Blödsinnigkeit des Urteils.
Zitat In der Sache kann ich den Betroffenen nämlich durchaus verstehen, dass er als Selbstständiger nicht ständig mit einer uralten Zwangsversteigerung in Verbindung gebracht werden möchte.
So uralt ist das nach nur 15 Jahren im Geschäftsleben nicht. Den Wunsch des Betroffenen kann ich natürlich verstehen. Verständlich wäre auch, wenn er überhaupt nicht mit peinlichen Sachen in Verbindungen gebracht würde - egal nach welcher Frist. Aber das gibt ihm halt kein Recht darauf, diese Sachen einfach abzuleugnen.
Es ist Sache der Leser zu beurteilen, ob sie nun eine alte Zwangsversteigerung für relevant halten oder nicht. Und ich setze darauf, daß das vielbeschworene "das Netz vergißt nichts" keine großen Auswirkungen haben wird, weil die Menschen lernen werden vernünftig damit umzugehen. Da hat vielleicht jemand mit 20 Partybilder von sich gepostet - na und? Kein vernünftiger Personalchef wird deswegen 10 Jahre später einen Bewerber ablehnen.
Zitat Und es ist ja eben nicht wie bei so mancher Facebook-Sünde so, dass er die Information selber ins Netz gestellt hätte.
Und genau deswegen hat er m. E. KEIN Recht auf Löschung. Ich kann noch nachvollziehen, daß man eigene Veröffentlichungen nachträglich korrigieren oder löschen können will. Aber was ANDERE über einen selber aussagen, das muß man entweder direkt juristisch kontern - oder eben ertragen.
Zitat Im "Heute Journal" wurden gestern übrigens durchaus auch kritische Stimmen zu dem Urteil laut.
Das ist aber leider die Ausnahme. Ich bin ziemlich erschüttert, wie verbreitet in den Medien das Urteil als Fortschritt für den Verbraucherschutz gelobt wird. Rechtsstaatliches Bewußtsein oder IT-Kompetenz sind nicht in Ansätzen erkennbar.
Insofern bin ich sehr dankbar über die Rückmeldungen hier im Forum. Man käme sich sonst vor wie ein Geisterfahrer.
Zitat Wenn jemand nur im Verdacht steht eine Straftat begangen zu haben und es keinem höheren Zweck (beispielsweise der Aufklärung) dient seinen Namen zu nennen, dann hat die Presse diesen eben nicht zu nennen.
Das stimmt für den in Verdacht stehenden sicher, aber für Christian K. gilt das nicht. Ich denke, es ist allgemeiner Konsens, dass wir es hier mit einem Täter zu tun haben, und hier stimme ich Nola uneingeschränkt zu!
Zitat Im "Heute Journal" wurden gestern übrigens durchaus auch kritische Stimmen zu dem Urteil laut.
Das ist aber leider die Ausnahme. Ich bin ziemlich erschüttert, wie verbreitet in den Medien das Urteil als Fortschritt für den Verbraucherschutz gelobt wird. Rechtsstaatliches Bewusstsein oder IT-Kompetenz sind nicht in Ansätzen erkennbar.
Ich bin eigentlich nicht sooo erschüttert, lieber R.A., weil es durchaus verständlich ist, dass traditionelle Verleger/Redaktionen alles toll finden, was irgendwie "gegen google" abgeht. Weil leicht durchschaubar, ist das grundsätzlich auch nicht unbedingt "gefährlich". Erst wenn die Justiz da mitmacht, wie im hier besprochenen Fall, wird's verdammt brenzlich.
Die Felle, die der traditionellen Presse-Szene davonschwimmen sind schon mächtig groß und verdammt wertvoll, insofern ist es kein Wunder, dass da alle Register gezogen werden. Die waren halt bescheuert genug, um in der zweiten Hälfte Neunziger bzw. so um 2000 Internetpräsenzen aufzubauen, weil man "modern" sein wollte in der Annahme, damit Print zu unterstützen. Die meisten Leute gucken ja gar nicht Internet, das ist nur ein Spielchen nebenher, so war die Ansicht in den Pressehäusern. Nun, es kam anders. Der Aufkauf der Washington Post durch amazon (offiziell durch den CEO "privat") verweist auf ein Reiseziel, das in deutschen Redaktionsstuben vermutlich eher nicht so goutiert wird.
Ein Grundproblem ist natürlich die Umsonstkultur. Da ich als Surfer die angesteuerten Seiten in aller Regel nicht bezahle, muss natürlich das geschickte Datenabgreifen als Währung her (herkömmliches Irgendwelche-Werbung-Reinstellen bringt viel zu wenig). Deswegen ist google grundsätzlich bei Otto Normalverbraucher böse, weil die sich die Frechheit herausnehmen, eine Dienstleistung nicht gratis anzubieten. Dass vordergründig gratis nicht tatsächlich gratis heißt, interpretieren viele (arg naiv halt) als "reingelegt werden". Und was Otto Normalverbraucher als böse einstuft muss "politisch" natürlich strengstens unter Kontrolle, ob konsistent und überzeugend ist nicht so wichtig, Hauptsache "strengstens". Selbstverständlich können da Richter nicht abseits stehen.
Mit 'nem liberalen Rechtsstaat hat das in der Tat eher nicht sooooooo viel zu tun
Unerachtet dessen: Danke für den ziemlich traurigen, aber wichtigen Blogeintrag. Sie sind ja nur der Bote
Wieso glaube ich nur,dass dieses Urteil(als Einstieg,da kommt noch mehr)die Eigenrecherche des normalen Internetnutzers ganz allgemein erschweren soll?
Zitat von Nikosch im Beitrag #9Wenn dem Staat die Privatsphäre des Bürgers scheinbar so wichtig ist, wieso wird dann der Name des Betroffenen einer Zwangsversteigerung in einer öffentlichen Bekanntmachung angegeben. Würde eine Bekanntmachung des fraglichen Objektes nicht vollkommen ausreichen?
In Deutschland und Österreich wird in der Bekanntmachung der Versteigerung auf das betreffende Grundbuchsblatt verwiesen. Wer Interesse an dem Objekt hat, kann durch Grundbuchseinsicht den Eigentümer ermitteln und diesen um einen Besichtigungstermin bitten. Da es auch in Spanien ein Grundbuch gibt, wäre die Nennung des Eigentümers nicht wirklich notwendig.
Sie legen den Finger in die Wunde, lieber Nikosch. Den guten Staat, der da mit den Daten seiner Bürger ziemlich sorglos umgeht, kritisiert niemand.
Zitat In der Sache kann ich den Betroffenen nämlich durchaus verstehen, dass er als Selbstständiger nicht ständig mit einer uralten Zwangsversteigerung in Verbindung gebracht werden möchte.
Ja, absolut. Eigentlich liegt hier ja sogar ein Extremfall vor. Es geht um die 16 Jahre alte Bekanntmachung einer Versteigerung, die - wie ich gelesen habe - dann gar nicht stattgefunden hat (wohl weil der Schuldner das Geld noch rechtzeitig erlegen, eine Ratenzahlungsvereinbarung schließen o.Ä. konnte). Auf den Inhalt der Bekanntmachung hatte der Betroffene keinerlei Einfluss. Wägt man hier das Recht auf Datenschutz/Privatsphäre gegen die Informations- und Googles Erwerbsfreiheit ab, ist es meines Erachtens vertretbar, ein Überwiegen der Interessen des Betroffenen festzustellen.
Dabei ist freilich die Lösung grotesk, diesen Schutz über das Entfernen des Suchmaschinentreffers bewerkstelligen zu wollen. Thomas Stadler zieht den nicht unberechtigten Vergleich zu DNS-Sperren.
Das Verheerende ist, dass der EuGH durch seine - was die Voraussetzungen des Anspruchs auf Trefferentfernung betrifft - doch sehr sibyllinischen Bemerkungen eine massive Rechtsunsicherheit geschaffen hat. Hier wären ein paar Randnummern mehr nicht verkehrt gewesen.
Zitat Im "Heute Journal" wurden gestern übrigens durchaus auch kritische Stimmen zu dem Urteil laut.
Wenn man so schaut, was die IT-Rechts-Blogger zu dem Thema schreiben (z.B. Stadler, op. cit.), so ergibt sich sogar überwiegend ein kritisches Bild. Und das völlig zu Recht.
Zitat von Noricus im Beitrag #17Wer Interesse an dem Objekt hat, kann durch Grundbuchseinsicht den Eigentümer ermitteln ...
Und da haben wir schon das nächste Problem: Wieso macht das Grundbuchamt den Namen des Eigentümers (ohne Einwilligung) öffentlich? Und darf das Grundbuchamt diese Informationen künftig noch im Internet bereitstellen?
Denn inhaltlich beschränkt sich das Urteil ja nicht auf das pöse Google oder generell Suchmaschinen - genau die gleiche Argumentation würde auch alle anderen Anbieter treffen, die Informationen über Privatpersonen ermöglichen.
Zitat Es geht um die 16 Jahre alte Bekanntmachung einer Versteigerung, die - wie ich gelesen habe - dann gar nicht stattgefunden hat ... Wägt man hier das Recht auf Datenschutz/Privatsphäre gegen die Informations- und Googles Erwerbsfreiheit ab, ist es meines Erachtens vertretbar, ein Überwiegen der Interessen des Betroffenen festzustellen.
Googles Erwerbsfreiheit ist hier wohl am unwichtigsten. Aber warum eigentlich ist das Informationsinteresse potentieller Geschäftspartner weniger wichtig als das Interesse des Geschäftsmanns, ärgerliche Stellen seiner Vergangenheit geheim zu halten? 16 Jahre sind im Geschäftsleben so viel nicht. WENN eine Zwangsversteigerung überhaupt relevant ist und öffentlich sein darf - DANN ist sie auch 16 Jahre später noch eine interessante Information.
Zitat Dabei ist freilich die Lösung grotesk, diesen Schutz über das Entfernen des Suchmaschinentreffers bewerkstelligen zu wollen.
Richtig. Politik und Justiz versuchen hier über den Umweg Google eine Geheimhaltung durchzusetzen, die an der Quelle einzuführen ein klar erkennbarer Verstoß gegen die Meinungsfreiheit wäre.
Zitat Das Verheerende ist, dass der EuGH durch seine - was die Voraussetzungen des Anspruchs auf Trefferentfernung betrifft - doch sehr sibyllinischen Bemerkungen eine massive Rechtsunsicherheit geschaffen hat.
Vielleicht sogar mit Absicht. "Bestrafe wenige, erziehe viele". Das Urteil öffnet gerade durch die Rechtsunsicherheit Tür und Tor auch für sehr viele ziemlich unberechtigte Sperranträge.
Kann es sein, dass nicht die Information gemeint ist, die ich über Google bekommen kann, sondern die vereinfachte und beschleunigte Zugriffsmöglichkeit, die durch Google ermöglicht wird? Sonst müsste auch das Aufheben von Zeitungsartikeln in Papierform verboten werden.
Es sind also nicht die Botschaft (der Schutz des Einzelnen), auch nicht der Bote (der Überbringer der Nachricht) gemeint, sondern um im Bilde zu bleiben: Die Möglichkeit den Boten zu finden? Oder irre ich mich?
Zitat von Paul im Beitrag #19Kann es sein, dass nicht die Information gemeint ist, die ich über Google bekommen kann, sondern die vereinfachte und beschleunigte Zugriffsmöglichkeit, die durch Google ermöglicht wird?
Wenn denn eine Information legal ist - wieso kann dann der bessere Zugriff strafbar sein?
M.W. gibt es nirgends sonst eine ähnliche Rechtsfigur. Es wird ja z. B. umgekehrt eine Beleidigung nicht legal, wenn ich sie erst mühsam in eine Steinplatte graviere und dann per DHL überbringen lasse ...
Zitat Sonst müsste auch das Aufheben von Zeitungsartikeln in Papierform verboten werden.
Das ist die logische Konsequenz aus dem Urteil. Da steckt ein unglaubliches Mißbrauchspotential drin.
Zitat von R.A. im Beitrag #18 Wieso macht das Grundbuchamt den Namen des Eigentümers (ohne Einwilligung) öffentlich?
Weil Publizität der Sinn und Zweck des Grundbuchs ist. Allerdings verlangt § 12 Abs. 1 GBO ein berechtigtes Interesse an der Einsicht. Reine Neugier reicht dafür nicht aus.
Außerdem hält das Grundbuchamt das Grundbuch zur Einsicht bereit, es veröffentlicht dessen Inhalt ja nicht in einem Amtsblatt o.Ä.
Zitat Und darf das Grundbuchamt diese Informationen künftig noch im Internet bereitstellen?
Davon gehe ich aus. Nur Google dürfte nicht darauf verlinken. Kleiner Scherz: Über das Internet erhalten ohnehin nur registrierte Nutzer Einsicht ins Grundbuch. Und Voraussetzung für den Erhalt eines solchen Zugangs ist ein berufliches Bedürfnis, das Grundbuch häufig zu konsultieren (wie es Notare, Rechtsanwälte, Banken haben).
Zitat Aber warum eigentlich ist das Informationsinteresse potentieller Geschäftspartner weniger wichtig als das Interesse des Geschäftsmanns, ärgerliche Stellen seiner Vergangenheit geheim zu halten? 16 Jahre sind im Geschäftsleben so viel nicht. WENN eine Zwangsversteigerung überhaupt relevant ist und öffentlich sein darf - DANN ist sie auch 16 Jahre später noch eine interessante Information.
Ich kann Dir da nicht widersprechen. Es handelt sich mal wieder um eine Wertungsfrage, die man mE vertretbarerweise so wie Du, aber auch anders lösen kann.
Zitat Politik und Justiz versuchen hier über den Umweg Google eine Geheimhaltung durchzusetzen, die an der Quelle einzuführen ein klar erkennbarer Verstoß gegen die Meinungsfreiheit wäre.
Da lauert ja schon das nächste Problem. Eine wirklich effektive Lösung wäre es nur, wenn der Name des Betroffenen auf dem Digitalisat unkenntlich gemacht würde. Aber der Name bleibt dort ja zu lesen, nur Google darf darauf nicht mehr verlinken. Es stellt sich also die Frage, ob der Trefferlöschauftrag an Google überhaupt geeignet ist, die Privatsphäre des Betroffenen zu schützen. Stadlers Hinweis auf die Parallelen zu den DNS-Sperren ist da wirklich sehr treffend, finde ich.
Zitat
Zitat von NoricusDas Verheerende ist, dass der EuGH durch seine - was die Voraussetzungen des Anspruchs auf Trefferentfernung betrifft - doch sehr sibyllinischen Bemerkungen eine massive Rechtsunsicherheit geschaffen hat.
Vielleicht sogar mit Absicht. "Bestrafe wenige, erziehe viele".
Der EuGH bestraft auch sich selbst, weil er durch diese Entscheidung gerade keinen acte éclairé geschaffen hat. Will heißen: Jeder letztinstanzliche nationale Richter, der nicht tollkühn ist und folglich keine Verletzung des Grundrechts auf den gesetzlichen Richter riskieren möchte, wird in einem Fall, der nicht haargenau gelagert ist wie der von uns besprochene, den EuGH um Vorabentscheidung ersuchen.
ERGÄNZUNG: Im deutschen Zwangsversteigerungsverfahren kommt man schon gemäß § 42 Abs. 1 i.V.m. § 19 Abs. 2 ZVG beim Vollstreckungsgericht an das Grundbuchsblatt. Hierfür muss man nicht einmal ein berechtigtes Interesse nachweisen, bei dem Rechtspfleger bisweilen eher streng sind. Interessante Entscheidung in diesem Zusammenhang: http://openjur.de/u/455938.html In Österreich wird nicht einmal ein berechtigtes Interesse gefordert (§ 7 GBG). In Spanien gibt es sicher auch eine Möglichkeit, an die Grundbuchsinformation zu gelangen, ohne dass in der Versteigerungsbekanntmachung der Name des Eigentümers genannt werden muss.
Zitat von patzer im Beitrag #16Wieso glaube ich nur,dass dieses Urteil(als Einstieg,da kommt noch mehr)die Eigenrecherche des normalen Internetnutzers ganz allgemein erschweren soll?
Ich denke, die Zielrichtung geht in diesem Fall eher gegen den großen Satan, lieber patzer.
"Endlich zeigt's denen mal einer" könnten viele denken. Ein Eindruck, den die europäischen Institutionen, inkl. EuGH ("draußen im Lande" wird das alles unter "Europa" zusammengeschmissen), recht gut gebrauchen können, heutzutage. Womöglich wurde maßgeblich daran gedacht, während man bei der eigentlichen causa, um die es ging, dementsprechend nicht so pingelig war, weil die Details "draußen im Lande" eh nicht ankommen und google (technisch trifft's auch bing et al., die sind aber nicht so sexy) man ruhig mal, zur allgemeinen Gaudi, einen finanziellen Schaden (qua absehbar zahlreicher Interventionserfordernisse bei den Suchalgorithmen) aufhalsen kann. Nach dem Motto: Was die zum Geldscheffeln machen, müssen se zum Geldverlieren auch mal leisten, was natürlich grundsätzlich auch stimmt, die werden das indessen schon überleben.
Das berühmte Häuser-Verpixeln bei street view, das die Leute massenhaft einfordern (in den USA kommt kein Mensch auf so ne Idee), obwohl das Verpixeln eher Schaden als Nutzen stiftet, macht die verbreitete Denkweise deutlich. Auf Jugenddeutsch: Ziemlich schizo mit 'ner Portion Paranoia. Das sind auch die Leitideen des Urteils, scheint mir.
Gut für's Europa-Image, für Rechtsstaatlichkeit eher weniger.
Zitat von Paul im Beitrag #19Kann es sein, dass nicht die Information gemeint ist, die ich über Google bekommen kann, sondern die vereinfachte und beschleunigte Zugriffsmöglichkeit, die durch Google ermöglicht wird?
Wenn denn eine Information legal ist - wieso kann dann der bessere Zugriff strafbar sein?
Lieber R.A., mit meiner Anmerkung wollte ich auf die Idiotie dieses Urteils hinweisen.
Das Urteil verfehlt nicht nur seinen Zweck, sondern erreicht genau das Gegenteil.
Bisher wusste ich von der Zwangsversteigerung des Hauses des Herrn Gonzalez nichts. Erst durch dieses Urteil habe ich davon erfahren. Sicherlich noch sehr viele andere auch. Der Vorfall wurde also nochmal in die Öffentlichkeit gezerrt.
Da das Gerichtsurteil, welches auf den Versteigerungssachverhalt bezug nimmt, nun auch bei Google mit Herrn Conzalez verknüpft wird, hat er sich erneut mit der Zwangsversteigerung verknüpft. Oder verbietet das Gericht nun auch die Verknüpfung des Namens mit dem Gerichtsurteil? Meine Oma hätte gesagt: "Der Quatsch wird immer quätscher."
Herr Gonzalez hat sich einen Bärendienst erwiesen.
Übrigens mit einem derart dummen Geschäftsmann würde ich überhaupt keine Geschäfte machen.
Auch der Richter scheint nicht der Intelligenteste zu sein. Er ist sicherlich ideologisch belastet und sollte deshalb von der Rechtsprechung fern gehalten werden.
Deutschland sollte die EU schnellstens verlassen. Der Fisch fängt immer am Kopf an zu stinken.
Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #23 Das berühmte Häuser-Verpixeln bei street view, das die Leute massenhaft einfordern (in den USA kommt kein Mensch auf so ne Idee), obwohl das Verpixeln eher Schaden als Nutzen stiftet, macht die verbreitete Denkweise deutlich.
Nicht nur in den USA kommt kein Mensch auf so ne Idee. Eigentlich ist das mal wieder eine deutsche Spezialität gewesen.
Schauen Sie sich einmal Google Maps aus ausreichender Höhe an, so dass Sie ganz Europa im Blick haben. (ich hoffe, dieser Link liefert das richtige Bild: https://www.google.de/maps/@54.5762208,22.443568,4z?hl=de ). Wenn Sie dann das gelbe "Street View-Männchen" rechts unten anklicken, dann wird Ihnen angezeigt, wo überall Street View verfügbar ist. Ergebnis: Mehr oder weniger in ganz Europa vom Nordkap bis Sizilien und von Irland bis Moskau. Selbst in irgendwelchen fast unbewohnten Gebieten wie Lapland ist noch der letzte Feldweg erfasst. Relevante Ausnahmen sind die Ukraine, Weißrussland und Teile des Balkans. Ansonsten klafft in der EU eigentlich nur ein großes Loch: Deutschland (mit Ausnahme einiger weniger Großstädte) und Österreich.
Logischerweise wäre es für Google viel interessanter/lukrativer, die dicht besiedelten europäischen Kernregionen zu erfassen als irgendwelche Feldwege auf Sizilien. Dass man irgendwann das Google Streetview-Projekt in Deutschland eingestellt hat, lag halt an den vielen Spinnern hierzulande. Der Stadtrat meiner Heimatstadt war sich nicht zu blöd, Google einen Verpixelungsbefehl für die Rathaus-Fassade zu erteilen. Irgendeine Privatsphäre konnte da wohl kaum betroffen sein. (Und umgekehrt werden natürlich für viel Geld Fremdenverkehrsbroschüren produziert, wo dann just dieses Rathaus abgebildet ist. Den Werbeeffekt für den Tourismus hätte Google umsonst geliefert - aber man wollte halt nicht).
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