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Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 47 Antworten
und wurde 5.245 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

15.03.2015 14:42
#26 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #25
Zitat von Meister Petz im Beitrag #20
Wie gesagt, Pakistan ist im Korruptionsindex auf Platz 127. Darauf würde ich mich nicht verlassen.

Im selben Index liegt Russland auf Platz 136. Machen wir jetzt keine Geschäfte mehr mit Russland ? (Unabhängig von der aktuellen Krise). Selbst Italien liegt auf Platz 69. Das ist schon "ziemlich korrupt". Müssen wir jetzt überprüfen wie die Niederlassungen deutscher Firmen in Italien arbeiten ? Ab wann vertrauen wir anderen Ländern ihre Angelegenheiten selbst zu regeln ?

Wer ist "wir" in dem Fall? Wenn es um den Staat geht, Zustimmung. Aber du wirst doch nicht ernsthaft bestreiten, dass deutsche Firmen in Russland oder China ganz von sich aus für zahlreiche Situationen eigene Vorkehrungen treffen, weil sie sich nicht auf das Funktionieren von Prozessen verlassen.
Zitat von Llarian im Beitrag #25
Nehmen wir doch den viel realistischeren Fall: Die iranische Firma xyz erlässt für ihre deutsche Niederlassung ein Kopftuchgebot und vielleicht noch das Verbot das Frauen Auto fahren. Wollen wir den Iran nun gewähren lassen ? Oder verbitten wir uns zurecht die Einmischung in die innerdeutsche Ordnung ?

Ich wäre gar nicht so sicher. Aber die Analogie passt nicht. Die Frage ist nämlich nicht, ob wir uns das verbitten oder nicht, sondern ob im Heimatland des Firmensitzes Prozesse über Zustände in der ausländischen Tochter geführt werden können. Und da ist es nicht relevant, was der Gegenstand ist. Für die Frage des Kulturrelativismus aber schon.
Zitat von Llarian im Beitrag #25

Zitat
So weit muss man aber gar nicht gehen,denn es gibt Menschenrechtsverletzungen, die durchaus ein Standortvorteil sind. Zwangsarbeit zum Beispiel. Ich gebe die Frage zurück - wo ist die Grenze?

Da wo die lokale Bevölkerung sie zieht. Vor gar nicht so viel Zeit war Zwangsarbeit in Deutschland (Stichwort Zuchthaus) auch nichst so ungewöhnliches und durchaus gesellschaftlich gewollt. (Bitte erspare uns beiden an der Stelle Godwins Law, wir müssen jetzt nicht über die Nazis reden.) In vielen Ländern der Welt ist es vollkommen üblich das Gefängnisse mit Zwangsarbeit funktioneren. Wollen wir nun den Handel mit diesen Ländern einstellen ?
Sieh es mal umgekehrt: Es wird über kurz oder lang Länder geben, die ein bedingungsloses Grundeinkommen definieren. Dort kann dann jeder existieren, unabhängig davon, was er tut. In Deutschland dagegen wird man indirekt zum Arbeiten gezwungen, weil auch Harz4 so weit gekürzt werden kann, dass man sich nicht mehr ernähren kann. Real verhungert natürlich trotzdem noch niemand, aber von einer formalen Definition Zwangsarbeit sind wir deutlich weniger entfernt, als ein Land mit besagtem Grundeinkommen. Dürfen die dann auch die Regeln für uns bestimmen ?


Na komm, der Vergleich zwischen Hartz4 und Zwangsarbeit ist auch nicht weniger abenteuerlich als der durchschnittliche Nazivergleich. Zur Zwangsarbeit gehört deutlich mehr als die Pflicht, für seinen Lebensunterhalt aufzukommen. Zwangsarbeit setzt voraus, dass man keine Wahl des Arbeitgebers hat, keine Tarifverhandlungen usw. Und es geht übrigens gar nicht darum, die gesetzlichen Regelungen in einem anderen Land zu bestimmen (da würde ich den viel schlimmeren Kolonialismus in Brüssel sehen), sondern nur zwischen Vertragspartnern.

Zitat von Llarian im Beitrag #25

Zitat
Aber ein Arbeitgeber hat, unabhängig von den Standards, eine Sorgfaltspflicht für seine Mitarbeiter und soll sie nicht fahrlässig gefährden. Damit wäre schon viel gewonnen.

Wo fängt bei Dir die Fahrlässigkeit denn an ? In meiner Branche kommt es immer wieder zu tödlichen Unfällen. Nicht unbedingt oft, aber das kommt vor. Das hat einfach damit zu tun, dass die Dinge mit denen wir uns beschäftigen, halt tatsächlich prozessbedingt sehr gefährlich sind. Ab wann ist mein Arbeitergeber denn fahrlässig ? Oder ist es nicht vielmehr so, dass eine Gefährdung schon dann ensteht, wenn ich ein Werk betrete ? Fahrlässigkeit ist in dem Sinne kein binärer Zustand, es ist eine lange Strasse zwischen "Todesjob" und "In Watte gepackt". Ein Standard definiert immer nur eine Stufe auf dieser langen Strasse. Wir haben uns in Deutschland irgendwo hingesetzt und definieren implizit so etwas wie "ein Toter pro xyz Arbeitsstunden ist akzeptabel", auch wenn das nie so aufgeschrieben wird (wer die Maschinenrichtlinie kennt, kann das problemlos nachvollziehen). Es läuft aber dennoch genau darauf hinaus. In Pakistan definiert man das nahezu genauso. Nur das Verhältnis ist ein anderes. Man kann anderen ein anderes Verhältnis befehlen, nur ist das nicht mehr oder weniger willkürlich als wir selber die Grenze definieren.
Ganz simpel wie blöd: In Deutschland ist es fahrlässig eine Leiter an einer Maschine zu konstruieren, die mehr als sechs Meter hoch ist, ohne ein Haltepodest oder einen Anschlagshaken. Das definiert eine DIN Norm. Das kann man machen, aber es kostet selbstredend Geld. Das Geschirr muss beschafft werden, der Haken muss da hin, das Haltepodest muss konstruiert werden, kostet alles Geld. In Pakistan hat man das Geld dafür vielleicht nicht und verzichtet darauf. Nach deutscher Sicht nicht nur fahrlässig sondern sogar grob fahrlässig. Trotzdem waren in Deutschland Leitern von mehr als 10 Metern etwas völlig undramatisches. Und die Leute sind nicht reihenweise in den Tod gestürzt. Ich habe auch keine grosse Angst eine Leiter von 10 Metern zu erklettern. Aber, wie gesagt, grob fahrlässig. Hat also der deutsche Arbeitgeber, im Rahmen seiner Sorgfasltspflicht, nun den Pakistanis zu erklären, das Leitern ab sechs Metern Haltepodeste brauchen ? Bevor Du übrigens darüber lachts: Das sind tatsächlich Fragestellungen mit denen ich mich beruflich beschäftige und bei weitem nicht so absurd, wie es klingt.


Ich weiß, ich kenne solche Fälle auch. Aber sag mir doch mal: Was spricht aus Deiner Sicht dagegen, als Firma die Bedingungen bei seinen Auftragnehmern zu kontrollieren? Schon im zuge des Risikomanagements ist das unabdingbar?

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

15.03.2015 15:04
#27 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #23
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #17
Und wie weit trägt dabei der schwerwiegende Vorwurf der Ablehnung von Verantwortung? Und ist das Einklagen der Verantwortung eines Arbeitgebers über seinen Arbeitnehmer nicht schon ein Akt der Wegnahme von persönlicher Verantwortung? Der selbst einen Menschenrechtsverstoß darstellt?

Sehe ich nicht so. Auf die Sicherheit seines Arbeitsplatzes hat der Arbeiter nur begrenzten Einfluss, weshalb es eine Sorgfaltspflicht gibt. Die Frage ist natürlich die, ob der Auftraggeber dafür verantwortlich ist, dass der Auftragnehmer diese einhält.

In meiner Firma ist das so. In unsere Unfallstatistik gehen auch Unfälle bei unseren Auftragnehmern ein, und es ist Aufgabe des Einkaufs, entsprechende Verträge abzuschließen, die die Arbeitsbedingungen festlegen, sowie Aufgabe der Projektleiter vor Ort, die Einhaltung zu kontrollieren. Das ist natürlich nicht ganz uneigennützig hinsichtlich der Reputation, denn wenn ein Unfall auf unserer Baustelle passiert, interessiert es die Öffentlichkeit nicht, ob der Unfall von einem Mitarbeiter unserer Firma oder von einem Subunternehmer verursacht wurde. Aber es ist eben auch eine Pflicht, Arbeitsbedingungen herzustellen, die die Arbeiter nicht gefährden.

Ich hab aber vom Arbeitnehmer geredet und nicht von seinem Arbeitsplatz. Diese Frage zielt darauf ab, dass sich die Arbeiter selbst Gedanken machen müssen, was um sie herum passiert und was nicht. Und wenn sie feststellen, dass sie mehr oder weniger eingeschlossen sind, müssen sie auch etwas tun. Das kann ihnen niemand abnehmen, sonst ändert sich nichts.
Der Weg aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit als der zur Aufklärung und zur individuellen Freiheit gilt nicht nur für Europäer und andere Westler, sondern auch für Pakistanis.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

15.03.2015 15:17
#28 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #27
Ich hab aber vom Arbeitnehmer geredet und nicht von seinem Arbeitsplatz. Diese Frage zielt darauf ab, dass sich die Arbeiter selbst Gedanken machen müssen, was um sie herum passiert und was nicht. Und wenn sie feststellen, dass sie mehr oder weniger eingeschlossen sind, müssen sie auch etwas tun. Das kann ihnen niemand abnehmen, sonst ändert sich nichts.
Der Weg aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit als der zur Aufklärung und zur individuellen Freiheit gilt nicht nur für Europäer und andere Westler, sondern auch für Pakistanis.

Das klingt schön, aber die Frage, ob einer bei einem Fabrikbrand rechtzeitig ins Freie kommt oder nicht, gehört nicht in ein philosophisches Hauptseminar.

Und manchmal muss die Aufklärung auch von außen kommen - zumindest der Anstoß dazu.

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

15.03.2015 15:41
#29 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #28
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #27
Ich hab aber vom Arbeitnehmer geredet und nicht von seinem Arbeitsplatz. Diese Frage zielt darauf ab, dass sich die Arbeiter selbst Gedanken machen müssen, was um sie herum passiert und was nicht. Und wenn sie feststellen, dass sie mehr oder weniger eingeschlossen sind, müssen sie auch etwas tun. Das kann ihnen niemand abnehmen, sonst ändert sich nichts.
Der Weg aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit als der zur Aufklärung und zur individuellen Freiheit gilt nicht nur für Europäer und andere Westler, sondern auch für Pakistanis.

Das klingt schön, aber die Frage, ob einer bei einem Fabrikbrand rechtzeitig ins Freie kommt oder nicht, gehört nicht in ein philosophisches Hauptseminar.

Und manchmal muss die Aufklärung auch von außen kommen - zumindest der Anstoß dazu.

Philosophie war bei mir noch nie im Seminar angesiedelt, sondern schon immer im täglichen Leben. Mein Interesse für sie, liegt in dem Ziel meine Handlungsoptionen zu erweitern.

Viele Grüße, Erling Plaethe

adder Offline




Beiträge: 1.073

15.03.2015 20:11
#30 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #26
Zitat von Llarian im Beitrag #25
Zitat von Meister Petz im Beitrag #20
Wie gesagt, Pakistan ist im Korruptionsindex auf Platz 127. Darauf würde ich mich nicht verlassen.

Im selben Index liegt Russland auf Platz 136. Machen wir jetzt keine Geschäfte mehr mit Russland ? (Unabhängig von der aktuellen Krise). Selbst Italien liegt auf Platz 69. Das ist schon "ziemlich korrupt". Müssen wir jetzt überprüfen wie die Niederlassungen deutscher Firmen in Italien arbeiten ? Ab wann vertrauen wir anderen Ländern ihre Angelegenheiten selbst zu regeln ?

Wer ist "wir" in dem Fall? Wenn es um den Staat geht, Zustimmung. Aber du wirst doch nicht ernsthaft bestreiten, dass deutsche Firmen in Russland oder China ganz von sich aus für zahlreiche Situationen eigene Vorkehrungen treffen, weil sie sich nicht auf das Funktionieren von Prozessen verlassen.


Ich habe in diesem Jahr - obwohl ich ja nur mit deutschen Behörden zu tun habe - 3 Anti-Korruptions-Trainings absolvieren müssen. Das wiederholt sich jedes Jahr. Und auch in allen anderen Compliance-relevanten Firmentrainings wird immer wieder betont, dass für uns ein Geschäft, welches nur aufgrund von Korruption zu stande kommt, nicht in Frage kommt. Nun kann ich nicht für andere sprechen, aber ich nehme solche Konzern-"Werte" sehr ernst. Höheres Gewicht hat nur mein Gewissen und das Gesetz. Gleiches Gewicht haben GxP-Richtlinien.
Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass ein Geschäft auf Korruptionsbasis einfach nicht ok ist - es kostet letztlich nur Geld. Jeder in den USA oder dem UK tätige Konzern kann deswegen in den USA/UK verklagt werden, auch wenn die Korruption ausserhalb stattgefunden hat.

Zitat
Zitat von Llarian im Beitrag #25
Nehmen wir doch den viel realistischeren Fall: Die iranische Firma xyz erlässt für ihre deutsche Niederlassung ein Kopftuchgebot und vielleicht noch das Verbot das Frauen Auto fahren. Wollen wir den Iran nun gewähren lassen ? Oder verbitten wir uns zurecht die Einmischung in die innerdeutsche Ordnung ?

Ich wäre gar nicht so sicher. Aber die Analogie passt nicht. Die Frage ist nämlich nicht, ob wir uns das verbitten oder nicht, sondern ob im Heimatland des Firmensitzes Prozesse über Zustände in der ausländischen Tochter geführt werden können. Und da ist es nicht relevant, was der Gegenstand ist. Für die Frage des Kulturrelativismus aber schon.


Eine iranische Firma, die im Iran wegen des nicht-tragens verklagt werden könnte, wird sich ebenso wie ein britischer Konzern, der wegen Korruption verklagt werden könnte, wenn einer seiner Mitarbeiter einen Beamten im Iran bestechen würde [im UK illegal, und auch im Ausland strafbewehrt) überlegen müssen, ob das Risiko der Klage den möglichen Gewinn wert ist. Wenn nein, heißt die Antwort eben, kein Geschäft - aus dem Markt zurückziehen.
Die Frage ist natürlich auch, ob der mögliche Gewinn das Nicht-Einhalten von Firmenwerten wert ist. Wenn nein - kein Geschäft.
Natürlich muss jeder Konzern, jede Firma auch die lokalen Gesetze beachten. Wenn in einem Land nun einmal das Tragen des Kopftuchs oder der Brandschutz verboten sein sollte, dann muss wieder abgewogen werden: und kommt man zu dem Schluss, dass der Brandschutz wichtiger als das Geschäft ist, oder das Kopftuch so wichtig ist: dann kein Geschäft, aus dem Markt raus.

Zitat
Zitat von Llarian im Beitrag #25
Da wo die lokale Bevölkerung sie zieht. Vor gar nicht so viel Zeit war Zwangsarbeit in Deutschland (Stichwort Zuchthaus) auch nichst so ungewöhnliches und durchaus gesellschaftlich gewollt. (Bitte erspare uns beiden an der Stelle Godwins Law, wir müssen jetzt nicht über die Nazis reden.) In vielen Ländern der Welt ist es vollkommen üblich das Gefängnisse mit Zwangsarbeit funktioneren. Wollen wir nun den Handel mit diesen Ländern einstellen ?
Sieh es mal umgekehrt: Es wird über kurz oder lang Länder geben, die ein bedingungsloses Grundeinkommen definieren. Dort kann dann jeder existieren, unabhängig davon, was er tut. In Deutschland dagegen wird man indirekt zum Arbeiten gezwungen, weil auch Harz4 so weit gekürzt werden kann, dass man sich nicht mehr ernähren kann. Real verhungert natürlich trotzdem noch niemand, aber von einer formalen Definition Zwangsarbeit sind wir deutlich weniger entfernt, als ein Land mit besagtem Grundeinkommen. Dürfen die dann auch die Regeln für uns bestimmen ?

Na komm, der Vergleich zwischen Hartz4 und Zwangsarbeit ist auch nicht weniger abenteuerlich als der durchschnittliche Nazivergleich. Zur Zwangsarbeit gehört deutlich mehr als die Pflicht, für seinen Lebensunterhalt aufzukommen. Zwangsarbeit setzt voraus, dass man keine Wahl des Arbeitgebers hat, keine Tarifverhandlungen usw. Und es geht übrigens gar nicht darum, die gesetzlichen Regelungen in einem anderen Land zu bestimmen (da würde ich den viel schlimmeren Kolonialismus in Brüssel sehen), sondern nur zwischen Vertragspartnern.



Volle Zustimmung. Brandschutz, der über die gesetzlichen Regelungen hinausgeht, ist eine Vereinbarung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Etwas, das über den gesetzlichen Schutz, die gesetzlichen Mindeststandards hinausgeht, und von beiden Vertragspartner einvernehmlich entschieden wurde [auch der Druck, entweder das oder kein Geschäft, ist einvernehmlich. Man hat immer die Wahl], kann nicht mit Kolonialismus verglichen werden.

Zitat

Ich weiß, ich kenne solche Fälle auch. Aber sag mir doch mal: Was spricht aus Deiner Sicht dagegen, als Firma die Bedingungen bei seinen Auftragnehmern zu kontrollieren? Schon im zuge des Risikomanagements ist das unabdingbar?



Die Kontrolle der Auftragnehmer ist im pharmazeutischen Umfeld nicht nur die Regel, sondern sogar von GxP-Richtlinien und einschlägigem Recht vorgegeben. Ein Vertriebsunternehmen wird immer den Hersteller der Arzneimittel auditieren. Der Hersteller des Arzneimittels wird immer den Hersteller mindestens der Wirkstoffe, die er verarbeitet, auditieren. Der Wirkstoffhersteller auditiert die Ausgangsstoffhersteller. Kauft das Vertriebsunternehmen den Wirkstoff direkt, auditiert dieses auch den Wirkstoffhersteller (übrigens zusätzlich zum Audit durch den Arzneimittelhersteller). Im Allgemeinen kommt dann noch ein Audit der Landesbehörde, der EMA und/oder der FDA [je nach Verbreitungsgrad].
Ich war als Vertreter der Arzneimittelzulassung an einem Audit beteiligt. Ehrlich gesagt, möchte ich das nicht noch einmal - und vor allem nicht bei meiner eigenen Abteilung. Wird aber wohl dieses Jahr so weit sein - und dann bin ich wohl auch direkt verantwortlich. Das ist ein Haufen Arbeit, es wird sehr tief geschaut und jede Abweichung muss erklärt (und geklärt) werden.

Wäre ich ein Firmenchef (egal welcher Branche), ich würde allerdings auch darauf bestehen, dass Herstellungsstätten oder Tochterfirmen auditiert werden. Und dass bei Vertragsabschlüssen immer gewisse Mindeststandards auch mit vereinbart und danach durchgesetzt werden. Man kann das ja mit Bonuszahlungen und Vertragsstrafen vereinbaren.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

16.03.2015 03:05
#31 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Zitat
Nur gegen den Subtext, dass sie das auch tun würden, wenn sie die Wahl hätten.



Ein Subtext, der nicht von mir stammt. Ich habe auf die Feststellung geantwortet, es könne als kolonialistisch gewertet werden, anzunehmen die Menschen dort seien so verzweifelt, dass sie keine bessere alternative haben. Dem habe ich widersprochen.

Im übrigen ist diese Anmerkung irgendwie inhaltsleer. Natürlich haben die die Wahl, die Frage is immer zwischen was. Wenn die eine bessere Wahl hätten, würden sie diese wahrnehmen. Sie nehmen keine bessere Alternative war, also haben sie diese wohl nicht. Diese Binse sagt uns was?

Worum es eigentlich geht, ist die Frage, ob sich deren Situation zu früher verbessert oder verschlechtert hat. Und in den meisten Fällen dürfte es eine Verbesserung sein, nur nach unseren Maßstäben auf sehr niedrigem Level.

Edit: Umformuliert. Ergänzt.

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

16.03.2015 10:22
#32 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #13
Es geht ja nicht um westliche Standards, sondern um überhaupt welche.

Natürlich geht es um westliche Standards. Denn irgendwelche (und seien sie informell) gibt es natürlich überall. Der Knackpunkt ist halt die Differenz zwischen den pakistanischen und den deutschen Üblichkeiten - und genau daran hängt sich die Klage auf.

Zitat
Ich bin mir sicher, dass die von mir beschriebene Arbeitsstätte (...), auch nach dortigen Sicherheitsbestimmungen problematisch war.


Und genau dann ist es NICHT Sache des Kunden, anstelle der lokalen Behörden die lokalen Gesetze durchzusetzen.

Zitat
Aber wir reden hier nicht über ein Hightech-Cluster in Karachi, sondern vorrangig über kleine Klitschen mit 20 oder 50 Leuten auf irgendeinem Kaff in der Provinz, die ihre Produkte über 2, 3 Zwischenhändler an den abliefern, der studiert hat und mit dem Kunden im Westen verhandelt.


Was also bedeuten würde, daß der deutsche Kunde nicht nur seinen Vertragspartner kontrollieren soll, sondern auch sämtliche Stufen der Zulieferkette. Das ist wohl völlig unrealistisch - insbesondere auch, weil sich dauernd etwas in dieser Zulieferkette ändern kann.

Zitat
Wieso vertretet ihr alle in der Wirtschaft eine Meinung, die ihr im politischen Bereich bekämpft? Das ist doch der gleiche Kulturrelativismus, mit dem Frau Roth Hinrichtungen von Ehebrecherinnen im Iran verharmlost.


Es gibt da einen entscheidenden Unterschied: Die Menschenrechte sind universal gültig, das ist internationales Recht. Und wenn ein Staat gegen diese verstößt, ist das ein Thema auch für uns.

Das deutsche Arbeitsschutz-, Umwelt- oder Betriebsverfassungsrecht ist aber nur bei uns gültig und wenn irgendwelche Staaten das anders regeln, ist das zu respektieren.

Zitat
Es geht nicht um EU-Standards und ich will auch keinen Genderbeauftragten.


Klar, Du ziehst da eine pragmatische Grenze.
Aber die Neo-Kolonialisten ziehen die nicht unbedingt. Wenn man einmal den Grundsatz anerkennt, daß deutsche Kunden dafür verantwortlich sind, wenn ihre ausländischen Partner sich nicht an bestimmte deutsche Bestimmungen halten, dann gilt dieser Grundsatz natürlich auch für alle anderen deutschen Bestimmungen. Bis hin zur Genderbeauftragten.
Du wirst auch keinem Neo-Kolonialisten klarmachen können, daß man bei Brandschutz interveniert, Frauenunterdrückung aber akzeptiert werden muß.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

16.03.2015 10:44
#33 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #32
Zitat von Meister Petz im Beitrag #13
Es geht ja nicht um westliche Standards, sondern um überhaupt welche.

Natürlich geht es um westliche Standards. Denn irgendwelche (und seien sie informell) gibt es natürlich überall. Der Knackpunkt ist halt die Differenz zwischen den pakistanischen und den deutschen Üblichkeiten - und genau daran hängt sich die Klage auf.

Zitat
Ich bin mir sicher, dass die von mir beschriebene Arbeitsstätte (...), auch nach dortigen Sicherheitsbestimmungen problematisch war.

Und genau dann ist es NICHT Sache des Kunden, anstelle der lokalen Behörden die lokalen Gesetze durchzusetzen.


Wie gesagt, es geht mir nicht um die Klage. Aber der Kunde ist oft der einzige, der Änderungen durchsetzen kann, wenn es die lokalen Behörden nicht interessiert. Und der Kunde ist der, dessen Reputation auf dem Spiel steht - oder hast Du schon mal gehört, dass irgendwelche Sweatshop-Vorwürfe sich gegen bangladesher Behörden richten?

Zitat von R.A. im Beitrag #32

Zitat
Aber wir reden hier nicht über ein Hightech-Cluster in Karachi, sondern vorrangig über kleine Klitschen mit 20 oder 50 Leuten auf irgendeinem Kaff in der Provinz, die ihre Produkte über 2, 3 Zwischenhändler an den abliefern, der studiert hat und mit dem Kunden im Westen verhandelt.

Was also bedeuten würde, daß der deutsche Kunde nicht nur seinen Vertragspartner kontrollieren soll, sondern auch sämtliche Stufen der Zulieferkette. Das ist wohl völlig unrealistisch - insbesondere auch, weil sich dauernd etwas in dieser Zulieferkette ändern kann.


Es ist schwierig, ja. Wie gesagt, besagter Textilhändler, von dem ich weiß, hat ein Team gebildet, das ständig in Asien unterwegs ist und mit den Lieferanten spricht und Betriebe besichtigt. Das ist aus meiner Sicht, gerade weil es auf Freiwilligkeit basiert und nicht auf einem Haftungsrisiko, das ihr ja auch zu Recht fürchtet, ziemlich vorbildlich.

Zitat von R.A. im Beitrag #32

Zitat
Wieso vertretet ihr alle in der Wirtschaft eine Meinung, die ihr im politischen Bereich bekämpft? Das ist doch der gleiche Kulturrelativismus, mit dem Frau Roth Hinrichtungen von Ehebrecherinnen im Iran verharmlost.

Es gibt da einen entscheidenden Unterschied: Die Menschenrechte sind universal gültig, das ist internationales Recht. Und wenn ein Staat gegen diese verstößt, ist das ein Thema auch für uns.

Das deutsche Arbeitsschutz-, Umwelt- oder Betriebsverfassungsrecht ist aber nur bei uns gültig und wenn irgendwelche Staaten das anders regeln, ist das zu respektieren.


Naja, wenn es um Kinderarbeit oder eindeutig gegen die körperliche Unversehrtheit geht, sind wir schon im Bereich der Menschenrechte.

Zitat von R.A. im Beitrag #32

Zitat
Es geht nicht um EU-Standards und ich will auch keinen Genderbeauftragten.

Klar, Du ziehst da eine pragmatische Grenze.
Aber die Neo-Kolonialisten ziehen die nicht unbedingt. Wenn man einmal den Grundsatz anerkennt, daß deutsche Kunden dafür verantwortlich sind, wenn ihre ausländischen Partner sich nicht an bestimmte deutsche Bestimmungen halten, dann gilt dieser Grundsatz natürlich auch für alle anderen deutschen Bestimmungen. Bis hin zur Genderbeauftragten.
Du wirst auch keinem Neo-Kolonialisten klarmachen können, daß man bei Brandschutz interveniert, Frauenunterdrückung aber akzeptiert werden muß.


Den Grundsatz erkenne ich ja gar nicht an. Ich habe nur gegen Deine ziemlich radikale These argumentiert, dass jede Art der Einmischung in Arbeitsbedingungen - selbst freiwillige ohne Haftung - als kolonialistisch abzulehnen sind. Ich sehe es eher als eine Frage des Anstands an in Bezug auf die Art, Geschäfte zu machen. Du weißt, dass ich ein Feind jeder Art von Regulierung bin. Aber ich bin ein Freund davon, was Sinnvolles zu tun.

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

16.03.2015 11:07
#34 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #33
Aber der Kunde ist oft der einzige, der Änderungen durchsetzen kann, wenn es die lokalen Behörden nicht interessiert.

Nicht wirklich.
Natürlich ist der Einfluß des Kunden direkt sichtbar und wäre oft die schnellste Option.
Aber es ist nicht die einzige.
Änderungen incl. Druck auf die lokalen Behörden wird es dann geben, wenn sich die Leute vor Ort dafür einsetzen. Und das muß passieren, damit sich dort die Gesellschaft ingesamt ändern kann und echter Fortschritt möglich wird. Dieser Entwicklungsprozeß kann m. E. nicht durch Druck von außen ersetzt werden.

Und mit "Leuten vor Ort" meine ich nicht nur die betroffenen Arbeiter. Für die ist das ziemlich schwierig (aber auch nicht unmöglich).
Wenn man an die europäische Entwicklung zurückdenkt, kamen die gesellschaftlichen Fortschritte nur zum kleineren Teil durch Druck von unten (z. B. durch die Arbeiterbewegung) zustande. Ganz wesentlich war, daß die aufgeklärte Elite selber die Defizite wahrnahm und das Bedürfnis verspürte, etwas zu unternehmen.
Das braucht aber eine gewisse Zeit. Und Einmischungsversuche von außen werden m. E. eher kontraproduktiv wirken. Man hat zwar eine schnellere Wirkung, aber die eigentlich zuständigen Eliten sehen dann keinen Handlungsbedarf mehr, sich um ihr eigenes Land zu kümmern.

Zitat
Naja, wenn es um Kinderarbeit oder eindeutig gegen die körperliche Unversehrtheit geht, sind wir schon im Bereich der Menschenrechte.


Das ist richtig. Zumindestens bei absichtlichen Verstößen kann das auch ein Grund sein einzugreifen.
Aber nicht bei fahrlässigen, weil da einfach die Wahrnehmung unterschiedlich ist - siehe Llarians Leiterbeispiel.

Zitat
Ich habe nur gegen Deine ziemlich radikale These argumentiert, dass jede Art der Einmischung in Arbeitsbedingungen - selbst freiwillige ohne Haftung - als kolonialistisch abzulehnen sind.


Dann habe ich mich wohl sehr mißverständlich ausgedrückt. Was die Firmen freiwillig dort machen, ist nicht Gegenstand meiner Kritik. Das kann zwar mittelfristig kontraproduktiv wirken (s.o.), aber der unmittelbare Nutzen überwiegt wohl.

Die kolonialistische Attitude sehe ich bei den Klägern. Also nicht den offiziellen Klägern, die vor Ort betroffen waren. Sondern den Hintermännern der Klagen von den europäischen NGOs.
Diese Leute fordern die institutionalisierte Einmischung Deutschlands in die Verhältnisse vor Ort. Weil sie offensichtlich den Pakistanern grundsätzlich nicht zutrauen, ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln. Was eben eine Form von Rassismus ist.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

16.03.2015 11:37
#35 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #34
Zitat von Meister Petz im Beitrag #33
Aber der Kunde ist oft der einzige, der Änderungen durchsetzen kann, wenn es die lokalen Behörden nicht interessiert.

Nicht wirklich.
Natürlich ist der Einfluß des Kunden direkt sichtbar und wäre oft die schnellste Option.
Aber es ist nicht die einzige.
Änderungen incl. Druck auf die lokalen Behörden wird es dann geben, wenn sich die Leute vor Ort dafür einsetzen. Und das muß passieren, damit sich dort die Gesellschaft ingesamt ändern kann und echter Fortschritt möglich wird. Dieser Entwicklungsprozeß kann m. E. nicht durch Druck von außen ersetzt werden.

Nicht nur durch Druck, schon auch durch Einbeziehung der lokalen Funktionsträger. Ich meine zum Beispiel so etwas: http://bangladeshaccord.org/

Das ist eine NGO, die von den Kunden gesponsert wird, und die Tatsache, dass sie kaum in den Medien präsent ist, nährt mein Vertrauen, dass hier im Gegensatz zu bspw. Greenpeace tatsächlich sinnvolle Arbeit getan wird. Und wenn Du Dir die Liste des Personal anschaust, kann man aus den Namen schließen, dass hier nicht der weiße Kolonialist am Start ist, sondern lokale Kräfte unterstützt werden:

Zitat
Fire Engineers Title
Md. Kamrujjaman Lead Engineer – Fire Safety
Shabbir Hossain Fire Safety Engineer
Md. Mah mudur Rahman Fire Safety Engineer
Nusrat Hossain Trisha Fire Safety Engineer
Dalower Hossain Fire Safety Engineer
Md. Rakibul Alam Fire Safety Engineer
Nirmal Chandra Sinha Fire Safety Engineer
A.K.M. Monoarul Huda Fire Safety Engineer
M.A. Rashid Tipu Fire Safety Engineer
Raju Ahmed Fire Safety Engineer
Structural Engineers Title
Mohammed Shafiq Uddin Lead Structural Safety Engineer
Sukanta Barua Structural Safety Engineer
Md. Nahidun Nabi Structural Safety Engineer
Md. Abdul Momin Structural Safety Engineer
NizamUddin Ahmed Structural Safety Engineer
Abdullah-Al-Mahmud Structural Safety Engineer
K.M Anowarul Azim Emil Structural Safety Engineer
Md. Shah Nur Alam Sourav Structural Safety Engineer
Md. Abdul Malek Structural Safety Engineer
Mohammad Ahsan Ullah Structural Safety Engineer
Mohammad Sipon Khan Structural Safety Engineer



Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

16.03.2015 12:09
#36 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #35
Das ist eine NGO, die von den Kunden gesponsert wird, und die Tatsache, dass sie kaum in den Medien präsent ist, nährt mein Vertrauen, dass hier im Gegensatz zu bspw. Greenpeace tatsächlich sinnvolle Arbeit getan wird.

Das sieht wirklich nach einer sehr guten Initiative aus.
Entscheidend ist wohl, daß die eigentliche NGO von Einheimischen getragen wird. Und dann tun die europäischen Kunden natürlich das Richtige, wenn sie das nach Kräften unterstützen.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

16.03.2015 13:46
#37 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #36
Zitat von Meister Petz im Beitrag #35
Das ist eine NGO, die von den Kunden gesponsert wird, und die Tatsache, dass sie kaum in den Medien präsent ist, nährt mein Vertrauen, dass hier im Gegensatz zu bspw. Greenpeace tatsächlich sinnvolle Arbeit getan wird.

Das sieht wirklich nach einer sehr guten Initiative aus.
Entscheidend ist wohl, daß die eigentliche NGO von Einheimischen getragen wird. Und dann tun die europäischen Kunden natürlich das Richtige, wenn sie das nach Kräften unterstützen.

Ja eben. Schau Dir mal die Liste an, die erreichen nach und nach knapp 2 Mio Arbeitskräfte, das ist ungefähr die Hälfte. Schon ordentlich.

Natürlich gibt es dabei auch Widerstand. Dieser Artikel beschreibt ziemlich ausgewogen, wie der Prozess vor Ort läuft.
http://www.dw.de/cleaning-up-bangladeshs...stry/a-17746536

Und er zeigt auch, warum einfach nur Geld mit der Gießkanne verteilen Unsinn ist.

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

fedchan Offline



Beiträge: 129

16.03.2015 21:49
#38 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Hallo und Guten Tag.

Zitat
Meister Petz Dabei gibt mir noch ein Punkt Rätsel auf:

Zitat
Juristisch ist der Fall heikel, das deutsche Recht sieht eigentlich kein Schmerzensgeld für Angehörige vor. Da der Schaden jedoch in Pakistan verursacht wurde und das beklagte Unternehmen seinen Sitz in Deutschland hat, soll, so die Argumentation der Anklage, vor dem Landgericht Dortmund nach dem common law Pakistans geurteilt werden.
http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-03/kik-brand-klage


Wie geht das? Ist es nicht so, dass deutsche Gerichte nach deutschem Recht urteilen müssen und pakistanische Gerichte nach pakistanischem Recht?



Deutsche Gerichte urteilen nach deutschem Recht, aber zum deutschen Recht gehört auch das sog. Internationale Privatrecht. Das ist der Teil der Rechtsordnung, der regelt, die Rechtsordnung welches Staates auf ein privatrechtliches Rechtsverhältnis mit internationalem Bezug Anwendung findet.

In Deutschland steht das Internationale Privatrecht traditionell im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Müsste ich professionell prüfen, welches Recht von deutschen Gerichten angewandt würde, wenn in Pakistan eine unerlaubte Handlung begangen wird, würde das eine Weile dauern, weil ich prüfen müsste, ob ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen Pakistan und Deutschland existiert, der Sonderregeln enthält, ob es europarechtliche Bestimmungen gibt etc. Aus der Hüfte geschossen sage ich aber jetzt einfach mal, dass Art. 40 EGBGB auf pakistanisches Recht verweist. Das hätte dann in der Tat zur Konsequenz, dass ein deutsches Gericht pakistanisches Recht anwendet.

Gruß, fedchan

Ergänzung: 22:00 Uhr
Nachdem ich spaßeshalber mal in meinen BGB-Kommentar daheim hereingeschaut habe, stelle ich fest, dass es tatsächlich eine europarechtliche Sonderregelung gibt: Die Rom-II-Verordnung. Die gab's noch net, als ich Jura studierte .
Das Ergebnis ist aber dasselbe: Nach Art. 4 Abs. 1 müsste pakistanisches Recht Anwendung finden.

... jetzt schweige ich aber besser, bevor mir ein IPR-Spezialist auf die Finger haut.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

16.03.2015 23:02
#39 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Super, danke, lieber fedchan! Aber jetzt noch eine Frage: Das ganze gilt nur für Privatrecht, also Zahlungen, die sich aus dem Vertragsverhältnis ergeben (wie Schadenersatz, Schmerzensgeld etc). Aber ist dann auch Gegenstand des Verfahrens, ob a) deutsche oder pakistanische Sicherheitsvorschriften angewendet werden müssen, b) gegen diese verstoßen wurde und c) ob kik als Auftraggeber haftbar gemacht werden kann?

Denn meines Wissens wurde kik bisher vor keinem Gericht verurteilt.

Und noch eine andere Frage: Wäre es auch möglich kik vor einem pakistanischen Gericht zu verklagen, d.h. ist der Gang vor das deutsche Gericht nur ein PR-Stunt oder tatsächlich notwendig für diese Forderung?

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

fedchan Offline



Beiträge: 129

17.03.2015 07:16
#40 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Hallo und Guten Tag!

Zitat
Meister Petz Aber jetzt noch eine Frage: Das ganze gilt nur für Privatrecht, also Zahlungen, die sich aus dem Vertragsverhältnis ergeben (wie Schadenersatz, Schmerzensgeld etc).


Da ist Ihre Definition des „Privatrechts“ zu eng: Wenn A durch die Stadt geht und ganz unvermittelt dem ihm völlig unbekannten B auf die Nase haut, hat B grds. privatrechtliche Schadensersatzansprüche gegen A, ohne dass zwischen beiden ein Vertragsverhältnis bestehen müsste. Das ist so aufgrund des Regimes der unerlaubten Handlungen; ein Synonym dafür ist: Deliktsrecht. Das ist das Regime der Schadensersatzansprüche, die gerade keine besondere rechtliche Verbindung (Vertragsverhältnis etc.) zwischen den Parteien voraussetzen.

Nach deutschem Deliktsrecht kann eine Verletzung von Sicherheitsvorschriften deliktische Schadensersatzansprüche auslösen. Ob das nach pakistanischem Recht der Fall ist, weiß ich nicht. Spontan würde ich aber bezweifeln, dass das pakistanische Deliktsrecht die Verletzung deutscher Sicherheitsvorschriften sanktioniert (können sie in Pakistan verletzt werden, wenn sie nur in Deutschland gelten?).

Neben dem Regime des Deliktsrechts gibt es natürlich auch das Regime der Leistungsstörungen, vulgo: Vertragsverletzungen. Nach deutschem Recht kann die Verletzung einer Sicherheitsvorschrift, die einen Schaden verursacht, auch (= zusätzlich zu deliktischen Ansprüchen) „vertragliche“ Schadensersatzansprüche auslösen, wenn zwischen den Parteien eine rechtliche Sonderbeziehung besteht. Nach deutschem Recht haben vertragliche Schadensersatzansprüche einige charmante Vorteile; häufig tut's aber auch das Deliktsrecht.

Zitat
Aber ist dann auch Gegenstand des Verfahrens, ob a) deutsche oder pakistanische Sicherheitsvorschriften angewendet werden müssen, b) gegen diese verstoßen wurde und c) ob kik als Auftraggeber haftbar gemacht werden kann?


Die Richterin wird sich zuerst die Frage stellen, ob die Klage zulässig ist. Das beurteilt sie unter anderem nach Vorschriften des Internationalen Zivilprozessrechts, das die Zuständigkeit von Gerichten bei Sachverhalten mit Auslandsbezug regelt. Wenn die Richterin ihre Zuständigkeit (und die Zulässigkeit der Klage im Übrigen) bejaht, wird sie sich als nächstes die Frage stellen, unter Anwendung welcher Rechtsordnung sie über den geltend gemachten Anspruch entscheiden muss. Diese Frage beantwortet sie, wie gesagt, nach Vorschriften des Internationalen Privatrechts.

Hat sie die einschlägige(n) Rechtsordnung(en) ermittelt, wendet sie diese Normen an; notfalls mit Hilfe eines Sachverständigen. Anhand dieser Normen bestimmt sie dann, soweit es entscheidungserheblich ist, ob und welche Sicherheitsvorschriften anzuwenden waren, ob dagegen verstoßen wurde (wann liegt ein „Verschulden“ vor?), ob das Schadensersatzansprüche für die Kläger auslöst und ob kik als Auftraggeber haftet.

Zitat
Und noch eine andere Frage: Wäre es auch möglich kik vor einem pakistanischen Gericht zu verklagen, d.h. ist der Gang vor das deutsche Gericht nur ein PR-Stunt oder tatsächlich notwendig für diese Forderung?


Ob es möglich ist, richtet sich nach pakistanischem Recht. Ob es sinnvoll ist, muss durch Opportunitätserwägung bestimmt werden: Wie wird das Gericht wahrscheinlich urteilen? Kommt es an Beweismittel heran? Habe ich eine Chance, dass ich ein Urteil auch durchsetzen kann? Ist mir das alles egal und ich will nur eine PR-Wirkung erzielen?
Der Fachbegriff für den Vorgang der Auswahl des anzurufenden Gerichts bei mehreren Zuständigkeiten heißt Forum Shopping.

Freundlicher Gruß,

fedchan

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

17.03.2015 10:49
#41 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Zitat von fedchan im Beitrag #40
Nach deutschem Deliktsrecht kann eine Verletzung von Sicherheitsvorschriften deliktische Schadensersatzansprüche auslösen.

Aber ja wohl nur gegen den, der die Verletzung verursacht hat bzw. verantwortet.

Die ganze dargestellte Kette wäre ja schon ein Problem für die Kläger, wenn sie gegen eine deutsche Firma mit Fabrik in Pakistan klagen würden.

Aber hier wird ja überhaupt nicht gegen den Besitzer des Gebäudes / dem Betreiber der Produktion geklagt. Sondern gegen einen Kunden.

Und ich wüßte jetzt keine Rechtskonstruktion, mit der das möglich wäre.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

17.03.2015 10:58
#42 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Zitat von fedchan im Beitrag #40

Zitat
Meister Petz Aber jetzt noch eine Frage: Das ganze gilt nur für Privatrecht, also Zahlungen, die sich aus dem Vertragsverhältnis ergeben (wie Schadenersatz, Schmerzensgeld etc

Da ist Ihre Definition des „Privatrechts“ zu eng: Wenn A durch die Stadt geht und ganz unvermittelt dem ihm völlig unbekannten B auf die Nase haut, hat B grds. privatrechtliche Schadensersatzansprüche gegen A, ohne dass zwischen beiden ein Vertragsverhältnis bestehen müsste. Das ist so aufgrund des Regimes der unerlaubten Handlungen; ein Synonym dafür ist: Deliktsrecht. Das ist das Regime der Schadensersatzansprüche, die gerade keine besondere rechtliche Verbindung (Vertragsverhältnis etc.) zwischen den Parteien voraussetzen.


Das ist mir klar, da habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Ich meine damit: Das Vertragsverhältnis zwischen kik und dem Arbeitgeber in Pakistan begründet überhaupt erst, dass kik als Beklagter in Frage kommt. Denn kik hat ja den Arbeitern selber keinen Schaden zugefügt. Aber daraus, das kik ein Vertragsverhältnis mit ihm hat, wird eine Aufsichtspflicht abgeleitet, richtig?

Zitat von fedchan im Beitrag #40

Zitat
Und noch eine andere Frage: Wäre es auch möglich kik vor einem pakistanischen Gericht zu verklagen, d.h. ist der Gang vor das deutsche Gericht nur ein PR-Stunt oder tatsächlich notwendig für diese Forderung?
Ob es möglich ist, richtet sich nach pakistanischem Recht. Ob es sinnvoll ist, muss durch Opportunitätserwägung bestimmt werden: Wie wird das Gericht wahrscheinlich urteilen? Kommt es an Beweismittel heran? Habe ich eine Chance, dass ich ein Urteil auch durchsetzen kann? Ist mir das alles egal und ich will nur eine PR-Wirkung erzielen?
Der Fachbegriff für den Vorgang der Auswahl des anzurufenden Gerichts bei mehreren Zuständigkeiten heißt Forum Shopping

.
Der Begriff ist mir als John-Grisham-Leser bekannt. Hauptsächlich gibt es das in den USA, wenn man sich überlegt, ob man vor ein Bundesgericht oder ein lokales Gericht zieht, stimmts?

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

fedchan Offline



Beiträge: 129

17.03.2015 14:00
#43 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Hallo und Guten Tag!

Zitat
R. A. Aber hier wird ja überhaupt nicht gegen den Besitzer des Gebäudes / dem Betreiber der Produktion geklagt. Sondern gegen einen Kunden.
Und ich wüßte jetzt keine Rechtskonstruktion, mit der das möglich wäre.


Das deutsche Recht (oder sagen wir: die deutsche Rechtsprechung) kennt tatsächlich eine deliktische (!) Haftung bei unmittelbarer Schadensverursachung durch einen Vertragspartner. Schulfall ist der Reiseveranstalter, der für einen Schaden haftet, den ein Hotelier am Urlaubsort beim Reisenden hervorgerufen hat. Der Zaubertrick: Man geht davon aus, dass der Reiseveranstalter da selbst eigene Verkehrssicherungspflichten verletzt hat. (Diese Rechtsprechung ist nicht direkt contra legem, aber doch ein bisschen systemwidrig.)
Ich weiß aber nicht, was das pakistanische Recht (= pakistanische Gerichte) dazu sagt(/en).

Übertrieben hohe Erfolgsaussichten der Klage gegen kik sehe ich spontan aber nicht, das ist richtig.

Zitat
Meister Petz Das Vertragsverhältnis zwischen kik und dem Arbeitgeber in Pakistan begründet überhaupt erst, dass kik als Beklagter in Frage kommt. Denn kik hat ja den Arbeitern selber keinen Schaden zugefügt. Aber daraus, das kik ein Vertragsverhältnis mit ihm hat, wird eine Aufsichtspflicht abgeleitet, richtig?


So werden die Kollegen wohl argumentieren.

Zitat
Meister Petz Forum Shopping – Der Begriff ist mir als John-Grisham-Leser bekannt. Hauptsächlich gibt es das in den USA, wenn man sich überlegt, ob man vor ein Bundesgericht oder ein lokales Gericht zieht, stimmts


Unter anderem, ja.

Die deutschen Juristen finden das a bisserl anrüchig, weil es nach deutschen Vorstellungen einen (!) gesetzlichen Richter gibt. Obwohl auch das deutsche Zivilprozessrecht durchaus die Situation kennt, dass mehrere Gerichtsstände für einen Fall eröffnet sind.

Freundlicher Gruß,

fedchan

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

17.03.2015 15:38
#44 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Zitat von fedchan im Beitrag #43
Das deutsche Recht (oder sagen wir: die deutsche Rechtsprechung) kennt tatsächlich eine deliktische (!) Haftung bei unmittelbarer Schadensverursachung durch einen Vertragspartner. Schulfall ist der Reiseveranstalter, der für einen Schaden haftet, den ein Hotelier am Urlaubsort beim Reisenden hervorgerufen hat.

Aber da gibt es nun wieder eine direkte Vertragsbeziehung zwischen dem geschädigten Reisenden und dem haftenden Reiseveranstalter. Und der Veranstalter hat sich des Hoteliers bedient, um Leistungen gegenüber dem Reisenden zu erbringen - da ist die (Mit-)Verantwortung logisch.

Zitat
Die deutschen Juristen finden das a bisserl anrüchig, weil es nach deutschen Vorstellungen einen (!) gesetzlichen Richter gibt. Obwohl auch das deutsche Zivilprozessrecht durchaus die Situation kennt, dass mehrere Gerichtsstände für einen Fall eröffnet sind.


Das klassische Beispiel in Deutschland ist wohl das OLG Hamburg, das sich für alle möglichen strittigen Meinungsäußerungen zuständig fühlt, wenn diese über das Internet abrufbar sind. Mit der Begründung, auch in Hamburg gäbe es Internet und deswegen könne man die strittige Äußerung dort lesen und die behauptete Beleidigung etc. wäre dann eine Tat in Hamburg. Auch wenn sowohl Kläger wie Beklagter mit Hamburg überhaupt nichts zu tun haben. Und trotzdem gehen viele Kläger gerne dorthin, weil das Gericht für eine merkwürdig einseitige Auslegungspraxis berüchtigt ist.

fedchan Offline



Beiträge: 129

17.03.2015 18:24
#45 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Hallo und Guten Tag!

Zitat
R. A.

Zitat
fedchan Das deutsche Recht (oder sagen wir: die deutsche Rechtsprechung) kennt tatsächlich eine deliktische (!) Haftung bei unmittelbarer Schadensverursachung durch einen Vertragspartner. Schulfall ist der Reiseveranstalter, der für einen Schaden haftet, den ein Hotelier am Urlaubsort beim Reisenden hervorgerufen hat.


Aber da gibt es nun wieder eine direkte Vertragsbeziehung zwischen dem geschädigten Reisenden und dem haftenden Reiseveranstalter. Und der Veranstalter hat sich des Hoteliers bedient, um Leistungen gegenüber dem Reisenden zu erbringen - da ist die (Mit-)Verantwortung logisch.



Deshalb betonte ich, dass es um deliktische Haftung geht. Wenn Sie schreiben, dass „sich der Veranstalter des Hoteliers bedient, um Leistungen gegenüber dem Reisenden zu erbringen“ wollen Sie auf die Haftung für Handlungen des Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB hinaus. Der ist aber nur bei Bestehen eines Schuldverhältnisses (z. B. Vertrag) anwendbar. Das Deliktsrecht ist für das Bestehen eines Schuldverhältnisses konzeptionell erstmal blind.

Der Weg über die deliktische Haftung ist unter anderem dann interessant, wenn aufgrund von schuldrechtlichen Sonderregeln die vertragliche Haftung ausgeschlossen ist. Das kann im Reiserecht etwa aufgrund von § 651g BGB der Fall sein, der bestimmt, dass man Ansprüche innerhalb eines Monats nach Ende der Reise geltend machen muss. Wenn man diese recht kurze Frist versäumt, ist evtl. noch ein Schadensersatzanspruch aus Delikt gegeben.

Die Annahme des Bestehens einer Verkehrssicherungspflicht der geschilderten Art ist selbstverständlich davon beeinflusst, dass zwischen dem Reiseveranstalter und dem Reisenden eine Vertragsbeziehung besteht. Rechtsdogmatisch gesehen sind deliktische und vertragliche Haftung aber zwei unterschiedliche Kategorien.

Freundlicher Gruß,

fedchan

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

17.03.2015 22:08
#46 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Zitat von fedchan im Beitrag #43

Zitat
Meister Petz Das Vertragsverhältnis zwischen kik und dem Arbeitgeber in Pakistan begründet überhaupt erst, dass kik als Beklagter in Frage kommt. Denn kik hat ja den Arbeitern selber keinen Schaden zugefügt. Aber daraus, das kik ein Vertragsverhältnis mit ihm hat, wird eine Aufsichtspflicht abgeleitet, richtig?

So werden die Kollegen wohl argumentieren.


Und genau darum sehe ich die Polemik "Neokolonialismus" absolut angebracht und auch berechtigt. Es ist klar, dass sie überspitzt, aber das soll sie auch, weil ich denke, solch eine Aufsichtspflicht geht schlicht zu weit.
Ihren Wortwechsel, lieber fedchan und lieber Petz, diese exzellente Zuspitzung, war nur noch mal Anlass für mich, den Kern der Aussage von R.A. zu unterstreichen. Ist also nicht so sehr als Antwort gemeint und auch nicht so, dass Sie beide jetzt eine Diskussion um den Begriff geführt hätten.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Johanes Offline




Beiträge: 2.389

18.04.2015 16:51
#47 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Zitat
Im übrigen: Sollte das Vorgehen gegen KIK doch erfolgreich sein, dann droht noch eine andere Gefahr. Nämlich daß dann der Präzedenzfall geschaffen wird, um noch weitere deutsche Vorstellungen vor Ort durchzudrücken. Bis hin zum Gender-Beauftragten, dem freigestellten Betriebsrat und "nicht-ausbeuterischer" Entlohnung nach deutschem Standard.



Achso, dann sind bessere Arbeitsbedingungen nicht etwas, nach dem sich alle Menschen sehen, sondern ein Spezifikum der deutschen Kultur?
Also ist deine Meinung, lieber die Gefahr im Brandfall ohne Flüchtmöglichkeiten zu sterben in Kauf zu nehmen als solche unangenehmen Besonderheiten der deutschen Kultur, wie freigestellte Betriebsräte, gute Entlohnung oder Gender-Beauftragte?

Entschuldigen Sie bitte den Sarkasmus, aber das kann ich so nicht stehen lassen.

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

18.04.2015 17:48
#48 RE: Neo-Kolonialismus Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #47
Achso, dann sind bessere Arbeitsbedingungen nicht etwas, nach dem sich alle Menschen sehen, sondern ein Spezifikum der deutschen Kultur?
Das kommt darauf an, was man unter "bessere Arbeitsbedingungen" versteht. Je mehr sich die Arbeitsbedingungen in einem bestimmten Ausland den deutschen annähern, um so größer wird der Druck, eine andere Produktionsstätte zu wählen. Ob den Arbeitern in dem betroffenen Land dann mit Arbeitslosigkeit besser geholfen ist, darf man bezweifeln.

Und, um das Argument gleich vorwegzunehmen, wenn alle Arbeitsstätten im Ausland den deutschen angeglichen werden (wo ja Gewerkschaften immer noch Verbesserungspotenzial sehen müssen), dann wird tatsächlich wieder urdeutsch produziert. Mit höheren Kosten und insgesamt weniger Arbeitskräftebedarf. Wer wird dann Schuld sein? Die Globalisierung oder gleich der gesamte Kapitalismus?

--
Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau,
verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau.
(Reinhard Mey)

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