Zitat von adder im Beitrag #24 Lieber Llarian, auch wenn ich die "Watte-Behandlung" der Täter hier in DE wahrscheinlich genauso kritisch sehe wie Sie: warum spricht denn eine härtere Bestrafung gleich für die Todesstrafe?
Tut sie ja nicht, den Einwurf mit der Todesstrafe hat Kritiker eingeworfen, lieber adder. In dem von Ihnen zitierten Absatz geht es auch nicht um Strafe sondern um die Frage, ob man sich auch mit tödlichen Mitteln verteidigen kann und sollte. Der mögliche Tod des Agressors wird dabei billigend in Kauf genommen, aber nicht zwangsläufig beabsichtigt. Im Gegenteil würde das gezielte Töten eines nicht mehr wehrfähigen Täters in Amerika genauso als Mord interpretiert wie hierzulande.
Danke für den Hinweis - ich hatte das nicht gesehen. Ich halte es für durchaus gerechtfertigt, sich und die seinen (angemessen*) zu verteidigen - ebenso wie ich es für verwerflich und falsch halte, einen wehrlosen zu töten oder zu verletzen. *Einen bewaffneten Agressor zu erschießen, weil man sich in einer Notwehrsituation befindet, ist angemessen. Einen unbewaffneten Einbrecher zu verletzen, weil man eine Schusswaffe hat, ist es nicht.
Zitat Ihrer Einschätzung der Todesstrafe stimme ich unbedingt zu, wenn auch aus völlig anderen Gründen. Ich komme mit anderen Argumenten zum selben Ergebnis, erlauben Sie mir dennoch, "for the sake of argument" einige ihrer Argumente in Frage zu stellen (ich weiss, das hat was von Schattenboxen, wenn man im Grunde einer Meinung ist):
Zitat - ihre Abschreckungswirkung, gerade in Bezug auf Serientäter, ist deutlich geringer als immer angenommen - effektiv wird bezweifelt, ob ihre Abschreckungswirkung belegbar ist
Zumindest kann man davon ausgehen, dass ihr Abschreckungswirkung nicht geringer ist als ihre Alternative (die lebenslange Haft). Als Argument gegen die TS ist es damit schwierig, denn wo ist der Schaden, wenn die Abschreckungswirkung eben nicht noch höher ist, vorhanden ist sie allemal. Ich persönlich glaube das Abschreckungswirkung generell weit überschätzt wird, da die meisten Verbrecher nicht kalkulieren erwischt zu werden. Die allermeisten Mörder glauben sie kommen davon.
Das ist richtig - aber es wird von Seiten der Befürworter immer mit der höheren Abschreckungswirkung argumentiert. Da diese aber nicht gegeben ist, ist dieses Argument der Befürworter nicht viel wert.
Zitat
Zitat - sie ist endgültig - und gerade in Teilen der USA sehen wir sehr gut, dass es immer wieder - aus verschiedensten Gründen - zu Fehlurteilen kommt und tatsächlich Unschuldige dann hingerichtet werden würden [den Göttern sei Dank wird die Strafe sehr spät vollstreckt - und sehr häufig konnten diese Fehlurteile dann noch korrigiert werden -
Dem würde ich ebenso widersprechen, denn eine Korrektur ist auch bei einer falschen Haftsstrafe nicht möglich, allenfalls eine Kompensation. Sehen Sie sich deutsche Justizirrtümer an: Harry Wörz hat jahrelang unschuldig gesessen, sein Leben ist immernoch zerstört. Er lebt noch, ja, aber keiner kann das wieder gut machen, was ihm wiederfahren ist. Horst Arnold sass fünf Jahre unschuldig eine Strafe ab und ist am Ende wohl auch an der ganzen Geschichte gestorben. Wer gibt ihm sein Leben wieder ? Wenn man Justiz will, dann lebt man auch mit dem Risiko des Justizirrtums, und der ist eigentlich immer irreversibel. Wenn Sie lebenslang unschuldig im Knast sitzen ist das auch nicht reversibel. Ich räume selbstredend ein, dass die Folgen bei einer TS weit gravierender sind, aber man sollte nicht so tun, als sei das Problem des Justizirrtums in erster Linie ein Problem der TS.
Auch hier stimme ich bedingt zu. Dass die Kompensation von Justizirrtümern nicht ausreichend ist, sollte man korrigieren. Aber im Gegensatz zur Todesstrafe ist eine zu Unrecht ausgesprochene Haftstrafe immerhin noch kompensierbar.
Zitat
Zitat - sie ist in keiner Weise modulierbar, sondern vielmehr immer gleich (gut - die Todesart wäre variabel, aber die einzelnen Bundesstaaten haben eigentlich immer nur eine Art) und damit läßt sie sich fast gar nicht an veränderte Tatbestände anpassen - während man im Haftstrafenbereich durchaus einige Möglichkeiten der Varianz hat.
Härter als lebenslang ohne Möglichkeit der Begnadigung ? Wie soll das gehen, ohne die Folter wieder einzuführen ? Es ist tatsächlich so, dass der Massenmörder am Ende genauso bestraft wird wie der einfache Mörder. Das ist auch in den meisten Ländern so, die keine Todesstrafe kennen.
Zum einen sind "Massenmörder" in den meisten Fällen geistig krank - eine Todesstrafe würde sich in einigen US-Staaten also auch nicht durchführen lassen, auf jeden Fall jedoch nicht in Europa, selbst wenn wir hier noch eine TS hätten. Zum anderen gibt es mit Einzelhaft und anderen Methoden auch Variationen jenseits der Folter. Natürlich müsste man dazu sein gesamtes Strafsystem überarbeiten, und man müßte sich von liebgewonnenen Eigenheiten wie Schwerverbrecherknäste mit Luxuszellen verabschieden (ok, die gibt es in den USA ohnehin nicht so wie hier).
Zitat
Zitat Nun, ganz abwegig ist die Aussage des Kritikers in diesem Fall nicht - wenn auch massiv überspitzt. Hier wird beschrieben, dass Weiße 20% kürzere Strafen erhalten als Schwarze.
Und was sagt das über das Opfer ? Sehen Sie sich die Aussage des Kritikers noch einmal genau an, er beschreibt Rechte des Täters und des Opfers(!). Die von Ihnen angeführten Papiere sagen aber nur etwas über verschiedene Täter. Es ist dem Anwaltswesen gemein, dass man für mehr Geld auch eine bessere Vereidigung bekommt, somit wird der reichere Täter besser behandelt als der ärmere. Das ist systemimmanent. Und in Deutschland nicht anders. Aber Kritiker behauptet hier, dass reiche Täter über den Rechten der Opfer stehen würden. Und das halte ich für etwas sehr abwegig. Aber ich lasse mir gerne gegenteiliges beweisen. Ich wüsste nicht, dass die Amerikaner in ihrer Justiz beispielsweise mit einem Vergewaltigungsopfer besonders böse umgehen, wenn der Täter reich ist. Es gibt auch durchaus einige spektakuläre Beispiele, die das belegen. Das amerikanische Justizsystem ist stark an den Rechten der Opfer angelehnt. Im Unterschied zum deutschen.
So gesehen haben Sie natürlich recht. Ich hielt die Aussage für überspitzt, im Kern jedoch die Ungleichbehandlung von Tätern kritisierend. Allerdings halte ich es für extrem opferfeindlich, wenn ein Täter freigesprochen wird, nur weil er einen guten Anwalt hatte. Ich gebe aber freimütig zu, dass es manchmal sehr schwierig ist, zwischen "guten Anwalt haben", "zu wenig Beweise für Verurteilung" und "nicht schuldig gewesen" zu unterscheiden.
Zitat Erstaunlich finde ich eher immer wieder, dass den Amerikanern die Rechtssysteme anderer Länder eher seltsam vorkommen, sie aber diese als gegeben ansehen, während zumindest in Deutschland gerne herablassend über die amerikanische Micky-Mouse-Justiz gelästert wird.
Das ist wieder "typisch deutsch". Einmal ganz davon abgesehen, dass die meisten Elemente des amerikanischen Rechtssystems aus den Mutterlanden der 13 Kolonien stammen, und somit vor allem ehemaliges Europäisches Recht widerspiegeln - es ist halt der Konflikt "angelsächsisches Recht" gegen "römisches Recht". Aber die Deutschen sehen gerne auf alles herab, was sie nicht kennen - "am Deutschen Wesen soll die Welt genesen"... Teile unserer Gesellschaft sind eben seit mehr als Hundert Jahren nicht moralisch gewachsen - und damit meine ich nicht den liberalen oder libertären Teil.
Zitat von Llarian aus dem BlogbeitragUnd wir werden ein zweites Goslar erleben und ein drittes
Es gibt wohl eine deutsche Abneigung gegen die USA und da können die US-Amerikaner machen was sie wollen. Zettels Lieblingsinformationsquelle - Stratfor - hat schon vor der Ukraine-Krise vorausgesagt, daß bis etwa 2013 sich Deutschland von den USA gelöst haben wird und ein Parteigänger Rußlands geworden ist. Dies quasi bestätigend sehen wir doch, daß in geradezu verstörender Weise sowohl vom linken als auch rechten Spektrum eine Unmenge Verständnis für die Vorgehensweisen Putins geäußert wird. Von Linken wird immer wieder getadelt, daß der Regierung in Kiew (von denen so identifizierte) Faschisten angehören ohne zu artikulieren, daß bei gleich strenger Anwendung der Kriterien eher das Putin-Regime als faschistisch deklariert werden müßte. Selbst wenn man (in völlig hirnrissiger Weise) die USA als Diktatur betrachtet, macht es doch eigentlich keinen Sinn sich mit der militärisch schwächeren aber weit entschlosseneren Diktatur zu verbünden.
Das wird wohl so geschehen und dieser Zug ist wohl uneinholbar abgefahren.
__________________________________________ Wegen der aktuellen Krise werde ich fortan Krimsekt, russischen Kaviar, russische Puppen, russische Eier und Boeuf Stroganoff boykottieren
Zitat von AldiOn im Beitrag #27Es gibt wohl eine deutsche Abneigung gegen die USA und da können die US-Amerikaner machen was sie wollen.
Im Wesentlichen: Ja. Aber auch ein bischen nein. Zum einen denke ich, dass die Amerikaner gut daran täten nicht denjenigen auch noch Munition in die Hand zu geben, die gegen sie hetzen. Das Verhalten der Amerikanern in der NSA Affäre ist kurzsichtig und dumm. Wenn ich dabei erwischt werde jemanden zu bespannen, dann sollte ich nicht noch erklären, dass das mein Recht ist. Es gibt sowohl Deutsche, die was gegen die Amis haben, als auch solche, die nix gegen die Amis haben. Und das jetzige Verhalten macht es den letztgenannten deutlich schwerer. Zum anderen war das ja nicht immer so. Die Deutschen und die Amerikaner hat in den 60er oder 70er Jahren eine tiefe Völkerfreundschaft verbunden. Es gab damals durchaus auch in Amerika die Ansichtsweise "eines weiteren Bundesstaates in Europa". Und auch bin ich in diesem Bewusstsein groß geworden und erzogen worden. Es gab damals eine Verbundenheit, die man auch in Zeitungen dieser Zeit gut dokumentiert findet. Diese Stimmung hat sich irgendwann, auch gerade im Zuge der 68er und dem massiven Linksruck, gewandelt. Die deutsche Einheit hat ebenso dort massiv reingeschlagen, weil in der DDR die Amerikaner immer noch ziemlich verhasst waren.
Das muss aber nicht so bleiben. Die Amerikaner sind die natürlichen Verbündeten der Deutschen, auch wenn die das nicht alle sehen. Stimmungen können sich auch wieder wandeln.
Zitat Das wird wohl so geschehen und dieser Zug ist wohl uneinholbar abgefahren.
Das glaube ich nicht. Linke Rezepte funktionieren nicht und wenn Deutschland sich mal wieder auf die Nase legt, weil es immernoch nix aus der DDR gelernt hat, dann wird das Pendel auch wieder in die andere Richtung schwingen.
Zitat von Llarian im Beitrag #28dann wird das Pendel auch wieder in die andere Richtung schwingen.
Wenn die US-Amerikaner dann noch was mit uns zu tun haben wollen. Im übrigen sind solche Pendelschwingungen auch immer eine Sache von Jahrzehnten.
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Zitat von Llarian im Beitrag #28dann wird das Pendel auch wieder in die andere Richtung schwingen.
Wenn die US-Amerikaner dann noch was mit uns zu tun haben wollen. Im übrigen sind solche Pendelschwingungen auch immer eine Sache von Jahrzehnten.
In den USA sollen künftig zumindest neue Schwingungen einfliessen, denn einen Militäreinsatz ohne Bedrohung der USA soll es zukünftig nicht mehr alleine geben. So Obama heute in einer Grundsatzrede in WestPoint:
US-Präsident Barack Obama hat den weltweiten Führungsanspruch Washingtons bekräftigt. „Amerika muss auf der Weltbühne immer führen. Wenn wir es nicht tun, tut es kein anderer“, sagte er in einer außenpolitischen Grundsatzrede in der Militärakademie West Point. „Isolation ist keine Option.“
Militär sei „das Rückgrat dieser Führerschaft“, fügte er hinzu.
Obama verteidigte auch die Sanktionspolitik gegen Russland wegen der Ukraine-Krise. Die Strafmaßnahmen der internationalen Gemeinschaft würden Russland treffen und der Ukraine helfen , „ohne dass ein Schuss gefallen ist“, sagte er mit Blick auf Kritiker im eigenen Land. Er fügte hinzu: „Das ist amerikanische Führung.“
Zugleich lehnte Obama künftige einseitige US-Militäreinsätze der USA bei Krisen in der Welt ab. Wenn Probleme keine direkte Bedrohung für die USA seien, dann müsse die Schwelle für Militäroperationen höher liegen. „Unter solchen Umständen sollten wir es nicht alleine machen.“
♥lich Nola
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Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken. Zettel im August 2008
Den Titel des Beitrags finde ich sehr gut gewaehlt. Lieber Llarian,
Zitat Diese Stimmung hat sich irgendwann, auch gerade im Zuge der 68er
das stimmt, es war eine Folge des unsinnigen Vietnamkrieges. Habe etwas schlucken muessen angesichts der Kritik der Verweigerung Schroeders an der Teilnahme am Irak-Krieg. Ist es nicht ein wenig , gelinde gesagt, menschenunfreundlich, einen Krieg gegen ein Land zu fuehren, das einem, unwissenschaftlich kurz zusammengefasst, nun so gar nichts getan hat? Damit eine Unzahl von Opfern hinzunehmen und ein unglaubliches Chaos zu hinterlassen? Wenn sich ein 300Mio- Volk von einem 30Mio-Volk "bedroht" fuehlt, ist das nicht ausgesprochen laecherlich, zumal auf die Entfernung? Die Kritik an Amerika hat zugenommen in den letzten Jahrzehnten, das ist richtig. Liegt die Ursache nicht darin mit begruendet, dass ein Eingreifen der Amerikaner, ob mit oder ohne Nato, so gut wie gar nicht in den Laendern (Libyen, Irak, Afghanistan) irgend etwas zum Besseren bewegt hat? Von lediglich sanktionierten Laendern wie Kuba oder Iran, jetzt grade Russland, ganz zu schweigen? Obama hat gerade den Anspruch der Amerikaner bekraeftigt, sich ueberall einzumischen. Er vergisst dabei lediglich, dass genau dies von einer steigenden Zahl der Anderen weder gern gesehen noch schweigend hingenommen wird. Die Konsequenzen sind eher erschreckend.
Zitat von crastro im Beitrag #31Den Titel des Beitrags finde ich sehr gut gewaehlt.
Das wundert mich jetzt nicht unbedingt, lieber crastro, nur denke ich, ist er anders gemeint, als sie ihn verstehen. Ich beziehe mich im Wesentlichen auf den derzeitigen Präsidenten, dessen Politik von einer unglaublichen Dummheit geprägt ist. Ich bin mir insofern etwas unsicher, ob wir da das selbe Spinnen meinen.
Zitat das stimmt, es war eine Folge des unsinnigen Vietnamkrieges.
Schon das glaube ich nicht. Die Amis waren der deutschen Linken auch weit vor Vietnam schon verhasst, nur war die Linke eben vor 68 gesellschaftlich ziemlich isoliert, aber vor allem nie tonangebend. Insgesamt stellt Vietnam auch keine Besonderheit dar, vielleicht mit dem einen Unterschied, dass Amerikaner normalerweise keine Kriege verlieren und insofern ein sehr negatives Narrative entstanden ist. Das verliert sich aber irgendwann in der Deutung. Entscheidend scheint mir zu sein, das sich Deutschland seit den 68ern auf einem konsequenten Linkskurs befindet und dieser Linkskurs ursächlich ist für das Aufkeimen des Antiamerikanismus. Will sagen: Es wäre so oder so passiert, egal wie sich die Amerikaner verhalten. Der Hass, der sich in linken Medien (inzwischen in Deutschland eine breite Mehrheit) auf die Amerikaner ergiesst hat nichts mit Vietnam zu tun, Vietnam geht den allermeisten Deutschen, genauso wie der Presse, am Popo vorbei. Das ist heute nicht anders als damals.
Zitat Ist es nicht ein wenig , gelinde gesagt, menschenunfreundlich, einen Krieg gegen ein Land zu fuehren, das einem, unwissenschaftlich kurz zusammengefasst, nun so gar nichts getan hat? Damit eine Unzahl von Opfern hinzunehmen und ein unglaubliches Chaos zu hinterlassen?
So unglaublich ist das gar nicht und gemessen an den Opfern Saddam Husseins sind die Amerikaner noch ziemlich unschuldig. Vielleicht mit dem Unterschied, dass die Amerikaner im Wesentlichen Krieg gegen Soldaten und Freischärler geführt haben, während sich Hussein eher auf das Ermoden von Zivilisten spezialisiert hatte. Man muss kein Freund von Kriegen sein, um zu sehen, was die Alternative dazu ist und diese Alternative deutlich schlechter zu finden. Die Nazis hatten den Amerikanern im zweiten Welt auch nix getan und dennoch ist der Kriegseintritt der Amerikaner wohl nur zu begrüssen, obschon das einige Millionen Deutsche das Leben gekostet hat (naja, in Deutschland ist das vielleicht auch bald eher eine Mindermeinung). Vielleicht ein anderes Beispiel am Rande: Nordkorea ist auch keine echte Bedrohung für die Amerikaner. Und ausser groß rumtönen hat Kim Jong Un den Amis auch nix getan. Und trotzdem habe ich die schwere Vermutung, dass die Welt ein besserer Ort wäre, wenn die Amis den Spuk in Nordkorea beenden würden. Wobei ich mir sicher bin, das würde man in Deutschland auch wieder ganz furchtbar finden.
Zitat Die Kritik an Amerika hat zugenommen in den letzten Jahrzehnten, das ist richtig. Liegt die Ursache nicht darin mit begruendet, dass ein Eingreifen der Amerikaner, ob mit oder ohne Nato, so gut wie gar nicht in den Laendern (Libyen, Irak, Afghanistan) irgend etwas zum Besseren bewegt hat? Von lediglich sanktionierten Laendern wie Kuba oder Iran, jetzt grade Russland, ganz zu schweigen?
Ich glaube tatsächlich das die Welt ohne das Eingreifen der Amerikaner ein deutlich schlechterer Ort wäre. Ich glaube ohne das die Amerikaner ihren Schutz für Taiwan erklärt hätten, Taiwan heute eine Kolonie von China wäre. Das Südkorea heute zum Reich der Kims gehören würde. Das die UDSSR heute noch existieren würde. Und die deutsche Teilung noch immer Realität wäre. Wer in der Welt eine bestimmende Politik ausführen möchte, der muss auch ab und zu handeln. Sonst wird er nämlich nicht ernst genommen (so wie Europa zum Beispiel). Das Sie die negativen Beispiele aufzählen, wo es eben nicht gut funktioniert hat, ist natürlich einfach. Aber eben auch nur die halbe Wahrheit. (Ein kleiner Gedanke am Rande dazu: Ich glaube der "Fehler" der Amerikaner bestand und besteht darin, dass sie geglaubt haben (und immer noch glauben) man könne in einem islamischen Land das selbe Nation Building betreiben, wie das in Deutschland oder in Japan funktioniert hat. Deswegen auch die negativen Beispiele (Kuba ist ja gerade kein Beispiel für ein Eingreifen, sondern verheerende Folgen, weil eben nicht (!) eingegriffen wurde und die typisch kommunistische Gewaltherrschaft in ihrer ganzen Pracht erblühen durfte und immer noch erblüht). Allerdings muss man sagen, die Europäer sind da genauso dämlich. Sie glauben nur sie könnten mit netten Worten erreichen was die Amerikaner mit Waffen nicht schaffen. Was eigentlich sogar noch dümmer ist.)
Zitat Er vergisst dabei lediglich, dass genau dies von einer steigenden Zahl der Anderen weder gern gesehen noch schweigend hingenommen wird.
Und ich glaube hier fallen Sie doch ein bischen der deutschen Propaganda anheim. Nicht jeder sieht das, was die Amerikaner tun, so negativ. Die Briten, die Australier, Kanadier, Neuseeländer wie auch die Israelis sind die natürlichen Verbündeten der Amerikaner. Und auch die Japaner, Südkoreaner und Taiwanesen sind nicht unglücklich, dass sie die Amerikaner im Rücken haben. Auch in Osteruopa ist die Sicht auf die USA eine ganz andere. Auch eine ganz andere als beispielsweise noch vor 30 Jahren.
Vielleicht noch eine kleine Abschlussbemerkung: Auch wenn ich das derzeitige Verhalten der Amis (massiv) kritisiere, habe ich immer ein seltsames Gefühl bezüglich der deutschen Arroganz den Amerikanern gegenüber. Ohne die Amerikaner würde es das heutige Deutschland nicht geben. Wir würden entweder unter einer Gewaltdiktatur der Nazis leben, oder wären, wenn es nach den Wünschen unserer "Freunde" aus Frankreich gegangen wäre, als deindustrialisierter Argarstaat fristen (Morgentau-Plan) oder wären eine Aussenkolonie der Russen. Dieses Land verdankt seine Existenz in Freiheit gleich in mehrfacher Form den Amerikanern. Es täte den Deutschen manchmal ganz gut darüber nachzudenken, dass, wenn die Amerikaner sich dem deutschen Wunsch gemäß, nirgendwo einmischen würden, wir ein sehr dunkles Leben führen würden. Wenn das deutsche Feuilleton die Amerikaner im letzten Jahrhundert bestimmt hätte, dann wäre die Welt heute eine sehr, sehr dunkle.
Zitat Ich beziehe mich im Wesentlichen auf den derzeitigen Präsidenten, dessen Politik von einer unglaublichen Dummheit geprägt ist.
nein, da meinen wir beide schon denselben Menschen. In anderen Punkten sind wir, warum auch nicht, verschiedener Ansicht.Altmodischerweise haenge ich der Meinung nach, die jeweiligen Laender sollten und muessten ihre Probleme selbst, sprich intern loesen. Wobei es Ausnahmen geben kann - der 2.WK war eine solche. Aber heute? Wir brauchen keine "Weltpolizei", aber falls doch, dann sicherlich keine, deren Vorstellungen vom Voelkerrecht, Freiheit und Demokratie sehr stark vom Eigennutz gepraegt sind und dementsprechend sozusagen nach Bedarf geaendert werden. Das sehen Sie wohl anders. Das ist gut so, da lassen sich die verschiedenen Ansichten austauschen und ich kann dabei etwas dazu lernen - deshalb lese ich hier gerne mit.
Zitat von crastro im Beitrag #33 Altmodischerweise haenge ich der Meinung nach, die jeweiligen Laender sollten und muessten ihre Probleme selbst, sprich intern loesen.
Als "kernüberzeugter" Liberaler habe ich dem auch lange angehangen. Aber ich habe für mich im Laufe von Jahren irgendwann festgestellt, dass es nicht wirklich funktioniert. Die Nordkoreaner sind eben nicht in der Lage ihr Problem selbst zu lösen. Das dritte Reich auch nicht. Kuba schafft es ebenso nicht. Und wenn ich über die halbe Welt gehe finde ich nahezu Dutzende Beispiele, wo es eben nicht funktioniert. Man braucht nicht einmal ewig weit in die Vergangenheit zu gehen, so lange sind die Killing Fields nicht her, so lange ist der Völkermord von Ruanda nicht her und das Beispiel Nordkorea zeigt ja auch, dass sowas auch durchaus über Jahre recht stabil funktioniert. Es ist schwer eine Antwort darauf zu finden, denn einzugreifen kann und ist oftmals nicht besser als daneben zu stehen. Wichtig erscheint mir, dass auch Danebenstehen ein Handeln ist. Und nicht unbedingt das bessere. Es mag sein, dass Nordkorea irgendwann die Kims stürzen wird, es mag auch sein, dass in Kuba irgendwann frei sein wird, aber wieviele Millionen werden bis dahin gestorben sein, gefoltert, ermordet oder verhungert ? Für die kommt das dann zu spät.
Zitat Wobei es Ausnahmen geben kann - der 2.WK war eine solche.
In der Retrospektive sicher. Aber das ist leicht gesagt, wenn man gewonnen hat und das Ergebnis für alle Seiten eher positiv war. Aber auch das Eingreifen im zweiten Weltkrieg hätte Katastrophen nach sich ziehen können. Und es hat auch einige Millionen ("Unzahl") an Menschen das Leben gekostet.
Zitat Aber heute? Wir brauchen keine "Weltpolizei", aber falls doch, dann sicherlich keine, deren Vorstellungen vom Voelkerrecht, Freiheit und Demokratie sehr stark vom Eigennutz gepraegt sind und dementsprechend sozusagen nach Bedarf geaendert werden.
Die Frage ist: Wer macht es sonst ? Ein jeder von uns, genauso wie eine jede Nation, handelt aus Eigennutz, alles andere ist, sorry der Deutlichkeit der Worte wegen, Unfug. Die Europäer handeln mit ihrem internationalen Engagement nicht ein bischen weniger aus Eigennutz als es die Amerikaner, die Russen oder die Chinesen tun. Das alleine muss nicht negativ sein. Wenn ich einem Verdurstenden eine Flasche Wasser verkaufe, handele ich aus Eigennutz, aber dennoch wird jemand vor dem Verdursten gerettet. Die Amerikaner glauben es ginge Ihnen besser, wenn alle auf der Welt demokratisch wären und viel Handel mit Amerika treiben würden. Auch das ist ein egoistisches Motiv, aber nicht unbedingt in der Wirkung falsch. Als die Amis den Deutschen nach dem zweiten Weltkrieg den Marshallplan aufstülpten, taten sie das aus reinem Eigennutz, das heisst nicht, dass das nicht sehr gut für die Deutschen war. Ich versuche die Amerikaner weniger nach ihren Motiven zu bewerten als nach dem, was unterm Strich rausgekommen ist. Und da sehe ich eine eher positive als negative Bilanz.
Zitat Das sehen Sie wohl anders. Das ist gut so, da lassen sich die verschiedenen Ansichten austauschen und ich kann dabei etwas dazu lernen - deshalb lese ich hier gerne mit.
Das freut mich, lieber crastro. Denn das kleine Zimmer soll ja gerade dazu dienen auch verschiedene Ansichten darlegen zu können. Ich würde mir manchmal wünschen das hier mehr unterschiedliche Ansichten diskutiert würden, denn auch wenn wir - so denke ich - eine offene Runde sind, so neigen viele hier zu einer bisweilen ähnlichen Meinung. Insofern ist eine andere Sicht der Dinge zumindest mir sehr willkommen.
Zitat von Llarian im Beitrag #34Als die Amis den Deutschen nach dem zweiten Weltkrieg den Marshallplan aufstülpten, taten sie das aus reinem Eigennutz, das heisst nicht, dass das nicht sehr gut für die Deutschen war.
Diesbezüglich gibt es, gerade bei den Deutschen, gern einen Tunnelblick. Die Hauptnutznieér des Marshallplans waren keineswegs die Deutschen, sondern, gemäß dem Bericht der Statistics & Reports Division der Agency for International Development vom 17.11.1975 (für den Zeitraum vom 3. April 1948 - 30. Juni 1952):
England mit 3,1898 Mrd. $ Frankreich: 2,7136 Mrd. Italien: 1,1508 Mrd. mit der Bundesrepublik Deutschland an 4. Stelle mit 1,3906 Mrd. $ http://pdf.usaid.gov/pdf_docs/PDACS197.pdf
Das Ziel des Marshallplans war die Anschiebung einer wirtschaftlichen Renaissance in Europa; D kam mit hinein, weiles für die Umländer vor dem Krieg der größte Exportmarkt gewesen war. Die Hoffnung, Westbindung & Verhinderung von brauner Nostalgie durch Wegfall von Kontingentierung & Schwarzmarkt als Kollateralnutzen mitzunehmen, spielte nur ziemlich unterschwellig mit, wenn man sich die Stimmungsberichte zwischen 48-51 in der amerikanischen Presse anschaut. (Das Thema "Reeducation" war - in dieser Medienecke - seit Mitte 46 mausetot.) Die außenpolitisch neuralgischen Themen 1946 bis zum Koreakrieg sind die UNO bzw. die Frage, wie sich die Ex-Kolonien/Neuen Nationen positionieren - und der Eiserne Vorhang. 3 Beispiele für "versuchte Interventionen", die organisatorisch & materiell untermotorisiert waren & darauf hinausliefen, daß "die Sache nationenintern geregelt wurde" (alle 3 Fälle mit starker Beteiliung der USA!): am bekanntesten sicher die Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg (die Iren hatten, irgendwie typisch, sogar 2: eine auf Seiten der Republik & eine für Franco ) - der Preis für einen Sieg wäre wohl gewesen, daß Stalin eine Basis in Westeuropa gewonnen hätte; am wirkungslosesten die Unterstützung Tschiang Kai-Tscheks durch die Brigade General Stillwells nach 1945 in China; am Vergessensten: das allierte Eingreifen (auf 4 Fronten!) im russischen Bürgerkrieg auf der Seite der Weißen (u.a. 40000 Engländer, 13000 Amerikaner, 12000 Franzosen); den einzigen längeren Erfolg konnten die Japaner erreichen (mit 70000 Soldaten), die Wladiwostok bis zum Sommer 1922 halten konnten.
Zitat von Llarian im Beitrag #34Die Nordkoreaner sind eben nicht in der Lage ihr Problem selbst zu lösen.
Die ausgeblutete Bevölkerung wohl nicht - das Militär wäre dazu in der Lage, ist aber aus verschiedenen Gründen (wohl die wichtigsten sind die Verstrickung ins Regime und die Verwandschaft zum "geliebten Führer") nicht willens dazu.
Zitat Das dritte Reich auch nicht.
Versuche, das Problem zu lösen, gab es haufenweise - vom einsamen Bombenattentäter über diverse Umsturzversuche aus den Reihen des Militärs bis hin zu Geheimnisverrat an die Soviets [Richard Sorge] - und vor allem von Anfang an. Allein, Hitler überlebte jeden einzelnen Anschlag unversehrt und Geheimnisverrat braucht immer auch jemanden, der diesen nutzt.
Zitat Kuba schafft es ebenso nicht.
Da wäre ich mir im Moment nicht so sicher. Die kleinen Öffnungen, die das Regime zulässt, werden von den Kubanern begeistert genutzt. Raoul Castro ist auch nicht der Betonkopf, der sein Bruder Fidel ist - alles in allem ähnelt die Situation in Kuba im Moment der der Sovietunion unter Breshnew oder später unter Gorbatschow. Es kann mit Perestroika in den Regimewechsel oder mit eiserner Hand in die Restauration gehen.
Zitat Und wenn ich über die halbe Welt gehe finde ich nahezu Dutzende Beispiele, wo es eben nicht funktioniert. Man braucht nicht einmal ewig weit in die Vergangenheit zu gehen, so lange sind die Killing Fields nicht her
das verbrecherische Regime der Roten Khmer wurde von den ideologisch nahestehenden Nachbarn aus Vietnam genau deswegen ja auch beendet. Die Vietnamesischen Kommunisten waren keine Waisenknaben, was Härte, Folter und politischen Mord betraf, aber selbst sie waren von diesem Exzess so sehr abgestossen, dass sie militärisch handelten, als sie die Gelegenheit sahen. Man sollte aber auch nicht vergessen, dass die späteren Greuel der roten Khmer nur aufgrund der Unterstützung derselben durch verschiedene andere Staaten [und sogar der UN] möglich waren.
Zitat so lange ist der Völkermord von Ruanda nicht her
Ruanda ist aber auch ein sehr gutes Beispiel dafür, dass ein Land seine Greuel und seine Probleme durchaus selbst zu lösen in der Lage sein kann - immerhin war der Völkermord der Anfang vom Ende der Hutu-Herrschaft. Die Tutsi-Minderheit hat sich nicht zur massiven Rache hinreissen lassen. Trotzdem bleibt natürlich das Nichteingreifen dort ein wirklich schwarzer Fleck.
Zitat Es ist schwer eine Antwort darauf zu finden, denn einzugreifen kann und ist oftmals nicht besser als daneben zu stehen. Wichtig erscheint mir, dass auch Danebenstehen ein Handeln ist. Und nicht unbedingt das bessere.
Korrekt. Jedes Nichteinmischen ist eine Entscheidung, genau wie jedes Einmischen. Von Fall zu Fall kann das eine oder das andere die richtige Entscheidung (gewesen) sein. Beurteilen kann man meist erst im Rückblick. Wie sich die europäische Geschichte entwickelt hätte, wenn die Briten und Franzosen bereits beim Einmarsch in das bis dahin de-militarisierte Rheinland militärisch gegen Hitler vorgegangen wären, können wir nicht mehr erfahren. Wir wissen aber, dass dieses wahrscheinlich Millionen das Leben gerettet hätte, und auf der anderen Seite mit Sicherheit jemand nachträglich gesagt hätte, dass es zehntausenden das Leben gekostet hat.
In Spiegel online ist derzeit ein Artikel zu lesen, dessen Überschrift alleine bereits sehr viel über den Blick der Deutschen auf Amerika, wie auch das Selbstbild der Deutschen aussagt:
Zitat von Spiegel onlineAmerikas letzter guter Sieg
Vielleicht entschließen sich die beiden Autoren ja zu einem weiteren historischen Artikel mit einer ähnlichen Überschrift, zum Beispiel: "Deutschlands letzte böse Tat."
Ich bin fest davon Überzeugt, die beiden Autoren haben auch nicht den Hauch einer Ahnung, welche Anmaßung sie sich mit einer solchen Überschrift erlauben. Ich muß deswegen einfach einmal kund tun, wie sehr mich diese Selbstgefälligkeit anwidert, die heutzutage so en vogue ist und wie sehr mich diese geschichtsblinde Dummheit ärgert, die jeder bei sich selbst für Klugheit hält.
Und mir fällt wieder ein: Verstand ist die am gerechtesten verteilte Sache auf Erden. Selbst diejenigen, die mit allem unzufrieden sind, möchten niemals mehr Verstand als sie besitzen.
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat Ich muß deswegen einfach einmal kund tun, wie sehr mich diese Selbstgefälligkeit anwidert, die heutzutage so en vogue ist und wie sehr mich diese geschichtsblinde Dummheit ärgert, die jeder bei sich selbst für Klugheit hält.
Lieber nachdenken_schmerzt_nicht,
gestatten Sie bitte, daß ich mich diesem Satz ausdrücklich anschließe!
Augstein d.J. läßt sich allerdings auch nicht lumpen: "Der angelsächsische Kapitalismus ist nicht zu retten. Europa braucht weniger Markt und mehr Brüssel." Dazu fällt mir mein alter Ratgeber, "The Cowboy's Guide to Life" ein: "If you find yourself in a hole, first thing ist to stop digging." Aber Augstein zufolge muß noch viel härter gegraben werden.
Zitat Verstand ist die am gerechtesten verteilte Sache auf Erden. Selbst diejenigen, die mit allem unzufrieden sind, möchten niemals mehr Verstand als sie besitzen.
Zitat von Thomas Pauli im Beitrag #38Ist das Lichtenberg oder Mark Twain?
Ich dachte immer Descartes. Aber ich habe mich bei der Zuschreibung von Zitaten hier im Forum schon so oft peinlich vertan, dass ich mich dazu nur noch sehr ungern äußere.
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
"Le bon sens est la chose du monde la mieux partagée ; car chacun pense en être si bien pourvu, que ceux même qui sont les plus difficiles à contenter en toute autre chose n’ont point coutume d’en désirer plus qu’ils en ont." - Descartes, Discours de la méthode, Eingangssatz
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #37 Ich bin fest davon Überzeugt, die beiden Autoren haben auch nicht den Hauch einer Ahnung, welche Anmaßung sie sich mit einer solchen Überschrift erlauben.
Aus amerikanischer Binnensicht gibt der Satz allerdings die ambivalente Sicht auf die nachfolgenden 70 Jahre recht gut wieder: Der Zweite Weltkrieg war der letzte militärisch gelöste Konflikt, mit einem klaren und verdienten Sieg moralischer Prinzipien, und ohne korrumpiert zu werden. Alles was nachfolgte, bewegte sich in einer Grauzone, wirkte durch jahrzehntelange Aushöhlung und militärisch wenig hilfreich - durchwachsen, Stellvertreterkriege in Übersee, und zu oft waren am Ende die Tyrannen stille Partner oder Endverbraucher. Das Kalte Krieg war mit der Gefahr der atomaren Auslöschung erkauft (ob das wirklich der Fall war, spielt da keine Rolle: auch in der US-Öffentlichkeit galt der Atomkrieg immer als Armageddon, das um jeden Preis zu vermeiden sei); der Koreakrieg endete im Patt; Kuba mußte man hinnehmen; Vietnam ist bis heute das nationale Trauma. Der Sozialismus ist zwar zusammengebrochen, aber das eigene Verdienst lag in der Standhaftigkeit, fest zu bleiben, bis er von selbst zusammenbrach - nicht durch dezidierte Überwindung. In jedem einzelnen Fall läßt sich das begründen, aber in summa, über Jahrzehnte hinweg, nagt das am eigenen Selbstbild.
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #41der Koreakrieg endete im Patt
Nun - ähnlich wie der zweite Weltkrieg: Die eine Hälfte wurde befreit, die andere krallten sich die Kommunisten. Grundsätzlich wäre der Koreakrieg durchaus als weiterer guter Sieg zu bezeichnen. Die Amis tun das m. W. auch - aber die Spiegel-Redakteure mit ihrer beschränkten Sicht haben daran wohl gar nicht gedacht.
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #37In Spiegel online ist derzeit ein Artikel zu lesen, dessen Überschrift alleine bereits sehr viel über den Blick der Deutschen auf Amerika, wie auch das Selbstbild der Deutschen aussagt:
Zitat von Spiegel onlineAmerikas letzter guter Sieg
.
Ausnahmsweise ist Spiegel Online da sogar etwas korrekter als der gedruckte Spiegel. Dort hat man sogar noch ein Wort weggelassen und den D-Day einfach "Amerikas letzter Sieg" genannt (http://www.spiegel.de/spiegel/print/index-2014-22.html ).
Die moralische Einordnung von Siegen ("gut" oder "böse") durch Spon muss man ja nicht teilen. Aber man kann sie wenigstens irgendwie nachvollziehen, angesichts des allgemeinen Amerikabildes dieser Publikation.
Aber die Aussage des gedruckten Spiegel ist doch ganz offensichtlich historisch falsch. Nach dem D-Day gab es noch jede Menge amerikanische Siege. Angefangen mit dem Sieg über Japan 1945 bis hin zum Irakkrieg 2003. Und selbst wenn man den nicht als Sieg verbuchen sollte, so bleibt immer noch der Irakkrieg von 1991. Das einfach unter den Tisch zu kehren ist einfach lächerlicher Journalismus.
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #41der Koreakrieg endete im Patt
Nun - ähnlich wie der zweite Weltkrieg: Die eine Hälfte wurde befreit, die andere krallten sich die Kommunisten. Grundsätzlich wäre der Koreakrieg durchaus als weiterer guter Sieg zu bezeichnen. Die Amis tun das m. W. auch
Da gibt es wohl eine divergierende Sicht zwischen der Politik der 50er Jahre, den Zeithistorikern, und den Veteranen. Für Eisenhower & Co. war es ein Erfolg, den Krieg nach 2 1/2 Jahren Stillstand nach Stalins Tod abschließen zu können: damals galt ja noch die Dominotheorie, so daß in dieser Optik der Verlust ganz Südostasiens gestoppt worden war [*] (die Austalier nehmen es den Amerikanern heute noch übel, daß die davon auszugehen schienen, im Fall eines sino/sowjetischen Durchmarsches würden sie auch gleich mit das Handtuch werfen). Aus der Sicht der Veteranen galt der Koreakrieg immer als ein "forgotten war", ein unter den Teppich gekehrtes Abenteuer, ohne Gedenkfeiern & Denkmäler, während die Veteranen des 2. WK geehrt wurden & der Vietnamkrieg auf allen Kanälen begleitet & nachbereitet wurde (die einzige Medienpräsenz schien ja lange Zeit M*A*S*H zu sein, das zwar nominell im Korean conflict spielt, aber latürnich Viet Nam meint).
Zitat von Florian im Beitrag #43Und selbst wenn man den nicht als Sieg verbuchen sollte, so bleibt immer noch der Irakkrieg von 1991. Das einfach unter den Tisch zu kehren ist einfach lächerlicher Journalismus.
Das ist der eigenen damaligen Berichterstattung geschuldet, der speziell verSpiegelten wie dem Duktus der gesamten medialen Kamarilla, allen voran die Tagesschau: der Krieg wurde ja nicht als angemessene Reaktion gezeigt, sondern als imperialistisches Abenteuer der schießwütigen Amis, die aus Blödheit oder Blutgier schlicht nicht begreifen wollten, das der kalte Krieg vorüber war & wir-das-heute-nicht-mehr-so-lösen. Damals hingen ja die Bettücher aus allen Fenstern: "!Wir wollen keinen Krieg! Kein Blut für Öl!" - sogar der Karneval mußte ausfallen! Die etwas zurückhaltendere Kritik (Zeit & FAZ) spielte das über die Bande mit den Aufnahmen aus den Zieloptiken der Cruise missiles: der Krieg "als Computerspiel", "per Joystick", der Soldat wird zum Roboter, der per Knopfdruck mal eben so den Gegner vom Spielfeld nimmt samt "Kollateralschäden" - die ganze Drohnenthematik ist da schon 1991 durchgespielt worden.
* Ein weiterer Punkt könnte sein (das ist schwierig zu sagen, weil das in der damaligen Berichterstattung nie eindeutig thematisiert wird), daß eines der Axiome der MAD ("Mutual Assured Destruction") war, daß das Gleichgewicht des Schreckens militärische Konflikte verhindern würde - jedenfalls solche, in denen die Gefahr bestand, daß Amerika & Russland aneinander geraten könnten. Der Koreakrieg war eine unangenehme Erinnerung an die Blauäugigkeit dieser Annahme.
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #44eigenen damaligen Berichterstattung
Ein eher skurriles Beispiel für die Verzerrung der hiesigen Wahrnehmung durch die Medienoptik: es gibt ja wohl nicht wenige, die immer noch glauben, Fritten hießen in den USA immer noch Freedom Fries (oder hätten mal recht flächendeckend so geheißen). Wie man hier sehen kann, war die Sache wesentlich kleinformatiger:
"The term came to prominence in 2003 when the then Republican Chairman of the Committee on House Administration, Bob Ney, renamed the menu item in three Congressional cafeterias in response to France's opposition to the proposed invasion of Iraq. Although originally supported with several restaurants changing their menus as well, following declining support for the Iraq War, the term fell out of use. Following Ney's resignation as Chairman, it was quietly reverted. ... On March 11, 2003 Republican U.S. Representatives Bob Ney and Walter B. Jones directed the three House cafeterias to change all references to French fries and French toast on menus, and replace them with Freedom fries and Freedom toast, respectively. [...] When asked about his opinion on the "freedom fries" episode, Jones responded, "I wish it had never happened.""
Deutsche Qualtitätsjournalisten, die über die Parlamentskantine nicht hinauskommen, sehen das naturgemäß anders.
Aber... Initial renaming Renaming was initiated in February 2003 by Beaufort, North Carolina "Cubbie's" restaurant owner Neal Rowland, who said he was motivated by similar actions against Germany in World War I, when sauerkraut was called "liberty cabbage", and frankfurters were renamed "hot dogs".
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #37In Spiegel online ist derzeit ein Artikel zu lesen, dessen Überschrift alleine bereits sehr viel über den Blick der Deutschen auf Amerika, wie auch das Selbstbild der Deutschen aussagt:
Zitat von Spiegel onlineAmerikas letzter guter Sieg
.
Ausnahmsweise ist Spiegel Online da sogar etwas korrekter als der gedruckte Spiegel. Dort hat man sogar noch ein Wort weggelassen und den D-Day einfach "Amerikas letzter Sieg" genannt (http://www.spiegel.de/spiegel/print/index-2014-22.html ).
Die moralische Einordnung von Siegen ("gut" oder "böse") durch Spon muss man ja nicht teilen. Aber man kann sie wenigstens irgendwie nachvollziehen, angesichts des allgemeinen Amerikabildes dieser Publikation.
Aber die Aussage des gedruckten Spiegel ist doch ganz offensichtlich historisch falsch. Nach dem D-Day gab es noch jede Menge amerikanische Siege. Angefangen mit dem Sieg über Japan 1945 bis hin zum Irakkrieg 2003. Und selbst wenn man den nicht als Sieg verbuchen sollte, so bleibt immer noch der Irakkrieg von 1991. Das einfach unter den Tisch zu kehren ist einfach lächerlicher Journalismus.
Und was ist mit den Jugoslawienkriegen? Erst als die Amis wirklich eingriffen (militärisch) waren diese erledigt. Und trotz aller noch danach entstandenen Problemen, kann man wohl dies auch als einen klaren Sieg sehen.
P.S. Vor allem, wenn jetzt schon überlegt wird Serbien in die EU aufzunehmen
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