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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 30 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Llarian Offline



Beiträge: 7.124

21.06.2014 12:31
Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Im Rahmen der Serie Umweltschutz reloaded habe ich ein paar Gedanken zum Waldsterben aufgeschrieben.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

21.06.2014 12:45
#2 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat von Llarian im Blogbeitrag
Zum anderen fallen massive Parallelen zur Diskussion des Klimawandels auf.


Zwangsläufig, wie ich finde, lieber Llarian. Denn m.E. geht es den Aktivisten vor allem um eine ganz profane Angelegenheit:
Einkommen.
Es geht um Spenden, um Aufträge, um Jobs.
Kurz gesagt: Ums Geld.
Deswegen, und weil es immer wieder so schön passt, mein Lieblingszitat von Jan Fleischhauer:

Zitat
Je größer der moralische Aufwand, desto trivialer häufig die Motive.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.560

21.06.2014 13:41
#3 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Weil es gut hierhin paßt, hier noch einmal der Hinweis auf Michael Mierschs 1-stündige Arte-Dokumentation von 2011: "Und ewig sterben die Wälder", in der der ganze Schauder der Vorwelt den Betrachter anfällt.

Zitat Llarian im Blogbeitrag


Auch der Zustand der Bäume hat sich im Wesentlichen nicht verändert


Das ist wenig verwunderlich, weil die Diagnose der Schäden auf einer irrealen Basis fußte. Es wurden ideale Belaubungs- oder Benadelungszustände angenommen, die ein "gesunder" Baum aufzuweisen hätte; und jede Ausdünnung als dauernde Schädigung registriert (und das nach flüchtigem Augenschein: Fachleute, die ihr ganzes Leben dem Holzeinschlag gewidmet haben, haben das ja gleichsam im Instinkt). Daß Laubverlust ausgeglichen wird, wenn er durch Trockenheit oder Schädlinge auftritt, daß Bäume, wie Lebewesen in jeder Population, unterschiedliche Gsundheitsgrade aufweisen, ohne daß dies gleich ein Fall für die Säge wäre, daß Laub- oder Nadelverluste von 30 bis 50 % für einen Baum nicht bedrohlich sind, kam den gleichen Fachleuten weniger in den Sinn. Das ist so, als würde man von jedem 20-jährigen erwarten, die 100 Meter in 12 Sekunden zu laufen; alles andere zeugt von Gesundheitsnotstand. Zudem waren die Vorzeigeflächen, an denen der Wald "längst gestorben" war, ja eng begrenzte Flächen im Bayrischen Wald und in Thüringen, an denen durch die nordtschechische Schwerindustrie (die ja völlig ungefiltert arbeitete) tatsächlich lokal begrenzte Schädigungen zu besichtigen waren.

Und natürlich ist das Phänomen keine deutsche Erfindung. "Le waldsterben" schon, das in seiner besonderen Ausprägung & als Kollektivhysterie nahelegt, es könnte was dransein an Nationalstereotypen & Kollektivmacken. Der "saure Regen" wurde hingegen zuerst Anfang der 70er Jahre in den USA als Problem ausgemacht, wo er allerdings nicht die Wälder bedrohte, sondern den Fischbestand der Großen Seen; die gesetzliche Präventivmaßnahme bestand in der Verschreibung von Katalysatoren ab 1975 (zunöchst ungeregelt; ab 1981 Drei-Wege-Katalysatoren). Daß die Amerikaner den Deutschen in Sachen Naturschutz in der Regel voraus sind, führte schon vor 30 Jahren zu kognitiver Dissonanz bei den Weltenrettern. Der Hinweis, daß nicht die Deutschen, sondern "die Amis" die Naturschutzparks eingeführt haben (der erste war 1872 der Yosemite Park), wurde in der Regel aus dem Bauch als feiste Lüge abgetan; ein Griff zum Lexikon konnte zur brüsken Kündigung der Bekanntschaft führen. Nihil novi sub sole.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.560

21.06.2014 14:05
#4 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Hier übrigens die Initialzündung des Bundesrepublik-weiten Waldsterbens: die Titelgeschichte aus dem Spiegel Nr. 47/1981: "Der Wald stirbt"

Zitat volle Dröhnung


Behält Schröter recht, wäre allein durch die Fichtenkrankheit die Hälfte des westdeutschen Waldbestandes langfristig gefährdet: Fast zehn der zwanzig Milliarden Waldbäume, die knapp ein Drittel der Bundesrepublik bedecken, zählen zur Art Picea abies, die als "Brotbaum" der Forstwirtschaft gilt. ... Die ersten großen Wälder", sagt der Göttinger Bodenkundler Professor Bernhard Ulrich, "werden schon in den nächsten fünf Jahren sterben. Sie sind nicht mehr zu retten. ... Nicht Wasser, sondern verdünnte Lösungen von Schwefel- und Salpetersäure gehen hernieder - allemal aggressiv genug, selbst Marmor, Stein und Eisen zu zerfressen. So ist der Kölner Dom, erbaut aus Sand- und Kalksandstein, in den vergangenen 30 Jahren schneller verwittert als in den 300 Jahren zuvor. ... Auch Stahlbeton ist vor dem Schwefelregen nicht mehr sicher. Der Bochumer Klimatologe und Stadtökologe Wilhelm Kuttler weist in einer jüngst vorgestellten Studie nach, daß die Lebensdauer von Betonbauten durch den scharfen Regen um nahezu die Hälfte verkürzt wird - möglicherweise eine der vielen Ursachen dafür, daß allerorten Spannbeton-Bauwerke reißen oder zusammenbrechen. ... Die schwefelspuckenden Monsterschlote, teils höher als 300 Meter, wirken schon seit Jahren überall auf der nördlichen Erdhalbkugel wie chemische Waffen. ... "Wenn es heute regnet", faßt Heinz Detlef Gregor vom Berliner Umweltbundesamt die Resultate zahlreicher Einzelmessungen zusammen, "kommt oft genug die reine Säure nieder.""

patzer Offline



Beiträge: 359

22.06.2014 07:59
#5 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten
Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

22.06.2014 15:56
#6 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Wenn es um Wald und Bäume geht, haben speziell die Deutschen schwer einen an der Klatsche. So ein Holzgewächs ist Pflanze gewordenes Bambi, nur ohne Fell und Kulleraugen. Damit lassen sich prima Emotionen hervorrufen. In Deutschland kann der Michel komplett von Bäumen umstanden sein, aber wenn irgendeiner Eiche oder Buche z.B. die Säge droht, dreht das meist städtische Volk komplett durch. Als ob jeder Baum einer der letzten seiner Art wäre.
Ein ausgerufenes Waldsterben trifft die Deutschen daher ganz tief in ihrer Psyche. Wenn schon die ganz alten und großen Gewächse bedroht sein sollen, gibt Mutter Gaia mit Sicherheit bald komplett den Löffel ab. Ob am alarmistischen Geschrei etwas dran ist, kontrolliert ja keiner. Dabei muss man nichtmal mehr selbst seine eigene Waldumgebung oder den örtlichen Baumbestand in Augenschein nehmen, eine Draufsicht per Google Earth oder auch der Blick aus dem Flugzeugfenster, wenn man vom Südlandurlaub zurückkommt, würde reichen, um die Umweltangst im Inneren zu besiegen. Aber nein, man glaubt soo gerne den Apokalypsepredigern. Es wird alles immer schlimmer!

Beste Grüße, Calimero

-------------------------------------------------------
Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel

bkes Offline



Beiträge: 42

22.06.2014 18:13
#7 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat:Hier übrigens die Initialzündung des Bundesrepublik-weiten Waldsterbens: die Titelgeschichte aus dem Spiegel Nr. 47/1981: "Der Wald stirbt"

.. und vier Jahre später konnte die Spiegel-Redaktion die wahre Ursache präsentieren..

Gruß
bkes

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

22.06.2014 18:55
#8 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat von bkes im Beitrag #7
Zitat:Hier übrigens die Initialzündung des Bundesrepublik-weiten Waldsterbens: die Titelgeschichte aus dem Spiegel Nr. 47/1981: "Der Wald stirbt"

.. und vier Jahre später konnte die Spiegel-Redaktion die wahre Ursache präsentieren..



Ein weiteres schönes Beispiel dafür, dass die Faktenlage weder für "Umwelt"verbände noch Kernenergiegegner noch Spiegel-Redakteure jemals eine Rolle gespielt hätte.

Gruß
hubersn

Kritiker Offline



Beiträge: 274

24.06.2014 10:15
#9 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Ja, ja, die Deutschen und ihre Liebe zur Apokalypse. Diese zeigte und zeigt sich auch in den Themen Nato-Doppelbeschluss, Euro Rettung, Energiewende, Zuwanderung usw.
Angesichts solcher Themen ist mir eigentlich das hier übliche Umwelt-Verband Bashing nicht genug bzw. zu langweilig. Wären kritische Fragen nicht angebracht?

- Wieso ist es so einfach Fakten falsch darzustellen?
- Warum reagieren die Deutschen (deutschen Politiker) nicht auf Fakten, sondern nur auf übertriebene Emotionen?
- Wäre es korrekt, alle Umweltschutzbemühungen einzustellen?
- Seit den 80er wurden einige Fortschritte in Luft und Wasser Reinhaltung erzielt. Wären die ohne die Falschdarstellung auch möglich gewesen?
- Wieso hat der Umweltschutz denn nicht die deutsche Wirtschaft ruiniert und Deutschland zu einem Agrarland zurückentwickelt, wie ebenfalls vorhergesagt wurde?

Parallelen zu aktuellen Themen sind weder gewollt noch zufällig, sondern ganz unvermeidlich.
Der Kritiker

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

24.06.2014 11:08
#10 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat von Kritiker im Beitrag #9
Wieso ist es so einfach Fakten falsch darzustellen?
Weshalb sollte es schwierig sein, Fakten falsch darzustellen?

Zitat von Kritiker im Beitrag #9
Warum reagieren die Deutschen (deutschen Politiker) nicht auf Fakten, sondern nur auf übertriebene Emotionen?
Um auf Fakten reagieren zu können setzt voraus, dass man erheblichen zeitlichen und mitunter intellektuellen Aufwand betreibt, diese zu sichten. Lediglich mit seinen Emotionen zu hantieren, ermöglicht ein Gefühl der Befriedigung mit sehr viel weniger Anstrengung.

Zitat von Kritiker im Beitrag #9
Wäre es korrekt, alle Umweltschutzbemühungen einzustellen?
Korrekt ist wohl eine subjektive Empfindung und liegt daher im Auge des Betrachters. Sinnvoll, wenn Sie dies meinen, wäre eine Einstellung aller Umweltschutzbemühungen sicher nicht.

Zitat von Kritiker im Beitrag #9
Seit den 80er wurden einige Fortschritte in Luft und Wasser Reinhaltung erzielt. Wären die ohne die Falschdarstellung auch möglich gewesen?
Ich sehe zumindest keinen Grund der dagegen spricht. In Ländern in denen weniger apokalyptische Szenarien ausgemalt wurden, gab es durchaus auch Erfolge beim Umweltschutz. Eine Grundvorraussetzuzung für Umweltschutz scheint mir sehr viel mehr ein gewisses Wohlstandsniveau zu sein, um die Muse zu haben, sich für eine intakte Umwelt interessieren zu können.

Zitat von Kritiker im Beitrag #9
Wieso hat der Umweltschutz denn nicht die deutsche Wirtschaft ruiniert und Deutschland zu einem Agrarland zurückentwickelt, wie ebenfalls vorhergesagt wurde?
Mir ist jetzt die Diskussion aus den 80 Jahren nicht mehr wirklich präsent, aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass eine Wirtschaftsbelastung dieses Ausmaßen damals Thema war. Worauf beziehen Sie sich hier?

Zitat von Kritiker im Beitrag #9
das hier übliche Umwelt-Verband Bashing
Auf welcher Faktenlage begründen Sie Ihre diesbezügliche Aussage?

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.560

24.06.2014 12:03
#11 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #10
Eine Grundvorraussetzuzung für Umweltschutz scheint mir sehr viel mehr ein gewisses Wohlstandsniveau zu sein, um die Muse zu haben, sich für eine intakte Umwelt interessieren zu können.


Der sinnfällige Ausdruck dafür zeigt sich in der sog. Umwelt-Kuznetskurve (Englisch: Environmental Kuznets Curve). Die ursprüngliche Kuznets-Kurve von 1955 zeigt, daß in einer Volkswirtschaft die Einkommensungleichheit mit steigendem Wohlstand zunächst ansteigt und nach dem Überschreiten eines Schwellenwertes wieder abnimmt. Die EKC überträgt diese Beobachtung auf die Umweltbelastung: danach steigt die Verschmutzung zunächst rapide an & wird dann reduziert, wenn das Medianeinkommen mehr als umgerechnet $ 4.000 p.a. beträgt.

David J. Stern, "The Environmental Kuznets Curve" (2003)

Umstritten ist dabei, welche Faktoren in welcher Kombination für diesen Effekt ausschlaggebend sind - ob Umweltverbände mehr Druck machen können, ob die Industrie sich "diesen Luxus" erlauben kann, weil mehr Kapital frei wird, oder Rücksicht auf die Entscheidungen der Verbraucher nehmen muß; ob dies für alle Schadstoffe gilt. (Das wird eher bezweifelt, da es sich oft um hypothetische Annahmen handelt zu Risken, die sich erst in Jahrzehnten zu einer Zeitbombe akkumulieren könnten: die globale Erwärmung ist das beste [i.e. schlechteste] Beispiel.)

Recht eindeutig scheint, daß, wenn ein hohes Maß an Sauberkeit (oder Sicherheit) erzielt worden ist, weitere Verbesserungen nur über exorbitante Steigerungen des Aufwands zu erzielen sind bei immer weniger meßbaren Resultaten. Diesen Zustand hat die Umweltpolitik in Deutschland seit 20 Jahren erreicht & arbeitet sich seitdem mit ungebremstem Furor an Petitessen ab wie Passivrauchen & Müllwaschen. Ein klassischer Fall von abnehmendem Grenznutzen.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

24.06.2014 12:30
#12 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #11
Umstritten ist dabei, welche Faktoren in welcher Kombination für diesen Effekt ausschlaggebend sind ...

Da ist vieles denkbar - aber die Umweltverbände sind wohl nur ein sehr geringer Faktor oder ganz unwichtig. Denn es gibt wohl überhaupt keine Korrelation zwischen Umweltschutz und der Stärke solcher Lobby-Verbände im jeweiligen Land.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.560

24.06.2014 15:07
#13 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #12
- aber die Umweltverbände sind wohl nur ein sehr geringer Faktor oder ganz unwichtig.


Die Schutzverbündeten sehen das naturgemäß gaaans anders. ;)

Die krause Gemengelage zeigt sich schon bei den Anfängen in der 2. Hälfte des 19. Jhd.s: Für Deutschland setzt das mit Bayern ein & den Verordnungen zum Vogelschutz und der Hecken als Brutreviere: das geht auf Beobachtungen zurück, daß mit der zunehmenden Verstädterung & der Rodung der Rainhecken die Zahl der Singvögel zwischen 1830-1860 rapide abnimmt; der Schutz erfolgt aber nicht aus Liebe zu den Piepmätzen, sondern um die Obstbauern in Ermangelung von Pestiziden vor Raupenplagen zu schützen. Mit der Propagierung von Nistkästen kommt natürlich der -Aspekt schwer hinzu. Es wäre nicht überraschend, wenn das exakt mit dem Aufkommen der turtelnden Vögelchen in den biedermeierlichen Nippesproduktion korrelieren würde.

Die großen Aufforstungen 1780-1850 dienten der Sicherung des wichtigsten Brenn- & Baumaterials; die romantische Aufwertung "der Deutsche als Waldschrat" (von den Grimms über Eichendorff bis zum Wandervogel) ist zunächst folgenloses Damenprogramm; aber nach 1900 mit dem Inmodekommen von "Sommerfrischen" wir auch das ein wirtschaftlich zählender Faktor.

Llarian Offline



Beiträge: 7.124

24.06.2014 19:06
#14 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat von Kritiker im Beitrag #9
Wären kritische Fragen nicht angebracht?

Aber selbstredend, lieber Kritiker. Dafür haben wir ja das kleine Zimmer. Wobei ich es durchaus so sehe, dass auch der Beitrag kritische Standpunkte enthält. Nämlich gegenüber dem deutschen Mainstream, der immernoch ans Waldsterben glaubt. Zumindest offiziell.

Zitat
- Wieso ist es so einfach Fakten falsch darzustellen?


Kurze Antwort: Weil fühlen einfacher ist als wissen. Lange Antwort: Fakten benötigen einen Kontext und dieser Kontext überfordert die meisten Menschen bei weitem. Sowohl was ihre Bildung angeht als auch was ihr Interesse angeht. Fühlen dagegen, Angst haben, empört sein, das sind Dinge, die sind furchtbar einfach. Wissen muss ich mir aneigenen und das ist ein langer und mühseeliger Prozess. Aber empört sein, das kann ich in drei Sekunden. Es sind auch gar nicht unbedingt die Fakten, die falsch dargestellt sind, es sind die Schlüsse daraus, die ohne Kontext gezogen werden. Beispiel: Fakt ist, es gab sauren Regen. Fakt ist ebenso, dass schwefelige Säure Bäume schädigen kann. Der Schluss allerdings, dass deswegen die Baumschäden auf die Säure zurückzuführen ist, der ist vermutlich fehlerhaft, zumindest kein gesicherter Fakt. Aber fühlen kann das ein jeder, wenn er will.

Zitat
- Wäre es korrekt, alle Umweltschutzbemühungen einzustellen?


Himmelswillen, nein. Umweltschutz gibt es schon seit Hunderten von Jahren, aber die Umwelthysterie, die uns seit vielleicht 40 Jahren begleitet, die ist neu. Wer die DDR nach dem Zusammenbruch gesehen hat, der weiss um die Notwendigkeit von Umweltschutz. Nur das Maß und der Sinn, das sind Dinge über die keine Einigkeit besteht. Die berühmte Verhältnismäßigkeit ist das, was den "hier gebashten" Umweltverbänden abgeht.

Zitat
- Seit den 80er wurden einige Fortschritte in Luft und Wasser Reinhaltung erzielt. Wären die ohne die Falschdarstellung auch möglich gewesen?


Wahrscheinlich. Wobei man vorsichtig sein muss mit dem Begriff Fortschritt. Nicht jeder Grenzwert ist ein Fortschritt, insbesondere dann nicht wenn er Abermillionen kostet für eine biologische Wirkung, die selbst unter Extrembedingungen recht unwahrscheinlich ist. Umweltverbände machen sich Gedanken um Grenzwerte von beispielsweise radioaktiven Stoffen, deren Strahlung um Potenzen unter den Stoffen liegt, die wir täglich um uns haben. Was Luft und Wasserreinheit angeht, so sei darauf hingewiesen, dass in den allermeisten entwickelten Ländern die Menschen auch nicht daran zugrunde gehen. Und die brauchten kein Märchen vom Waldsterben dafür.

Zitat
- Wieso hat der Umweltschutz denn nicht die deutsche Wirtschaft ruiniert und Deutschland zu einem Agrarland zurückentwickelt, wie ebenfalls vorhergesagt wurde?


Ich wäre vorsichtig mit dieser Form der, entschuldigen Sie das direkte Wort, lieber Kritiker, Arroganz. Tatsächlich ist es so, dass es der Industrie, die wirklich unter den Grenzwerten zu leiden hat, nicht gut geht und davon auch schon viel abgewandert ist. Im Endeffekt wird diese Industrie vertrieben. Das kann man sich eine Zeit lang leisten und Deutschland profitiert unheimlich davon, dass die anderen europäischen Länder noch schlechtere Politik machen, aber 2 Prozent Wirtschaftswachstum sind so sensationell auch nicht. In Asien sehen wir ein vielfaches davon. Sehen Sie sich mal das deutsche Wirtschaftswachstum an in einer Zeit, wo die Umwelthysterie noch nicht so weit war. Anders gesagt: Der deutsche Umweltwahn würgt die Industrie, aber es ist ihm (noch) nicht gelungen sie zu erwürgen.

Vielleicht am Rande, ich habe es in einem anderen Artikel hier schon einmal geschrieben: Ich arbeite in einer Industrie, die vom europäischen CO2 Wahn (den erlaube ich mir mal stellvertretend als Umweltthema zu nehmen) betroffen ist. Und zwar zentral betroffen. Jetzt haben wir in Deutschland ja derzeit ganz tolle Vorstellungen wie gut es unserer Wirtschaft geht. Daher meine Preisfrage: Glauben Sie, dass in meiner Industrie noch innerhalb von Europa investiert wird ?

adder Offline




Beiträge: 1.073

25.06.2014 07:13
#15 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #14
Himmelswillen, nein. Umweltschutz gibt es schon seit Hunderten von Jahren, aber die Umwelthysterie, die uns seit vielleicht 40 Jahren begleitet, die ist neu. Wer die DDR nach dem Zusammenbruch gesehen hat, der weiss um die Notwendigkeit von Umweltschutz. Nur das Maß und der Sinn, das sind Dinge über die keine Einigkeit besteht. Die berühmte Verhältnismäßigkeit ist das, was den "hier gebashten" Umweltverbänden abgeht.

Zitat
- Seit den 80er wurden einige Fortschritte in Luft und Wasser Reinhaltung erzielt. Wären die ohne die Falschdarstellung auch möglich gewesen?

Wahrscheinlich. Wobei man vorsichtig sein muss mit dem Begriff Fortschritt. Nicht jeder Grenzwert ist ein Fortschritt, insbesondere dann nicht wenn er Abermillionen kostet für eine biologische Wirkung, die selbst unter Extrembedingungen recht unwahrscheinlich ist. Umweltverbände machen sich Gedanken um Grenzwerte von beispielsweise radioaktiven Stoffen, deren Strahlung um Potenzen unter den Stoffen liegt, die wir täglich um uns haben. Was Luft und Wasserreinheit angeht, so sei darauf hingewiesen, dass in den allermeisten entwickelten Ländern die Menschen auch nicht daran zugrunde gehen. Und die brauchten kein Märchen vom Waldsterben dafür.



Um das mal mit einigen Beispielen aus dem realen Leben der pharmazeutischen Industrie zu untermauern:
-> Ex-DDR-Betrieb: dieser Betrieb, in dem ich Mitte der Nuller Jahre angefangen habe, hat wie der Rest der VEBs einen Scheiß auf Umwelt während der VEB-Phase gegeben. Konsequenterweise war das Erdreich an allen Standorten mit Unmengen an Giftstoffen verseucht. Nach enorm teuren Sanierungsmaßnahmen unter dem ersten privatwirtschaftlichen Besitzer nach der Wende konnten einige Standorte gut gesäubert werden. Am Hauptniederlassungssitz gab es aber noch 2010 notwendige Überwachungsmaßnahmen, um sicherzustellen, dass die immer noch vorhandenen und nicht entfernbaren Giftstoffe [wir reden hier über Umweltgifte aus Produktionsnebenprodukten] nicht in die Umluft und das Grundwasser gelangten. Ich habe Bilder meines Unternehmens aus DDR-Zeiten gesehen, und ganz ehrlich: ich habe sofort verstanden, warum diese Überwachung notwendig war. Tropfende Rohrleitungen, ungereinigtes Abwasser etc.. Eigentlich nichts, was man in einem Betrieb erwartet, der Arzneimittel herstellt [obwohl auch diese Erwartung in der DDR fehl am Platze war. Sterile Pflaster wurden in der DDR z.T. in Räumen mit gestampftem Erdreich als Boden hergestellt, die Prozesskontrollen und die Prozessführung bei der Arzneimittelherstellung waren nicht annähernd der Wertigkeit der Arzneimittel angemessen].
-> Beispiel aus aktuellen Behördenkontakten: für eine bereits seit 2000, bzw. 2006 zugelassene Kombination zweier Hormone (das eine seit 2000 bekannt, das andere seit 1969) wird von den europäischen Zulassungsbehörden im Moment nicht nur ein sogenanntes Environmental Risk Assessment gefordert (das für neue Stoffe seit einigen Jahren (2008 meine ich) verpflichtend ist, nicht aber für bekannte Stoffe und Kombinationen), nein, das von meiner Firma eingereichte ERA muss noch um bestimmte Fischstudien ergänzt werden [für den länger bekannten Inhaltsstoff, der in "Pillen" bereits seit 1969 verwendet wird...]. Kostenpunkt: mehr als 100T€ (da über längeren Zeitraum), und es werden Tierversuche durchgeführt werden müssen, für ein "Update" bereits lang bekannter Wirkungsweisen...
Diese Art von Umweltschutz ist nicht nur industrieschädigend, sie ist sogar beim Naturschutz kontraproduktiv (mehr Tierversuche). Das ist übrigens die Haltung, die auch dazu führt, dass wir lieber massive Umweltschäden bei der PV-Zellenproduktion in China hinnehmen, als neue Wasserkraftwerke zu bauen (und letztere sogar im Bestand kürzen, indem wir sogar bei lange existierenden mittlerweile massive Investitionen in Fischtreppen und Fischschutzanlagen fordern, und gleichzeitig zusätzliche Steuern auf Wasserkraftwerke erheben, um PV-Anlagen zu fördern.

Zitat

Zitat
- Wieso hat der Umweltschutz denn nicht die deutsche Wirtschaft ruiniert und Deutschland zu einem Agrarland zurückentwickelt, wie ebenfalls vorhergesagt wurde?


Ich wäre vorsichtig mit dieser Form der, entschuldigen Sie das direkte Wort, lieber Kritiker, Arroganz. Tatsächlich ist es so, dass es der Industrie, die wirklich unter den Grenzwerten zu leiden hat, nicht gut geht und davon auch schon viel abgewandert ist. Im Endeffekt wird diese Industrie vertrieben. Das kann man sich eine Zeit lang leisten und Deutschland profitiert unheimlich davon, dass die anderen europäischen Länder noch schlechtere Politik machen, aber 2 Prozent Wirtschaftswachstum sind so sensationell auch nicht. In Asien sehen wir ein vielfaches davon. Sehen Sie sich mal das deutsche Wirtschaftswachstum an in einer Zeit, wo die Umwelthysterie noch nicht so weit war. Anders gesagt: Der deutsche Umweltwahn würgt die Industrie, aber es ist ihm (noch) nicht gelungen sie zu erwürgen.




Es ist nicht nur der Umweltschutz, der der chemischen und pharmazeutischen Industrie beispielsweise das Leben sehr, sehr schwer macht. Natürlich auch - insbesondere die Energiehysterie (Atomhysterie und EEG), denn chemische Industrien benötigen an jeder Stelle Energie und teilweise recht viel. Gleichzeitig wird aber auf vielen, kleinen Baustellen gearbeitet und erschwert. Wenn ich mir überlege, dass alleine mein Arbeitgeber über einen Schaden von fast 100 Millionen durch veränderte Rechtssprechung im Bereich der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung und Pflichtversicherung in ständischen Versorgungswerken klagt (zu recht), wenn ich sehe, dass bei Industrie und GKV mit unterschiedlichem Maßstab gemessen wird, was "off-label-use" betrifft [die GKV kann Ärzte sogar mittlerweile zum off-label-use nahezu zwingen, um Kosteneinsparungen zu erzielen, während die Industrie sich sogar bei einfachen Aussagen sehr stark zurechtweisen lassen muss - selbst wenn ein (ansonsten) identisches Arzeimittel aus dem gleichen Haus diese Zulassung hat]...

Zitat
Vielleicht am Rande, ich habe es in einem anderen Artikel hier schon einmal geschrieben: Ich arbeite in einer Industrie, die vom europäischen CO2 Wahn (den erlaube ich mir mal stellvertretend als Umweltthema zu nehmen) betroffen ist. Und zwar zentral betroffen. Jetzt haben wir in Deutschland ja derzeit ganz tolle Vorstellungen wie gut es unserer Wirtschaft geht. Daher meine Preisfrage: Glauben Sie, dass in meiner Industrie noch innerhalb von Europa investiert wird ?



Wir investieren noch innerhalb von Europa. Das hat aber viel mit dem Absatzmarkt für dieses spezielle Arzneimittel und den Schwierigkeiten der Produktion dieses Arzneimittels außerhalb von Europa zu tun, und nur sehr, sehr wenig mit den ansonsten deutlich schlechteren Bedingungen hier.

Kritiker Offline



Beiträge: 274

25.06.2014 13:12
#16 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #10

Zitat von Kritiker im Beitrag #9
das hier übliche Umwelt-Verband Bashing
Auf welcher Faktenlage begründen Sie Ihre diesbezügliche Aussage?

Auf die ersten Beiträge in diesem thread. Stellvertetend die Aussage, die alle bis dato unterstützt hatten, also keinen Widerspruch einlegten

Zitat

Ein weiteres schönes Beispiel dafür, dass die Faktenlage weder für "Umwelt"verbände noch Kernenergiegegner noch Spiegel-Redakteure jemals eine Rolle gespielt hätte.


Ich hatte solche Äußerungen erwartet. Mir liegt es auch ferne, Umweltverbände verteidigen zu wollen. Aber die Bemerkung ist halt einseitig, denn

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #10

Weshalb sollte es schwierig sein, Fakten falsch darzustellen?
...
Um auf Fakten reagieren zu können setzt voraus, dass man erheblichen zeitlichen und mitunter intellektuellen Aufwand betreibt, diese zu sichten. Lediglich mit seinen Emotionen zu hantieren, ermöglicht ein Gefühl der Befriedigung mit sehr viel weniger Anstrengung.


Zitat von Llarian im Beitrag #14

Kurze Antwort: Weil fühlen einfacher ist als wissen.


Diese Antworten zeigen, dass das eigentliche Problem nicht die Umweltverbände sind. Es ist die Art und Weise, wie wir Menschen denken und reagieren, es ist die Art und Weise, wie Politik arbeitet.
Meine Aussage ist also: Jeder poltische Akteur, jede politische Partei, jeder Politiker, der etwas erreichen möchte, agiert unabhängig von den Fakten, er agiert über Emotionen. Fakten stören da im allgemeinen nur. Und wer mit einem Finger auf die Umweltverbände zeigt, weil diese eine emotionale Kampagne unter Ignorierung der Fakten gestartet haben und damit erfolgreich Politik gemacht haben, zeigt mit 4 Fingern auf sich selber, weil er selbst auf emotionale, Fakten betrügende, Kampagnen reagiert. Auch sie lieber nachdenken_schmerzt_nicht, auch sie lieber Llarian. Und, ja, auch ich.

Diese Schwäche des eigenen Denkens gilt es zu erkennen. Und wer eine (seiner Meinung nach falsche) emotionale Kampagne aufdecken will kann das nicht mit Fakten tun. Denn das ist politisch nicht erfolgreich. Man muss das tun, indem man ein emotionales Gegenbild aufbaut.
Die Frage ist also, worin könnte das emotionale Gegenbild zu dem Umweltzerstörenden Dingen sein, mit denen heutzutage Emotionen hochgeschürt werden? Die FDP hat keine gefunden und ist aus dem politischen Prozess ausgestiegen. Merkel hat keine gefunden und heult lieber mit den Wölfen. Hier im Forum sehe ich auch keine geeigneten Gegenbilder.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #10

Eine Grundvorraussetzuzung für Umweltschutz scheint mir sehr viel mehr ein gewisses Wohlstandsniveau zu sein, um die Muse zu haben, sich für eine intakte Umwelt interessieren zu können.


Hier kann ich zustimmen, sehe die Ursache aber nicht in der Muße. Die Ursache ist vielmehr, dass eine Orientierung auf wirtschaftlichen Erfolg und Wachstum, zunächst Umweltfaktoren ignoriert. Siehe Beispiel China, siehe Beispiel DDR, siehe auch Beispiel Bundesrepublik bis in die 70er.
Je größer aber der wirtschaftliche Erfolg (hier hatte die DDR versagt), desto negativer die Konsequenzen für die Umwelt und für die Menschen. Es kommt der Punkt, an dem man sich um Umweltschutz kümmern muss, weil es sonst auch der Produktivität schadet. In der Bundesrepublik war dieser Punkt in den 70er erreicht. In China ist er heute erreicht.
Es also nicht eine Frage der Muße, sondern des Umfangs.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #10

Mir ist jetzt die Diskussion aus den 80 Jahren nicht mehr wirklich präsent, aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass eine Wirtschaftsbelastung dieses Ausmaßen damals Thema war. Worauf beziehen Sie sich hier?


Auf die Diskussionen damals. Aber ich gebe zu, dass die Apokalyptik damals noch nicht in die Wirtschaftsverbände vorgedrungen war. Das ist heute anders. Wenn es heute um Schäden für die Wirtschaft geht, dann ist alles unter der Deindustrialisierung Deutschlands oder der vollständigen Abwanderung sämtlicher Arbeitsplätze nicht erwähnenswert. Die Wirtschaftsverbände lernen eben auch dazu, siehe Thema emotionale Kampagnen ohne Bezug zu Fakten.

Zitat von Llarian im Beitrag #14

Nicht jeder Grenzwert ist ein Fortschritt, insbesondere dann nicht wenn er Abermillionen kostet für eine biologische Wirkung, die selbst unter Extrembedingungen recht unwahrscheinlich ist.


Da gebe ich ihnen vollkommen Recht. Mit Fortschritt meine ich eben die Tatsache, dass Schadstoffkonzentrazionen in der Luft merklich abgenommen haben, dass Gewässer sauberer sind usw. Dass die Deutschen in ihrem Regelungswahn die Dinge übertreiben, gehört halt zu unserer Volksseele.

Zitat von Llarian im Beitrag #14

Ich wäre vorsichtig mit dieser Form der, entschuldigen Sie das direkte Wort, lieber Kritiker, Arroganz. Tatsächlich ist es so, dass es der Industrie, die wirklich unter den Grenzwerten zu leiden hat, nicht gut geht und davon auch schon viel abgewandert ist.


Es mag arrogant sein, der deutschen Wirtschaft Stärke zuzutrauen und daran zu glauben, dass wirtschaftliche Entscheidungen fast nie monokausal sind. Die Erfahrung in meinem Bereich (IT) ist, dass Abwanderungen primär durch Arbeitskosten begründet sind, weil andere Kostenfaktoren eben nicht so stark ins Gewicht fallen. Früher betraf das hauptsächlich die produzierende Industrie, aktuell eben auch die Wissens-Industrien, wie Programmierung und Entwicklung. Meine Erfahrung ist auch, dass Merkmale wie Qualität vom Management erst dann ernst genommen werden, wenn die Abwanderung entsprechende negative Züge annimmt.

Und was tut das Management dann? Es muss Maßnahmen definieren, die Qualität wieder zu korrigieren. Und das kostet meist so viel, dass die angeblichen Vorteile der Abwanderung ins Wanken geraten.

Ähnlich sieht das mit dem Umweltschutz aus. Wandert eine Firma ab, um die zu hohen Anforderungen hierzulande zu umgehen, wird das Konsequenzen haben. Denn wenn die Standards in den Zielländern so schlecht sind, dass es auffällt, dann hat das negative Konsequenzen für den Verkauf, aktuelles Beispiel Textilindustrie. Also muss im Zielland der Umweltschutz wieder hochgetrieben werden, was die Begründung der Abwanderung fraglich werden läßt.

Zitat von Llarian im Beitrag #14

Glauben Sie, dass in meiner Industrie noch innerhalb von Europa investiert wird ?

Nein, und zwar unabhängig von dem, was die Politik tut und unabhängig von den Gesetzen, die erlassen werden.
Denn Manager agieren auch auf Emotionen unabhängig von Fakten.

Und wenn Manager der Meinung sind, dass sie aus Europa abwandern müssen, dann tun sie das, egal wie die Faktenlage aussieht.

Der Kritiker

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

25.06.2014 15:13
#17 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat von Kritiker im Beitrag #16
Diese Antworten zeigen, dass das eigentliche Problem nicht die Umweltverbände sind.
Für mich ist diese Aussage eine Variation des Themas, ob Täter oder Opfer schuld sind an der Tat. Das Faktum, dass sich Menschen manipulieren lassen, macht den Akt der Manipulation nicht weniger verwerflich in meinen Augen.

Zitat von Kritiker im Beitrag #16
Und wer mit einem Finger auf die Umweltverbände zeigt, weil diese eine emotionale Kampagne unter Ignorierung der Fakten gestartet haben und damit erfolgreich Politik gemacht haben, zeigt mit 4 Fingern auf sich selber, weil er selbst auf emotionale, Fakten betrügende, Kampagnen reagiert. […] Diese Schwäche des eigenen Denkens gilt es zu erkennen.
Heißt das, wenn jemand dummes Zeug erzählt und viel Beachtung findet, gilt es ihm nicht zu widersprechen, sondern Ihn gewähren zu lassen? Das kann man so sehen. Ich sehe das allerdings nicht so. Wo dabei eine „Schwäche des Denkens“ liegen soll, bleibt mir verborgen.

Zitat von Kritiker im Beitrag #16
Hier im Forum sehe ich auch keine geeigneten Gegenbilder.
Was erwarten Sie, außer die inneren Widersprüche vieler Umweltaktivisten aufzudecken? Sie lehnen Emotionalisierung aber auch Faktenbezogenheit ab? Ich kann Ihnen nicht folgen.

Zitat von Kritiker im Beitrag #16
Aber ich gebe zu, dass die Apokalyptik damals noch nicht in die Wirtschaftsverbände vorgedrungen war.
Und das hatte einen Grund: Die zu erwartenden Auswirkungen waren damals harmlos. Das ist heute, zumindest was die Energiewende betrifft, meines Ermessens ein völlig anderer Sachverhalt. Wie schwerwiegend die Folgen sein werden, bleibt abzuwarten. Dass es zu (Teil-)Abwanderung diverser Industriezweige, mit allen nachgelagerten Folgen, kommen könnte, scheint aber nicht alleine der Phantasie zu entspringen. So könnte man zumindest solche Meldungen durchaus interpretieren.

Zitat von Kritiker im Beitrag #16
Und wenn Manager der Meinung sind, dass sie aus Europa abwandern müssen, dann tun sie das, egal wie die Faktenlage aussieht.
Bei allem Respekt ist dies ein Musterbeispiel emotionaler Argumentation, ohne Berücksichtigung und/oder Kenntnis der Faktenlage.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

25.06.2014 20:12
#18 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat von Kritiker im Beitrag #16
Diese Schwäche des eigenen Denkens gilt es zu erkennen. Und wer eine (seiner Meinung nach falsche) emotionale Kampagne aufdecken will kann das nicht mit Fakten tun. Denn das ist politisch nicht erfolgreich. Man muss das tun, indem man ein emotionales Gegenbild aufbaut.

Und eine solche Art "emotionales Gegenbild" macht die Sache nur noch schlimmer. Es läuft dabei stets darauf hinaus, dass die Gegner einer momentan als Heilmittel propagierten Maßnahme diese als "auch schlimm" oder als auf andere Weise "noch schlimmer" bezeichnen. Im Endeffekt bleibt bei den zu überzeugenden Adressaten solch emotionaler Ansprachen nur das Gefühl zurück, dass alles "irgendwie schlimm" ist. Und das ist der falsche Weg.

Am Beispiel der Stromerzeugung verdeutlicht haben wir schon das komplette Arsenal des Schreckens für jedwede Art der Elektroenergiegewinnung im Raum stehend, geliefert von allen emotionalen pro- und contra-Kämpfern. KKW sind tickende Bomben mit Müllhinterlassenschaft für hunderttausende Jahre, Kohlekraftwerke sind Dreckschleudern, Wasserkraftwerke sind Fischshredder und mögliche Auslöser für Flutkatastrophen; WKA sind lärmende, blinkende, ölversprühende, Landschaftsbild verschandelnde Vogelshredder; Biomasse verheizt Lebensmittel, explodiert ganz gerne mal und braucht riesige Energiepflanzen-Monokulturen, während PV teurer Sondermüll ist, Brandbekämpfung verhindert und in Solarparks einen irren Flächenverbrauch hat.

Alles emotional, alles irgendwie schlimm. Der Emotionsadressat kann sich jetzt aussuchen, was er weniger furchtbar findet.

Der rationale Weg würde dagegen das Pferd von vorne aufzäumen und erstmal deutlich machen, wo der Nutzen liegt. Was ist denn eigentlich der Zweck des Ganzen? In diesem Beispiel doch wohl sichere und bezahlbare Bereitstellung von Elektroenergie, oder? Mit welcher Technik kann man dies am besten bewerkstelligen? Das sollte das Thema sein, und nicht die Diskreditierung anderer technischer Möglichkeite über die emotionale Angstschiene.
Zugegeben, es ist schwierig, die Leute dazu zu bringen mal nachzudenken, welchen Nutzen sie persönlich aus diesem oder jenem ziehen, aber es geht. Mit Ruhe und nüchterner Argumentation im Gespräch mit Individuen zum Beispiel. Durch emotionale Angstansprachen die Masse gewinnen zu wollen ist mE der falsche Weg. Man muss sich gerade von den technisch meist unbeleckten Angsttrompetern absetzen, nicht sich auch noch auf ihr Spiel einlassen. Sie ziehen dich sonst auf ihr Niveau runter und schlagen dich dann mit ihrer Erfahrung im Kampf um Emotionen.

Zitat
Die Erfahrung in meinem Bereich (IT) ist, dass Abwanderungen primär durch Arbeitskosten begründet sind, weil andere Kostenfaktoren eben nicht so stark ins Gewicht fallen.


Das erklärt einiges. Das ist jetzt nicht bös' gemeint, aber sie schauen anscheinend nicht gerade weit über ihren Tellerrand hinaus und können sich darum noch fein zurückhalten, solange sich der emotional-destruktive Mob noch an anderen Opfern abarbeitet (frei nach Martin Niemöller). Aber es haben schon ganz andere gedacht, dass ihr Nutzen und ihre erbrachten Leistungen derart überzeugend sind, dass sie niemals ins Fadenkreuz der Angst- und Hassindustrie geraten könnten. Es kann aber jeden treffen.

Beste Grüße, Calimero

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Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel

Llarian Offline



Beiträge: 7.124

25.06.2014 22:47
#19 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat von Kritiker im Beitrag #16
Und wer mit einem Finger auf die Umweltverbände zeigt, weil diese eine emotionale Kampagne unter Ignorierung der Fakten gestartet haben und damit erfolgreich Politik gemacht haben, zeigt mit 4 Fingern auf sich selber, weil er selbst auf emotionale, Fakten betrügende, Kampagnen reagiert. Auch sie lieber nachdenken_schmerzt_nicht, auch sie lieber Llarian. Und, ja, auch ich.

Nein, lieber Kritiker, das würde ich heute (!) nicht mehr so sehen. Es hat mal Zeiten gegeben wo diese vier Finger berechtigt waren, aber ich für meinen Teil betrachte mich inzwischen als reflektierter. Es hat Zeiten gegeben, da habe ich den ganzen Unsinn von grüner Seite relativ kritiklos geglaubt. Oder eben gefühlt. Aber ich bin älter geworden, klüger, und vielleicht auch ein bischen weiser. Die einzige Emotion mit der ich heute auf solche Kampganen reagiere ist Abscheu. Und damit kann ich leben. Aber ich glaube man kann dieses Denken in Gefühlen durchaus weit zurückdrängen, wenn nicht sogar abstellen.

Zitat
Und wer eine (seiner Meinung nach falsche) emotionale Kampagne aufdecken will kann das nicht mit Fakten tun. Denn das ist politisch nicht erfolgreich. Man muss das tun, indem man ein emotionales Gegenbild aufbaut.


Und das ist eben grundfalsch. Eine sehr gute Begründung hat Calimero gerade gegeben. Ich stelle noch eine zweite (vielleicht ist es auch die selbe) daneben: Es gilt das Mandat der Fakten. Es geht nicht darum was politisch erfolgreich ist, es geht erst einmal darum was richtig ist. Nationalsozialismus oder Kommunismus waren (und sind) politisch durchaus erfolgreich. Aber eben sachlich wie ethisch grundfalsch.
Wenn ich die Frage nach dem Waldsterben stelle, dann nicht um eine politische Forderung aufzustellen oder eine politische Richtung zu fördern. Es ist eine Frage nach Fakten.

Zitat
Wenn es heute um Schäden für die Wirtschaft geht, dann ist alles unter der Deindustrialisierung Deutschlands oder der vollständigen Abwanderung sämtlicher Arbeitsplätze nicht erwähnenswert.


Ich wüsste nicht das irgendein Wirtschaftsverband ernsthaft von vollständiger Deindustrialisierung spricht. Aber es müssen auch nicht 40 Millionen Arbeitsplätze verschwinden um verheerende Folgen zu haben. Das ist übrigens interessanterweise auch weniger eine Frage der Emotion als der Fakten. Denn genau das passiert gerade. Wir haben eine massive Wanderung der industriellen Produktion ins Ausland.

Zitat
Es mag arrogant sein, der deutschen Wirtschaft Stärke zuzutrauen und daran zu glauben, dass wirtschaftliche Entscheidungen fast nie monokausal sind.


Entscheidungen für etwas sind selten monokausal, Entscheidungen gegen etwas dagegen schon. Wenn ich einen neuen Standort für einen Betrieb suche, dann spielen viele Faktoren eine Rolle: Zugang zu Rohstoffen, Infrastruktur, Qualifikation der Menschen, Steuern, Umweltbedingungen, etc. pp. Dennoch gibt es eine Reihe von Faktoren die absolut monokausal einen Standort verbieten. Wo kein Kraftwerk ist baut auch niemand einen Lichtbogenofen oder eine Schmiede. Wo es kein qualifiziertes Personal gibt baut niemand ein Entwicklungszentrum auf. Und wo die Umweltauflagen erstickend sind baut auch niemand einen Betrieb, der prozessbedingt Schadstoffe freisetzt. Wenn Sie in Deutschland die Grundstoffindustrie betrachten, dann werden Sie sehen, dass die in den letzten 10 Jahren fast nirgendwo mehr zugebaut haben. Es gibt nicht eine neue Hütte in Deutschland, die letzte neue ist vor mehr als 20 Jahren entstanden. Es baut auch niemand neue Zementwerke. Oder Kokereien. Die erhalten maximal noch den Bestand, viele tun auch das nicht mehr. Da können Sie noch so viel Vertrauen in die Stärke haben, die Realität widerspricht Ihnen.

Zitat
Die Erfahrung in meinem Bereich (IT) ist, dass Abwanderungen primär durch Arbeitskosten begründet sind, weil andere Kostenfaktoren eben nicht so stark ins Gewicht fallen.


Es lebe der Tellerrand. Die IT hat den Vorteil das Sie von dem ganzen Umweltkram nicht allzu betroffen ist, obwohl der legendäre Computerbeschluss der Grünen auch da noch ein Warnzeichen sein sollte. Nur kann Deutschland nicht von der IT leben.

Zitat
Wandert eine Firma ab, um die zu hohen Anforderungen hierzulande zu umgehen, wird das Konsequenzen haben. Denn wenn die Standards in den Zielländern so schlecht sind, dass es auffällt, dann hat das negative Konsequenzen für den Verkauf, aktuelles Beispiel Textilindustrie. Also muss im Zielland der Umweltschutz wieder hochgetrieben werden, was die Begründung der Abwanderung fraglich werden läßt.


Ah ja. Dann erklären Sie mir bitte mal woran man dem chinesischen Stahl ansieht, dass er ohne CO2 Abgaben entstanden ist und warum den niemand verwenden sollte. Fürs gute Gewissen so zu tun als wäre das Hemd von Trigema soviel besser kann man gerne mal 10 Euro mehr bezahlen als das Ding wert ist. Aber wenn das Eigenheim dann plötzlich 10.000 Euro mehr kostet, weil Stahl, Zement und Steine CO2-neutral hergestellt werden sollen, dann ist die Bereitschaft eine ganz andere. Nämlich null. Und das ist der Grund dafür, dass wir in Deutschland sinkende Produktion haben während China seine Produktion in den letzten 20 Jahren vervielfacht hat. Zumal, das sollte man auch nicht vergessen, Deutschland vom Export lebt. Wenn deutsche Waren im Ausland dann 10% teurer werden, damit in Deutschland wieder mehr Solarzellen an den Start kommen, dann kann man das 1:1 in Geschäftsverluste übertragen. Denn das Ausland folgt dem Glauben ans heilige CO2 nicht.

Zitat
Denn Manager agieren auch auf Emotionen unabhängig von Fakten.


Das ist eine Unterstellung und noch dazu reichlich unlogisch. Manager reagieren auf marktwirtschaftliche Signale und die sind absolut faktengetrieben. Wenn ich in China das selbe Produkt für den halben Preis produzieren kann, dann gehe ich nach China. Wenn es in China nicht billiger ist, dann bleibe ich. Ganz simpel. Und absolut nicht emotional. Ein Manager der was auf Emotionen gibt hat in der Wirtschaft nix verloren. Entscheidend ist was man verdient und das ist eine Frage der Fakten und nicht was der Firmenlenker fühlt.

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

26.06.2014 08:15
#20 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Der deutsche und der Wald, genausogut könnt es "der Österreicher und der Wald" heißen. Da empörte sich bereits in den 80ern das halbe Land über ein paar Hektar Auwald, die im Zuge des Baus eines Donaukraftwerkes gefällt werden hätten sollen. Die vielen km² Wald, die Schipisten zu Opfer fielen dann aber gar nicht. Schifahren ist halt doch noch heiliger. Die Baumliebe geht so weit, dass in Wien ein Baum auf privaten Grund nur mit behördlicher Genehmigung gefällt werden darf, sofern er über 40 cm Umfang hat. Die Folge ist, dass viele Gartenbesitzer die Bäume erst gar nicht so groß werden lassen.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

26.06.2014 10:23
#21 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #19
Nur kann Deutschland nicht von der IT leben.
Da dies nur als Nebensatz in einem langen Text steht, möchte ich es als Zitat herausheben, da es sich um eine zentrale Erkenntnis handelt. Sie scheint vielen nicht klar zu sein, bzw. es scheint der Glaube vorzuherrschen, auch ohne produzierende Industrie auszukommen. Die Wertschöpfung, die unseren Wohlstand in Deutschland sichert, liegt in der Produktion realer Güter begründet. Dienstleistungen (nicht nur IT) können an dieser Wertschöpfung lediglich partizipieren. Wenn die Produktion realer Güter verschwindet, verschwindet auch großflächig die Notwendigkeit für Dienstleistung im Binnenmarkt. Und das sage ich als jemand, der in einer klassischen Dienstleistungsbrache tätig ist.


Des Weiteren, da es aus meiner bisherigen Antwort anscheinend so nicht herauszulesen war, würde ich gerne nochmals deutlicher formulieren, dass es mir nicht begreiflich ist, wenn ich hier die Forderung nach emotionalem Argumentieren vernehme. Das wirkt auf mich so skurril wie ein Schornsteinfeger beim Torten backen.

Dieses Forum hebt sich neben seinem Umgangston vor allem durch einen Umstand von allen anderen mir bekannten Diskussionsplattformen ab: Das Wertschätzen faktenbasierter Diskussionen. In einer Welt in der allenthalben mit persönlichen Emotionen wie Fakten hantiert wird, tut es eben nicht Not noch weitere Emotionen zur Welterklärung beizutragen. Dies hier im Forum erwähnen zu müssen und den Umstand dass Emotionen mit Fakten begegnet wird als "Denkfehler" benannt zu sehen, überrascht mich wirklich.

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Kritiker Offline



Beiträge: 274

26.06.2014 13:04
#22 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #17

Was erwarten Sie, außer die inneren Widersprüche vieler Umweltaktivisten aufzudecken? Sie lehnen Emotionalisierung aber auch Faktenbezogenheit ab? Ich kann Ihnen nicht folgen.


Meine Aussage ist, dass die inneren Widersprüche nicht nur bei den Umweltaktivisten zu finden ist (und die ich keineswegs leugne), sondern bei allen am politischen Prozess Beteiligten. Das liegt auch nicht an den Leuten (weil die so böse sind oder mit dem Teufel im Bunde oder so), sondern an dem politischen Prozess. Dieser zwingt einen dazu, wenn man Erfolg haben will. Ich sehe das Phänomen auch bei Merkel, auch bei den Wirtschaftsverbänden, auch bei sonstigen Lobbyisten. Zugegebenermaßen habe ich diese nicht so stark (aber durchaus auch) bei der FDP gesehen. Ob sie wohl deswegen gescheitert sind?

Ich persönlich liebe Fakten. Aber ich bin selbstkritisch genug, um zu sehen, dass Fakten oft sehr mehrdeutig sind, nicht reichen und oft auch zweitrangig sind. Diese Erkenntnis ist bei mir gewachsen, weil ich mehrmals mit einer auf Fakten basierten Analyse nicht durchgedrungen bin zu den Entscheidern, weil ich schlecht im Emotionalisieren bin (man kann auch verkaufen dazu sagen).

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #17

Wie schwerwiegend die Folgen sein werden, bleibt abzuwarten. Dass es zu (Teil-)Abwanderung diverser Industriezweige, mit allen nachgelagerten Folgen, kommen könnte, scheint aber nicht alleine der Phantasie zu entspringen. So könnte man zumindest solche Meldungen durchaus interpretieren.


Ja könnte man.
Genauso, wie man die Tatsache von Schäden in den Wäldern als Kennzeichen für ein allgemeines Waldsterben interpretieren konnte. Was sich als falsche Interpretation herausgestellt hat. Die Genauigkeit, aus Fakten (hier: die Absichtserklärung eines Vorstandes) in eine Prognose umzuwandeln, ist aber in der Wirtschaft noch erheblich schlechter, als in der Biologie.
Das heisst, die Waldsterben Prognose ist verglichen mit dieser eine Ausgeburt an Genauigkeit gewesen.

Zitat von Calimero im Beitrag #18

Am Beispiel der Stromerzeugung verdeutlicht haben wir schon das komplette Arsenal des Schreckens für jedwede Art der Elektroenergiegewinnung im Raum stehend, geliefert von allen emotionalen pro- und contra-Kämpfern. KKW sind tickende Bomben mit Müllhinterlassenschaft für hunderttausende Jahre, Kohlekraftwerke sind Dreckschleudern, Wasserkraftwerke sind Fischshredder und mögliche Auslöser für Flutkatastrophen; WKA sind lärmende, blinkende, ölversprühende, Landschaftsbild verschandelnde Vogelshredder; Biomasse verheizt Lebensmittel, explodiert ganz gerne mal und braucht riesige Energiepflanzen-Monokulturen, während PV teurer Sondermüll ist, Brandbekämpfung verhindert und in Solarparks einen irren Flächenverbrauch hat.

Alles emotional, alles irgendwie schlimm. Der Emotionsadressat kann sich jetzt aussuchen, was er weniger furchtbar findet.


Danke für dieses schöne Beispiel. Es zeigt, was schief läuft. Und zwar in der Politik als Ganzes. Ich frage mich, wo die positiven Emotionsbilder geblieben sind.
Ich vermute, schuld sind wir, jeder einzelne, weil wir auf diese negativen Emotionen stärker reagieren, statt auf die positiven. Vielleicht, weil es besser ist, alles Schlechte zu erwarten und positiv überrascht zu werden, als umgekehrt.
Aber ich stimme zu, dass sich die Politik selbst schädigt, wenn sie sich zu sehr auf dieses Mittel der Kommunikation konzentriert.

Zitat von Llarian im Beitrag #19

Es hat mal Zeiten gegeben wo diese vier Finger berechtigt waren, aber ich für meinen Teil betrachte mich inzwischen als reflektierter. Es hat Zeiten gegeben, da habe ich den ganzen Unsinn von grüner Seite relativ kritiklos geglaubt. Oder eben gefühlt. Aber ich bin älter geworden, klüger, und vielleicht auch ein bischen weiser.


Ich bin den umgekehrten Weg gegangen. Ich habe mal die Fakten-misshandelnde Art der Grünen stark abgelehnt (damals im Zusammenhang mit Kernkraftwerken), bin aber im Laufe der Jahre älter und klüger geworden. Nämlich dahingehend, dass ich erkannt habe, dass nicht der Erfolg hat, der die besseren Fakten hat, sondern der, der seine Interpretation derselben besser verkauft.

Ich bin auch zu der Erkenntnis gekommen, dass man Sorgen und Ängste anderer nicht ignorieren oder mit Zahlen erschlagen kann. Man muss mit diesen umgehen, sie adressieren. Und wenn die Leute Angst haben vor einem Kernkraftwerk (vor Luftverschmutzung, vor dem Wetter, vor den Russen, vor der NSA, vor....) dann reicht es nicht, mit Wahrscheinlichkeiten zu hantieren oder denen zu sagen, dass sie irrational sind. Man muss Bilder finden, die die Ängste nehmen. Und größere Ängste zu schüren, funktioniert in der Regel auch nicht, denn da ist zu bald eine Sättigung erreicht.

Zitat von Llarian im Beitrag #19

Wir haben eine massive Wanderung der industriellen Produktion ins Ausland.


Fakten?

Zitat von Llarian im Beitrag #19

Ah ja. Dann erklären Sie mir bitte mal woran man dem chinesischen Stahl ansieht, dass er ohne CO2 Abgaben entstanden ist und warum den niemand verwenden sollte.


Stahl ist ein ganz schlechtes Beispiel in dieser Diskussion.
Die Fragen des Umweltschutzes kamen in den 80er Jahren auf. Die Energiewende ist gerade eben mal zwei, drei Jahre her.
Die Stahlproduktion in Deutschland ist seit 1970 in etwa konstant: http://de.wikipedia.org/wiki/Stahl/Tabellen_und_Grafiken Lediglich der Anteil an der Weltproduktion hat sich von 8,4% auf etwa 3% verringert.
Das heisst aber, dass Umweltschutz Fragen für die Stahlproduktion in Deutschland keine Rolle gespielt haben oder spielen.
Und die EEG hat darauf auch keinen Einfluss, denn die Stahlindustrie gehört ja gerade zu den Industrien, die von der Umlage ausgenommen sind.
Die Abwanderung nach China hatte hauptsächlich ihre Ursache an der Subventionierung durch die chinesische Regierung und den billigen Arbeitslöhnen.

Zitat von Llarian im Beitrag #19

Zitat
Denn Manager agieren auch auf Emotionen unabhängig von Fakten.

Das ist eine Unterstellung und noch dazu reichlich unlogisch. Manager reagieren auf marktwirtschaftliche Signale und die sind absolut faktengetrieben.


Das stimmt so ganz einfach nicht.

Ich habe persönlich miterlebt, wie ein Standort meines (großen) Unternehmens geschlossen wurde, obwohl die Prognosedaten, auf denen der Beschluss angeblich beruhte offensichtliche Schwächen und Fehler enthielt. Das Management hat die Schließung trotzdem durchgepaukt, weil es beweisen wollte, dass es sich gegen den Betriebsrat durchsetzen kann.
Schon zwei Jahre später hat die Wirklichkeit die Prognose als falsch bewiesen und wir mussten teure externe Arbeitskräfte hereinholen und es wurden Prämien ausgelobt, um interne Arbeitskräfte anzulocken.

Ich habe auch miterlebt, wie der Beschluss, Produktion nach Indien zu verlegen, durchgepaukt wurde, obwohl die angebliche Kostenersparnis offensichtlich schön gerechnet war (und am ende auch nicht stimmte). Grund war, wie dann ein Manager gesagt hat, dass man beweisen wollte, dass man ein internationales Unternehmen sei und eine solche externe Fertigung ist "marktüblich". Wenn man das nicht mache, dann könnte man das seinem Kunden nicht verkaufen.

Management heutzutage funktioniert nur mit Visionen, mit einer Agenda, mit emotionalisierten Bildern. Fakten sind eher zweitrangig und werden so hingebogen, wie man es braucht. Das ist besonders schön zu sehen, wenn das Management wechselt. Der "Neue" muss es ja anders machen, also stimmen alle Visionen des Vorgängers plötzlich nicht mehr.
Nun habe ich mit dem Management von Pharma- oder Chemieunternehmen keine eigene Erfahrung, aber ich habe Freunde und Bekannte, die in solchen Unternehgmen arbeiten und diese berichten durchaus Ähnliches.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #21

Wenn die Produktion realer Güter verschwindet, verschwindet auch großflächig die Notwendigkeit für Dienstleistung im Binnenmarkt.


Worin sind die Fakten zu so einer Aussage begründet?

Ich habe gerade in diesem Forum bei mehreren Gelegenheiten gelesen, man müsse die Subventionen für xxx abschaffen, denn im Ausland könne man das doch so viel günstiger produzieren und in einem globalen Markt muss die Produktion dort erfolgen, wo es am Günstigsten ist. Wie soll es denn nun sein? Sollen wir uns abschotten und möglichst viel selbst produzieren oder sollen wir Teil eines globalen Marktes sein und dort produzieren lassen, wo es am Günstigsten ist?

Dienstleistungen kann man eben im allgemeinen nicht auslagern, daher stellt sich die Frage dort nicht so. Dort ist es eher die Frage, inwieweit Automaten diese Berufe abschaffen.

Der Kritiker

Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

26.06.2014 15:06
#23 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Fakten, Emotionen, rational, irrational.

Da schwirrt einem ja richtig der Kopf.


Der Manager, der diese oder jene Entscheidung trifft, will möglichst viel Geld machen, vermute ich mal, wahlweise auf die Schnelle oder meinetwegen auch "nachhaltig", wahlweise primär für sich und nur sekundär für seinen Laden oder umgekehrt oder beides gleichgewichtet/-zeitig.

Ist der jetzt eigentlich emotional oder rational ?

Ick würde mal so sagen: Erstmal wird der Wille gebildet. EMOTION PUR. Egal, wie der ausschaut, ob asketisch oder gierig.

Ich will leben. Dieser Auffassung sind in der Regel die meisten. Warum eigentlich? Eines Tages sterb ich doch eh und das Gastspiel auf Erden ist in kosmischen Maßstäben nicht mehr als 'n Pups, lohnt sich also eigentlich nicht. Ganz schön emotional also, diese komische Idee, um nicht zu sagen kontrafaktisch.

Erst wenn es die Emotion abzufeiern gilt, kommt der ganze faktische Kram, der berücksichtigt werden muss, um den Willen zum Erfolg zu verhelfen, in 's Spiel. Erst hier kommen die rationalen/kognitiven Fähigkeiten zum Vorschein (falls vorhanden).

Ist die Emotion also was Böses, bzw. jedenfalls zu Vermeidendes ??

Vlt. sind nicht die Emotionen das Problem, sondern das Sich-nicht-darüber-Rechenschaft-Ablegen-Wollen.

Klar geht es bei der ganzen Öko-chose in profunder Weise um Emotionen. Die Natur vermittelt ästhetische Reize. Oder warum fahren die meisten Leute im Urlaub ans Meer oder in die Alpen, statt nach Castrop-Rauxel? Warum geht man lieber im Wald spazieren, statt auf der Müllkippe?

Dennis

AldiOn Offline




Beiträge: 983

28.06.2014 16:51
#24 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat von Kritiker im Beitrag #22
Ich habe persönlich miterlebt, wie ein Standort meines (großen) Unternehmens geschlossen wurde, obwohl die Prognosedaten, auf denen der Beschluss angeblich beruhte offensichtliche Schwächen und Fehler enthielt. Das Management hat die Schließung trotzdem durchgepaukt, weil es beweisen wollte, dass es sich gegen den Betriebsrat durchsetzen kann.
Schon zwei Jahre später hat die Wirklichkeit die Prognose als falsch bewiesen und wir mussten teure externe Arbeitskräfte hereinholen und es wurden Prämien ausgelobt, um interne Arbeitskräfte anzulocken.

Ich habe auch miterlebt, wie der Beschluss, Produktion nach Indien zu verlegen, durchgepaukt wurde, obwohl die angebliche Kostenersparnis offensichtlich schön gerechnet war (und am ende auch nicht stimmte). Grund war, wie dann ein Manager gesagt hat, dass man beweisen wollte, dass man ein internationales Unternehmen sei und eine solche externe Fertigung ist "marktüblich". Wenn man das nicht mache, dann könnte man das seinem Kunden nicht verkaufen.

Management heutzutage funktioniert nur mit Visionen, mit einer Agenda, mit emotionalisierten Bildern. Fakten sind eher zweitrangig
Ein ziemlicher Saftladen in dem Sie arbeiten.Ich an Ihrer Stelle würde mich schon mal langsam nach einem Arbeitsplatz in einem Betrieb umsehen, der eine langfristige Perspektive hat. Wenn man Ihnen glauben will, trifft das nämlich auf das Unternehmen für das sie arbeiten nicht zu.

__________________________________________
Wegen der aktuellen Krise werde ich fortan Krimsekt, russischen Kaviar, russische Puppen, russische Eier und Boeuf Stroganoff boykottieren

Kritiker Offline



Beiträge: 274

29.06.2014 13:14
#25 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat von AldiOn im Beitrag #24

Ein ziemlicher Saftladen in dem Sie arbeiten.Ich an Ihrer Stelle würde mich schon mal langsam nach einem Arbeitsplatz in einem Betrieb umsehen, der eine langfristige Perspektive hat. Wenn man Ihnen glauben will, trifft das nämlich auf das Unternehmen für das sie arbeiten nicht zu.

Keineswegs, unser Unternehmen ist gesund und wirft bereits einige Jahre Gewinne ab.

Aber wie kommen sie zu ihrer Meinung? Sind sie im Management eines großen Unternehmens? Arbeiten sie aktiv im Management so rein und ausschließlich sachorientiert, ohne Visionen, ohne Kommunikationsskills, ohne Emotionaliserung? Haben sie überhaupt eine Ahnung von modernem Management?
Das, was ich beschrieben habe, wird in Management Seminaren gelehrt (ich habe solche mitgemacht und daher festgestellt, dass der Weg ins Management nichts für mich ist). Das, was ich beschrieben habe, ist internationaler Standard in allen großen Unternehmen, insbesondere in den global agierenden.

Die Mechanismen, die ich beschrieben habe, gelten insbesondere auch in der Politik und tatsächlich ist Management und Politik betreiben gar nicht so verschieden.

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