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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 30 Antworten
und wurde 5.131 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Llarian Offline



Beiträge: 6.919

29.06.2014 15:08
#26 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat von Kritiker im Beitrag #22
Ich persönlich liebe Fakten. Aber ich bin selbstkritisch genug, um zu sehen, dass Fakten oft sehr mehrdeutig sind, nicht reichen und oft auch zweitrangig sind. Diese Erkenntnis ist bei mir gewachsen, weil ich mehrmals mit einer auf Fakten basierten Analyse nicht durchgedrungen bin zu den Entscheidern, weil ich schlecht im Emotionalisieren bin (man kann auch verkaufen dazu sagen).

Okay, Sie haben Probleme die Fakten richtig darzustellen ("rüberzubringen"). Das muss nicht für andere gelten. Sie haben vor ihrem Problem kapituliert und suchen nun einen anderen Weg, was für sich in Ordnung ist. Aber in gewissem Sinne läuft das darauf hinaus, dass man die Wahrheit (die Fakten) mit der Unwahrheit (der Emotion) transportieren muss. Ich halte das für grundfalsch, denn es beinhaltet auch eine Beleidigung des Gegenübers nicht mit Realität umgehen zu können.

Zitat
Ich bin den umgekehrten Weg gegangen. Ich habe mal die Fakten-misshandelnde Art der Grünen stark abgelehnt (damals im Zusammenhang mit Kernkraftwerken), bin aber im Laufe der Jahre älter und klüger geworden. Nämlich dahingehend, dass ich erkannt habe, dass nicht der Erfolg hat, der die besseren Fakten hat, sondern der, der seine Interpretation derselben besser verkauft.

Ich bin auch zu der Erkenntnis gekommen, dass man Sorgen und Ängste anderer nicht ignorieren oder mit Zahlen erschlagen kann. Man muss mit diesen umgehen, sie adressieren. Und wenn die Leute Angst haben vor einem Kernkraftwerk (vor Luftverschmutzung, vor dem Wetter, vor den Russen, vor der NSA, vor....) dann reicht es nicht, mit Wahrscheinlichkeiten zu hantieren oder denen zu sagen, dass sie irrational sind. Man muss Bilder finden, die die Ängste nehmen. Und größere Ängste zu schüren, funktioniert in der Regel auch nicht, denn da ist zu bald eine Sättigung erreicht.


Man muss Menschen generell ernst nehmen, aber ihre Ängste auch genau als solche behandeln. Und sie nicht füttern. Wenn ein Kind Angst vor einem Monster im Kleiderschrank hat, dann hat man zwei Möglichkeiten: Man kann dem Kind den Kleiderschrank zeigen. Oder man kann es mit ins Elternbett nehmen. Ersteres ist ein Anspruch der Ratio, zweiteres ein Anspruch der Gefühle. Bei einem nun zweijährigen Kind wäre die zweite Lösung wohl noch angebracht, bei einem zehnjährigen dagegen nicht mehr. Eltern nehmen die Ängste ihrer Kinder ernst, sie sprechen darüber, aber sie sind gut beraten Ängste auch als Ängste zu betrachten und sie nicht als rationales Argument zu werten. Bei einem Erwachsenen trifft das umso mehr zu. Wenn jemand Angst hat vor Strahlung von Mobiltelefonen, dann muss man ihm erklären, dass dem nicht so ist. Es macht überhaupt keinen Sinn der Angst nachzugeben, ihn von der "bösen Strahlung" abzuschirmen oder ihm einen Aufkleber in die Hand zu drücken, der ihn vor der "bösen Strahlung" beschützt. Ängste sind immer ernst zu nehmen, aber eben als Ängste und nicht als Argumente. Wenn unsere (vor allem grüne) Politik darauf aus ist Ängste als solche zu Fakten zu erklären, dann ist das nichts weiter als denjenigen mit der Angst wie einen Zweijährigen zu behandeln.

Zitat
Zitat von Llarian im Beitrag #19

Wir haben eine massive Wanderung der industriellen Produktion ins Ausland.


Fakten?


Haben Sie doch gerade selber genannt. Ein Absinken von 20 Prozent Produktion im Stahlbereich (während der weltweite Bedarf in der selben Zeit sich verfielfacht hat) ist schon recht deutlich. Eine schöne kleine Zusammenfassung kann man hier nachlesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_H..._in_Deutschland
Das selbe Bild haben wir in der Zementindustrie: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_g...ementhersteller
Bei anderen Grundstoffen sieht es nicht besser aus, Deutschland spielt für nahezu alle energieintensiven Materialien (Paradebeispiel Aluminium) international nahezu keine Rolle mehr. Früher hat man Rohstoffe aus dem Ausland importiert, heute sind es zunehmend Grundstoffe. Es merkt nur kaum einer. Überflüssig zu sagen, dass hunderttausende Arbeitsplätze dabei weggefallen sind.

Zitat
Stahl ist ein ganz schlechtes Beispiel in dieser Diskussion.


Eigentlich ist es ein sehr gutes Beispiel, denn es symbolisiert die meisten Probleme in Deutschland sehr, sehr gut. Allerdings fehlt Ihnen, auch wenn das jetzt nicht höflich ist, ein bischen das Wissen darüber, wie Sie hier zeigen:

Zitat
Die Stahlproduktion in Deutschland ist seit 1970 in etwa konstant: http://de.wikipedia.org/wiki/Stahl/Tabellen_und_Grafiken Lediglich der Anteil an der Weltproduktion hat sich von 8,4% auf etwa 3% verringert.
Das heisst aber, dass Umweltschutz Fragen für die Stahlproduktion in Deutschland keine Rolle gespielt haben oder spielen.
Und die EEG hat darauf auch keinen Einfluss, denn die Stahlindustrie gehört ja gerade zu den Industrien, die von der Umlage ausgenommen sind.
Die Abwanderung nach China hatte hauptsächlich ihre Ursache an der Subventionierung durch die chinesische Regierung und den billigen Arbeitslöhnen.


Das ist nahezu alles falsch. Die Produktion ist deutlich gesunken, 20% sind ein gewaltiger Verlust, insbesondere im Rahmen der Tatsache, dass sich der weltweite Bedarf massiv erhöht hat. Umweltschutz ist ein zentrales Thema in jedem deutschen Stahlwerk. Entschwefelung, Entstaubung, Schlackenentsorgung, Wasserwirtschaft, das kostet Abermillionen. Abermillionen die vielfach im Ausland deutlich günstiger sind. Umweltschutz spielt hier eine massive Rolle: Heute ist eine Entstaubung für eine Konverteranlage oftmals nicht weniger aufwendig als der Konverter selbst. Und größer allemal. Und ausgenommen ist die Stahlindustrie auch nicht, ganz im Gegenteil. Für den aus Kuppelgasen erzeugten Eigenstrom fällt demnächst eine deutlich Abgabe an. Die Kosten für den neuesten Gag, das Backloading von CO2 Zertifikaten, wird die deutsche Stahlindustrie alleine einen dreistelligen Millionenbetrag kosten. Und die Umlage alleine, egal wie sie genau ausfällt, ist nicht das einzige Problem, dass aus dem EEG resultiert. Vielmehr ist es so, dass die Stromerzeuger jede Menge Kosten aus dem EEG auf ihren Strom aufschlagen müssen (beispielsweise den Stromvorrang von Ökostrom) und den zahlt die Stahlindustrie voll mit.
Was meinen Sie denn wo die Verlagerung herkommt ? Wenn die so weiter machen, dann wird es in 20 Jahren in Deutschland keine nennenswerte Stahlproduktion mehr geben. Denn so effizient und gut (und das ist der deutsche Stahl) können Sie gar nicht werden, um solche Nachteile auszugleichen.
Und der Vollständigkeit halber: Die Arbeitskosten spielen auch bei chinesischem Stahl eine vergleichsweise untergeordenete Rolle. Heute erzeugen in einer gut gebauten (deutschen) Hütte um die 5000 Arbeiter mehr als zwei Millionen Tonnen Stahl. Das sind selbst bei deutschen Löhnen kaum 100 Euro pro Tonne. Klar ist das Geld, aber das alleine bricht dem deutschen Stahl nicht den Hals. (Das besorgt das EEG viel besser)

Zitat
Ich habe persönlich miterlebt, wie ein Standort meines (großen) Unternehmens geschlossen wurde, obwohl die Prognosedaten, auf denen der Beschluss angeblich beruhte offensichtliche Schwächen und Fehler enthielt.


Hier verwechseln Sie etwas: Und zwar Einschätzung und Emotion. Fakten sind, wie Sie ja selber schrieben, durchaus mehrdeutig. Und ein Manager ist gehalten eine Einschätzung zu treffen. Das muss nicht ihre seine. Oder die eines anderen. Es muss seine sein. Und umso besser diese mit der Realität übereinstimmt, umso besser wird das Ergebnis sein. Es ist nicht davon abhängig was der Manager fühlt, sondern was die Realität dahinter ist. Wenn er eine Entscheidung lieber aus seinem Bauch heraus trifft, so kann er das tun: Aber es ist riskant. Denn Fehler haben eben auch Folgen. Erfolgreiche Manager machen wenig Fehler, entgegen den deutschen Unkenrufen. Simpel gesagt: Ein Wähler kann durchaus emotional wählen, eine Stimme hat ohnehin nicht viel Gewicht und wird auch genauso behandelt. Investiert der selbe Wähler aber sein Geld, dann gehen Emotionen deutlich zurück. Man wählt zwar grün, aber die Aktien können dann doch von der deutschen Bank sein. Beim Manager ist es nicht anders, der wählt vielleicht auch aus dem Bauch heraus, aber seine wirtschaftlichen Entscheidungen sind, so er ein erfolgreicher Manager ist, faktengetrieben.
Das heisst nicht, dass die Entscheidung am Ende richtig ist, er kann sich geirrt haben. Was aber nichts am Prozess ändert. Wer seinen Verstand für eine Entscheidung wählt, der kann Pech haben und sich irren. Wer dagegen seinen Bauch entscheiden lässt, der kann auch würfeln. Und mit würfeln kommt man so weit nicht.

Zitat
Nun habe ich mit dem Management von Pharma- oder Chemieunternehmen keine eigene Erfahrung, aber ich habe Freunde und Bekannte, die in solchen Unternehgmen arbeiten und diese berichten durchaus Ähnliches.


Die werden sicher den selben Einblick in die Entscheidungsfindung ihrer Chefs haben wie Sie. Ich frage mich immer wo das herkommt. Es gibt so viele Menschen die so sicher wissen, was ihr Chef denkt. Und dennoch die Gehalts- und Karriereverhandlungen mit dummen Fehlern versauen. Weil sie ja so sicher wissen was der Chef denkt. Ich bin da anders: Ich weiss nicht was mein Chef denkt. Oder mein Chef-Chef. Oder der Vorstand. Oder der Aufsichtsrat. Was ich weiss ist, dass jemand der darüber nachdenkt was er tut, mit Sicherheit mehr Erfolg hat. Und Erfolglosigkeit wird im Kapitalismus böse bestraft.

Zitat
Ich habe gerade in diesem Forum bei mehreren Gelegenheiten gelesen, man müsse die Subventionen für xxx abschaffen, denn im Ausland könne man das doch so viel günstiger produzieren und in einem globalen Markt muss die Produktion dort erfolgen, wo es am Günstigsten ist. Wie soll es denn nun sein? Sollen wir uns abschotten und möglichst viel selbst produzieren oder sollen wir Teil eines globalen Marktes sein und dort produzieren lassen, wo es am Günstigsten ist?


Letzteres natürlich, aber das geht ja am Thema vorbei: Wenn zwei laufen, dann soll der gewinnen, der schneller ist. Aber es macht wenig Sinn dem einen noch ein Bein abzubinden und ihn über Hürden springen zu lassen und das ganze dann als bestes Ergebnis zu bezeichnen. Es geht nicht um Subvention, es geht um Steine, die man in den Weg legt. Obwohl, nach Steinbrückscher Leseart ist eine Steuer, die man nicht erhebt, ja auch eine Subvention.
Unabhängig von der Polemik: Man kann ja in Deutschland vieles günstiger produzieren als anders wo. Aber jede Günstigkeit hat ihre Grenze wenn mehr und mehr Kosten geschaffen werden.

Zitat
Dienstleistungen kann man eben im allgemeinen nicht auslagern, daher stellt sich die Frage dort nicht so.


Dann bestellen Sie demnächst mal in einer großen Stadt ein Taxi und fragen mal die Person, wo sie sitzt. Das könnte sehr überraschend werden. Noch lustiger wird es, wenn sie die technische Hotline von Elektrogeräten anrufen. Lassen Sie sich dann nicht vom Akzent irrtieren. Und bevor Sie sich zu sicher fühlen: Es gibt Firmen die mit externer IT arbeiten. Die kann auch zu grossen Teilen auf einem anderen Kontinent sitzen.

Kritiker Offline



Beiträge: 274

30.06.2014 13:02
#27 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #26

Man muss Menschen generell ernst nehmen, aber ihre Ängste auch genau als solche behandeln. Und sie nicht füttern.
...
Ängste sind immer ernst zu nehmen, aber eben als Ängste und nicht als Argumente.


Volle Zustimmung. Aber
1. Das Füttern ist in der Politik erfolgreich, daher wird es immer wieder gemacht. Nicht nur von den Grünen, auch von anderen Parteien CDU, CSU, SPD, auch den Liberalen oder der AfD
2. Ängste ernst zu nehmen klappt, wenn man eine einzelne Person vor sich hat. Wenn es um die Masse geht, dann funktioniert praktisch keine Strategie, die Ängste zu mildern, denn es ist immer jemand darunter, der darauf nicht reagiert, sondern Angst-essen-Seele-auf Argumente bringt. Das ist ja gerade das zentrale Problem unseres Medienzeitalters. Und die Medienvertreter wollen doch auch "nur ihren Job machen". Das ist auch kein Problem von grün/rot, sondern ein zentraler Mechanismus unabhängig von der politischen Einstellung.

Zitat von Llarian im Beitrag #26

Wir haben eine massive Wanderung der industriellen Produktion ins Ausland.

Zitat

Fakten?

Haben Sie doch gerade selber genannt. Ein Absinken von 20 Prozent Produktion im Stahlbereich (während der weltweite Bedarf in der selben Zeit sich verfielfacht hat) ist schon recht deutlich. Eine schöne kleine Zusammenfassung kann man hier nachlesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_H..._in_Deutschland
Das selbe Bild haben wir in der Zementindustrie: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_g...ementhersteller


Das ist ein sehr schönes Beispiel von "glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast"
Wieso zeigen die genannten Beispiele ein Absinken der Produktion? Oder gar von einer Abwanderung? Ich sehe lediglich eine Liste von Werken. Direkte Statistiken sprechen eine andere Sprache.
Die Anzahl der Beschäftigten in der Stahlindustrie in Deutschland ist seit 2005 konstant (an die Zahlen vorher kommt man nur mit einem kostenpflichtigen Login):
http://de.statista.com/statistik/daten/s...land-seit-1950/

Die Beschäftigten in der Zementindustrie gingen Anfang des Jahrtausends herunter. Aktuell sind sie seit 2005 ebenfalls konstant
http://de.statista.com/statistik/daten/s...trie-seit-2000/

Bei dem eigentlichen Jobmotor in Deutschland, der Automobilindustrie, ist seit 2005 eine leichte Erhöhung der Beschäftigtenzahlen zu verzeichnen (die von den Jobzahlen her die Anzahl der Beschäftigten ind Stahl- und Zementindustrie locker übertreffen)
http://de.statista.com/statistik/daten/s...mobilindustrie/

Von einer "massiven" Abwanderung ist jedenfalls nichts zu sehen.

Zitat von Llarian im Beitrag #26

Das ist nahezu alles falsch. Die Produktion ist deutlich gesunken, 20% sind ein gewaltiger Verlust, insbesondere im Rahmen der Tatsache, dass sich der weltweite Bedarf massiv erhöht hat. Umweltschutz ist ein zentrales Thema in jedem deutschen Stahlwerk.


Auch eine Frage der Lesart der Statistik.
Aus den in Wikipedia vorhandenen Zahlen ist die Stahlproduktion konjunkturbedingt sehr stark schwankend. Nimmt man den 1970 Wert als Basis (was man auch nicht machen sollte, man müsste einen 10-Jahres Mittel oder so nehmen, um Umweltschutz Effekte sehen zu können), ist die Stahlproduktion in Deutschland seitdem zwischen 3,8% und 31% gesunken (die 31% war die konjunkturelle Flaute 2009). Aktuell ist der Verlust bei 13%.
Und, wie gerade eben zitiert, diese Schwankungen haben keinen Einfluss auf die Arbeitsplatzzahlen.

Dass Umweltschutz ein Thema bei Stahlwerken ist, will ich ja gar nicht bestreiten. In Deutschland wird darauf geschaut, wenn nicht von der Politik, dann von den Nimbys nebenan. Aber der Effekt ist für Gesamtdeutschland gering, auf jeden Fall kein Grund, Apokalyptiker zu werden.

Zitat von Llarian im Beitrag #26

Hier verwechseln Sie etwas: Und zwar Einschätzung und Emotion. Fakten sind, wie Sie ja selber schrieben, durchaus mehrdeutig.
...
Wer seinen Verstand für eine Entscheidung wählt, der kann Pech haben und sich irren. Wer dagegen seinen Bauch entscheiden lässt, der kann auch würfeln. Und mit würfeln kommt man so weit nicht.


Ihre Argumentation ist praktisch dieselbe, wie meine. Ihre Bewertung nicht. Denn der Unterschied von Bauch zu Verstand ist extrem diffizil. Wenn Fakten mehrdeutig sind, dann entscheidet der Bauch nach folgendem Rezept:
- Mein Bauch sagt mir, wohin ich will, was ich erreichen will, was ich richtig und falsch finde.
- Ich studiere die Fakten. Die sind nicht eindeutig und müssen interpretiert werden.
- Also nehme ich in den Fakten bevorzugt die wahr, die meinem Bauchgefühl entspricht und meine Meinung bestätigt.
- Diese Fakten hebe ich in meiner Argumentation hervor.

Wie dieses Programm abläuft, haben sie an Hand der Statistiken gut gezeigt und ich habe auf Basis derselben Fakten eine andere Interpretation aufgezeigt. Die Entscheidung, wer Recht hat, liegt in ihrem Bauch bzw. in meinem. Die Fakten sind dieselben.

Zitat von Llarian im Beitrag #26

Dann bestellen Sie demnächst mal in einer großen Stadt ein Taxi und fragen mal die Person, wo sie sitzt.


Der Taxifahrer sitzt auf jeden Fall in Deutschland vor mir. Vielleicht ist er kein Deutscher, demnächst vielleicht ein Google Roboter. Aber ich kann nicht das Taxi nehmen, das in China herumfährt. Ich denke, es war klar, dass ich das gemeint habe (oder den Friseur oder den Fliesenleger oder...)

Übrigens gab es da noch die Behauptung, dass wenn die Produktion aus Deutschland abwandert, auch die Dienstleistungen abwandern. Gibt es dazu Fakten?

Der Kritiker

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

30.06.2014 13:21
#28 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat
Übrigens gab es da noch die Behauptung, dass wenn die Produktion aus Deutschland abwandert, auch die Dienstleistungen abwandern. Gibt es dazu Fakten?



"Die" Dienstleistungen? Bestimmte Unterstützungsdienstleistungen für die Industrie und ihre Angestellten wandern ab. Je weniger Leute Arbeit haben, destso weniger Arbeit gibt es für untersützende Dienstleistungen wie Bringservice, Mensa, Haushälter, Babysitter, etc...

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

30.06.2014 14:09
#29 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #28

Zitat
Übrigens gab es da noch die Behauptung, dass wenn die Produktion aus Deutschland abwandert, auch die Dienstleistungen abwandern. Gibt es dazu Fakten?


"Die" Dienstleistungen? Bestimmte Unterstützungsdienstleistungen für die Industrie und ihre Angestellten wandern ab. Je weniger Leute Arbeit haben, destso weniger Arbeit gibt es für untersützende Dienstleistungen wie Bringservice, Mensa, Haushälter, Babysitter, etc...

Dafür gibt es mehr Stellen beim Arbeitsamt.

Llarian Offline



Beiträge: 6.919

30.06.2014 23:42
#30 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat von Kritiker im Beitrag #27
1. Das Füttern ist in der Politik erfolgreich, daher wird es immer wieder gemacht. Nicht nur von den Grünen, auch von anderen Parteien CDU, CSU, SPD, auch den Liberalen oder der AfD
2. Ängste ernst zu nehmen klappt, wenn man eine einzelne Person vor sich hat. Wenn es um die Masse geht, dann funktioniert praktisch keine Strategie, die Ängste zu mildern, denn es ist immer jemand darunter, der darauf nicht reagiert, sondern Angst-essen-Seele-auf Argumente bringt. Das ist ja gerade das zentrale Problem unseres Medienzeitalters. Und die Medienvertreter wollen doch auch "nur ihren Job machen". Das ist auch kein Problem von grün/rot, sondern ein zentraler Mechanismus unabhängig von der politischen Einstellung.

Ich sehe auch beide Punkte. Gerade den zweiten. Allerdings bin ich nicht unbedingt der Meinung das das ein Problem der Masse selber ist sondern ein Problem einzelner die die Angst für sich nutzen. Ich habe die Erfahrung gemacht umso anonymer eine Gruppe ist, umso eher findet sich dieser einzelne. Aber in meinem beruflichen Leben ist mir das bisher kaum begegnet. Es ist auch eine Frage wie man solche Dinge bewertet und ich meine es handelt sich um ein verwerfliches Verhalten. Volksverhetzung im Sinne der Nazis funktioniert ja auch, und ist ebenso verwerflich. Es ist auch durchaus im Focus dieser Artikelserie diesen Mechanismus aufzuzeigen, denn er findet sich an vielen Stellen.

Zitat
Das ist ein sehr schönes Beispiel von "glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast"
Wieso zeigen die genannten Beispiele ein Absinken der Produktion? Oder gar von einer Abwanderung? Ich sehe lediglich eine Liste von Werken.


Sie sollten mehr sehen als das. Sehen Sie sich mal die Jahreszahlen an, wann welche Werke gebaut worden sind und wann sie geschlossen wurden. Die Tendenz brüllt einen geradezu an.

Zitat
Direkte Statistiken sprechen eine andere Sprache. Die Anzahl der Beschäftigten in der Stahlindustrie in Deutschland ist seit 2005 konstant (an die Zahlen vorher kommt man nur mit einem kostenpflichtigen Login):


Man kommt auch dran, wenn man einfach googelt. Und dann stellt man tatsächlich eine eindeutige Sprache fest. Die das Gegenteil aussagt von dem, was Sie ausführen. In den siebziger Jahren gab es mehr als 300.000 Arbeiter in der Stahl- und Hüttenindustrie, heute sind es knapp 100.000. Wie eindeutig soll es noch werden ? Das es seit 2005 nicht mehr so viele Verluste gegeben hat, hat vor allem mit dem Stahlboom 2006-2008 zu tun und zum anderen mit der Wirtschaftskrise bei der europäischen Konkurrenz seit der Finanzkrise zu tun. Denn in einigen Nachbarländern sind seit dem Hütten geschlossen worden, was der deutschen Stahlindustrie ein bischen Luft gegeben hat. Aber das sind beides Einmaleffekte. Der dahinter liegende Weg ist seit Mitte der siebziger Jahre relativ eindeutig.

Zitat
Von einer "massiven" Abwanderung ist jedenfalls nichts zu sehen.


Massiv kann halt unterschiedlich verstanden werden. Wir haben seit Mitte der siebziger Jahre 2/3 der Belegschaft, über die Hälfte der Hütten und gut 20 Prozent Produktion eingebüsst. Und das in einem Umfeld wo die weltweite Nachfrage sich verfielfacht hat. Wo fängt bei Ihnen massiv an ?

Zitat
Aus den in Wikipedia vorhandenen Zahlen ist die Stahlproduktion konjunkturbedingt sehr stark schwankend.


Richtig. Und da hilft es anstelle von Wikipedia vielleicht jemanden zu fragen, der sich damit ausgekennt. Und der wird Ihnen sagen, dass der letzte Stahlzyklus ein viel größeres Problem verdeckt und das ist mangelnde internationale Nachfrage nach europäischem Stahl. Weil er eben teuer ist. Wir haben in Europa gut 25 Millionen Jahrestonnen zuviel, das entspricht ungefähr 5 großen integrierten Hüttenwerken mit etwa 5.000 bis 10.000 Mitarbeitern. Das steht nicht in der Wikipedia.

Zitat
Und, wie gerade eben zitiert, diese Schwankungen haben keinen Einfluss auf die Arbeitsplatzzahlen.


Das ist zwar richtig, aber aus anderen Gründen. Die deutlichsten Wirkungen auf die Arbeitsplätze sind Rationalisierungseffekte. Wenn die Produktion um 20 Prozent sinkt, dann kann die Belegschaft nicht deshalb um 2/3 kleiner werden. Aber auch die 20% machen eine Menge aus. Und die Zukunftsaussichten sind düster. In Deutschland gibt es derzeit mit ganz wenigen Ausnahmen keine Großprojekte mehr, die finden in Indien, China, Südamerika und seit neuestem in Nordamerika statt.

Zitat
Aber der Effekt ist für Gesamtdeutschland gering, auf jeden Fall kein Grund, Apokalyptiker zu werden.


Der Verlust von einer knappen Viertelmillion Arbeitsplätzen ist über die Zeitspanne von 40 Jahren in der Tat nicht auffällig. Aber zwei Dinge sind schon zu erwähnen: Zum einen ist das Problem sympthomatisch für alle energieintensiven Industrien. Stahl ist nur eine, NE-Metalle sind eine zweite, Zement, Glas, eigentlich alles was große Mengen an Prozesswärme benötigt. Die wandern alle ab, die einen früher, die anderen später. Und es ist ja nicht so, dass diese Dinge nicht nach wie vor hergestellt werden, nur eben dann nicht mehr in Deutschland. Zweitens halte ich den Verlust von Basisindustrien für geradezu fahrlässig. Es mögen nur 100.000 Leute sein, die direkt mit dem Stahl Geld verdienen, aber die stahlverarbeitende Industrie hat Millionen Angestellte in Deutschland. Hier wird eine seit Jahrzehnten gut funktionierende Prozesskette gefährdet, wenn nicht zerstört. Und die kann man nicht mal eben so wieder aufbauen.

Zitat

- Mein Bauch sagt mir, wohin ich will, was ich erreichen will, was ich richtig und falsch finde.
- Ich studiere die Fakten. Die sind nicht eindeutig und müssen interpretiert werden.
- Also nehme ich in den Fakten bevorzugt die wahr, die meinem Bauchgefühl entspricht und meine Meinung bestätigt.
- Diese Fakten hebe ich in meiner Argumentation hervor.


Diese Methodik ist vertraut. Und funktioniert bei allen Menschen die emotional richtige Entscheidungen treffen. Nach meinem Dafürhalten sind das aber die wenigsten. Für die anderen gilt dem eigenen Bauchgefühl besser nicht zu sehr zu trauen. Simples Beispiel: Wenns nach meinem Bauch geht (im wahrsten Sinne des Wortes), dann werde ich gleich in die Küche gehen und eine Tafel Schockolade essen. Mein Verstand sagt mir, dass das sehr dumm wäre. Ich kann auf meinen Bauch hören oder meinen Verstand. Ich kann auch gehen und versuchen mein Bauchgefühl zu rationalisieren. Alleine, dadurch wird es nicht richtig. Ein Manager ist gut beraten auf seinen Verstand zu hören, sonst trifft er falsche Entscheidungen. Und falsche Entscheidungen führen zum Scheitern. Gute Manager scheitern dagegen selten.

Zitat
Der Taxifahrer sitzt auf jeden Fall in Deutschland vor mir. Vielleicht ist er kein Deutscher, demnächst vielleicht ein Google Roboter. Aber ich kann nicht das Taxi nehmen, das in China herumfährt. Ich denke, es war klar, dass ich das gemeint habe (oder den Friseur oder den Fliesenleger oder...)


Der Fahrer selber ja. Seine Leitstelle schon nicht mehr. Es betrifft sicher nicht jede Dienstleistung. Aber durchaus jede Menge.

Zitat
Übrigens gab es da noch die Behauptung, dass wenn die Produktion aus Deutschland abwandert, auch die Dienstleistungen abwandern. Gibt es dazu Fakten?


Naja, wenn eine bestimmte Industrie nicht mehr da ist, kann sie auch keine Dienstleistungen mehr abfragen, oder ? Sie greifen etwas kurz, wenn sie meinen das Dienstleistungen nur privat nachgefragt werden. Haben Sie sich mal überlegt wieviele Jobs und Dienstleister an einem großen Produktionsbetrieb hängen ?
Aber ich glaube die Grundthese ist eher eine andere: Nämlich ob eine Gesellschaft davon leben kann sich gegenseitig die Haare zu schneiden. Und das ist trivialerweise eben nicht der Fall. Simpel gesagt: Dienstleistungen machen nicht satt, sie produzieren keine Nahrung, keine Autos, keine Konsumgüter, keine Medizin und auch sonst wenig was sie anfassen können. Jetzt kann man das sicher alles von denjenigen kaufen, die noch produzieren. Nur, was gibt man denen dafür ?

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 1.994

01.07.2014 10:54
#31 RE: Und wenn er nicht gestorben ist ... Antworten

Zitat von Kritiker im Beitrag #27
Übrigens gab es da noch die Behauptung, dass wenn die Produktion aus Deutschland abwandert, auch die Dienstleistungen abwandern. Gibt es dazu Fakten?
Eigentlich wollte ich es bei dem Gesagten belassen, weil ich die Diskussion als wenig ergiebig empfinde. Da Sie allerdings noch einmal explizit nachfragen, versuche ich aber Ihnen zu antworten.
Zitat von Kritiker im Beitrag #22
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #21

Wenn die Produktion realer Güter verschwindet, verschwindet auch großflächig die Notwendigkeit für Dienstleistung im Binnenmarkt.

Worin sind die Fakten zu so einer Aussage begründet?
Das ist keine Aussage, die ich aus Fakten ableite, sondern ein aus meiner Sicht recht einfacher logischer Schluß: Der Mensch braucht reale Güter, um sein Leben zu gestalten. Letzten Endes muß er essen und "will er seine Umwelt formen". Das geht nicht durch Dienstleistung, sondern nur durch reale Güter. Wie soll ein Notarzt ohne „Arznei“ helfen, wie ein Pilot ohne Flugzeuge Passagiere transportieren, wie der Friseur ohne Schere Haare schneiden, wie ein Taxifahrer ohne Auto Fahrgäste befördern,….? „Von Dienstleistungen wird man nicht satt“. Dienstleistungen können über mannigfaltige Art an der Produktion realer Güter partizipieren, aber keine eigenen, realen Werte schaffen. Es sei denn man verkauft sie extern, dorthin wo die realen Güter eben erzeugt werden. Das kann aber allenfalls bedingt gelingen.


Wo ich gerade dabei bin Ihnen zu antworten, auch dieser Hinweis.
Zitat von Kritiker im Beitrag #22
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #17

Wie schwerwiegend die Folgen sein werden, bleibt abzuwarten. Dass es zu (Teil-)Abwanderung diverser Industriezweige, mit allen nachgelagerten Folgen, kommen könnte, scheint aber nicht alleine der Phantasie zu entspringen. So könnte man zumindest solche Meldungen durchaus interpretieren.

Ja könnte man.
Genauso, wie man die Tatsache von Schäden in den Wäldern als Kennzeichen für ein allgemeines Waldsterben interpretieren konnte.

Wenn mir ein Unternehmenslenker sagt, er baut ein Werk in den USA weil dort die Energiekosten drastisch niedriger sind, dann hat das eine andere Evidenz, als wenn jemand unbelegte „wissenschaftliche Zusammenhänge“ konstruiert und diese als Fakten verkauft.

Ein Konjunktiv in der Formulierung muß nicht notwendigerweise Ausdruck der Validität sein, welche man dem eigenen Argument beimißt, sondern kann auch Ausdruck dafür sein, dass man dem Gegenüber seine eigenen Schlüssen zugestehen möchte. - Ihre sehen dabei augenscheinlich anders aus als meine.

Herzlich

nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

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