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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 39 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
R.A. Offline



Beiträge: 8.171

29.07.2014 19:05
#26 RE: Mit Dank für den Tisch Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #24
Der wirtschaftliche Nutzen ist für die Erbenfamilie auf die jährliche Ausschüttung beschränkt.
Es erscheint daher auch absolut fair und korrekt, auch nur diese jährliche Ausschüttung zu besteuern.

Bei einer Stiftung, die wirklich nur Geld ausschüttet und die Erben ansonsten keine weiteren Möglichkeiten haben, stimme ich völlig zu. Da wäre Erbschaftssteuer fehl am Platze.

Aber das irritiert mich:

Zitat
Das mit der Entscheidungsgewalt ist schon etwas kniffliger, weil diese der Erbenfamilie ggf. entgleiten kann und sie sich diese dann u.U. nicht zurück holen kann.


Ich bin schon davon ausgegangen, daß die Erben über die Stiftung auch die Firma kontrollieren. Das wird ja wohl der Normalfall sein, und dann würde ich sie eben auch als Besitzer behandeln und den Vermögenszuwachs versteuern.

Wenn das nicht der Fall ist (wie im Krupp-Beispiel), dann gibt das interessante andere Probleme. Eigentlich halte ich das für ziemlich abstrus (bis gefährlich), wenn ein Unternehmen von irgendwelchen Leuten kontrolliert wird, die nicht Eigentümer sind und keine direkte Verantwortung tragen. Wem sind die eigentlich rechenschaftspflichtig? Das sind ja dann irgendwie Zombie-Konzerne mit unklaren Machtverhältnissen.
Kommt mir alles sehr dubios vor, aber mir fehlt da auch der Hintergrund.

Zitat
Und dann gibt es noch eine ganz entscheidende Einschränkung: Die Erbenfamilie kann nie vollumfänglich "Kasse machen".


Das ist richtig und eine gewisse Einschränkung. Wahrscheinlich aber selten von Belang.

Aber es zeigt, daß die Familienstiftungen auch auf ein problematisches Verhältnis des Erblassers zu seinen Nachkommen hinweist. Eigentlich sagt er seinen Kindern damit: Ihr könnt sowieso nicht mit der Sache umgehen.
Die Familie bekommt zwar ein hohes leistungsloses und lebenslängliches Einkommen - aber nicht die Verantwortung. Eigentlich eine ziemlich trübselige Lebensplanung.

Ich würde das meinen Kindern nicht antun.
Entweder kriegen sie den Laden, müssen dann halt Steuern zahlen, können dann aber damit machen was sie selber für richtig halten. Incl. Verkauf.
Oder ich bringe ihn noch selber an die Börse, gebe ihnen direkt oder per Erbe ein mir angemessen scheinendes Stück Geld auf die Faust - und den Rest verwende ich nach eigenem Gusto.

Familienstiftungen sind vielleicht in erster Linie ein Vehikel für dominante Gründerpatriarchen, die alle Leute außer sich selber ohnehin für unfähig halten und ihr Lebenswerk konservieren möchten.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

29.07.2014 19:14
#27 RE: Mit Dank für den Tisch Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #25
Denn was die Erbschaftsteuer ja so problematisch für Unternehmen macht ist die Tatsache, dass da plötzlich ein sehr großer Steuerbetrag fällig wird, der den Gewinn des laufenden Jahres sehr deutlich übersteigt.

Das kann eigentlich kein Problem sein!

In meinem Ansatz trenne ich ganz konsequent zwischen der Firma und ihrem Vermögen und dem Erben. Wenn der Erbe privat seine Erbschaftssteuer zahlt, belastet das die Firma überhaupt nicht.
Was dann notfalls aus einem Kredit geschieht, der persönlich auf den Erben läuft und aus den jährlichen Ausschüttungen bedient wird. Als wäre es eben ein Kauf - aber zu einem extrem günstigen Preis, also immer lukrativ.


Wenn oft über die Erbschaftssteuerbelastung bei mittelständischen Familienunternehmen gestöhnt wird, dann vermute ich schlicht eine falsche Berechnung des Firmenwerts. Denn es darf natürlich nur der echte Ertrag genommen werden, wie er auch für einen Käufer relevant wäre - und nicht etwa der Überschuß, der auch den Unternehmerlohn für den Firmenchef enthält.

Zitat
Die Berechnung eines "realistischen Ertragswerts" ist gar nicht so einfach und lädt zu "Steuer-Kreativität" geradezu ein.


Das ist natürlich richtig. Ist aber kein unlösbares Problem.

Zitat
Die Erbschaftsteuer wird als Zuschlag zur Einkommensteuer berechnet. (Für alles Kapital-Einkommen, dass aus dem vererbten Vermögen erwirtschaftet wird). Sagen wir mal ein Zuschlag von 10 Prozentpunkten über 10 Jahre.
Dadurch werden einerseits Tricksereien zum Übergabejahr unwirksam.


Tricksereien exakt zum Übergabejahr schon. Aber so genau planbar stirbt ein Firmeninhaber selten, daß man noch die Bilanz entsprechend frisieren könnte (das wäre eher ein Thema für Schenkungen zu Lebzeiten).
Im Prinzip müßte man die Tricksereien dann etwas zeitlich strecken, d.h. die Gewinne erst einmal im Unternehmen lassen.

Aber grundsätzlich denke ich auch an solche langfristigen Berechnungsmethoden, wenn ich von einem lösbaren Problem spreche.

Florian Offline



Beiträge: 3.136

29.07.2014 20:23
#28 RE: Mit Dank für den Tisch Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #27
Zitat von Florian im Beitrag #25
Denn was die Erbschaftsteuer ja so problematisch für Unternehmen macht ist die Tatsache, dass da plötzlich ein sehr großer Steuerbetrag fällig wird, der den Gewinn des laufenden Jahres sehr deutlich übersteigt.

Das kann eigentlich kein Problem sein!

In meinem Ansatz trenne ich ganz konsequent zwischen der Firma und ihrem Vermögen und dem Erben. Wenn der Erbe privat seine Erbschaftssteuer zahlt, belastet das die Firma überhaupt nicht.
Was dann notfalls aus einem Kredit geschieht, der persönlich auf den Erben läuft und aus den jährlichen Ausschüttungen bedient wird. Als wäre es eben ein Kauf - aber zu einem extrem günstigen Preis, also immer lukrativ.



Und woher bekommt der Erbe diesen Kredit?
Von einer Bank nur gegen Sicherheiten. Und was ist die Sicherheit für den Kredit? Das Unternehmen.*

Ist also wirtschaftlich identisch mit dem Fall, dass sich das Unternehmen selbst in Höhe der Erbschaftsteuer verschuldet.

Diese gedankliche Trennung löst daher überhaupt kein Problem.
Entweder, die Firma ist liquide oder kreditwürdig genug, um die Erbschaftsteuer zu stemmen.
Oder sie ist es nicht. Und in diesem zweiten Fall bedeutet eine hohe Erbschaftsteuer, dass das Unternehmen nicht fortgeführt werden kann.

Allerdings würde ich persönlich vermuten, dass dieser zweite Fall nicht allzu häufig vorkommt.
Das Thema Erbschaftsteuer wird m.E. tendenziell von den Wirtschaftsverbänden zu hoch gehängt.
(Allein wegen des geringen Volumens der Erbschaftsteuer würde ich vermuten, dass andere Belastungen die Unternehmen in der Praxis viel stärker treffen. Zum Beispiel die substanzbesteuernde Gewerbesteuer).


* Dass der Erbe NEBEN dem Unternehmen noch in einem Umfang private Erbmasse erhält, dass er daraus die Erbschaftsteuer zahlen kann, sollte man eher nicht als Normalfall betrachten.
Zumal der umgekehrte Fall häufiger sein dürfte: Der Unternehmenserbe muss seinen Miterben deren Erbanteil (und sei es nur der Pflichtanteil) ausgleichen, so dass er gleichzeitig mit dem Unternehmen auch noch Verbindlichkeiten übernimmt.

Florian Offline



Beiträge: 3.136

29.07.2014 20:36
#29 RE: Mit Dank für den Tisch Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #26


Wenn das nicht der Fall ist (wie im Krupp-Beispiel), dann gibt das interessante andere Probleme. Eigentlich halte ich das für ziemlich abstrus (bis gefährlich), wenn ein Unternehmen von irgendwelchen Leuten kontrolliert wird, die nicht Eigentümer sind und keine direkte Verantwortung tragen. Wem sind die eigentlich rechenschaftspflichtig? Das sind ja dann irgendwie Zombie-Konzerne mit unklaren Machtverhältnissen.
Kommt mir alles sehr dubios vor, aber mir fehlt da auch der Hintergrund.



Genauso ist es und die Bezeichnung "Zombie-Konzerne" trifft genau den Kern des Problems.

Stiftungen gehören nämlich NIEMANDEM.
Sie haben überhaupt keinen Eigentümer, sondern gehören sich quasi selbst.

Die Machtverhältnisse sehen so aus, dass es einen Stiftungsrat oder -Vorstand gibt.
Derjenige, der die Stiftung einsetzt, kann natürlich qua Satzung Einfluss auf dessen Zusammensetzung nehmen.
Ganz so einfach ist das aber nicht. Erstens kann die Satzung später nicht mehr so einfach geändert werden (es gibt ja keinen Eigentümer, der dies bestimmen könnte!).
Und zweitens kann man in der Satzung nicht alle Eventualitäten aufnehmen.
Man kann zwar z.B. bestimmten Verwandten einen Platz im Stiftungsrat garantieren. Aber was passiert, wenn diese gestorben sind? Will man wirklich in der Satzung bereits Plätze reservieren für Verwandte, die heute noch gar nicht geboren sind und deren Eignung man nicht einmal erahnen kann?

Konkret sitzen z.B. im sechsköpfigen Rat der Aldi-Stiftung nur 3 Albrecht-Verwandte.
Es sind durchaus Szenarien denkbar, nach denen den Albrecht-Verwandten irgendwann die faktische Kontrolle über die Stiftungsleitung entgleitet.
Und es ist dann nicht möglich, sich diese zurückzuholen. Was im Falle einer normalen Kapitalgesellschaft ja problemlos möglich wäre: da berufen die Gesellschafter eine Gesellschafterversammlung ein, geben sich eine neue Satzung oder ernennen neue Geschäftsführer - und fertig. Nur gibt es eben bei einer Stiftung - die sich selbst gehört - eben keine Gesellschafter, die da aktiv werden könnten.

Natürlich gibt es GEWISSE externe Kontrolle des Stifftungsvorstands. Zum Beispiel kann man gerichtlich feststellen lassen, dass der Vorstand nicht satzungsgemäß handelt, o.ä.
Aber dann legt man die Unternehmenszukunft in die Hände von Gerichten, Gerichtspflegern, etc. was durchaus auch sehr problematisch ist.
Einen einfachen Zugriff auf das Unternehmen hat die Familie auf jeden Fall nicht.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.833

29.07.2014 23:15
#30 RE: Mit Dank für den Tisch Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #23
Zitat von Elmar im Beitrag #20
Es sollte aus dem Grund steuerlich anders behandelt werden, da es sich bei dem geerbten Vermögen bereits um versteuertes Einkommen handelt.

Dieses oft gebrachte Argument halte ich für logisch falsch.
JEDES Einkommen besteht aus bereits versteuertem Einkommen. Das liegt in der Natur von Vermögensübergängen.
Ich bezahle im Laden aus meinem versteuerten Einkommen - und der Kaufmann muß den daraus entstehenden Gewinn erneut versteuern. Und so weiter.
Für den Erben ist es völlig frisches Vermögen, darauf hat er noch keinen Cent Steuern bezahlt.

Dieses Argument basiert auf dem Wirtschaftskreislauf. Ein Wirtschaftskreislauf aus bloßen Vermögensübergängen ist nicht denkbar. Wenn man an jedem Vermögensübergang Steuern abzieht, entspricht das einer asymptotischen Konfiskation: Am Ende gehört alles dem Staat. Die nachhaltig besteuerbare Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft liegt deswegen nicht in den Vermögensübergängen, sondern in der Erzeugung von Werten. Sie schreiben ganz richtig: Sie bringen Ihr Einkommen zum Kaufmann und der versteuert den Gewinn. Sein Gewinn ist nämlich auch volkswirtschaftlich ein Zuwachs des Sozialprodukts. Bilanziell steht diesem Gewinn nämlich kein Verlust bei ihnen gegenüber (Sie sind schließlich kein Marxist). Ihr Kauf ist ein Aktivtausch. Sie haben zwar weniger Geld, aber dafür die Ware mit demselben bilanziellen Wert. Der Verkäufer hat den Gewinn, weil er die Ware teurer absetzen konnte, als sie bilanziert war.

Bei einer Erbschaft entsteht kein Gewinn. Derselbe Wert, der beim Erblasser fehlt (abgesehen vom Leben) taucht beim Erben wieder auf. Für den Erben sieht es zwar als Gewinn aus, aber die Gegenbuchung beim Erblasser ist ein Verlust in derselben Höhe. Durch Vererben entsteht also kein Sozialprodukt, das volkswirtschaftlich sinnvoll besteuert werden könnte. Wenn man Transaktionen besteuert, die nicht durch Zuwachs an Sozialprodukt gedeckt sind, bekommt der Fiskus in die Möglichkeit, mehr zu verkonsumieren, als produziert wird: Die Volkswirtschaft entspart.

Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

29.07.2014 23:56
#31 RE: Mit Dank für den Tisch Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #11

Ich erlaube mir die Frage zu verändern, lieber Dennis: Warum sollte man einem Kellner danken, der einem die Suppe bringt ? Warum sich bei der Kassiererin für das Wechselgeld bedanken ? Warum beim Handwerker für das reparierte Rohr ?


Klar, da bin ich ja ganz Ihrer Meinung, das sollte man natürlich durchaus, auch wenn man mit der Zahlung des Rechnungsbetrages eigentlich "quitt" ist. Als Scrooge durchs Leben zu muffeln macht niemanden glücklich.

Da erinnere ich mich übrigens an ein "Erlebnis" in der ehemaligen DDR (glücklicherweise daselbst nur als Besucher): In einem HO-Kramladen erlaubte sich eine Kundin eine gaaaaanz zurückhaltende Beschwerde wegen nicht vorrätiger Produkte. Die hübsche Antwort war: " Wenn se hier ooch noch meckern kriegen se gar nischt . "

Das kommt dabei raus, wenn schnödes Profitinteresse aus Geschäftsbeziehungen ausgeschaltet wird bzw. es zeigt, dass die Abwesenheit von privat-kapitalistischen Profitinteressen eher ein Freibrief für schlechtes Benehmen zu sein scheint als deren Anwesenheit.

Zitat von Dennis the Menace
Für Danksagungen ist da eigentlich kein Raum, dergleichen gehört in die privaten Sphären


Zitat von Llarian im Beitrag #11
Sehe ich eigentlich nicht. Danke ist dafür, wenn jemand etwas für mich tut, das hat doch nix damit zu tun, wie jemand zu mir steht. Übrigens würden sehr zynische Leute sagen, das Menschen im Privaten auch grundsätzlich nicht selbstlos handeln.


Ja, schon, lieber Llarian. Aber familienintern fließt ja kein Geld - fürs Tischdecken oder mal 'nen Blumenstrauß mitbringen, zum Beispiel. Man könnte natürlich fragen: Inwieweit sind wir reine Utilitaristen? Ist der Profitbegriff irgendwie auf schier alles im Leben anwendbar? Sind freundliche Umgangsformen oder gar Freundschaft, Familie etc. letztlich nur vorgeflunkerte Mätzchen, in Wahrheit aber auch nur nackte Egoismen? - ein weites Feld. Karl Albrecht hätte als Katholik vermutlich mit einem klaren Nein geantwortet.

Herzlichst
Dennis

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

30.07.2014 12:35
#32 RE: Mit Dank für den Tisch Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #28
Und woher bekommt der Erbe diesen Kredit?
Von einer Bank nur gegen Sicherheiten. Und was ist die Sicherheit für den Kredit? Das Unternehmen.

Richtig.

Zitat
Ist also wirtschaftlich identisch mit dem Fall, dass sich das Unternehmen selbst in Höhe der Erbschaftsteuer verschuldet.


Fast. Die gedankliche Trennung soll sicherstellen, daß der Erbe nur so weit steuerlich belastet wird, wie das aus den Unternehmensgewinnen auch zu stemmen ist.

Zitat
Entweder, die Firma ist liquide oder kreditwürdig genug, um die Erbschaftsteuer zu stemmen.
Oder sie ist es nicht. Und in diesem zweiten Fall bedeutet eine hohe Erbschaftsteuer, dass das Unternehmen nicht fortgeführt werden kann.


Und diesen zweiten Fall kann es eigentlich nicht geben!
Denn wenn das Unternehmen so illiquide ist bzw. keine Gewinne ausschütten kann, dann ist auch der Ertragswert ganz niedrig - und damit auch fast keine Erbschaftssteuer fällig.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

30.07.2014 14:51
#33 RE: Mit Dank für den Tisch Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #30
Ein Wirtschaftskreislauf aus bloßen Vermögensübergängen ist nicht denkbar. Wenn man an jedem Vermögensübergang Steuern abzieht, entspricht das einer asymptotischen Konfiskation: Am Ende gehört alles dem Staat.

Das wäre richtig, wenn der Staat diese ganzen Einnahmen horten und nie wieder ausgeben würde. Was bekanntlich nicht seine übliche Vorgehensweise ist .

De facto haben wir einen Wirtschaftskreislauf aus Vermögensübergängen und es funktioniert, incl. der Besteuerung.
Wobei richtig ist, daß bei Warenverkäufen nur teilweise Vermögen übergeht (deswegen wird ja auch nur teilweise versteuert). Bei Dienstleistungen dagegen ist es ein kompletter Vermögensübergang.
Es sei denn, man betrachtet die abgelieferte Dienstleistung (der Haarschnitt, die Beratung, das Servieren ...) als "Vermögen". Dann müßte man aber auch bei einer Schenkung (steuerpflichtiges Einkommen!) das schöne Gefühl beim Schenkenden als äquivalenten Vermögenswert ansetzen ;-)

Zitat
Durch Vererben entsteht also kein Sozialprodukt, das volkswirtschaftlich sinnvoll besteuert werden könnte.


Vielleicht. Aber "volkswirtschaftlich sinnvoll" ist generell keine Kategorie im Steuerrecht. Denn dann müßte der Staat inhaltlich beurteilen, was sinnvoll ist und was nicht - grauenhafte Vorstellung.
Wenn ich mir eine McKinsey-Beratung einkaufe, oder einen Porsche Carrera, oder meinen Lottogewinn dem Nachbarn schenke: Die jeweilige volkswirtschaftliche Bewertung ist unerheblich.
Es kommt steuerlich nur darauf an daß der Empfänger des Geldes nun stärker in der Lage ist, zur Staatsfinanzierung beizutragen.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

30.07.2014 16:20
#34 RE: Mit Dank für den Tisch Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #33
Aber "volkswirtschaftlich sinnvoll" ist generell keine Kategorie im Steuerrecht. Denn dann müßte der Staat inhaltlich beurteilen, was sinnvoll ist und was nicht - grauenhafte Vorstellung.
Also ich hoffe doch sehr, dass der Staat bei der Gestaltung seines Steuersystems Überlegungen hinsichtlich des volkswirtschaftlichen Sinngehalts anstellt. Das heißt nicht, dass jede einzelne Transaktion der Steuerpflichtigen daraufhin zu prüfen wäre, sondern es geht dabei natürlich (und eigentlich auch nicht anders zu verstehen) darum, was als Steuerbasis etwas taugt und was nicht.

Allgemein: Steuern auf Vermögen sind Steuern auf Soll-Einkommen und damit eine sehr willkürliche Form der Einkommensbesteuerung.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

30.07.2014 16:38
#35 RE: Mit Dank für den Tisch Antworten

Zitat von Rayson im Beitrag #34
Also ich hoffe doch sehr, dass der Staat bei der Gestaltung seines Steuersystems Überlegungen hinsichtlich des volkswirtschaftlichen Sinngehalts anstellt.

Ja sicher. Ich meinte nur genau, was Du beschrieben hast: Ob nun eine einzelne Transaktion volkswirtschaftlich sinnvoll ist oder nicht - das kann der Staat nicht beurteilen und das gehört daher nicht ins Steuersystem.

Zitat
Steuern auf Vermögen sind Steuern auf Soll-Einkommen und damit eine sehr willkürliche Form der Einkommensbesteuerung.


Ich lehne Steuern auf Vermögen zwar auch ab - verstehe aber nicht Deine Argumentation über das "Soll-Einkommen".

Florian Offline



Beiträge: 3.136

30.07.2014 18:17
#36 RE: Mit Dank für den Tisch Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #32
[quote="Florian"|p113907]
Denn wenn das Unternehmen so illiquide ist bzw. keine Gewinne ausschütten kann, dann ist auch der Ertragswert ganz niedrig - und damit auch fast keine Erbschaftssteuer fällig.



Das stimmt so ganz sicher nicht.

Liquidität und Ertragskraft sind zwei ganz verschiedene Parameter.
Es gibt lang etablierte Unternehmen mit einer enormen über die Jahrzehnte angesammelten Liquidität, die allerdings mittlerweile kaum noch Gewinne machen.
(In die Kategorie "viel Liquidität und relativ wenig Ertrag" gehört übrigens auch ein ganz spezielles Erbschaftsteuer-Sparmodell, die sog. "Cash-GmbH").

Umgekehrt gibt es dynamisch wachsende Unternehmen mit hoher (Börsen)bewertung, die kaum über Liquidität verfügen (weil sie z.B. alle Gewinne sofort wieder reinvestieren) und über viele Jahre auch nie eine Ausschüttung vornehmen können. (Zumindest nicht, wenn sie ihre Wachstumsperspektive nicht untergraben wollen).

Und aller Ertragswert eines Unternehmens nutzt ohnehin nichts, wenn der Ertragswert auf (unsicheren) Erträgen in den nächsten 10 Jahren fußt, die Erbschaftsteuer aber heute fällig ist.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.833

30.07.2014 20:00
#37 RE: Mit Dank für den Tisch Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #33
Zitat von Emulgator im Beitrag #30
Ein Wirtschaftskreislauf aus bloßen Vermögensübergängen ist nicht denkbar. Wenn man an jedem Vermögensübergang Steuern abzieht, entspricht das einer asymptotischen Konfiskation: Am Ende gehört alles dem Staat.

Das wäre richtig, wenn der Staat diese ganzen Einnahmen horten und nie wieder ausgeben würde. Was bekanntlich nicht seine übliche Vorgehensweise ist .
Das ist richtig, weil der Staat für seine Ausgaben immer Gegenleistungen empfängt. Ja, auch bei Transfers: Nämlich Abhängigkeit der Transferempfänger. Ein hohes Gut! Deswegen kommt es nämlich noch nicht zu Aufständen. ;)

Zitat von R.A. im Beitrag #33
De facto haben wir einen Wirtschaftskreislauf aus Vermögensübergängen
Na, das stimmt nicht. In der VGR für das Sozialprodukt kommen Vermögensübergänge gar nicht vor. Es ist von dem Standpunkt egal, welchem Inländer der Reichtum gehört oder wer ihn übernimmt. Das kann auch der Staat sein. Vor kommen nur Transaktionen, bei denen irgendeine Seite einen Gewinn realisiert. Behelfsweise nimmt man dafür tatsächlich erstmal das Transaktionsvolumen und zieht davon die Vorleistungen ab. So geschieht das ja auch bei der ESt und der USt mit Vorsteuerabzug. Das sind volkswirtschaftlich sinnvolle Steuern insofern, als daß es durch sie für den Fiskus unmöglich ist, die Substanz der Volkswirtschaft zu besteuern, sprich das Anlagevermögen. Es kann so nur das besteuert werden, was an neuen Werten hinzukommt. Im schlimmsten Fall einer 100% ESt würde nur durch die Abschreibungen und den Hunger der Wirtschaftssubjekte entspart, nicht weil der Fiskus die Substanz des Anlagevermögens per Besteuerung verkonsumieren kann.

Bei Erbschaften werden keine neuen Werte erzeugt, die besteuer werden können. Wenn Sie sinnvolle Besteuerung nur an Transaktionen festmachen, mißverstehen Sie, daß die Transaktionen lediglich ein Behelf sind, die entstandenen Werte zu erfassen. Prinzipiell müßten auch die selbstverzehrten Radieschen aus dem eigenen Garten einkommensbesteuert werden, Diebesbeute und Erbschaften hingegen nicht.

Im übrigen sind Erbschaftssteuern sozial ungerecht: Wessen Familie z.B. durch schlechte Erbanlagen extrem kurz lebt, und dadurch schon genug bestraft ist, dessen Familie erfüllt in 100 Jahren wesentlich öfter den Steuertatbestand als eine Familie von Menschen, die lange leben und sich leisten können, sich spät fortzupflanzen. Und jetzt wissen Sie auch, warum Kaninchen und Eintagsfliegen in Deutschland kein Kapital akkumulieren konnten! ;)


Zitat von R.A. im Beitrag #33

Zitat
Durch Vererben entsteht also kein Sozialprodukt, das volkswirtschaftlich sinnvoll besteuert werden könnte.

Vielleicht. Aber "volkswirtschaftlich sinnvoll" ist generell keine Kategorie im Steuerrecht. Denn dann müßte der Staat inhaltlich beurteilen, was sinnvoll ist und was nicht - grauenhafte Vorstellung.
Wenn ich mir eine McKinsey-Beratung einkaufe, oder einen Porsche Carrera, oder meinen Lottogewinn dem Nachbarn schenke: Die jeweilige volkswirtschaftliche Bewertung ist unerheblich.
Es kommt steuerlich nur darauf an daß der Empfänger des Geldes nun stärker in der Lage ist, zur Staatsfinanzierung beizutragen.

[/quote]Es geht darum, was sinnvoll zu besteuern ist, nicht welche Geschäfte sinnvoll seien. Sinnvoll zu besteuern ist eben nicht die Substanz, denn ist diese wegbesteuert, kann nur noch gehungert werden. Ein (Volks-)Wirtschaften, das darauf hinausläuft, ist nie sinnvoll.

Martina Offline



Beiträge: 41

03.08.2014 21:08
#38 RE: Mit Dank für den Tisch Antworten

Könnte es sein, dass einige der Diskussionsteilnehmer die Regelung im Erbschaftssteuergesetz nicht kennen, wonach Familienstiftungen alle 30 Jahre Erbschaftssteuer zahlen müssen, ein Todesfall also fingiert wird ?

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

04.08.2014 17:21
#39 RE: Mit Dank für den Tisch Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #35
Ich lehne Steuern auf Vermögen zwar auch ab - verstehe aber nicht Deine Argumentation über das "Soll-Einkommen".
Vermögen ist Vermögen, weil es zukünftiges Einkommen generiert. Im Wesentlichen können wir da zwei Fälle unterscheiden:

1. Das Einkommen fällt tatsächlich regelmäßig in Barmitteln an. Das betrifft z.B. Wertpapiere, diverse Unternehmen oder auch Humankapital.
2. Das Einkommen fällt maximal nicht-pekuniärer Nutzen an, führt aber auf jeden Fall erst im Veräußerungsfall zu einer Erhöhung der Barmittel.

Im ersten Fall wirkt eine Vermögensteuer wie eine zusätzliche Einkommensteuer, indem sie von den Erträgen des Vermögens jeweils einen Teil wegsteuert. Allerdings "atmet" sie nicht mit dem Einkommen, sondern fällt unabhängig von dessen konkreter Höhe an. Bei einer Erbschaftsteuer wird diese zusätzliche Einkommensteuer praktisch kapitalisiert.

Im zweiten Fall, wo sich erst nach einer Veräußerung das tatsächliche Einkommen realisiert, wird vorher mehr oder weniger willkürlich bewertet und dann der erste Fall sozusagen simuliert, allerdings mit konkreten Folgen für den Geldbeutel des Steuerpflichtigen. Bis auf Humankapital und Pensionsansprüche z.B. - was dann nebenbei die Ungerechtigkeit einer solchen Steuer offen legt.

In beiden Fällen haben wir also eine Steuer, die zwar auf Einkommen wirkt (sonst hätten wir keinen Vermögenswert, an dem sie ansetzen könnte), aber ohne die Höhe dieses Einkommens tatsächlich zu kennen. Daher "Soll-Einkommensteuer".

Ich argumentiere hier zwar rein von der Cash-Seite her, aber erstens ist dies der ökonomisch saubere Weg, und zweitens lässt sich die Argumentation auch in abgegrenztes Einkommen überführen, weil Zukunft nunmal unsicher ist.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

04.08.2014 18:23
#40 RE: Mit Dank für den Tisch Antworten

Zitat von Rayson im Beitrag #39
Daher "Soll-Einkommensteuer".

Sehr schöne Erklärung, vielen Dank!

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