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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 35 Antworten
und wurde 4.645 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

24.09.2014 07:40
#26 RE: Vor der Benutzung ist das Gehirn einzuschalten Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #20
Zitat von xanopos im Beitrag #10
Vergleichen mit dem Kaufpreis eines ganzen Schlafzimmers, ist das Aufstellen im niedrigen einstelligen %-Bereich. Und sparrt eine Menge Nerven.

Letzteres ist sicher richtig, ersteres ist mit Sicherheit falsch. Wenn Sie heute beim großen Möbelschweden eine Kommode (sagen wir "Malm") einkaufen, dann kostet die so um die 100 Euronen. Als Bausatz. Wollten Sie jetzt einen Tischler bestellen, der das Ding zusammenschraubt, dann kostet der Aufbau locker 30 Euro (ohne An- und Abfahrt). Denn auch wenn das hirnverbrannt einfach ist, so braucht auch der seine 20 Minuten dafür, vor allem, wenn er sie noch an die Wand schrauben soll (was ja auch in der Anleitung "empfohlen" wird). Die Idiotie liegt vor allem darin begründet, dass es sich explizit um einen Bausatz handelt der nie für einen Fachmann bestimmt war. Würde man auf Bausätze die Preise für Tischler aufrechnen wäre Ikea nicht mehr konkurrenzfähig.
Für die 100 Euro Kommode bestelle ich auch keinen Tischler, bei einem ganzen Schlafzimmer um 3500€ sind die Lieferung und Montage Peanuts.

Zitat
Das ändert nix daran, dass derjenige, der die beherscht und auch eine Leiter verwendet, dass trotzdem nicht darf. Formalrechtlich.

Kommt auf die berufliche Qualifikation an. Sie müssen kein gelernter Elektriker sein, eine HTL-Ausbildung oder ein Studium im Elektrotechnikbereich sollte genügen. Ich darf das, Sie dürfen das auch.

Zitat
Das ist genau der Punkt. Der dümmste anzunehmende User. Die meisten Menschen sind aber nicht dumm, bzw. werden nicht gerne als dumm behandelt. Es geht genau darum das Gehirn einzuschalten und eben nicht darunter durchzuklettern. Und nebenbei, ein DAU findet durchaus Mittel und Wege trotzdem über den Zaun zu kommen.

Die Menschen sind durchaus dumm, sonst würde niemand unter Alkoholeinfluss sich hinters Steuer setzen. "Da, passiert schon nichts" ist durchaus weit verbreitet. Auch, oder gerade ein Betrieben. Da werden Sicherheitsschuhe vergessen. Da kommt eine Praktikantin auf die tolle Idee anstatt der Sicherheitsschuhe Stöckelschuhe zu tragen, am Dach, wo es nur einen Gitterboden gibt.
Sicherheitswände, die man(n) aushängen kann, sind zu gefühlten 50% des Betriebes ausgehängt.

Zitat
Auch in kleinen Firmen ist der Verstand nicht ausgestorben.

Glauben Sie mir, teilweise leider schon. Das fängt bei dem durchschnittlichen Tischler an, dem mindestens ein Finger fehlt.

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

24.09.2014 08:11
#27 RE: Vor der Benutzung ist das Gehirn einzuschalten Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #24
Lesen die hier eigentlich mit?

http://www.spiegel.de/politik/deutschlan...n-a-993277.html

Zitat Jan Fleischhauer, SpOn, 23.09.14
Mein Kollege Alexander Neubacher gehört zu der Gruppe von Menschen, die es nicht als Fortschritt empfinden, wenn einem das Auto sagt, wann man Pause machen soll. ... Viele Vorschriften, die ihn vor sich selber beziehungsweise seiner Unvernunft schützen sollen, empfindet Neubacher nicht als hilfreichen Rat, sondern als unzulässige Einmischung in sein Leben.

Nach dem "Ökofimmel", in dem er den grünen Sittenwächtern heimleuchtete, erscheint dieser Tage seine Anklage gegen den "präventiv-bürokratischen Komplex", wie er den Staat nennt, der seine Bürger wie Kinder behandelt. "Total beschränkt" heißt das Buch. Ich habe es über das Wochenende gelesen. Jetzt weiß ich, dass ich auf einem Elektrofahrrad, das nur meinen Pedaltritt unterstützt, 1,6 Promille im Blut haben darf, ohne den Führerschein zu verlieren, auf einem Elektrorad, das auch im Leerlauf arbeitet, aber nur 0,5 Promille. Damit hat sich die Lektüre für mich schon mal gelohnt.
...
Wer den Leuten misstraut, dass sie selber die richtigen Entscheidungen treffen können, muss sie mit Warnhinweisen umstellen. Das ist wie auf dem Kinderspielplatz. ,,, Irgendwann ist man beim Trottelbürger. "Zu viel Bürokratie verblödet", schreibt Neubacher zu Recht. "Eine überfürsorgliche Politik erzeugt erst die Hilfsbedürftigkeit, die sie den Bürgern fälschlicherweise unterstellt. Die Verbote siegen über den Verstand: Je mehr Beschränkungen, desto mehr Beschränkte."


Vertrauen Sie nie auf irgendwelche vereinfachte Darstellungen in Büchern. Zumindest in Österrreich können Sie durchaus den Füherschein durch betrunken Rad fahren verlieren:

Zitat
Die Lenkberechtigung kann einem dann entzogen werden, wenn zu befürchten ist, dass jemand aufgrund übermäßigen Alkoholgenusses regelmäßig nicht in der Lage ist, die Risiken des Verkehrs richtig einzuschätzen. Sprich: Einem starken Alkoholiker kann der Zettel gezupft werden, weil zu befürchten ist, dass er angetrankelt fährt.

http://derstandard.at/1256745630498/Rech...hrrad-unterwegs

Frank Böhmert Offline




Beiträge: 927

24.09.2014 09:32
#28 RE: Vor der Benutzung ist das Gehirn einzuschalten Antworten

Zitat von 123 im Beitrag #14
Es gab im Staats-TV einmal eine unglaublich gute Doku zu den Machenschaften der Angstindustrie. Immerhin wurde diese Doku überhaupt
gesendet, allerdings unter der Woche um 23:30 vor einigen Jahren. Quasi als Vielfaltsbeleg, aber zu einer Sendezeit, die sicher stellt,
daß sie kaum gesehen wird.



http://www.youtube.com/watch?v=1QxGh8u55p0

Vielen Dank für diesen Hinweis!

Ich habe mir das gestern Abend zusammen mit meiner Familie angesehen. Auch wenn ich einiges schon kannte, sehr lehrreich - vor allem für unseren Elfjährigen.

Solche Perlen sollten die Öffentlich-Rechtlichen eigentlich auf ihren Homepages verfügbar halten.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

24.09.2014 09:54
#29 RE: Vor der Benutzung ist das Gehirn einzuschalten Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #7
Kein Experte wird ernsthaft abstreiten, dass Sicherheitshinweise keine Sicherheit schaffen.

Frank,
da stimme ich zu, jedoch, seit Ende 2012 steht in einer Europanorm (EN ISO 14971:2012) auf Druck eines Rechtsanwalts der EU Kommission genau das Gegenteil: Der Hersteller darf Sicherheitshinweise nicht als Mittel zur Erhöhung der Sicherheit betrachten. Es dreht sich um Medizinprodukte, die Hersteller durften aus diesem Grund formal von einem Tag auf den anderen nicht mehr auf ihre Sicherheitskonzepte vertrauen.

Zitat
DAUs und Normalos lesen die nicht. Technische Experten für dieses Produkt kennen die sowieso schon und beachten sie trotzdem nicht.



Das ist eine etwas mutige Behauptung, auf die sich ein verantwortlicher Hersteller kaum stützen kann. Erst mal: Zu Sicherheitshinweisen zählen sowohl reine Bedienungsangaben oder Warnungen in einer Gebrauchsanleitung, wie auch die Warnlampe im Auto mit dem Hinweis, dass der Reifendruck abgefallen, oder die Bremsanlage defekt ist. Und seit wann muss beispielsweise ein Autofahrer ein technischer Experte für das Auto sein? Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Warnhinweis beachtet wird lässt sich durchaus beeinflussen. Die Klagemöglichkeiten in den USA haben zumindest dazu geführt, dass es zu diesem Thema ganz vernünftige Guidance-Dokumente gibt, die die Kommunikationsaspekte zum Benutzer berücksichtigen. Verstecken von Warnungen in einer Flut von Information läuft nicht. An den Kommentaren hier erkennt man dann doch, dass hier keine Experten sind.

Vielleicht auch etwas zur Argumentation: Man kann die Sache auch so sehen, dass eben ein selbstverantwortlicher Mensch nicht davon ausgeht, alles zu wissen: Er liest dann doch lieber mal eine Gebrauchsanleitung. Tue ich übrigens auch, mit der Zeit hat man in der Regel durchaus Übung darin, selektiv zu lesen. Im Medizinbereich wäre das Bedienpersonal fahrlässig, wenn es eine Gebrauchsanweisung ignorierte.

Zitat
Die Sicherheitshinweise stehen nur und ausschließlich zur Verhinderung von Schadenersatzklagen da. Und das wiederum wurde nur möglich, weil die Gerichte immer absurder geurteilt haben - und damit auf eine allgemeine Entwicklung in der westlichen Gesellschaft reagiert haben.



Sicherheitshinweise sollen tatsächlich die Sicherheit erhöhen und transformieren Verantwortung zum Benutzer. Wenn auf einer Verpackung groß 'steril' steht, dann muss das Klinikpersonal wissen, dass bei einer beschädigten Verpackung der Inhalt nicht mehr im Rahmen der Zweckbestimmung benutzt werden darf. Der Hersteller muss dafür sorgen, dass das Produkt steril ist. Schadensersatzklagen in den USA haben dazu geführt, dass Sicherheitsinformationen - soweit gut gemacht - tatsächlich hilfreich sind.

Schlimmer als Gerichte sind im regulierten Bereich Behörden, die Hersteller im Rahmen von Korrekturmaßnahmen zu bestimmten Kennzeichnungen drängen, oder Hersteller, die in Angst vor den Behörden Lösungen anbieten, die nicht mehr sehr systematisch sind. Einmal geschrieben lässt sich das als Stand der Technik oder Vereinbarung nicht mehr Mut zum Streit ausrotten.

Bei systematischer Vorgehensweise (wie bei Medizinprodukten gefordert) ist eine Warnung nicht nur klar identifiziert als Mittel zur Risikominderung, sondern muss das Mittel auch als wirksam nachgewiesen werden. Da die Geräte in der Regel an 'professionelle Benutzer' gehen, darf der Hersteller auch davon ausgehen, dass der Nutzer Gebrauchsanleitungen liest. Er kann aber bei Nichteinhaltung bestimmter Regeln nicht von Wirksamkeit ausgehen.

Zitat
Zur Abwehr von Klagen wird grundsätzlich immer nur ein spezifischer Weg der Produktnutzung dokumentiert. Dieser "bestimmungsgemäße Gebrauch" ist in den meisten Fällen aber völlig praxisfern und wird auch von den Vertrieblern so nicht beworben. Interessiert sich ein Kunde für ein Produkt, dann wird im Verkaufsgespräch sinngemäß gesagt "Sie können sich an diesen Ablauf halten, aber viel sinnvoller geht es wie folgt..."



Bei 08/15-Produkten mag es hier breite Schlamperei geben. Ich aber kenne es nur so, dass alle Broschüren, alle Werbung von Rechts- und Fachabteilungen darauf geprüft werden, dass es keine Behauptung gibt, die nicht nachweisbar ist. Ein Vertriebler, der sich nicht daran hält ist nicht lange Vertriebler. Der 'bestimmungsgemäße Gebrauch' ist der Dreh- und Angelpunkt, vom Entwickler, der diesen genau kennen muss, bis zum Vertrieb und Kunden. Wenn der Hersteller auf den Markt geht, behauptet er, dass sein Produkt innerhalb dieses Rahmens sicher ist. So ist das nun mal in einer einigermaßen geordneten Welt, das ist keine Entmündigung.

Klar stelle ich beim Durchlesen viele Merkwürdigkeiten fest, und vermute ich oft ein gutes Maß fehlender Professionalität. Mein neuer Bohrhammer beschreibt in der Zweckbestimmung ganz korrekt was ich erwarten würde, meint aber dann dass die eingebaute Bohrlochbeleuchtung nicht als Zimmerbeleuchtung geeignet sei. Was sich da der Mitarbeiter einer großen deutschen Firma gedacht hat würde mich schon interessieren. Ansonsten schien mir aber auch, dass bei den Schreibern oder gegenlesenden Verantwortlichen Normen für Sicherheitshinweise unbekannt waren.

Gruß, Martin

Martin Offline



Beiträge: 4.129

24.09.2014 10:20
#30 RE: Vor der Benutzung ist das Gehirn einzuschalten Antworten

Zitat von xanopos im Beitrag #26
Die Menschen sind durchaus dumm, sonst würde niemand unter Alkoholeinfluss sich hinters Steuer setzen. "Da, passiert schon nichts" ist durchaus weit verbreitet. Auch, oder gerade ein Betrieben. Da werden Sicherheitsschuhe vergessen. Da kommt eine Praktikantin auf die tolle Idee anstatt der Sicherheitsschuhe Stöckelschuhe zu tragen, am Dach, wo es nur einen Gitterboden gibt.
Sicherheitswände, die man(n) aushängen kann, sind zu gefühlten 50% des Betriebes ausgehängt.


Es gibt sicher Dummheit, aber auch Gedankenlosigkeit, Ablenkung, Stresssituationen uvm.. Und es gibt Experten, die meinen, sie haben alles im Griff. Ich kenne einen Berater in Sachen Arbeitssicherheit, der hat sich den großen Zeh mit einem Rasenmäher heftig aufgeschnitten. Seither trägt er Sicherheitsschuhe beim Rasenmähen.

Gruß, Martin

Johanes Offline




Beiträge: 2.641

27.09.2014 11:53
#31 RE: Vor der Benutzung ist das Gehirn einzuschalten Antworten

Bezüglich der Feststellung im Artikel sollte man vielleicht noch hinzufügen, dass viele Missstände der Industriellen Revolution hier und heute ebenfalls der Vergangenheit angehören: Kinderarbeit ist gesetzlich verboten, jeder Betrieb kümmert sich zumindest grundsätzlich um die Arbeitssicherheit, die Arbeitszeiten sind so kurz, das auch die Arbeiter über eine gewisse Freizeit verfügen usw.
Diese Fortschritte wollen wir doch erhalten, oder?

Der Artikel stellt in den Raum, dass die Industrielle Revolution nur möglich war, weil es damals nicht so viele Sicherheitsvorschriften gab. War es tatsächlich so? Die Klärung dieser Frage liefe auf eine "Was-wäre-wenn"-Spekulation hinaus.

Edit: Kaputtes Zitat entfernt.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

27.09.2014 13:52
#32 RE: Vor der Benutzung ist das Gehirn einzuschalten Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #31
Bezüglich der Feststellung im Artikel sollte man vielleicht noch hinzufügen, dass viele Missstände der Industriellen Revolution hier und heute ebenfalls der Vergangenheit angehören: Kinderarbeit ist gesetzlich verboten, jeder Betrieb kümmert sich zumindest grundsätzlich um die Arbeitssicherheit, die Arbeitszeiten sind so kurz, das auch die Arbeiter über eine gewisse Freizeit verfügen usw.
Diese Fortschritte wollen wir doch erhalten, oder?

Der Artikel stellt in den Raum, dass die Industrielle Revolution nur möglich war, weil es damals nicht so viele Sicherheitsvorschriften gab. War es tatsächlich so? Die Klärung dieser Frage liefe auf eine "Was-wäre-wenn"-Spekulation hinaus.

Stimmt. Das ist spekulativ. Aber warum sollten Kinder heute arbeiten anstatt zu lernen. Das Verbot der Kinderarbeit folgte einer Entwicklung, es ging ihr nicht voraus.
Und so ist es auch mit den Arbeitszeiten.
Bei der Arbeitssicherheit und beim sogenannten Verbraucherschutz sind wir längst schon im Bereich der Überregulierung angelangt. Und der ist einzig und allein zum Erhalt einer aufgeblasenen Bürokratie erforderlich.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

27.09.2014 14:59
#33 RE: Vor der Benutzung ist das Gehirn einzuschalten Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #31
Diese Fortschritte wollen wir doch erhalten, oder?

Diese vielleicht, aber das heutige Spektrum geht ja weit über die von Ihnen genannten Beispiele hinaus, lieber Johanes. Heute gilt es als Fortschritt, dass es Ihnen formal nicht mehr erlaubt ist, eine Lampe anzuklemmen. Das ist aber kein Fortschritt, es ist ein Rückschritt, denn es kostet Sie schlicht und einfach Lebenszeit, nämlich die Zeit, die Sie investieren müssten um den Elektriker zu bezahlen, der den Kram dann macht. Was Sie dafür an Sicherheit zugewinnen ist das bei weitem nicht wert. Nicht alles was sich als Fortschritt sieht, ist auch einer. Und wenn Sie morgen ihren Arbeitsplatz verlieren, weil die deutsche Technik aufgrund weit übertriebener Sicherhbeitsregularien leider 20% teurer war als der asiatische Anbieter, dann werden Sie sich ein zweites mal fragen was daran fortschrittlich sein soll, dass Sie nichts mehr zu beissen haben. Und ich denke ihr Wunsch diesen Fortschritt beizubehalten wird sich dann sehr schnell relativieren.

Zitat
Der Artikel stellt in den Raum, dass die Industrielle Revolution nur möglich war, weil es damals nicht so viele Sicherheitsvorschriften gab. War es tatsächlich so? Die Klärung dieser Frage liefe auf eine "Was-wäre-wenn"-Spekulation hinaus.


Wenn Sie sich die (erste) industrielle Revolution anschauen, dann fallen Ihnen da ein paar Schlüsseltechnologien auf, beispielsweise Dampfmaschine oder später die Eisenbahn. Beides Dinge, die unter modernen Sicherheitsvorschriften nicht hätten realisiert werden können. Eisenbahnen können Sie heute nicht einmal danach realisieren was technisch als sicher betrachtet wird, die haben nur eben Bestandsschutz. Individualverkehr wäre unter den selben Bewertungen völlig undenkbar.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

27.09.2014 16:04
#34 RE: Vor der Benutzung ist das Gehirn einzuschalten Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #31
Der Artikel stellt in den Raum, dass die Industrielle Revolution nur möglich war, weil es damals nicht so viele Sicherheitsvorschriften gab. War es tatsächlich so?


Ich halte die Frage für sinnlos, weil es keine klare Kausalität gibt. Wenn der Lebensstandard steigt, dann tut er das nicht selektiv, so, dass etwa die medizinische Versorgung immer besser wird, das Umfeld aber auf der Stelle tritt. Die Maslow-Pyramide ist sicher geeignet, solche Entwicklungen zu höheren Standards aufzuzeigen. Wer ums Überleben kämpft hat andere Sorgen als die jährliche Überprüfung der Warmwasseranlage auf Legionellenbefall. Wem es ausgesprochen gut geht, der hat Zeit darüber nachzudenken, wie er sein Leben noch um zwei Monate verlängern kann. Zu Zeiten der industriellen Revolution ging es den meisten Menschen nicht sehr gut.

Irgendwann haben sich die Gesetzgeber der Fürsorge angenommen und diese zum heutigen Stand vorangetrieben - ob übertrieben oder nicht will ich gar nicht pauschal beurteilen - die Sorge um die der Sonnen Einstrahlung ausgesetzten Haut von Bauarbeitern halte ich für grenzwertig, da dies m.E. voll in den Bereich der Eigenverantwortung fallen kann.

Wir sind aber bereits beim nächsten Schritt: Mit Sicherheitsnormen und Beratung kann man ganz gut Geld verdienen, je komplexer desto besser. Das Initiieren von neuen Normen über sogenannte 'new work item proposals', beispielsweise, ist nicht schwierig und stößt kaum auf Widerstand. Vor zwei Wochen habe ich den Chef eines Beratungsunternehmens, der eine neue Norm auf den Weg und zu Ende gebracht hat, ungefähr die folgende Aussage machen hören: "Es gibt bei den Adressaten der Norm noch Widerstand. Aber lass uns mal abwarten, wenn es irgendwo ein Sicherheitsproblem gibt. Wenn dann ein potentieller Adressat vor Gericht steht, dann wird ihn ein Gutachter fragen, warum er denn nicht dem neuesten Stand der Technik gefolgt ist. Er wird einen schweren Stand haben, das wird der Norm zum Durchbruch verhelfen."

Die Logik der Rechtsprechung wird bewusst als Hebel benutzt, es geht dann nicht mehr unbedingt um Sicherheit, sondern um das Geschäft damit, im vollen Verständnis um die Mechanismen in der Rechtsprechung. Da ist dann der Punkt erreicht, wo sich an verantwortlicher Stelle Beteiligten mal zurücklehnen und sich fragen sollten, ob das so gewollt sein kann.

Gruß, Martin

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.560

07.10.2014 15:32
#35 RE: Vor der Benutzung ist das Gehirn einzuschalten Antworten

Nachgereichte Fußnote: Bei dem berüchtigten Heißkaffeeschnellrestaurationsverschüttprozeß handelt es sich um den Fall http://en.wikipedia.org/wiki/Liebeck_v._McDonald's_Restaurants

Liebeck vs. McDonald's Restaurants

"Liebeck was in the passenger's seat of her grandson's 1989 Ford Probe, which did not have cup holders, and her grandson Chris parked the car so that Liebeck could add cream and sugar to her coffee. Liebeck placed the coffee cup between her knees and pulled the far side of the lid toward her to remove it. In the process, she spilled the entire cup of coffee on her lap. Liebeck was taken to the hospital, where it was determined that she had suffered third-degree burns on six percent of her skin and lesser burns over sixteen percent.[11] She remained in the hospital for eight days while she underwent skin grafting. During this period, Liebeck lost 20 pounds (9 kg, nearly 20% of her body weight), reducing her to 83 pounds (38 kg). Liebeck suffered permanent disfigurement after the incident and was partially disabled for up to two years afterwards."

ungelt Offline



Beiträge: 119

07.10.2014 16:33
#36 RE: Vor der Benutzung ist das Gehirn einzuschalten Antworten

Hallo Llarian,

danke für den tollen Beitrag, natürlich sehe ich das auch so. Zu einem kleinen Punkt (hoffentlich ist er nicht schon irgendwo oben erwähnt, sehr wenig Zeit) habe ich aber noch eine Anmerkung:

Eins ist dabei richtig: Es werden Unfälle verhindert.

Wenn ich von mir ausgehe, dann nicht. Früher, als man die Anleitungen noch überblicken und wegen der Schriftgröße auch lesen konnte, habe ich sie zumindest manchmal gelesen. Heute viel weniger, es sei denn. daß es wirklich sein muß. Ich finde ja oft nicht einmal eine passende Sprache! Ich könnte also tatsächlich einen Unfall erleiden, vor dem ich früher gewarnt worden wäre.

Ähnlich geht es mir übrigens auch mit dem, was man "neueste wissenschaftliche Erkenntnisse" nennt. Früher tiefgläubig, glaube ich heute nicht einmal mehr das richtig das, was mir in den Kram passt. ;-)

So gesehen ist die große Zeit der Betriebsanleitungen und der Wissenschaft einfach vorbei, wir nähern uns wieder langsam der unwissenen vorwissenschftlichen Zeit an.

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