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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 31 Antworten
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M.Schneider Offline



Beiträge: 672

30.10.2007 18:35
#26 RE: Sozialdemokraten und Kommunisten Antworten

Lieber Frankfurter

Richtig, las ich auch heute morgen in der Zeitung

Herzlich M. Schneider

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

30.10.2007 21:53
#27 RE: Sozialdemokraten Antworten

Zitat von M.Schneider
In den siebziser Jahren habe ich in der SPD nie jemanden gefunden, der die Sozialdemokratie als einen Weg zum Kommunismus betrachtet hätte.

Hm, lieber M. Schneider. Ich hatte das etwas anders geschrieben:
Außer denjenigen, die ich in einem früheren Beitrag genannt habe - die DDR-orientierten Stamokaps, ein paar trotzkistische Entristen - in den siebziser Jahren habe ich in der SPD nie jemanden gefunden, der die Sozialdemokratie als einen Weg zum Kommunismus betrachtet hätte.



Also, es gab gerade in den siebziger Jahren ja wirklich Kommunisten in der SPD. Nur hat die SPD sie rigoros rausgeworfen. Was eben zeigt, daß die SPD damals wie heute völlig klar darin gewesen ist, daß sie keine Kommunisten duldet.
Zitat von M.Schneider
Doch nur deshalb, weil die SPD ihre Umverteilungsvorstellungen und Gleichmachereien Ungleicher als etwas anderes als kommunistische Ideologien sehen, ich aber nicht. Genau diese beiden Punkte sind die Kernpunkte der marxistisch leninistischen Lehre.

Dazu, lieber M. Schneider, hat ja str1977 schon Stellung genommen. Umverteilung und Gleichmacherei sind eben nicht die Kernpunkte des Marxismus oder gar des Leninismus.

Das sind Ideen, die gegen Ende des 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ubiquitär gewesen sind. Alle diejenigen, die Marx als "utopische Sozialisten" verspottet hat - Babeuf, Fourier, Blanqui, Saint-Simon, Owen, Moses Hess und wie sie alle hießen, bis hin zur Vorläuferorganisation der SPD, dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein - haben solche Ideen vertreten. Kommunisten waren sie überwiegend nicht; Marxisten konnten sie logischerweise gar nicht sein.

Es stimmt, daß nach der Gründung der SPD die Kommunisten und diese nichtkommunistischen Sozialisten in derselben Partei waren; und es stimmt, daß die Marxisten einige Jahrzehnte lang dominiert haben.

Aber das änderte sich, als in der SPD die "Revisionisten" allmählich die Oberhand gewannen; str1977 hat schon Eduard Bernstein erwähnt. Und es war endgültig Vergangenheit, als die SPD zu Beginn des Ersten Weltkriegs den Kriegsanleihen zustimmte. Da war sie längst zu einer Partei geworden, die den demokratischen Rechtsstaat wollte und nicht die Dikatur des Proletariats.

Es war folgerichtig, daß sich erst die USPD und dann der Spartakusbund abspalteten, aus dem dann die KPD hervorging. In der Weimarer Zeit haben die Kommunisten bekanntlich die SPD erbittert als "Sozialfaschisten" bekämpft. Sie haben die SPD mehr bekämpft als die Nazis, mit denen sie ja viel gemeinsam hatten.

Herzlich, Zettel

M.Schneider Offline



Beiträge: 672

31.10.2007 08:59
#28 RE: Sozialdemokraten Antworten

Lieber Zettel, lieber str1977

Dazu, lieber M. Schneider, hat ja str1977 schon Stellung genommen. Umverteilung und Gleichmacherei sind eben nicht die Kernpunkte des Marxismus oder gar des Leninismus.


Das sind doch Augenwischereien, die Sie hier beschreiben.
Was hat denn Marx gesagt?

Nach Karl Marx entwickelt sich der Kommunismus als Gesellschaftsform nicht sofort, sondern schrittweise in verschiedenen Phasen. Nach einer Übergangsperiode des Kapitalismus, der notwendigerweise zusammenbrechen muss, und der Revolution des Proletariats folgt zunächst die Phase des Sozialismus. Vor allem das Kollektiveigentum an den Produktionsmitteln im Sozialismus sieht Karl Marx dabei als ökonomische Grundlage der allmählich aus der sozialistischen Gesellschaft durch Entfaltung aller menschlichen Fähigkeiten entstehenden höheren Phase der herrschaftslosen, kommunistischen Gesellschaft. Nach einer vorübergehenden Diktatur des Proletariats münde dieser Prozess automatisch in eine kommunistische klassenlose Gesellschaft.

Aber das änderte sich, als in der SPD die "Revisionisten" allmählich die Oberhand gewannen; str1977 hat schon Eduard Bernstein erwähnt. Und es war endgültig Vergangenheit, als die SPD zu Beginn des Ersten Weltkriegs den Kriegsanleihen zustimmte. Da war sie längst zu einer Partei geworden, die den demokratischen Rechtsstaat wollte und nicht die Dikatur des Proletariats.

Von daher ist auch diese Formulierung falsch, weil nach Marx Überlegungen die Diktatur des Proletariats ebenfalls nur eine Übergangs Form sein würde und nicht Endzustand, beziehungsweise angestrebtes Endziel.


Wir sind uns ja wohl darüber einig, dass dieses theoretische Gesellschaftsgebilde mit den real existierenden Menschen niemals von alleine funktioniert.
Wenn Marx glaubte dass dieser Vorgang geradezu zwingend alleine verlaufen würde, so war das schlichtweg eine Illusion. Und dies bedeutet genau das was ich gesagt habe, will man die marxistische Illusion in die Realität umsetzen, so funktioniert das nur mit Umverteilung und Gleichmacherei von Ungleichen.

Es spielt keine Geige ob Marx dies so formuliert hat, er hat das Endziel formuliert und dieses Endziel kommt eben nicht von alleine, sondern letztendlich nur durch diesen Zwang oder wohl eher nie.

Marx benutzte übrigens den Begriff Wissenschaftlicher Sozialismus allenfalls beiläufig.

Herzlich M. Schneider



Zettel Offline




Beiträge: 20.200

31.10.2007 13:31
#29 RE: Sozialdemokraten Antworten

Zitat von M.Schneider
Dazu, lieber M. Schneider, hat ja str1977 schon Stellung genommen. Umverteilung und Gleichmacherei sind eben nicht die Kernpunkte des Marxismus oder gar des Leninismus.

Das sind doch Augenwischereien, die Sie hier beschreiben.

Lieber M. Schneider, Sie können mir schon glauben, daß ich mich a bisserl mit dem Marxismus befaßt habe, auch wenn das schon etwas her ist. Also glauben Sie's mir halt - Umverteilung und Gleichmacherei war die gemeinsame Idee aller Frühsozialisten, und das begann schon rund ein halbes Jahrhundert vor Marx.

Marx hat das scharf kritisiert und lächerlich gemacht. Natürlich beinhaltet auch der Marxismus die Vorstellung, daß irgendwann einmal im Kommunismus alle gleich sein werden. Aber nicht durch "Umverteilung". Marx war der Überzeugung, daß im Kapitalismus der Lohn durch objektive Gegebenheiten bestimmt wird, nämlich durch die Kosten für die Reproduktion der Arbeitskraft. Die Idee der Umverteilung innerhalb des Kapitalismus war ihm vollkommen fremd.

Er wollte nicht "umverteilen", sondern er wollte die objektiven Widersprüche im Kapitalismus fördern, bis dieser an seiner eigenen Krisenhaftigkeit scheitert.

Was Sie dann schreiben, lieber M. Schneider - dieser Weg über den Sozialismus und die Diktatur des Proletariats zum Kommunismus -, das hat Marx nirgends ausgearbeitet. Der Katechismus- Marxismus der Kommunisten lehrt es so, und alle schreiben es ab. Tatsächlich gibt es dazu nur ein paar Sätze von Marx in der "Kritik des Gothaer Programms".

Marx hat sich nie als Prophet betätigt. Er hat versucht, die Gesetze zu analysieren, nach denen der Kapitalismus funktioniert, und glaubte gefunden zu haben, daß der Kapitalismus aufgrund dieser seiner Eigengesetzlichkeiten sich selbst zerstören werde - weil der Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung immer größer wird, weil immer weitere Schichten proletarisiert werden, weil die Krisenhaftigkeit zunimmt, weil das Wachstum, auf dem der Kapitalismus basiert, nicht unbegrenzt weitergehen kann.

Marx war zweifellos ein Revolutionär, aber er hat keine revolutionäre Strategie entwickelt. Das hat erst Lenin getan. Und damit war der Bruch zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten unausweichlich.

Bernstein und die anderen Revisionisten verstanden sich immer noch als Marxisten, aber sie glaubten an einen sozusagen sanften Übergang zum Sozialismus. Lenin dagegen war zu der Überzeugung gekommen, daß nur eine entschlossene, konspirativ arbeitende Avantgarde den Sozialismus herbeiführen könne, und zwar mit Gewalt. Einen größeren Gegensatz kann man sich kaum vorstellen.

Nochmal, lieber M. Schneider: Die Kommunisten und die Nazis hatten in der Weimarer Republik viele Gemeinsamkeiten (und haben, man kann das im aktuellen "Spiegel" nachlesen, auch mehr zusammengearbeitet, als das die Kommunisten heute wahrhaben wollen). Ihr gemeinsamer Feind war die Sozialdemokratie.

Herzlich, Zettel

M.Schneider Offline



Beiträge: 672

01.11.2007 08:17
#30 RE: Sozialdemokraten Antworten

Lieber Zettel

Sie weichen mir aus, beziehungsweise unterstellen mir dauernd etwas was sich so gar nicht gesagt habe.
Ich habe nirgends wo gesagt, dass Marx explizit selber von Umverteilung und Gleichmacherei gesprochen hat.
Es ist mir durchaus bewusst dass Marx noch in der Illusion lebte, der Kapitalismus würde sich aufgrund eigener interner Fehler selber zerstören und dann über eine Übergangsphase im Kommunismus enden.

Das was ich wirklich gesagt habe, das ist, aus heutiger Sicht ist klar, dass mit den typischen Menschen dieses Endziel Kommunismus von alleine nicht zu realisieren ist.
Die Folge davon ist, will ich diese ideologischen Ziele umsetzen, dann funktioniert das nur durch Umverteilung und Gleichmacherei und zwar gewaltsamer-, beziehungsweise gesetzlich erzwungener-.
Und genau Letzteres strebt die SPD an.

Das habe ich gesagt.

Lenin dagegen war zu der Überzeugung gekommen, daß nur eine entschlossene, konspirativ arbeitende Avantgarde den Sozialismus herbeiführen könne, und zwar mit Gewalt.

Richtig, Lenin hatte dies auch schon erkannt.

Nochmal, lieber M. Schneider: Die Kommunisten und die Nazis hatten in der Weimarer Republik viele Gemeinsamkeiten (und haben, man kann das im aktuellen "Spiegel" nachlesen, auch mehr zusammengearbeitet, als das die Kommunisten heute wahrhaben wollen). Ihr gemeinsamer Feind war die Sozialdemokratie.

Auch das ist klar, spielt aber in meiner heutigen Beurteilung der SPD keine Rolle mehr.
Um es noch mal klar herauszustellen, die Facetten der Vergangenheit sind völlig unwichtig, es zählt nur, was heute eine Partei als Parteiprogramm umsetzen will.
Und nur das war meine Aussage.

Herzlich M. Schneider

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.11.2007 13:36
#31 RE: Sozialdemokraten Antworten

Ich denke, lieber M. Schneider, die Argumente sind ausgetauscht.

Belassen wir's also dabei?

Ich jedenfalls würde das gern.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.11.2007 18:15
#32 RE: links und rechts Antworten

Lieber Neoliberaler,

ja, das politische Koordinatensystem ist eine problematische Sache. Vor knapp einem Jahr habe ich hier die These vertreten, daß die Dimension "autoritär-liberal" gegenüber der Dimension "links-rechts" immer wichtiger wird.

Zitat von neoliberaler
Was politisch links und rechts ist, ist relativ. Frankreich ist politisch viel rechter als Deutschland, sagen sie, lieber Zettel.

Es entwickelt sich im Augenblick nach rechts, während Deutschland sich nach links entwickelt. In den achtziger Jahren war Frankreich weiter links als Deutschland.

Aber auch hier scheint mir die zweite Grunddimension die wichtigere zu sein: Frankreich ist ungleich etatistischer als Deutschland. Sarkozy versucht an diesem Etatismus etwas zu ändern; er wird es nicht leicht haben.
Zitat von neoliberaler
Allerdings ist das was die rechte in Frankreich tut - insbesoders in wirtschaftspolitischen Fragen - im deutschen Kontext eher links.

Ja, genau. Ist die planification links oder rechts? De Gaulle hatte Fünfjahrespläne eingeführt, wenn ich mich recht erinnere!
Zitat von neoliberaler
Dann ist es Schröder 3-mal gelungen große Teile der Mitte für sich zu entscheiden.
Warum?
1) Er hat die Mitte nach rechts verschoben. Und er konnte viele Wähler in dieser Mitte überzeugen ihn zu wählen. Verschoben hat er die Mitte durch eine rechtere Politik.

1998 hatte er mit einem Wählerbetrug gewonnen. Er hat die "Neue Mitte" versprochen und dann Lafontaine und Riester das Gegenteil machen lassen.

2002 hat er wg. Elbeflut und Irak gewonnen, aber auch da hat er die Wähler betrogen: Von Maßnahmen à la Agenda 2010 war im Wahlkampf mit keinem Wort die Rede gewesen; er hat sie ohne Mandat den Deutschen oktroyiert.

2005 hat er nur deshalb fast gewonnen, weil Merkel einen hundsmiserablen Wahlkampf geführt hat. Den redlichen und frommen Professor Kirchhoff mit seinen unpolitischen Ideen in die Schlacht zu schicken, war ein unglaublicher Schnitzer. Schröder hat ihn gnadenlos niedermachen lassen und damit in der letzten Phase des Wahlkampfs die Initiative an sich gerissen.
Zitat von neoliberaler
Ich gehe nicht davon aus, dass es eine Rezession bis 2009 gibt. Es gibt keine mittelfristigen Anzeichen für eine Rezession. Aber das ist ein anderes Thema.

Ihr Wort in Gottes Ohr. Das Wachstum jedenfalls verlangsamt sich schon jetzt. Die SPD tritt mit ihren Hamburger Beschlüssen kräftig auf die Konjunkturbremse.

Die Gefahr, lieber Neoliberaler, ist, daß die Stimmung kippt. Konjunktur ist immer wesentlich eine Frage der Erwartungen. Daß es nach den Wahlen 2005 so schnell aufwärts ging, lag daran, daß man sich in der Wirtschaft von den rotgrünen Fesseln befreit sah und Vertrauen in Merkel hatte.

Wenn sich jetzt die Überzeugung durchsetzen sollte, daß die nächste Regierung die einer Volksfront sein wird, dann wirkt sich das logischerweise schon jetzt auf die Investititionsentscheidungen aus.

Und dann kommt die Volksfront auch - self-fulfilling prophecy.

Herzlich, Zettel

PS: Entschuldigen Sie bitte, daß die Antwort auf Ihren klugen und informativen Beitrag so spät kommt.

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